VfGH vom 12.03.1992, G220/91

VfGH vom 12.03.1992, G220/91

Sammlungsnummer

13038

Leitsatz

Abweisung des Antrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Frauen-NachtarbeitsG; keine Verletzung im Recht auf Gleichheit durch auf Frauen beschränktes Nachtarbeitsverbot, durch davon verfügte Ausnahmen bzw durch Beschränkung der Möglichkeit für Ausnahmebewilligungen; wirksamer Schutz vor dem besonderen Druck auf Frauen zur Übernahme von Nachtarbeit

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Antragstellerinnen sind bei einem Handelsunternehmen am Großmarkt Inzersdorf als Verkaufsangestellte beschäftigt und begehren die Aufhebung des § 3 Abs 1, in eventu auch oder nur des § 4 Abs 10 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen, BGBl. 237/1969 (Frauen-NachtarbeitsG). Sie legen dar, daß die von den Einzelhändlern ab 5 Uhr früh abgeholten leicht verderblichen Waren in der Zeit von 4 bis 5 Uhr hergerichtet werden müssen. Da das Gesetz aber die Beschäftigung von Frauen während der Nacht bis 6 Uhr verbiete (§3) und auch das Arbeitsinspektorat deren Beschäftigung bei der Bereitstellung von Lebensmitteln für den Verkauf oder im Marktverkehr erst ab 5 Uhr zulassen könne (§4 Abs 10) - und seine bisher geübte "Toleranz" gegenüber Verletzungen des Frauen-NachtarbeitsG abgelegt habe -, drohe ihnen die Kündigung durch den Arbeitgeber und damit der Verlust lange innegehabter Arbeitsplätze.

Die für sie unmittelbar wirksamen Bestimmungen des Frauen-NachtarbeitsG seien wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig, weil sie Frauen schlechter stellten als Männer und der Katalog der Ausnahmen (§2) sachwidrig die im Lebensmittelgroßhandel beschäftigten Frauen nicht erfasse.

Die Bundesregierung hat von einer Äußerung in der Sache abgesehen.

II. Die Anträge sind zulässig.

Die Antragstellerinnen sind von den Vorschriften des Frauen-NachtarbeitsG unmittelbar betroffen. Zwar wendet sich das Beschäftigungsverbot nach seiner Formulierung nur an den Arbeitgeber - den allein außerdem die Strafdrohung wegen Zuwiderhandelns trifft (§9) -, doch nimmt es seinem Zweck und Inhalt nach auf die Rechte und Pflichten der Vertragspartner in bestehenden oder in Aussicht genommenen Arbeitsverhältnissen derart Einfluß, daß damit nicht nur die wirtschaftliche Lage, sondern auch die Rechtssphäre der Arbeitnehmerinnen unmittelbar gestaltet wird. Das gilt auch für § 4 Abs 10, der zwar nur eine Ermächtigung des Arbeitsinspektorates enthält, im Einzelfall Ausnahmen zuzulassen (nicht etwa: eine andere Regelung zu treffen; vgl. VfSlg. 11.730/1988 Ladenschluß), aber durch deren Begrenzung auf die Zeit ab 5 Uhr die Bedeutung des Beschäftigungsverbotes nach § 3 näher umschreibt, sodaß er unter dem Blickwinkel der Wirkungen, welche die Antragstellerinnen als beschwerend ins Treffen führen, mit § 3 eine normative Einheit bildet (weshalb der Verfassungsgerichtshof in die Lage kommen könnte, durch Beseitigung der Beschränkung ein allenfalls zu rigoroses Beschäftigungsverbot auf ein verfassungsrechtlich zulässiges Maß herabzusetzen).

Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.

III. In der Sache sind die Anträge aber nicht begründet. Das Nachtarbeitsverbot für Frauen verstößt weder als solches noch wegen der verfügten Ausnahmen oder der Beschränkung der Möglichkeit für Ausnahmebewilligungen gegen den Gleichheitssatz.

1. Die hier in Betracht kommenden Abs 1 bis 3 des § 3 Frauen-NachtarbeitsG haben folgenden Wortlaut:

"(1) Dienstnehmerinnen dürfen während der Nacht (Abs2 und 3) nicht beschäftigt werden.

(2) Als Nacht im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt ein Zeitraum von mindestens elf aufeinanderfolgenden Stunden, der die Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr einschließt.

(3) Das Arbeitsinspektorat kann auf Antrag eines Betriebsinhabers nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer für Betriebe, die dem Einfluß der Jahreszeit unterworfen sind oder allgemein, wenn außerordentliche Umstände es erfordern, auf die Dauer von zwei Wochen, jedoch für nicht mehr als 40 Tage innerhalb eines Kalenderjahres, zulassen, daß als Nacht ein Zeitraum von mindestens zehn aufeinanderfolgenden Stunden, der die Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einschließt, gilt."

§ 4 Abs 10 Frauen-NachtarbeitsG lautet:

"(10) Das Arbeitsinspektorat kann nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer die Beschäftigung von Dienstnehmerinnen, die bei der Bereitstellung von Lebensmitteln für den Verkauf oder im Marktverkehr tätig sind, bereits ab 5 Uhr zulassen, wenn die tägliche ununterbrochene Ruhezeit mindestens 11 Stunden beträgt und eine mindestens 7 aufeinanderfolgende Stunden umfassende Zeitspanne in sich schließt, die zwischen 20 Uhr und 5 Uhr liegt."

2. Mit der Verfassungsmäßigkeit des allgemeinen Nachtarbeitsverbotes für Frauen hat sich der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 11774/1988 befaßt. Darin wird die Beschwerde des Inhabers eines Bäckereibetriebes abgewiesen, welche die Verfassungswidrigkeit des Nachtarbeitsverbotes insbesondere in Bäckereien unter anderem auch wegen Diskriminierung des weiblichen Geschlechts und Unsachlichkeit der Ausnahmen gerügt hatte, und ausführlich dargelegt, warum der Gerichtshof weder gegen die Verfassungsmäßigkeit des allgemeinen Nachtarbeitsverbotes für Frauen selbst (als dessen nähere Ausprägung das einschlägige Verbot des § 9 BäckereiarbeiterG zu betrachten sei), noch gegen das Unterbleiben einer Ausnahme für einen Wirtschaftszweig, in dem dauernd Nachtarbeit erforderlich ist (nämlich in Bäckereien), Bedenken hegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Von dieser Rechtsauffassung ausgehend hat der Verfassungsgerichtshof mittlerweile die Behandlung einschlägiger Beschwerden von Arbeitgebern mehrmals abgelehnt (B222/89, 625/89, 634/89 und - bereits den Großgrünmarkt betreffend, wie den Antragstellerinnen bekannt ist - B612/90).

3. Die vorliegenden Anträge enthalten keine neuen, vom Verfassungsgerichtshof nicht schon geprüften Argumente. Sie meinen allerdings, der Blickwinkel sei nunmehr ein anderer. Anders als im Vorerkenntnis oder im Beschluß B612/90 gehe es hier nicht darum, ob der Arbeitgeber Frauen beschäftigen dürfe, sondern um die Berechtigung eines Schutzes, den die betroffenen Frauen gar nicht wollen, weil er ihre wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt.

Schon im Vorerkenntnis hat der Gerichtshof indessen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes keineswegs - wie die Anträge meinen - nur "aus der Sicht des Dienstgebers" beurteilt. Er war vielmehr bereits in dieser Entscheidung gehalten, die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit unter dem Blickwinkel einer möglichen Diskriminierung der Frau umfassend zu prüfen. Dabei hat er eingeräumt, daß es nicht eindeutig feststehe, daß die - für beide Geschlechter jedenfalls ungünstige - Nachtarbeit ohne Rücksicht auf die Schwere der Arbeit für Frauen nachteiliger sei als für Männer, und daß beachtliche Gründe gegen die durch ein Nachtarbeitsverbot bewirkte Beschränkung der Erwerbstätigkeit von Frauen sprechen. Einen hinreichenden Grund sah er jedoch im Argument, Frauen seien

"... bei den gegenwärtigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt doch (noch) häufig besonderem Druck zur Übernahme von Nachtarbeit ausgesetzt, da es ihnen diese ermöglicht, sich tagsüber häuslichen Angelegenheiten zu widmen".

Die von Österreich ratifizierten internationalen Übereinkommen von 1906 bis 1948 zeigten, daß die beteiligten Kreise das Verbot der Nachtarbeit zum Schutz der Frauen vor unerwünschten Folgen wirtschaftlicher Zwänge für dringend notwendig gehalten haben und noch halten. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, die Vorteile dieses Schutzes gegen die Nachteile des Verbotes abzuwägen, wobei er insbesondere auch die möglichen Auswirkungen der Nichterfüllung oder Kündigung solcher Abkommen, zumal im Hinblick auf die internationalen Bemühungen im Interesse der Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes in anderen Ländern in Betracht ziehen dürfe.

Diesen Überlegungen halten die Anträge nur den fehlenden Verfassungsrang der darin bezogenen internationalen Übereinkommen und die Tatsache entgegen, daß die Antragstellerinnen als Betroffene selbst ein Interesse am Wegfall des Verbotes hätten. Sie legen dazu eine Unterschriftenliste vor, nach welcher eine größere Zahl weiblicher Arbeitnehmer von Großmärkten ihren Arbeitsplatz durch das Nachtarbeitsverbot gefährdet sehe und daher dessen Aufhebung zumindest für Lebensmittelbetriebe fordere. Den Ausgangspunkt des Erkenntnisses zum BäckereiarbeiterG, die besondere Schutzbedürftigkeit von Frauen gegen wirtschaftlichen Druck unter (noch) gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen, ziehen sie nicht in Zweifel.

Für solche Zweifel ist auch kein Anlaß. Zwar hat die Internationale Arbeitskonferenz am ein weiteres Übereinkommen über Nachtarbeit (Nr. 171) angenommen, das für weibliche und männliche Arbeitnehmer in gleicher Weise gilt und nur wenige Wirtschaftsbereiche von seiner Geltung ausnimmt (und die Zulässigkeit weiterer Ausnahmen von ausgleichenden Maßnahmen abhängig macht), doch setzt dieses - von Österreich übrigens noch nicht ratifizierte - neue Übereinkommen das Übereinkommen Nr. 89 (BGBl. 229/1950) aus dem Jahre 1948 über die Nachtarbeit der Frauen nicht außer Kraft. Vielmehr wurde dieses durch ein - von Österreich gleichfalls nicht ratifiziertes - Zusatzprotokoll ergänzt, um durch Zulassung flexiblerer Gestaltungen Kündigungen des Übereinkommens Nr. 89 hintanzuhalten. Ein möglichst weitreichendes Verbot der Nachtarbeit für Frauen wird also nach wie vor für notwendig gehalten.

Auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat keine für die vorliegende Frage maßgebliche Veränderung erfahren. In seinem Erkenntnis G223/88 u.a. vom zum Pensionsalter ist der Gerichtshof ebenfalls davon ausgegangen, daß das traditionelle Rollenbild der Frau in der Haushaltsführung und Kindererziehung nur allmählich einem partnerschaftlichen Verhalten weicht, und hat als unbestritten festgehalten,

"... daß Frauen bisher die Hauptlast der Haushaltsführung und Kindererziehung trugen und noch immer tragen, sodaß verheiratete Frauen ebenso wie Frauen, die in einer Lebensgemeinschaft mit einem Mann leben, vor allem aber Frauen, denen die Obsorge für Kinder oder sonstige Angehörige obliegt und die überdies berufstätig sind, in der Regel einer doppelten Belastung ausgesetzt waren und noch sind".

In der generellen Festsetzung eines niedrigeren Pensionsanfallsalters für Frauen hat er allerdings keinen adäquaten Ausgleich für die Doppelbelastung durch Beruf und Familie gesehen, weil dadurch nicht die besondere Belastung durch die Haushaltsführung und Obsorge für Kinder tatsächlich abgegolten wird, sondern eher jene Frauen begünstigt werden, deren Berufslaufbahn nicht durch solche Belastungen unterbrochen war.

Hier geht es jedoch nicht um einen adäquaten Ausgleich für eine - keineswegs bei jeder berufstätigen Frau gegebene - Doppelbelastung, sondern um die Hintanhaltung der konkreten Gefahr einer Mehrbelastung durch die Nachtarbeit. Daß dieses Ziel gerechtfertigt ist, steht außer Zweifel. Bei seiner Verwirklichung ist zu bedenken, daß die Ermittlung der - vielgestaltigen - konkreten Verhältnisse, die Frauen zur Übernahme von Nachtarbeit bewegen, im Einzelfall schwierig und den Betroffenen in der Regel unerwünscht ist. Der Gerichtshof kann dem Gesetzgeber daher nicht entgegentreten, wenn er bei Abwägung der mit der Maßnahme verbundenen Vor- und Nachteile annimmt, daß ein wirksamer Schutz vor jenem besonderen Druck auf Frauen zur Übernahme von Nachtarbeit - wie auch sonst häufig im Arbeitsrecht - nur durch ein generelles Verbot der Beschäftigung von Frauen in der Nacht gewährleistet ist, und dabei jenen, die dieses Schutzes aufgrund ihrer günstigeren Lage nicht (mehr) bedürfen, zumutet, in Solidarität mit den Schutzbedürftigen auf Nachtarbeit zu verzichten.

Die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom , C-345/89, Stoeckel (RdW 1991, 267 = EuGRZ 1991, 421), auf welche die Antragstellerinnen in einem ergänzenden Schriftsatz hinweisen, ist nicht zu einem verfassungsrechtlichen - allgemeinen - Gleichheitssatz, sondern zu einer das Gleichbehandlungsgebot des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in bestimmter Weise durchführenden und somit den rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers bereits ausfüllenden - speziellen - Richtlinie des Rates der Gemeinschaften (zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 39/40)) ergangen. Sie geht - was auch der Verfassungsgerichtshof nicht ausschließt (oben Absatz 2 des Abschnittes 3) - davon aus, daß die Gefahren, denen Frauen durch Nachtarbeit ausgesetzt sind, sich allgemein ihrem Wesen nach nicht erkennbar von denen unterscheiden, denen auch Männer ausgesetzt sind (Punkt 15), und begegnet dem Hinweis der französischen und der italienischen Regierung auf die familiären Pflichten von Frauen mit dem Satz, die Richtlinie habe nicht die Regelung der internen Verhältnisse der Familie oder die Änderung der Aufgabenteilung zwischen den Eltern zum Gegenstand (Punkt 17). Eine Auseinandersetzung mit dem für den Spielraum des Gesetzgebers wesentlichen Umstand, daß Frauen tatsächlich (noch) häufig besonderem Druck zur Übernahme von Nachtarbeit ausgesetzt sind, findet sich darin nicht.

Auch das jüngst ergangene Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom , 1 BvR 1025/82, 1 BvL 16/83, 10/91, verneint die Gefahr der Doppelbelastung nicht; es meint nur, daß dem Schutzbedürfnis für Frauen und Männer, die zugleich Kinder zu betreuen und einen Mehrpersonenhaushalt zu führen haben, "sachgerechter durch Regelungen Rechnung getragen werden (könne), die an diesen Tatbestand anknüpfen". Demgegenüber hält es der Verfassungsgerichtshof für die Aufgabe des Gesetzgebers, abzuwägen, ob er den für (noch) erforderlich gehaltenen Schutz gewährt und damit indirekt - wie etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht befürchtet - "die überkommene Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern verfestigt", oder die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern auf Kosten eines verläßlichen Schutzes der gegenwärtig Betroffenen für die Zukunft vorantreibt.

4. Was die Ausnahmen vom Geltungsbereich des Frauen-NachtarbeitsG betrifft, ist gleichfalls das Nötige schon in VfSlg. 11774/1988 gesagt. Ob bestimmte Tätigkeiten oder Wirtschaftszweige einer besonderen Regelung bedürfen oder vom Geltungsbereich eines arbeitsrechtlichen Schutzgesetzes gänzlich ausgenommen werden (und sei es nur, weil sie anderwärts geregelt sind), ist - soweit nicht kompetenzrechtliche Gründe es gebieten - eine Frage der Zweckmäßigkeit, die von ganz unterschiedlichen und äußerst vielfältigen Gesichtspunkten, z.B. auch von der Häufigkeit, vom Grad und der Regelbarkeit der nötigen Abweichungen und von der Wahrscheinlichkeit des Mißbrauchs und der Möglichkeit effektiver Kontrolle abhängig gemacht werden kann. Die bloße weitläufige Aufzählung der in § 2 des Gesetzes vorgesehenen Ausnahmen in den vorliegenden Anträgen veranlaßt den Gerichtshof daher nicht, jede einzelne auf ihre Berechtigung zu überprüfen.

Einen Vergleich stellen die Anträge selbst nur im Hinblick auf einen Teilbereich der liti des § 2 Abs 2 an ("Dienstnehmerinnen in Betrieben des Zimmer- und Gebäudereinigungsgewerbes, hinsichtlich der erforderlichen Arbeiten zur Reinigung der Straßenunterführungen sowie der Bahnstationen ..."); sie bezweifeln, daß Frauen im Lebensmittelhandel in höherem Maße der Schonung bedürfen als die hier genannten. Wenn aber der Gesetzgeber die Notwendigkeit ganz bestimmter - seltener - Reinigungsarbeiten aufgrund ihrer Besonderheit anders bewertet als das Interesse der Beteiligten am Beginn der täglichen Vorbereitungsarbeiten auf Lebensmittelgroßmärkten schon um 4 Uhr früh, so kann der Verfassungsgerichtshof darin eine Gleichheitsverletzung nicht erblicken.

5. Der Sache nach ist dem Antragsvorbringen auch die Behauptung zu entnehmen, das Nachtarbeitsverbot für Frauen müsse auf Großmärkten (wenn schon nicht aufgehoben, so doch wenigstens) derart gelockert werden, daß die Vorarbeiten ab 4 Uhr früh begonnen werden können. Nun ist der Gesetzgeber den besonderen Interessen bei der Bereitstellung von Lebensmitteln für den Verkauf oder im Marktverkehr - anders als in § 9 BäckereiarbeiterG, wo er die Beschäftigung von Frauen ab 5 Uhr früh überhaupt zuläßt - in § 4 Abs 10 Frauen-NachtarbeitsG dadurch entgegengekommen, daß er das Arbeitsinspektorat ermächtigt, die Beschäftigung bereits ab 5 Uhr zuzulassen. Diese auch anderen Betrieben für verschiedene Erleichterungen gesetzte Grenze von 5 Uhr ist - wie schon in VfSlg. 11774/1988 dargelegt - das Ende der in Art 2 des Übereinkommens Nr. 89 vorgesehenen nächtlichen Ruhezeit von sieben Stunden ab deren frühestmöglichem Beginn um 10 Uhr abends, also der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem nach dem Abkommen generell die Arbeit zugelassen werden kann. Wenn der Gesetzgeber diese Grenze auch hier nicht überschreitet, kann ihm dies unter dem Blickwinkel des Normzweckes nicht zum Vorwurf gemacht werden. Daß in gewissen Bereichen Nachtarbeit über diese Grenze hinaus wirtschaftlich erwünscht ist, macht das Verbot nicht unsachlich. Ist doch ein Verbot überhaupt nur insoweit notwendig und sinnvoll, als auf Seite des Arbeitgebers ein Interesse an Nachtarbeit besteht. Müßte der Gesetzgeber jedem einsehbaren Interesse des Arbeitgebers bereits nachgeben, wäre das Nachtarbeitsverbot für Frauen wenig wirksam. Die allgemeine Rechtfertigung des Nachtarbeitsverbotes schließt daher die Rechtfertigung der gewählten Grenze mit ein. Unter diesen Umständen erübrigt sich eine Erörterung der Frage, ob es sich bei den in Rede stehenden Betrieben um gewerbliche Betriebe im Sinne des Übereinkommens Nr. 89 handelt oder der Gesetzgeber ohne Verletzung des Übereinkommens die Arbeit vor 5 Uhr früh gestatten könnte.

Die Anträge erweisen sich vielmehr insgesamt als unbegründet.

Da die Rechtslage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist und von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs 4 VerfGG).