VfGH vom 21.06.1989, G236/88
Sammlungsnummer
12095
Leitsatz
Entgeltcharakter der den Beamten des Ruhestandes gewährten Ruhegenüsse - keine Versorgungsleistung; Verminderung des Ruhegenusses aus Anlaß des Bezuges einer Entschädigung für die Ausübung einer politischen Tätigkeit gleichheitswidrig
Spruch
Die in § 14a Abs 1 zweiter Satz des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck 1975, LGBl. Nr. 53, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 15/1985 enthaltenen beiden Wortfolgen "Ruheund" werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Dem Stadtrecht der Landeshauptstadt Innsbruck 1975, LGBl. 53, wurde durch ArtI Z 2 der Novelle LGBl. 15/1985 ein § 14a eingefügt, der - samt Überschrift - folgenden Wortlaut hat:
"§14a
Stillegung und Verringerung der Entschädigung
(1) Der Bürgermeister, die Bürgermeisterstellvertreter, die amtsführenden Stadträte und die amtsführenden Gemeinderäte erleiden, wenn sie Bedienstete einer Körperschaft öffentlichen Rechtes, einer solchen Stiftung oder Anstalt oder eines solchen Fonds sind, deren Dienstrecht hinsichtlich der Gesetzgebung in die Zuständigkeit des Landes fällt, als solche in ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung keine Einbuße. Ihr Diensteinkommen bzw. ihre Ruhe- und Versorgungsbezüge werden jedoch auf die Dauer des Bezuges einer Entschädigung in dem Ausmaß stillgelegt, als die Summe aus Entschädigung und Diensteinkommen bzw. Ruhe- und Versorgungsbezügen beim Bürgermeister die Entschädigung nach § 14 Abs 1, bei den Bürgermeisterstellvertretern 90 v.H., bei den amtsführenden Stadträten und den amtsführenden Gemeinderäten 85 v.H. der Entschädigung des Bürgermeisters übersteigt. Die Zeit der Stillegung ist für die Bemessung des Ruhe- und Versorgungsbezuges ohne Leistung eines Pensionsbeitrages bzw. bei Leistung des Pensionsbeitrages vom verminderten Diensteinkommen anrechenbar.
(2) Beim Bürgermeister, bei den Bürgermeisterstellvertretern, den amtsführenden Stadträten und den amtsführenden Gemeinderäten, die Bedienstete einer Körperschaft öffentlichen Rechtes, einer solchen Stiftung oder Anstalt oder eines solchen Fonds sind, deren Dienstrecht hinsichtlich der Gesetzgebung nicht in die Zuständigkeit des Landes fällt, verringert sich die Entschädigung in dem Ausmaß, als die Summe aus Entschädigung und Diensteinkommen bzw. Ruhe- und Versorgungsbezügen die im Abs 1 genannten Grenzen übersteigt.
(3) Für die erforderlichen Vergleichsberechnungen nach den Abs 1 und 2 sind die Bruttobeträge heranzuziehen. Allfällige Sitzungsgelder nach § 14 Abs 6 sind nicht zu berücksichtigen."
2. Der Beschwerdeführer zu B808/85 ist im Ruhestand befindlicher Beamter der Landeshauptstadt Innsbruck; er bekleidet die Funktion eines amtsführenden Stadtrates. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom verfügte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck (ua.) unter Berufung auf § 14a Abs 1 des Stadtrechtes, daß der Ruhebezug des Beteiligten in dem Ausmaß stillgelegt wird, als die Summe aus Entschädigung als amtsführender Stadtrat und Ruhebezug 85 v.H. der dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck gebührenden Entschädigung übersteigt. Unter einem wurde die Hereinbringung des Überbezugs durch Aufrechnung auf die ab fällig werdenden Ruhebezüge angeordnet.
3. Aus Anlaß der gegen diesen Bescheid erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde leitete der Gerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen das gegenwärtige Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der im zweiten Satz des § 14a Abs 1 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck in der novellierten Fassung enthaltenen beiden Wortfolgen "Ruhe- und" ein.
4. Die Tiroler Landesregierung sah von einer Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren ab.
5. Der Verfassungsgerichtshof lud auch die übrigen Landesregierungen sowie die Bundesregierung zur Äußerung ein. Diese Möglichkeit nahmen die Kärntner und die Oberösterreichische Landesregierung sowie die Bundesregierung wahr, welche den verfassungsrechtlichen Bedenken entgegentraten.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Einleitungsbeschluß ging der Gerichtshof vorläufig davon aus, daß der meritorischen Erledigung der erhobenen Beschwerde keine Prozeßhindernisse entgegenstehen und daß er im Rahmen seiner Sachentscheidung die im § 14a Abs 1 getroffene Regelung über die teilweise Stillegung von Ruhebezügen von Bediensteten bestimmter Körperschaften öffentlichen Rechts, mithin auch von Ruhebezügen Innsbrucker Gemeindebeamter, anzuwenden hätte; er hielt die Regelung sprachlich vom übrigen normativen Inhalt des § 14a Abs 1 in der Weise für trennbar, daß auf die im zweiten Satz dieses Absatzes zweimal gebrauchte Wortfolge "Ruhe- und" gegriffen wird.
An diesen Annahmen über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Vorschriften hält der Verfassungsgerichtshof fest; es liegen auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des eingeleiteten Prüfungsverfahrens vor.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs sind im Ergebnis gerechtfertigt.
a) Im Prüfungsbeschluß legte der Gerichtshof zunächst folgendes dar:
"Nach langjähriger, ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs besitzen die den Ruhestandsbeamten gewährten Ruhegenüsse Entgeltcharakter. Der Gerichtshof hat in seinem vor kurzem gefällten Erk. G184/87 (und weitere Zahlen) vom (- diesem inhaltlich folgend das Erk. G10/87 vom -) auf diese beibehaltene Judikatur Bezug genommen (VfSlg. 3389/1958, 3754/1960, 5241/1966, 8462/1978) und auf die für diese Qualifikation des Ruhegenusses in den Erk. VfSlg. 3389/1958 und 3754/1960 gegebene nähere Begründung hingewiesen. (Diesen Entscheidungen ist im einzelnen zu entnehmen, daß der Ruhegenuß als ein öffentlich-rechtliches, durch verschiedenartige Komponenten bestimmtes Entgelt zu verstehen ist, nämlich als Abgeltung von Dienstpflichten des Ruhestandsbeamten im weiterhin aufrechten Dienstverhältnis, als nachträgliche Abgeltung von Dienstleistungen des Beamten sowie als Abgeltung von ihm erbrachter Pensionsbeiträge.) Geht man vom Entgeltcharakter des Ruhegenusses aus, so ist es unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes, welches dem Gesetzgeber sachlich nicht begründbare Differenzierungen verwehrt, wohl sachfremd, (allein) den Bezug einer Entschädigung, welche für die Ausübung einer politischen Tätigkeit gewährt wird, zum Anlaß der Verminderung eines Entgelts zu nehmen. Dazu kommt noch, daß diese - im Einzelfall nicht unbeträchtliche - Verminderung eines durch die aktive Berufstätigkeit erworbenen Anspruchs plötzlich eintritt und anscheinend zu einer Mißachtung des Vertrauens von Pensionisten durch eine gesetzgeberische Maßnahme auf eine Weise führt, die aus den im eben erwähnten Erk. G184/87 dargelegten Erwägungen aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes abzulehnen ist."
b) Auch aus der Sicht des vorliegenden Prüfungsfalls findet der Verfassungsgerichtshof keinen einsichtigen Grund, von seiner bereits im Jahr 1958 begründeten gleichbleibenden Rechtsprechung abzugehen, daß die den Ruhestandsbeamten gewährten Ruhegenüsse Entgeltcharakter besitzen (VfSlg. 3389/1958, 3754/1960, 5241/1966, 8462/1978, ua., G10/87 und G174/88). Er hält es für ausreichend, auf die für diese Qualifikation des Ruhegenusses in den Erkenntnissen VfSlg. 3389/1958 und 3754/1960 gegebene nähere Begründung hinzuweisen. Aus ihr ist hervorzuheben, daß der Ruhegenuß als ein öffentlich-rechtliches, durch verschiedenartige Komponenten bestimmtes Entgelt zu verstehen ist, nämlich als Abgeltung von Dienstpflichten des Ruhestandsbeamten im weiterhin aufrechten Dienstverhältnis, als nachträgliche Abgeltung von Dienstleistungen des Beamten sowie als (in der bisherigen Judikatur ebenfalls stets als "Abgeltung" bezeichnete) Gegenleistung für Pensionsbeiträge, welche vom Beamten erbracht wurden. Zwischen den für die Gewährung eines Ruhegenusses an den Ruhestandsbeamten maßgeblichen Umständen einerseits und der Ausübung einer kommunalpolitischen Funktion sowie der hiefür gebührenden Entschädigung andererseits läßt sich - wenn man vom Anspruch auf Ruhegenuß und dessen Voraussetzungen ausgeht - kein sachlicher Zusammenhang herstellen. Der dem Gesetzgebungsakt allenfalls zugrundeliegende Gedanke, eine "Doppelversorgung" aus öffentlichen Mitteln zu vermeiden, erweist sich bereits deshalb als nicht tragfähig, weil dem Ruhegenuß eben nicht der Charakter einer Versorgungsleistung zukommt. Es ist sohin sachfremd und widerspricht dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot, wenn der Bezug einer Entschädigung, welche für die Ausübung einer politischen Tätigkeit gewährt wird, zum Anlaß für die Verminderung eines Entgelts genommen wird.
c) Die im gegebenen Zusammenhang von den stellungnehmenden Landesregierungen sowie von der Bundesregierung für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.
Wenn die Kärntner Landesregierung eine Parallele zu der mit Erk. G255/86 ua. vom entschiedenen Gesetzesprüfungssache (Aufhebung des § 39b Abs 1 des Statuts der Landeshauptstadt Graz idF LGBl. 11/1985) annimmt (und von dieser Annahme her auf das - im folgenden noch zu erörternde - Bundesverfassungsgesetz von , BGBl. 281, über die Begrenzung von Pensionen oberster Organe, verweist), so ist dies vom Ansatz her verfehlt. Es trifft offenkundig nicht zu, daß "in beiden Anlaßfällen ... die für die Ausübung einer politischen Funktion gewährte Entschädigung zum Anlaß genommen (wurde), den Ruhebezug aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu kürzen" (Hervorhebung nicht im Original); die geprüfte landesrechtliche Bestimmung bezog sich vielmehr ausschließlich auf solche Ruhebezüge und Versorgungsgenüsse, die ehemaligen Stadtsenatsmitgliedern (bzw. ihren Hinterbliebenen) aufgrund der früher ausgeübten politischen Funktion zukamen.
Auch auf die Argumente der OÖ Landesregierung braucht der Gerichtshof nicht näher einzugehen; sie beruhen nämlich auf der vorbehaltlos angenommenen und daher unzutreffenden Prämisse, daß Ruhegenuß und Entschädigung für die kommunalpolitische Amtstätigkeit von derselben Gebietskörperschaft gewährt werden. Daß es aber keineswegs auf die Identität der Gebietskörperschaft, vielmehr nur auf die Gesetzgebungszuständigkeit für das Dienstrecht ankommt, ergibt sich unmittelbar aus § 14a Abs 1 des Stadtrechtes.
Die Bundesregierung hält eine Verminderung des Ruhegenusses mit der Überlegung für begründbar, daß der Beamte, welcher eine politische Funktion ausübt, im Regelfall tatsächlich weniger Dienstleistungen als Beamter erbracht habe. Dieses Argument geht jedoch fehl, was sich schon daraus ergibt, daß die notwendige Folge einer solchen Annahme die Kürzung des Ruhegenusses bereits ab dem Übertritt in den Ruhestand und ohne Rücksicht darauf sein müßte, ob der Ruhestandsbeamte überhaupt (noch) eine politische Funktion ausübt.
d) Sowohl die Bundesregierung als auch die stellungnehmenden Landesregierungen sind - mit unterschiedlicher Begründung - der Ansicht, daß die in Prüfung genommenen Gesetzesbestimmungen jedenfalls ab dem Inkrafttreten des BVG BGBl. 281/1987 verfassungsrechtlich unbedenklich seien. Sie gehen dabei von der Annahme aus, daß das BVG BGBl. 281/1987 (nicht nur das Zusammentreffen von aufgrund einer politischen Funktion gebührenden Ruhegenüssen mit anderen Zuwendungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften, insbesondere mit Ruhegenüssen von Beamten, sondern) auch das Zusammentreffen von Aktivbezügen politischer Funktionäre mit anderen Zuwendungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften erfasse, sich also in diesem Sinn der sachliche Geltungsbereich des BVG BGBl. 281/1987 überdies auf Aktivbezüge politischer Funktionäre erstrecke. Eine derartige Annahme über den Geltungsbereich des zitierten BVG trifft jedoch offenkundig nicht zu (wobei es im Blick auf die hier zu beantwortenden Fragen dahingestellt bleiben kann, ob dies auch für das gedachte Zusammentreffen eines Ruhebezuges aufgrund einer politischen Funktion mit einem Aktivbezug anläßlich einer derartigen Funktionsausübung gilt). Eine Regelung, die sich auch auf Aktivbezüge politischer Funktionäre erstreckt, wurde nämlich - wie die folgenden Ausführungen nachweisen - vom Nationalrat anläßlich seiner Beschlußfassung über dieses Bundesverfassungsgesetz ausdrücklich abgelehnt.
Das in Rede stehende (unter der Nr. 281 des Jahrgangs 1987 im Bundesgesetzblatt kundgemachte, mit in Kraft getretene) BVG trägt den Titel "Bundesverfassungsgesetz vom über die Begrenzung von Pensionen oberster Organe" und hat - abgesehen von der Vollzugsklausel - folgenden Wortlaut:
"Artikel I
Gesetzliche Regelungen, die vorsehen, daß Ruhe- oder Versorgungsbezüge an Organe, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder unterliegen, im Falle des Zusammentreffens mit anderen Zuwendungen von Gebietskörperschaften oder von Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, nur bis zu einem Höchstausmaß geleistet werden, sind zulässig."
Der diesem BVG zugrundeliegende Gesetzesbeschluß wurde ohne verbale Änderung entsprechend dem Bericht des Verfassungsausschusses des Nationalrates ("Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 64/A der Abgeordneten Dr. Fischer, Dkfm. DDr. König und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Pensionen oberster Organe (169 der Beilagen)") gefaßt, in welchem der Gesetzentwurf folgendermaßen begründet wurde:
"Der Verfassungsgerichtshof hat in kürzlich ergangenen Erkenntnissen bezügerechtliche Bestimmungen aufgehoben, durch die Pensionen oberster Organe im Falle des Zusammentreffens mit anderen Zuwendungen von Gebietskörperschaften oder der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Einrichtungen ihrer Höhe nach einer Begrenzung unterworfen wurden.
Die Aufhebung dieser Bestimmungen aber auch vergleichbarer Bestimmungen auf Grund etwaiger künftiger Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse würde zur Folge haben, daß eine von obersten Organen des Bundes, der Länder oder Gemeinden erworbene Pension ungekürzt auch dann auszubezahlen ist, wenn sie mit anderen Zuwendungen aus dem öffentlichen Bereich zusammentrifft. Dies steht jedoch im Widerspruch zu der sowohl vom Bundesgesetzgeber wie auch den Landesgesetzgebern mit diesen Bestimmungen verfolgten Zielsetzung. Um zu vermeiden, daß die durch die genannten Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse herbeigeführte Rechtslage zur ungekürzten Auszahlung von Mehrfachversorgungen führt, was weder von den Gesetzgebern beabsichtigt ist, noch von der Bevölkerung verstanden wird, erscheint die Erlassung eines Gesetzes unerläßlich. Eine derartige gesetzliche Bestimmung soll sowohl vergleichbare landes- wie bundesgesetzliche Bestimmungen sanieren, weshalb ihr Verfassungsrang zukommen muß.
Durch den vorliegenden Initiativantrag soll klargestellt werden, daß bundes- und landesgesetzliche Regelungen über Ruhe- und Versorgungsbezüge von Organen, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes und der Länder unterliegen, vorsehen können, daß die auf Grund der öffentlichen Funktion zustehenden Ruhe- und Versorgungsbezüge insoweit gekürzt werden, als sie zusammen mit anderen Zuwendungen, die solche Personen seitens einer Gebietskörperschaft oder von Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, zustehen, einen gesetzlich festgelegten Höchstbetrag übersteigen, ohne daß solche Regelungen von Verfassungswidrigkeit bedroht sind. Mit dieser Regelung wird die Verfassungskonformität insbesondere des § 38 des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972, in der geltenden Fassung, sowie sämtlicher vergleichbarer landesgesetzlicher Regelungen sichergestellt. Der Begriff der 'Organe, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder unterliegen' umfaßt den vom Bezügegesetz des Bundes sowie von vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen erfaßten Personenkreis und darüber hinaus auch Empfänger von Bezügen oder Geldentschädigungen, die ihrer Art nach den in den vorgenannten Gesetzen geregelten vergleichbar sind. Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit seiner Kundmachung in Kraft. Es erfaßt aber auch bereits bestehende und somit vor Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes beschlossene Regelungen."
Es steht nun außer Zweifel, daß der Fall der Kürzung einer (Aktiv-)Entschädigung eines politischen Funktionärs weder im Gesetzestitel noch im Gesetzestext noch im Ausschußbericht erwähnt wird. Wie die Debatte über den Ausschußbericht in der Nationalratssitzung vom (StenProtNR 17. GP S. 2393 ff) erweist, beruht die (diesen Fall ausschließende) Beschränkung auf Ruhe- und Versorgungsbezüge politischer Funktionäre auf der übereinstimmenden Auffassung der das Gesetzesvorhaben tragenden Regierungsparteien (s. dazu die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Fischer aaO S. 2395 linke Spalte und des Abgeordneten Dr. Graff aaO S. 2401 linke Spalte). Die Einbeziehung der Aktivbezüge politischer Funktionäre in die Regelung wurde in Form eines Abänderungsantrags der Abgeordneten Dr. Haider,
Dr. Frischenschlager und Dr. Gugerbauer (aaO S. 2408) begehrt, der im folgenden (unter der im Original nicht enthaltenen Hervorhebung der Abweichungen vom Ausschußbericht) wiedergegeben ist:
"Abänderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Haider, Dr. Frischenschlager, Dr. Gugerbauer zum Antrag der Abgeordneten Dr. Fischer, Dkfm. DDr. König und Genossen (64/A) betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Pensionen oberster Organe in der Fassung des Ausschußberichtes (169 der Beilagen).
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der im Titel bezeichnete Antrag (64/A) in der Fassung des Ausschußberichtes (169 der Beilagen) wird wie folgt geändert:
1. Der Titel lautet:
'Bundesverfassungsgesetz vom ... über die Begrenzung von Bezügen und von Pensionen oberster Organe'
2. Artikel I lautet:
'Artikel I
Gesetzliche Regelungen, die vorsehen, daß Aktiv- oder Ruhe- oder Versorgungsbezüge an Organe, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder unterliegen, im Falle des Zusammentreffens mit anderen Zuwendungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder von Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, nur bis zu einem Höchstausmaß geleistet werden, sind zulässig."
Nach Schluß der Debatte fand die Abstimmung über den Gesetzentwurf (samt Titel und Eingang) statt, und zwar in der Weise, daß zunächst über den (genügend unterstützten und daher mit in Verhandlung stehenden) Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen abgestimmt wurde. Nachdem dieser Abänderungsantrag abgelehnt worden war und sich damit eine Abstimmung über die (weiters) beantragte Änderung des Gesetzestitels erübrigt hatte, wurde der Initiativantrag in der Fassung des Ausschußberichtes (einstimmig) zum Beschluß erhoben (aaO S. 2430).
Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes folgt aus diesen Willensakten der gesetzgebenden Körperschaft eindeutig, daß sich der sachliche Geltungsbereich des BVG BGBl. 281/1987 im oben dargelegten Sinn nicht (auch) auf Aktivbezüge politischer Funktionäre erstreckt.
Wie im gegebenen Zusammenhang noch festgehalten sei, kann das BVG BGBl. 281/1987 auch nicht etwa dahin ausgelegt werden, daß unter "Ruhe- oder Versorgungsbezüge an Organe, die bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder unterliegen" (weiters) eine solche Pension fällt, die einem derartigen Organ in dessen Eigenschaft als Ruhestandsbeamter gebührt. Dem stünde nämlich der in den zitierten Materialien besonders deutlich zum Ausdruck gebrachte Zweck der Regelung des Verfassungsgesetzgebers entgegen, die den einfachen Gesetzgeber zum Adressaten hat. Sie soll ihm - im Hinblick auf gesetzaufhebende, unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes gefällte Erkenntnisse des Gerichtshofs (insbesondere ua.) - die Befugnis einräumen, Anordnungen über das Ruhendstellen sogenannter Politikerpensionen verfassungskonform zu treffen oder beizubehalten.
e) Im Einleitungsbeschluß stellte der Gerichtshof seiner primären Annahme allerdings noch folgende Erwägungen entgegen:
"Die Überschrift, unter der § 14a steht, ('Stillegung und Verringerung der Entschädigung') sowie die in Abs 2 dieses Paragraphen getroffene Regelung über die Verringerung der dem Gemeindefunktionär gebührenden Entschädigung (in jenen Fällen, in denen das Dienstrecht nicht in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fällt) könnten es allerdings nahelegen, die in Abs 1 vorgesehene Stillegung des Ruhebezugs nach ihrem wirtschaftlichen Effekt so zu werten, daß (auch) sie nichts anderes als eine Verringerung der Funktionsentschädigung darstellt. Eine derartige Betrachtungsweise führte zu jener Problematik, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk. VfSlg. 5307/1966 im Bereich des sog. Wiener Funktionsgebührengesetzes zu beurteilen hatte. Dort wertete der Gerichtshof die vorgesehene Verringerung des Amtseinkommens des Bezirksvorstehers infolge eines Bezuges als Bediensteter einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft als verfassungsmäßig, wobei er jedoch davon ausging, daß die Funktion des Bezirksvorstehers es in der Regel nicht zulasse, daneben auch noch den Lebensunterhalt durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu verdienen. Da eine solche Annahme beim Beziehen eines Ruhegenusses von den tatsächlichen Voraussetzungen her nicht in Betracht kommt, können anscheinend auch nicht die im Erk. VfSlg. 5307/1966 angestellten Überlegungen die Verfassungsmäßigkeit der im vorliegenden Fall maßgebenden Gesetzesvorschrift erweisen."
Bereits die Prämisse dieser Überlegungen vermag der Gerichtshof jedoch nicht aufrecht zu erhalten, weil der Versuch, die in Prüfung stehende Regelung nach ihrem "wirtschaftlichen Effekt" zu werten, zu einem evident sachfremden Ergebnis führte. Wollte man nämlich annehmen, daß in Wahrheit nicht über den Ruhegenuß, sondern das Ausmaß der Entschädigung für die kommunalpolitische Amtstätigkeit entschieden wird, so hätte die Dienst(Pensions-)behörde des Ruhestandsbeamten, gegebenenfalls sogar die Dienst(Pensions-)behörde einer anderen Gebietskörperschaft als jener, in deren Bereich die politische Amtstätigkeit ausgeübt wird, darüber zu befinden, welche Entschädigung für die kommunalpolitische Funktionsausübung dem Amtsträger zukommen soll. Dazu kommt noch - wenn man den "wirtschaftlichen Effekt" genauer betrachtet - daß die unterschiedlichen Kürzungsmethoden nicht zum gleichen Ergebnis führen: Die Kürzung bei der (Aktiv-) Entschädigung des politischen Amtsträgers bewirkt eine Verminderung der Bemessungsgrundlage des Beitrags zur Pensionsversorgung, wogegen eine solche bei der Kürzung des Ruhebezugs eines Beamten des Ruhestandes voraussetzungsgemäß nicht stattfinden kann.
3. Die in Prüfung gezogenen, (ua.) die Stillegung von Ruhebezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis betreffenden Gesetzesstellen waren sohin wegen des Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis hatte der Verfassungsgerichtshof zwar nicht zu beurteilen, ob eine Verminderung der für die politische Amtstätigkeit gebührenden Entschädigung wegen des Zufließens eines Ruhebezugs verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre. Er hält in diesem Zusammenhang jedoch einen Hinweis auf die Entscheidungsgründe seines Erkenntnisses VfSlg. 5307/1966 sowie seines (Abs2 im § 14a des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck betreffenden) Erkenntnisses B842/85 vom für geboten, in denen Regelungen über die Kürzung von Funktionsentschädigungen unter dem Aspekt eines Diensteinkommens als verfassungsmäßig (bzw. als verfassungsrechtlich unbedenklich) befunden wurden. Unter Bedachtnahme auf den im erstangeführten Erkenntnis beschriebenen Zweck der Entschädigung für die politische Amtstätigkeit sowie die dort dargelegte Bedeutung, welche dem Weiterlaufen von Dienstbezügen bei Bediensteten öffentlichrechtlicher Körperschaften in einem solchen Zusammenhang zukommt, erschiene dem Gerichtshof - entgegen seiner im Einleitungsbeschluß ausgedrückten Auffassung - eine (obgleich außerhalb des sachlichen Geltungsbereichs des BVG BGBl. 281/1987 stehende) Vorschrift über die Kürzung der Entschädigung wegen des Zufließens eines Ruhebezuges als sachlich begründbar.
4. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.
Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.