VfGH vom 13.03.2019, G242/2018 ua (G242/2018-16)
Leitsatz
Aufhebung von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 betreffend die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Entscheidung über Eintragung und Streichung aus der Ärzteliste im übertragenen Wirkungsbereich; Bindung des Präsidenten an die Weisungen des Bundesministers ohne Weisungsbefugnis des Landeshauptmanns in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung mangels fehlender Zustimmung der beteiligten Länder verfassungswidrig
Spruch
I.1. § 27 Abs 10, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in § 59 Abs 3 Z 1, § 59 Abs 3 Z 2, die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs 1 Z 6 und die Wort- und Zeichenfolge "10 und" in § 125 Abs 4 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, jeweils idF BGBl I Nr 56/2015 werden als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
II.Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Anträge
1.Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen zu G242/2018 und G288/2018 und G295/2018 begehren das Bundesverwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof, in § 59 Abs 3 Z 1 und in § 117c Abs 1 Z 6 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015 die Wort- und Zeichenfolge "1 und" sowie § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben.
2.Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag zu G294/2018 begehrt der Verwaltungsgerichtshof, § 59 Abs 3 Z 2 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015, in § 117c Abs 1 Z 6 leg.cit. die Wort- und Zeichenfolge "und 2" sowie § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben.
3.Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen zu G286/2018 und G287/2018 begehrt das Bundesverwaltungsgericht, § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015, in § 117c Abs 1 Z 6 leg.cit. die Wort- und Zeichenfolgen "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder" sowie § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben.
4.Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag zu G324/2018 begehrt das Bundesverwaltungsgericht, § 27 Abs 10 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015, in § 117c Abs 1 Z 6 leg.cit. die Wort- und Zeichenfolgen "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder", in § 125 Abs 4 leg.cit. die Wort- und Zeichenfolge "10 und" sowie § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 als verfassungswidrig aufzuheben.
II.Rechtslage
1.Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015 lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Erfordernisse zur Berufsausübung
§4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der § 34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.
(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs 1 sind
1. die Eigenberechtigung
2. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,
3. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,
4. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie
5. ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.
(3) Besondere Erfordernisse im Sinne des Abs 1 sind
[…]
(3a) – (6) […]
[…]
Ärzteliste und Eintragungsverfahren
§27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:
1. Eintragungsnummer,
2. Vorname(-n) und Zuname, gegebenenfalls Geburtsname,
3. Datum und Ort der Geburt,
4. Staatsangehörigkeit,
5. akademische Grade,
6. Hauptwohnsitz bzw gewöhnlicher Aufenthalt,
7. Zustelladresse,
8. Berufssitze und Dienstorte,
9. – 17. […]
(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, approbierter Arzt, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer im Wege der Ärztekammern in den Bundesländern zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und die erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 4 vorzulegen. […]
(3), (4) […]
(5) Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist vom Eintragungswerber durch
1. eine Strafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates und
2. sofern dies die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Heimat- oder Herkunftsstaates vorsehen, durch eine Disziplinarstrafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis
zu erbringen. In der Bescheinigung (den Bescheinigungen) darf keine Verurteilung enthalten sein, die eine verlässliche Berufsausübung nicht erwarten lässt. Die Bescheinigung (Bescheinigungen) darf (dürfen) zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.
(6) – (8) […]
(9) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse, so hat ihn die Österreichische Ärztekammer in die Ärzteliste einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen. […]
(10) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse nicht, so hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer dies im Rahmen des Verfahrens gemäß § 117c Abs 1 Z 6 mit Bescheid festzustellen.
(11) […]
(12) Die Österreichische Ärztekammer hat jede Eintragung in die Ärzteliste ohne Verzug der nach dem gewählten Berufssitz oder Dienstort oder nach dem Wohnsitz (§47) zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde sowie dem Landeshauptmann mitzuteilen.
(13) […]
[…]
Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung,
Streichung aus der Ärzteliste
§59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:
1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,
2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,
3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,
4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,
5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder
6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.
(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs 1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.
(3) Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 117b Abs 1 oder § 117c Abs 1
1. in den Fällen des Abs 1 Z1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
2. im Fall des Abs 1 Z 2 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht bestanden hat und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;
3. in den Fällen des Abs 1 Z 3 und 6 die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und den Arzt von der Streichung zu verständigen;
4. im Fall des Abs 1 Z 4, sofern die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen.
(4) – (7) […]
[…]
Österreichische Ärztekammer
Einrichtung
§117. (1) Zur Vertretung der gemeinsamen Interessen aller in Österreich tätigen Ärzte, die Angehörige einer Ärztekammer sind (§68 Abs 1, 2 und 5), ist die 'Österreichische Ärztekammer' am Sitz der Bundesregierung eingerichtet.
(2) Die Österreichische Ärztekammer ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts.
(3) – (4) […]
Wirkungskreis
§117a. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen,
1. alle Angelegenheiten, die die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berühren, zu besorgen,
2. über den Wirkungsbereich der Ärztekammern in den Bundesländern hinausgehende gesetzlich vorgesehene Rechtsakte für Kammerangehörige der Ärztekammern in den Bundesländern zu setzen und
3. für die Wahrung des ärztlichen Berufs- und Standesansehens und der ärztlichen Berufs- und Standespflichten zu sorgen.
(2) Der Wirkungskreis gemäß Abs 1 gliedert sich in einen eigenen und einen übertragenen Wirkungsbereich.
Eigener Wirkungsbereich
§117b. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen, im eigenen Wirkungsbereich insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:
[…]
Übertragener Wirkungsbereich
§117c. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:
1. Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien gemäß § 6a Abs 3 Z 2, 9, 10, 13 und 13a,
2. Durchführung von Verfahren gemäß § 35 einschließlich der Verfahren zur Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste, der diesbezüglichen Führung der Ärzteliste und der sonstigen damit im Zusammenhang stehenden Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten,
3. Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Dienstleistungen gemäß § 37 samt Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste gemäß § 37 Abs 9,
4. Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung ausgenommen im Bereich der Fortbildung, im Hinblick auf überwiegende Interessen der Allgemeinheit durch
a) Erarbeitung und Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen zur Hebung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, insbesondere zur Wahrnehmung der Ergebnisqualitätsmessung und -sicherung im niedergelassenen Bereich gemäß § 7 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz (G-ZG), BGBl I Nr 81/2013,
b) Qualitätsevaluierung mit Ausnahme der Selbstevaluierung gemäß § 49 Abs 2a,
c) Qualitätskontrolle sowie
d) Führung eines Qualitätsregisters.
Bei der Aufgabenerfüllung kann sich die Österreichische Ärztekammer hilfsweise der ÖQMed bedienen;
5. Durchführung von Verfahren gemäß § 4 Abs 3 Z 3 ÄsthOpG,
6. Durchführung von Verfahren zur Prüfung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Erfordernisse gemäß §4 Abs 2 oder§ 59 Abs 1 Z1 und 2 [bzw zu G294/2018 'und 2'] für die damit verbundene Eintragung in die oder Austragung aus der Ärzteliste,
7. Organisation und Durchführung der Deutschprüfung gemäß § 4 Abs 3a.
(2) Im übertragenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer die Erlassung nachfolgender Verordnungen:
[…]
[…]
Präsident und Vizepräsidenten
§ 125. (1) Der Präsident vertritt die Österreichische Ärztekammer nach außen. Er hat die Einheit des Standes, insbesondere durch Koordinierung der Bundeskurien, zu wahren. Ihm obliegt, unbeschadet der Zuständigkeit der Bundeskurien, die Durchführung der Beschlüsse der Organe der Österreichischen Ärztekammer.
(2), (3) […]
(4) Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt die Geschäftsstücke. Er entscheidet mit Bescheid in den Verfahren gemäß § 15 Abs 6, § 27 Abs10 und 11 und § 59 Abs 3 sowie gemäß § 4 Abs 3 Z 3 ÄsthOpG. Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern der Präsident und der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden.
(5) – (14) […]."
2.§195f ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 lautet wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Weisungsrecht gegenüber der Österreichischen Ärztekammer
§195f. (1) Die Österreichische Ärztekammer sowie Dritte, derer sich die Österreichische Ärztekammer zur Aufgabenerfüllung bedient, sind im übertragenen Wirkungsbereich bei der Vollziehung der Angelegenheiten einschließlich der Erlassung von Verordnungen an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit gebunden.
(2) Die Aufhebung weisungswidriger Beschlüsse obliegt dem Bundesminister für Gesundheit."
III.Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Den Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
1.1.Den zu G242/2018, G288/2018 und G295/2018 protokollierten Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
Mit Bescheiden vom , und verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer jeweils die Streichung der vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbenden bzw vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Parteien aus der Ärzteliste und sprach unter einem aus, dass diese nicht über die gemäß § 4 Abs 2 Z 2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfügen würden und die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhoben sie – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In den zu G242/2018 und G288/2018 protokollierten Verfahren entstanden bei den einschreitenden Einzelrichterinnen aus Anlass der Erledigung der Beschwerden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden Bestimmungen des ÄrzteG 1998. In dem zu G295/2018 protokollierten Verfahren wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit Beschluss vom wegen Unzuständigkeit zurück. Begründend führte es aus, dass sich das ÄrzteG 1998 auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG stütze, der einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nicht zugänglich sei. Bei der Vollziehung durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes handle es sich um keine Besorgung einer Angelegenheit der Bundesvollziehung iSd Art 131 Abs 2 B-VG, weshalb eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht bestehe. Die dagegen erhobene Revision vertrat im Wesentlichen den Standpunkt, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer sei, wenn er im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes zur Bescheiderlassung berufen werde, als Bundesbehörde anzusehen. Aus Anlass der Behandlung der Revision entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden Bestimmungen des ÄrzteG 1998.
1.2.Dem zu G294/2018 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbenden Partei aus der Ärzteliste und sprach unter einem aus, dass diese schon bei der Eintragung in die Ärzteliste nicht über die gemäß § 4 Abs 2 Z 2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfügt habe und somit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs 1 Z 2 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhob die vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbende Partei – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Beschluss vom wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurück. Begründend führte es aus, dass sich das ÄrzteG 1998 auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG stütze, der einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nicht zugänglich sei. Bei der Vollziehung durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes handle es sich um keine Besorgung einer Angelegenheit der Bundesvollziehung iSd Art 131 Abs 2 B-VG, weshalb eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht bestehe. Die dagegen erhobene Revision vertrat im Wesentlichen den Standpunkt, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer werde, wenn er in einem Fall wie dem vorliegenden zur Bescheiderlassung berufen sei, als Bundesbehörde in unmittelbarer Bundesverwaltung tätig. Aus Anlass der Behandlung der Revision entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden Bestimmungen des ÄrzteG 1998.
1.3.Den zu G286/2018, G287/2018 und G324/2018 protokollierten Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer stellte mit Bescheiden vom , und fest, dass die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Parteien jeweils nicht die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse erfüllen würden und eine Eintragung in die Ärzteliste daher nicht erfolgen könne. Dagegen erhoben die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Parteien – entsprechend den Hinweisen in den Rechtsmittelbelehrungen – Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Aus Anlass der Erledigung dieser Beschwerden entstanden beim Bundesverwaltungsgericht Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Eintragung in die Ärzteliste.
1.4.Die Anträge wurden allesamt bereits zu den zu G177/2017 ua (betreffend die Streichung aus der Ärzteliste) und G287/2017 ua (betreffend die Eintragung in die Ärzteliste) protokollierten Verfahren gestellt und vom Verfassungsgerichtshof mit Beschlüssen vom , G177/2017 ua und G287/2017 ua, zurückgewiesen. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass im Lichte der vorgebrachten Bedenken die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht ohne Einbeziehung der den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden Bestimmung des § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 beurteilt werden könne. Die antragstellenden Gerichte hätten vor dem Hintergrund ihrer Bedenken auch § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 anzufechten gehabt, um den Verfassungsgerichtshof im Falle des Zutreffens der Bedenken in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann.
2.Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zu G242/2018 bestimmt haben (die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes zu G286/2018, G287/2018, G288/2018 und G324/2018 und jene des Verwaltungsgerichtshofes zu G294/2018 und G295/2018 sind im Wesentlichen gleichlautend), wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"[…] Das Bundesverwaltungsgericht geht aus folgenden Erwägungen davon aus, dass es aus Anlass der Behandlung der vorliegenden Beschwerde die angefochtenen Teile des ÄrzteG 1998 anzuwenden hat […]:
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschwerdefall zunächst seine Zuständigkeit zu beurteilen.
Art131 B-VG sieht eine Aufteilung der (sachlichen) Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte in Form von Generalklauseln zugunsten der Landesverwaltungsgerichte (Abs1 und 6 leg. cit.) iVm. einer taxativen Aufzählung jener Angelegenheiten, über die die Verwaltungsgerichte des Bundes entscheiden (Abs2 und 3 leg. cit.), vor. Gemäß Art 131 Abs 2 erster Satz B-VG ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig 'in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden'. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes knüpft also, wie die Wortwahl zeigt, daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung im Sinne des Art 102 Abs 2 B-VG erledigt wird.
Die Besonderheit des Beschwerdefalls liegt darin, dass die belangte Behörde keine Bundesbehörde im organisatorischen Sinn ist. Sie ist ein Organ eines im Vollziehungsbereich des Bundes nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG ('Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken, mit Ausnahme solcher auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet') eingerichteten Selbstverwaltungskörpers, dem der Bundesgesetzgeber, gestützt (nunmehr:) auf Art 120b Abs 2 B-VG, Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen hat, vorliegendenfalls die Entscheidung gemäß § 59 Abs 3 Z 1 ÄrzteG 1998 über die Streichung aus der Ärzteliste und über das Nichtbestehen der ärztlichen Berufsberechtigung. Eine solche Entscheidung hat die belangte Behörde mit dem durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheid vom getroffen.
Entscheidend ist daher, ob die Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheit - Streichung aus der Ärzteliste - durch die belangte Behörde als solche unmittelbar durch eine Bundesbehörde iSd. Art 131 Abs 2 B-VG zu qualifizieren ist und gegebenenfalls unmittelbare Bundesverwaltung vorliegt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.953/2015 die Auffassung, dass ein Fall der unmittelbaren Bundesverwaltung nicht vorliegen könnte, wenn ein Organ eines anderen Rechtsträgers als des Bundes tätig wird (vgl Mayer/Muzak, B-VG5 [2015] Art 131 B-VG I.2; Höllbacher, Unmittelbare Bundesverwaltung [2013] 80f), ausdrücklich abgelehnt, und zwar vor allem mit dem Argument, die von ihm abgelehnte Auffassung übersähe, dass die Tätigkeit von Organen solcher Rechtsträger dann auch der mittelbaren Bundesverwaltung und damit der Bundesverwaltung überhaupt nicht zurechenbar wären. Dass die Verfassung eine Vollzugstätigkeit für den Bund durch solche Rechtsträger schlechthin ausschließe, sei ihr aber nicht zu unterstellen (Hinweis auf Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013], 41f). Solche 'bundesnahen Organe' (auch diesbezüglich Hinweis auf Wiederin, aaO. 42) seien daher nach den sie einrichtenden Rechtsgrundlagen der unmittelbaren Bundesverwaltung (und in der Folge der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes) oder der mittelbaren Bundesverwaltung (und damit der Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte) zuzuordnen.
Als Organe eines anderen Rechtsträgers als des Bundes iSd. bisherigen Ausführungen kommen jedenfalls im Vollziehungsbereich des Bundes eingerichtete (vgl das Erkenntnis VfSlg 4413/1963) nichtgemeindliche Selbstverwaltungskörper ('Sonstige Selbstverwaltung' gemäß Art 120a ff B-VG) in Betracht (vgl hiezu auch die Erkenntnisse VfSlg 2500/1953 und 8478/1979). Gemäß Art 120b Abs 2 B-VG (eingefügt durch die B-VG-Novelle 2008, BGBl I Nr 2) können solchen Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen werden, wobei die Gesetze einerseits derartige Angelegenheiten als solche des übertragenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen und andererseits eine Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen haben.
Aus der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes folgt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass die hoheitliche Besorgung (etwa durch Erlassung von Bescheiden) von Aufgaben der Bundesvollziehung durch Organe eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers grundsätzlich auch in einer Weise in Betracht kommt, die als Besorgung 'unmittelbar durch Bundesbehörden' iSd. Art 131 Abs 2 B-VG zu verstehen ist. Eine solche läge dann vor, wenn die hoheitliche Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung durch das Organ eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers ohne Einbindung des Landeshauptmanns, mithin in unmittelbarer Bundesverwaltung erfolgte. Da[s] Bundesverwaltungsgericht legt seinen weiteren Ausführungen weiters die Annahme zugrunde, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (die belangte Behörde) im Hinblick auf die Errichtung derselben durch Bundesgesetz im Vollzugsbereich des Bundes und die Aufsichtsbefugnisse des zuständigen Bundesministers über die Österreichische Ärztekammer als 'bundesnahe' Einrichtung im Verständnis der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.953/2015) anzusehen ist.
Ob der Bundesgesetzgeber im zu beurteilenden Einzelfall die Besorgung einer Angelegenheit der Vollziehung des Bundes 'unmittelbar durch Bundesbehörden' vorgesehen hat, ergibt sich aus der Stellung des Landeshauptmannes. Kommt dem Landeshauptmann eine Weisungs- bzw Steuerungsbefugnis gegenüber den Organen des Selbstverwaltungskörpers zu - mit dieser Stellung ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes auch diejenige einer sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde iSd. § 68 AVG verbunden -‚ so ist davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber keine Besorgung 'unmittelbar durch Bundesbehörden' vorgesehen hat. Die umschriebene Weisungs- bzw Steuerungsbefugnis des Landeshauptmanns, verbunden mit der Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, ist als Rest derjenigen Stellung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zu verstehen, die dem Landeshauptmann vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nach Art 102 B-VG aF zukam. Kommt dem Landeshauptmann hingegen keine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen des Selbstverwaltungskörpers zu, ist vielmehr das zuständige Organ des Selbstverwaltungskörpers dem Bundesminister unmittelbar, also ohne Einbindung des Landeshauptmanns, unterstellt, so wäre davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber eine Besorgung unmittelbar durch Bundesorgane vorgesehen hat (vgl in diesem Sinne auch Wiederin, aaO. 42, und Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] 59, Rz 18).
Um beurteilen zu können, ob der Bundesgesetzgeber in der dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Angelegenheit (Streichung aus der Ärzteliste wegen Wegfalls einer Voraussetzung für die Berufsberechtigung und bescheidmäßiger Abspruch über das Nichtbestehen derselben sowie bescheidmäßiger Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs 2 VwGVG) eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung vorgesehen hat, woraus sich nach Art 131 Abs 2 B-VG die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ergäbe, hat das Bundesverwaltungsgericht die angefochtenen Teile des ÄrzteG 1998, § 59 Abs 3, 117c Abs 1 und 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, anzuwenden. Diese Bestimmungen sind daher präjudiziell im Sinne des Art 89 Abs 2 iVm Art 135 Abs 4 iVm Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG.
Weder § 59 Abs 3 noch eine andere Bestimmung des ÄrzteG 1998 deutet darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber - nach Aufhebung einzelner Teile des ÄrzteG 1998 mit dem erwähnten Erkenntnis VfSlg 19.885/2014 - mit der durch die Novelle BGBl I Nr 56/2015 herbeigeführten Neufassung des § 59 ÄrzteG 1998 und der unter einem erfolgten Zuweisung der in Rede stehenden Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer (Entscheidung über die Aufnahme in die Ärzteliste und über die Streichung aus dieser nebst Ausspruchs über das Nichtbestehen der Berufsberechtigung) in deren übertragenen Wirkungsbereich anderes als eine unmittelbare Unterordnung der Österreichischen Ärztekammer unter den Bundesminister verwirklichen wollte. Der Landeshauptmann wird im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer, wie schon seit der Ärztegesetz-Novelle, nicht erwähnt. Bei Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs ist gemäß § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 eine ausdrückliche Weisungsbindung nur gegenüber dem Bundesminister angeordnet.
Auf der Grundlage dieses einfachgesetzlichen Auslegungsergebnisses wäre davon auszugehen, dass eine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden im Sinn des Art 131 Abs 2 B-VG vorgesehen ist und folglich eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers - gemäß § 13 Abs 5 VwGVG — gegen den Bescheid der belangten Behörde vom - gemäß § 13 Abs 2 VwGVG — besteht […].
[…]
[…] Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom , A 2017/0001-1 (Ro 2017/11/0003), bestehen bei Zutreffen dieses Auslegungsergebnisses folgende verfassungsrechtliche Bedenken […]:
'[…] Aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber nach Maßgabe des Art 120b Abs 2 B-VG Organe eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers in dessen übertragenem Wirkungsbereich zur Vollziehung von Bundesgesetzen berufen darf, folgt nicht, dass er dabei nicht die durch Art 102 B-VG gezogenen Grenzen zu beachten hätte.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zum Ausdruck gebracht, dass bei Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit der Erlassung von Bescheiden die durch Art 102 Abs 1 B-VG umschriebene Stellung des Landeshauptmanns als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung nur gewahrt ist, wenn dieser gegen die Entscheidungen von Organen der genannten Selbstverwaltungskörper als Rechtsmittelinstanz vorgesehen ist und ihm jenen gegenüber eine Weisungsbefugnis zukommt (vgl die Erkenntnisse VfSlg 2500/1953, 2978/1956 und 8478/1979). Da seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eine Zuständigkeit des Landeshauptmanns als Rechtsmittelinstanz nicht mehr in Betracht kommt, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass den Anforderungen des Art 102 B[-]VG bei Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit Angelegenheiten der Bundesvollziehung nur entsprochen wird, wenn dem Landeshauptmann eine ausreichende Weisungs- bzw Steuerungsbefugnis gegenüber den Selbstverwaltungsorganen zukommt.
Die Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit der Erlassung von Bescheiden in einer Angelegenheit der Bundesvollziehung unter Ausschluss einer Weisungs- bzw Steuerungsbefugnis des Landeshauptmanns, mithin ohne Einbindung des Landeshauptmanns in die Vollziehung dieser Angelegenheit, - woraus sich nach den bisherigen Ausführungen eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Beschwerden gegen solche Bescheide ergibt - dürfte folglich nur dann zulässig sein, wenn die Angelegenheit der Bundesvollziehung nach Art 102 Abs 2 B[-]VG oder einer anderen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden darf oder die Länder der Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nach Art 102 Abs 4 B-VG zugestimmt haben (vgl zum Erfordernis einer solchen Zustimmung bei sonstiger Verfassungswidrigkeit zB. die Erkenntnisse VfSlg 8466/1978 zu den Befugnissen der Lebensmitteluntersuchungsanstalten des Bundes und VfSlg 19.123/2010 zum Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz in Bezug auf die Betrauung eines als eigene Bundesbehörde qualifizierten Arbeitsaus[s]chusses für externe Qualitätsprüfungen).
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nun nicht, dass eine implizite Ermächtigung für eine Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes in der durch die B-VG-Novelle 2008, BGBI. I Nr 2, eingefügten Bestimmung des Art 120b Abs 2 B-VG erblickt werden könnte. Diese Bestimmung scheint zumindest lege non distinguente schlechthin eine Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung an Selbstverwaltungskörper zu erlauben, sie enthält keinen Bezug auf Art 102 B-VG. Auch den [...] wiedergegebenen Materialien ist ein Bezug auf Art 102 B-VG nicht zu entnehmen. Es lässt sich daher die Auffassung vertreten, der Verfassungsgesetzgeber habe mit Art 120b Abs 2 B-VG eine Ermächtigung für eine weitere Form unmittelbarer Bundesverwaltung abseits des Art 102 Abs 2 B-VG geschaffen, unabhängig davon, ob es sich um eine in Art 102 Abs 2 B-VG (oder allenfalls einer anderen Verfassungsbestimmung) angeführte Angelegenheit handelt (so auch in der Literatur Höllbacher, Unmittelbare Bundesverwaltung [2013] 66f, der Art 120b Abs 2 B-VG als lex specialis zu Art 102 B-VG deutet.).
Der Verwaltungsgerichtshof hält diese mögliche Auslegung des Art 120b Abs 2 B-VG als lex specialis zu Art 102 B-VG allerdings nicht für überzeugend. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur unmissverständlich die Bedeutung der mittelbaren Bundesverwaltung und die ihr immanente Stellung des Landeshauptmanns in der Bundesvollziehung zum Ausdruck gebracht. Das gilt nicht nur für die ältere Judikatur (vgl zB. VfSlg 2264/1952, 2500/1953 und 2978/1956), sondern auch für die Judikatur nach der B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, die mit der Neufassung des Art 102 Abs 1 B-VG eine noch stärkere Absicherung der Position des Landeshauptmanns und der ihm unterstellten Behörden bewirkt hat, bedarf doch seit dieser Novelle auch die Einbindung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann, sofern nicht eine Angelegenheit des Art 102 Abs 2 B-VG vorliegt, einer Zustimmung der Länder. So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 (zur rechtlichen Konstruktion der Weinaufsicht) hervorgehoben, dass es das Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung verbiete, Vollzugskonstruktionen zu erfinden, die den Landeshauptmann schlechthin umgehen. Für die Annahme, der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 2008 habe eine derartige Einschränkung des Prinzips der mittelbaren Bundesverwaltung herbeiführen wollen, wie es die vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnte Auffassung impliziert, gibt es insbesondere in den Materialien keinen Anhaltspunkt.
Die vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnte Auffassung trägt in sich die Annahme, der einfache Bundesgesetzgeber könne - ohne erkennbare Einschränkungen, abgesehen von einem 'Übermaßverbot' - in jeder der Materien, in denen unmittelbare Bundesverwaltung mangels Aufzählung in Art 102 Abs 2 B-VG (oder einer anderen Verfassungsbestimmung) nicht in Betracht kommt, anstelle einer Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung - und damit unter Einbindung des Landeshauptmannes - durch unmittelbar dem zuständigen Bundesminister unterstellte Selbstverwaltungskörper in deren übertragenem Wirkungsbereich die Vollziehung des Bundes besorgen lassen. Es bestünde danach kein Hindernis, etwa die Vollziehung der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG) weitgehend den Wirtschaftskammern zu übertragen, obwohl Art 102 B-VG eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung verlangt. Selbstverwaltungskörper im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes könnten dann in beträchtlichem Ausmaß an die Stelle des Landeshauptmanns und der ihm unterstellten Behörden treten, ohne dass es einer Zustimmung der Länder bedürfte. Dass der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 2008 eine solche Konsequenz gleichsam stillschweigend herbeiführen wollte oder zumindest in Kauf genommen hätte, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht im Geringsten plausibel.
Im Übrigen dürfte auch der Verfassungsgerichtshof, der in seiner neueren Judikatur zu den Grenzen der Zulässigkeit von Ausgliederung der Hoheitsverwaltung des Bundes an ausgegliederte Rechtsträger zumindest hinsichtlich des Erfordernisses der ausdrücklichen einfachgesetzlichen Bindung dieser Ausgegliederten an Weisungen staatlicher Behörden diese Selbstverwaltungskörpern gleichstellt (vgl das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger), im Falle der Besorgung der Bundesvollziehung durch Organe solcher Rechtsträger die Auffassung vertreten, dass die Zulässigkeit einer derartigen Betrauung von der Einhaltung der Schranken des Art 102 B-VG abhängt. So hat er im Erkenntnis VfSlg 19.721/2012 hervorgehoben, dass die Heranziehung der E-Control zu einem Übergang der Vollziehung des Bundes von der mittelbaren Bundesverwaltung zur unmittelbaren Bundesverwaltung führt und hiefür, hätte nicht eine sog Kompetenzdeckungsklausel bestanden, die Zustimmung der Länder nach Art 102 Abs 4 B-VG erforderlich gewesen wäre.
Auch diese Judikatur des Verfassungsgerichtshofes scheint dafür zu sprechen, dass bei Heranziehung von Organen einer Nicht-Gebietskörperschaft - mag es sich bei letzterer um einen ausgegliederten Rechtsträger oder wie im vorliegenden Fall um einen nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörper handeln - in unmittelbarer Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister die Sperrwirkungen des Art 102 B-VG zu wahren sind.
[…] Für den Revisionsfall ergibt sich daraus Folgendes:
Das ÄrzteG 1998 stützt sich, soweit es die in Rede stehenden Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste bzw zur Streichung aus dieser betrifft, auf den Kompetenztatbestand 'Gesundheitswesen ...' in Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG (vgl VfSlg 4413/1963). Für diese Angelegenheiten ergibt sich weder aus Art 102 Abs 2 B-VG noch aus einer anderen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung die Zulässigkeit einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden. Eine Zustimmung der Länder liegt, wie [...] ausgeführt, nach Auskunft des BKA-VD nicht vor. Die vorliegende Angelegenheit wäre demnach in mittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen.
Es ergeben sich daher - zusammenfassend - Bedenken dahin, dass die von § 59 Abs 3 Z 1, § 117c Abs 1 Z 6 und § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 bewirkte einfachgesetzliche Rechtslage einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheiten der Vollziehung des ÄrzteG 1998 in mittelbarer Bundesverwaltung bewirkt.
[…] Dagegen kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus folgenden Erwägungen nicht eingewendet werden, die in Rede stehenden Bestimmungen ließen eine verfassungskonforme Auslegung zu:
[…] Man könnte verleitet sein, den verfassungsrechtlichen Bedenken dadurch zu begegnen, dass man die Österreichische Ärztekammer, soweit sie nach dem ÄrzteG 1998 Angelegenheiten der Bundesvollziehung im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen hat (vgl die Aufzählung dieser Angelegenheiten in § 117c), der Weisungs- und Steuerungsbefugnis nicht nur des Bundesministers, sondern auch - in Unterordnung unter diesen (Art103 Abs 1 B-VG) - des zuständigen Landeshauptmannes unterworfen deutet. § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 bringt, wie der Verwaltungsgerichtshof einräumt, nicht unzweifelhaft zum Ausdruck, dass der Weisungszusammenhang von den Organen der Österreichischen Ärztekammer unmittelbar und unter Ausschluss des Landeshauptmanns zum Bundesminister führt. Die damit angedeutete verfassungskonforme Auslegung liefe im Ergebnis darauf hinaus, die in Rede stehenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 so zu verstehen, dass unausgesprochen eine Zuständigkeit des Landeshauptmanns als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, der eine Weisungs- und Steuerungsbefugnis gegenüber der Österreichischen Ärztekammer zukommt, in Überordnung über diese vorauszusetzen ist, wodurch eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung gewährleistet wäre.
[…] Dieser 'Rettungsversuch', der sich möglicherweise auf ältere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes stützen könnte, in der soweit ersichtlich eine Weisungsgebundenheit von Selbstverwaltungskörpern im übertragenen Wirkungsbereich schon ex constitutione angenommen wurde (vgl zB. VfSlg 2500/1953), dürfte jedoch angesichts der neueren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes scheitern. Im Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 hat der Verfassungsgerichtshof nämlich zum Ausdruck gebracht, dass es zwar nicht ausgeschlossen sei, auch Selbstverwaltungskörper (nicht anders als andere aus der Staatsverwaltung ausgegliederte Rechtsträger öffentlichen oder privaten Rechts) mit auf 'Außenstehende' bezogenen Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung zu betrauen, die Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers mit hoheitlichen Aufgaben gegenüber 'Außenstehenden' setze aber jedenfalls voraus, dass der Selbstverwaltungskörper hiebei - ausdrücklich - an Weisungen des zuständigen obersten Organs der Vollziehung gebunden sei. Im Verhältnis zur Österreichischen Ärztekammer, deren Angehörige nur die Ärztekammern in den Ländern selbst sind (§119 ÄrzteG 1998), sind Ärzte, die aus der Ärzteliste gestrichen werden sollen, 'Außenstehende'. Mangels ausdrücklicher Anordnung einer Weisungs- und Steuerungsbefugnis des Landeshauptmannes gegenüber den Organen der Österreichischen Ärztekammer bei Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, folgt man der in VfSlg 17.023/2003 vertretenen Rechtsanschauung, eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns, die im Ergebnis eine Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung in Unterordnung unter diesen und damit in mittelbarer Bundesverwaltung bewirken würde, nicht angenommen werden.
[…] Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, die wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg 17.023/2003 erfassten eine Konstellation wie die durch das ÄrzteG 1998 herbeigeführte nicht, es bestehe vielmehr sehr wohl eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber der Österreichischen Ärztekammer, maW. diese sei dem Landeshauptmann unterstellt, dürfte dies keine verfassungskonforme Rechtslage bewirken.
Bis zur B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, war es - innerhalb bestimmter, vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur gezogenen Grenzen (vgl die Erkenntnisse VfSlg 2264/1952, 3685/1960) - zulässig, wenn der Bundesgesetzgeber die Besorgung einzelner Angelegenheiten der Bundesvollziehung Organen von nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpern übertrug, soweit diese dem Landeshauptmann - im Weisungszusammenhang wie auch im Instanzenzug - unterstellt waren. Durch die B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, wurde Art 102 Abs 1 letzter Satz B-VG dahin geändert, dass auch eine Betrauung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann einer Zustimmung der Länder bedarf, soweit es sich nicht um eine in Art 102 Abs 2 B-VG genannte Angelegenheit handelt (oder anderweitig eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ermächtigung für eine derartige Betrauung besteht). Überträgt man den Grundgedanken des Erkenntnisses VfSlg 19.953/2015 [...] auf die Besorgung von Angelegenheiten in Unterordnung unter den Landeshauptmann (Art102 Abs 1 B-VG), so folgt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass auch die Heranziehung von Organen von Selbstverwaltungskörpern, die im Vollzugsbereich des Bundes eingerichtet sind, zu Aufgaben der Hoheitsverwaltung des Bundes einer Zustimmung der Länder bedarf, soweit es sich nicht um eine in Art 102 Abs 2 B-VG genannte Angelegenheit handelt (oder anderweitig eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ermächtigung für eine derartige Betrauung besteht).
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass - wie die Materialien zur B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444 (RV 182 Blg NR 13. GP, 22) zeigen - die Neufassung des Art 102 Abs 1 B-VG auf Betrauungen von Bundesbehörden, die schon zum Zeitpunkt der Erlassung der Novelle bestanden hatten, keinen Einfluss hatte, diese also nicht zurückwirkte. Im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle enthielt allerdings das Ärztegesetz (1949) noch keine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer, durch Bescheid festzustellen, dass infolge Wegfalls einer Eintragungsvoraussetzung die Berechtigung zur ärztlichen Berufsausübung erloschen ist (ein bescheidmäßiger Ausspruch war nur für Fälle vorgesehen, in denen sich nachträglich herausstellte, dass eine Eintragungsvoraussetzung von Anfang an nicht bestanden hatte [...]). Erst mit der Novelle BGBl Nr 314/1987 wurde in das Ärztegesetz 1984 eine entsprechende Ermächtigung aufgenommen, für die jedoch eine Zustimmung der Länder nicht erteilt wurde (...).
Auf die fehlende Rückwirkung der B-VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, könnte man sich demnach nur dann berufen, wenn man die Auffassung verträte, dass einerseits sämtliche vorgefundenen Betrauungen von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann verfassungskonform bleiben und andererseits auch sämtliche später vorgesehenen Betrauungen verfassungskonform sind, sofern sie wenigstens der Art nach solchen gleichen, die bereits bei Erlassung der B-VG-Novelle 1974 bestanden hatten. Soweit ersichtlich gibt es zu dieser Frage keine Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes bestehen zumindest erhebliche Bedenken dagegen, § 59 Abs 3 ÄrzteG 1998, zu dem ebenfalls eine Zustimmung der Länder fehlt (...), selbst wenn er im Zusammenhang mit § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 eine Unterstellung der Österreichischen Ärztekammer unter den Landeshauptmann bewirkte, trotz fehlender Zustimmung der Länder noch als 'vorgefunden' und damit verfassungskonform anzusehen.
[…] Zusammenfassend ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 nicht möglich ist.'
[…] Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes weiterhin als zutreffend, schließt sich diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes (neuerlich) an und erhebt diese (neuerlich) zum Inhalt der Begründung seines Antrages. Aus den vom Verwaltungsgerichtshof dargelegten Gründen hegt das Bundesverwaltungsgericht (weiterhin) das Bedenken, dass Teile des ÄrzteG 1998 verfassungswidrig sind, da die von § 59 Abs 3 Z 1, § 117c Abs 1 Z 6 und § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 bewirkte einfachgesetzliche Rechtslage einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheiten der Vollziehung des ÄrzteG 1998 in mittelbarer Bundesverwaltung bewirkt."
3.Der Verwaltungsgerichtshof führt zu G294/2018 ergänzend aus:
"Zwar enthielt das ÄrzteGesetz (1949) aufgrund der Novelle BGBl Nr 50/1964 (siehe dort § 2i Abs 9) im Zeitpunkt der Erlassung der B-VG-Novelle 1974 bereits eine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer, im Falle eines schon ursprünglich bestandenen Mangels eines Eintragungserfordernisses in die Ärzteliste durch Bescheid die Eintragung in der Ärzteliste zu streichen und festzustellen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht bestanden hat, wogegen eine Berufung an den Landeshauptmann offen stand (insoweit anders daher jene Rechtslage, die dem erwähnten hg. Anfechtungsbeschluss vom , Zl Ro 2017/11/0003, zugrunde liegt). Diese Regelung blieb jedoch nicht gänzlich unverändert (immerhin entfiel mit der 13. ÄrzteGesetz-Novelle, BGBl I Nr 144/2009, […] die Möglichkeit der Berufung an den Landeshauptmann, wobei die Angelegenheit unter einem in den eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer übertragen wurde; mit der Novelle BGBl I Nr 56/2015 erfolgte, wie ebenfalls bereits dargestellt wurde, eine neuerliche Änderung, indem die Angelegenheit in den übertragenen Wirkungsbereich verschoben wurde), sodass für die gegenständlich angefochtenen Bestimmungen - unter Bedachtnahme auf die zuvor erwähnten Materialien zur B-VG-Novelle 1974 - die fehlende Rückwirkung dieser B-VG-Novelle wohl kaum ins Treffen geführt werden kann."
4.Die Österreichische Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die Anträge zurück- bzw abzuweisen, und den in den Anträgen dargelegten Bedenken entgegentritt. Hiezu führt sie wie folgt aus (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
Die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Eintragung in die bzw zur Austragung aus der Ärzteliste bestehe seit der Ärztegesetz-Novelle 1964 und habe damit schon vor dem Inkrafttreten jener B-VG-Novelle 1974 bestanden, die mit der Neufassung des Art 102 B-VG überhaupt erst Veranlassung zu der gegenständlichen Fragestellung gegeben habe. Zuständigkeiten, die bereits vor dem vorgesehen gewesen seien, seien nicht an der Neufassung zu messen gewesen. Der Umstand, dass die einschlägigen Gesetzesbestimmungen legistisch transferiert und modifiziert worden seien, vermöge nicht die Substanz der historisch etablierten Behördenzuständigkeit zu tangieren.
"Die Österreichische Ärztekammer sieht sich in dieser Rechtsansicht durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs , bestätigt, worin der Gerichtshof die Bedeutung historisch vorgefundener Behördenzuständigkeiten hervorgehoben hat. Zwar ging es in diesem Fall um die ministerielle Zuständigkeit selbst, es wird aber gleichzeitig auch deutlich, dass die nachträgliche Neufassung des Art 102 B-VG nicht eine Pflicht zu einer Dezentralisierung einer Ministerialzuständigkeit mit sich gebracht hat. Dies trifft sich im Ergebnis mit den Überlegungen, die bereits Öhlinger (in FS Wenger, 1983, 679, 689 ff) im Hinblick auf die Österreichische Nationalbank entwickelt hat.
Dazu kommen noch die besonderen Regelungen des Art 120b B-VG. Nach dem Abs 1 dieser Bestimmung kommen dem Bund oder dem Land hinsichtlich der Verwaltungsführung der Selbstverwaltungskörper in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs ein Aufsichtsrecht zu. Nach dem Abs 2 dieser Bestimmung ist in den Angelegenheiten des staatlichen Wirkungsbereichs dieser Selbstverwaltungskörper eine Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen. Der Abs 1 statuiert also eine Verbandskompetenz, die der kompetenziellen Gestaltung zugänglich ist. Demgegenüber statuiert Abs 2 eine ausdrückliche Organkompetenz.
In der Fachliteratur wird erwogen, dass in den Fällen des Abs 2 auch eine Weisungsbindung gegenüber einem Organ zulässig ist, das seinerseits gegenüber dem zuständigen obersten Organ weisungsgebunden ist (vgl nur Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 245 f mwN); 'zulässig', aber nicht geboten. Wenn das ÄrzteG eine Weisungsgebundenheit des zuständigen Kammerorgans unmittelbar gegenüber dem zuständigen obersten Organ vorsieht, so entspricht dies genau der Vorgabe des Art 120b Abs 2 B-VG. Art 102 B-VG hätte in diesen Fällen nur Bedeutung, wenn in Unterordnung unter den Bundesminister ein 'Aufsichtsorgan' geschaffen werden sollte. Dies ist jedoch in den Fällen des Art 120b Abs 2 B-VG nicht geboten und ist im gegebenen Zusammenhang auch nicht vorgesehen.
Es kommt daher nicht von ungefähr, dass auch in anderen Kammerrechten eine Weisungsbindung der Kammerorgane gegenüber dem zuständigen Bundesminister vorgesehen ist (vgl die Nachweise bei Eberhard aaO 247 f).
Weiters ist zu beachten, dass Art 102 B-VG auf die 'Verwaltung im Bereich der Länder' abstellt. Die Geschäftsführung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer wird in keinem denkmöglichen Sinn 'im Bereich der Länder' wahrgenommen. Eine Weisungsbindung gegenüber 'dem Landeshauptmann' steht vor der Frage: Gegenüber welchem Landeshauptmann? Die Österreichische Ärztekammer geht davon aus, dass dem Verfassungsgesetzgeber der B-VG-Novelle 2008 die Thematik der beruflichen Vertretungen, die sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG), sowie der jahrzehntelange Bestand von aufsichts- und oberbehördlichen Zuständigkeiten von Bundesministern in solchen Fällen bekannt war. Es darf daher unterstellt werden, dass der Verfassungsgesetzgeber eine nähere Regelung getroffen hätte, wenn er zwingend eine Verlagerung dieser Zuständigkeiten auf einen oder mehrere Landeshauptmänner intendiert hätte. Es könnten nämlich sogar in Bezug auf dieselbe Sache unterschiedliche Landeshauptmänner zuständig sein, je nachdem ob funktionelle oder organisatorische Aspekte im Vordergrund stehen. Demgegenüber geht die Österreichische Ärztekammer davon aus, dass der in VfSlg 18.731/2009 ua entwickelte grundlegende Gedanke auch hier maßgeblich ist, wonach durch die Einführung der Art 120a ff B-VG die bestehenden Regelungen auf dem Gebiet der sonstigen Selbstverwaltung nicht invalidiert werden sollten. Überdies geht die Österreichische Ärztekammer davon aus, dass in der Beibehaltung einer traditionellen Regelung keine 'Umgehung' der mittelbaren Bundesverwaltung gesehen werden kann, dass es vielmehr 'verfassungsrechtlich an sich nicht ausgeschlossen ist, im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung in einem bestimmten Ausmaß und unter Einhaltung sonstiger verfassungsrechtlicher Grenzen dem Bundesminister auch Agenden zur Besorgung in erster Instanz zu übertragen' (VfSlg 11.403/1987).
Auch darin offenbart sich der wesentliche Unterschied zu dem in VfSlg 19.123/2010 entschiedenen Fall, in dem es um eine staatliche Behörde und nicht um einen Selbstverwaltungskörper ging und in dem eine einheitliche organisatorische Anknüpfung in Betracht kam. Bescheidkompetenzen in individuellen Angelegenheiten würden sich auf der Ebene der Oberbehörde nach § 3 Z 3 AVG bestimmen. Im Kontext des ÄrzteG wäre daher, wenn man den Gedanken überträgt, die Weisungszuständigkeit des nach dem Wohnsitz des Beteiligten zuständigen Landeshauptmanns vorzusehen. Eine einheitliche Verwaltungsführung durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer wäre auf dieser Grundlage nicht mehr möglich.
Dazu kommt noch, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer sehr häufig mit grenzüberschreitenden Konstellationen konfrontiert ist, in denen beispielsweise ein Arzt in einem Bundesland als angestellter Anstaltsarzt tätig ist und gleichzeitig in einem anderen Bundesland an seinem Wohnsitz eine Privatordination führt.
Letztlich legen also auch verwaltungspraktische Überlegungen die Annahme nahe, dass in Fällen, in denen durch auf der Grundlage von Art 10 B-VG eingerichtete Selbstverwaltungskörper mit bundesweiter Zuständigkeit Angelegenheiten im übertragenen (staatlichen) Wirkungsbereich wahrgenommen werden, die Statuierung einer unmittelbaren Weisungskompetenz des zuständigen Bundesministers verfassungsmäßig ist."
5.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den in den Anträgen erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
Die Frage, ob die bundesgesetzliche Begründung einer Zuständigkeit eines Organs eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung in unmittelbarer Unterordnung unter den Bundesminister einer Zustimmung der Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG bedürfe, sei noch nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof gewesen. Die vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Erkenntnisse (VfSlg 2500/1953, 2978/1956, 8478/1979) seien für das vorliegende Verfahren nicht maßgeblich.
Die Bundesregierung bestreite keineswegs die zentrale Stellung, die das B-VG dem Landeshauptmann in der mittelbaren Bundesverwaltung zuweise, jedoch könne aus der B-VG-Novelle 1974 für den Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofes zu der vorliegenden Frage nichts gewonnen werden.
Die Bundesregierung halte die Auslegung, dass in Art 120b Abs 2 B-VG eine implizite Ermächtigung für eine Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich erblickt werden könne, zumal diese Bestimmung keinen Bezug auf Art 102 B-VG enthalte, für zutreffend. Auch ein Vergleich mit den Bestimmungen des B-VG über die territoriale Selbstverwaltung zeige, dass nicht ohne weiteres von einer Anwendung des Art 102 B-VG auf die Vollziehung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch nicht-staatliche Organe ausgegangen werden könne: Die Besorgung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch Selbstverwaltungskörper im übertragenen Wirkungsbereich stelle eine Form der mittelbaren Bundesverwaltung dar. Art 119 B-VG begründe für die mittelbare Vollziehung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch die Gemeinden ein Organisations- und Verantwortungsmodell, das jenem der Art 102 ff. B-VG deutlich nachgebildet sei. Dieser Organisations- und Verantwortungszusammenhang ergebe sich aber nicht schon aus den Art 102 ff. B-VG, sondern werde durch Art 119 B-VG erst gesondert angeordnet. Das zeige sich auch daran, dass der Weisungs- und Verantwortungszusammenhang bei den Gemeinden sowohl für die Angelegenheiten der mittelbaren, als auch der unmittelbaren Bundesverwaltung gelte (vgl Art 119 Abs 2 und 4 B-VG: "Bundesvollziehung"). Daher stelle sich die Frage, ob der Bürgermeister dabei eine im Sinne des Art 102 Abs 1 B-VG dem Landeshauptmann unterstellte Behörde sei, nicht. Werde demnach eine Gemeinde bundesgesetzlich mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich betraut, sei für eine Anwendung des Art 102 Abs 4 B-VG von vornherein kein Platz. Auch die Anwendbarkeit der Zustimmungsregelung des Art 102 Abs 1 letzter Satz B-VG scheide von vornherein aus. In vergleichbarer Weise ergebe sich die verfassungsrechtliche Grundlage der Besorgung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung durch nicht-territoriale Selbstverwaltungskörper aus Art 120b Abs 2 B-VG. Auch hinsichtlich des Art 120b B-VG könne davon ausgegangen werden, dass es sich im Verhältnis zu Art 102 B-VG um eine Spezialregelung im Bereich der Bundesvollziehung handle und die Zustimmungsrechte der Länder gemäß Art 102 Abs 1 letzter Satz und Abs 4 B-VG dabei nicht zur Anwendung kommen würden.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass dem Begriff "Bundesbehörde" in Art 102 Abs 1 und 4 B-VG ein organisatorisches Verständnis zugrunde liegt:
"Ob der Verwendung des Begriffes 'Organ' oder 'Behörde' im B-VG ein organisatorisches oder ein funktionelles Verständnis zukommt, ist anhand der jeweiligen Bestimmung und ihres Regelungskontextes zu ermitteln […]. So ist etwa der Kompetenztatbestand 'Einrichtung der Bundesbehörden […]' in Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG organisatorisch zu verstehen. Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Gesetzesmäßigkeit von Verordnungen 'einer Bundesbehörde' gemäß Art 139 Abs 1 Z 5 B-VG erstreckt sich hingegen auch auf Behörden, die keine Organe des Rechtsträgers Bund sind und erfasst etwa auch Verordnungen von Organen nicht-territorialer Selbstverwaltungskörper in Angelegenheiten der Bundesverwaltung […]. Hingegen ist zur Kundmachung der Aufhebung einer solchen Verordnung wegen Gesetzeswidrigkeit gemäß Art 139 Abs 5 B-VG die zuständige 'oberste Behörde des Bundes' verpflichtet, womit nur ein Organ des Rechtsträgers Bund gemeint ist.
Für Art 102 B-VG ergibt sich schon aus der Systematik und dem Regelungskontext dieser Bestimmung, dass der Begriff 'Bundesbehörde' in einem organisatorischen Verständnis verwendet wird. Pernthaler (Die verfassungsrechtlichen Schranken der Selbstverwaltung in Österreich, 3. ÖJT, Bd I/3 [1967] 77) hat dies zutreffend damit begründet, 'daß Art 102 B-VG. eine ausgesprochene Organisationsnorm statuiert und die Ausdrücke 'Bundesbehörde' und 'Landesbehörde' jedenfalls im ersten Satz des Abs 1 nur im organisatorischen Sinne gemeint sein können, da dies gerade das Unterscheidungsmerkmal von mittelbarer und unmittelbarer Bundesverwaltung darstellt. Es ist deshalb auch die Deutung sinngemäßer, daß der Ausdruck 'Bundesbehörde' im selben Absatz, zweiter Satz, im organisatorischen Sinne zu verstehen sei und damit 'Behörden des Rechtsträgers Bund' bedeute' […]. Nichts anderes kann für die Verwendung des Begriffes 'Bundesbehörde' in Art 102 Abs 4 B-VG gelten.
Die Zustimmungsrechte der Länder gemäß Art 102 Abs 1 letzter Satz und Abs 4 B-VG gelangen daher nach Auffassung der Bundesregierung nur dann zur Anwendung, wenn ein Bundesgesetz die Betrauung eines Organs des Rechtsträgers Bundes anstelle des Landeshauptmannes oder in Unterordnung unter diesen mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung vorsieht, nicht hingegen bei einer solchen Betrauung eines Organs eines Selbstverwaltungskörpers (oder eines sonstigen nicht-staatlichen Organs) im übertragenen Wirkungsbereich.
[…] Dieses organisatorische Behördenverständnis ist auch mit dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung vereinbar:
Die Bundesregierung verkennt nicht, dass dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung in der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Schutzfunktion zugunsten der Stellung des Landeshauptmannes zugeschrieben wird. Dies bedingt aber nicht eine funktionelle Auslegung des Begriffes der 'Bundesbehörde' in Art 102 B-VG, wenngleich damit auch der Schutzfunktion dieser Bestimmung stärker Rechnung getragen würde. Dass eine solche funktionelle Auslegung von Organisationsbestimmungen des B-VG keine notwendige Antwort auf Erscheinungen der Vollziehung durch nicht-staatliche Rechtsträger sein muss, zeigt sich exemplarisch an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Weisungsbindung gegenüber aus der staatlichen Verwaltung ausgegliederten und mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung beliehenen Rechtsträgern. Der Verfassungsgerichtshof versteht die Wendung 'Organe des Bundes und der Länder' in Art 20 Abs 1 B-VG so, dass eine Weisungsbindung auf Grund dieser Bestimmung nur gegenüber Organen dieser Rechtsträger (in einem organisatorischen Sinn) besteht (VfSlg 16.400/2001). Zwar sichert die Weisungsbindung des Art 20 Abs 1 B-VG die Leitungs- und Organisationsverantwortung des Bundesministers als eines obersten Organs, das seinerseits dem Parlament gegenüber verantwortlich ist. Diese Schutzfunktion führt den Verfassungsgerichtshof aber keineswegs dazu, dem Organbegriff dieser Bestimmung ein funktionelles Verständnis zugrunde zulegen, wodurch der Bedeutung des Weisungsprinzips ja viel eher Rechnung getragen werden könnte. Vielmehr leitet der Verfassungsgerichtshof, gerade weil Art 20 Abs 1 B-VG gegenüber nicht-staatlichen Organen nicht gilt, aus dem Organisationskonzept der Bundesverfassung Schranken und verfassungsrechtliche Vorgaben für die einfachgesetzliche Betrauung von ausgegliederten Rechtsträgern mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung ab.
Sollte der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sein, dass bei einem organisatorischen Behördenverständnis des Art 102 Abs 1 und 4 B-VG dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung nicht hinreichend Rechnung getragen würde, könnte auch die Auffassung vertreten werden, dass eine Betrauung von sonstigen Selbstverwaltungskörpern mit der Vollziehung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich in unmittelbarer Unterordnung unter einen Bundesminister nicht schrankenlos zulässig ist. Eine solche einschränkende Auslegung könnte sich auf Vorbilder in der bisherigen Judikatur berufen: So hat der Verfassungsgerichtshof vor der Einfügung des Zustimmungsrechts der Länder in Art 102 Abs 1 letzter Satz B-VG durch die B-VG-Novelle 1974 die Möglichkeit der Betrauung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann mit Aufgaben der Vollziehung 'nicht im Regelfall', sondern nur 'ausnahmsweise' für zulässig erachtet (VfSlg 2264/1952). Im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 hat der Verfassungsgerichtshof erstinstanzliche Zuständigkeiten eines Bundesministers im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung 'in einem bestimmten Ausmaß und unter Einhaltung sonstiger verfassungsrechtlicher Grenzen' für zulässig erachtet, sofern dadurch nicht das System der mittelbaren Bundesverwaltung unterlaufen wird, was insbesondere bei einer dekonzentrierten Besorgung solcher Angelegenheiten im Bereich der Länder der Fall sei.
Legt man vergleichbare Schranken an die Betrauung von nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpern mit Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in unmittelbarer Unterordnung unter einen Bundesminister an, könnten daher etwa nicht – wie vom Verwaltungsgerichtshof als argumentum ad absurdum vorgebracht […] – Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG) weitgehend auf die Wirtschaftskammern übertragen werden.
Im gegenständlichen Fall wären diese Schranken aber nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht überschritten:
Zum einen handelt es sich bei den Zuständigkeiten zur Verfahrensführung, die der Österreichischen Ärztekammer in den übertragenen Wirkungsbereich zugewiesen sind, nur um einen Teilausschnitt der behördlichen Zuständigkeiten nach dem ÄrzteG 1998 (vgl hinsichtlich des übertragenen Wirkungsbereiches § 117c Abs 1 leg. cit. einerseits, hinsichtlich des staatlichen Zuständigkeitsbereiches zB § 56 Abs 2 und 3, § 52c, § 62, § 63, § 197 Abs 3 und § 199 leg. cit. andererseits). Zieht man als Beurteilungsmaßstab aber alle Zuständigkeiten von Organen von nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpern im Vergleich mit den Zuständigkeiten staatlicher Organe in den Angelegenheiten des (Berufsrechts im Bereich des) Gesundheitswesens heran, kann von einer Aushöhlung der Stellung des Landeshauptmannes keinesfalls gesprochen werden.
Zum anderen begründet die angefochtene Bestimmung eine Zuständigkeit eines Organs der Österreichischen Ärztekammer und nicht von Organen der Ärztekammern in den Ländern, sodass es nicht zu einer dekonzentrierten Besorgung eines Teilbereichs der Vollziehung des Ärzterechts im Bereich der Länder kommt, wie dies im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 hinsichtlich der Weinaufsicht des Bundes der Fall war. Auch der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Anfechtungsbeschluss […] als warnendes Beispiel der von ihm abgelehnten Auslegung die weitgehende Übertragung der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie auf die 'Wirtschaftskammern' (Plural!) an, womit offenbar die Landes-kammern (und nicht Bundeskammer) gemeint sind. Eine solche dekonzentrierte Besorgung von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in den Ländern liegt im vorliegenden Fall aber gerade nicht vor."
Die Bundesregierung hält es für zutreffend, dass sowohl die Betrauung ausgegliederter Rechtsträger mit Angelegenheiten der Bundesvollziehung als auch die Übertragung solcher Angelegenheiten in den übertragenen Wirkungsbereich eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers die ausdrückliche Anordnung einer Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Organ verlange. Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass Art 102 B-VG und die darin enthaltenen Zustimmungsrechte der Länder in solchen Fällen zur Anwendung gelangen. Sowohl bei Organen eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers als auch bei ausgegliederten Rechtsträgern bzw deren Organen handle es sich jeweils um nicht-staatliche Organe. Allein aus diesem Grund könnten aber nicht schematisch die Rechtsprechung bzw einzelne Anordnungen der Bundesverfassung von dem einen auf den anderen Organkomplex übertragen werden. Das erscheine schon mangels ausdrücklicher Anordnungen des B-VG zur Betrauung von ausgegliederten Rechtsträgern mit Aufgaben der Vollziehung ausgeschlossen. Welche verfassungsrechtlichen Vorgaben in diesem Zusammenhang bestünden, sei je nach Gegenstand (zB Weisungsbindung, Amtsverschwiegenheit, Interpellation etc.) anhand der betreffenden Bestimmungen der Bundesverfassung zu beurteilen bzw ergebe sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber nicht näher dargelegt, dass und warum ausgegliederte Rechtsträger einerseits und nicht-territoriale Selbstverwaltungskörper andererseits unter dem Gesichtspunkt des Art 102 B-VG nach denselben Kriterien beurteilt werden sollten.
Aus prozessualer Vorsicht bestreite die Bundesregierung ausdrücklich, dass Art 102 B-VG und die darin enthaltenen Zustimmungsrechte der Länder auf die Übertragung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung auf ausgegliederte Rechtsträger zur Anwendung gelange. Die Nichtanwendbarkeit dieser Bestimmungen ergebe sich schon daraus, dass es angesichts der Vielfalt solcher Rechtsträger mitunter gar nicht möglich sei, festzustellen, ob es sich dabei um ein Organ des Bundes oder eines Landes handle (etwa bei natürlichen Personen oder bei Gesellschaften, die im Eigentum mehrerer Rechtsträger stünden). Es erscheine daher sogar zweifelhaft, ob auf die Besorgung von Angelegenheiten der Bundes- und Landesvollziehung durch ausgegliederte Rechtsträger überhaupt der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche anwendbar sei; solche Rechtsträger würden viel eher kompetenzrechtlich neutral erscheinen. Diese Auslegung stehe nicht mit dem Erkenntnis VfSlg 4413/1963 in Widerspruch: Im vorliegenden Fall gehe es um eine Einbindung der im Vollziehungsbereich des Bundes (vgl Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) eingerichteten Österreichischen Ärztekammer in die Bundesverwaltung, sodass der in jenem Erkenntnis maßgebliche Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche von vornherein nicht berührt sei.
"[…] Sollte der Verfassungsgerichtshof ungeachtet der vorstehenden Ausführungen der Bundesregierung dennoch der Auffassung sein, dass Art 102 B-VG auf die Betrauung eines Organs eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich mit einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung zur Anwendung gelangt und es daher bei einer unmittelbaren Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister einer Zustimmung der Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG bedürfe, führte dies dennoch nicht zur Verfassungs-widrigkeit der angefochtenen Bestimmungen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich selbst zur Erwägung stellt […], ließe sich das ÄrzteG 1998 verfassungskonform so deuten, dass eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmannes als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde besteht, der – in Unterordnung unter den Bundesminister – eine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen der Österreichischen Ärztekammer im Bereich des übertragenen Wirkungsbereichs zukommt. Eine solche verfassungskonforme Deutung erschiene vor allem deshalb möglich, weil eine solche Zuständigkeit des Landeshauptmannes durch das ÄrzteG 1998 nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dadurch wäre, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung gewährleistet.
Die Bundesregierung kann auch nicht erkennen, dass das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 einer solchen Auslegung entgegenstehen würde, wie der Verwaltungsgerichtshof vermeint […]. In diesem Erkenntnis wird lediglich das Erfordernis einer Weisungsbindung gegenüber staatlichen Organen bei einer Vollziehung im übertragenen Wirkungsbereich bestätigt.
Bei einer solchen Auslegung des ÄrzteG 1998 läge folglich kein Fall des Art 102 Abs 4 B-VG (Zuständigkeit einer Bundesbehörde anstelle des Landeshauptmannes) vor, sondern wäre eine Anwendung des Art 102 Abs 1 letzter Satz B-VG zu prüfen. Dieser sieht seit der B-VG-Novelle 1974 ein Zustimmungsrecht der Länder vor, wenn Bundesbehörden mit der Vollziehung – ausgenommen in den Angelegenheiten des Art 102 Abs 2 B-VG – in Unterstellung unter den Landeshauptmann betraut werden. Nach den Materialien zur B-VG-Novelle 1974 wirkt die Neufassung dieser Bestimmung allerdings, worauf der Verwaltungsgerichtshof selbst hinweist […], nicht zurück (RV 182 BlgNR 13. GP 22). Eine Betrauung von Bundesbehörden mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung in Unterordnung unter den Landeshauptmann, die – zumindest ihrer Art nach – schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der B-VG-Novelle 1974 bestanden hat, bedarf daher keiner Zustimmung der Länder. Nach Auffassung der Bundesregierung muss dies auch dann gelten, wenn eine solche Zuständigkeit, etwa auf Grund der Neuerlassung eines Gesetzes, zwar neu formuliert und an die Rechtsentwicklung angepasst wird, der Sache nach aber unverändert geblieben ist.
Ein solcher Fall liegt hier – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes […] – vor: Schon nach dem Ärztegesetz 1949 konnte nämlich die Österreichische Ärztekammer den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung notwendigen Voraussetzung bescheidmäßig feststellen […]. Einer Zustimmung der Länder gemäß Art 102 Abs 1 letzter Satz B-VG bedurfte daher weder die geltende Fassung jener Bestimmungen des ÄrzteG 1998, die die in Rede stehende Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer begründen, noch eine andere, seit der B-VG-Novelle 1974 erlassene Bestimmung diesen Inhalts."
6. Der Verfassungsgerichtshof hat die Länder eingeladen eine Äußerung zu erstatten; davon haben Niederösterreich, die Steiermark, Tirol und Vorarlberg Gebrauch gemacht. In der Sache haben sie sich den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen.
IV.Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der § 187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1.Zur Zulässigkeit der Anträge
1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen zweifeln ließe.
1.2.Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge daher als zulässig.
1.3.Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Eventualanträge.
2.In der Sache
2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2.Die Anträge sind begründet.
2.3.Die antragstellenden Gerichte bringen in ihren Anträgen im Wesentlichen vor, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer vollziehe als Bundesbehörde eine Angelegenheit, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG genannt sei, ohne Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes, weshalb eine Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art 102 Abs 1 bzw Abs 4 B-VG erfolgen hätte müssen.
2.4.Dem hält die Bundesregierung entgegen, dass in Art 120b Abs 2 B-VG eine implizite Ermächtigung für eine Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich erblickt werden könne, zumal diese Bestimmung keinen Bezug auf Art 102 B-VG enthalte, weshalb eine Zustimmung gemäß Art 102 Abs 1 und 4 B-VG nicht erforderlich sei.
2.5.Die antragstellenden Gerichte sind im Ergebnis im Recht:
2.6. Art 120b Abs 2 B-VG ermächtigt dazu, Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung zu übertragen. Dass jedoch die Zulässigkeit einer solchen Übertragung zur Vollziehung in mittelbarer oder unmittelbarer Bundesverwaltung jedenfalls nicht das Regelungsregime des Art 102 B-VG obsolet macht, wurde in der Literatur (vgl Bußjäger, Art 102 B-VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg., 2014, Rz 16; Raschauer, Art 102 B-VG, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 4. Lfg., 2001, Rz 55) schon mehrfach betont. Der Verfassungsgerichtshof hat dies für die ebenfalls allgemeine verfassungsrechtliche Organisationsvorschrift des Art 20 Abs 2 B-VG auch bereits ausgesprochen (vgl VfSlg 19.123/2010). Insofern steht außer Frage, dass Art 102 B-VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper anwendbar ist.
2.7.Die angefochtenen Bestimmungen über die Eintragung in die bzw die Streichung aus der Ärzteliste sind auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" des Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG gestützt (vgl dazu RV 1386 BlgNR 20. GP, 84; RV 467 BlgNR 24. GP, 3; und VfSlg 4413/1963). Angelegenheiten des "Gesundheitswesens" sind nicht in Art 102 Abs 2 B-VG angeführt. Diese sind – da hier auch keine sonstige verfassungsgesetzliche Ermächtigung vorliegt – nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung (VfSlg 19.123/2010).
2.8. Gemäß Art 102 Abs 1 B-VG können in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter den Landeshauptmann betraut werden. Allerdings dürfen Bundgesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden (vgl Bußjäger, aaO, Rz 13).
2.9. Nach Art 102 Abs 4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art 102 Abs 2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten – für die auch sonst keine besondere verfassungsrechtliche Anordnung besteht (vgl Bußjäger, aaO, Rz 22 f.) – nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art 102 Abs 4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab (vgl VfSlg 19.721/2012 mwN; Raschauer, aaO, Rz 31 ff.).
2.10. Mit der Novelle BGBl I 144/2009 wurde die Zuständigkeit zur Eintragung in die und Streichung aus der Ärzteliste dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (§§27 Abs 10, 59 Abs 3 ÄrzteG 1998) und die Führung von Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste und zur Streichung aus der Ärzteliste ausdrücklich zu einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Österreichischen Ärztekammer erklärt (§117b Abs 1 Z 18 ÄrzteG 1998). Mit Erkenntnissen VfSlg 19.885/2014 und 19.887/2014 hob der Verfassungsgerichtshof Teile des ÄrzteG 1998 als verfassungswidrig auf, weil durch die Entscheidung über die Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste "nicht bloß die überwiegenden Interessen der Österreichischen Ärztekammer bzw einer Ärztekammer in den Bundesländern, sondern – in zumindest gleicher Weise – auch öffentliche Interessen berührt werden", weshalb diese Administrativmaßnahmen nicht durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im eigenen Wirkungsbereich besorgt werden dürfen. Daraufhin wurde mit der Novelle BGBl I 56/2015 die Eintragung in die bzw Austragung aus der Ärzteliste dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen (§117c Abs 1 Z 6 ÄrzteG 1998). Zu dieser Novelle wurde, wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung bestätigt, eine Zustimmung der beteiligten Länder nicht erteilt.
2.11. Es ist also vor dem Hintergrund des dargelegten verfassungsrechtlichen Verständnisses des Art 102 B-VG zu prüfen, wie die in § 27 Abs 10, § 59 Abs 3 Z 1 und Z 2, § 117c Abs 1 Z 6 und § 125 Abs 4 ÄrzteG 1998 erfolgte Übertragung dieser Aufgaben an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zu beurteilen ist.
2.12. Dabei ist auch von Bedeutung, dass § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 – in Umsetzung der Vorgaben des Art 120b Abs 2 B-VG (RV 467 BlgNR 24. GP, 11) – anordnet, dass die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich ausnahmslos an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit (jetzt: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) gebunden ist.
2.13. Diese (alleinige) Weisungsbefugnis des Bundesministers ist, wie die antragstellenden Gerichte ausführen, einer verfassungskonformen Interpretation – im Sinne einer unausgesprochenen Weisungsbefugnis des zuständigen Landeshauptmannes – nicht zugänglich: Ein mit hoheitlichen Aufgaben betrauter Selbstverwaltungskörper ist iSd Art 120b Abs 2 B-VG ausdrücklich an Weisungen des zuständigen obersten Organs der Vollziehung zu binden (vgl VfSlg 17.023/2003). Da § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 eine Weisungsbefugnis des (zuständigen) Landeshauptmannes nicht ausdrücklich anordnet, sie vielmehr ausdrücklich (nur) dem Bundesminister für Gesundheit (jetzt: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) zuweist, kann eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmannes, die im Ergebnis eine Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung in Unterordnung unter diesen und damit in mittelbarer Bundesverwaltung bewirken würde, nicht angenommen werden. Da das ÄrzteG 1998 normiert, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Eintragung in die und die Streichung aus der Ärzteliste – als eine Angelegenheit des Gesundheitswesens – nur unter Bindung an Weisungen des Bundesministers für Gesundheit (jetzt: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) vollzieht, umgeht es den in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung zentralen Landeshauptmann schlechthin (vgl VfSlg 11.403/1987). Dies wäre nur mit Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG zulässig (vgl VfSlg 8466/1978, 19.123/2010, 19.721/2012). Da diese Zustimmung – wie auch das Verfahren unwidersprochen ergeben hat – nicht erteilt wurde, erweist sich diese vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion als ein Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art 102 B-VG (VfSlg 11.403/1987). Ein solcher Eingriff ist verfassungsrechtlich nicht zulässig und belastet die Bestimmungen des § 27 Abs 10, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in § 59 Abs 3 Z 1, § 59 Abs 3 Z 2, die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs 1 Z 6 und die Wort- und Zeichenfolge "10 und" in § 125 Abs 4 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015, die dies bewirken, mit Verfassungswidrigkeit.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).
Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die in den Anträgen dargelegten Bedenken nicht bestehen, genügt es, die Bestimmungen des § 27 Abs 10, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in § 59 Abs 3 Z 1, § 59 Abs 3 Z 2, die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs 1 Z 6 und die Wort- und Zeichenfolge "10 und" in § 125 Abs 4 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015 aufzuheben.
§195f Abs 1 ÄrzteG 1998 normiert hingegen iSd Art 120b Abs 2 B-VG die Bindung an Weisungen des zuständigen obersten Verwaltungsorgans für Angelegenheiten, die die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich vollzieht. Durch die Aufhebung der Zuständigkeitszuweisung zur Eintragung in die und Streichung aus der Ärzteliste ist ein verfassungskonformer Zustand hergestellt.
Diese dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom Ärztegesetzgeber übertragenen Aufgaben sind – in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung (Art140 Abs 7 B-VG) – der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen, woraus im Fall der Bekämpfung von Akten der Vollziehung die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes folgt (Art131 Abs 2 B-VG; vgl VfSlg 19.953/2015).
Das Begehren auf Aufhebung auch des § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 erweist sich insofern als unbegründet.
V.Ergebnis
1.§27 Abs 10, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in § 59 Abs 3 Z 1, § 59 Abs 3 Z 2, die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§4 Abs 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs 1 Z 6 und die Wort- und Zeichenfolge "10 und" in § 125 Abs 4 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 56/2015 sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.
Soweit sich die Anträge auf § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 beziehen, sind sie abzuweisen.
2.Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.
3.Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
4.Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.
5.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2019:G242.2018 |
Schlagworte: | Ärzte, Bundesverwaltung mittelbare, Kompetenz Bund - Länder Gesundheitswesen, Landeshauptmann, Bundesminister, Wirkungsbereich übertragener, Weisung |
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