VfGH vom 26.11.2020, G237/2020 ua
Leitsatz
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Bescheinigungspflicht von Zeugen für den Nachweis des "tatsächlich" entgangenen Verdienstes oder die angemessenen Kosten einer "notwendigerweise" vorzunehmenden Stellvertretung nach dem GebührenanspruchsG; erhöhte Bescheinigungspflicht für den Einkommensentgang im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum; Vorrang der pauschalierten Entschädigung gegenüber dem konkreten höheren Verdienstentgang dient der Verwaltungsvereinfachung und dem Schutz der Parteien vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen
Spruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen begehrt das Bundesverwaltungsgericht, das Wort "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG), als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen, § 3 GebAG, BGBl 136/1975, idF BGBl I 111/2007, § 18 GebAG, BGBl 136/1975, idF BGBl II 134/2007 und § 19 GebAG, BGBl 136/1975, idF BGBl 343/1989, lauten wie folgt (das angefochtene Wort in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG wurde seit der Novelle BGBl 343/1989 nicht geändert und ist unterstrichen):
"Umfang der Gebühr
§3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfaßt
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
(2) Zeuginnen und Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen und über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind, haben anstatt des Anspruchs nach Abs 1 Z 1 Anspruch auf eine Gebühr, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände; das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, (der oder die Vorsitzende) hat diese Tatsache zu bestätigen. Sie haben keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis.
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Falle des Abs 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Geltendmachung der Gebühr
§19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§2 Abs 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.
(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren (§3 Abs 2), zu bescheinigen.
(3) Auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung ist der Zeuge durch das Gericht in der Ladung aufmerksam zu machen. Dies gilt für den Sachverständigen bei dessen Einladung eines Zeugen (§2 Abs 1) sinngemäß."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem zu G237/2020 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine selbständige Masseuse wurde als Schöffin zu einer Hauptverhandlung in einem Strafverfahren geladen und gleichzeitig die bereits anberaumte Hauptverhandlung abberaumt. Für die Teilnahme an der Verhandlung machte die Masseuse ihren Kostenersatzanspruch geltend und beantragte Reisekosten sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis für die abberaumte und für die abgehaltene Hauptverhandlung. Als Nachweis legte sie zwei Rechnungen über jeweils vier Stunden Einkommensentgang und eine Preisliste der Massagepraxis vor. Nach einer Aufforderung zur Bestätigung der Terminausfälle erließ die Präsidentin eines Landesgerichtes einen Bescheid und gewährte für die Teilnahme als Schöffin Gebühren für Reisekosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis in Form einer Pauschalentschädigung, wies aber das weitere Begehren auf Entschädigung für den tatsächlichen Einkommensentgang ab. Dagegen erhob die selbständig Erwerbstätige Beschwerde, in der sie sich gegen die Entschädigung für Zeitversäumnis, die nicht antragsgemäß zuerkannt worden sei, wendet.
2. Dem zu G238/2020 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein selbständiger Dachdecker wurde zu einer Verhandlung in einer Strafsache vor einem Bezirksgericht als Zeuge geladen und einvernommen. Für die Teilnahme an der Verhandlung machte er seinen Kostenersatzanspruch geltend und beantragte Reisekosten sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis für drei Stunden Einkommensentgang. Als Nachweis legte er eine unterschriebene Erklärung (er sei selbständig, arbeite in seinem Betrieb mit und habe daher anlässlich der Zeugeneinvernehmung einen Verdienstentgang gehabt) vom selben Tag vor. Nach einer Aufforderung zur Verbesserung erließ die Vorsteherin dieses Bezirksgerichtes einen Bescheid und gewährte für die Vernehmung Gebühren für Reisekosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis in Form des antragsgemäßen Einkommensentganges für drei Stunden. Dagegen erhob die Revisorin des Oberlandesgerichtes Wien eine Beschwerde, die sich gegen die im Bescheid bestimmte Entschädigung für Zeitversäumnis wendet.
3. Das Bundesverwaltungsgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, in seinem zu G237/2020 protokollierten Antrag, wie folgt dar:
"3. Zulässigkeit
3.1. Präjudizialität
Die Beschwerdeführerin wurde als Schöffin zu zwei Verhandlungen geladen, deren erste nachträglich abberaumt wurde; an der zweiten nahm sie teil. Für beide Verhandlungen begehrte sie eine Entschädigung für Zeitversäumnis.
Die Beschwerdeführerin hat die Gebühr für die abberaumte Verhandlung, die für den vorgesehen war, erst am geltend gemacht. Da die Frist zur Geltendmachung der Gebühr für diese Verhandlung 14 Tage nach dem — somit am — abgelaufen war, trat der Anspruchsverlust ein, den § 19 Abs 1 erster Satz GebAG vorsieht. In einem solchen Fall ist der Antrag auf Gebührenbestimmung (nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abzuweisen, sondern) zurückzuweisen (vgl ). Die belangte Behörde hätte den Gebührenantrag, soweit er den Verdienstentgang auf Grund der Verhandlung, die für den vorgesehen war, somit als verspätet zurückweisen müssen. Insoweit wird das Bundesverwaltungsgericht den Spruch entsprechend neu zu fassen haben; § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG hat es dabei anscheinend nicht anzuwenden.
Für die zweite der genannten beiden Verhandlungen, jene vom , ist § 18 GebAG dagegen heranzuziehen: Gemäß § 55 Abs 1 GebAG hat eine Schöffin Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis entsprechend den für Zeugen geltenden Bestimmungen; dabei erhöht sich der in § 18 Abs 1 Z 1 GebAG genannte Betrag um die Hälfte. Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen ua die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG gebührt dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis ein gesetzlich festgesetzter Betrag (ein Fixbetrag) für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht; anstatt dieser Entschädigung gebührt aber einem unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst (§18 Abs 1 Z 2 lita GebAG), einem selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen (§18 Abs 1 Z 2 litb GebAG). Die Beschwerdeführerin hat anstatt der genannten Entschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG das tatsächlich entgangene Einkommen geltend gemacht. § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG war daher von der belangten Behörde anzuwenden, ist auch angewandt worden und ist vom Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden. § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG ist somit präjudiziell.
3.2. Anfechtungsumfang
In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt.
Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 19.020/2010, mwN; vgl ua; uva.). Daran hat sich das antragstellende Gericht bei der Festlegung des Anfechtungsumfangs zu orientieren.
Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für seine Entscheidung präjudiziell sind und die vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit — sollte er die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen — beseitigt werden kann (, mwN; uva.).
Wie weiter unten ausgeführt werden wird, hegt das Bundesverwaltungsgericht Bedenken dagegen, dass einem selbständig Erwerbstätigen, der als Zeuge aussagen muss (oder — fallbezogen — als Schöffin an einer Verhandlung teilnimmt), zugemutet wird, seine Erwerbstätigkeit, die er ausgeübt hätte, hätte er nicht an einer Verhandlung teilgenommen, auf andere Zeiten zu verlegen oder im Ergebnis sogar auf das Einkommen zu verzichten, das aus dieser Tätigkeit erfließen würde. Wie unten dargelegt werden wird, betrachtet das Bundesverwaltungsgericht das Wort 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG als Sitz dieser Bedenken. Da die Aufhebung dieses Wortes genügt, um den Bedenken Rechnung zu tragen, beschränkt sich die Anfechtung auf dieses eine Wort.
4. Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts
4.1.1. Der aus Art 2 StGG und Art 7 B-VG erfließende Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassung wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (VfSlg 19.666/2012, mwN; vgl VfSlg 20.250/2018; ua; , G330/2018, uva.).
4.1.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bedenken, dass das angefochtene Wort in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG in seinem Zusammenhang gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG und Art 7 B-VG) verstößt:
4.1.2.1. Das Bundesverwaltungsgericht geht von jenem Verständnis des § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG aus, das durch die gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geprägt ist. (Am Rande sei darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in der Sache, die von dieser Rechtsprechung abginge, im Falle einer Amtsrevision [Art133 Abs 6 Z 2 B-VG] oder einer Revision des Revisors [§22 Abs 3 GebAG] wohl keinen Bestand haben könnte.) Soweit diese Rechtsprechung im Folgenden belegt wird, handelt es sich meist um Teile von Rechtsprechungsketten; die Entscheidungen stehen meist stellvertretend für eine Vielzahl anderer.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs — die sich iW auf Zeugengebühren bezieht, aber wegen § 55 Abs 1, § 56 GebAG auf die Gebühren von Schöffen zu übertragen ist —kann '[v]on einem tatsächlichen Einkommensentgang [...] beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging' (; , 92/17/0254; , 98/17/0357; , 2001/17/0054; , 98/17/0097; , 2008/17/0070, mwN). Dabei ist das tatsächlich entgangene, nicht ein (fiktiv) nach Durchschnittssätzen zu berechnendes Einkommen zu ersetzen (; , 98/17/0357; , 2001/17/0054; , 98/17/0097; , 2009/17/0152; , 2007/17/0124). Die Berufung auf einen mit Zeugeneinvernahmen in der Regel verbundenen Verdienstausfall kann ein konkretes Vorbringen betreffend einen bestimmten Einkommensverlust nicht ersetzen. Es kommt weder auf die Stundensätze nach den Allgemeinen Honorarrichtlinien noch auf die beim selbständig Erwerbstätigen auflaufenden Fixkosten an (). Jedenfalls ist der selbständig Erwerbstätige für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen (). Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und Einkommen gebracht hätten, können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der einem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die § 18, 19 Abs 2 GebAG nicht verschlossen ist (; , 98/17/0357; , 2001/17/0054; , 98/17/0097; , 2007/17/0161). Eine solche Schätzung wäre aber nicht der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittssätzen gleichzuhalten, muss doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine konkrete, dem selbständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein (; , 98/17/0357; , 98/17/0097).
Mit der Multiplikation eines durchschnittlichen Stundensatzes mit der Anzahl der Stunden der Zeitversäumnis wird nicht das tatsächlich entgangene, sondern ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen bescheinigt (; , 98/17/0097). Die 'allgemeine Wiedergabe von Erfahrenstatsachen' reicht nicht aus (). Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten (; , 98/17/0357; , 2000/17/0065; , 2004/17/0004; , 2007/17/0161).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verlorenging. Es ist Sache des Zeugen, nicht nur den auf der Hand liegenden Einnahmenausfall an dem Tag der Zeugeneinvernahme darzulegen, sondern — sollte dies zutreffen —jedenfalls zu behaupten und zumindest glaubhaft zu machen, dass die Einnahmen verloren gingen, weil (fallbezogen:) die Vornahme der Behandlung nur an diesem Tag und nicht auch an einem anderen Termin möglich war (; dem folgend ).
4.1.2.2. Die Beschwerdeführerin ist selbständig erwerbstätig. Sie konnte, da sie am als Schöffin an einer Verhandlung teilnahm, ihrer Erwerbstätigkeit an diesem Tag für vier Stunden nicht nachgehen.
Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass sie geplant hatte, an diesem Tag konkrete Dienstleistungen in ihrer Massagepraxis zu erbringen, die ersatzlos entfallen wären, weil sie ihre Schöffenpflicht befolgte, und dass ihr dadurch ein Einkommen entgangen wäre. Ihr Vorbringen läuft vielmehr darauf hinaus, dass sie jenes Einkommen geltend macht, das sie hätte erwirtschaften können, hätte sie nicht an der Verhandlung teilnehmen müssen, dass aber keine konkreten Dienstleistungen gegenüber konkreten Kunden vorgesehen waren. Den Verdienstentgang berechnet sie anhand ihrer üblichen Stundensätze und argumentiert zentral damit, dass ihre Praxis täglich ausgebucht sei. Damit macht sie den Entgang eines fiktiv nach Durchschnittssätzen errechneten Einkommens geltend.
Damit hat sie zwar den Grund, nicht jedoch die Höhe ihres Anspruches bescheinigt. Daher steht ihr gemäß § 18 Abs 2 GebAG nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß des in § 1 Abs 1 der V BGBl II 134/2007 zu § 18 Abs 1 Z 1 GebAG genannten Pauschalbetrages von 14,20 Euro pro Stunde zu. Dieser Betrag erhöht sich gemäß § 55 Abs 1 letzter Teilsatz GebAG um die Hälfte.
4.2. Selbständig Erwerbstätige führen in vielen Fällen einen Betrieb (eine Kanzlei, eine Ordination, ...). Ein selbständig Erwerbstätiger kann zB sein Geschäft in der Form führen, dass er, ohne Mitarbeiter zu beschäftigen, in seinem Ladengeschäft arbeitet und auf Laufkundschaft angewiesen ist. Muss er das Geschäft für einige Stunden schließen, so spricht vieles dafür, dass ihm der Umsatz, den er ansonsten gehabt hätte, zumindest zu einem Teil verloren geht. Es ist nicht wahrscheinlich, dass Laufkundschaft nach einigen Stunden oder am nächsten Tag nochmals kommt, anstatt auf den Kauf zu verzichten oder ein anderes Geschäft aufzusuchen. Da er aber in der Regel nicht weiß, wer ihn aufgesucht hat oder hätte und welche Geschäfte in welcher Höhe ihm entgangen sind, wird er nicht in der Lage sein, seinen Einkommensentgang in der Form zu bescheinigen, wie § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG dies von ihm fordert.
Ein selbständig Erwerbstätiger kann aber seinen Betrieb auch in der Form führen, dass er — zB in einem Handwerksbetrieb oder in einer Kanzlei in einem freien Beruf — nur wenige Mitarbeiter beschäftigt und dass — auf Grund der Organisation in diesem Betrieb — nur in seiner Anwesenheit und mit seiner Mitarbeit überhaupt gearbeitet werden kann. Es ist auch denkbar, dass bestimmte Auskünfte auf Fragen von Kunden oder von potentiellen Kunden nur der — selbständig erwerbstätige — Betriebsführer, zB ein Handwerksmeister, geben kann, auch wenn sie keinen Aufschub erleiden dürfen, soll der Kunde nicht auf den Abschluss des Geschäftes verzichten und dem selbständig Erwerbstätigen Einkommen entgehen. Ebenso ist es möglich, dass dem selbständig Erwerbstätigen — wie zB einem Rechtsanwalt — die Erteilung der Auskunft selbst Einkommen bringt (vgl den — zumindest behaupteten — Sachverhalt in , in dem der dortige Beschwerdeführer auch geltend machte, dass sich der Verdienstentgang nicht nur auf die Kosten dieses Telefongesprächs, sondern auf das Honorar der gesamten Causa beziehe). Ist der selbständig Erwerbstätige nicht an seiner Betriebsstätte anwesend, so wird er auch nicht in der Lage sein nachzuweisen, dass solche telefonischen Auskunftsersuchen oder Beratungsaufträge gestellt worden wären. Gelingt ihm dies dennoch, weil zB ein Mitarbeiter dies notiert hat, so hat er darzutun, „welcher — unaufschiebbaren —Art diese Beratungsaufträge waren. Dies insbesondere im Hinblick auf die Kürze des in Frage stehenden Zeitraumes, bei dem noch nicht davon gesprochen werden kann, daß der bloße Umstand der Abwesenheit einen Verdienstentgang — in dem Sinne, daß die Beratungsaufträge 'verloren' gegangen seien — indizieren würde." () Wesentlich ist bei der Beurteilung des tatsächlichen Einkommensentganges eines selbständig Erwerbstätigen auch, ob es ihm möglich und zumutbar war, die betreffenden Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht durchzuführen, dabei kann auch die Dringlichkeit bzw Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen ().
Auch in Betrieben, in denen die Kundenkontakte nur nach Voranmeldung stattfinden — wie zB dem einer selbständigen Masseuse wie jenem der Beschwerdeführerin oder in der Ordination eines Arztes —, wird es häufig so sein, dass die grundsätzlich vorgesehenen Stunden 'ausgebucht' sind, sodass Termine nur auf andere, meist spätere Tage oder Wochen verschoben werden können. Dies bedeutet aber, dass zu diesen anderen Zeiten keine anderen Kundenkontakte vereinbart werden können, sondern dass weitere Terminanfragen auf wieder spätere Tage oder Wochen verschoben oder auf die Durchführung der Tätigkeit ganz verzichtet werden muss. Bei einem 'ausgebuchten' Betrieb führt dies letztlich zu einem realen Einkommensverlust, auch wenn nicht von Vornherein angegeben werden kann, welche Arbeit in der Zeit angefallen wäre, in welcher der selbständig Erwerbstätige infolge der Befolgung seiner Zeugen- oder Schöffenpflicht nicht arbeiten kann. Gerade wenn der Gerichtstermin lange im Voraus bekannt ist, wird der Zeuge oder Schöffe für diesen Zeitraum von Vornherein keine Termine vergeben. Zwar ist es grundsätzlich möglich, jene Kundentermine, die auf Grund dessen nicht in diesem Zeitraum stattfinden können, anzugeben; da aber in vielen Fällen ein Ersatztermin zB in der nächsten Woche vergeben werden kann, liegen die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG nicht vor, denn es ist Sache des Zeugen, nicht nur den auf der Hand liegenden Einnahmenausfall an dem Tag der Zeugeneinvernahme darzulegen, sondern glaubhaft zu machen, dass die Einnahmen verloren gingen, weil (fallbezogen:) die Vornahme der Behandlung nur an diesem Tag und nicht auch an einem anderen Termin möglich war (; dem folgend ). Als Beispiel führte der Verwaltungsgerichtshof — für den Fall eines Zahnarztes — an: 'Gerade eine Zahnkontrolle, das Einsetzen einer Brücke und das Ausbohren von Zähnen sind Behandlungen, die nicht zwingend termingebunden sind, sodaß sie bei Verhinderung des behandelnden Arztes an einem verschobenen Behandlungstermin ausgeführt werden können.' () Das bringt deutlich den Mechanismus zum Ausdruck, der oben dargestellt worden ist: Viele Tätigkeiten selbständig Erwerbstätiger sind 'nicht zwingend termingebunden', können daher — dies mutet das Gesetz dem selbständig Erwerbstätigen zu — auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden und führen daher typischerweise dazu, dass an den jeweiligen 'Ersatzterminen' andere Arbeiten nicht durchgeführt werden können, die ansonsten hätten erbracht werden können. Dazu kommt: In bestimmten Gewerben, vor allem solchen der Dienstleistung, zB bei Friseuren, Kosmetikern, Fußpflegern und auch — wie im Fall der Beschwerdeführerin — Masseusen (§94 Z 48 GewO 1994), nimmt ein Teil der Kunden die Leistung in regelmäßigen Abständen in Anspruch, sodass, wird ein Termin um eine Woche verschoben, dies dazu führt, dass alle Folgetermine dieses Kunden gleichfalls (im Beispiel: um eine Woche) verschoben werden; damit wird aber der Einkommensentfall endgültig. Dasselbe gilt zB für die Tätigkeit von Personen, die zur freiberuflichen Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes, des logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienstes oder des ergotherapeutischen Dienstes berechtigt sind (s zB § 135 Abs 1 Z 1 ASVG).
Möglicherweise hat § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG — in dem durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geprägten Verständnis — nicht einen Betrieb vor Augen, in dem der selbständig Erwerbstätige ständig, etwa im Rahmen fester Betriebszeiten, arbeitet oder mitarbeitet, sondern einen solchen, in dem er nur mäßigen Kundenkontakt hat und die Kundentermine innerhalb eines größeren Zeitrahmens verschieben kann, ohne dabei Kollisionen mit anderen Kundenterminen befürchten zu müssen, oder in dem er andere Arbeiten — ohne Kundenkontakt — ohne Weiteres auf andere Zeiten, allenfalls außerhalb der üblichen Betriebszeiten, verlegen kann. (Dabei ist zB an Planungstätigkeiten wie die eines Architekten zu denken, die gleichsam außerhalb der 'Bürozeiten' durchgeführt werden können.) In vielen Fällen arbeiten selbständig Erwerbstätige jedoch ganztags, typischerweise gerade — wie auch unselbständig Erwerbstätige — zu den Zeiten, zu denen auch Gerichtsverhandlungen stattfinden, an denen sie als Zeugen oder — wie hier — als Schöffin teilnehmen müssen.
Viele dieser Fälle sind so gelagert, dass es nicht möglich ist, den Einkommensentfall iSd § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG zu bescheinigen, oder so, dass er — im Sinne dieses Gesetzes — gar nicht entsteht. Wie oben gezeigt, steht dem jedoch ein realer Verlust an Einkommen gegenüber, der aber nicht 'tatsächlich' iSd Gesetzes ist.
Dieses Ergebnis verstößt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz der Bundesverfassung. Der Gesetzgeber hat mit § 3 Abs 1 Z 2 und § 18 GebAG ein System geschaffen, von dem er nicht abweichen darf, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre. Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, zwar grundsätzlich einen Einkommensentgang zu entschädigen, der nachgewiesenermaßen eingetreten ist, dies jedoch dann nicht zu tun, wenn er zwar wahrscheinlich ist, jedoch nicht im Einzelnen nachgewiesen werden kann, weil er zB auf Prognosen über das Verhalten von Laufkundschaft beruht oder indem eine sichere Einkommenschance durch zeitliche Verlegung erhalten werden soll, obwohl damit eine weitere sichere Einkommenschance verloren geht. Dazu kommt noch eine Ungleichbehandlung zwischen unselbständig und selbständig Erwerbstätigen: Nach § 18 Abs 1 Z 2 lita GebAG gebührt dem unselbständig erwerbstätigen Zeugen der tatsächlich entgangene Verdienst. Dieser Verdienst ist vergleichsweise einfach dadurch nachzuweisen, dass der Dienstgeber des Zeugen bestätigt, in welcher Höhe er dem Zeugen einen Verdienst ausgezahlt hätte, hätte dieser in der Zeit gearbeitet, die er auf Grund der Befolgung der Zeugenpflicht nicht arbeiten konnte. Dort reicht im Übrigen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die 'hohe Wahrscheinlichkeit', dass der Anspruchswerber 'im Fall seiner Anwesenheit am Arbeitsplatz zur Leistung der in Rede stehenden Überstunden herangezogen worden wäre' () und der Dienstgeber diese Überstunden in Geld abgegolten hätte (). Von einer Verlegung von Arbeitsstunden in andere Zeiten ist dabei nicht die Rede. Im Ergebnis führt dies auch zu einer Schlechterstellung der selbständig Erwerbstätigen gegenüber den unselbständig Erwerbstätigen.
Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass mit dem Wegfall des Wortes 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG seinen Bedenken Rechnung getragen wird, weil es bei dann bereinigter Rechtslage ('beim selbständig Erwerbstätigen das entgangene Einkommen') möglich sein dürfte, Zeugen (und Schöffen) auch für Einkommen zu entschädigen, das ihnen nicht entgangen wäre, hätten sie während der Zeit arbeiten können, in der ihnen dies nicht möglich war, weil sie die Zeugen- bzw Schöffenpflicht befolgt haben.
4.3. Aus den genannten Gründen verstößt das angegriffene Wort in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) und ist daher verfassungswidrig.
Dem Bundesverwaltungsgericht ist bewusst, dass die Auslegung des § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG, die dieser Anfechtung zugrundeliegt, möglicherweise nicht zwingend ist und dass eine andere Auslegung die Verfassungswidrigkeiten, die nach Ansicht des anfechtenden Gerichts vorliegen, vermeiden könnte. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sieht es sich jedoch nicht zu einer anderen Auslegung verhalten."
4. In seinem zu G238/2020 protokollierten Antrag legt das Bundesverwaltungsgericht seine – nahezu wortgleichen und deshalb nur auszugsweise abgedruckten – Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
"3. Zulässigkeit
3.1. Präjudizialität
Der Mitbeteiligte wurde am als Zeuge in einer Strafsache einvernommen.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen ua die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG gebührt dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis ein gesetzlich festgesetzter Betrag (ein Fixbetrag) für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht; anstatt dieser Entschädigung gebührt aber einem unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst (§18 Abs 1 Z 2 lita GebAG), einem selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen (§18 Abs 1 Z 2 litb GebAG). Der Mitbeteiligte hat anstatt der genannten Entschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG das tatsächlich entgangene Einkommen geltend gemacht. § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG war daher von der belangten Behörde anzuwenden, ist auch angewandt worden und ist vom Bundesverwaltungsgericht bei der Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden. § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG ist somit präjudiziell.
[...]
4.1.2.2. Der Mitbeteiligte ist als Dachdecker selbständig erwerbstätig und konnte, weil er am als Zeuge in einer Verhandlung einvernommen wurde, seiner Erwerbstätigkeit für drei Stunden nicht nachgehen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass er geplant hatte, am Arbeiten für seinen Dachdeckerbetrieb zu erbringen, die ersatzlos entfallen wären, weil er seine Zeugenpflicht befolgte, und dass ihm dadurch tatsächlich ein Einkommen entgangen wäre. Sein Vorbringen läuft vielmehr darauf hinaus, dass er jenes Einkommen geltend macht, das er hätte erwirtschaften können, hätte er nicht als Zeuge aussagen müssen, dass aber keine konkreten Dienstleistungen gegenüber konkreten Kunden vorgesehen waren. Den Verdienstentgang berechnet er anhand des Jahresabschlusses jenes Jahres, aus dem er einen Stundensatz ableitet, sich dann aber mit einem niedrigeren Stundensatz (jenem eines Facharbeiters [Firmenstundensatz]) begnügt. Damit macht er den Entgang eines fiktiv nach Durchschnittssätzen errechneten Einkommens geltend.
Anhand dieser Unterlagen lässt sich allerdings weder nachvollziehen, ob der Mitbeteiligte am tatsächlich Arbeiten in seinem Dachdeckerbetrieb erbracht hätte, noch, ob sie gegebenenfalls tatsächlich ersatzlos entfallen oder aber zu einer anderen Zeit erbracht worden sind. (Für das vorliegende Verfahren dürfte es unerheblich sein, dass sich bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 8700 Euro und einer monatlichen Arbeitszeit von 240 Stunden — wie sie der Mitbeteiligte zugrundelegt — ein Stundensatz von 36,25 Euro ergibt; der Mitbeteiligte setzt in seinem Schreiben vom den doppelten Betrag [72,50 Euro] an. Auch der Satz von 36,25 Euro liegt über dem gesetzlichen Satz von 14,20 Euro, der sich aus der Zuschlagsverordnung [BGBl II 134/2007] ergibt.)
Damit hat der Mitbeteiligte zwar den Grund, nicht jedoch die Höhe seines Anspruches bescheinigt. Daher steht ihm gemäß § 18 Abs 2 GebAG nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß des in § 1 Abs 1 der V BGBI II 134/2007 zu § 18 Abs 1 Z 1 GebAG genannten Pauschalbetrages von 14,20 Euro pro Stunde zu.
[…]"
5. Die Bundesregierung verweist auf die in dem Verfahren zu G236/2020 erstattete Äußerung – soweit sie sich auf das Wort "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG bezieht, sowohl hinsichtlich der Zulässigkeit als auch der Ausführungen in der Sache –, legt die Äußerung vor und hält fest, dass das in Prüfung gezogene Wort nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sei. Die zu G236/2020 erstattete Äußerung lautet wie folgt (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:
1. Dem Gesetzesprüfungsantrag des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts Baden zugrunde, mit dem der Antrag einer Zeugin, die als Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde selbständig erwerbstätig ist, auf Ersatz der Kosten für eine Stellvertreterin, die ihre Termine während ihrer Abwesenheit aufgrund der Zeugenpflicht wahrgenommen hat, abgewiesen wurde. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt.
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtsverletzung erforderlich ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl VfSlg 16.195/2001, 17.792/2006, 19.496/2011; ; jeweils mwN).
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt in seinem Haupt- und in den Eventualanträgen die Aufhebung (bloß) einzelner Wörter des § 18 Abs 1 Z 2 GebAG, konkret der Wörter 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG und 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG. Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Anfechtungsumfang zu eng gewählt:
2.2.1. Die Aufhebung des Wortes 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG (entsprechend dem Hauptantrag sowie dem zweiten Eventualantrag) hätte zur Folge, dass einem Zeugen zwar generell Kosten für einen zu bestellenden Stellvertreter zu ersetzen wären. Die Kosten für eine beizuziehende Haushaltshilfskraft gemäß § 18 Abs 1 Z 2 litd GebAG würden dagegen weiterhin nur ersetzt werden, wenn deren Beiziehung 'notwendigerweise' erfolgt ist. Ebenso würde die Aufhebung des Wortes 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG – entsprechend dem ersten und zweiten Eventualantrag – zwar zur Folge haben, dass einem selbständig Erwerbstätigen generell das entgangene Einkommen ersetzt würde und es nicht darauf ankommt, ob das Einkommen 'tatsächlich' wegen der Zeitversäumnis durch die Erfüllung der Zeugenpflicht entgangen ist. Einem unselbständig Erwerbstätigen würde dagegen gemäß § 18 Abs 1 Z 2 lita GebAG weiterhin nur der 'tatsächlich' entgangene Verdienst ersetzt werden.
Die Bundesregierung verkennt nicht, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein Prozesshindernis darstellt, dass durch die Aufhebung einer Bestimmung als gleichheitswidrig allenfalls eine Gleichheitswidrigkeit an anderer Stelle herbeigeführt wird (vgl VfSlg 17.954/2006; vgl auch VfSlg 14.521/1996, wonach es für die Beurteilung der Prozessvoraussetzungen nicht darauf ankommt, ob mit der Aufhebung einer angefochtenen Bestimmung eine verfassungskonforme Rechtslage erreicht werden kann). Unzulässig ist ein Gesetzesprüfungsantrag jedoch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dann, wenn die betreffende Regelung durch die beantragte Aufhebung einen völlig veränderten, dem Normsetzer überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt erhalten würde, weil dies im Ergebnis einem Akt positiver Normsetzung gleichkomme, der dem Verfassungsgerichtshof nicht zukomme (vgl VfSlg 12.465/1990; 13.915/1994; 19.755/2013; jeweils mwN). Ein derartiger, der Gesetzgebung nicht mehr zusinnbarer Inhalt würde bei einer Aufhebung im beantragten Umfang aber entstehen. Ausweislich der Erläuterungen zur (wie oben in Pkt. I.3.6. dargelegt, wortgleichen) Vorgängerregelung des § 18 Abs 1 Z 2 GebAG ging es der Gesetzgebung ausdrücklich darum, dass die Entschädigung 'allen Zeugen ohne Unterscheidung ihrer beruflichen Stellung im gleichen Ausmaß zustehen' sollte, 'sofern sie nur durch ihre Vorladung vor Gericht oder ihre tatsächliche Vernehmung verursacht worden sind' (RV 1336 BlgNR 13. GP, 19). Dieses Ziel würde durch eine Aufhebung im beantragten Umfang jedoch konterkariert, da es dann nur mehr bei unselbständig Erwerbstätigen auf das 'tatsächlich' entgangene Einkommen (nicht aber bei selbständig Erwerbstätigen) und nur für den Fall der Bestellung einer Haushaltshilfskraft (nicht aber bei Bestellung eines Stellvertreters) auf deren notwendige Bestellung ankommen würde. Nach Auffassung der Bundesregierung hätte das Bundesverwaltungsgericht daher auch § 18 Abs 1 Z 2 litb und litd GebAG in seinen Gesetzesprüfungsantrag einbeziehen müssen. Die Anträge erweisen sich insofern als zu eng gefasst.
2.2.2. Wenn das Bundesverwaltungsgericht ausführt, dass es sachlich nicht gerechtfertigt sei, einen Einkommensentgang, der wahrscheinlich ist, aber nicht im Einzelnen nachgewiesen werden kann, nicht zu entschädigen (s Pkt. 4.1.2.1.3. des Antrags), richten sich seine Bedenken zudem offenbar nicht nur dagegen, dass bei der Feststellung eines Entschädigungsanspruchs auf 'tatsächlich' entgangenes Einkommen abgestellt wird, sondern generell dagegen, dass auf (realiter) 'entgangenes' Einkommen abgestellt wird. Würde aber – wie im ersten und zweiten Eventualantrag beantragt – nur das Wort 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG aufgehoben werden, wäre einem Zeugen weiterhin (nur) das 'entgangene Einkommen' zu ersetzen, nicht aber das (wahrscheinlich) während der Abwesenheit des selbständig Erwerbstätigen erwirtschaftete Einkommen schlechthin. Ausgehend von seinen Bedenken hätte das Bundesverwaltungsgericht daher (zumindest) auch die Aufhebung der Wortfolge 'tatsächlich entgangene' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG beantragen müssen. Der erste und zweite Eventualantrag sind nach Auffassung der Bundesregierung auch aus diesem Grund zu eng gefasst.
2.3. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Eventualanträge mangels richtiger Abgrenzung des jeweils begehrten Aufhebungsumfangs unzulässig sind.
Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Anträge dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:
III. In der Sache:
1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass das Wort 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art 7 B-VG) verstoßen würde. Seiner Ansicht nach stehe die Auslegung dieses Wortes in Zusammenhang mit dem Wort 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG, gegen das es ebenfalls gleichheitsrechtliche Bedenken hegt. Die Bedenken bestünden jeweils ausgehend von jenem Verständnis der angefochtenen Bestimmungen, das durch die gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geprägt sei. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG führe dazu, dass ein Einkommensentgang eines selbständig Erwerbstätigen, der zwar wahrscheinlich ist, jedoch nicht im Einzelnen nachgewiesen werden könne, nicht entschädigt werden könne. Somit könnten etwa Einkommensentgänge, die mittels Prognosen über das Verhalten von Laufkundschaft errechnet wurden oder die wegen der Verschiebung eines Termins entstanden sind, nicht als entschädigungsfähig anerkannt werden. Hinsichtlich der Verschiebung eines Termins sei aber zu berücksichtigen, dass dadurch bzw durch die Nachholung des Termins zu einem späteren Zeitpunkt unter Umständen eine weitere sichere Einkommenschance verloren gehe (etwa wenn der Termin eben nicht nachgeholt werde, sondern – bis zum nächsten regulären Termin – ausfalle oder weil der Ersatztermin – bei einem 'ausgebuchten' Betrieb – wiederum nicht für andere Termine zur Verfügung stehe). Dies sei sachlich nicht gerechtfertigt. Zudem führe die Regelung zu einer Ungleichbehandlung zwischen unselbständig und selbständig Erwerbstätigen. Der entgangene Verdienst eines unselbständig Erwerbstätigen könne vergleichsweise einfach mittels einer Bestätigung des Dienstgebers darüber nachgewiesen werden, in welcher Höhe er dem Zeugen einen Verdienst ausgezahlt hätte, hätte er in der betreffenden Zeit gearbeitet. Zudem reiche hinsichtlich möglicher Überstunden bereits die 'hohe Wahrscheinlichkeit', dass der Zeuge 'im Fall seiner Anwesenheit am Arbeitsplatz zur Leistung der in Rede stehenden Überstunden herangezogen worden wäre' () und der Dienstgeber diese Überstunden in Geld abgegolten hätte (). Von einer Verlegung von Arbeitsstunden in andere Zeiten sei in diesem Zusammenhang nicht die Rede. Diese Verfassungswidrigkeit des Wortes 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG bringe es mit sich, dass auch das Wort 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG einen verfassungswidrigen Inhalt habe. Die in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG vorgesehene Entschädigung für die Kosten eines Stellvertreters solle nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entschädigung für das tatsächlich entgangene Einkommen nach litb leg.cit. substituieren. Demgemäß gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Bestellung eines Stellvertreters nur dann 'notwendigerweise' iSv. § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG erfolge, wenn die vom Stellvertreter wahrgenommenen Aufgaben unaufschiebbar sind. Könne ein Zeuge daher die dem Stellvertreter übertragenen Arbeiten nach seiner Rückkehr vom Gericht selbst verrichten, sei der Stellvertreter nicht 'notwendigerweise' bestellt (, unter Verweis auf ). Diese Verschränkung des 'tatsächlich' entgangenen Einkommens mit der Notwendigkeit einer Stellvertretung lasse das Wort 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG aus denselben Gründen als verfassungswidrig erscheinen wie das Wort 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG.
3. Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001).
Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassung wegen nicht verwehrt, ihre politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.167/2001, 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraums einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004 und 17.816/2006, 19.722/2012, jeweils mwN) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl VfSlg 16.771/2002 mwN). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000, 16.814/2003 und , Rz. 74 mwN).
4. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß ein Entschädigungsanspruch für einen Vermögensnachteil vorgesehen wird, der Personen, die als Zeugen in gerichtlichen Verfahren und in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft tätig sind, aufgrund der zeitlichen Inanspruchnahme durch diese Tätigkeit entstanden ist (vgl VfSlg 8767/1980 mwN betreffend Entschädigungen für den Verdienstentgang aufgrund des Wehrdienstes). Mit den angefochtenen Bestimmungen hat die Gesetzgebung nach Auffassung der Bundesregierung diesen Gestaltungsspielraum nicht überschritten:
4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GebAG haben Zeugen Anspruch auf eine Entschädigung für ihre Zeitversäumnis, soweit sie durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erlitten haben. Ist ein Vermögensnachteil entstanden, kann ein Zeuge zwischen einer pauschalen Entschädigung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG und der Entschädigung eines höheren, konkreten Vermögensnachteils nach § 18 Abs 1 Z 2 GebAG wählen. In letzterem Fall muss der Zeuge seinen Gebührenanspruch auch der Höhe nach bescheinigen.
4.2. Nach der Intention der Gesetzgebung soll eine 'Entschädigung für eine Zeitversäumnis nur zustehen […], wenn der Zeuge durch die Befolgung seiner Zeugenpflicht sonst tatsächlich einen Vermögensnachteil erlitte' (RV 888 BlgNR 17. GP, 28). Grundlegende Voraussetzung für das Bestehen eines (über die pauschale Entschädigung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG hinausgehenden) Entschädigungsanspruchs gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG ist daher ein konkreter Vermögensnachteil (s dazu auch oben Pkt. I. 3.5.). Demgemäß stellt § 18 Abs 1 Z 2 GebAG auf den tatsächlich entgangenen Verdienst eines unselbständig Erwerbstätigen (§18 Abs 1 Z 2 lita GebAG), das tatsächlich entgangene Einkommen eines selbständig Erwerbstätigen (§18 Abs 1 Z 2 litb GebAG), die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter (§18 Abs 1 Z 2 litc GebAG) oder die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft (§18 Abs 1 Z 2 litd GebAG) ab. Ein unselbständig Erwerbstätiger soll daher gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG das ersetzt bekommen, 'was er auf die Hand bekommen hätte', ein selbständig Erwerbstätiger das, 'was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte' (RV 1336 BlgNR 13. GP, 19). Ob im Einzelfall die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch vorliegen und wenn ja, in welchem Ausmaß einem Zeugen eine Entschädigung zusteht, kann angesichts der vielfältigen Konstellationen, in denen ein Entschädigungsanspruch zu prüfen ist, nur anhand der jeweils konkreten Umstände des Einzelfalls festgestellt werden.
4.3. Die Bundesregierung vermag keinen Grund zu erkennen, aus dem diese Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch eines Zeugen, der gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG Ansprüche geltend macht, die über die pauschale Entschädigung (gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG) hinausgehen, unsachlich sein sollten. Entgegen der offenbaren Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglicht § 18 Abs 1 Z 2 GebAG nicht nur den angemessenen Ausgleich gerade jener Vermögensnachteile, die ein Zeuge aufgrund der Wahrnehmung seiner Zeugenpflicht konkret erlitten hat (s dazu auch die Ausführungen im Folgenden). Zudem schützt die Regelung die zur Bezahlung der Zeugengebühren verpflichteten Verfahrensparteien bzw gegebenenfalls den Bund vor unverhältnismäßigen und – im Hinblick auf bloß abstrakte Kosten – ungerechtfertigten finanziellen Belastungen. Dass in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG für den Entschädigungsanspruch eines selbständig Erwerbstätigen auf das 'tatsächlich' entgangene Einkommen abgestellt wird, ist daher nach Auffassung der Bundesregierung sachlich gerechtfertigt.
4.4. Wenn das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob einem selbständig Erwerbstätigen ein entsprechend konkreter Vermögensnachteil entstanden ist, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für unsachlich erachtet, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass es damit keine Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen vorbringt, sondern sich gegen deren Vollziehung wendet. Im Übrigen steht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach Auffassung der Bundesregierung im Einklang mit dem dargelegten – sachlichen – Inhalt der angefochtenen Bestimmungen: Ausgehend von der gesetzlichen Voraussetzung eines konkreten Vermögensnachteils für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 18 Abs 1 Z 2 GebAG ist es sachlich gerechtfertigt, hinsichtlich der Bescheinigung des tatsächlich entgangenen Einkommens eines selbständig Erwerbstätigen die abstrakte Errechnung eines möglichen – fiktiven – Vermögensnachteils nicht genügen zu lassen (vgl , mwN; , 2000/17/0065). Dass dementsprechend tatsächliche Einkommensentgänge eines selbständig Erwerbstätigen gemäß § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG nicht auf der Grundlage von bloßen Prognosen über das Verhalten von Laufkundschaft bescheinigt werden könnten, macht die Regelung nicht unsachlich; zumal dies nur selbständig Erwerbstätige betreffen könnte, die alleine ein Geschäft führen (weshalb sie es während ihrer Abwesenheit schließen müssten). Diese könnten jedoch einen Stellvertreter bestellen und in der Folge eine Entschädigung für die Kosten dieses Stellvertreters geltend machen (vgl ). Ebenso ist es sachlich gerechtfertigt, hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG darauf abzustellen, ob bzw welche Termine eines selbständig Erwerbstätigen aus welchen Gründen unaufschiebbar waren bzw von diesem nicht zu einem anderen Zeitpunkt erledigt werden konnten (vgl ; , 2001/17/0054; , 2007/17/0161). Es steht jedem Zeugen, der eine entsprechende Entschädigung geltend macht, frei, dies entsprechend glaubhaft zu machen (so ausdrücklich auch ). Insofern befindet sich ein selbständig Erwerbstätiger auch in keiner anderen Situation als ein unselbständig Erwerbstätiger. Auch dieser muss einen konkreten Vermögensnachteil bescheinigen und kann daher nur eine Entschädigung für unaufschiebbare Dienstzeiten erhalten, nicht aber etwa auch dann, wenn ihm – weil er von vornherein teilzeitbeschäftigt ist oder aufgrund Urlaubs oder eines Diensttausches – während der Erfüllung der Zeugenpflicht gar kein Einkommen entgangen ist (Krammer/Schmidt/Guggenbichler aaO E 18; s. dazu auch bereits oben Pkt. I. 3.4.1.). Dass ein entgangener Verdienst eines unselbständig Erwerbstätigen in Form der Abgeltung von Überstunden durch die Bescheinigung der hohen Wahrscheinlichkeit, dazu herangezogen zu werden, glaubhaft gemacht werden kann, ist eine Folge der insofern geltenden Bescheinigungspflicht (vgl , wonach eine Bescheinigung bedeutet, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruchs nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss). Ebenso reicht es bei selbständig Erwerbstätigen aus, ihren tatsächlichen Einkommensentgang zB wegen der Unaufschiebbarkeit von Terminen 'zumindest glaubhaft zu machen' (). Dass eine Bescheinigung unter Umständen im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden ist, macht die gesetzliche Regelung nicht gleichheitswidrig (vgl ). Sollte der konkrete Vermögensnachteil nicht bescheinigt werden können, steht einem Zeugen im Übrigen jedenfalls die pauschale Entschädigung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 GebAG zu.
Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Bedenken gegen das Wort 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 1 litb GebAG als unbegründet.
5. Damit stellen sich aber auch die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts gegen das Wort 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG als unbegründet heraus, da es diese aus der (behaupteten) Verfassungswidrigkeit des Wortes 'tatsächlich' in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG ableitet.
Im Übrigen dient auch das Wort 'notwendigerweise' in § 18 Abs 1 Z 2 litc GebAG der – wie oben dargelegt sachlich gerechtfertigten (s Pkt. III. 5.1.) – Einschränkung des Entschädigungsanspruchs auf tatsächlich entstandene Vermögensnachteile. Ein 'notwendigerweise' zu bestellender Stellvertreter ist daher ein Stellvertreter, dessen Bestellung unbedingt erforderlich war, um die Abwesenheit des Zeugen und den von diesem ansonsten zu gewärtigenden Vermögensnachteil auszugleichen. Es ist daher auch insofern nicht unsachlich, diesbezüglich darauf abzustellen, ob die von einem Stellvertreter wahrgenommenen Aufgaben unaufschiebbar sind bzw ob die diesem übertragenen Aufgaben zumutbarerweise vom Zeugen selbst nach seiner Rückkehr durchgeführt werden hätten können (vgl ).
6. Im Übrigen sieht sich die Bundesregierung in ihrer Auffassung, dass es nicht verfassungswidrig ist, die Entschädigung für die Zeitversäumnis eines selbständig erwerbstätigen Zeugen auf einen tatsächlichen Vermögensnachteil einzuschränken, auch durch die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorgängerregelung des § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG – dem § 3 Abs 1 Z 2 litb GebAG in der Stammfassung BGBl Nr 136/1975 – bestätigt. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B274/91-3, die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt, in der gleichheitsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann bei einem selbständig Erwerbstätigen von einem tatsächlich entgangenen Einkommen gesprochen werden kann, vorgebracht worden waren. Konkret war in der damaligen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (ebenfalls) vorgebracht worden, dass der Begriff 'tatsächlich entgangenes Einkommen' unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes nur so verstanden werden könne, dass dem selbständig Erwerbstätigen sein auf Stunden umgerechnetes Jahresbruttoeinkommen in dem Ausmaß zu ersetzen sei, in welchem er durch die Verrichtung seiner Zeugenpflicht und seiner Tätigkeit als selbständig Erwerbstätiger verhindert sei (vgl die entsprechenden Ausführungen im Erk. ). Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bedenken offenbar nicht geteilt. Nach Ablehnung und Abtretung dieser Beschwerde hat sie auch der Verwaltungsgerichtshof () als unbegründet abgewiesen.
7. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Wörter nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt die Aufhebung des Wortes "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG, BGBl 136/1975, idF BGBl I 98/2001. § 18 Abs 1 Z 2 GebAG wurde seit der Novelle BGBl 343/1989 nicht geändert und blieb daher von der Novelle BGBl I 98/2001 unberührt. § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG erhielt mit der Novelle BGBl 343/1989 den Wortlaut, den das Bundesverwaltungsgericht in seinem Antrag wiedergibt. Es geht daher mit hinreichender Deutlichkeit hervor, auf welche Fassung (nämlich BGBl 343/1989) des § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG Bezug genommen wird, womit dem für Anträge gemäß Art 140 B-VG geltenden strengen Formerfordernis des § 62 Abs 1 erster Satz VfGG Genüge getan ist (vgl VfSlg 20.300/2018; ).
1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität zweifeln ließe.
1.3. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).
Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).
Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach § 62 Abs 1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN ua; vgl auch ; , G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; ua).
Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua).
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.
1.4. Das Bundesverwaltungsgericht erblickt einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 B-VG bzw Art 2 StGG darin, dass ein selbständig Erwerbstätiger nicht in der Lage sein werde, seinen tatsächlichen Einkommensentgang in der Form zu bescheinigen, wie es § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG fordere. Es erachtet den Sitz der Verfassungswidrigkeit im Wort "tatsächlich", weil einem selbständig Erwerbstätigen, der als Zeuge aussagen müsse, zugemutet werde, seine Erwerbstätigkeit, die er ausgeübt hätte, hätte er nicht an einer Verhandlung teilgenommen, auf andere Zeiten zu verlegen oder im Ergebnis sogar auf das Einkommen zu verzichten, das aus dieser Tätigkeit erfließen würde.
1.5. Nach Auffassung der Bundesregierung sei der Anfechtungsumfang zu eng gewählt worden. Bei einer Aufhebung des Wortes "tatsächlich" würde einem unselbständig Erwerbstätigen weiterhin nur der "tatsächlich" entgangene Verdienst ersetzt werden (§18 Abs 1 Z 2 lita GebAG). Bei der Aufhebung im beantragten Umfang würde ein dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer Inhalt entstehen. Das Ziel sei eine Entschädigung aller Zeugen ohne Unterscheidung ihrer beruflichen Stellung im gleichen Ausmaß. Es hätte daher auch § 18 Abs 1 Z 2 litb [gemeint wohl: lita] GebAG miteinbezogen werden müssen. Im Übrigen würden sich die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes dagegen richten, dass auf (realiter) entgangenes Einkommen abgestellt werde, weshalb das Gericht die Wortfolge "tatsächlich entgangene" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG anfechten hätte müssen.
1.6. Damit ist die Bundesregierung nicht im Recht:
Entgegen der Ansicht der Bundesregierung richten sich die Anträge nicht dagegen, dass allgemein durchschnittlich erzielbares Einkommen ersetzt werden soll, sondern gegen die im Hinblick auf die Bedeutung des Wortes "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Bescheinigung der Höhe des konkret nachzuweisenden Einkommensentganges. Die Anträge sind nicht zu eng gefasst: Das Bundesverwaltungsgericht erachtet – vor dem Hintergrund der Anlassfälle – die erhöhte Bescheinigungspflicht für den Nachweis des "tatsächlich" entgangenen Einkommens und die zugemuteten Terminverschiebungen bzw den damit verbundenen Einkommensverzicht als verfassungswidrig. Die Anträge erweisen sich somit als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die Anträge sind nicht begründet.
2.3. Nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG gebührt einem Zeugen grundsätzlich für die Zeitversäumnis eine Pauschalentschädigung idHv € 14,20 für jede begonnene Stunde. Der Grund des Anspruches ist zu bescheinigen. Anstatt dieser Entschädigung können gemäß Z 2 leg. cit. der tatsächlich entgangene Verdienst bzw das tatsächlich entgangene Einkommen oder die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise zu bestellende Stellvertretung bzw für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft geltend gemacht werden. In diesen Fällen sind sowohl Grund als auch Höhe des Anspruches zu bescheinigen.
2.4. Das Bundesverwaltungsgericht bringt vor, dass das Wort "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG – unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art 7 B-VG) verstieße. Ein selbständig Erwerbstätiger, der während seiner Abwesenheit auf Grund einer Zeugeneinvernehmung einen Einkommensentgang erleide (zB weil er sein Ladengeschäft habe schließen müssen oder Beratungsaufträge nicht entgegen nehmen habe können), werde regelmäßig nicht in der Lage sein, diesen Entgang in der Form zu bescheinigen, wie § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG (bzw die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) dies fordere. Der tatsächliche Einkommensentgang hänge von der Unaufschiebbarkeit der Aufgaben ab. Da viele Tätigkeiten selbständig Erwerbstätiger jedoch nicht zwingend termingebunden seien, könnten diese grundsätzlich auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden. Bei einem ausgebuchten Betrieb (zB in einer Ordination einer Ärztin oder einem Betrieb eines Masseurs) führe dies aber dazu, dass an den jeweiligen Ersatzterminen andere ansonsten erbrachte Arbeiten nicht durchgeführt werden könnten. Der Einkommensentgang sei zwar endgültig, könne jedoch – vor allem bei Bekanntgabe des Verhandlungstermins im Voraus – nicht bescheinigt werden bzw sei der Entgang nicht "tatsächlich" iSd Gesetzes.
Der Gesetzgeber habe ein System geschaffen, das eine Entschädigung für den Einkommensentgang vorsehe. Sachlich sei es nicht zu rechtfertigen, einen nachgewiesenen, aber nicht einen wahrscheinlichen Einkommensentgang, der nicht im Einzelnen bescheinigt werden könne, zu entschädigen. Hinzu komme eine Ungleichbehandlung zwischen unselbständig und selbständig Erwerbstätigen, da bei Unselbständigen der Verdienstentgang vergleichsweise einfach nachzuweisen sei.
2.5. Dem entgegnet die Bundesregierung, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, ob und in welchem Ausmaß ein Entschädigungsanspruch für einen Vermögensnachteil durch eine Zeugeneinvernahme bei einer Verhandlung vorgesehen werde. Die Intention des Gesetzgebers sei es, ausschließlich den konkreten Vermögensnachteil zu ersetzen. Die Regelung sei nicht unsachlich, sondern schaffe einen angemessenen Ausgleich des erlittenen Vermögensnachteils und schütze die zur Bezahlung der Zeugengebühren verpflichteten Verfahrensparteien bzw den Bund.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe – sofern sich das Bundesverwaltungsgericht nicht bloß gegen die Vollziehung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen wende – im Einklang mit dem Inhalt der angefochtenen Bestimmungen: Es sei sachlich gerechtfertigt, hinsichtlich der Bescheinigung des tatsächlich entgangenen Einkommens eines selbständig Erwerbstätigen die abstrakte Errechnung eines fiktiven Vermögensnachteils nicht genügen zu lassen und auf die Unaufschiebbarkeit von Terminen abzustellen. Auch ein unselbständig Erwerbstätiger müsse einen konkreten Vermögensnachteil und die Unaufschiebbarkeit von Dienstzeiten bescheinigen. Dass eine Bescheinigung unter Umständen im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sei, mache die gesetzliche Regelung nicht gleichheitswidrig. Im Übrigen stehe einem Zeugen – mangels Bescheinigungsmöglichkeit – die pauschale Entschädigung nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG zu.
2.6. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).
2.7. Nach den Erläuterungen hat mit BGBl 343/1989 eine systematische Anpassung des Gebührenanspruchs von Zeugen stattgefunden: Die lita bis d des § 3 Abs 1 Z 2 GebAG wurden in den § 18 Abs 1 Z 2 GebAG übertragen. Entsprechend der bis dahin geltenden Rechtslage sollte eine "Entschädigung für eine Zeitversäumnis wiederum nur zustehen […], wenn der Zeuge durch die Befolgung seiner Zeugenpflicht sonst tatsächlich einen Vermögensnachteil erlitte" (Erläut RV 888 BlgNR 17. GP, 27 f.; § 3 Abs 1 Z 2 GebAG). Zudem erfolgte eine zeitgemäße Anpassung der Höhe der Pauschalgebühr nach § 18 Abs 1 Z 1 GebAG, damit in erheblich geringerem Ausmaß von der Möglichkeit der höheren (aber bescheinigungspflichtigen) Gebühr Gebrauch gemacht werde, womit wiederum eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung verbunden sei (Erläut RV 888 BlgNR 17. GP, 28). Mit dieser Gesetzesänderung räumte der Gesetzgeber dem Kostenersatz in Form einer Pauschalentschädigung den Vorrang vor dem erheblich aufwändigeren Ersatz des konkret zu bescheinigenden Verdienst- bzw Einkommensentganges ein (vgl Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und Dolmetschergesetz – Gebührenanspruchsgesetz4, 2018, § 18 GebAG, Anm. 6).
2.8. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Ausgestaltung des Entschädigungsanspruches für einen Vermögensnachteil, der durch die Zeugeneinvernahme entsteht, zu regeln (vgl VfSlg 8767/1980 mwN). Dass der Gesetzgeber hiebei in erster Linie – auch auf Grund des geringeren Verwaltungsaufwandes – auf eine pauschalierte Entschädigung abstellt und bloß alternativ die Möglichkeit des Ersatzes eines konkreten Verdienst- oder Einkommensentganges vorsieht, ist nicht unsachlich. Dies gilt auch für die erhöhte Bescheinigungspflicht bei der Geltendmachung des tatsächlichen Verdienst-/Einkommensentganges, wonach – anders als bei der pauschalierten Entschädigung – zusätzlich zum Grund des Anspruches auch dessen Höhe zu bescheinigen ist. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, weil zwar die finanziellen Einbußen des Zeugen ausgeglichen werden sollen, dieser aber nicht entlohnt werden soll (vgl Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, Der Sachverständige 1989, 2 [4] mwN). Nicht zuletzt ist damit abgesehen von der Verwaltungsvereinfachung zudem ein Schutz der Verfahrensparteien vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen verbunden.
2.9. Für den Verfassungsgerichtshof ist auch keine Ungleichbehandlung von selbständig und unselbständig Erwerbstätigen ersichtlich, zumal § 18 Abs 1 Z 2 lita und litb GebAG gleichermaßen auf den tatsächlichen (Verdienst- bzw Einkommens-)Entgang abstellen. Dazu führen auch die Erläuterungen aus, dass die Kosten allen Zeugen ohne Unterschied ihrer beruflichen Stellung im gleichen Ausmaß zustehen sollen, daher soll ein unselbständig Erwerbstätiger "das, was er auf die Hand bekommen hätte" und ein selbständig Erwerbstätiger "das, was er nach Abzug von Auslagen positiv verdient hätte" ersetzt bekommen (Erläut RV 1336 BlgNR 13. GP, 19). Dass die Art der Bescheinigung verschieden ist (Erläut RV 1336 BlgNR 13. GP, 23) oder dass mit der Bescheinigung Schwierigkeiten verbunden sind (vgl ), macht die Regelung noch nicht unsachlich, sondern liegt vielmehr im Unterschied zwischen unselbständigen und selbständigen Tätigkeiten sowie, wie auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Antrag ausführt, einzelner selbständiger Tätigkeiten und Betriebsführungen.
Die Anträge sind daher abzuweisen.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des Wortes "tatsächlich" in § 18 Abs 1 Z 2 litb GebAG, BGBl 136/1975, idF BGBl 343/1989 erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Die Anträge sind daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2020:G237.2020 |
Schlagworte: | Zeuge, Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Prozesskosten, Rechtspolitik, Kostenersatz, VfGH / Prüfungsumfang |
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