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VfGH vom 01.10.2001, g224/01

VfGH vom 01.10.2001, g224/01

Sammlungsnummer

16294

Leitsatz

Keine ausreichende Bestimmtheit der fremdenrechtlichen Regelungen über die Verpflichtung von (Flug-)Beförderungsunternehmen zur Auskunftserteilung über die Identitätsdaten eines nach Österreich gebrachten Fremden bzw zum Kostenersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht; Einstellung des Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung anderer Beförderungsunternehmen mangels Präjudizialität

Spruch

I. 1. Die Wortfolge "Luft- oder" in § 53 Abs 3 sowie § 103 Abs 3 des Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 - FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

2. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B544-549/01, B550-582/01, B585/01 und B586/01 Beschwerden einer ausländischen und zweier inländischer Fluggesellschaften anhängig, die sich gegen insgesamt 41 im Instanzenzug ergangene Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Land Niederösterreich richten, mit denen die Fluggesellschaften gemäß § 103 Abs 3 Fremdengesetz 1997 (FrG), BGBl. I 75, zur Zahlung von (pauschalierten) Kostenersätzen verpflichtet werden, weil sie ihrer in § 53 Abs 3 leg.cit. normierten Auskunftsverpflichtung nicht nachgekommen sind.

1. Die für die gegenständlichen Kostenvorschreibungen maßgeblichen, die Bescheide tragenden Bestimmungen des § 103 Abs 3 und des § 53 Abs 3 FrG stehen in folgendem normativen Zusammenhang und lauten wie folgt:

a) Gemäß § 2 Abs 1 FrG brauchen Fremde für die Einreise, während des Aufenthaltes und für die Ausreise einen gültigen Reisepaß (Paßpflicht), soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird oder internationalen Gepflogenheiten entspricht.

Sofern öffentliche, insbesondere paß- und fremdenpolizeiliche sowie außenpolitische Interessen dies erfordern, ist der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten ermächtigt, mit Verordnung bestimmte Arten von Reisepässen, die von anderen Staaten als jenen, für die das Übereinkommen über den Beitritt Österreichs zum Schengener Durchführungsübereinkommen in Kraft gesetzt ist, ausgestellt werden, als nicht für die Erfüllung der Paßpflicht geeignete Reisedokumente zu bezeichnen (§2 Abs 2 FrG).

Nach § 5 FrG unterliegen paßpflichtige Fremde bei der Einreise in das Bundesgebiet und während des Aufenthaltes in ihm der Sichtvermerkspflicht, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird, und bedürfen eines Einreise- oder Aufenthaltstitels. Einreisetitel (Visa) werden als Flugtransitvisum (Visum für den Flughafentransit, Visum A) oder Durchreisevisum (Visum B) oder Reisevisum (Visum für den kurzfristigen Aufenthalt, Visum C) oder Aufenthaltsvisum (Visum für den längerfristigen Aufenthalt, Visum D) erteilt (§6 Abs 1 FrG; wobei jedes von einem Staat, für den das Übereinkommen über den Beitritt Österreichs zum Schengener Durchführungsübereinkommen in Kraft gesetzt ist, ausgestellte Visum, dessen Geltungsbereich Österreich umfaßt, als Einreisetitel gilt (Abs2)). Aufenthaltstitel werden als Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungsbewilligung erteilt (§7 Abs 1 FrG).

Gemäß § 52 Abs 1 FrG sind Fremde bei der Grenzkontrolle am Betreten des Bundesgebietes zu hindern (Zurückweisung), wenn Zweifel an ihrer Identität bestehen, wenn sie der Paß- oder Sichtvermerkspflicht nicht genügen oder wenn ihnen die Benützung eines anderen Grenzüberganges vorgeschrieben wurde. Eine Zurückweisung hat zu unterbleiben, soweit dies einem Bundesgesetz, zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder internationalen Gepflogenheiten entspricht. Über die Zulässigkeit der Einreise ist gemäß § 52 Abs 3 FrG nach Befragung des Fremden aufgrund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden.

Der mit "Sicherung der Zurückweisung" überschriebene § 53 FrG lautet (die in Prüfung genommene Bestimmung ist hervorgehoben):

"(1) Kann ein Fremder, der zurückzuweisen ist, den Grenzkontrollbereich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht sofort verlassen, so kann ihm aufgetragen werden, sich für die Zeit dieses Aufenthaltes an einem bestimmten Ort innerhalb dieses Bereiches aufzuhalten.

(2) Fremden, die mit einem Luft-, Land- oder Wasserfahrzeug eines Beförderungsunternehmers eingereist sind, kann zur Sicherung der Zurückweisung untersagt werden, das Fahrzeug zu verlassen, oder angeordnet werden, sich in ein bestimmtes Fahrzeug, mit dem sie das Bundesgebiet verlassen können, zu begeben. Wer die Fremden befördert hat, ist in diesen Fällen verpflichtet, auf eigene Kosten deren unverzügliche Abreise zu gewährleisten, sofern diese nicht von einem anderen Beförderer ohne Kosten für die Republik Österreich bewirkt wird.

(3) Beförderungsunternehmer, die Fremde mit einem Luft- oder Wasserfahrzeug oder im Rahmen des internationalen Linienverkehrs mit einem Autobus nach Österreich gebracht haben, sind verpflichtet, der Grenzkontrollbehörde auf Anfrage die Identitätsdaten der Fremden (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit) und die Daten der zur Einreise erforderlichen Dokumente (Art, Gültigkeitsdauer, ausstellende Behörde und Ausstellungsdatum) unverzüglich kostenlos bekanntzugeben. Dies gilt nicht für Fremde, die zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, sofern sich der Beförderungsunternehmer davon überzeugt hat, daß sie das erforderliche Reisedokument bei sich haben.

(4) Für Fremde, deren Zurückweisung zu sichern ist, gilt für den Aufenthalt an dem dafür bestimmten Ort der § 53c Abs 1 bis 5 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52."

Gemäß § 54 FrG ist Fremden, die anläßlich einer Grenzkontrolle angeben, Transitreisende zu sein, der Aufenthalt im Transitraum zu verweigern (Transitsicherung), wenn entweder aufgrund konkreter Umstände die Wiederausreise der Fremden nicht gesichert erscheint oder die Fremden nicht über das erforderliche Flugtransitvisum verfügen. Die Transitsicherung ist mit der Aufforderung zur unverzüglichen Abreise zu verbinden; ist diese nicht sofort möglich, so kann den Fremden aufgetragen werden, sich für die Zeit bis zur Abreise an einem bestimmten Ort im Grenzkontrollbereich aufzuhalten. '53 Abs 2 und 3 leg.cit. ist anzuwenden.

Daran anknüpfend bestimmt § 103 Abs 3 FrG:

"(3) Kann die Grenzkontrollbehörde die Identität eines Fremden nicht ohneweiters feststellen oder ist dieser nicht im Besitz der zur Einreise erforderlichen Dokumente und kommt der Beförderungsunternehmer, der den Fremden nach Österreich gebracht hat, seiner Auskunftsverpflichtung gemäß den §§53 und 54 nicht unverzüglich nach, so hat ihm die Behörde hiefür einen pauschalierten Kostenersatz von 20 000 Schilling vorzuschreiben."

Nach § 103 Abs 4 letzter Satz FrG entfällt jedoch der Kostenersatz, wenn der Beförderungsunternehmer auf eigene Kosten die unverzügliche Abreise des Fremden bewirkt.

b) Nach § 6 Abs 1 Fremdengesetz-DurchführungsV 1997 (FrG-DV) hat das Beförderungsunternehmen "zur Sicherung der Zurückweisung" konkret bekanntzugeben:

"1. Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit des Fremden,

2. Art, Gültigkeitsdauer, ausstellende Behörde und Ausstellungsdatum des Reisedokumentes,

3. Art, Gültigkeitsdauer, ausstellende Behörde und Ausstellungsdatum des Visums oder des Aufenthaltstitels."

Gemäß § 6 Abs 2 FrG-DV hat die Bekanntgabe dieser Daten unverzüglich, spätestens binnen drei Tagen nach der Anfrage, zu erfolgen. Sie kann durch Übermittlung von Fotokopien der Dokumente oder unter Verwendung eines dem Beförderungsunternehmer zur Verfügung gestellten Formulars erfolgen. § 7 FrG-DV sieht verschiedene die Behörden in diesem Zusammenhang treffende Verpflichtungen vor.

c) Die unter a) dargestellte, der Sache nach seit 1993 geltende (vgl. §§33, 34 und 79 des Fremdengesetzes, BGBl. 838/1992 - im folgenden: FrG 1992) fremdengesetzliche Regelung ist nunmehr vor dem Hintergrund des sogenannten Schengener Rechtsbestandes zu sehen:

Nach Art 26 des für Österreich am in Kraft getretenen (vgl. Kdm. des Bundeskanzlers BGBl. III 202/1997 und Kdm. des Bundesministers für Inneres BGBl. III 205/1997) sogenannten Schengener Durchführungsübereinkommens, BGBl. III 90/1997, (im folgenden: SDÜ) sind die Vertragsstaaten (neben Österreich: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Schweden und Spanien) verpflichtet, vorbehaltlich der Verpflichtungen, die sich aus der Genfer Konvention vom über den Flüchtlingsstatus idF des Protokolls von New York vom ergeben,

"(1) ... die nachstehenden Regelungen in ihre nationalen Rechtsvorschriften aufzunehmen:

a) Wird einem Drittausländer die Einreise in das Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien verweigert, so ist der Beförderungsunternehmer, der ihn auf dem Luft-, See- oder Landweg bis an die Außengrenze gebracht hat, verpflichtet, ihn unverzüglich zurückzunehmen. Auf Verlangen der Grenzüberwachungsbehörden hat der Beförderungsunternehmer den Drittausländer in den Drittstaat, aus dem er befördert wurde, in den Drittstaat, der das Reisedokument ausgestellt hat, mit dem er gereist ist, oder in jeden anderen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, zu verbringen.

b) Der Beförderungsunternehmer ist verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß der auf dem Luft- oder Seeweg beförderte Drittausländer über die für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien erforderlichen Reisedokumente verfügt."

und

"(2) ... unter Berücksichtigung ihres Verfassungsrechts Sanktionen gegen Beförderungsunternehmer einzuführen, die Drittausländer, welche nicht über die erforderlichen Reisedokumente verfügen, auf dem Luft- oder Seeweg aus einem Drittstaat in ihr Hoheitsgebiet verbringen."

Die Bestimmungen des Abs 1 litb und des Abs 2 haben gemäß Art 26 Abs 3 SDÜ auch auf Beförderungsunternehmer Anwendung zu finden, die im internationalen Linienverkehr Gruppen von Personen in Autobussen befördern, mit Ausnahme des Grenzverkehrs.

Mit Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam wurde der Schengen-Besitzstand "vergemeinschaftet", wobei nach Anhang A des Beschlusses des Rates vom (ABl. 1999, L 176, S 17 ff.) Art 26 SDÜ der Rechtsgrundlage des Art 63 Abs 3 EG mit dem Bemerken zugeordnet wurde, daß "anerkannt wird, daß die Art, die Modalitäten und der Umfang der Sanktionen nach diesem Artikel von den Mitgliedstaaten festzulegen sind".

2. In den in Beschwerde gezogenen Bescheiden stellte die belangte Behörde jeweils fest, daß das Flugunternehmen an einem bestimmten Tag mit einem näher bezeichneten Flug eine oder mehrere Personen ungeklärter Identität vom Ausland nach Österreich befördert habe, welche bei der Grenzübergangsstelle Flughafen Wien-Schwechat die Einreise im Wege eines Asylantrages begehrten und weder im Besitz eines gültigen Reisepasses gewesen seien noch über einen Sichtvermerk (§5 FrG), noch über ein Flugtransitvisum (§5 FrG-DV) verfügt hätten. Den Aufforderungen der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Schwechat als Grenzkontrollbehörde), die Identitätsdaten des (der) Fremden gemäß § 6 FrG-DV bekanntzugeben, sei entweder gar nicht oder (bloß) durch Bekanntgabe von Daten gefälschter Reisepässe oder von (Paß-)Daten, die nicht zugeordnet werden konnten bzw. mit den von den Fremden angegebenen Daten nicht übereinstimmten, nachgekommen worden. Das Beförderungsunternehmen habe auch nicht die unverzügliche Abreise des (der) Fremden bewirkt.

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde jeweils aus, daß § 103 Abs 3 FrG "einen verschuldensunabhängig festzulegenden pauschalierten Kostenersatz (Erfolgshaftung)" vorsehe, der vorzuschreiben sei, wenn die Grenzkontrollbehörde die Identität des Fremden nicht ohne weiteres feststellen konnte bzw. der Fremde nicht im Besitz der für die Einreise erforderlichen Dokumente gewesen sei und das Flugunternehmen seiner Pflicht gemäß § 53 Abs 3 FrG, die (wahren) Identitätsdaten bekanntzugeben, nicht nachgekommen ist. Der in § 103 Abs 4 letzter Satz FrG vorgesehene Entfall des Ersatzes könne nur zum Tragen kommen, wenn die Abreise des Fremden vom Beförderungsunternehmen tatsächlich bewirkt wurde; daß ein solcher Rücktransport dem Unternehmen etwa deshalb nicht möglich war, weil dem Fremden nach Stellung eines Asylantrages eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erteilt wurde, sei irrelevant.

II. Aus Anlaß dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 53 Abs 3 und des § 103 Abs 3 des Fremdengesetzes 1997 ein.

1. a) In seinem Einleitungsbeschluß ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, daß die Beschwerden zulässig sind, er bei der Überprüfung sämtlicher angefochtener Bescheide der belangten Behörde § 53 Abs 3 (allenfalls bloß die Wortfolge "Luft- oder") und § 103 Abs 3 FrG anzuwenden hätte, zumal sich die Bescheide auch explizit auf eben diese Bestimmungen stützten, und daß auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen.

b) aa) In der Sache selbst hegte der Verfassungsgerichtshof primär das Bedenken, daß § 53 Abs 3 iVm § 103 Abs 3 FrG nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen sein dürfte, was von den Beförderungsunternehmen verlangt wird, um der ihnen auferlegten Auskunftspflicht im Sinne des Gesetzes nachkommen zu können bzw. in welchen Fällen sie zum Ersatz von der Behörde entstehenden, pauschaliert vorzuschreibenden Kosten verpflichtet sind, und führte dazu aus:

"§53 Abs 3 FrG könnte so verstanden werden, daß die Beförderungsunternehmen (nur) verpflichtet sind, jene Identitätsdaten und Daten der Reisedokumente (Paß, Einreise- und/oder Aufenthaltstitel) festzuhalten, die ihnen von ihren Passagieren bekanntgegeben worden sind, und darüber Auskünfte an Organe der Sicherheitsverwaltung zum Zweck der von diesen vorzunehmenden Aufgaben der Einreisekontrolle nach § 12 GrekoG zu erteilen - mit der Konsequenz der Vorschreibung eines Kostenersatzes, wenn sie über diese Daten nicht verfügen.

Der Wortlaut des § 53 Abs 3 FrG läßt aber offenbar auch die Auslegung zu, daß die Beförderungsunternehmen darüber hinausgehend in Pflicht genommen werden sollten. Für ein solches Verständnis scheinen die Erläuterungen zur RV zu § 33 Abs 3 FrG 1992, der Vorgängerbestimmung des § 53 Abs 3 FrG 1997, (692 BlgNR 18. GP, S 47), zu sprechen, in denen es heißt:

'Es geht nicht an, daß Reiseunternehmer Fremde nach Österreich bringen, deren Identität nach ihrer Ankunft nicht feststellbar ist. Die für eine Mißachtung dieser Pflicht maßgebliche Sanktion findet sich im § 79 Abs 3 (d.i. die Vorgängerbestimmung des § 103 Abs 3 FrG 1997).',

und auch die Behörde scheint - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt und die Verhandlung gezeigt hat - von einem solchen Verständnis auszugehen.

Nimmt man also an, daß die Beförderungsunternehmen zu mehr verpflichtet sind, als zur bloßen Auskunft über die ihnen bekanntgegebenen Daten, so dürften die ihnen übertragenen Verpflichtungen ihrerseits nicht hinreichend präzise festgelegt sein:

Ob den Beförderungsunternehmen bei einem solchen Verständnis der Norm die Aufgabe zukommt, die Dokumente in vollem Umfang auf ihre Unbedenklichkeit und die angegebenen Identitätsdaten auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren, oder ob bloß eine Plausibilitätsprüfung und eine prima vista-Echtheitskontrolle verlangt ist, blieb dem Gerichtshof auch nach der Verhandlung ebenso unklar, wie die Frage, ob die Luftfahrtunternehmungen auch Vorkehrungen dagegen zu treffen hätten, daß die ihnen vor dem Abflug vorgewiesenen Dokumente nicht während des Fluges vernichtet oder ausgetauscht werden.

Die erforderliche Klarheit führt anscheinend auch eine Bedachtnahme auf Art 26 Abs 1 litb SDÜ nicht herbei. Nach dieser Vorschrift sind die Beförderungsunternehmungen zwar verpflichtet, sich 'zu vergewissern', daß der Fremde 'über die für die Einreise ... erforderlichen Reisedokumente verfügt', was an sich den Schluß nahe legt, daß es nicht genügt, sich bloß auf die Angaben der Reisenden selbst zu verlassen. Doch läßt sich - wie der Gerichtshof vorläufig annimmt - auch mit Hilfe dieser Vorschrift nicht klären, was durch § 53 Abs 3 FrG anscheinend nicht hinreichend bestimmt ist.

(So sieht auch der in der mündlichen Verhandlung von der belangten Behörde vorgelegte Entwurf einer Protokoll-Erklärung zu einer geplanten Richtlinie des Rates zur Ergänzung des Art 26 SDÜ vor, daß den Mitgliedstaaten die Details der Umsetzung der grundsätzlichen Verpflichtung, die Beförderungsunternehmen in Pflicht zu nehmen, überlassen bleiben sollen; sie lautet:

'Im Hinblick auf die Anwendung dieser Richtlinie kommt der Rat überein, dass die Verwendung einer groben Fälschung oder eine offensichtliche missbräuchliche Verwendung eines Dokuments dem Fehlen eines Reisedokuments gleichgestellt ist.

Jeder Mitgliedstaat legt entsprechend der von ihm verfolgten Praxis fest, inwieweit Verfälschungen oder die missbräuchliche Verwendung von Reisedokumenten erkennbar sind.')

Ebensowenig dürfte sich aus § 53 Abs 3 FrG mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, ob und in welcher Weise die Beförderungsunternehmen auf die Verpflichtungen Österreichs aus der Genfer Flüchtlingskonvention Bedacht zu nehmen haben, auf die auch im Einleitungssatz des Art 26 SDÜ Bezug genommen ist. Es bleibt anscheinend offen, ob und welche Verpflichtungen den Beförderungsunternehmen in bezug auf jene Personen auferlegt sind, die nicht im Besitz der für die Einreise nach Österreich erforderlichen Dokumente sind, sich aber auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen könnten, um in Österreich Asyl zu erhalten, und welche Maßnahmen von den Unternehmen in derartigen Situationen oder in Zweifelssituationen verlangt sind.

Zusammenfassend ist der Verfassungsgerichtshof daher vorläufig der Auffassung, daß die in Prüfung genommene Bestimmung des § 53 Abs 3 FrG dem Art 18 Abs 1 B-VG widerspricht, weil nicht mit ausreichender Klarheit angeordnet sein dürfte, welche konkreten Verpflichtungen den Beförderungsunternehmen auferlegt sind, um ihrer Auskunftspflicht nachkommen zu können, welche der dargestellten, vom Wortsinn her möglichen Interpretationen der die Inpflichtnahme anordnenden Vorschrift also geboten ist."

bb) Anknüpfend an den von der belangten Behörde dem § 53 Abs 3 FrG offenbar unterstellten Inhalt, wonach diese Bestimmung die Beförderungsunternehmen dazu verpflichtet, die objektiv richtigen Identitätsdaten zu erheben sowie festzustellen, ob der Fremde über die jeweils erforderlichen Dokumente (etwa Reisepaß und/oder entsprechendes Visum) verfügt und weiters, ob die entsprechenden Dokumente echt oder gefälscht sind, führte der Gerichtshof aus:

"Mißt man der Bestimmung diesen Inhalt bei, so entbehrt die Regelung, wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig meint, der sachlichen Rechtfertigung.

Der Gerichtshof bezweifelt nicht, daß der Gesetzgeber von Verfassungs wegen ermächtigt ist, Normunterworfenen im Zusammenhang mit der Wahrung öffentlicher Aufgaben durch Staatsorgane Mitwirkungspflichten aufzuerlegen, wenn diese an Beziehungen rechtlicher oder wirtschaftlicher Art anknüpfen (vgl. zusammenfassend ua. - Spekulationsertragsteuer), doch müssen diese in ihrer Qualität und ihrem Umfang angemessen sein. Die Auferlegung von Mitwirkungspflichten jedweden Inhalts und jedweder Intensität ist, so hielt der Gerichtshof im zitierten Erkenntnis fest, nicht gerechtfertigt und führte dazu aus:

'Sachlich erscheint nur eine Regelung, die die Mitwirkungspflichten Dritter ins Verhältnis setzt zu der Art und dem Umfang der zum Primärschuldner bestehenden Beziehungen. Daraus folgt auch, daß eine Regelung, die den Dritten erheblichen Aufwand für die Beschaffung der für eine ordnungsmäßige Steuerabfuhr erforderlichen Daten und/oder aufwendige Vorkehrungen zur Erlangung der für die Steuerabfuhr benötigten Mittel abverlangt, nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt sein kann.'

Gleiches dürfte mutatis mutandis auch im vorliegenden Fall gelten: Die den Beförderungsunternehmen auferlegten Mitwirkungspflichten scheinen - versteht man sie so weitgehend wie die belangte Behörde - zu ihrer Erfüllung derart aufwendige Vorkehrungen von den Unternehmen zu verlangen, daß dies sachlich nicht mehr rechtfertigbar sein dürfte.

Dies dürfte die Bestimmung insgesamt mit Gleichheitswidrigkeit belasten, zumindest aber bestünde das Bedenken, daß es den Anforderungen der Verfassung nicht entspricht, die Unternehmungen zur 'kostenlosen' Erbringung dieser Leistungen im Dienste der Grenzkontrolle zu verpflichten. Es dürfte sich dabei nämlich um die Auferlegung einer Sonderlast handeln, die mit dem Gleichheitsgebot der Verfassung in Widerspruch stehen und eine unverhältnismäßige Einschränkung des Eigentums und damit eine Verletzung des Art 1 1. ZPEMRK bewirken dürfte (vgl. etwa EGMR , Fall James, EuGRZ 1988, 341)."

cc) Der Verfassungsgerichtshof nahm weiters an, daß die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 53 Abs 3 FrG, sollten sie sich als zutreffend erweisen, anscheinend auch die für die Nichterfüllung der Verhaltenspflicht in § 103 Abs 3 FrG normierte Kostenersatzpflicht träfen und dementsprechend auch diese Bestimmung mit Verfassungswidrigkeit belastet sei.

Für den Fall, daß sich diese Annahme als nicht zutreffend erweisen sollte, hegte der Verfassungsgerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit des § 103 Abs 3 FrG noch weitere Bedenken.

2. Die Bundesregierung erstattete ein Äußerung, in der sie zunächst der im Einleitungsbeschluß in Ansehung des § 53 Abs 3 angedeuteten Auffassung, daß bloß die Wortfolge "Luft- oder" präjudiziell sein dürfte, beitritt.

In der Sache selbst verteidigt die Bundesregierung die in Prüfung genommenen Bestimmungen wie folgt:

"1. Zu den Bedenken hinsichtlich Art 18 B-VG

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass sich aus § 53 Abs 3 FrG 1997 nicht mit der gebotenen Klarheit ergebe, was von den Beförderungsunternehmen verlangt werde. Diese Annahme trifft nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu:

Das Gesetz legt - ganz im Gegenteil - eindeutig fest, wozu die Beförderungsunternehmer verpflichtet sind: sie haben die Identitätsdaten jener Fremden, die sie befördert haben sowie die Daten der zur Einreise dieser Fremden erforderlichen Dokumente bekannt zu geben. Dies bedeutet, dass bei Beurteilung der Frage, ob der Beförderungsunternehmer seiner Verpflichtung nachgekommen ist, zu fragen ist, welcher konkrete Mensch befördert wurde und festzustellen ist, ob die Identitätsdaten sowie die Daten der zur Einreise dieses Menschen erforderlichen Dokumente bekannt gegeben worden sind. Nur dann, wenn dies der Fall ist, hat der Beförderungsunternehmer seiner Verpflichtung entsprochen.

Ein Verständnis, wonach der Beförderungsunternehmer zur Ermittlung der 'absoluten Wahrheit' verpflichtet wäre ginge nun tatsächlich über das hinaus, was ein Gesetzgeber einem Unternehmer auftragen kann, zumal dann, wenn der Betroffene die Leistung kostenlos zu erbringen hat. Es ist daher die Frage zu stellen, ob in § 53 Abs 3 FrG 1997 ein Sorgfaltsmaßstab enthalten ist, bei dessen Einhaltung der Unternehmer auch für ein tatsachenwidriges Ergebnis der Erfüllung seiner Verpflichtung nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Ein solcher Maßstab scheint tatsächlich vorhanden zu sein, handelt es sich doch um eine Leistung, die einem Unternehmer, also jemandem auferlegt wird, dessen Tätigwerden in diesem Bereich dem Handelsgesetz unterliegt. Dem Unternehmer wird somit auferlegt werden müssen, dass er mit der einem ordentlichen Kaufmann (§347 Abs 1 HGB) zuzusinnenden Sorgfalt an seine Pflichterfüllung herangeht und mit dieser Sorgfalt auch der ihm von § 53 Abs 3 FrG 1997 auferlegten Verpflichtung nachkommt. Ein so verstandener Inhalt dieser Norm führt somit dazu, dass der Beförderungsunternehmer bei der Handhabung dieser Verpflichtung die ihm für alle seine Geschäfte aufgetragene Sorgfalt anzuwenden hat, um festzustellen und festzuhalten, wen er befördert und über welche Dokumente dieser Mensch verfügt.

§ 53 Abs 3 FrG 1997 kann ganz bestimmt nicht so verstanden werden, dass der Beförderungsunternehmer seiner Verpflichtung bereits dann entspricht, wenn er jedwede ihm bekannt gegebene Identität und jedwede Daten eines Reisedokumentes festhält. Dies würde es letztlich auch ermöglichen, dass offensichtlich unzutreffende Daten (ein Mann bezeichnet sich als Frau, ein vorgewiesener Führerschein wird als Reisepass bezeichnet) zur Erfüllung der Verpflichtung genügen würden. Ein derartiges Verständnis findet weder im Wortlaut noch in der Teleologie dieser Bestimmung eine Deckung.

Die weiteren Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zur Frage des Umfanges der Auskunftsverpflichtung nehmen nach Auffassung der Bundesregierung zu wenig auf den Wortlaut der Bestimmung Bedacht. Das Gesetz verlangt nicht die bloße Auskunft über die ihnen bekannt gegebenen Daten, sondern die Auskunft über die tatsächlichen Daten. Sämtliche Überlegungen, die nicht auf diesen Grundtatbestand abstellen, gehen daher am Inhalt der Regelung vorbei. Es ist selbstverständlich nicht Aufgabe der Beförderungsunternehmer, die Dokumente auf ihre Unbedenklichkeit und die angegebenen Identitätsdaten auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren, sondern sie haben sich - wie dies von einem verantwortungsbewussten Kaufmann zu verlangen ist - professionell Kenntnis über Identität und Dokumente ihres Vertragspartners - des Reisenden - zu verschaffen. Diese Aufgabe haben sie mit derselben Ernsthaftigkeit zu erfüllen, wie sie gehalten sind, sich von der Unbedenklichkeit eines während des Fluges zu verabreichenden Lebensmittels zu überzeugen oder die Seriosität einer Treibstofflieferung an einer anderen als ihrer Heimatdestination zu beurteilen. In all diesen Fällen haben sie die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anzuwenden und es ist nicht einzusehen, warum bei der Erfüllung der Verpflichtung des § 53 Abs 3 FrG 1997 etwas anderes gelten soll.

Ebenso wenig kommt bei der Erfüllung dieser Verpflichtung eine die Beförderungsunternehmer treffende Verpflichtung zur Bedachtnahme auf die Verpflichtungen Österreichs aus der Genfer Flüchtlingskonvention in Betracht. Ob Beförderungsunternehmer Menschen, auf die ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen des Art 1 der Genfer Flüchtlingskonvention zutreffen, aus dem Herkunftsstaat in einen Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention bringen oder nicht, obliegt allein ihrer Disposition, aus § 53 Abs 3 FrG 1997 ergibt sich dafür keinerlei Bedachtnahmeverpflichtung für Beförderungsunternehmen. Beförderungsunternehmer sind weder durch diese noch durch eine andere Bestimmung verpflichtet, Menschen, die ihr Herkunftsland aus Furcht vor Verfolgung verlassen haben, wo auch immer hinzubringen.

Als Ergebnis ist somit festzustellen, dass der Bestimmung des § 53 Abs 3 FrG nach Auffassung der Bundesregierung ein eindeutiger Inhalt beigemessen werden kann, der auch den Anforderungen des Art 18 B-VG entspricht:

Der Beförderungsunternehmer hat die mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns festgestellten Daten, die in § 53 Abs 3 FrG aufgezählt werden, bekannt zu geben. Damit wird dem Beförderungsunternehmen keineswegs die Kontrolle der Einreiseberechtigung übertragen, sondern ausschließlich die Bekanntgabe von Daten, deren Feststellung einem Unternehmer zugemutet werden kann. Damit wird eine Leistung, die mit der einen ordentlichen Kaufmann treffenden Sorgfalt erbracht werden kann, dem Verursacherprinzip entsprechend jenem auferlegt, der generell für die Kostenverursachung verantwortlich ist. Das Gesetz erlegt diese Verpflichtung nicht jedermann, der einen anderen befördert auf, sondern nur Unternehmen, also wirtschaftlich handelnden Organisationen oder Personen. Sie trifft sämtliche Beförderungsunternehmer einheitlich und wettbewerbsneutral.

2. Zu den Bedenken hinsichtlich des Gleichheitssatzes:

Der Verfassungsgerichtshof nimmt im Hinblick auf die aus den bekämpften Bescheiden hervorgehende Vollzugspraxis eine Verfassungswidrigkeit an, weil die diesen behördlichen Entscheidungen zu Grunde liegende Interpretation der Bestimmung einen Inhalt beimesse, der einer sachlichen Rechtfertigung entbehre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber durch den auch ihn bindenden Gleichheitssatz verwehrt, sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen zu schaffen (VfSlg. 6884/1972, 7759/1976 ua).

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 7759/1976 ausführt, widerspricht die Inpflichtnahme einer bestimmten Gruppe dann nicht dem Gleichheitsgebot, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten ist. Dass die Verhinderung des unrechtmäßigen Aufenthaltes von Menschen im Bundesgebiet im öffentlichen Interesse gelegen ist, scheint keiner weiteren Begründung zu bedürfen. Um dies effektiv sicherstellen zu können, müssen den mit der Grenzkontrolle betrauten Organen die Identitätsdaten und die Daten der zur Einreise erforderlichen Dokumente zur Vornahme der notwendigen Überprüfungen zur Verfügung stehen.

Die Bestimmung des § 53 Abs 3 FrG 1997 erlegt nun den Beförderungsunternehmen eine Verpflichtung zur Bekanntgabe von Daten auf, welche vor dem Hintergrund des erwähnten evidenten öffentlichen Interesses (Verhinderung des unrechtmäßigen Aufenthaltes von Menschen im Bundesgebiet) und im Hinblick darauf, dass mit dem zugrundeliegenden Vertragsabschluss zwischen Fluggast und Flugunternehmen ein Anknüpfungspunkt für diese Art der Datenerhebung und -festhaltung besteht. Sie können diese Daten noch im Ausland ermitteln und festhalten. Unter Berücksichtigung der sonst mit einem Fluggast notwendiger Weise verbundenen Manipulationen von der Bestellung des Flugtickets bis zur Abfertigung des Fluges lässt sich überdies nicht davon sprechen, dass es sich hier um eine außer Verhältnis stehende Maßnahme handelt, die betroffene Beförderungsunternehmer zu erbringen haben. Die erforderliche Überprüfungstätigkeit wird durch diese Maßnahmen wesentlich vereinfacht und geht wesentlich schneller und damit kostengünstiger vonstatten, wenn den Organen der Behörde diese Informationen zur Verfügung gestellt werden und sie diese nicht selbst ermitteln müssen.

Die Bundesregierung behauptet nun nicht, dass es nicht auch andere rechtliche Möglichkeiten für die Datenübermittlung an die zuständigen österreichischen staatlichen Stellen gäbe:

Dies würde jedoch entsprechende völkerrechtliche Verträge und damit Verpflichtungen fremder staatlicher Organe voraussetzen, diese Daten zu erheben. Ohne solche Staatsverträge bestünde selbstverständlich keine rechtliche Möglichkeit, dass österreichische Organe derartige Akte im Ausland setzen könnten. Die Beförderungsunternehmer sind hingegen schon auf Grund der erwähnten Sorgfaltspflicht dazu verhalten, die für die Feststellung der Identität der beförderten Person notwendigen Daten zu erheben und sie können sie daher erforderlichenfalls an die Behörde weiter geben. Die Reduzierung von Verwaltungsaufwand liegt letztlich auch im Allgemeininteresse, da nicht zuletzt die Allgemeinheit in der Regel für jeglichen Verwaltungsaufwand aufzukommen hat. Vor diesem Hintergrund dürfte die den Beförderungsunternehmen auferlegte Verpflichtung auch im Hinblick auf das vom Verfassungsgerichtshof zitierte Erkenntnis vom , G141/99 dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz entsprechen.

Im vorliegenden Fall sieht die in Prüfung gezogene Bestimmung keineswegs vergleichbare Verpflichtungen vor: Der Gesetzgeber knüpft vielmehr - wie oben näher ausgeführt - an Daten an, die grundsätzlich beim Unternehmen verfügbar sind bzw. ohne einen dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren G141/99 vergleichbaren Arbeitsaufwand ermittelbar sind. Zudem liegt eine gesicherte Kenntnis der Flugunternehmen über die Identität ihrer Fluggäste durchaus auch in ihrem (Sicherheits-)

Interesse.

Es erscheint daher nicht zutreffend, wenn im Einleitungsbeschluss in diesem Zusammenhang von der 'Auferlegung einer Sonderlast' die Rede ist. Nach Auffassung der Bundesregierung handelt es sich vielmehr um eine mit der Ausübung der Beförderungstätigkeit sachliche zusammenhängende Verpflichtung, die - wie die oben gemachten Ausführungen darzutun versuchen - maßvoll und zumutbar ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Berka, Lehrbuch Grundrechte Rz 407 und 410).

Aufgrund dieser Überlegungen scheint es sachlich jedenfalls gerechtfertigt, für diese betroffene Gruppe eine besondere Verpflichtung zu normieren, die im Hinblick auf den tatsächlich, aus der Rechtslage deutlich hervorgehenden Inhalt der Regelung des § 53 Abs 3 FrG 1997 (siehe Pkt.1.) eine Mitwirkungspflicht der Beförderungsunternehmen vorsieht.

3. Zu den Bedenken hinsichtlich Art 1 1. ZPEMRK:

Unter Bezugnahme auf die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wegen unverhältnismäßiger Einschränkung des Eigentums und der damit einhergehenden Verletzung des Art 1 1. ZPEMRK sei nochmals auf den tatsächlichen Umfang der Mitwirkungsverpflichtung und das zitierte Erkenntnis VfSlg. 7759/1976 verwiesen, in dem das Höchstgericht auch ausführte, dass gegen die gesetzliche Verpflichtung, Handlungen auf eigene Kosten durchzuführen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken wegen eines Verstoßes gegen Art 5 StGG oder Art 1 ZPEMRK bestehen, wenn die vorgesehenen Verpflichtungen nur unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ihrer Durchführung bestehen. Im gegebenen Zusammenhang scheint es vor dem Hintergrund der Ausführungen zu Pkt. II. 1.2. überzeugend, dass mit der Verpflichtung des § 53 Abs 3 FrG 1997 keine unverhältnismäßige und wirtschaftlich unzumutbare Einschränkung des Eigentums einhergeht. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass bei der 'Regelung der Benutzung des Eigentums in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse' das gebotene 'faire Gleichgewicht' gewahrt ist (vgl. etwa EGMR Air Canada gegen Vereinigtes Königreich, Z. 36; die darin zum Ausdruck kommende Wertung kann auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden)."

Den weiteren Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 103 Abs 3 FrG 1997 tritt die Bundesregierung ebenfalls entgegen und beantragt abschließend auszusprechen, daß die in Prüfung genommenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden; für den Fall der Aufhebung möge eine Frist von einem Jahr für deren Inkrafttreten gesetzt werden, um die im Hinblick auf das SDÜ notwendigen legistischen Vorkehrungen treffen zu können.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Sämtliche dem Gesetzesprüfungsverfahren zugrundeliegenden Beschwerden sind gemäß Art 144 B-VG zulässig. Daß der Verfassungsgerichtshof bei Behandlung der Beschwerden § 53 Abs 3 und § 103 Abs 3 FrG anzuwenden hätte, ist im Verfahren nicht zweifelhaft geworden. Allerdings ist zu beachten, daß es in den Anlaßfällen ausnahmslos um die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und zum Kostenersatz von Luftbeförderungsunternehmen geht. Während in § 103 Abs 3 unterschiedslos von "Beförderungsunternehmer" die Rede ist, diese Bestimmung somit vom Verfassungsgerichtshof zur Gänze anzuwenden wäre, nennt der in Prüfung stehende § 53 Abs 3 drei Gruppen von Beförderungsunternehmern und betrifft - neben Luftbeförderungsunternehmen - auch Beförderungsunternehmen, die Fremde mit einem Wasserfahrzeug oder im Rahmen des internationalen Linienverkehrs mit einem Autobus nach Österreich gebracht haben. Insoweit ist er daher nicht präjudiziell und das Verfahren daher in Ansehung des § 53 Abs 3 mit Ausnahme der Wortfolge "Luft- oder" einzustellen.

2. In der Sache:

a) Die Bundesregierung tritt den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, daß den in Prüfung genommenen Bestimmungen nicht mit ausreichender Klarheit zu entnehmen sein dürfte, welches Verhalten von den Unternehmen gefordert ist, um der Auskunftspflicht nachzukommen, um also nicht kostenersatzpflichtig zu werden, vor allem mit dem Argument entgegen, § 53 Abs 3 sei so zu verstehen, daß die Beförderungsunternehmungen die in dieser Bestimmung genannten Daten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns festzuhalten und der Behörde auf deren Verlangen bekanntzugeben haben.

Sie geht dabei offenkundig davon aus, daß die für die Bekanntgabe der Daten notwendige Ermittlung zunächst erfordert, daß die zu befördernden Personen über die notwendigen Daten befragt werden und das Beförderungsunternehmen verpflichtet ist, sich die (Reise-)Dokumente vorlegen zu lassen und deren Daten festzuhalten. "Offensichtlich unzutreffende Daten" festzuhalten, genüge aber nicht; als ein Beispiel wird dabei der Fall genannt, daß ein Führerschein als Reisepaß bezeichnet wird. Insoweit scheint die Bundesregierung der Auffassung zu sein, daß sich die erforderliche Überprüfung der bekanntgegebenen Daten und vorgelegten Dokumente auf eine sehr grobe Plausibilitätsprüfung zu beschränken habe.

An anderer Stelle der Äußerung der Bundesregierung wird freilich darauf hingewiesen, daß das Gesetz von den Beförderungsunternehmen "nicht die bloße Auskunft über die ihnen bekannt gegebenen Daten, sondern die Auskunft über die tatsächlichen Daten" verlange. Damit geht die Bundesregierung davon aus, daß von den Unternehmen eine über das Erkennen "offensichtlich unzutreffender Daten" hinausgehende Prüfung der Identität des Reisenden und der von ihm vorgewiesenen Dokumente gefordert ist.

Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs ging nun aber gerade dahin, daß unklar bleibt, welche konkreten Verpflichtungen den Beförderungsunternehmungen dabei auferlegt sind, also zum einen wie weit die Verpflichtung zur Überprüfung der ihnen bekanntgegebenen Daten und vorgelegten Dokumente reicht und zum anderen ob die Unternehmen auch Vorkehrungen dagegen zu treffen hätten, daß die ihnen vor dem Abflug vorgewiesenen Dokumente während des Fluges vernichtet oder ausgetauscht werden. Zum letzten Punkt nahm die Bundesregierung überhaupt nicht Stellung. Hinsichtlich der Reichweite der auferlegten Kontrollverpflichtungen widerspricht sich die Bundesregierung teilweise selbst, wenn sie einerseits darauf hinweist, daß Auskunft "über die tatsächlichen Daten" gefordert sei, andererseits aber formuliert, es sei "selbstverständlich nicht Aufgabe der Beförderungsunternehmer, die Dokumente auf ihre Unbedenklichkeit und die angegebenen Identitätsdaten auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren". Welche Überprüfungen den Beförderungsunternehmungen also auferlegt sind, wird ebensowenig deutlich, wie die damit zusammenhängende Frage, welche Vorkehrungen die Beförderungsunternehmungen zu treffen haben, um ihren Verpflichtungen nachzukommen.

b) Es ist auch nicht hilfreich, wenn unter Hinweis auf § 347 Abs 1 HGB mehrfach ausgesagt wird, daß die Verpflichtungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu erfüllen seien, wo doch die Unklarheit darüber besteht, welche Verpflichtungen für die Unternehmungen bestehen. § 347 HGB betrifft ja nicht den Rechtsgrund der Haftung, sondern lediglich die Frage des Verschuldens, kann also nicht dazu dienen zu ermitteln, welche Verpflichtungen zur Überprüfung den Unternehmungen auferlegt sind. Gerade die Frage des konkreten Verschuldens soll aber nach den Ausführungen der Bundesregierung zu § 103 Abs 3 FrG für den dort im Fall der Nichteinhaltung der durch § 53 Abs 3 leg.cit. den Beförderungsunternehmen auferlegten Verpflichtungen vorgesehenen Kostenersatz überhaupt nicht maßgeblich sein.

c) Wie weit die den Beförderungsunternehmen auferlegten Verpflichtungen gehen, bleibt somit in mehrfacher Hinsicht offen: So ist den Vorschriften etwa nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, ob die Beförderungsunternehmen verpflichtet sind, die vorgewiesenen Dokumente danach zu beurteilen, ob sie nach den Bestimmungen der §§2 und 3 sowie des § 6 FrG iVm den Bestimmungen über die Erteilung bzw. Versagung von Einreisetiteln und den dazu ergangenen Verordnungen bzw. zwischenstaatlichen Vereinbarungen ein taugliches Einreisedokument darstellen, und ob sie das Risiko einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung tragen. Weiters bleibt unklar, ob und allenfalls mit welcher Genauigkeit und unter Einsatz welcher technischer Geräte die Unternehmen verpflichtet sind, die Dokumente auf Fälschungen zu untersuchen (in den Anlaßfällen finden sich Beispiele, in denen den Unternehmungen Kostenersatz vorgeschrieben wurde, weil sie Fälschungen ausländischer Reisepässe - auch solcher aus dem Schengenraum - nicht erkannt haben). Auch besteht keine Klarheit darüber, ob die Beförderungsunternehmen verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, die es ihnen ermöglichen, die Frage nach der Identität bestimmter von ihnen (angeblich) beförderter Passagiere auch dann zu beantworten, wenn die von den Fremden den Grenzkontrollorganen gegenüber angegebenen Namen mit den dem Beförderungsunternehmen gegenüber angegebenen und dokumentierten Namen nicht übereinstimmen. Ebensowenig läßt sich den in Prüfung stehenden Bestimmungen entnehmen, ob die Beförderungsunternehmungen auch im Fall einzustehen haben, daß die Einreise nach Österreich nicht mit denselben Dokumenten erfolgt, die den Unternehmen vor dem Abflug vorgewiesen wurden (ob sie also beispielsweise berechtigt und verpflichtet sind, diese Dokumente vor dem Abflug an sich zu nehmen und bis zum Grenzübertritt bei sich zu behalten).

d) Mißverstanden hat die Bundesregierung das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, daß § 53 Abs 3 FrG vor dem Hintergrund des gemeinschaftsrechtlich relevanten Art 26 SDÜ zu verstehen ist, der die Mitgliedstaaten nur vorbehaltlich der Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet, entsprechende Regelungen über die die Beförderungsunternehmen treffenden Verpflichtungen zu erlassen. Der Gerichtshof hatte das Bedenken, daß sich aus der in Prüfung genommenen Bestimmung nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergeben dürfte, ob und in welcher Weise die Beförderungsunternehmungen auf die Verpflichtungen Österreichs aus der Genfer Flüchtlingskonvention Bedacht zu nehmen haben.

Wenn die Bundesregierung dazu ausführt, daß für die Beförderungsunternehmungen bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach § 53 Abs 3 leg.cit. eine Bedachtnahme auf die Verpflichtungen Österreichs aus der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in Betracht komme, unterstellt sie der geltenden Regelung einen Inhalt, der Beförderungsunternehmungen im Ergebnis daran hindern könnte, Flüchtlinge im Sinne der Konvention, die über keine ausreichenden Einreisedokumente verfügen, nach Österreich zu bringen. Daß eine solche Interpretation des § 53 Abs 3 in gemeinschaftsrechtskonformer und völkerrechtskonformer Anwendung nicht in Betracht kommt, versteht sich von selbst.

In welcher Weise aber die Flugunternehmen bei Wahrnehmung ihrer aus § 53 Abs 3 erfließenden Verpflichtungen auf die Genfer Flüchtlingskonvention Bedacht nehmen dürfen bzw. Bedacht zu nehmen haben, bleibt völlig offen, weshalb die Regelung auch insofern das Bestimmtheitsgebot der Verfassung verletzt.

e) Aus all dem ergibt sich, daß die in Prüfung genommenen Bestimmungen der §§53 Abs 3 und 103 Abs 3 FrG der im Sinn des Art 18 Abs 1 B-VG geforderten Bestimmtheit entbehren und daher - soweit sie präjudiziell sind (vgl. dazu Pkt. III.1.) - als verfassungswidrig aufzuheben sind.

Bei diesem Ergebnis konnte auf die weiteren Bedenken, daß die Vorschriften dann dem dem Gleichheitsgrundsatz innewohnenden Sachlichkeitsgebot der Verfassung widersprächen, wenn sie den von der Behörde angenommenen, die Beförderungsunternehmungen sehr weitgehend in Pflicht nehmenden Inhalt hätten, nicht eingegangen werden.

3. Von seiner Befugnis gemäß Art 140 Abs 7 B-VG Gebrauch zu machen und auszusprechen, daß die aufgehobenen Gesetzesbestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, sah sich der Verfassungsgerichtshof - wie bereits im Einleitungsbeschluß angekündigt - angesichts seiner Kenntnis von der großen Anzahl anhängiger und künftig zu erwartender Verfahren veranlaßt.

Von der Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen sah der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die Unbestimmtheit der aufgehobenen Vorschriften, die einen ordnungsgemäßen Vollzug nicht ermöglicht, ab. Auch vermögen die von der Bundesregierung vorgetragenen Argumente eine Fristsetzung nicht zu rechtfertigen, da auch die bisherige Regelung - wie sich aus den obigen Erwägungen ergibt - den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art 26 SDÜ nicht entspricht.

4. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG, jener über die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.

5. Diese Entscheidung konnte, da die notwendige Klärung der faktischen Situation in der in den Anlaßfällen abgehaltenen mündlichen Verhandlung erfolgt ist, gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.