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VfGH vom 14.12.2007, g232/06

VfGH vom 14.12.2007, g232/06

Sammlungsnummer

18331

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Verordnungsermächtigungen im Marktordnungsgesetz 1985 zur Erlassung von Regelungen betreffend (Zusatz)Abgaben und Referenzmengen im Milchsektor wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot infolge Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht; in der Folge Feststellung der Gesetzwidrigkeit der gesamten Milch-Garantiemengen-Verordnung 1995 mangels gesetzlicher Grundlage auch im Fall eines auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofs eingeleiteten Verfahrens

Spruch

I. Die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 und Abs 2 des § 105 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, waren verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung), BGBl. Nr. 225/1995 in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995, war gesetzwidrig.

Diese Verordnung ist auf die am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

III. Der Antrag auf Feststellung, dass § 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, zur Gänze verfassungswidrig war, wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist zu Z 2002/17/0163 eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom anhängig, mit dem die Berufung gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria (im Folgenden: AMA) vom abgewiesen wurde. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde den Beschwerdeführern (beim Verwaltungsgerichtshof) für die von ihnen als nicht zugelassene Abnehmer in den Zwölfmonatszeiträumen 1995/96 und 1996/97 aus dem Betrieb des B übernommenen Milchmengen eine Zusatzabgabe in bestimmter Höhe gemäß Art 9 lite, f und g der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor, ABl. L 405, S 1, Art 7 Abs 1 lita der VO (EWG) Nr. 536/93 mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor, ABl. L 57, S 12, und § 21 Abs 2 und 3 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung), BGBl. 225/1995 (im Folgenden: MGV 1995), sowie weiteren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen betreffend den Milchsektor vorgeschrieben.

2. Aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 und Art 139 Abs 1 B-VG den Antrag,

"I. 1. festzustellen, dass § 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985, in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, zur Gänze verfassungswidrig war,

in eventu

2. festzustellen, dass die Wortfolge 'Referenzmengen,' in § 101 und § 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985, in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, verfassungswidrig waren,

sowie

II. festzustellen, dass § 21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995, gesetzwidrig waren."

3. Die Bundesregierung und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nahmen von einer meritorischen Äußerung Abstand.

4. Die Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten eine Äußerung, in der sie den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofs beitraten.

II. Zur Rechtslage:

1. Das Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. 210/1985 (im Folgenden: MOG 1985), wurde mit der Novelle 1994, BGBl. 664/1994, durch einen Abschnitt F (§§93 bis 121) betreffend die "Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen" ergänzt. In der vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Fassung BGBl. 664/1994 lauten die §§101 und 105 MOG 1985 wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Mengenregelungen

§ 101. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann durch Verordnung, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 94 Abs 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich oder geboten ist, Vorschriften erlassen über Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- oder Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen (Mengenregelungen), über Voraussetzungen und Höhe solcher Mengenregelungen sowie über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften.

Abgaben

§105. (1) Auf Abgaben auf Marktordnungswaren, die im Rahmen von Regelungen im Sinne des § 94 Abs 2 erhoben werden, sind die Vorschriften der Bundesabgabenordnung anzuwenden, soweit durch diesen Abschnitt oder durch Verordnung auf Grund dieses Abschnittes nicht anderes bestimmt ist. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und die jeweils zuständige Marktordnungsstelle sind, soweit die Vorschriften der Bundesabgabenordnung anzuwenden sind, bei der Vollziehung dieser Bestimmung Abgabenbehörden im Sinne des § 49 Abs 1 BAO; weiters ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Oberbehörde bei Ausübung des Aufsichtsrechts.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann durch Verordnung, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 94 Abs 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich ist, Vorschriften erlassen über das Verfahren bei Abgaben gemäß Abs 1, insbesondere über den Kreis der Abgabeschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen, sowie über Voraussetzungen und Höhe dieser Abgaben."

Durch ArtI des Euro-Umstellungsgesetzes, BGBl. I 108/2001, wurden beide Bestimmungen novelliert, indem die Wortfolge "Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft" jeweils durch die Wortfolge "Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft" ersetzt wurde. Dieses Gesetz wurde am kundgemacht. Die geänderte Fassung der §§101 und 105 MOG 1985 trat ohne Legisvakanz und daher am in Kraft.

2. § 21 MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995, lautet samt Überschrift (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Zulassung des Abnehmers

§21. (1) Abnehmer, die am als Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieb im Sinne des MOG bereits tätig sind, gelten als zugelassen im Sinne der in § 1 genannten Rechtsakte; sie haben bis die Verpflichtungserklärung gemäß Art 7 Abs 1 lita der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 abzugeben und sich gleichzeitig zu verpflichten, die Qualität und die wertbestimmenden Merkmale der angelieferten Milch gemäß den in der Anlage angeführten Kriterien von einem von der AMA anerkannten Labor (§21a) überprüfen zu lassen.

[...]

(3) Der Erzeuger darf nur an Abnehmer liefern, die zugelassen sind. Wird an einen nicht zugelassenen Abnehmer geliefert, ist für diese Lieferung die Zusatzabgabe zu entrichten. Wird die Zulassung gemäß Abs 5 entzogen, hat der Abnehmer dies unverzüglich dem Milcherzeuger mitzuteilen und für die angelieferte Milch die Zusatzabgabe zu entrichten, ohne den Milcherzeuger damit zu belasten.

[...]"

Am trat die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 - MGV 1999), BGBl. II 28/1999 (im Folgenden: MGV 1999), in Kraft.

Die Schlussbestimmungen dieser Verordnung lauteten:

"§44. (1) Diese Verordnung tritt mit in Kraft und ist auf alle Sachverhalte anzuwenden, die ab diesem Zeitpunkt verwirklicht werden.

(2) Die Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 80/1998, ist weiter auf jene Sachverhalte anzuwenden, die bis einschließlich den Zwölfmonatszeitraum 1998/99 verwirklicht werden."

3. Mit Erkenntnis vom , G50/06, V28/06, G51-53/06, V29-31/06, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. I 108/2001, weiters die MGV 1999 in ihrer Stammfassung BGBl. II 28/1999 sowie in den Fassungen BGBl. II 188/2003 und BGBl. II 390/2003 auf. Diese Aufhebungen traten mit Ablauf des in Kraft.

Das MOG 1985 und seine Novellen wurden durch ArtI des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I 55/2007 [= Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007)], ersetzt. Das MOG 2007 wurde am kundgemacht. Gemäß dessen § 32 Abs 1 Z 1, einer Verfassungsbestimmung, traten § 1 sowie gemäß § 32 Abs 1 Z 2,§ 8 Abs 2 und 3 mit in Kraft. Die übrigen Bestimmungen traten mit in Kraft. Mit dem In-Kraft-Treten des MOG 2007 traten gemäß dessen § 32 Abs 2 das MOG 1985 samt sämtlichen Novellen außer Kraft.

Mit Art 2 des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I 55/2007, wurde das Bundesgesetz, mit dem auf Grund des Abschnitts F des Marktordnungsgesetzes 1985 erlassene Verordnungen in Gesetzesrang gehoben werden (Marktordnungs-Überleitungsgesetz), erlassen. Dessen § 5 trat mit , die übrigen Bestimmungen traten mit in Kraft (§7 des Marktordnungs-Überleitungsgesetzes).

III. 1. Zur Präjudizialität der §§101 und 105 Abs 2 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994, führt der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Die MGV 1995 stützte sich nach ihrer Promulgationsklausel auf die §§101 und 105 Abs 2 MOG 1985 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 664/1994.

Die Verordnungsermächtigung des § 101 MOG 1985 in der genannten Fassung bezog sich auf Vorschriften 'Über Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- und Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen (Mengenregelungen), über Voraussetzungen und Höhe solcher Mengenregelungen sowie über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften'; die Verordnungsermächtigung des § 105 Abs 2 MOG 1985 in der genannten Fassung betraf Vorschriften 'über das Verfahren bei Abgaben gemäß Abs 1, insbesondere über den Kreis der Abgabenschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen, sowie über Voraussetzungen und Höhe dieser Abgaben.'

§ 21 Abs 3 MGV 1995, in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995, traf einerseits im ersten Satz eine Regelung, an wen Erzeuger liefern dürfen, und statuiert andererseits im zweiten Satz für den Fall des Verstoßes gegen diese Verpflichtung die Verpflichtung zur Zahlung eines zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages. Jedenfalls für diese letztere, abgabenrechtliche Bestimmung ist § 105 Abs 2 MOG 1985 in der im Antrag genannten Fassung die Rechtsgrundlage. Ob die Anordnung, nur an 'Abnehmer' zu liefern, als eine Vorschrift 'über Verfahren bei der Aufteilung, Zuteilung und Änderung von Garantiemengen, Referenzmengen, Quoten und sonstigen Mindest- und Höchstmengen im Rahmen von Marktordnungsmaßnahmen (Mengenregelungen), über Voraussetzungen und Höhe solcher Mengenregelungen sowie über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften' anzusehen ist und sich daher auf § 101 MOG 1985 stützt, oder aber im Hinblick auf den engen Konnex mit der Abgabenregelung auf § 105 Abs 2 MOG 1985, könnte strittig sein. Gäbe es keine Milchmengenregelungen (denen begleitend das in Rede stehende Gebot des § 21 Abs 3 erster Satz MGV 1995 beigefügt ist), hätte eine vollständige Abgabenbestimmung, die die Lieferung an jemanden, der kein Abnehmer ist, besteuern wollte, auch das Gebot selbst zu enthalten.

Es kann daher die Auffassung vertreten werden, dass (schon)

§105 Abs 2 MOG 1985 in der genannten Fassung (allein) eine Deckung für

§21 Abs 3 erster Satz MGV 1995 abgegeben habe.

Die Verordnungsregelung könnte aber auch, soweit sie nicht

die Anordnung der Zahlung der Abgabe enthält, also hinsichtlich des § 21 Abs 1 und des § 21 Abs 3 erster Satz MGV 1995, als Begleitregelung zu den Milchmengenregelungen verstanden werden. Insofern kommt zusätzlich § 101 MOG 1985 als Rechtsgrundlage hinsichtlich des § 21 Abs 1 und des § 21 Abs 3 erster Satz MGV 1995 in Betracht, zumal die Abgabenregelungen betreffend die Zusatzabgabe grundsätzlich an die 'Mengenregelungen' im Sinn des § 101 MOG 1985 anknüpfen und somit die für die Einhebung der Zusatzabgabe maßgeblichen Vorschriften nach dem System des MOG 1985 grundsätzlich unter § 101 MOG 1985 einerseits (soweit es um Mengenregelungen geht) und § 105 Abs 2 MOG 1985 andererseits (soweit es die konkrete Anordnung der Entrichtung des zusätzlichen Absatzförderungsbeitrags betrifft) fallen.

Es wird daher der unter I. 2. formulierte Eventualantrag gestellt. Dieser ist entsprechend der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom auf die Wortfolge 'Referenzmengen,' in § 101 MOG 1985 in der genannten Fassung eingeschränkt.

[...]

Dem Antrag unter I. 1. und I. 2. liegt die Auffassung zu Grunde, dass eine gesetzliche Bestimmung, die die Grundlage für eine präjudizielle Verordnungsbestimmung ist, ihrerseits jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Abgabe vorgeschrieben wurde (also bei zeitraumbezogenen Vorschriften), in jener Fassung präjudiziell ist, die in jenem Zeitraum gegolten hat, in dem sich der zu beurteilende Sachverhalt ereignet hat.

Im Hinblick auf die Aufhebung des § 44 Abs 2 MGV 1999 durch den Verfassungsgerichtshof ergibt sich, dass die MGV 1995 nicht als 'aufrecht erhaltene' Verordnung zu verstehen ist, sondern dass ihr im Zeitpunkt der Erlassung der MGV 1999 derogiert wurde. Insofern sind im vorliegenden Verfahren auch nur (mehr) jene gesetzlichen Grundlagen für die Verordnungsbestimmungen maßgeblich, welche in den hier maßgeblichen Zwölfmonatszeiträumen gegolten haben.

Der Antrag erstreckt sich (jeweils) auf den gesamten § 105 Abs 2 MOG 1985. Zwar könnte man die Auffassung vertreten, dass die konkrete Grundlage für die anzuwendenden Verordnungsbestimmungen nur die Wortfolge 'insbesondere über den Kreis der Abgabeschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen, sowie über Voraussetzungen und Höhe dieser Abgaben' sei, weil es sich bei den maßgeblichen Verordnungsregelungen um materielles Abgabenrecht handle und nicht um Verfahrensrecht, von dem im ersten Satzteil des § 105 Abs 2 MOG 1985 anscheinend die Rede ist. Es würde dann die Aufhebung der Wortfolge 'insbesondere über den Kreis der Abgabeschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen, sowie über Voraussetzungen und Höhe dieser Abgaben' als verfassungswidrig in § 105 Abs 2 MOG 1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, genügen, um den verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung zu tragen, woraus sich dem Prinzip des geringsten Eingriffs folgend ergäbe, dass der Antrag auch insoweit zu begrenzen wäre (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 17.237).

Gegen eine solche Differenzierung bzw. Einschränkung des Antrags spricht jedoch eine nähere Analyse der Wortwahl des Gesetzgebers im MOG 1985. Schon die Verwendung des Wortes 'insbesondere' lässt erkennen, dass die beispielsweise Aufzählung 'über den Kreis der Abgabeschuldner, Abführungspflichtigen und die Ansprüche zwischen diesen, sowie über Voraussetzungen und Höhe dieser Abgaben' der Erläuterung des Begriffes 'Verfahren bei Abgaben gemäß Abs 1' dient. Mit diesem Begriff ist somit offensichtlich das materielle (Abgaben)Recht gemeint. Dies wird insbesondere durch einen Vergleich mit § 101 MOG 1985 deutlich, der dieselbe Wendung enthält, zusätzlich aber noch die Ermächtigung zur Erlassung von Vorschriften 'über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften'. Dass § 105 Abs 2 MOG 1985 diese zusätzliche Ermächtigung nicht enthält, mag damit zusammen hängen, dass in § 105 Abs 1 MOG 1985 für Verfahren betreffend Abgaben auf Marktordnungswaren bereits die Anwendbarkeit der BAO angeordnet ist. Auch diese systematische Überlegung spricht dafür, die Worte 'Verfahren bei Abgaben' in § 105 Abs 2 MOG 1985 nicht als bloße Ermächtigung zur Erlassung von Verfahrensvorschriften aufzufassen.

Man muss daher zum Schluss kommen, dass sich entweder (wenn man der hier vertretenen Auslegung folgt) am Inhalt der Bestimmung nichts änderte, wenn nur die beispielhafte Aufzählung aus dem Rechtsbestand ausgeschieden würde (der verbleibende erste Halbsatz wäre weiterhin die Grundlage für materielle Abgabenvorschriften), oder aber der Inhalt derart verändert würde, dass dies nicht mehr dem Willen des Gesetzgebers entspräche.

Wollte man nämlich die Auffassung vertreten, dass der verbleibende Satzteil bei Aufhebung des letzten Teiles des Satzes nur mehr eine Verordnungsermächtigung für Verfahrensregelungen im engeren Sinn enthielte, veränderte der verbleibende Teil des Gesetzes damit seinen Inhalt in einer nicht mehr dem Gesetzgeber zusinnbaren Weise.

[...]

Aus diesem Grunde wurde von der Stellung eines Antrags auf Aufhebung nur eines Teiles des § 105 Abs 2 MOG 1985 Abstand genommen.

[...]

Die §§101 und 105 Abs 2 MOG 1985 sind im Anlassfall in der Fassung durch die Novelle BGBl. Nr. 664/1994 anzuwenden."

2. Zur Präjudizialität des § 21 Abs 1 erster Halbsatz sowie des § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995, führt der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus:

"In den hier maßgeblichen Zwölfmonatszeiträumen galten die §§101 und 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210 (in der Folge: MOG 1985), in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 664/1994.

Mit Erkenntnis vom , G50/06, G51-53/06, V28/06, V29-31/06, hat der Verfassungsgerichtshof sowohl in § 101 MOG 1985, in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, die Wortfolge 'Referenzmengen,' als verfassungswidrig als auch die Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 zur Gänze, somit auch § 44 Abs 2 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999, als gesetzwidrig aufgehoben und die Nichtanwendung der aufgehobenen Bestimmungen in den am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren ausgesprochen.

Der Anlassfall des vorliegenden Verfahrens betrifft jedoch Zeiträume, in denen § 101 MOG 1985, in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 108/2001, gegolten hat.

Die Aufhebung des § 44 Abs 2 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 hat nach den unter 3.3. näher dargestellten Überlegungen zur Folge, dass die Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, als eine außer Kraft getretene Verordnung, die jedoch im Anlassfall noch anzuwenden ist, anzusehen ist.

Auf der Grundlage der §§101 und 105 Abs 2 MOG 1985 in der genannten Fassung erging die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Garantiemengen im Bereich der Gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Milch-Garantiemengen-Verordnung), BGBl. Nr. 225/1995 (in der Folge: MGV 1995). Diese Verordnung wurde mit Verordnung BGBl. Nr. 857/1995 novelliert, wobei insbesondere § 21 der Verordnung neu gefasst wurde und im Zusammenhang mit den Verpflichtungen der Abnehmer ein § 21 a betreffend die Anerkennung von Labors eingefügt wurde.

Mit BGBl. II Nr. 28/1999 wurde eine Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 (in der Folge: MGV 1999) erlassen. Gemäß § 44 Abs 2 dieser Verordnung ist 'die Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 80/1998, auf jene Sachverhalte weiter anzuwenden, die bis einschließlich den Zwölfmonatszeitraum 1998/99 verwirklicht werden'.

Mit dem genannten Erkenntnis vom hat der Verfassungsgerichtshof zwar auch § 44 Abs 2 MGV 1999 aufgehoben. Diese Aufhebung ist gemäß dem Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes auch im vorliegenden Fall, der am beim Verwaltungsgerichtshof anhängig war, wirksam. Als zeitraumbezogene Norm ist die MGV 1995 jedoch auch nach dieser Aufhebung bei der Beurteilung von Sachverhalten, die sich vor der Erlassung des aufgehobenen § 44 Abs 2 MGV 1999 verwirklicht haben, anzuwenden. Durch die Aufhebung der MGV 1999 wurde mit der Beseitigung des § 44 Abs 2 dieser Verordnung lediglich die Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der MGV 1995 ab dem Inkrafttreten des § 44 Abs 2 MGV 1999 beseitigt. Für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des § 44 Abs 2 MGV 1999 bleibt die rückwirkend als zum damaligen Zeitpunkt derogiert anzusehende MGV 1995 weiter anwendbar. Sie stellt nunmehr eine im Sinn des Art 139 Abs 4 B-VG außer Kraft getretene Bestimmung dar, die auf die früheren Zeiträume noch anzuwenden ist.

Der angefochtene Bescheid stützt sich hinsichtlich der Vorschreibung eines zusätzlichen Absatzförderungsbetrages auf § 21 Abs 3 MGV 1995 in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995.

[...]

Die Pflicht zur Zahlung eines zusätzlichen Absatzförderungsbeitrages bei Verstoß gegen die Verpflichtung des § 21 Abs 3 erster Satz MGV 1995 ergibt sich aus § 21 Abs 3 zweiter Satz MGV 1995. Diese beiden Sätze sind daher vom Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung des Beschwerdefalles jedenfalls anzuwenden.

Darüber hinaus sind aber (da die Abgabepflicht bei Lieferung an einen nicht zugelassenen Abnehmer eingreift und den Abnehmer trifft) auch jene Regelungen der MGV 1995 bei der Beurteilung des Falles maßgebend, aus denen sich ergibt, wer 'Abnehmer' bzw. 'zugelassener Abnehmer' ist.

In diesem Sinne ist jedenfalls auch § 21 Abs 1 erster Halbsatz MGV 1995 präjudiziell, weil dieser eine Regelung enthält, aus der ohne Dazwischentreten eines Bescheides die Abnehmereigenschaft folgt. Bei der Prüfung eines Bescheides, der die Eigenschaft des Abgabepflichtigen als 'zugelassener Abnehmer' verneint, ist daher auch diese Bestimmung anzuwenden.

Demgegenüber erscheinen § 21 Abs 2 und 4 MGV 1995 sowie § 21 Abs 3 letzter Satz MGV 1995 nicht präjudiziell. Diese Bestimmungen regeln Voraussetzungen für eine Zulassung, die auf Antrag zu erteilen ist, bzw. Verpflichtungen eines zugelassenen Abnehmers bei Verlust der Abnehmereigenschaft. § 21 Abs 3 MGV 1995 knüpft tatbestandsmäßig an eine Zulassung an. Bei Entscheidung des Falles ist somit nur der allfällige Tatbestand einer Erteilung der Zulassung maßgeblich. Die Frage, ob allenfalls eine Zulassung zu erteilen gewesen wäre, ist demgemäß bei der Beurteilung, ob ein zugelassener Abnehmer vorliegt, nicht relevant. Die Vorschriften über die bescheidmäßige Zulassung sind daher insoweit nicht anzuwenden (die Beschwerdeführer haben sich auch weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf das Vorliegen einer solchen Zulassung berufen).

Der Antrag auf Feststellung, dass die Verordnungsregelungen gesetzwidrig waren, beschränkt sich daher auf § 21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995 in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995.

Der Verwaltungsgerichtshof geht bei Stellung des Antrags davon aus, dass Gemeinschaftsrecht § 21 Abs 3 MGV 1995 nicht entgegen steht. Es ist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das , Consorzio fra i Caseifici dell'Altopiano di Asiago, zu verweisen, in dem sich der EuGH mit dem Begriff des Abnehmers iSd durch die MGV 1999 umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen beschäftigt.

Die im Antrag genannten Verordnungsvorschriften sind daher vom Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung des Falles anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass die unter II. genannten Verordnungsbestimmungen nach Maßgabe der Ausführungen unter Punkt 3.7. präjudiziell sind.

[...]

Die MGV 1995 wurde durch die MGV 1999 ersetzt. Nach dem oben bereits erwähnten § 44 Abs 2 MGV 1999 war die MGV 1995 ursprünglich auf Sachverhalte, die sich bis einschließlich des Zwölfmonatszeitraums 1998/99 verwirklichten, noch anzuwenden. Die Bestimmungen waren insoweit nicht außer Kraft getreten, sondern als (Abgaben)Vorschriften mit beschränktem zeitlichen Geltungsbereich im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Abgabenvorschriften in Kraft (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 17.218). Durch die Aufhebung des § 44 Abs 2 MGV 1999 ergibt sich jedoch, dass nach Wegfall der 'Weitergeltungsregelung' von Derogation der Verordnungsbestimmungen auszugehen ist.

Auch hinsichtlich der Verordnungsbestimmungen war daher die Feststellung, dass sie gesetzwidrig waren, zu beantragen."

IV. Der Verwaltungsgerichtshof führt zu seinen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen Folgendes aus:

1. Zu den Bedenken gegen die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 und gegen § 105 Abs 2 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994:

"Gegen § 101 MOG 1985, in der Fassung vor BGBl. I Nr. 108/2001, bestehen die gleichen Bedenken im Lichte des Art 18 Abs 2 B-VG, wie sie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom , B817/04, B854/04 und B1040/04 (G51-53/05, V29-31/05), formuliert hat. Mit dem oben genannten Erkenntnis vom hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge 'Referenzmengen,' in der in diesem Verfahren in Prüfung gezogenen Bestimmung des § 101 MOG 1985 in der geltenden Fassung aufgehoben. Auch § 101 MOG 1985 in der hier maßgeblichen Fassung (und damit auch die zur Feststellung beantragte Wortfolge als Teil und im normativen Kontext der Anordnung) scheint eine mit Art 18 Abs 2 B-VG nicht zu vereinbarende, undeterminierte Verordnungsermächtigung zu enthalten, insoweit er ohne nähere Präzisierung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht verweist.

Dieselben Bedenken bestehen jedoch auch gegen § 105 Abs 2 MOG 1985, weil die dort verwendete Formulierung hinsichtlich des Verweisungsobjekts jener in § 101 MOG 1985 entspricht. Ein Unterschied zwischen den beiden Regelungen besteht nur insoweit, als in § 105 Abs 2 MOG 1985 lediglich solche Vorschriften von der Ermächtigung erfasst sind, die zur Durchführung von Regelungen des Gemeinschaftsrechtssetzers hinsichtlich Marktordnungswaren 'erforderlich' sind, während § 101 MOG 1985 auch zur Erlassung von Durchführungsvorschriften, die zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen 'geboten' sind, ermächtigt. Diese Differenzierung ist aber für die Frage der Präzisierung des Verweisungsobjekts nicht von Bedeutung, sodass gegen § 105 Abs 2 MOG 1985 dieselben Bedenken wie gegen § 101 MOG 1985 bestehen."

2. Zu den Bedenken gegen § 21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995:

"§21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995, in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995, stützen sich - nach Maßgabe der unter 4. dargestellten Überlegungen - entweder sowohl auf § 101 MOG 1985 und § 105 Abs 2 MOG 1985 oder aber auf § 105 Abs 2 MOG 1985 allein. Im Falle der Aufhebung des § 105 Abs 2 MOG 1985 oder gegebenenfalls zusätzlich des § 101 MOG 1985 oder auch nur der beantragten Wortfolge in § 101 MOG 1985 durch den Verfassungsgerichtshof entbehrten diese Verordnungsbestimmungen der gesetzlichen Grundlage.

Es besteht daher das Bedenken, dass die beiden Bestimmungen sich als ohne gesetzliche Grundlage erlassen erweisen könnten (vgl. zur Zulässigkeit einer derartigen Anfechtung das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 16.358).

§ 21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995 erscheinen daher gesetzlich nicht gedeckt."

V. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Gesetzes- und Verordnungsprüfungsantrag erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrages:

Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die angefochtene generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10.296/1984, 11.565/1987, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Die beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren betreffen die Vorschreibung einer Zusatzabgabe für die Zwölfmonatszeiträume 1995/1996 und 1996/1997. In diesen Zwölfmonatszeiträumen galten die §§101 und 105 Abs 2 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994. Dem Verwaltungsgerichtshof ist daher zu folgen, wenn er in seinem Antrag von der Anwendung des MOG 1985 in der Fassung BGBl. 664/1994 ausgeht und die §§101 und 105 MOG in dieser Fassung für die Erlassung der MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995, für maßgebend erachtet, nicht aber jene Fassung des MOG 1985, nämlich BGBl. 210/1985 idF BGBl. I 108/2001, die Gegenstand des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom , G50/06 ua., war.

Der Verfassungsgerichtshof teilt weiters die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs in dessen Begründung des Eventualantrages, dass die Abgabenregelungen betreffend die Zusatzabgaben an die "Mengenregelungen" anknüpfen und somit die für die Einhebung der Zusatzabgabe maßgebenden Vorschriften nach dem System des MOG 1985 grundsätzlich unter § 101 MOG 1985 einerseits (soweit es um Mengenregelungen geht) und § 105 Abs 2 MOG 1985 andererseits (soweit es die konkrete Anordnung der Entrichtung des zusätzlichen Absatzförderungsbetrags betrifft) fallen, weshalb der Verwaltungsgerichtshof auch die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994, anzuwenden hätte.

Der zu I.1. gestellte Hauptantrag des Verwaltungsgerichtshofs, bloß "festzustellen, dass § 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985, in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, zur Gänze verfassungswidrig war," ist unzulässig und zurückzuweisen, weil sich die MGV 1995 auch auf § 101 MOG 1985 stützt und daher bei bloßer Aufhebung des § 105 Abs 2 MOG 1985 die Verordnungsermächtigung des § 101 MOG 1985 verbliebe und damit die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt wäre.

Hingegen ist der im Antrag des Verwaltungsgerichtshofes unter I.2. gestellte Eventualantrag, "festzustellen, dass die Wortfolge 'Referenzmengen,' in § 101 und § 105 Abs 2 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985, in der Fassung BGBl. Nr. 664/1994, verfassungswidrig waren" sowie der zu II. gestellte Hauptantrag, "festzustellen, dass § 21 Abs 1 erster Halbsatz und § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, in der Fassung BGBl. Nr. 857/1995, gesetzwidrig waren", zulässig.

2. Zur Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsverfahrens:

§ 21 Abs 1 erster Satz MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995, regelt, welcher Abnehmer - ohne Dazwischentreten eines Bescheides - als zugelassen gilt. Der erste und zweite Satz in Abs 3 knüpfen an Abs 1 an, zumal sie bestimmen, dass der Erzeuger nur an zugelassene Abnehmer liefern darf; liefert der Erzeuger an nicht zugelassene Abnehmer, hat der - nicht zugelassene - Abnehmer für diese Lieferung die Zusatzabgabe zu entrichten. Da den Beschwerdeführern die Pflicht zur Zahlung einer Zusatzabgabe auferlegt wurde, weil sie keine "zugelassenen Abnehmer" seien, kann dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegengetreten werden, wenn seiner Auffassung nach die im Spruch angeführten Bestimmungen der MGV 1995 in den bei ihm anhängigen Verfahren anzuwenden sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs muss eine Verordnung gemäß Art 18 Abs 2 B-VG nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Erlassung, sondern in jedem Zeitpunkt ihrer Geltung eine gesetzliche Deckung aufweisen (vgl. VfSlg. 16.473/2002 ua.). Bei Novellierung eines Gesetzes, das zunächst die gesetzliche Deckung geboten hat, ist daher zu untersuchen, ob diese nach der Novellierung fortbesteht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G50/06 ua., die MGV 1999 in ihrer Stammfassung, BGBl. II 28/1999 sowie in den Fassungen BGBl. II 188/2003 und BGBl. II 390/2003 aufgehoben. Der damit (mit)aufgehobene § 44 Abs 2 der MGV 1999 idF BGBl. II 28/1999 sah vor, dass "die Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995 (MGV 1995), zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 80/1998, auf jene Sachverhalte weiter anzuwenden ist, die bis einschließlich den Zwölfmonatszeitraum 1998/99 verwirklicht werden".

Damit hat § 44 Abs 2 MGV 1999 jedoch der MGV 1995 für die davor liegenden Zeiträume nicht derogiert, sodass auch die Aufhebung des § 44 Abs 2 MGV 1999 durch das genannte Erkenntnis nichts an der Weitergeltung der MGV 1995 für die Zeiträume 1995/1996 und 1996/1997 ändert.

Der Antrag auf Prüfung des § 21 Abs 1 erster Halbsatz sowie des § 21 Abs 3 erster und zweiter Satz MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995, ist daher zulässig.

VI. In der Sache:

1. Zu den Bedenken gegen § 105 Abs 2 und gegen die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994:

Der Verwaltungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die genannten gesetzlichen Grundlagen der MGV 1995 verfassungswidrig sind. Er schloss sich hiebei jenen Bedenken an, die der Verfassungsgerichtshof im Beschluss vom , B817/04 ua., formuliert hat. Ferner stützt der Verwaltungsgerichtshof seine Bedenken auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G50/06 ua., mit dem er die Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 MOG 1985 - jedoch idF BGBl. 108/2001 - im Wesentlichen mit der Begründung aufhob, dass die Regelung des § 101 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. I 108/2001, insbesondere die darin enthaltene Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht durch die Bezugnahme auf § 94 Abs 2 MOG 1985, dem aus Art 18 B-VG abzuleitenden, an den Gesetzgeber gerichteten Determinierungsgebot widerspricht.

Im Gesetzesprüfungsverfahren ist nichts hervorgekommen, das die im Antrag des Verwaltungsgerichtshofs geäußerten Bedenken, die dieser auf die Vorjudikatur des Verfassungsgerichtshofs stützt, zerstreuen könnte.

Die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen enthalten eine Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht. Damit genügen sie aber dem aus Art 18 B-VG abzuleitenden Erfordernis nicht mehr, dem zufolge das Verweisungsobjekt in der verweisenden Norm ausreichend bestimmt festgelegt sein muss (vgl. VfSlg. 16.999/2003 mwH sowie ua.).

Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen gehören - wie unter Pkt. II dargelegt - nicht mehr dem Rechtsbestand an, sodass der Verfassungsgerichtshof auszusprechen hatte, dass sie verfassungswidrig waren.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches erfließt aus Art 140 Abs 5 B-VG.

2. Zu den Bedenken gegen die vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen der MGV 1995, BGBl. 225/1995 idF BGBl. 857/1995:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 9535/1982 ua.) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, dass die Verordnung hiemit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt.

Aus der Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "Referenzmengen," in § 101 sowie des § 105 Abs 2 MOG 1985, BGBl. 210/1985 idF BGBl. 664/1994, auf die die angefochtenen Verordnungsbestimmungen gestützt sind, folgt demnach die Gesetzwidrigkeit dieser Verordnungsbestimmungen.

Gemäß Art 139 Abs 3 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof dann, wenn er im Verordnungsprüfungsverfahren zur Auffassung gelangt, dass die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt, und die Aufhebung der ganzen Verordnung nicht den rechtlichen Interessen der Partei, deren Rechtssache Anlass für die Einleitung des amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens war, offensichtlich zuwiderläuft, die ganze Verordnung aufzuheben.

Wie sich aus den ersten beiden Sätzen des Art 139 Abs 3 B-VG und der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung ergibt, dient sie der Rechtsbereinigung und ist auch auf ein über Antrag des Verwaltungsgerichtshofs eingeleitetes Verordnungsprüfungsverfahren anzuwenden.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs hindert allerdings auch in einer solchen Konstellation ein offensichtlich entgegenstehendes Parteiinteresse die Aufhebung der ganzen Verordnung (VfSlg. 15.584/1993), da ein Antrag des Verwaltungsgerichtshofs wertungsmäßig insofern einem Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs gleichzuhalten ist. Diese Überlegung erfordert - entgegen der Ansicht von Rohregger (zu Art 140 B-VG Rohregger in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 28 ff.) - eine auch Anträge des Verwaltungsgerichtshofs einbeziehende Interpretation des letzten Satzes des Art 139 Abs 3 B-VG. Im Verfahren ist jedoch nicht hervorgekommen, dass die Aufhebung der ganzen Verordnung offensichtlich den rechtlichen Interessen einer Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zuwiderläuft. Auch aus der vom Verfassungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof eingeholten Stellungnahme ergibt sich das nicht.

Da im vorliegenden Verfahren die gesamte Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt und kein Hindernis im Sinne des letzten Satzes des Art 139 Abs 3 B-VG vorliegt, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß dieser Vorschrift vorzugehen (vgl. VfSlg. 16.548/2002, ua.).

Mit Art 2 des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I 55/2007, wurde das Marktordnungs-ÜberleitungsG erlassen. Dessen § 5 trat mit , die übrigen Bestimmungen traten mit in Kraft (§7 Marktordnungs-ÜberleitungsG). § 1 bestimmt, dass alle auf Grund des Abschnitts F des MOG erlassenen Verordnungen, soweit sie nicht in dessen § 1 angeführt sind und als Bundesgesetz in Geltung bleiben, aufgehoben werden. Weiters bestimmt § 2, dass jene Verordnungen, die in diesem Paragraph angeführt werden, für jene Sachverhalte, die im entsprechenden Jahr, auf das sich die Verordnung bezieht, verwirklicht wurden, weiter in Kraft bleiben. Die MGV 1995 ist in keiner dieser beiden Bestimmungen genannt.

Die MGV 1995 trat daher mit In-Kraft-Treten des Marktordnungs-ÜberleitungsG, BGBl. I 55/2007, außer Kraft, weshalb der Verfassungsgerichtshof auszusprechen hatte, dass die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war.

Der Verfassungsgerichtshof sah sich des Weiteren veranlasst, von der Ermächtigung des Art 139 Abs 6 B-VG Gebrauch zu machen und auszusprechen, dass die als gesetzwidrig erkannte Verordnung auf die am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

Die Verpflichtung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche erfließt aus Art 139 Abs 5 B-VG.

VII. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.