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VfGH vom 02.07.1993, G226/92

VfGH vom 02.07.1993, G226/92

Sammlungsnummer

13505

Leitsatz

Aufhebung der Untersagung der Beschäftigung von Ausländern durch die Bezirksverwaltungsbehörde bei beharrlichen Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot; Zweck der Regelung im Dunkeln; kein Verstoß gegen Art 6 der EMRK; keine Verwaltungsstrafbestimmung sondern administrative Maßnahme; öffentlich-rechtliches Verbot der Beschäftigung von Ausländern keine strafrechtliche Anklage und kein civil right

Spruch

Der erste Satz des § 30 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt die Aufhebung des ersten Satzes des § 30 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. 218/1975 (AuslBG) als verfassungswidrig. Er hat über eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten zu entscheiden, der auf Antrag des Landesarbeitsamtes dem Beschwerdeführer nach dieser Gesetzesstelle die Beschäftigung von Ausländern für die Dauer von drei Jahren untersagt, weil er zwischen und - jeweils zu bestimmten Zeiten - auf verschiedenen Baustellen namentlich genannte Ausländer entgegen den Bestimmungen des AuslBG beschäftigt bzw. rechtswidrig Dritten zur Verfügung gestellt habe.

§ 30 erster Satz AuslBG (Stammfassung) lautet:

"Untersagung der Beschäftigung

Die Bezirksverwaltungsbehörde kann dem Arbeitgeber wegen beharrlicher Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Antrag des nach dem Betriebssitz zuständigen Landesarbeitsamtes, des Arbeitsinspektorates oder der sonst zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörde die Beschäftigung von Ausländern nach Anhörung der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer untersagen."

Der antragstellende Gerichtshof geht davon aus, daß auch er bei Erledigung der Beschwerde § 30 AuslBG anzuwenden hätte, hegt jedoch die Bedenken, daß diese Gesetzesstelle gegen Art 6 Abs 1 EMRK verstößt, weil die Entscheidung über "civil rights" nicht vor ein Tribunal gebracht werden könne, und die Anforderungen des Art 18 B-VG nicht erfüllt, weil dem Gesetz keine Kriterien bezüglich der allenfalls möglichen Befristung der Maßnahme zu entnehmen seien. Sollte die Untersagung aber als Strafe zu werten sein, verletze sie Art 6 Abs 1 EMRK unter dem Gesichtspunkt der "criminal charge".

Im einzelnen führt der Antrag folgendes aus:

"...

Zur rechtlichen Einordnung der Untersagung als administrative Sicherungsmaßnahme:

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes müssen für die Anwendbarkeit des § 30 AuslBG folgende Voraussetzungen gegeben sein:


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a)
ein Antrag durch eine nach dem AuslBG legitimierte Stelle,


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b)
die objektive Verwirklichung eines dem AuslBG widersprechenden Zustandes (ohne Rücksicht darauf, ob dessen Herbeiführung (verwaltungs-)strafrechtlich sanktioniert ist oder nicht, oder - obwohl
strafrechtlich ahndbar - zu einer Verurteilung geführt hat oder nicht,


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c)
die Beharrlichkeit des unter b) umschriebenen Verhaltens (Unterlassens).

Die unter b) vertretene Auslegung beruht auf folgenden Überlegegungen:

Der Wortlaut der Bestimmung des § 30 AuslBG stellt auf 'Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes' ab, ohne daß hiebei die Einschränkung getroffen wird, daß es sich dabei nur um Verstöße handelt, die unter (verwaltungs-)strafrechtlicher Sanktion stehen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß eine derartige Einschränkung bereits mit dem Begriff 'Verstoß' hinreichend zum Ausdruck gebracht wird oder sich dieses Ergebnis aus systematischen Überlegungen ableiten ließe (zumal auch die Überschriften zu §§28 und 30 verschieden sind und § 29 arbeitsrechtliche Folgen aus der Beschäftigung von Ausländern regelt).

Auch stehen dem die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 30 AuslBG (1451 Blg.Sten.Prot. NR XIII. GP, Seite 35, rechte Spalte) nicht entgegen, die hiezu folgendes ausführen:

'Außer der verwaltungsstrafrechtlichen Ahndung von Verstößen (vgl. § 28) soll dem Arbeitgeber bei beharrlichen Verstößen auf administrativem Weg die Beschäftigung von Ausländern untersagt werden können. Als beharrliche Verstöße werden insbesondere solche anzusehen sein, die auf eine grobe Mißachtung der bei der Beschäftigung zu beachtenden Bestimmungen dieses Gesetzesentwurfes schließen lassen.'

Daraus folgt ferner, daß es nicht notwendig ist, daß der von der Maßnahme nach § 30 AuslBG betroffene Arbeitgeber schuldhaft gegen eine Bestimmung des AuslBG verstoßen haben muß, vielmehr reicht die objektive Verwirklichung eines dem AuslBG widersprechenden Zustandes (mag er strafrechtlich ahndbar sein oder nicht) aus. Daher kann auch eine juristische Person gegen Bestimmungen des AuslBG im Sinne des § 30 leg. cit. durch Handlungen oder Unterlassungen verstoßen.

§ 30 AuslBG stellt damit eine administrative Sicherungsmaßnahme dar, die von Verwaltungsbehörden (Bezirksverwaltungsbehörde, Landeshauptmann) verhängt werden kann, wobei auf das Verfahren das AVG anzuwenden ist. Bei dieser Einordnung hat sich an der Zuständigkeit des Landeshauptmannes als Berufungsbehörde durch die seit erfolgte Einführung des Unabhängigen Verwaltungssenates (B-VG Novelle, BGBl. Nr. 685/1988, ArtIX Abs 2) nichts geändert; eine einfachgesetzliche Zuständigkeitsbegründung des Unabhängigen Verwaltungssenates nach Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG hat der Bundesgesetzgeber bisher nicht vorgenommen.

1. Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art 6 Abs 1 MRK ('civil rights'):

Im Falle des Zutreffens der Einordnung der 'Untersagung' als administrative Sicherungsmaßnahme kann es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinem Zweifel unterliegen, daß der Ausgang des Verfahrens nach § 30 AuslBG für zivile Rechte unmittelbar bestimmend ist und daher nach der (einer extensiven Auslegung folgenden) neueren Judikatur des EGMR (vgl. dazu z.B. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes, 7. Auflage, Rz 1473 ff) unter Art 6 Abs 1 MRK (zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen) fallen dürfte.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner jüngeren Judikatur - beginnend mit VfSlg. 11500/1987 - wiederholt den (restriktiveren) Standpunkt vertreten, daß (nur) über jene Ansprüche und Verpflichtungen, die zum 'Kernbereich' der civil rights zu zählen seien, ein den Anforderungen der Art 6 MRK entsprechendes Tribunal in der Sache selbst zu entscheiden habe, und in solchen traditionell der Ziviljustiz zuzuzählenden Angelegenheiten die (bloß) nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes nicht hinreiche. Dies gelte für Entscheidungen über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen selbst, wie etwa die Entscheidung über den Ersatz von Jagd- und Wildschäden (vgl. dazu z.B. VfSlg. 11591/1987), die Schlichtung von Streitigkeiten über eine Vertragsauslegung durch eine Schiedskommission nach dem ASVG (vgl. VfSlg. 11729/1988 und 12083/1989) bzw. dem Krankenanstaltenrecht (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G193/91, zu § 67 Ktn. KAO), die Entscheidung über den Ersatz von Pflege- und Sondergebühren (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B829/89, zum Oö KAG), die Entscheidung von Streitigkeiten über die Angemessenheit des Pachtzinses (VfSlg. 12003/1989 zum Kleingartengesetz) oder den Zuspruch einer Enteignungsentschädigung (vgl. VfSlg. 11760/1988 und 11762/1988). Hingegen genüge für Entscheidungen über Streitigkeiten, die über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen nur in ihren Auswirkungen, also nicht über 'civil rights' selbst, entstanden seien, wie z.B. die Erteilung bzw. Versagung einer Bewilligung zum Bau eines Hauses (vgl. z.B. VfSlg. 11500/1987) oder einer Straße (VfSlg. 11645/1988), einer Bewilligung nach § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes (VfSlg. 12082/1989), den Entzug einer Apothekenkonzession (VfSlg. 11937/1988) oder die Festsetzung eines Entgeltes für einen nach § 80 Abs 8 BDG 1979 zugewiesenen Parkplatz (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B788/89) die nachprüfende Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, daß auch die Untersagung der Beschäftigung nach § 30 erster Satz AuslBG zum Kernbereich der civil rights (im Verständnis der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes) zu zählen ist.

Schon nach ihrem Wortlaut (vgl. die Überschrift sowie die Wortfolge im ersten Satz '... die Beschäftigungen ... untersagen.') zielt diese Norm auf die Einschränkung der Privatautonomie selbst ab, die für die Gestaltung der 'Privatrechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich' (§1 ABGB) typisch ist. Zu dieser gehört u.a. auch die Abschlußfreiheit, die die Möglichkeit sichert, frei zu entscheiden, ob und mit wem man Rechtsgeschäfte tätigt (so z. B. Rummel in Rummel, Hrsg, ABGB-Kommentar-1. Band, Rz 16 zu § 859). Gerade in die Abschlußfreiheit greift aber § 30 erster Satz AuslBG unmittelbar ein, indem er Verwaltungsbehörden ermächtigt, Arbeitgebern (unter bestimmten Voraussetzungen) die Beschäftigung von Ausländern von vornherein und generell zu untersagen, das heißt ein Verbot auszusprechen, mit Ausländern (soweit sie dem Geltungsbereich des AuslBG unterliegen - vgl. § 1 i.V.m. § 2 Abs 1 AuslBG) ein Arbeitsrechtsverhältnis rechtswirksam zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof geht dabei davon aus, daß der Beschäftigungsbegriff des § 30 erster Satz AuslBG in Verbindung mit § 2 Abs 2 AuslBG auszulegen ist - so für § 28 Abs 1 AuslBG z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/09/0074, u.v.a. - und damit Arbeitsverhältnisse im Sinn des Arbeitsrechtes gemeint sind (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/09/0190). Wegen dieses zivilrechtlichen Behaltes der verfügten Untersagung ist es den Behörden für die Dauer einer solchen Maßnahme auch verwehrt, einem solchen 'Arbeitgeber' eine Beschäftigungsbewilligung nach § 4 AuslBG zu erteilen. Dies folgt aus der Einsicht, daß eine (vom AuslBG selbst) verbotene Beschäftigung jedenfalls nicht bewilligungsfähig ist. Offenbar deshalb enthält das AuslBG auch keinen eigenen Versagungstatbestand für diesen Fall. Der Normadressat eines Bescheides nach § 30 AuslBG kann aber auch kein Arbeitsrechtsverhältnis mit einem Ausländer, der im Besitz eines Befreiungsscheines oder einer Arbeitserlaubnis ist, bzw. in solchen Fällen begründen, wo an die Stelle der behördlichen Bewilligung eine Anzeigepflicht tritt (vgl. z.B. § 3 Abs 5 AuslBG).

Lege non distinguente wirkt sich aber die Untersagung nach § 30 erster Satz AuslBG auch auf die zu diesem Zeitpunkt rechtswirksam bestehenden Arbeitsrechtsverhältnisse mit Ausländern aus und beendet diese oder löst zumindest die Verpflichtung des Arbeitgebers aus, diese zu beenden.

Wegen dieses Regelungsgehaltes, der unmittelbar und primär auf die Einschränkung der Privatautonomie selbst abzielt, ist diese Regelung nicht mit jenen bisher in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes behandelten Fällen vergleichbar, die sich lediglich auf die zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen 'auswirken' und bei denen die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK genügt.

Deshalb können auch besondere im öffentlichen Interesse gelegene Gründe, die für diese Regelung allenfalls bestimmend waren, § 30 AuslBG nicht zu einer solchen außerhalb des Kernbereiches der civil rights machen.

In diesem Zusammenhang weist der Verwaltungsgerichtshof auch darauf hin, daß die Dauer der Untersagung der Beschäftigung mangels einer zeitlichen Beschränkung jedenfalls auch unbegrenzt sein kann (daß dies im Beschwerdefall nicht der Fall war, ist für die unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit der Norm angestellten Überlegungen ohne Bedeutung), und damit eine erhebliche Eingriffsintensität aufweisen kann, die mit der der (eingeschränkten) Sachwalterschaft vergleichbar erscheint, die nach dem traditionellen Begriffsverständnis in Österreich jedenfalls nicht als Verwaltungssache verstanden wurde. Dem kommt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch deshalb Bedeutung zu, weil die früheren Regelungen betreffend die Regelung der Beschäftigung von Ausländern (vgl. dazu das Bundesgesetz vom über die zeitweilige Beschränkung der Beschäftigung ausländischer Arbeiter und Angestellter, BGBl. Nr. 457, sowie die Verordnung über ausländische Arbeitnehmer vom , dt. RGBl. 1933 I, S. 26 - in Österreich in Kraft gesetzt mit der Verordnung des Reichsarbeitsministers vom , dt. RGBl. I, S. 44) keine dem § 30 AuslBG vergleichbaren Sanktionen vorgesehen haben und der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen vermag, daß in sonstigen Verwaltungsvorschriften derartig weitreichende Einschränkungsbefugnisse der Privatautonomie Verwaltungsbehörden übertragen worden wären. Zählt aber § 30 erster Satz AuslBG zum Kernbereich der civil rights, liegt eine Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK deshalb vor, weil darüber kein Tribunal in der Sache selbst entscheidet.

2. Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art 18 Abs 1 B-VG:

Zwar enthält - wie bereits erwähnt - § 30 AuslBG keine zeitliche Schranke für die Untersagung der Beschäftigung, wenn man jedoch dessenungeachtet eine Befristung dieser Sanktion für zulässig erachtet (so offenbar die belangte Behörde), dann scheinen die Kriterien für das bezüglich der Dauer (ähnlich wie bei einem Strafrahmen) bestehende Ermessen nicht hinreichend im Sinn des Art 18 Abs 1 i.V.m. Art 130 Abs 2 B-VG bestimmt. Die 'Beharrlichkeit' der Verstöße, die als Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 30 AuslBG jedenfalls gegeben sein muß, scheint für sich allein nicht ausreichend, die Ermessensübung für die Dauer des Eingriffes hinreichend zu determinieren. Wegen der Eingriffsintensität der Untersagung der Beschäftigung bedürfte es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weiterer Ermessensdeterminanten im Gesetz, die auch aus dem Gesamtzusammenhang des AuslBG nicht gewonnen werden können.

3. Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art 6 Abs 1 MRK ('criminal charge') i.V.m. dem österreichischen Vorbehalt zu Art 5 MRK:

Soweit die Einordnung der Untersagung der Beschäftigung nach § 30 AuslBG - entgegen der oben vertretenen Ableitung - nicht als administrative Maßnahme, sondern als Strafe im Sinn des § 10 VStG zu werten wäre, wäre zwar seit der B-VG Novelle, BGBl. Nr. 685/1988, insofern eine Änderung eingetreten, als für die ab erst anhängig gewordenen Fälle nunmehr die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates anstelle des Landeshauptmannes als Berufungsbehörde gegeben wäre. Im Beschwerdefall war jedoch auf Grund der Antragstellung des Landesarbeitsamtes Kärnten vom das Verwaltungsverfahren bereits vor dem anhängig.

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , G294/91, ausgesprochen hat, deckt der Vorbehalt zu Art 5 MRK die Durchführung eines Strafverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht, wenn es am keine Verwaltungsvorschrift gegeben hat, nach der das in Untersuchung gezogene Verhalten unter (Verwaltungs-)Strafe gestellt war. Dies träfe aber auch für die Untersagung der Beschäftigung nach § 30 AuslBG (bei der Qualifikation als Verwaltungsstrafe) zu, weil die oben erwähnten, die Beschäftigung von Ausländern regelnden früheren Rechtsvorschriften im genannten Zeitraum eine derartige Strafsanktion nicht enthalten haben."

Auch die Bundesregierung geht in ihrer Äußerung davon aus, daß die angegriffene Gesetzesbestimmung eine administrative Maßnahme vorsieht. Sie tritt aber deren Einordnung als "civil right" im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK entgegen und hält die Vorschrift für hinreichend bestimmt:

"...

Daraus ergibt sich zunächst, daß der Gesetzgeber die Untersagung der Beschäftigung als administrative Maßnahme verstanden haben will.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist zu zeigen, daß die in § 30 leg.cit. angeordnete Maßnahme nicht als 'civil right' im Sinne des Art 6 Abs 1 MRK anzusehen ist:

Nach der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen erfaßt Art 6 Abs 1 MRK nicht nur 'privatrechtliche Streitigkeiten im herkömmlichen Sinn, das heißt Rechtsstreitigkeiten zwischen Einzelpersonen oder zwischen einer Einzelperson und dem Staat, soweit dieser wie eine Privatperson dem Privatrecht unterworfen gehandelt hat und nicht als Träger hoheitlicher Gewalt' (Urteil des EGMR vom im Fall Deumeland). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, daß zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen 'Gegenstand des Verfahrens' sein müßten, daß der Ausgang des Verfahrens für ein solches Recht 'unmittelbar bestimmend' sein müsse und daß ein 'loser Zusammenhang oder entfernte Auswirkungen' nicht genügen (Urteil vom im Fall Le Compte; Urteil vom , Fall Pudas).

Ausgehend von dieser Auffassung nahm der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den folgenden Fällen beispielsweise das Vorliegen von 'civil rights' an: Verbot ärztlicher Berufsausübung (Urteil vom im Fall König);

Entziehung einer Konzession zur Personenbeförderung (Fall Pudas);

Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (Urteil vom im Fall Benthem); Bauverbot (Fall Sporrong und Lönnroth).

Der Verfassungsgerichtshof nimmt demgegenüber seit dem Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 eine einschränkende Haltung ein. Er vertritt die Auffassung, daß nur über Ansprüche und Verpflichtungen, die zum Kernbereich der 'civil rights' zu zählen sind, ein den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK entsprechendes Tribunal in der Sache selbst zu entscheiden habe; in solchen traditionell der Ziviljustiz zuzuzählenden Angelegenheiten reiche die (bloß) nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes nicht hin. Bei Entscheidungen über Streitigkeiten, die über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen hingegen nur in ihren Auswirkungen entstanden sind, genüge die nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK.

Ausschlaggebend für die Zuordnung zum Kernbereich der 'civil rights' ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, ob das Verhältnis der Bürger unter sich oder zur Allgemeinheit bzw. zum Staat, Gegenstand der Entscheidung ist. Für den Bereich typisch öffentlich-rechtlicher Eingriffe in private Rechtsstellungen genügt demgegenüber die Möglichkeit der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.

Im vorliegenden Fall kann einem Arbeitgeber bei 'beharrlichen Verstößen' die Beschäftigung von Ausländern untersagt werden.

Vergleichbare Fälle lagen dem Verfassungsgerichtshof bereits zur Entscheidung vor:

So hatte der Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11937/1988 zu prüfen, ob der Entzug einer Apothekenkonzession nach einer strafgerichtlichen Verurteilung mangels Verlässlichkeit als 'civil right' zu qualifizieren ist. Er kam zum Ergebnis, daß der Entzug einer Konzession zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ebenso wie die Erteilung einer Konzession eine staatliche Maßnahme ist, die nach österreichischer Rechtstradition im öffentlichen Recht wurzelt und nicht zur Ziviljustiz gehört, 'werden damit doch nicht Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander geregelt'. Und weiters: 'Wenngleich solche Akte für den Betroffenen von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind, also bedeutsame Auswirkungen in seinem Vermögen haben können, werden damit doch nicht Streitigkeiten entschieden, die über 'civil rights' selbst entstanden sind.'

Ausgehend von dieser Auffassung sind somit die aus einer Apothekenkonzession erfließenden Rechte nicht zum Kernbereich der 'civil rights' zu zählen. Der Entzug einer Apothekenkonzession greift daher nicht in diesen Bereich ein.

Ebenso stellte der Verfassungsgerichtshof auch fest, daß die Untersagung einer gewerblichen Betätigung aufgrund gewerberechtlicher Tatbestände keinen Eingriff in den Kernbereich der 'civil rights' darstellt. Der Verfassungsgerichtshof hielt im Erkenntnis VfSlg. 12384/1990 fest, daß 'die Untersagung einer gewerblichen Betätigung aufgrund gewerberechtlicher Tatbestände durch die Gewerbebehörde ... ebenso wie die Erteilung einer (Gewerbe-)Konzession eine staatliche Maßnahme (ist), die nach österreichischer Rechtstradition im öffentlichen Recht wurzelt und nicht zur Ziviljustiz gehört' (im übrigen ebenso wie VfSlg. 11937/1988). Die nachprüfende Kontrolle gewerbebehördlicher Entscheidungen durch den Verwaltungsgerichtshof genügt nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, die Art 6 Abs 1 MRK für Verfahren der vorliegenden Art, welche 'civil rights' höchstens in ihren Auswirkungen treffen, verbürgt.

Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten:

Der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist gemäß § 19 AuslBG vom Arbeitgeber beim zuständigen Arbeitsamt zu stellen. Die Beschäftigungsbewilligung wird bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 leg.cit. für einen bestimmten Arbeitsplatz erteilt und gilt für den Bereich eines Arbeitsamtes. Die Beschäftigungsbewilligung berechtigt den Arbeitgeber, eine ausländische Arbeitskraft zu beschäftigen.

Verstößt der Arbeitgeber in der Folge in beharrlicher, also schwerwiegender Weise gegen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, so eröffnet § 30 AuslBG die Möglichkeit, dem Arbeitgeber die Beschäftigung auf administrativem Weg zu untersagen. Diese Möglichkeit besteht - wie oben festgehalten - neben der verwaltungsstrafrechtlichen Ahndung von Verstößen gemäß § 28 AuslBG.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist folgendes festzuhalten:

Mit dem Verwaltungsakt, in dem über die Untersagung der Beschäftigung abgesprochen wird, wird über keine Streitigkeit entschieden, die über 'civil rights' selbst entstanden ist, also nicht über den zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestehenden (arbeits- bzw. zivilrechtlichen) Vertrag.

Die Maßnahme des § 30 AuslBG kann insbesondere auch nicht mit jenem Fall verglichen werden, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G272/91, ua., zugrunde lag. In diesem Erkenntnis prüfte der Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs 2 BehinderteneinstellungsG im Hinblick auf Art 6 Abs 1 MRK. Diese Bestimmung sah vor, daß die Kündigung eines (privatrechtlichen) Arbeitsverhältnisses nur ausgesprochen werden kann, wenn zuvor eine Verwaltungsbehörde ihre Zustimmung erteilt hatte. Damit wurde der Verwaltungsbehörde eine Entscheidungsmöglichkeit über eine Streitigkeit eingeräumt, die zwischen 'Bürgern unter sich' über eine zwischen ihnen bestehende Beziehung entstanden ist.

Der Verfassungsgerichtshof kam zum Ergebnis, daß die Frage, ob eine Kündigung eines begünstigten Behinderten zulässig und wirksam sein soll, zivilrechtlicher Natur sei, sodaß eine bloß nachprüfende Kontrolle der die Zustimmung erteilenden oder verweigernden Akte durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK nicht genügt.

Der vorliegende Fall des § 30 AuslBG unterscheidet sich auch wesentlich von den den Erkenntnissen zugrundeliegenden Fällen, in denen der Verfassungsgerichtshof das Vorliegen von anderen Ansprüchen und Verpflichtungen, die zum Kernbereich der 'civil rights' zu zählen sind, festgestellt hat: z.B. Entscheidung über den Ersatz von Jagd- und Wildschäden (VfSlg. 11591/1987), die Schlichtung von Streitigkeiten über eine Vertragsauslegung durch eine Schiedskommission nach dem ASVG (VfSlg. 11729/1988, 12083/1989), Entscheidung von Streitigkeiten über die Angemessenheit des Pachtzinses (VfSlg. 12003/1989) oder den Zuspruch einer Enteignungsentschädigung (VfSlg. 11760/1988, 11762/1988).

Allen diesen Fällen lagen Streitigkeiten von Bürgern über eine bestimmte Rechtsposition zugrunde; die jeweiligen Entscheidungen betrafen aber nicht die Stellung des einzelnen zum Staat. Gegenstand des § 30 AuslBG ist hingegen nicht eine Streitigkeit, die zwischen dem Arbeitgeber und dem ausländischen Beschäftigten liegt. Die verwaltungsbehördlich auszusprechende Untersagung der Beschäftigung ist vielmehr eine Maßnahme, die sich auf zivilrechtliche Rechtspositionen bloß (mittelbar) auswirkt. Der Arbeitgeber wird durch diesen Akt zwar in seiner Privatautonomie eingeschränkt; der Verwaltungsakt gemäß § 30 AuslBG kann somit zwar für den Betroffenen von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sein und bedeutsame Auswirkungen in seinem Vermögen haben. Wie der Verfassungsgerichtshof aber in seinen Erkenntnissen VfSlg 12384/1990 und 11937/1988 festgestellt hat, kann dieser Umstand keine Bedeutung für die Qualifikation der Ansprüche haben.

Es kann daher zusammenfassend festgestellt werden, daß die Untersagung der Beschäftigung von Ausländern gemäß § 30 AuslBG keine Ansprüche oder Verpflichtungen betrifft, die zum Kernbereich der 'civil rights' zu zählen sind.

Demgegenüber vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag auf Gesetzesprüfung die Auffassung, daß die Untersagung der Beschäftigung nach § 30 erster Satz AuslBG zum Kernbereich der 'civil rights' zu zählen sei. Er begründet dies damit, daß 'schon nach ihrem Wortlaut ... diese Norm auf die Einschränkung der Privatautonomie ab(zielt), die für die Gestaltung der 'Privatrechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich' (§1 ABGB) typisch ist'.

Es ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Argumentation im wesentlichen der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgt, der - wie oben ausgeführt - davon ausgeht, daß unter Art 6 Abs 1 MRK jedes Verfahren fällt, dessen Ausgang für Rechte und Verpflichtungen privatrechtlicher Natur entscheidend ist; der Ausgang muß für zivile Rechte unmittelbar bestimmend sein.

Der Verfassungsgerichtshof hat es jedoch im Erkenntnis VfSlg. 11500/1988 ausdrücklich abgelehnt, dieser exzessiven Auslegung des EGMR zu folgen; er hat vielmehr die Bedeutung des Begriffs mit dem klassischen Zivilrechtsbegriff (Regelung der Rechte und Pflichten der Bürger 'unter sich', § 1 ABGB) gleichgesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof setzt sich mit dem vom Verfassungsgerichtshof festgelegten Begriffsverständnis nicht auseinander, sodaß seiner Argumentation nicht gefolgt werden kann.

2. Zu den Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art 6 Abs 1 MRK ('criminal charge')

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist grundlegende Voraussetzung dafür, daß einer Norm strafrechtlicher Charakter zukommt, daß der 'sowohl präventive als auch repressive Zweck der Sanktion sowie der ihr innewohnende Tadel und das dem sanktionierten Verhalten gegenüber ausgesprochene Unwerturteil' vorliegt (VfSlg. 11506/1987, 11937/1988).

Wie oben bereits erwähnt, verstand der Gesetzgeber die Untersagung der Beschäftigung gemäß § 30 AuslBG als administrative (Sicherungs-)Maßnahme.

Als Verstöße, die die Rechtsfolge der Untersagung der Beschäftigung nach sich ziehen, kommen nun nach dem Wort des § 30 AuslBG nicht nur Handlungen und Unterlassungen in Betracht, die gemäß § 28 leg.cit. als Verwaltungsübertretungen unter Strafsanktion stehen; vielmehr kommen auch Verstöße in Frage, die nicht unter § 28 leg.cit. zu subsumieren sind. So ist auch eine rechtskräftige Verurteilung nach § 28 AuslBG keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 30 leg.cit. Der Gesetzeswortlaut verlangt auch nicht das Vorliegen von Verschulden des Arbeitgebers.

Daraus wird deutlich, daß der Zweck einer Maßnahme nach § 30 AuslBG nicht in der Bestrafung des Arbeitgebers liegt. Sie ist vielmehr eine im öffentlichen Interesse gelegene administrative Sicherungsmaßnahme.

Dies zeigt sich auch darin, daß die Untersagung der Beschäftigung nicht von Amts wegen ausgesprochen werden kann, sondern zwingend eines Antrages des zuständigen Landesarbeitsamtes, des Arbeitsinspektorates oder der sonst zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörde bedarf. Weiters müssen auch die in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer angehört werden.

Die Bestimmung des § 30 leg.cit. dürfte damit vornehmlich dem öffentlichen Zweck des Arbeitnehmerschutzes dienen, nicht hingegen der Bestrafung des Arbeitgebers.

Die Untersagung der Beschäftigung gemäß § 30 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz kann daher zusammenfassend nicht als Strafe im Sinne des Art 6 Abs 1 MRK gewertet werden, sodaß die Verfahrensgarantien des Art 6 MRK nicht zum Tragen kommen.

Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof offenbar auch selbst eher der Auffassung zuneigt, daß die betreffende Maßnahme als administrativer Akt, nicht hingegen als Strafe zu werten ist (siehe Antrag Seiten 2 bis 4).

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art 18 Abs 1 B-VG

Der Verwaltungsgerichtshof sieht einen Verstoß gegen Art 18 Abs 1 B-VG darin, daß § 30 AuslBG keine Kriterien für die Dauer der Untersagung der Beschäftigung vorsehe.

Nach herrschender Lehre ist eine gesetzliche Bestimmung dann hinreichend bestimmt, wenn aus ihr Tatbestand, Rechtsfolge, die zuständige Behörde sowie das anzuwendende Verfahren eindeutig ersichtlich bzw. ableitbar sind. Nun sind aber alle diese Elemente in § 30 AuslBG präzise vorgesehen: die 'beharrlichen Verstöße' sind der Tatbestand und die Untersagung der Beschäftigung die Rechtsfolge. Zuständige Behörde ist die Bezirksverwaltungsbehörde, woraus sich in Verbindung mit dem EGVG die Anwendbarkeit das AVG ergibt (weitere Verfahrensvorschriften enthält § 30 AuslBG selbst).

Der Umstand, daß die Dauer des Beschäftigungsverbotes nicht in § 30 AuslBG selbst ausdrücklich vorgesehen ist, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Die Verwendung des Wortes 'kann' in § 30 AuslBG deutet darauf hin, daß der Behörde bei der Untersagung der Beschäftigung ein Ermessen eingeräumt werden soll. Die Behörde ist verpflichtet, vom Ermessen 'im Sinne des Gesetzes' Gebrauch zu machen. Dieser Sinn des Gesetzes ist nach Ansicht der Bundesregierung aus anderen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durchaus ableitbar. Im einzelnen ist insbesondere auf § 4 Abs 3 hinzuweisen, in dem die Bedingungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung normiert werden.

Aus dem oben Gesagten folgt, daß die Bezirksverwaltungsbehörde bei Anwendung des § 30 leg.cit. sowohl befristet als auch unbefristet die Beschäftigung untersagen darf. Im Falle der unbefristeten Untersagung steht ihr freilich das Recht gemäß § 68 Abs 2 AVG zu, den von ihr erlassenen Bescheid aufzuheben oder abzuändern. Diese Abänderung könnte gerade in der Normierung einer Frist bestehen. Darüber hinaus kann die Behörde von vornherein im Bescheid eine bestimmte Frist für die Untersagung der Beschäftigung vorsehen. Dabei wird sie sich ebenfalls von den in § 4 Abs 3 leg.cit. normierten Kriterien leiten lassen müssen. Darüber hinaus richtet sich diese Dauer freilich auch nach der Lage des Falles bzw. nach der Notwendigkeit der anzuordnenden Sicherungsmaßnahme.

Eine gewisse Richtlinie für die Dauer des Beschäftigungsverbotes kann aus der gesetzlich angeordneten Geltungsdauer der Beschäftigungsbewilligung (§7 Abs 1 AuslBG: ein Jahr) und des Befreiungsscheines (§15 Abs 5 AuslBG: fünf Jahre) abgeleitet werden."

II. Der Antrag ist zulässig. Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Anlaßbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und der Präjudizialität der angegriffenen Bestimmung für seine Entscheidung zweifeln ließe.

III. Der Antrag ist im Ergebnis auch begründet.

1. § 30 AuslBG verstößt allerdings nicht gegen Art 6 Abs 1

EMRK.

Nach Art 6 Abs 1 der im Verfassungsrang stehenden EMRK hat jedermann Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht ("tribunal"), das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ("civil rights and obligations") oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage ("criminal charge") zu entscheiden hat.

Der Verfassungsgerichtshof geht mit dem antragstellenden Gerichtshof und der Bundesregierung aus den von diesen übereinstimmend dargestellten Gründen davon aus, daß die in § 30 AuslBG vorgesehene Untersagung der Beschäftigung von Ausländern keine Verwaltungsstrafe, sondern eine administrative Maßnahme darstellt.

Das öffentlich-rechtliche Verbot der Beschäftigung von Ausländern ist demnach keine strafrechtliche Anklage; es betrifft aber auch kein "civil right" im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 (zum Vorarlberger Baurecht) dargelegt und in seiner folgenden Rechtsprechung präzisiert hat, muß der Begriff der Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen als Bestandteil des österreichischen Verfassungsrechts im Zusammenhang mit dessen sonstigen Grundsätzen verstanden und ausgelegt werden. So ist die Versagung einer Baubewilligung ungeachtet des damit verbundenen (hoheitlichen) Eingriffs in das Eigentumsrecht selbst keine Entscheidung über ein civil right. Das mit dem Eigentum gewährte Recht, mit Grund und Boden nach Willkür zu schalten (§354 ABGB), wird durch die Versagung einer Baugenehmigung aber nicht weniger berührt als das Recht, im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit mit jedermann Arbeitsverträge abzuschließen, durch die Untersagung der Beschäftigung von Ausländern. In beiden Fällen sind die zivilrechtlichen Auswirkungen indessen nur die (sekundäre) Folge eines (primär) im öffentlichen Interesse liegenden Verbotes eines tatsächlichen Verhaltens. Das Gleiche gilt für den Entzug einer Apothekenkonzession (VfSlg. 11937/1988) oder das Verbot einer gewerblichen Tätigkeit an einem bestimmten Standort (VfSlg. 12384/1990).

Würden solche bloßen Auswirkungen auf die privatrechtlichen Beziehungen von Betroffenen eine Maßnahme schon zu einer Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen machen, verstieße übrigens nicht nur § 30 AuslBG, sondern die Regelung der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen insgesamt gegen Art 6 Abs 1 EMRK; es könnte dann keinen Unterschied machen, ob die Beschäftigung von Ausländern überhaupt oder nur die Beschäftigung von bestimmten Ausländern verboten ist oder nicht bewilligt werden darf. Die Folgen einer solchen Auffassung wäre daher die in VfSlg. 11500/1987 aufgezeigte, mit der österreichischen Verfassungsordnung unvereinbare Notwendigkeit, die Administration nahezu aller Verwaltungsmaterien Gerichten (Tribunalen) zu übertragen.

Dagegen hatte es sich im Fall des § 8 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (G272/91 u.a. vom ) um die Regelung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die Abwägung der beiderseitigen Interessen gehandelt, sodaß - wie der Gerichtshof betonte - der Eingriff in die zivilrechtliche Beziehung nicht bloß die (sekundäre) Folge einer (primär) auf die Verhinderung eines durch diese Beziehung nur vorbereiteten oder näher geregelten Verhaltens gerichteten Maßnahme darstellte, sondern als Entscheidung über ein "civil right" anzusehen war.

Die vom antragstellenden Gerichtshof ins Auge gefaßte Grenzziehung zwischen einer behaupteten "Einschränkung der Privatautonomie selbst" und bloßen - gemeint offenbar: auf den jeweiligen Einzelfall beschränkten - "Auswirkungen" auf zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen überzeugt schon deshalb nicht, weil zwischen dem Verbot der Beschäftigung von Ausländern überhaupt und der Notwendigkeit, für die Beschäftigung von Ausländern eine Bewilligung einzuholen, auch unter dem Gesichtspunkt der (größeren oder geringeren) Allgemeinheit kein Unterschied besteht. Beschränkt ist in beiden Fällen die Möglichkeit der Beschäftigung von Ausländern insgesamt, aber auch nur die Beschäftigung von Ausländern. An eine Beschränkung der Rechts- oder Geschäftsfähigkeit einer Person als solcher kommt diese Beschränkung in bezug auf die Beschäftigung von Ausländern ebensowenig heran wie der Entzug einer Apothekenkonzession mangels Verläßlichkeit, das Verbot eines gewerblichen Standorts wegen andersartiger Zweckbestimmung oder die Versagung der Baubewilligung auf dem vielleicht einzigen verfügbaren Grundstück. Es handelt sich gerade nicht um eine Entscheidung über den persönlichen Status eines Bürgers im allgemeinen, sondern um eine Maßnahme zur Verfolgung eines ganz bestimmten Verwaltungszwecks, die ausschließlich im öffentlichen Recht wurzelt und nicht die Rechtsverhältnisse der Bürger unter sich regelt.

Daß es vor Einführung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes keine der angefochtenen Bestimmung vergleichbare Regelung gegeben hat, kann an dieser Einordnung nichts ändern.

Die aus Art 6 Abs 1 EMRK abgeleiteten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes treffen daher nicht zu.

2. § 30 Satz 1 AuslBG ist jedoch derart unbestimmt, daß eine Vollziehung aufgrund des Gesetzes nicht möglich ist; er verstößt daher gegen Art 18 Abs 1 B-VG.

Voraussetzung eines Verbotes nach § 30 AuslBG sind allein "beharrliche Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes". Da das Gesetz an anderer Stelle (§4 Abs 3 Z 12) von "wiederholter" verbotswidriger Beschäftigung spricht, wird darunter wohl ein mindestens dreimaliger Verstoß zu verstehen sein. Es ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, ob sich der Arbeitgeber (mehrmals) strafbar gemacht hat oder überhaupt bestraft worden sein muß, wie dies etwa § 87 Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung (i.d.F. BGBl. 468/1992), § 4 Abs 4 litd Berufsausbildungsgesetz (i.d.F. BGBl. 563/1986) oder § 31 Abs 1 Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz vorsehen. Es bleibt ferner offen, ob die Behörde die Folgen des Verbotes für den Arbeitgeber und für die bei ihm allenfalls in Beschäftigung stehenden Ausländer in Betracht zu ziehen hat. Entscheidend verstärkt werden diese Unklarheiten aber schließlich durch den vom Verwaltungsgerichtshof hervorgehobenen Umstand, daß in § 30 AuslBG - anders als in den einschlägigen Vorschriften der genannten Gesetze - nicht bestimmt ist, ob das Verbot nur für immer ausgesprochen (wofür der Wortlaut spricht) oder auch bloß auf bestimmte Zeit begrenzt werden kann (was einige Auslegungsvarianten nahelegen).

Aus dem Zweck des Gesetzes lassen sich diese Fragen deshalb nicht beantworten, weil dieser selbst zweifelhaft ist. Soweit es sich um Verstöße gegen Vorschriften handelt, welche die erlaubte Beschäftigung von Ausländern in bezug auf Anzeige-, Offenlegungs- und Nachweispflichten und die einzuhaltenden Arbeitsbedingungen regeln, mag das Ziel des Verbotes der Beschäftigung von Ausländern die Beseitigung der Gelegenheit zu solchen Verstößen sein. Ein erheblicher Teil der in Betracht kommenden Übertretungen wird indessen - wie auch im Anlaßfall des Verwaltungsgerichtshofes - in der verbotswidrigen Beschäftigung von Ausländern selbst liegen. Inwieweit ein nicht als Strafe drohendes Verbot der Beschäftigung von Ausländern jedoch geeignet sein könnte, die verbotswidrige Beschäftigung von Ausländern hintanzuhalten, ist nicht erkennbar. Damit bleibt aber der Zweck der Regelung insgesamt im Dunkeln.

IV. Die angegriffene Vorschrift ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Fristsetzung und der Ausspruch über die Kundmachung stützen sich auf Art 140 Abs 5 B-VG, der Ausspruch über das Nichtwiederinkrafttreten früherer Bestimmungen auf Art 140 Abs 6 B-VG.