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VfGH vom 23.02.2015, G220/2014

VfGH vom 23.02.2015, G220/2014

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der Vereinigung der Gemeinde Saifen-Boden mit der Marktgemeinde Pöllau und anderen Gemeinden; Zulässigkeit des Individualantrags trotz Verlusts der Rechtspersönlichkeit der antragstellenden Gemeinde

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen § 3 Abs 4 Z 7 des Gesetzes vom über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl für die Steiermark Nr 36/2014), richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG begehrt die antragstellende Gemeinde Folgendes:

"[D]er Verfassungsgerichtshof möge das StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014) zur Gänze als verfassungswidrig aufheben.

in eventu

der Verfassungsgerichtshof möge die gesamte Wortfolge in § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014) '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau.' als verfassungswidrig aufheben.

in eventu

der Verfassungsgerichtshof möge das StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014 berichtigt durch LGBl 36/2014) zur Gänze als verfassungswidrig aufheben.

in eventu

der Verfassungsgerichtshof möge die gesamte Wortfolge in § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014 berichtigt durch LGBl 36/2014) '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau.' als verfassungswidrig aufheben.

in eventu

der Verfassungsgerichtshof möge das StGsrG (idF LGBl Nr 36/2014) zur Gänze als verfassungswidrig aufheben.

in eventu

der Verfassungsgerichtshof möge die gesamte Wortfolge in § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG (idF LGBl 36/2014) '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau.' als verfassungswidrig aufheben". (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"4.1. Bestandsgarantie der Institution Gemeinde

[…]

4.1.3. Nach Rechtsprechung des VfGH enthält das B VG […] eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution; somit ist es dem Landesgesetzgeber verwehrt, anstelle der Gemeinde eine andere Art von (kleinster) Organisationsstruktur zu schaffen.

4.1.4. Durch die umfassenden Gemeindezusammenlegungen aufgrund des StGsrG und die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen. Denn eben diese kleinste Organisationsstruktur der Ortsgemeinde wird weitgehend aufgehoben und durch den (weiteren) Regelfall der 'Großgemeinde' ersetzt. Auch wenn der Steiermärkische Landesgesetzgeber die Begrifflichkeiten der GemO und des B VG beibehält, ändert dies nichts daran, dass die Institution / das Prinzip der Ortsgemeinde verfälscht wird. Durch das StGsrG wird die Rechtsnatur der 'Gemeinde' flächendeckend geändert und der Verband mehrerer ehemals selbstständiger Ortschaften – wenn auch unter dem Legalbegriff 'Gemeinde' – wird zum Regelfall. Dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber einen umfassenden Eingriff in die Institution der Gemeinde beabsichtigt, zeigte sich bereits anhand der – im thematischen Zusammenhang mit der Gemeindestrukturreform erfolgten – Novelle zur GemO 2012[…], mit der die Bestimmung der Bestellung eines Ortsteilbürgermeisters neu in die GemO eingefügt wurde. Gemäß § 48 Abs 1 GemO kann für Gemeinden, die von einer Gebietsänderung gemäß §§8 bis 10 leg cit (ua Gemeindevereinigungen) betroffen sind, ein Ortsteilbürgermeister bestellt werden. Werden diese nun flächendeckend anstelle der bisherigen Bürgermeister eingesetzt, stellt sich die Gemeindeorganisation in der Steiermark faktisch so dar, dass auf unterster Ebene (anstelle der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ortsgemeinde) eine ehemals selbstständige Ortsgemeinde als Ortsverwaltungsteil mit eigenem Ortsteilbürgermeister besteht, die der 'Großgemeinde' als nächsthöhere Verwaltungseinheit ungeordnet [sic!] ist. Dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber nicht die Errichtung einer Gebietsgemeinde im Sinne des Art 120 B VG zum Ziel hatte, ist aufgrund der Auflösung der bisherigen Gemeinden ersichtlich;[…] jedoch entsprechen die vorgesehenen 'Großgemeinden' nicht dem verfassungsrechtlich vorgesehene[n] Regelfall der Ortsgemeinde und nähern sich dem Konzept des Art 120 B VG an.

4.1.5. Folgt man der Rechtsansicht des Steiermärkischen Landesgesetzgebers[,] könnte – überspitzt formuliert – auch dann eine Ortsgemeinde iSd Art 115 B VG vorliegen, wenn sämtliche Gemeinden der Steiermark (mit Ausnahme der Statu[t]arstadt Graz) in einer einzigen Gemeinde vereinigt werden würden (die 'Gemeinde Steiermark'), wenn es lediglich darauf ankommt, dass der Formalbegriff der Gemeinde weiterverwendet wird. Für die ehemaligen Gemeinden könnten zur Herstellung einer engeren Verbindung zwischen der Bevölkerung und den Organen und Einrichtungen der Gemeinde Ortsteilbürgermeister im Sinne des § 48 GemO bestellt werden, die finanziellen Ersparnisse aufgrund von Personalabbau und Reduzierung des Verwaltungsaufwandes wären (vermutlich) enorm. Ein[…] sich diesem Extrem annähender Fall ist aber bereits durch das StGsrG gegeben, da der Steiermärkische Landesgesetzgeber in das Wesen der Institution Gemeinde eingreift.

4.1.6. Darüber hinaus wird durch die beinahe durchgehende Gliederung der Steiermark in Großgemeinden eine Struktur geschaffen, welche die Strukturierung durch Gebietsgemeinden iSd Art 120 B VG durch den Bundesgesetzgeber vorwegnimmt. Die Neugliederung der Steiermark ist demnach ein verfassungsgesetzlich verbotener Vorgriff auf das Verfassungsprogramm der Bildung von Gebietsgemeinden, welches dem Bundesgesetzgeber vorbehalten bleibt.

4.1.7. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass durch das bekämpfte Gesetz in Wahrheit keine Gemeindereform im Sinne von reinen Gemeindevereinigungen herbeigeführt wird, sondern auch – unzulässigerweise – eine Reform der politischen Struktur der Steiermark erfolgt. Gemäß Art 117 Abs 2 B VG wird der Gemeinderat auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechtes der männlichen und weiblichen Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Die politische Zugehörigkeit der Gemeinde ist also Ausdruck des aktiven Wahlrechts der Gemeindebevölkerung.

4.1.8. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber bewirkt mit seiner umfassenden Neuordnung des Bundeslandes Steiermark einen umfassenden Eingriff in das ausgeübte Wahlrecht der Bevölkerung sämtlicher (zwangsweise) zusammengelegter Gemeinden. Durch die Reduzierung der Anzahl der Gemeinden um rund 47 % wird im Ergebnis – auch politisch – ein völlig anderes Bundesland Steiermark geschaffen, da das Ergebnis der letzten Gemeinderatswahl konterkariert wird. Eine auf rein sachlichen Gründen beruhende, umfassend flächendeckende Gemeindevereinigungsreform würde zwangsläufig die politische Landkarte ändern, da alle Gemeinden gleich zu bewerten wären und es die Auswahl sachlicher Kriterien faktisch unmöglich machen würde, exakt dieselbe politische Struktur wie vor der Reform erneut hervorzubringen.

Andererseits ist ein Abstellen auf politische Gegebenheiten – und eine Beibehaltung der politischen Verhältnisse auch nach der durchgeführten Gemeindereform – nicht mit der Auswahl sachlicher Kriterien für die Anordnung der Gemeindevereinigungen in Einklang zu bringen und verstößt somit gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Folgt man der Vorgehensweise der Steiermärkischen Landesregierung[,] könnte jeder Landesgesetzgeber ein politisch ungewolltes Ergebnis einer Gemeinderatswahl 'beseitigen', indem er Gemeinden so zusammenlegt, dass eine politisch gewollte Gemeindelandschaft entsteht.

4.1.9. Dass politische Beweggründe für die gegenständlichen Gemeindevereinigungen eine maßgebliche Rolle gespielt haben – und der Steiermärkische Landesgesetzgeber das Ziel verfolgt hat, die politischen Verhältnisse in der Steiermark möglichst unverändert beizubehalten –, lässt sich klar daran erkennen, dass eine nach außen hin nahezu willkürlich[…] erscheinende Wahl getroffen wurde, welche Gemeinden vereinigt wurden und welche nicht. […]

4.2. Verletzung des Gleichheitssatzes

4.2.1. Verletzung des Sachlichkeitsgebots

[…]

4.2.1.2. Verbesserung der Gemeindestruktur

[…]

4.2.1.2.2. Wenngleich der Steiermärkische Landesgesetzgeber [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] auf eine Abwägung der Vor- und Nachteile hinweist, gab er – auch gegenüber den betroffenen Gemeinden – keine Informationen preis, die eine nachvollziehbare Überprüfung möglich machen würden. Auch hinsichtlich des entwickelten Leitbildes gibt es keine konkreten Informationen darüber, inwiefern dieses auf die Antragstellerin angewendet wurde und zu der Entscheidung über die Gemeindevereinigung geführt hat.

4.2.1.2.3. Die im Leitbild angeführten Entscheidungskriterien (räumliche Situation, Bevölkerungsentwicklung, finanzielle Situation, Gemeinde-Infrastruktur), die dazu führen, dass jeweils nur 'zentrale Orte' gestärkt werden ('Lebensrealitäten – Zentrale-Orte-Konzept'[…]), [sind] aber bereits dem Grundgedanken nach unsachlich. Folgt man der Ansicht des Steiermärkischen Landesgesetzgebers, dass es auf eine Stärkung des Funktionszentrums der neuen Gemeinde ankomme, wird klar, dass die Interessen des 'Nebenortes' gar nicht adäquat berücksichtigt werden und eine Verbesserung der Gesamtsituation in der 'aufnehmenden Gemeinde' auf Kosten einer Verschlechterung der Gesamtsituation in der 'eintretenden Gemeinde' bewusst in Kauf genommen wird.

4.2.1.2.4. Auch die im Leitbild angeführten Kriterien treffen auf den Einzelfall der Antragstellerin nicht zu:

 Räumliche Situation: Die Ortskerne der beiden Ortschaften sind ca. 4,5 Kilometer voneinander entfernt. Eine durchgehende Wohnsiedlungsstruktur besteht nicht; die Orte werden durch den Gewerbepark Saifen-Boden/Pöllau getrennt. Der Ortsteil Winkl-Boden der Antragstellerin ist bis zu 14,6 Kilometer vom Ortszentrum der Marktgemeinde Pöllau entfernt. […]

 Bevölkerungsentwicklung: Die Bevölkerung der Antragstellerin ist in den letzten Jahrzehnten um insgesamt 14 % gestiegen. […]

 Finanzielle Situation: Die Antragstellerin kann einen Verschuldungsgrad von 0 % und eine kosteneffiziente Finanzgebarung aufweisen. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber erkennt eine geordnete Haushaltsführung. […]

 Gemeinde-Infrastruktur: Dem Leitbild nach wurde die Gemeinde-Infrastruktur mit einem Punktesystem bewertet[.]

[…]

Diese Bewertungsmethode ist jedoch höchst unschlüssig und willkürlich und sie ist nicht geeignet, als sachliches Kriterium für die Zulässigkeit der Gemeindevereinigung zu dienen. So werden etwa für ein Pfarramt 10 Punkte […] vergeben, obwohl eine Gemeindevereinigung für den Pfarrsprengel keine Auswirkungen entfaltet. Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen werden überhaupt nicht bewertet, obwohl gerade diese maßgeblich dafür sind, wo sich die Gemeindebevölkerung in ihrer Freizeit aufhält. Für die Rettung findet eine Punktevergabe statt, nicht jedoch für die Feuerwehr (oder Polizei). Wesentliche Infrastruktur wie Abwasser- und Abfallwirtschaft werden gänzlich außer Acht gelassen. […]

4.2.1.2.5. Das Leitbild ist folglich nicht geeignet, als Grundlage für die Beurteilung der Gemeindevereinigung zu dienen. Stattdessen muss jeweils im Einzelfall, konkret auf die betroffenen Gemeinden bezogen, eine Abwägung der zu erwartenden Vorteile und Nachteile vorgenommen werden und müsste nachvollziehbar dargelegt werden, welche volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile sich konkret für die Bevölkerung der Antragstellerin durch eine Zusammenlegung ergeben würden. Es wäre weiters da[r]zulegen, warum eine Zusammenlegung mit einer anderen Nachbargemeinde nicht vorteilhaft(er) wäre und warum eine Zusammenlegung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Pöllau und den übrigen Gemeinden die einzig sinnhafte Form einer gesicherten kommunalen Entwicklung sein kann.

4.2.1.3. Vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber festgelegte Kriterien der Gemeindezusammenlegung

(i) Allgemeine Grundsätze

Oberstes Ziel der Gemeindestrukturreform ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung.

Dieses oberste Ziel ist bereits erreicht und die Gemeindevereinigung führt zu keiner Verbesserung. Die Antragstellerin konnte bereits bisher den oben erwähnten Bedürfnissen der Bevölkerung bestens nachkommen und es bestehen keine Anzeichen und insbesondere keine konkreten Angaben darüber, dass die angestrebte Großgemeinde diese Aufgaben besser erfüllen können wird. Demgegenüber stehen erhebliche Nachteile, die der Antragstellerin und ihrer Gemeindebevölkerung durch die Gemeindevereinigung drohen.

(ii) Wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden

[…]

(1) Kosten und Einsparungen

Auf Basis des Gesetzes und der Erläuternden Bemerkungen ist nicht ersichtlich, dass durch die Gemeindevereinigung Kosten vermieden und Einsparungen vorgenommen werden können. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber verweist auf allgemeine Überlegungen, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Diese wären aber notwendig gewesen, um eine nachvollziehbare Prognose über finanzielle Vorteile anstellen zu können.

Dazu hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht vom […] wie folgt ausgesprochen:

'Zusammenfassend hält der RH fest, dass eine zumindest näherungsweise numerische Darstellung der finanziellen Auswirkungen geboten und wohl auch möglich gewesen wäre. Dies umso mehr, als die Erläuterungen auf Seite 6 anführen, dass während der Verhandlungsphase des Reformprozesses die relevanten Tätigkeitsbereiche der Gemeinden analysiert, u.a. Finanzanalysen vorgenommen und die Auswirkungen der Gemeindevereinigungen aufgezeigt worden wären. Dazu fehlen aber jegliche Berechnungen, es finden sich in den Erläuterungen nicht einmal jene Annahmen bzw. Parameter, auf die diese Aussagen aufbauen.

Die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen entsprechen daher insofern nicht den Anforderungen des § 18 Abs 3 GeoLT 2005, weshalb eine abschließende Beurteilung der vorgeschlagenen Maßnahmen insbesondere in finanzieller Hinsicht nicht möglich ist' […].

Darüber hinaus hat der VfGH ausgesprochen, dass – selbst wenn ein solches gegeben wäre – das alleinige Bewirken einer Erhöhung der Finanzkraft nicht geeignet ist, eine Gemeindevereinigung sachlich zu rechtfertigen[.]

[…]

(2) Finanzsituation der Antragstellerin

[…]

Wie der Steiermärkische Landesgesetzgeber […] selbst [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] zugibt, stellt sich die finanzielle Lage der Antragstellerin bestens dar. Sie war trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008, die – neben Auswirkungen beim Bund und beim Land Steiermark selbst – auch Auswirkungen auf die Antragstellerin entfaltete, der Erhöhung der Sozialausgaben für die Gemeinden durch das Land Steiermark, dem Auftreten von Katastrophen-ereignissen (Unwettern), die auch die Antragstellerin betrafen, sowie der Nicht-Auszahlung der Ertragsteile des Bundes im Jahr 2010 stets in der Lage, ihren Haushalt vorbildlich zu führen und eine 'freie Finanzspitze' zu erwirtschaften. Somit stellte sie erfolgreich unter Beweis, dass selbst für die im Betrachtungszeitraum herangezogenen Jahre, die von besonderen, außergewöhnlichen Umständen negativ beeinflusst waren, die nicht von der Antragstellerin beeinflusst oder abgewendet werden konnten, aufgrund der besonderen Sorgfalt und Kompetenz der Antragstellerin ein positiver Finanzabschluss erzielt werden konnte.

Der Verschuldungsgrad der Antragstellerin betrug in den letzten Jahren 0 %; im Haushalt wurden keine Abgänge verzeichnet. Der Schuldenstand der Antragstellerin betrug per EUR 56.880,36 und auch dieser Betrag ist durch Barmittel mehrfach gedeckt.

Bei der Entwicklung der Gesamtschulden der Gemeinde wird im interkommunalen Vergleich die außerordentlich erfolgreiche Finanzgebarung der Antragstellerin deutlich.

[…]

Die Finanzsituation der Antragstellerin ist somit über den gesamten Betrachtungszeitraum von einer positiven Entwicklung gekennzeichnet. Somit ist auch aus finanzieller Sicht keine Notwendigkeit einer Gemeindevereinigung gegeben und eine solche würde zu keiner Besserung der Finanzsituation beitragen. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten erweist sich eine Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihren Nachbargemeinden daher als unsachlich.

(3) Personalaufwand der Antragstellerin / Aufwand für Gemeindemandatare

[…]

Auch in diesem Fall gehen die Erläuterungen des Steiermärkischen Landesgesetzgebers über Allgemeinfeststellungen nicht hinaus; sämtliche konkreten Ermittlungen fehlen und die annähernd wortgleichen Ausführungen zu den Kosteneinsparungen finden sich bei sämtlichen anderen Gemeinden wieder. Es gibt keine Informationen, welche eine kurz-, mittel- oder langfristige Einsparung erkennen lassen. Auch auf die Frage hin, welche Aufwendungen welche Kosten verursachen, gibt es keinerlei nachvollziehbare Zahlen.

Der Personalaufwand der Antragstellerin ist sowohl im Innendienst als auch im Außendienst äußerst gering gehalten. Im Innendienst ist bei rund 1.050 Einwohnern lediglich ein Mitarbeiter beschäftigt. Der Außendienst (inklusive Wasser-, Kanal- und Abfallwirtschaft) wird ebenso mit einem Dienstposten bewältigt; daneben werden auch viele Tätigkeiten ehrenamtlich durchgeführt, hierfür fallen somit keine Kosten an. Bei einer Auflösung der Antragstellerin gegen den Willen der Gemeindebevölkerung wird diese ehrenamtliche Tätigkeit eingestellt werden, sodass in diesem Fall erhöhte Kosten bei der Großgemeinde anfallen würden.

Mit dem Fachpersonal der Antragstellerin werden alle Verwaltungstätigkeiten professionell durchgeführt. Das Land Steiermark kann keinerlei Beanstandungen vorweisen.

Mit dem Personal der Antragstellerin werden neben den Pflichtaufgaben zahlreiche Serviceleistungen für die Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger angeboten und erledigt. Gerade ältere Menschen sind wegen fehlende[n] Internetzugang[es] bzw fehlende[r] Kenntnisse[…] auf die Serviceleistung im Gemeindeamt angewiesen und es besteht eine hohe Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Personal der Antragstellerin.

Bei der Anzahl der Gemeindebediensteten und den Personalausgaben pro Einwohner werden im interkommunalen Vergleich die geringen Personalkosten der Antragstellerin deutlich.

[…]

Die Antragstellerin ist somit in der Lage, mit dem von ihr beschäftigten Personal, sämtliche Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung bei äußerst geringen Personalkosten zu erfüllen.

Darüber hinaus sollen im Gemeindeamt der Marktgemeinde Pöllau insgesamt acht neue Arbeitsplätze geschaffen werden (zwei je 'hinzutretender' Gemeinde), wodurch bereits vorab klar gestellt wird, dass es zu keiner Einsparung von Personalausgaben kommen wird.

Neben den dargestellten Personalkosten sind auch hinsichtlich der Gemeindemandatare keine Kosteneinsparungen aufgrund einer Gemeindevereinigung zu erwarten. Bei größeren Gemeindeeinheiten fällt die Aufwandsentschädigung der jeweiligen Mandatare in eine wesentlich höhere Besoldungsklasse. Zudem wurde vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber beschlossen, mit die Bezüge der Steirischen Mandatare zu erhöhen. Nach § 6 Steiermärkisches Gemeinde-Bezügegesetz[…] gebührt Bürgermeistern ein festgelegter Prozentsatz eines Ausgangsbetrages, der nach Gemeindegröße gestaffelt ist. Mit Wirksamkeit vom wurde der Ausgangsbetrag auf EUR 8.506,25 erhöht, mit sollen die aufgezwungenen Gemeindevereinigungen erfolgen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass es weniger Bürgermeister gibt, diese jedoch höhere Bezüge lukrieren werden; mit anderen Worten: statt dass Mehrere weniger erhalten, erhalten Wenige mehr.

Darüber hinaus wurde durch die Novelle zur GemO 2012 die Möglichkeit eröffnet, für Gemeinden, die von Gemeindevereinigungen betroffen sind, Ortsteilbürgermeister zu bestellen. Diese sollen als politische Ansprechpartner erhalten bleiben und sollen für ihre Tätigkeit auch eine Aufwandsentschädigung erhalten. Diese Aufwandsentschädigung muss von einer allfälligen Kostenersparnis durch die Reduktion der Gemeindemandatare in Abzug gebracht werden.

Dies alles lässt erkennen, dass es dem Steiermärkischen Landesgesetzgeber nicht darauf ankommt, durch eine Senkung der Kosten der Gemeindemandatare wesentliche Einsparungen vorzunehmen.

Da durch die Gemeindevereinigung keine wesentlichen Einsparungen erzielt werden können und die Antragstellerin äußerst geringe Personalkosten aufweisen kann, ist eine Gemeindevereinigung auch aus diesem Grund unsachlich.

(4) Finanzausgleich und Stabilitätspakt

[…]

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber übersieht […], dass die Fusionsprämie[…] nur der neuen Gemeinde zusteht, welche über den neu zu wählenden Gemeinderat über die neu gebildete Gemeinde verteilt wird. Dadurch ist aber keinesfalls sichergestellt, dass die Bevölkerung der Antragstellerin davon profitieren würde, steht es doch gerade im Sinne des Steiermärkischen Landesgesetzgebers, lediglich den 'Zentral-Ort' Pöllau zu stärken.

Darüber hinaus ist auch eine Berufung auf das Finanzausgleich[s]gesetz 2008[…] und den darin festgelegten abgestuften Bevölkerungsschlüssel ungeeignet, als Begründung für eine Gemeindevereinigung zu dienen. Der VfGH hat bereits ausgesprochen, dass eine andere Verteilung der den Gemeinden zukommenden Ertragsteile keine sachliche Rechtfertigung einer Gemeindevereinigung darstellt.[…] Zudem tritt das Finanzausgleichsgesetz 2008 gemäß § 25 Abs 1 FAG 2008 mit außer Kraft. Demzufolge wird das Land Steiermark in der kommenden Finanzausgleichsverhandlung mit dem Bund die Möglichkeit haben, andere Berechnungsmodelle als bisher für die Aufteilung der Ertragsteile auf die Gemeinden auszuverhandeln. Als Bemessungsgrundlage könnten etwa die Einwohnerzahlen der Kleinregionen herangezogen werden.

Weiters werden die Kriterien des Maastricht-Saldos und deren Feststellungen (Schulden und Haftungen) schon bisher von der Antragstellerin eingehalten und kann die Antragstellerin im Jahr 2013 einen positiven Rechnungsabschluss von EUR 1.108.669,31 vorweisen; der Kassenbestand konnte allein im Jahr 2014 bereits um EUR 140.377,72 erhöht werden. Darüber hinaus fand in den letzten Jahrzehnten auch kein Bevölkerungsrückgang, sondern vielmehr eine Steigerung von 14 % statt.

Dies beweist, dass die Gemeindevereinigung auch aus Sicht der Maastricht-relevanten Schulden nicht geboten ist.

(5) Mangelnde Grundlagenforschung zur Auswirkung der Rechtsnachfolge

Gemäß § 8 Abs 4 GemO gehen die Rechte und Pflichten der Antragstellerin mit vollständig auf die Marktgemeinde Pöllau über. Dies bedeutet – sofern diese Bestimmung entgegen der Ansicht der Antragstellerin zivilrechtliche Rechtsfolgen nach sich zieht –, dass die Marktgemeinde Pöllau ex lege in Verträge der Antragstellerin mit Dritten eintreten würde.

In diesem Fall können mit den bisherigen Vertragspartnern der Gemeinden beispielhaft Change-of-Control-Klauseln schlagend werden, die bewirken würden, dass Verträge aufgelöst werden können, wenn sich wesentliche Umstände in der Person des Vertragspartners – der Gemeinde – ändern. Ein solcher Fall liegt vor, da der Vertragspartner als Rechtsperson durch die neu geschaffene Gemeinde ersetzt wird.

Dies geschieht flächendeckend bei sämtlichen zusammengelegten Gemeinden, sodass der Steiermärkische Landesgesetzgeber angehalten gewesen wäre, zu untersuchen, welche finanziellen Auswirkungen durch den Wegfall bereits bestehender Vertragsverhältnisse und durch die erforderliche Neuverhandlung dieser Verträge zu erwarten sind.

Auch aus vergaberechtlicher Sicht können finanzielle Belastungen hinzutreten, da ein Wechsel in der Person des Auftraggebers nach der Judikatur während des Vergabeverfahrens (also aus zivilrechtlicher Sicht im sogenannten 'vorvertraglichen Stadium') nur dann zulässig ist, sofern die Zustimmung aller Bieter vorliegt.[...] Dies kann die Folge nach sich ziehen, dass Vergabeverfahren neu auszuschreiben sind, wodurch ein finanzieller Mehraufwand erforderlich ist.

Dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber diese Überlegungen offenbar völlig außer Acht gelassen hat, zeigt erneut, dass nur eine mangelhafte Grundlagenforschung stattgefunden hat, die überdies nicht einmal auf sämtliche rechtlichen Gegebenheiten Bezug genommen hat. Hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber eine Untersuchung betreffend die Rechtsnachfolge angestellt, hätte er erkennen müssen, dass diese finanzielle Auswirkungen entfaltet, die bewirken, dass die Gemeindevereinigung auch aus diesem Grunde unsachlich ist.

(iii) Infrastruktur und Demografische Entwicklung

[…]

(1) Infrastruktur

In den Erläuternden Bemerkungen wird – im Gegensatz zu den Bemerkungen zu anderen Gemeindevereinigungen – gar nicht auf die vorhandene (Gemeinde )Infrastruktur der Antragstellerin eingegangen.

Inwiefern also eine konkrete Verbesserung erreicht werden soll, lässt sich aufgrund fehlender Angaben nicht nachvollziehen.

Darüber hinaus wird die Infrastruktur der Antragstellerin bereits derzeit effizient genutzt und wurde in den letzten Jahren ohne Neuverschuldung auf neuesten Stand gebracht:

 Das gut funktionierende Gemeindezentrum wurde im Jahr 1995 erbaut. Weiters wurden im Jahr 2001 zwei Dachgeschoßwohnungen beim Gemeindeamt ausgebaut.

 Das Kindergartengebäude wurde im Jahr 1997 erbaut. Den eingruppigen Kindergarten besuchen derzeit 24 Kinder. Dem Kindergarten angeschlossen ist eine Nachmittagsbetreuung, in der Kindergarten- und Volksschulkinder betreut werden. Den eingruppigen Kindergarten besuchen derzeit 24 Kinder, die Errichtung einer zweiten Gruppe wurde bei der Einreichplanung bereits berücksichtigt und kann ohne große[…] Aufwendungen durchgeführt werden[.]

 Die Volksschule wurde im Jahr 2001 erbaut. Die Volksschule wird derzeit mit drei Lehrern zweiklassig geführt. Im laufenden Schuljahr 2013/2014 besuchen 28 Kinder die Volksschule. Im Jahr 2008 wurde im Kellergeschoß der Volksschule ein barrierefreier Jugend- und Seniorenraum umgebaut und eingerichtet.

 Im Jahr 2007 wurde in der Nähe des Gemeindezentrums ein Nahwärmeheizwerk errichtet, welches das gesamte Gemeindezentrum sowie fünf ÖWG-Wohnhäuser und weitere fünf Einfamilienwohnhäuser versorgt. Alle Gebäude wurden neu errichtet und befinden sich auf dem letzten Stand der Technik.

 Alle Freizeiteinrichtungen (Fußballplatz mit Trainingsplatz, Asphaltstockanlage, zwei Tennisplätze, ein Volleyballplatz, ein Naturbadeteich, Einrichtungen im Naherholungsgebiet Hinterbrühl) sind in den letzten Jahren ohne Schulden adaptiert worden.

 Für das Kulturleben stehen zwei Gasthäuser mit hervorragender Auslastung zur Verfügung.

 Das Feuerwehrhaus wurde im Jahr 1999 von allen sechs Gemeinden des Pöllauertals errichtet; die Ausstattung der Fahrzeuge und Gerätschaften wird laufend erneuert.

 Das Gemeindegebiet der Antragstellerin ist durch die L406 und L448 verkehrsmäßig bestens erschlossen.

 Auf Grund laufender Wegerhaltungsprogramme befindet sich das umfangreiche Gemeindestraßennetz (ca. 40 km) in sehr gutem Zustand. Die Instandhaltung der Gemeindestraßen, Gehsteige und Ortsbeleuchtung kann daher künftig ohne größere Investitionen (jährliches Sanierungsprogramm wie bisher) bewältigt werden.

 Auch die privaten Haus- und Hofzufahrtswege wurden aufgrund der großzügigen Gemeindeförderung (ca. 60 % der Schotter- und Asphaltkosten) flächendeckend ausgebaut bzw. saniert.

 Die Wasserversorgung der Gemeinde erfolgt teilweise über das Netz der Gemeindewasserleitung (derzeit ca. 150 Haushalte von 340). Um die Versorgung auch künftig sicherzustellen bzw. künftiges Bauland zu sichern, wurde ein Tiefbrunnen errichtet und zusätzlich an das Netz angeschlossen. Weitere Wassergenossenschaften, Wassergemeinschaften und Einzelbrunnenanlagen vervollständigen das Versorgungsangebot.

 Das gemeindeeigene Altstoffsammelzentrum sowie der Bauhof wurden im Jahr 2000 erbaut, ein Zubau mit Kreisverkehr erfolgte 2009.

[…]

In allen oben erwähnten Bereichen ist eine sehr gute Auslastung der Infrastruktur gegeben. Aufgrund der Neuwertigkeit der Infrastruktur ist auch kurz- und mittelfristig mit keinen besonderen finanziellen Aufwendungen in diesen Bereichen zu rechnen.

Insofern ist auch keine Effizienzsteigerung durch die Gemeindevereinigung gegeben, da die Auslastung der bisherigen, gut ausgestatteten Infrastruktur äußerst positiv ist. Der Zustand der Infrastruktureinrichtungen ist auf neuestem Stand, sodass lediglich die Betriebskosten anfallen. Bei einer Stilllegung im Falle einer Gemeindevereinigung würde der große Wertbestand nicht mehr seinem Errichtungszweck zugeführt werden können und es müssten verschiedene Infrastruktureinrichtungen im neuen Zentralort angepasst und erweitert werden (Bsp. Kindergarten, Schule, Gemeindezentrum), wodurch erneute Kosten verursacht werden würden. Andererseits besteht aufgrund der weitreichenden Versorgung der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin sowie der großen Entfernung zwischen der Marktgemeinde Pöllau und einzelnen Ortsteilen der Antragstellerin auch keine Veranlassung, Versorgungseinrichtungen (Wasser, Kanal, Fernwärme) zwischen den beiden Gemeinden herzustellen.

Für die Gemeindebevölkerung der Antragstellerin würde eine Gemeindevereinigung zu einer wesentlichen Verteuerung ihrer Lebenserhaltungskosten führen, da diverse Gebühren in der Marktgemeinde Pöllau höher und Förderungen geringer sind[…] als in der Antragstellerin[.]

[…]

Bei infrastruktureller Betrachtung der Gemeindevereinigung erweist sich diese somit als. [sic!]

(2) Gemeindegröße und Demografische Entwicklung

[…]

Die Bevölkerungsentwicklung der Antragstellerin ist in den letzten Jahrzehnten ausgesprochen positiv verlaufen und es konnte eine Steigerung der Bevölkerungszahlen von 1981 bis 2014 um 14 % verzeichnet werden. Seit der Erhebung der Steiermärkischen Landesregierung ist die Bevölkerungsanzahl weiter gestiegen und liegt derzeit (Stand: ) bei 1.051 Einwohnern mit Hauptwohnsitz und 32 Einwohnern mit Nebenwohnsitz. Die Entwicklung der letzten Jahre lässt somit auf eine länger anhaltende Bevölkerungszahl von deutlich über 1.000 Einwohner[n] schließen. Um einem Bevölkerungsrückgang entgegen[…]zu[…]wirken, hat die Antragstellerin in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit der ÖWG (Österreichische Wohnbaugenossenschaft) fünf neue Siedlungshäuser mit insgesamt 24 modernen Mietwohnungen errichtet. Zusätzlich hat sie Bauland angekauft und aufgeschlossen, um dieses künftigen Bauwerbern günstig zur Verfügung stellen zu können.

Selbst wenn sich die Prognose der Bevölkerungsstagnation bis 2030 bewahrheiten sollte und die Antragstellerin 2030 eine Bevölkerung von 976 Einwohnern aufweisen sollte – was angesichts der Maßnahmen der Antragstellerin bestritten wird –, liegt dieser Wert zudem nur knapp unter dem nach Rechtsprechung des VfGH festgelegten Schlüsselwert von 1.000 Einwohnern.[…]

Daniel Kettiger, Rechtsanwalt, Berater und Leiter des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern (KPM)[,] führt in seinem Artikel 'Die richtige Größe einer Gemeinde', Untertitel 'Die Gemeindegröße allein ist kein Fusionskriterium' wie folgt aus:

'Soziodemografische Sicht

Eine Gemeinde ist nicht nur ein Betrieb[,] sondern ein gesellschaftliches System – ein lebender Organismus mit einer bestimmten Geschichte und Kultur. Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage der optimalen Gemeindegröße anders. Maßgeblich ist, ob das System Gemeinde nachhaltig aus sich heraus funktionieren kann. Dies bedingt, dass die Bevölkerungsstruktur mittelfristig in etwa erhalten bleibt, dies sowohl zahlenmäßig wie auch bezüglich der Altersstruktur. Probleme stellen diesbezüglich hohe Abwanderungsraten ebenso wie zu hohe Zuwachsraten dar. Ein Problem kann auch darin bestehen, die notwendigen ehrenamtlichen Gemeindebehörden nicht mehr besetzen zu können; ein Problem, das sich zwar zunehmend in kleinen Gemeinden, aber nicht nur dort zeigt. Das Funktionieren einer Gemeinde bedingt ein relativ homogenes Kulturverständnis der gesamten Bevölkerung. Dies betrifft auch die politische Kultur. Es nützt beispielsweise wenig, wenn eine Gemeinde aus betrieblicher Sicht eine optimale Größe aufweist, wenn die notwendigen Führungsentscheide nicht rechtzeitig gefällt werden können, weil sich in der Exekutive Ortsteilvertretungen ständig gegenseitig blockieren. Aus sozidemografischer Sicht gilt es weiter zu bedenken, dass nicht in allen Gemeinden in gleichem Maße soziale und interkulturelle Integrationsaufgaben anfallen' […].

Eine demographische Entwicklung ist für sich allein gesehen kein hinreichender Grund für eine Gemeindezusammenlegung, wenn andere Faktoren, wie die politische Kultur[,] außer Acht gelassen werden. Dass sich eine solche positiv entwickeln wird, ist aufgrund der Ablehnung der Gemeindevereinigung durch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Antragstellerin nicht zu erwarten […]. Die Gemeindegröße der Antragstellerin rechtfertigt nach Rechtsprechung des VfGH bei Gleichbleiben der Bevölkerungszahl keine Gemeindevereinigung; denn dadurch ist sichergestellt, dass eine Gemeindebevölkerung gegeben ist, die sämtliche Aufgaben erfüllen kann und die für ein Funktionieren des 'Systems Gemeinde' sorgen kann.

Aus diesem Grund ist eine Gemeindevereinigung aus demographischer Sicht nicht geboten und erweist sich auch aus diesem Grunde als unsachlich.

(iv) Raumplanung und Siedlungsverflechtungen

[…]

(1) Raumplanung

[…]

Die Begründungen [in den Erläuternden Bemerkungen zum StGsrG] sind nicht ausreichend und nicht geeignet, einen konkreten Vorteil für die Gemeindestruktur der Antragstellerin darzustellen. Stattdessen beschränken sich die Erläuterungen auf Allgemeinaussagen. Folgt man den Ausführungen des Steiermärkischen Landesgesetzgebers[,] müssten sämtliche Gemeinden vereinigt werden, wenn ausschließlich durch diese Maßnahme eine koordinierte Standortentwicklung erreicht werden könnte. Dass eine größere Verwaltungseinheit besser in der Lage ist, eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung zu gewährleisten[,] ist nicht zwangsläufig gegeben. Zudem kann auch im Bereich der Raumplanung ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Nachbargemeinden vereinbart werden oder es kann einem Gemeindeverband die Kompetenz zur Erstellung eines gemeinsamen örtlichen Entwicklungskonzepts übertragen werden.[…]

Darüber hinaus zeigt sich, dass aufgrund der erfolgreichen bisherigen Raumplanung der Antragstellerin eine positive Entwicklung sowohl bei der Einwohnerzahl als auch bei den Betriebsansiedlungen verzeichnet werden konnte. Durch eine Gemeindevereinigung wäre auch aus Sicht einer allgemein sachlichen Raumordnung nichts gewonnen, da sie den Effekt hätte, dass sich die bereits bestehenden Industrie- und Gewerbeflächen (Gewerbepark Saifen-Boden/Pöllau) statt wie bisher in der Peripherie der Wohngebiete, […] plötzlich inmitten des Gemeindegebiets der Großgemeinde befinden würden. Dadurch wird aber zugleich verhindert, dass sich zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pöllau eine durchgehende Siedlungsstruktur etablieren wird.

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber führt eine Verbesserung der Raumplanung als Argument für sämtliche Gemeindevereinigungen an. Dabei hat er auch festgestellt, dass das 'Industrie- und Gewerbegebiet im Kreuzungsbereich der L 406 mit der L 448 [Anm. Gewerbepark Saifen-Boden/Pöllau] [...] bereits in der Vergangenheit in Abstimmung entwickelt' wurde.[…] Daraus folgt aber, dass durch die Gemeindevereinigung keine Verbesserung erreicht werden kann, da es zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pöllau bereits jetzt eine intensive Koordination bei der Raumplanung gibt. Dadurch, dass sie die Flächen an der Gemeindegrenze zu Pöllau für den Gewerbepark umgewidmet hat, hat die Antragstellerin auch dazu beigetragen, dass eine überregionale Versorgungs- und Dienstleistungsfunktion der Marktgemeinde Pöllau in ihrer derzeitigen Form etabliert werden konnte.

Die Antragstellerin hat dadurch bewiesen, dass bedeutende interkommunale Maßnahmen der örtlichen Raumplanung möglich und erfolgreich sind, ohne dass es zu einer aufoktroyierten Gemeindevereinigung kommen muss.

Daraus ergibt sich, dass bereits eine koordinierte Raumplanung vorliegt, die von der Antragstellerin stets erfolgreich gehandhabt wird. Eine Verbesserung durch die Gemeindezusammenlegung ist daher nicht gegeben bzw erreicht kein Ausmaß, dass sie die Gemeindevereinigung gegen den Willen der Antragstellerin und ihrer Bevölkerung rechtfertigen würde.

Aufgrund der topographischen Lage würde die Gemeindevereinigung zudem zur völligen Aushöhlung der Siedlungsstruktur in der Antragstellerin führen und die vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber befürchtete Ausdünnung und Schwächung des ländlichen Raumes geradezu erst bewirken:

Das Gemeindegebiet der Antragstellerin liegt zum überwiegenden Teil im Joglland, das als waldreiche Mittelgebirgsgegend qualifiziert wird. Ausgehend von der Grenze zur Marktgemeinde Pöllau im äußersten Osten des Gemeindegebiets führt die Landesstraße L 448 quer durch das Gemeindegebiet und die Ortsteile Obersaifen und Wink[…]l-Boden und verlässt im äußersten Westen das Gemeindegebiet in Richtung Birkfeld. Zwischen Ost- und Westgrenze des Gemeindegebiets der Antragstellerin liegt ein Höhenunterschied von ca. 600 Metern. Dieses starke Höhengefälle bewirkt eine natürliche Beschränkung an vorhandenen möglichen Baugründen.

Die Beendigung des Selbstverwaltungsrechts der Antragstellerin und der damit einhergehenden Möglichkeit zur Baulandwidmung würde dazu führen, dass die Widmung neuer Baugründe nicht mehr in der Antragstellerin, sondern im 'Zentral-Ort' Pöllau (vermutlich) entlang oder in der Nähe der interkommunalen Landesstraße L 406 erfolgen würde. Bereits bestehende Baulandwidmungen in der Antragstellerin würden zurückgenommen werden, um eine Bevölkerungszentralisierung im 'Zentral-Ort' Pöllau herbeizuführen. Sollte eine Rückführung in Freilandflächen erfolgen, würde der Quadratmeterpreis lediglich rund EUR 2,50 betragen. Die Widmungsflächen für Bauland würden auf Grund des Zentralisierungsgedankens und der im Gesetz vorgesehenen Stärkung der Marktgemeinde Pöllau (auf Kosten der Bevölkerung der Antragstellerin) auf ein Minimum zurückgeführt werden.

Damit würde sich der prognostizierte Bevölkerungsrückgang – der bei einer Eigenständigkeit der Antragstellerin leicht zu 'verkraften' wäre – mit großer Wahrscheinlichkeit noch verstärken und in weiterer Folge wohl auch dazu führen, dass bereits bestehende, erfolgreiche Dienstleister (Gasthäuser, Nahversorger, etc.) ihr Angebot nicht mehr aufrecht erhalten könnten. Sämtliche Bemühungen der letzten Jahre und das Zur-Verfügung-Stellen von voll aufgeschlossenem Bauland wären umsonst gewesen.

Dies alles macht es erforderlich, gerade zum Schutz des ländlichen Raumes vor Ausdünnung, die Kompetenz der Raumplanung nicht an die Nachbargemeinde Pöllau zu übertragen.

Die Raumordnung konnte von der Antragstellerin stets erfolgreich gehandhabt werden. Eine Verbesserung durch die Gemeindezusammenlegung ist nicht gegeben.

(2) Siedlungsverflechtungen

[…]

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber lässt (auch) in Hinblick auf besondere Siedlungsverflechtungen Ausführungen, die über Allgemeinaussagen hinausgehen, vermissen.

Daneben übersieht der Steiermärkische Landesgesetzgeber in seinen Erläuterungen, dass im Gemeindegebiet der Antragstellerin selbst hinreichend Dienstleistungsunternehmen tätig sind, die eine Ausrichtung der Bevölkerung der Antragstellerin in Richtung Pöllau unnötig machen. Die in der Antragstellerin niedergelassenen Dienstleistungsunternehmen können weitreichende Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken und diese gehen weit über eine bloße Grundversorgung hinaus, sodass die öffentlichen und privaten Dienstleistungen, die in der Antragstellerin zu finden sind, geeignet sind, eine weitgehende Autonomie beim Bezug von Dienstleistungen in der Wohnortgemeinde zu gewährleisten; darunter fallen:

 Gastronomie: 2 Gasthäuser und das Warenhausbuffet;

 Ferienwohnung am Bauernhof;

 Finanzdienstleistungen;

 Versicherungsmakler;

 Montagebetrieb;

 Obstpresse;

 Buchhaltergewerbe;

 Bauunternehmen, Zimmerei, Baufachmarkt;

 Gipswandverspachtelungen;

 Innen-u.Aussenputz [sic], Vollwärmeschutz;

 Handel mit Holzbearbeitungsmaschinen;

 Holzhandel – Sägewerk;

 landwirtschaftliches Lagerhaus mit Einkaufsmarkt und Werkstätte;

 Baufachmarkt;

 Parketthandel;

 Erdbewegung;

 Grader-Planierarbeiten;

 Kutschenbau;

 Malermeister;

 Tischlerei;

 Geschenkartikelerzeugung;

 Schnapsbrennereien;

 Forellenzucht.

Darüber hinausgehende Dienstleistungen werden – wie der Steiermärkische Landesgesetzgeber völlig außer Acht lässt – zumeist in der Stadtgemeinde Hartberg bezogen, die sich in ca. 17 Kilometer Entfernung vom Ortszentrum der Antragstellerin befindet.

In Hinblick auf etwaige Siedlungsverflechtungen aufgrund von Dienstleistungen führt eine Gemeindevereinigung zu keiner Verbesserung für die Gemeindebevölkerung, da es für die Gemeindebevölkerung als Konsumenten dieser Dienstleistungen unerheblich ist, ob diese in der eigenen Gemeinde oder einer Nachbargemeinde bezogen werden; denn ob ein Supermarkt, eine Drogerie, eine Bank, etc. aufgrund einer Gemeindevereinigung im 'eigenen' Ort ist oder im vormaligen Nachbarort bleibt, hat naturgemäß keine Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung oder die Entfernung von Wohnadresse und Dienstleistungsadresse. Dass Wohnung und Supermarkt im selben Ort sind, ändert nichts an deren Entfernung zueinander und es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass etwa die Bevölkerung eines Nachbarorts bei Bezug der Dienstleistung anders behandelt wird[…] als die Bevölkerung des Dienstleistungsorts. Bestehende zentrale Einrichtungen eines Ortes können auch von der Bevölkerung des Nachbarortes genutzt werden, gleichgültig, ob die Gemeinden selbstständig sind oder nicht. Ein Vorteil für die Gemeindebevölkerung wird nach Rechtsprechung des VfGH dadurch nicht herbeigeführt.[…]

Damit scheidet der Bezug von Dienstleistung aber als Begründung für eine Gemeindezusammenlegung aus, wenn man – wie der VfGH – eine Verbesserung für die Gemeindestruktur als Zulässigkeitskriterium heranzieht.

(v) Kulturelle Faktoren

Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber enthält sich jeglicher Aussagen darüber, inwiefern dieser Punkt bei der gegenständlichen Gemeindevereinigung berücksichtigt wurde.

Die Antragstellerin kann ein umfangreiches kulturelles Programm aufweisen, das in der Gemeinde angeboten wird:

 Gasthäuser / Volksschule mit Mehrfachnutzung für Freizeit und Kultur;

 Die Vereine und Organisationen sind die Träger des Gemeinschaftslebens in der Gemeinde Saifen-Boden. Zahlreiche Veranstaltungen werden von den verschiedenen Vereinen in der Gemeinde in ehrenamtlicher Tätigkeit unter großer Beteiligung der Gemeindebevölkerung organisiert. Die zahlreichen Veranstaltungen bieten ein breites Kulturangebot (Konzerte, Brauchtum, Ausstellungen[,] Kinderprogramm, Lesungen, Kleinkunst, Laientheatergruppe usw.) und werden von der Bevölkerung bestens unterstützt;

 Freizeiteinrichtungen in der Gemeinde:

1. Fußballplatz mit Vereinsgebäude (Union Saifen-Boden / Gschaid Sportverein)

2. Asphaltstockschießanlage

3. Zwei Tennisplätze des Tennisvereins Saifen-Boden mit Vereinshaus

4. Fischen (Karner Teiche)

5. Volleyballplatz

6. Naherholungsraum Hinterbrühl mit Naturbadesee (Gasthof Gruber)

7. Wanderwege und Mountainbike-Strecken

Diese kulturelle Eigenständigkeit der Antragstellerin wurde vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber gänzlich ignoriert. Hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber sein Konzept der 'Lebensrealitäten' umgesetzt, hätte er auch kulturelle Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen berücksichtigen müssen, da gerade diese entscheidend dafür sind, wo die Gemeindebevölkerung ihre Freizeit verbringt und folglich den 'Lebensmittelpunkt' setzt. Da die Antragstellerin ein umfangreiches Vereinsleben vorweisen kann und der Bevölkerung ein großes Angebot an Freizeiteinrichtungen zur Verfügung stellen kann, sind auch keine kulturellen Faktoren gegeben, die für eine Gemeindevereinigung sprechen würden.

Kulturelle örtliche Zusammenhänge mit der Marktgemeinde Pöllau bestehen ebenso wenig wie historische Verbundenheiten.

Hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber die von ihm aufgestellten Kriterien der Berücksichtigung von kulturellen und historischen Bedingungen befolgt, hätte er eine Gemeindevereinigung nicht aussprechen dürfen, da sich diese auch aus kultureller und historischer Sicht als unsachlich erweist.

4.2.1.4. Weitere Kriterien der Sachlichkeit

4.2.1.4.1. Distanz

Das Ortszentrum der Antragstellerin ist 4,5 Kilometer vom Ortszentrum der Marktgemeinde Pöllau entfernt. Ein in sich geschlossenes Siedlungsgebiet besteht innerhalb der Antragstellerin nicht. Während sich ein Teil des Ortsteiles Obersaifen an den Gewerbepark Saifen-Boden, der sich an der Gemeindegrenze befindet, anschließt, befindet sich das Ortszentrum der Antragstellerin mit dem Gemeindezentrum noch etwa drei Kilometer von der Gemeindegrenze entfernt. Der Ortsteil Winkl-Boden liegt bis zu 14,6 Kilometer vom Zentrum der Marktgemeinde Pöllau entfernt. Hinzu tritt ein Höhenunterschied von bis zu 600 Metern. Wenn der Steiermärkische Landesgesetzgeber eine Entfernung von ca. 5 Kilometern bei guter Verkehrsverbindung als zumutbar ansieht,[…] nimmt er auf die peripheren Ortsteile der Antragstellerin keinerlei Rücksicht. Im Umkehrschluss muss aus seiner Erläuterung vielmehr geschlossen werden, dass er – zu Recht – eine Entfernung von 14,6 Kilometern als unzumutbar ansieht.

Auch wenn es – folgend der bisherigen Rechtsprechung des VfGH zu Gemeindevereinigungen – eine steigende Mobilität der Bevölkerung geben sollte, werden die Nachteile für jenen Teil der Bevölkerung mit schlechterer Mobilität verstärkt. Gerade für den älteren Teil der Bevölkerung ist die Zurücklegung größerer Wegstrecken schwieriger. Wenn der Steiermärkische Landesgesetzgeber eine Überalterung der Gesellschaft als Begründung der Gemeindevereinigungen anführt, ist ihm entgegenzuhalten, dass gerade für diese Bevölkerungsgruppe die negativen Auswirkungen der Gemeindevereinigungen besonders stark ausfallen.

Somit kann durch eine Gemeindevereinigung keine Verbesserung für die Gemeindebevölkerung erwartet werden.

4.2.1.4.2. Zugehörigkeitsgefühl zur vereinigten Gemeinde

Nachdem die Pläne der Steiermärkischen Landesregierung zur Vereinigung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Pöllau publik wurden, bildete sich zunehmender Widerstand gegen das gegenständliche Gesetz in der Gemeindebevölkerung der Antragstellerin.

Daraufhin führte die Antragstellerin am eine Volksbefragung durch, um die Gemeindebürger als unmittelbar Betroffene der Gemeindevereinigung darüber abstimmen zu lassen, in welcher Gemeinde sie leben möchten. Bei einer Wahlbeteiligung von 65,4 % stimmten 82,4 % der Wahlberechtigten gegen die vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber oktroyierte Gemeindevereinigung. An der ablehnenden Haltung der Bevölkerung hat sich seit der Volksbefragung nichts geändert und die Einbringung des gegenständlichen Individualantrages ist deutlichstes Zeichen für den allgemeinen, anhaltenden Widerstand gegen die Gemeindevereinigung.

Eine Volksbefragung in der benachbarten und gemäß § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG gleichfalls mit der Vereinigung mit der Marktgemeinde Pöllau bedrohten Gemeinde Rabenwald hat den Wunsch deren Gemeindebevölkerung nach Beibehaltung der Eigenständigkeit bestätigt. Dies zeigt umso mehr, dass von zwei von fünf beteiligten Gemeinden nicht die Chance gesehen wird, ein gemeinsames Zugehörigkeitsgefühl zu entwickeln.

Den demokratischen Willen der Bevölkerung ignorierend, erließ der Steiermärkische Landesgesetzgeber dennoch das gegenständliche Gesetz.

Neben diesem demokratiepolitischen Mangel kann, ausgehend vom Ergebnis der Volksbefragung (im Sinne einer Prognoseentscheidung), nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zugehörigkeitsgefühl der Bevölkerung zu der vereinigten Gemeinde entstehen wird. Das Zugehörigkeitsgefühl der Bewohner zu einer Gemeinde ist nach Rechtsprechung des VfGH jedoch ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Zulässigkeit der Gemeindevereinigung.[…] Allgemeiner Widerstand der Bevölkerung gegen eine Gemeindevereinigung kann ein Indiz dafür sein, dass die Prognoseentscheidung des Gesetzgebers unsachlich gewesen ist.[…]

Die Gemeindebevölkerung hat sich deutlich gegen die Gemeindevereinigung ausgesprochen und die Gemeindevereinigung ist auch aus dem Grund des fehlenden Zugehörigkeitsgefühls der Bevölkerung unsachlich.

4.2.1.4.3. Zahlreiche schwere Begründungsmängel

Insgesamt wird in den Erläuternden Bemerkungen nicht nachvollziehbar dargelegt, auf welchen Informationen und Daten die Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit ihrer Nachbargemeinde beruht.

Zur Beurteilung der Sachlichkeit hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber jedoch darlegen müssen, welche Vorteile konkret durch die Gemeindevereinigung herbeigeführt werden können[,] und hätte er diese mit überprüfbaren Zahlen belegen müssen[.]

Die Erläuternden Bemerkungen beschränken sich großteils auf Allgemeinfeststellungen und das pauschale Zitieren von 'Stehsätzen', ohne dass auf den Einzelfall der Antragstellerin hinreichend Bezug genommen wird. Somit kann für die konkrete Gemeinde keine spezifische Notwendigkeit für eine Gemeindevereinigung abgeleitet werden. Auch nach Prüfung der vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber aufgestellten Ziele der Reform wird ersichtlich, dass diese entweder bereits gegeben sind[…] oder dass durch die Gemeindevereinigung keine Verbesserung der Ist-Situation in Bezug auf ebendiese Ziele erreicht werden kann.

Dies wiegt umso mehr, als dass sich die Antragstellerin in den Jahren seit erstmaliger Bekanntmachung der Absicht zur Gemeindevereinigung bis zur Gesetzeskundmachung intensiv darum bemüht hat, die Gründe der Vereinigung in Erfahrung zu bringen[.]

[…]

Da die Erläuterungen zum Gesetz, wie ausführlich dargelegt, jedoch selbst mangelhaft sind und sich jeglicher konkreter Begründung enthalten, bleibt das Gesetz unbegründet und ist auch aus diesem Grunde unsachlich und damit verfassungswidrig.

4.2.2. Ungleichbehandlung vergleichbarer Gemeinden

4.2.2.1. Über die bisher angeführten Gründe hinaus hat es der Steiermärkische Landesgesetzgeber, in offenkundiger Verletzung des Gleichheitsgebots, unterlassen, aufgrund der in § 1 StGsrG angeführten Ziele, weitere Gemeindevereinigungen anzuordnen.

4.2.2.2. Der Steiermärkische Landesgesetzgeber führt in den Erläuterungen zu sämtlichen Gemeindevereinigungen im Wesentlichen die gleichen Gründe an, die sich überwiegend auf Infrastruktur/Dienstleistungen ('Unterversorgung'), Demographie und finanzielle Auswirkungen beschränken. Die dabei angestellten Überlegungen lassen sich aber auf eine große Anzahl an weiteren Gemeinden umlegen, die aber aus politischen Gründen, welche nicht öffentlich gemacht wurden, von einer zwangsweisen Gemeindevereinigung verschont wurden.

Die[se] […] Gemeinden weisen teils eine mit der Antragstellerin vergleichbare, teils eine wesentlich schwächere Gemeindestruktur auf, was die Bevölkerungsanzahl sowie das Angebot an Infrastruktur und Dienstleistungen betrifft; dennoch ordnete der Steiermärkische Landesgesetzgeber keine Gemeindevereinigung an[.]

[…]

4.2.2.3. Bezüglich sämtlicher dieser nicht zusammengelegten Gemeinden könnten die gleichen allgemeinen Gründe für eine Gemeindevereinigung angeführt werden[…] wie jene, die zur Vereinigung der Antragstellerin mit der Marktgemeinde Pöllau geführt haben. Dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber eine Zwangsvereinigung der eben angeführten Gemeinden nicht angeordnet hat, lässt erkennen, dass es andere, politische Gründe gibt, aus denen die genannten Gemeinden vor einer Zwangsvereinigung verschont wurden. Da die im Gesetz angeführten Kriterien für die Bewertung der Zusammenlegungen durch (weitere) unsachliche, ungeschriebene, politische Kriterien erweitert werden, ist das bekämpfte Gesetz schon aus diesem Grunde gleichheits- und damit verfassungswidrig.

4.2.3. Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

4.2.3.1. Wahl des schonendsten Mittels

[…]

4.2.3.1.2. Auch aufgrund der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG verfassungswidrig, da eine Gemeindevereinigung nicht das schonendste Mittel ist, um die in § 1 StGsrG dargestellten Ziele zu erreichen. […]

Die Auflösung von Gemeinden ist die schwerwiegendste in die Rechte der betroffenen Gemeinden eingreifende Maßnahme. Die Wahl des schärfsten Mittels (Auflösung der Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit) bei Vorhandensein von gelinderen Mitteln entspricht nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Gemeindezusammenlegungen, welche nicht auf freiwilliger Basis[,] sondern vielmehr unter Zwang erfolgen, sind als nicht zeitgemäß zu betrachten.

4.2.3.1.3. Zudem ist auch aus der Grundkonzeption der GemO erkennbar, dass die zwangsweise Vereinigung von Gemeinden lediglich als ultima ratio zu sehen ist und eine großflächige, landesweite Vereinigung systemwidrig ist. Wie bereits erwähnt, legt § 8 Abs 4 GemO fest, dass die Vereinigung den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge hat. Dies kann jedoch nur Rechte und Pflichten öffentlich-rechtlicher Natur betreffen. Ein landesgesetzlich festgelegter Eintritt der neuen Gemeinde in Verträge der Altgemeinde wäre als Verstoß gegen Art 10 Abs 1 Z 6 B VG zu qualifizieren, da der Vertragspartner der Altgemeinde gezwungen wäre, ein durch Landesgesetz geschaffenes Rechtssubjekt als Vertragspartner annehmen zu müssen[,] ohne ein gesetzliches Widerspruchsrecht oder Kündigungsrecht eingeräumt bekommen zu haben, und der Steiermärkische Landesgesetzgeber eine Regelung des Zivilrechtswesens getroffen hätte. Folglich ist das StGsrG mit dem Mangel behaftet, eine weitreichende Rechtsunsicherheit herbeizuführen, die sämtliche vom Gesetz unmittelbar betroffene Gemeinden und darüber hinaus sämtliche ihrer Vertragspartner betrifft.

4.2.3.2. Gemeindeverbände / Kleinregionen

4.2.3.2.1. Die Ziele der Gemeindestrukturreform – sofern diese in Bezug auf die Antragstellerin nicht ohnehin bereits erfüllt sind – können auch mit anderen Mitteln, etwa mit der Bildung von Gemeindeverbänden oder dem Konzept der Kleinregionen erreicht werden, ohne dass es entgegen dem Willen der betroffenen Bevölkerung zur Auflösung von Gemeinden kommt.

Wie in den Erläuternden Bemerkungen festgehalten, besteh[…]en Kooperationen als Teil des Standes[amts]- und Staatsbürgerschaftsverbandes 'Pöllau', als Teil der Kleinregion 'Naturpark Pöllauer Tal', des Reinhalteverbandes 'Pöllauer Tal' sowie des Tourismusverbandes 'Naturpark Pöllauertal'.[…]

4.2.3.2.2. Diese Aufzählung ist nicht annähernd vollständig und beweist erneut die mangelhafte Grundlagenforschung des Steiermärkischen Landesgesetzgebers. Die Antragstellerin ist über die genannten Kooperationen hinaus noch Mitglied im Löschverband FFW Pöllau, dem Sozialhilfeverband Hartberg und Mitglied beim ISGS (Integrierter Sozial- und Gesundheitssprengel) Pöllauer Tal.

Von dieser positiven Entwicklung der Gemeindekooperationen ausgehend, kann es auch nicht dem Willen des Bundesgesetzgebers entsprechen, dass das Konzept der Gemeindeverbände, das erst mit der B VG-Novelle zur Stärkung der Gemeinden[…] 2011 umfassend verbessert wurde, bereits nach kurzer Zeit durch den Steiermärkischen Landesgesetzgeber ausgehöhlt wird. Dieser hat es vielmehr unterlassen, nachvollziehbare Gründe darzustellen, weswegen eine Gemeindeverbandslösung nicht weiter verfolgt wurde.

4.2.3.2.3. In den Erläuternden Bemerkungen[…] wird zu den Gründen, die gegen die Verbandslösung sprechen, angeführt, dass 'Gemeindevereinbarungen im Falle der Besorgung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden' dürfen (Art116a Abs 1 Z 1 B VG). Damit verbiete das B VG eine 'zu verdichtete' Gemeindekooperation, die Gemeinden müssten Selbstverwaltungskörper bleiben. Einer einem Gemeindezusammenschluss vergleichbaren Struktur seien schon damit Grenzen gesetzt.

Worin in der unveränderlichen Konzeption der Gemeinden als Selbstverwaltungskörper ein Nachteil zu sehen sein soll, wird vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber nicht ausgeführt.

4.2.3.2.4. Weiters könne 'die finanzielle Leistungskraft durch Gemeindekooperationen zwar gestärkt werden', nicht gesichert sei aber 'die Nachhaltigkeit dieser Stärkung'. Insbesondere könnten die einem Gemeindeverband beigetretenen Gemeinden diesen wieder verlassen. Eine 'Kündigung' einer rechtswirksamen Gemeindevereinigung sei hingegen nicht möglich. Nur die Gemeindevereinigung ermögliche deshalb eine nachhaltige und zuverlässige Stärkung der gemeindlichen Leistungskraft.

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber erkennt somit an, dass Gemeindeverbände eine gleichartige finanzielle Stärkung der Gemeinden zur Folge haben können. Dies entspricht dem obersten Ziel des StGsrG, der Stärkung der Leistungsfähigkeiten der Gemeinden. Wenn die Kündigung des Gemeindeverbandes als wesentlicher Grund für die Ablehnung der Verbandslösung angeführt wird, ist dem entgegenzuhalten, dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber durch eine einfache Änderung der GemO Vorkehrungen schaffen könnte; etwa durch die Regelung, dass die Mitgliedschaft in Gemeindeverbänden nur aus einem wichtigen (taxativ aufgezählten) Grund beendet werden kann. Eine solche Regelung kann auch schon derzeit im Zuge der Errichtung des Gemeindeverbands vertraglich einvernehmlich von den Parteien festgelegt werden (etwa samt Vereinbarung einer Pönale). Dadurch lässt sich der Verbleib im Verband und damit die Nachhaltigkeit der Stärkung der Leistungskraft der Gemeinden sicherstellen, ohne dass Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungseinheit beendet werden.

4.2.3.2.5. Weiters könnten 'Gemeinden in verschiedenen Angelegenheiten mit jeweils anderen Körperschaften unterschiedliche Kooperationen bilden'. Dadurch könne sich ein 'nach Angelegenheiten differenziertes, heterogenes 'Kooperationsnetz' entwickeln, was insbesondere die zentralörtliche Raumplanung erheblich erschweren' könne. Auch unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gemeindeaufsicht könne sich ein unstrukturiert entwickeltes Kooperationsnetz nachteilig auswirken.

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber lässt hierbei außer Acht, dass gerade das von ihm angeführte Beispiel der Raumplanung im Bereich der örtlichen Raumplanung eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden ist und daher von diesen autonom geregelt werden kann. Eine örtliche Raumplanung wird eine zentralörtliche Raumplanung zu berücksichtigen haben, unabhängig davon, welche Flächengröße eine Gemeinde aufweist und ob sie aus mehreren 'vereinigten Gemeinden' besteht oder nicht. Darüber hinaus kann auch eine 'vereinigte Gemeinde' Kooperationen mit anderen Gemeinden bilden, sodass dieses Ziel des Steiermärkischen Landesgesetzgebers auch durch Gemeindevereinigungen nicht erreicht werden kann.

Der Steiermärkische Landesgesetzgeber könnte seine Befürchtung hinsichtlich eines unstrukturiert entwickelten Kooperationsnetzes somit nur dadurch entkräften, indem der Gemeindeverband als solches oder die Zuständigkeiten der Gemeinden abgeändert werden würden; dies liegt jedoch im Zuständigkeitsbereich des Bundesgesetzgebers. Eine Gemeindevereinigung hat auf die Bildung von Kooperationsnetzen keine Auswirkungen.

4.2.3.2.6. Zuletzt würde durch eine Verbandslösung der 'generelle Arbeits- und Verwaltungsaufwand erhöht', da eine zusätzliche Verwaltungsebene über den Gemeinden geschaffen wird. Damit könne den Erwartungen in eine funktionierende, kostengünstige Verwaltung in vielen Bereichen nicht entsprochen werden.

Der Aufwand der einzelnen Gemeinden bewegt sich auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau.

4.2.3.2.7. Auch in dem von der Steiermärkischen Landesregierung herausgegebenen Leitbild 'Stärkere Gemeinden – Größere Chancen'[…] wird auf das Projekt 'Regionext', durch das die Steiermark in sieben Regionen und rund 90 Kleinregionen gegliedert wurde[,] Bezug genommen. Das Konzept der Kleinregionen ermöglichte es, 'viele, gut funktionierende Kooperationen [...] in den letzten Jahren [aufzubauen]'. Der Weg der thematischen Kooperation solle auch weiterhin in der Steiermark bestritten werden. Einzig die Nachhaltigkeit wird angezweifelt; diese kann aber – wie soeben ausgeführt – durch begleitende Maßnahmen sichergestellt werden.

4.2.3.2.8. Aufgrund der Tatsachen, dass die Gemeindeverbände erst 2011 mit einer Erweiterung ihrer Befugnisse ausgestattet wurden, dass die Gründe, die der Steiermärkische Landesgesetzgeber bei der Ablehnung der Verbandslösung anführt, nicht zutreffend sind und dass die Ziele des StGsrG auch mit der Bildung von Gemeindeverbänden erreicht werden könnten, widerspricht die angeordnete Gemeindevereinigung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist damit verfassungswidrig.

4.2.3.2.9. Darüber hinaus ist auch über das Konzept der Kleinregionen gemäß § 38a GemO, in denen mehrere Gemeinden Verwaltungsgemeinschaften bilden, welche zentrale, gemeinschaftlich genutzte Stellen zur Besorgung von behördlichen und privatwirtschaftlichen Angelegenheiten erledigen, durch die Novellierung der GemO[…] eine Möglichkeit geschaffen worden, Einsparungen vorzunehmen. Hierzu hätte der Steiermärkische Landesgesetzgeber auszuführen gehabt, aus welchen Gründen eine Kleinregionenlösung abgelehnt wurde.

4.3. Unzulässigkeit der Gemeindevereinigung

Im Ergebnis verstößt die vom Steiermärkischen Landesgesetzgeber angeordnete zwangsweise Gemeindevereinigung der Antragstellerin mit den Nachbargemeinden, der Marktgemeinde Pöllau, der Gemeinde Rabenwald, der Gemeinde Schönegg bei Pöllau und der Gemeinde Sonnhofen, gemäß § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG gegen die Bestandsgarantie der Institution Gemeinde, das Sachlichkeitsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip und ist damit verfassungswidrig." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der dem Vorbringen der antragstellenden Gemeinde wie folgt entgegengetreten wird:

"Entsprechend [dem] Beschluss des VfGH [vom , G123/2014] [sind] […] nach Ansicht der Landesregierung der ggst. Antrag auf Aufhebung des StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014) zur Gänze sowie der Eventualantrag auf Aufhebung des StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014 berichtigt durch LGBl Nr 36/2014) zur Gänze […] als zu weit gefasst und damit als unzulässig zurückzuweisen. Anzumerken ist, dass diese Anträge auch nicht vom Beschluss des Gemeinderates vom […] umfasst sind.

[…] Als unzulässig erweist sich auch der Antrag, die gesamte Wortfolge des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014) '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau' als verfassungswidrig aufzuheben, da auch diesem Antrag kein entsprechender Beschluss des zuständigen Gemeinde[…]rates zu Grunde liegt […].

[…] Als zulässig erweist sich der Eventualantrag auf Aufhebung der gesamten Wortfolge des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG (idF LGBl Nr 31/2014, berichtigt durch LGBl Nr 36/2014) '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau'. Diesem Antrag liegt auch ein entsprechender Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates zu Grunde […].

Angemerkt wird, dass der Antragstellerin bereits ein Bescheid im Verfahren zur Einsetzung eines Regierungskommissärs und zur Bestellung der Beiratsmitglieder vor Antragstellung zugestellt wurde […].

II. Zu den Aufhebungsanträgen

[…]

II.2. Zur Begründung und den Schlussfolgerungen des Antrages:

Die Landesregierung erachtet die im Antrag […] geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des StGsrG sowie des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG auf Grund folgender Erwägungen als nicht gegeben.

2.1. Zum Vorbringen bezüglich der 'Bestandsgarantie der Institution Gemeinde' […]

2.1.2. Dem Vorbringen der Verletzung des Rechtes der Gemeinde auf eine Bestandsgarantie wird entgegengehalten, dass die Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden (Art116 Abs 1 B VG) sowie die Festlegung der Gemeindegebiete zum Gemeinderecht i.S.v. Art 115 Abs 2 B VG gehören und damit zur Landeskompetenz (VfSlg 7830/1976; 8219/1977). Art 115 Abs 2 1. Satz B VG legt die Verantwortung über die Gemeindestruktur in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung, die die Gemeindestruktur, dem Grundsatz der abstrakten Einheitsgemeinde entsprechend, nach politischem Ermessen regeln kann[.] […]

2.1.3. Auch der Vorwurf, dass das StGsrG ein verfassungsgesetzlich verbotener Vorgriff auf das Verfassungsprogramm der Bildung von Gebietsgemeinden sei, trifft weder für die ggst. Gemeindevereinigung noch insgesamt für die Gemeindestrukturreform zu. Auf Grund der Erläuterungen zu Art 120 B VG (639 BlgNR 9. GP 23[…]) ist davon auszugehen, dass unter Gebietsgemeinden vor allem die 'politische Bezirksverwaltung' und damit ein Zusammenschluss von Ortsgemeinden eines politischen Bezirkes[…] zu verstehen sein wird. Auf Grund der freiwilligen und der durch Gesetz vorgenommenen Gemeindevereinigungen werden in der Steiermark mit (voraussichtlich) 286 Gemeinden (mit Ausnahme der Stadt Graz) in 12 Bezirkshauptmannschaften bestehen. Damit sind die dem Landesgesetzgeber durch Art 120 B VG gesetzten Schranken nicht berührt.

Angemerkt wird, dass die neue Gemeindestruktur in der Steiermark mit 287 Gemeinden und durchschnittlich rd. 3.290 EinwohnerInnen in etwa der Gemeindestruktur des Bundeslandes Salzburg mit 119 Gemeinden und durchschnittlich 3.271 EinwohnerInnen entspricht. Der Vorwurf, es würden Großgemeinden geschaffen, geht daher ins Leere.

2.1.4. Das Vorbringen, wonach der Landesgesetzgeber durch die Gemeindevereinigungen in das Wesen der Institution Gemeinde eingreife, kann bereits mit Hinweis auf die ausführlichen Erläuterungen zum Allgemeinen Teil des StGsrG[…], betreffend die verfassungsrechtlichen Grundlagen und das Konzept der Einheitsgemeinde, entkräftet werden.

2.1.5. Zum Vorwurf der 'politisch motivierten Vorgangsweise' ist anzumerken, dass die Erlassung von Gesetzen immer (auch) ein politischer Prozess ist. Da der Landesgesetzgeber diese 'politische Entscheidung' unter Beachtung der bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben getroffen hat, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit aufzuzeigen.

[…]

Zum behaupteten Eingriff in das Wahlrecht der Bevölkerung ist auszuführen, dass es sich hierbei nicht um ein subjektives Recht der Gemeinde handelt. Des Weiteren wurde die durch die Gemeindestrukturreform bedingte Neuwahl der Gemeinderäte zeitlich so angelegt, dass diese gleichzeitig mit den regulären, alle fünf Jahre stattfindenden allgemeinen Gemeinderatswahlen im Jahre 2015 durchgeführt werden kann. Die Gemeinde kann sich daher in ihrem Antrag nicht auf eine Verletzung in diesem Recht stützen. Auf dieses Vorbringen ist daher auch nicht näher einzugehen.

2.2. Zur dargelegten Verletzung des Gleichheitssatzes bzw. Verletzung des Sachlichkeitsgebotes […]

2.2.1. Allgemeines Vorbringen und Vorbringen der Bedenken im Hinblick auf die Verbesserung der Gemeindestruktur

[…]

Wie noch ausgeführt wird, sind durch die Vereinigung der Antragstellerin mit den Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen Vorteile durch gemeinsame Nutzung der Infrastruktur, durch eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und damit einhergehend eine übergreifende Gestaltung des Raumes, insbesondere auch im Bereich der Sicherstellung der Grundversorgung durch den funktionellen Zusammenhang mit dem Teilregionalen Versorgungszentrum Pöllau zu erwarten. Weiters [werden] durch die Zusammenlegung der Gemeindeverwaltungen eine professionelle Verwaltung, eine höhere Effizienz durch umfassende, verschränkte Kompetenzen und Themenverantwortung sowie entsprechende budgetäre Spielräume ermöglicht werden.

Die Kritik am Leitbild zur Gemeindestrukturreform ist mit Hinweis [u.a.] auf […] die Allgemeinen Erläuterungen zum StGsrG[…], vor allem aber im Hinblick auf 306 Gemeinderatsbeschlüsse für eine freiwillige Vereinigung entsprechend dem Leitbild zur Gemeindestrukturreform[…] nicht nachvollziehbar.

Das Land Steiermark hat im Rahmen der Vorschlags- und Verhandlungsphase unter Einbindung der Gemeinden, des Gemeinde- und Städtebundes entsprechende Grundlagen wie z.B. das Leitbild zur Gemeindestrukturreform erarbeitet. In dieses Leitbild sind die in Auftrag gegebenen Studien von ******** ******** ********************** *** – ******* *** ************ *** ******************** sowie von der *** **** **** […] eingeflossen. Dieses Leitbild wurde nach Behandlung im Landtag veröffentlicht und jeder betroffenen Gemeinde, folglich auch der Antragstellerin, umgehend zur Kenntnis gebracht.

Der VfGH hat aus dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes ein umfassendes System von Standards und Maßstäben zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von Gemeindegebietsreformen aufgestellt, das bei der steirischen Gemeindestrukturreform beachtet wurde. Dafür war es auch zulässig und sinnvoll, für die neue Gemeindestruktur ein Leitbild zu entwickeln, das auf den dargestellten Zielen und generellen Kriterien beruht. Der Landesgesetzgeber hat auf der Grundlage dieses Leitbildes, der öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 Abs 2 GemO sowie der im StGsrG genannten Ziele der Strukturreform eine Gesamtabwägung vorgenommen. Er hat auch in jedem Einzelfall Vor- und Nachteile abgewogen und beleuchtet, ob die Anwendung der generellen Kriterien in Einzelfällen zu unvertretbaren ('unsachlichen') Entscheidungen führt (vgl. zu dieser Vorgangsweise insb. VfGH G44/2014/V 46/2014[…]).

Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und der kleinteiligen Gemeindestruktur in der Steiermark erweist sich die Stärkung der Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene auf Basis des 'Zentralen-Orte-Konzeptes' des Leitbildes als erforderlich.

2.2.1.1. Zum Vorbringen 'Wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden' […]

Wenn die Antragstellerin […] darauf verweist, dass eine Berufung auf das Finanzausgleichsgesetz und das alleinige Bewirken einer Erhöhung der Finanzkraft nicht geeignet seien, eine Gemeindevereinigung sachlich zu rechtfertigen, dann übersieht sie, dass der Gesetzgeber die ggst. Gemeindevereinigung nicht auf solche Gründe gestützt hat. Dieses Vorbringen ist daher nicht zutreffend.

Es ist richtig, dass die Fusionsprämie des Bundes gemäß § 21 Abs 9 FAG 2008 der neuen Gemeinde zusteht. Bedenken der Antragstellerin dahingehend, dass die Bevölkerung der Antragstellerin davon nicht profitieren würde, sind insofern unberechtigt, als mit dieser Prämie pauschal die Kosten der Gemeindefusion abgegolten werden sollen und damit (im Nachhinein) auch die Kosten, die der Antragstellerin im Zusammenhang mit Vorbereitungsmaßnahmen für die Vereinigung entstanden sind.

Die Antragstellerin stellt […] mit Hinweis auf die Erläuterungen zu § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG[…] ihre finanzielle Lage dar. Dabei lässt sie jedoch außer Acht, dass sie im Zeitraum 2008 bis 2012 auch Bedarfszuweisungsmittel in Höhe von EUR 438.800,00 erhalten hat […].

Die Landesregierung weist im Hinblick auf den dargestellten Gesamtschuldenstand zudem darauf hin, dass sie auch Gemeinden vereinigen kann, die unterschiedliche finanzielle Ausgangslagen haben. Denn der Gesetzgeber bewegt sich im Rahmen des ihm von der Verfassung zugestandenen Gestaltungsfreiraumes, wenn er darauf abzielt, zwischen finanziell stärkeren und schwächeren Gemeinden einen Ausgleich zu schaffen[,] und er sich auch des Mittels der Änderung der Gemeindestruktur bedient […].

Zudem führt die Antragstellerin aus, dass sie unter anderem trotz 'Nicht-Auszahlung der Ertragsteile des Bundes' im Jahr 2010 stets in der Lage gewesen sei, ihren Haushalt vorbildlich zu führen. Die nicht weiter begründete Behauptung der Antragstellerin entspricht nicht den Tatsachen. Die Landesregierung hält fest, dass die vom Bund angewiesenen Ertragsanteile[,] dem Finanzausgleichsgesetz 2008 entsprechend, auch im Jahr 2010 an alle steirischen Gemeinden und damit auch an die Antragstellerin ausgezahlt wurden.

Die Antragstellerin weist zudem darauf hin, dass neben den Pflichtaufgaben der Gemeinde zahlreiche Serviceleistungen für die GemeindebürgerInnen angeboten und erledigt werden. Als Beispiel führt die Antragstellerin an, dass gerade ältere Menschen wegen fehlende[n] Internetzugang[es] bzw. fehlende[r] Kenntnisse[…] auf die Serviceleistung im Gemeindeamt angewiesen wären. Dazu bemerkt die Landesregierung, dass keine Gründe bekannt sind, dass diese Serviceleistungen für die GemeindebürgerInnen nicht auch durch die neue Gemeinde weiter erbracht werden könnten.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Landesregierung auf Grund der von ihr vorgenommenen Prognose über die finanziellen Auswirkungen der gegenständlichen Vereinigung von Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 195.000,00 ausgeht. Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, wie gemeinsame Nutzung von Büroinfrastruktur (EUR 20.000,00) und im Bereich der Bezüge der Gemeindeorgane (EUR 150.000,00) und der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie für den Gemeindebetrieb (insgesamt EUR 25.000,00) erzielbar […].

Durch die Gemeindevereinigung werden der neuen Gemeinde in etwa 1% bis 2% mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen[…] als ohne Vereinigung. Die Landesregierung weist darauf hin, dass die neue Gemeinde zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.

Zum Vorbringen der Kritik des Rechnungshofes in seiner Stellungnahme im Begutachtungsverfahren […] ist festzuhalten, dass der Rechnungshof grundsätzlich positiv anmerkt, dass die Ziele des StGsrG seinen Vorschlägen in Bezug auf Strukturreform im Gemeindebereich Rechnung tragen. Wenn vom Rechnungshof bemängelt wird, dass die finanziellen Auswirkungen auf die Konstellationen nicht dargestellt wurden, so ist dem entgegenzuhalten, dass im Begutachtungsentwurf tatsächlich nur der Allgemeine Teil der Erläuterungen enthalten war. Der umfassende Erläuterungsteil mit den Begründungen für jede einzelne Konstellation wurde aus zeitlichen Gründen erst in die Regierungsvorlage aufgenommen. Eine Gesamtabschätzung des Einsparungspotentials wurde aber bereits im Leitbild durch auszugsweise Veröffentlichung der Studie der ******** ******** ********************** *** vorgelegt […]. Auch der zuständige Ausschuss des Landtages und in der Folge der Landtag Steiermark haben sich mit dieser Frage beschäftigt und in einem schriftlichen Bericht festgehalten, dass die Bestimmungen des § 18 Abs 3 GeoLT eingehalten wurden […].

2.2.1.2. Zum Vorbringen 'Infrastruktur und Demografische Entwicklung' […]

[…]

2.2.1.2.2. Im Gemeindegebiet der durch die Gebietsänderung betroffenen – neuen – Gemeinde müssen der Bevölkerung gewisse Infrastrukturdienstleistungen angeboten werden.

Die Marktgemeinde Pöllau ist gemäß § 4 Abs 1 des Regionalen Entwicklungsprogrammes für die Planungsregion Hartberg (LGBl Nr 37/2010) als Teilregionales Versorgungszentrum mit einer über das Gemeindegebiet hinausgehenden Versorgungs- und Dienstleistungsfunktion ausgewiesen und erfüllt wichtige Versorgungsfunktionen für die Umlandgemeinden. Die Gemeinde Pöllau weist eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungen wie produzierendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungen auf, aber auch öffentliche und private Einrichtungen wie Kindergarten, Volksschule, Hauptschule, Polytechnische Schule, Musikschule, Nahversorger, Standesamt, Apotheke, Bank, Postamt, Pfarre, Rettungsstelle, Polizeidienststelle, (Fach-)Ärzte sowie zahlreiche Sport- und Freizeiteinrichtungen (z.B. Freibad, Tennishalle). Pöllau verfügt damit über eine vielfältige lokale Versorgungsinfrastruktur und ergänzende höherrangige Infrastruktureinrichtungen, insbesondere im Schul-, Freizeit- und Sozialbereich. Aufgrund der zentralen Lage ist der Hauptort Pöllau das wirtschaftliche, öffentliche und soziale Zentrum für die angrenzenden Gemeinden.

Die Antragstellerin ist hingegen gemäß dem Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Hartberg mit keiner 'Gemeindefunktion' ausgestattet. Auch verfügt die Antragstellerin über keine zentralörtliche Funktion im Nahversorgungsbereich.

[…]

Wie von der Antragstellerin angemerkt und auch in den Erläuterungen zum Gemeindestrukturreformgesetz ausgeführt, bestehen hinsichtlich der Versorgung der BürgerInnen mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen sowie des (Pflicht-)Schulangebotes und der ärztlichen Versorgung Verflechtungen mit den Nachbargemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau sowie Sonnhofen.

2.2.1.2.3. Die Sprengel der Neuen Mittelschule sowie der Polytechnischen Schule Pöllau umfassen auch das Gebiet der Antragstellerin. 38 SchülerInnen der antragstellenden Gemeinde besuchen die Neue Mittelschule Pöllau mit derzeit 277 SchülerInnen.

Die neue Gemeinde verfügt über vier Kindergärten und vier Volksschulen. Den Kindergarten in Pöllau besuchen 2013/2014 54 Kinder bei 70 bewilligten Plätzen, den Kindergarten in Schönegg bei Pöllau besuchen 37 Kinder bei 50 bewilligten Plätzen, den Kindergarten in Sonnhofen besuchen 25 Kinder bei 25 bewilligten Plätzen und den Kindergarten der Antragstellerin besuchen 23 Kinder bei 25 bewilligten Plätzen.

Die Volksschule Pöllau hat derzeit 106 SchülerInnen, die Prognose für das Schuljahr 2019/20 lautet auf 94 SchülerInnen; die Volksschule Schönegg bei Pöllau hat derzeit 53 SchülerInnen, die Prognose für das Schuljahr 2019/20 lautet auf 57 SchülerInnen; die Volksschule Sonnhofen hat derzeit 40 SchülerInnen, die Prognose für das Schuljahr 2019/20 lautet auf 35 SchülerInnen; die Volksschule der Antragstellerin hat derzeit 28 SchülerInnen, die Prognose für das Schuljahr 2019/20 lautet auf 27 SchülerInnen.

Es wird daher nach der Vereinigung die Aufgabe der neuen Gemeinde sein, die bestehende Kindergarten- und Schulinfrastruktur bedürfnisorientiert auf die sich ändernde Schülerlnnenzahl anzupassen. Auf den Bericht des Rechnungshofes über die Schulstandortkonzepte/-festlegung im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen in den Ländern Oberösterreich und Steiermark (Steiermark 2014/7) darf in diesem Zusammenhang hingewiesen werden, wonach der eingeschlagene Weg der Standortoptimierung konsequent fortzusetzen wäre.

Innerhalb der neuen Gemeinde kann somit flexibler und rascher auf die Bedürfnisse der Bevölkerung reagiert werden. Dem entspricht die Darstellung in der Bürgerinformationsveranstaltung vo[m] in der Marktgemeinde Pöllau, wonach z.B. nach einer Bedarfserhebung in der neuen Gemeinde eine Nachmittags- bzw. Sommerbetreuung für die Kinder zentral in Pöllau für die gesamte Gemeinde angeboten werden könnte […].

Die Verflechtungen zeigen sich auch in der Pendlerstatistik. 2011 hatte die Antragstellerin 133 ErwerbseinpendlerInnen und 411 Erwerbsauspendlerlnnen, sie hatte folglich einen negativen Pendlersaldo von 278, ist also eine Auspendlergemeinde. Von diesen 411 Auspendlerlnnen pendeln 86 Personen nach Pöllau und die Umlandgemeinden, das ist mehr als jede(r) fünfte Erwerbsauspendlerln. Von den 133 Einpendlerlnnen sind 67 aus Pöllau und Umgebung, d.h. die Hälfte aller Einpendlerlnnen in die Antragstellerin kommt aus Pöllau und Umgebung.

Aufgrund der Tatsache, dass Infrastruktureinrichtungen schon derzeit gemeindegrenzübergreifend genützt werden, können die räumlichen Funktionen in der neuen Gemeinde so gebündelt werden, dass im Wesentlichen eine Deckung der Grundfunktionen Wohnen, Naherholung, Versorgung und Bildung stattfindet. Die neue Gemeinde ist daher in der Lage, ihre Infrastruktur besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung oder auch der Wirtschaftstreibenden auszurichten und damit in jedem Fall eine Grundversorgung für die EinwohnerInnen langfristig sicherzustellen. Darüber hinaus kann die neue Gemeinde ihre Einrichtungen gezielter auf die Erfordernisse der demographischen Entwicklung (z.B. Veränderungen in der SchülerInnenzahl, Zunahme der älteren Bevölkerung) ausrichten. Dies alles spricht für die Sachlichkeit der Vereinigung, da durch die gemeinsame und somit effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur mittelfristig insgesamt Kosteneinsparungen, ein effizienterer Einsatz der Budgetmittel und eine bessere Auslastung der Infrastruktur zu erwarten sind.

[…]

[…] [I]n der Steiermark [betreiben] schon jetzt mehrere Gemeinden – bspw. aus topografischen Gründen – zwei oder gar mehrere völlig getrennt voneinander bestehende Versorgungseinrichtungssysteme (Wasser, Kanal, Fernwärme)[…]. Das Nichtvorliegen eines, das neue Gemeindegebiet zentral umfassenden Ver- oder Entsorgungssystems steht einer Gemeindevereinigung nicht entgegen. Die Antragstellerin unterlässt eine nähere Begründung, weshalb die Vereinigung der beiden Gemeinden eine Änderung der vorhandenen Anlagen der kommunalen Infrastruktur bedinge. Die Vereinigung zweier oder mehrerer Gemeinden zu einer neuen Gemeinde erfordert grundsätzlich keinen Neubau öffentlicher Anlagen, wie etwa jene zur Wasserver- oder Abwasserentsorgung.

In Bezug auf das Vorbringen der wesentlichen 'Verteuerung der Lebenskosten' ist festzuhalten, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung sämtlicher Abgabepflichtigen im Gemeindegebiet der Gemeinderat der neuen Gemeinde neue Gebührenordnungen aufgrund neuer Kalkulationen zu erlassen hat. Die Neufestsetzung von Benützungsgebühren ist gemäß § 11 Abs 3 GemO allerdings so durchzuführen, dass sie tunlichst zu keiner außergewöhnlichen Erhöhung gegenüber der bisher von der ursprünglichen Gemeinde den Gemeindemitgliedern vorgeschriebenen Geldleistung führt. In Fällen errechneter außergewöhnlicher Erhöhungen besteht für den Verordnungsgeber die Möglichkeit, die erforderlichen Anpassungen auf längstens sieben Jahre zu erstrecken. Der Gesetzgeber hat somit eine Möglichkeit geschaffen, allenfalls notwendige Gebührenanpassungen in einer für die Bevölkerung möglichst schonenden Art und Weise umzusetzen.

[...]

Aus Sicht des Landes sind die Einwohnerzahl und die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung entscheidende Kriterien für die Funktionsfähigkeit eines Gemeinwesens und somit im öffentlichen Interesse. Der Bevölkerungsstand der Antragstellerin ist von 1981 bis 2013 steigend (+14,0%), am hatte die Antragstellerin 1.054 EinwohnerInnen. Seit 2001 schwankt der Bevölkerungsstand mit negativer Tendenz, mit einem aktuellen Bevölkerungsstand von 1.034 EinwohnerInnen am Stichtag . Die Geburtenbilanz (Geburten minus Sterbefälle) ist in den letzten Jahren durchwegs ausgeglichen (in etwa gleich viele Geburten wie Sterbefälle)[…] und die Wanderungsbilanz (Zuzüge minus Wegzüge) negativ. Da zu erwarten ist, dass die Geburtenbilanz auch in Zukunft ausgeglichen sein wird und für die Wanderungsbilanz weiter von einer negativen Entwicklung ausgegangen wird, kommt man bei der Bevölkerungsprognose 2030 für die Antragstellerin auf einen Bevölkerungsrückgang auf 976 EinwohnerInnen.

[…]

Die Antragstellerin führt im Antragsvorbringen eine aktuelle Bevölkerungszahl von 1.051 EinwohnerInnen an, diese weicht jedoch von den […] offiziellen Bevölkerungszahlen von der Statistik Austria ab.

Die Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau sowie Sonnhofen ist laut Prognose bis 2030 – wie in den Erläuterungen festgehalten – ebenfalls rückgängig.

Nach der Judikatur des VfGH ist die Zusammenlegung einer (aus demografischer Sicht so definierten) Kleingemeinde mit weniger als 1.000 EinwohnerInnen mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich. Diese Einwohnergrenze stelle einen bloßen Richtwert dar und sei keineswegs eine starre Grenze […]. Demgemäß ist auch bei einer geringfügigen Überschreitung dieser Grenze – wie bei der antragstellenden Gemeinde – von einer grundsätzlichen Sachlichkeit der betreffenden Vereinigung auszugehen. Von einer Sachlichkeit könne in jenen Fällen nicht mehr gesprochen werden, in denen die Zusammenlegung auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen […]. Solche Umstände werden hier nicht vorgebracht.

Durch die Vereinigung der Gemeinden mit einer Bevölkerungszahl von 6.154 (Stichtag ) kann besser auf den prognostizierten, leichten Bevölkerungsschwund und die Altersstruktur der Bevölkerung reagiert werden. In Anbetracht dieses Rückganges ermöglicht die Vereinigung der fünf Gemeinden eine mittel- bis langfristige Erhaltung und Attraktivierung des Versorgungs- und Dienstleistungsangebots; größere Gemeinden können die Instrumente der Raumplanung neu einsetzen und die lokale Infrastruktur auf eine realistische, längerfristige Bevölkerungszahl ausrichten. Darauf wird auch in den Erläuterungen zu § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG[…] hingewiesen.

Alle fünf Gemeinden sind Teil des Naturparks 'Pöllauer Tal'. Dennoch spielt der Tourismus, mit Ausnahme des Hauptortes Pöllau, bisher nur eine untergeordnete Rolle. Die gezielte Umsetzung geeigneter touristischer Angebote ist in der bestehenden Struktur mit erhöhtem Abstimmungsbedarf verbunden und mit kleinen Budgets schwieriger umzusetzen. Mit einer Vereinigung kann eine bessere lokale Abstimmung und eine stärkere Vertretung von (touristischen) Interessen auf regionaler Ebene erreicht werden. Die Vereinigung ist somit Grundlage für eine strategische und räumlich abgestimmte Standortentwicklung, dadurch können wichtige, auf die Zukunft ausgerichtete Vorhaben[…] in einem größeren regionalen Kontext gelöst werden.

Diese Chancen einer Vereinigung werden auch in der Amtlichen Mitteilung der Gemeinde Pöllau vom Frühjahr 2014 festgehalten […], worin es heißt: 'Durch Bündelung unserer Kräfte würden sich für uns als größere Gemeinde neue Chancen und Handlungsspielräume ergeben. Gemeinsam wird es uns gelingen, den regionalen Wirtschaftsraum weiter zu stärken und so das Fundament für ein künftiges Pöllau zu schaffen. Dadurch können wir die optimale Lebens- und Wohnqualität im Pöllauer Tal weiter ausbauen und auch für unsere künftigen Generationen sichern.'

2.2.1.2.6. Zum kritisierten Punktesystem ist festzuhalten, dass die Kriterien, auf deren Basis die neue Gemeindestruktur der Steiermark – unter Einbindung von Städte- und Gemeindebund – erarbeitet wurde, im Leitbild zur Gemeindestrukturreform umfassend dargelegt und dokumentiert wurden. Diese sind neben der Haushalts- und demografischen Entwicklung in den Gemeinden raumordnungspolitische und infrastrukturelle Gesichtspunkte, die geografische Lage der Gemeinden (Topografie), bestehende Kooperationen sowie die Lebensrealitäten der Gemeinden (Orientierung am 'Zentrale-Orte-Konzept').

2.2.1.3. Zum Vorbringen 'Raumplanung und Siedlungsverflechtungen' […]

[…]

Zu dieser Argumentation der Gemeinde Saifen-Boden ist unter Berücksichtigung der rechtswirksamen Raumpläne der angeführten Gemeinden Folgendes anzumerken:

 Der Verweis auf den Höhenunterschied ist hinsichtlich einer allfälligen Aussagerelevanz für oder gegen eine Vereinigung nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin weist innerhalb ihres Gemeindegebietes einen Höhenunterschied von ca. 500 m auf […]. Es ist ein westsüdöstliches Gefälle erkennbar, welches zur Nachbargemeinde Pöllau führt.

[…]

 Auch wenn die Entfernung der Ortskerne zwischen der Antragstellerin und der Gemeinde Pöllau bei ca. 4,5 km lieg[t] (Luftlinie laut Web GIS pro ca. 3,2 km), so befinden sich die flächenmäßig gegenüber Oberhochegg größeren Siedlungsgebiete der antragstellenden Gemeinde (Bereich des örtlichen Siedlungsschwerpunktes Feldhöf, Bereich Unterhochegg, Bereich Höbing, Bereich Grubergründe) aber in Nahelage zu Pöllau (Luftlinie laut Web GIS pro ca. 1,8 km). Das Baugebiet im Bereich Kreuzung L448 und L406 grenzt unmittelbar an Baugebiete der Nachbargemeinden Pöllau und Sonnhofen. Es liegen somit siedlungspolitische Verflechtungen vor […][.]

[…]

 Die Vereinigung der Gemeinden zu einer neuen Gemeinde ermöglicht für dieses Gebiet eine optimierte örtliche Raumplanung, ohne den Beschränkungen durch die jeweiligen Teilinteressen der bisherigen Einzelgemeinden ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch für die Erstellung des neuen Örtlichen Entwicklungskonzeptes, wo die Entwicklungspotentiale dieses Raumes ganzheitlich unter den geeigneten raumpolitischen Gesichtspunkten ausgeschöpft werden können.

 In Bezug auf das Vorbringen der Antragstellerin, dass bei der Vereinigung die Widmung neuer Baugründe in der antragstellenden Gemeinde nicht mehr möglich sei, sondern diese dann im 'Zentral-Ort' Pöllau stattfinden würde und bereits bestehende Baulandwidmungen in der Antragstellerin zurückgenommen werden würden, um eine Bevölkerungszentralisierung im 'Zentral-Ort' Pöllau herbeizuführen, verweist die Landesregierung auf den Umstand, dass das Vorbringen auf einer nicht nachvollziehbaren Annahme der Antragstellerin beruht. Eine etwaige Zurücknahme der Baulandausweisungen ergibt sich nicht aus dem StGsrG, sondern könnte nur aus bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen abgeleitet werden. Die raumordnungsrechtliche Festlegung dieser Gebiete liegt auch nach der Vereinigung im eigenen Wirkungsbereich der neu entstandenen Gemeinde. Ihr obliegt dann die Entscheidung, in welchen Bereichen sie künftige Entwicklungen – unter Prüfung der jeweiligen rechtlichen Vorgaben und Standortbedingungen – beabsichtigt.

2.2.1.3.2[.] Die Antragstellerin führt weiters aus, dass eine durchgehende Wohnsiedlungsstruktur nicht bestünde[…] [und] die Orte durch den Gewerbepark Saifen-Boden/Pöllau getrennt würden, wodurch zugleich verhindert werden würde, dass sich zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pöllau eine durchgehende Siedlungsstruktur etablieren werde.

Dazu ist anzumerken, dass 'Siedlungsstruktur' ein Überbegriff verschiedenster Baugebietsfunktionen ist, weshalb der Wechsel von Wohngebieten mit Industrie- und Gewerbegebieten aus raumplanerischer Sicht keine Unterbrechung der Siedlungsentwicklung darstellt. Vielmehr handelt es sich hier um einen funktionalen Raum, der durch eine politisch-administrative Grenze getrennt wird. Hinweise auf eine 'intensive Koordination in der Raumplanung' zwischen den Gemeinden sind dem Örtlichen Entwicklungskonzept von Saifen-Boden nicht zu entnehmen.

[…]

Zu den von der Antragstellerin […] angeführten Dienstleistungsunternehmen merkt die Landesregierung an, dass bei Betrachtung dieser Dienstleistungsunternehmen ersichtlich wird, dass viele der angeführten Unternehmen ihren Sitz im Gewerbepark bzw. in unmittelbarer Nähe der Gemeindegrenze zur Marktgemeinde Pöllau haben. […]

[…]

Zu diesem Bereich nimmt auch das Örtliche Entwicklungskonzept 5.0 der Antragstellerin aus 2012 Bezug:

'Die Gewerbezone der Gemeinde Saifen-Boden befindet sich hauptsächlich im Südosten des Gemeindegebietes. Hier sind holzverarbeitende Betriebe, Landmaschinenhandel, Holzhandel, Lebensmittelmarkt, Lackiererei und Werkstätte, das AWZund Baufachmärkte angesiedelt.' […]

Im ÖEK 5.0 heißt es weiter:

'Bereich IV, Kreuzung L 448 und L 406:

Dieser Bereich wird von Dienstleistungs- und Gewerbebetrieben genutzt. Die verkehrstechnisch sehr günstige Lage und die Nähe zu Pöllau haben sich sehr günstig auf die Entwicklung ausgewirkt. Das Areal soll in Zukunft weiter von Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben genutzt werden. Da es keine Erweiterungsmöglichkeiten in diesem Bereich mehr gibt, wurde östlich der L406 ein Bereich als Entwicklungsgebiet für Gewerbenutzung definiert: Es handelt sich bei diesen Flächen um die einzigen noch geeigneten Flächen für Gewerbeentwicklung im Gemeindegebiet. Die Voraussetzungen für eine gewerbliche Nutzung sind gegeben. Der Bereich liegt lt. Regionalem Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Hartberg in der Kategorie Siedlungs- und Industrielandschaft.' […].

Auch dadurch wird belegt, dass die Antragstellerin in wirtschaftlicher Hinsicht von der Nähe zu Pöllau als zentralem Ort profitiert und eine funktionelle Verflechtung zwischen den beiden Gemeinden gegeben ist.

In Zusammenschau der raumplanerischen Beurteilung sowie unter Berücksichtigung der vielfältigen organisatorischen Verbindungen, die bereits ausführlich in den Erläuterungen zum StGsrG[…] dargelegt wurden und sich insbesondere im Tourismusverband, im Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverband, im Reinhalteverband, in der Pfarre und in der Kleinregion zeigen, ist eine eindeutige raumstrukturelle und funktionelle Verflechtung zwischen der Antragstellerin und der Marktgemeinde Pöllau gegeben.

2.2.1.4. Wenn die Antragstellerin behauptet, das Land ignoriere die kulturelle Eigenständigkeit der antragstellenden Gemeinde[,] und hinzufügt, dass auch kulturelle Faktoren wie z.B. ein umfassendes Vereinsleben und kulturelle Faktoren gegen eine Vereinigung der betroffenen Gemeinden sprechen, so genügt der Verweis auf § 1 Abs 2 StGsrG, wonach auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden. Mit dem StGsrG ist ein Eingreifen in das Vereinsleben nicht intendiert; es zählt (auch) zu den Aufgaben einer Gemeinde, das Vereins- und Kulturleben im Gemeindegebiet so zu unterstützen, dass in diesen Bereichen eine gedeihliche Entwicklung möglich ist. Den Unterlagen zur Bürgerinformationsveranstaltung vom […] ist zu entnehmen, dass alle Vereine erhalten bleiben und weiterhin unterstützt werden sollen. Es besteht überdies die Absicht, ein zentrales Vereinsmanagement zu organisieren und durch einen Veranstaltungskalender bestehende Veranstaltungen besser zu koordinieren.

2.2.1.5. Weiteres Vorbringen der Antragstellerin zu den Kriterien der Sachlichkeit […]

[…]

Unter Verweis auf die obigen Ausführungen wird seitens des Landes angemerkt, dass die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Entfernung des Ortsteiles Winkl-Boden zum Zentralort Pöllau von bis zu 14,6 km nur für die entferntesten Wohnbereiche und hier nur für wenige Wohnhäuser bzw. Gehöfte zutrifft. Im Schnitt liegen die Ortszentren der in § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG angeführten Gemeinden 5 km voneinander entfernt. Diese Entfernung kann aufgrund der guten Verkehrsanbindung – die Antragstellerin ist über die L448 und die L406 verkehrsmäßig gut erschlossen – als zumutbar angesehen werden […].

Darüber hinaus wird der Aspekt der Entfernung auch anders bewertet werden müssen als etwa in den 70er Jahren. Besonders der erhebliche Ausbau der Infrastruktur, das verbesserte Straßennetz, der höhere individuelle Motorisierungsgrad und neue verbesserte Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs relativieren die Überwindung von räumlichen Distanzen. Dazu kommt, dass BürgerInnen durch die umfassende Modernisierung der Verwaltungsführung, wie etwa durch die Einführung von e-government, viele Verwaltungsangelegenheiten mit modernen Kommunikationsmitteln bewerkstelligen können. Folglich ist die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens im Gemeindeamt für BürgerInnen mittlerweile deutlich reduziert. Der Gesetzgeber darf daher berücksichtigen, dass mit zunehmender technischer Entwicklung und dem Ausbau von Infrastrukturen sowie der Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten räumliche Entfernungen heute eine weit geringere Rolle spielen.

2.2.1.5.2. Die antragstellende Gemeinde führt als weiteres Argument für die Verfassungswidrigkeit den Widerstand der Bevölkerung gegen die normierte Vereinigung an. So hätten [sich] bei der am durchgeführten Volksbefragung bei einer Wahlbeteiligung von 65,4%[…] 82,4% gegen eine Vereinigung ausgesprochen.

Dem ist zu entgegnen, dass in allen Phasen des Gemeindereformprozesses vom Land Wert darauf gelegt wurde, kommunale Interessen zu berücksichtigen, die Gemeinden einzubeziehen und den Prozess möglichst transparent zu gestalten. Aufgrund der einseitigen Information der BürgerInnen durch den Bürgermeister der Antragstellerin im Schreiben vom im Zuge der Volksbefragung kann nicht von einer unbeeinflussten Meinungsfindung der Bevölkerung gesprochen werden […].

Der VfGH hat ausgesprochen, dass dem Willen der Bevölkerung dann keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, wenn der Gesetzgeber aufgrund seiner Prognose erwarten konnte, dass sich für die Kommunalstruktur als Komplex betrachtet Vorteile ergeben […].

Die Ergebnisse der auf Ebene der Gemeinde angewandten Instrumente der direkten Demokratie sind – soweit sie der Aufsichtsbehörde mitgeteilt wurden – in jedem Einzelfall in die Abwägung aller Aspekte, die für und gegen die Gemeindevereinigung sprechen, mit eingeflossen. Sie waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch der antragstellenden Gemeinde, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – nach den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren (vgl. etwa VfSlg 13.543/1993).

[…]

[Es] ist festzuhalten, dass die Antragstellerin selbst ausführt, dass es mehrfach Gespräche mit und Stellungnahmen von Vertretern des Landes gegeben habe. Von einer informationsverweigernden Haltung seitens des Landes kann daher nicht ausgegangen werden. […] Der Antragstellerin wurde im Rahmen [des Gemeindestrukturreformprozesses] entsprechend der Aktenlage […] mehrfach die Möglichkeit geboten, zu der Strukturreform – auch in persönlichen Gesprächen mit Vertretern des Landes Steiermark – Stellung zu nehmen, worauf der dargestellte Verfahrensablauf der antragstellenden Gemeinde[…] auch mehrmals Bezug nimmt.

So wurden z.B. der antragstellenden Gemeinde die Überlegungen des Landes anlässlich des Verhandlungsgespräches in der (damaligen) Bezirkshauptmannschaft Hartberg am näher gebracht.

Für die zu vereinigenden Gemeinden wurde ein Landeskoordinator bestellt, der mehrmals mit den Gemeinden im Rahmen von Koordinierungsgesprächen Kontakt hatte. Hier wurden unter anderem auch allgemein auftretende Fragen und Themen zum Gemeindestrukturreformprozess besprochen. Anzumerken ist, dass Vertreter der antragstellenden Gemeinde am an einem Koordinierungsgespräch teilgenommen haben.

Die ursprünglich angedachte Vereinigungskonstellation, die zusätzlich zu den in § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG ge[…]nannten Gemeinden die Gemeinde Pöllauberg umfasste, wurde nicht weiter verfolgt. Aus sachlichen Erwägungen wurde die gegenständliche Vereinigung vorgeschlagen.

Von Landesseite wurde im Schreiben der Abteilung 7 vom sowie vom an die Antragstellerin angeboten, die Argumente für die Vereinigung bei einem gemeinsamen Gesprächstermin zu erörtern.

Des Weiteren wurde mit Schreiben vom ausführlich auf ein Auskunftsbegehren der Antragstellerin geantwortet. Das Land bekundete immer wieder die Bereitschaft zu einem weiteren gemeinsamen Gesprächstermin, ein solcher wurde von der Antragstellerin nicht wahrgenommen.

Überdies haben die Gemeinden Pöllau, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen am eine gemeinsame Bürgerinformationsveranstaltung unter dem Titel 'Aus 5 wird 1 – Die neue Marktgemeinde Pöllau' […] für alle GemeindebürgerInnen abgehalten.

Hervorzuheben ist, dass sich die Gemeinderäte der Gemeinden Sonnhofen, Schönegg bei Pöllau und Pöllau durch Beschluss für die ggst. Vereinigung ausgesprochen haben. Der Gemeinderat der Gemeinde Rabenwald hat die Vereinigung mit insgesamt sechs Gemeinden (zusätzlich mit Pöllauberg) beschlossen.

Wenn die antragstellende Gemeinde rügt, dass sich der Landesgesetzgeber sogenannter 'Allgemeinfeststellungen' und 'pauschaler Stehsatzzitate' bedient, so ist dem Folgendes entgegen[…]zu[…]halten: Gesetzeserläuterungen haben die dem Gesetz zugrunde liegenden Umstände, Motive und Überlegungen sowie den wesentlichen Inhalt und die zu erwartenden Auswirkungen des Entwurfes darzustellen. Sie haben jedoch keine normative Kraft, so wie es die Ausführungen der antragstellenden Gemeinde[…] erscheinen lassen. Gesetzeserläuterungen sind auch nicht schon allein deshalb mangelhaft, weil sie vielleicht ähnlich formuliert sind.

In den Erläuterungen wurde jede einzelne Gemeinde entsprechend den Kriterien des Leitbildes spezifisch beschrieben und in den Erwägungen öffentlicher Interessen der Gebietsänderung die Prognosebeurteilung für jede der Gemeinden gut begründet. Da die öffentlichen Interessen in § 6 Abs 2 GemO definiert werden, ergibt sich naturgemäß, dass immer wieder auf die gleichen, dort genannten öffentlichen Interessen Bezug genommen wurde.

Weiters kommt jeder Gemeinde durch das Prinzip der Einheitsgemeinde grundsätzlich eine gleiche verfassungsrechtliche Stellung hinsichtlich Organisation und Aufgabenstellung zu, sodass sich auch daraus zwangsläufig Wiederholungen in den Formulierungen ergeben, worin die Landesregierung aber keine Unsachlichkeit erkennen kann.

2.2.1.5.4. Die Antragstellerin bringt weiters vor, dass andere – mit der antragstellenden Gemeinde vergleichbare – Gemeinden mit einer ihrer Ansicht nach 'schwächeren Gemeindestruktur' von der Gemeindestrukturreform nicht betroffen seien, und sieht darin eine Ungleichbehandlung.

Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH […] lässt der von der antragstellenden Gemeinde hervorgehobene Umstand, dass Gemeinden mit einer ihrer Ansicht nach 'schwächeren Gemeindestruktur' von der Gemeindestrukturreform nicht betroffen seien, keinen Rückschluss darauf zu, dass die gegenständliche Vereinigung unsachlich wäre.

2.2.1.5.5. Die antragstellende Gemeinde sieht generell durch die Bildung von Gemeindeverbänden und insbesondere in der Einführung eines Mehrzweckverbandes eine bessere Alternative zur Vereinigung der betroffenen Gemeinden. Diese Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation seien jedoch seitens des Landes im Sinne einer unverhältnismäßigen Vorgehensweise immer wieder negiert worden.

Der Landesgesetzgeber hat die B VG-Novelle zur Stärkung der Rechte der Gemeinden, BGBl I Nr 60/2011, durch Novellierung des § 38 Stmk. Gemeindeordnung 1967 und des Stmk. Gemeindeverbandsorganisationsgesetzes 1997 (siehe LGBl Nr 126/2012) umgesetzt. Hauptgesichtspunkt dieser Novelle ist der Entfall der Beschränkung auf die Besorgung einzelner Aufgaben durch Gemeindeverbände und die Ermöglichung des Abschlusses von Vereinbarungen der Gemeinden untereinander in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs.

Der Landtag hat sich mehrmals mit der Frage beschäftigt, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn mit den freiwilligen Gemeindekooperationen oder Gemeindeverbänden die dargestellten gleichen Vorteile erzielt werden können. Es wurde daher geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.

Im Leitbild zur Gemeindestrukturreform wurden die Vor- und Nachteile von Gemeindevereinigungen und Verbandslösungen ausführlich dargestellt. Folgende Erwägungen sind letztlich gegen eine Verbandslösung ins Treffen zu führen:

 Erstens dürfen Vereinbarungen über den Zusammenschluss von Gemeinden zu Gemeindeverbänden 'im Falle der Besorgung von Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung die Funktion der beteiligten Gemeinden als Selbstverwaltungskörper nicht gefährden' (Art116a Abs 1 Z 1 B VG). Damit verbietet das B VG eine 'zu verdichtete' Gemeindekooperation, die Gemeinden müssen Selbstverwaltungskörper bleiben. Einer einem Gemeindezusammenschluss vergleichbaren Struktur sind schon damit Grenzen gesetzt.

 Zweitens kann die finanzielle Leistungskraft durch Gemeindekooperationen zwar gestärkt werden, nicht gesichert ist aber die Nachhaltigkeit dieser Stärkung. Insbesondere können die einem Gemeindeverband beigetretenen Gemeinden diesen wieder verlassen. Eine 'Kündigung' einer rechtswirksamen Gemeindevereinigung ist hingegen nicht möglich. Nur die Gemeindevereinigung ermöglicht deshalb eine nachhaltige und zuverlässige Stärkung der gemeindlichen Leistungskraft.

 Drittens können Gemeinden in verschiedenen Angelegenheiten mit jeweils anderen Körperschaften unterschiedliche Kooperationen bilden. Dadurch kann sich ein nach Angelegenheiten differenziertes, heterogenes 'Kooperationsnetz' entwickeln, was insbesondere die zentralörtliche Raumplanung erheblich erschweren kann. Auch unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Gemeindeaufsicht kann sich ein unstrukturiert entwickeltes Kooperationsnetz nachteilig auswirken.

 Viertens wird durch eine Verbandslösung der generelle Arbeits- und Verwaltungsaufwand erhöht, da eine zusätzliche Verwaltungsebene über den Gemeinden geschaffen wird. Damit kann den Erwartungen in eine funktionierende, kostengünstige Verwaltung in vielen Bereichen nicht entsprochen werden.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012 [vgl. Holoubek/Potacs/Scholz , Art 120 B VG als Instrument der Gemeindekooperation?, in: KWG (Hrsg.), Gemeindekooperationen – vom Kirchturmdenken zur vernetzten Region, 2012]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt somit zugunsten von Fusionen und Gebietsgemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und – wie gesagt – eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.'

Auch das immer wieder artikulierte Bedürfnis der Gemeinden nach derartigen Verbänden fand keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. Der einzige bisher eingebrachte Antrag für einen Mehrzweckverband konnte bislang die formellen Voraussetzungen nach der GemO und des Stmk. GVOG nicht erfüllen. Auch die antragstellende Gemeinde hat keinen derartigen Antrag eingebracht.

Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Das zeigten auch die bisherigen Erfahrungen mit freiwilligen Verbänden und dem 'Regionext-Modell' zur Bildung von Kleinregionen, die mit der Novellierung des § 38a GemO, LGBl Nr 92/2008, ermöglicht wurden. Obwohl sich viele Gemeinden zu Kleinregionen zusammenschlossen, blieben die erwünschten Effekte dieser Maßnahme weit hinter den Erwartungen zurück.

Die Steiermärkische Landesregierung hält daher dem Vorbringen der antragstellenden Gemeinde entgegen, dass sie, obgleich sie Mehrzweckverbände als Alternative zur Gemeindevereinigung ansieht, keinen Antrag auf Bildung eines Mehrzweckverbandes gestellt hat. Allein der Verweis auf bestehende interkommunale Kooperation oder Kleinregionen i.S.d § 38a GemO unter Hinweis auf die zu erwartenden Nachteile ist noch kein Argument, dass eine Verbandslösung besser wäre als eine Vereinigung von Gemeinden. Die Landesregierung weist daher auch dieses Argument zurück.

III. Schlussbemerkungen:

[…]

Der Gesetzgeber konnte bei der Beschlussfassung des StGsrG davon ausgehen, dass die gegenständliche Gebietsänderung (§3 Abs 4 Z 7 StGsrG) dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleiteten Sachlichkeitsgebot sowie den in § 6 Abs 2 GemO normierten öffentlichen Interessen entspricht.

Dem inhaltlichen Vorbringen der antragstellenden Gemeinde zur Sachlichkeit, zum Verfahrensablauf und zu den Entscheidungsgrundlagen kommt daher nach Ansicht der Landesregierung insgesamt keine Berechtigung zu." [Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen]

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die mit dem Eventualantrag angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

1. Die §§6, 8, 11 Abs 1 und 103 der Stmk. Gemeindeordnung 1967 (GemO), LGBl 115, idF LGBl 131/2014, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§6

Gebietsänderungen

(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).

(2) Gebietsänderungen nach Abs 1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.

[…]

§8

Vereinigung

(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs 2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.

(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.

(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.

(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß § 11 Abs 1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.

(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.

§11

Gemeinsame Bestimmungen

(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs 1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters führt ein von der Landesregierung nach § 103 einzusetzender Regierungskommissär die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte. Zu seiner Beratung ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der beteiligten Gemeinden ein Beirat zu bestellen; jeder beteiligten Gemeinde steht das Vorschlagsrecht für ein Beiratsmitglied zu. Bei den übrigen Gebietsänderungen kann die Landesregierung den Gemeinderat auflösen und binnen sechs Monaten Neuwahlen ausschreiben, wenn die Gebietsänderung eine Änderung der Einwohnerzahl zur Folge hat, durch die eine Änderung der Anzahl der Gemeinderäte (§15 Abs 1) bewirkt wird, oder wenn der durch die Änderung verursachte Zu- oder Abgang an Einwohnern die bisher auf ein Gemeinderatsmandat entfallende Anzahl von Einwohnern erreicht. Bis zur Angelobung der neugewählten Gemeinderatsmitglieder und des neugewählten Bürgermeisters führen die bisherigen Gemeindeorgane die Geschäfte der Gemeinde weiter.

§103

Auflösung des Gemeinderates

(1) Wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, daß die Gemeinde aus Gründen, die sie selbst zu vertreten hat, zur ordnungsgemäßen Besorgung ihrer Aufgaben außerstande ist, insbesondere, wenn durch andere gegen sie ergriffene Aufsichtsmaßnahmen ein nachhaltiger Erfolg nicht erzielt werden konnte, ist die Aufsichtsbehörde berechtigt, die Auflösung des Gemeinderates zu verfügen. Mit der Auflösung des Gemeinderates erlöschen alle Mandate einschließlich des Mandates des Bürgermeisters. Die Auflösung ist im Landesgesetzblatt kundzumachen.

(2) Die Aufsichtsbehörde hat zur Fortführung der Verwaltung der Gemeinde bis zur Angelobung des vom Gemeinderat gewählten Bürgermeisters einen Regierungskommissär einzusetzen. Eine gegen eine solche Einsetzung erhobene Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Zur Beratung des Regierungskommissärs ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der im Gemeindevorstand vertreten gewesenen Wahlparteien ein der parteienmäßigen Zusammensetzung des Gemeindevorstandes entsprechender Beirat zu bestellen.

(3) Die Tätigkeit des Regierungskommissärs hat sich auf die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte zu beschränken.

(4) Nach der Auflösung ist innerhalb von 6 Monaten die Neuwahl des Gemeinderates auszuschreiben. Die konstituierende Sitzung des Gemeinderates hat der Regierungskommissär einzuberufen.

(5) Dem Regierungskommissär gebührt eine unter Bedachtnahme auf § 6 des Steiermärkischen Gemeinde Bezügegesetzes – Stmk. GBezG, LGBl Nr 72/1997 von der Landesregierung festzusetzende Aufwandsentschädigung.

(6) Die Mitglieder des Beirates erhalten für die Teilnahme an vom Regierungskommissär einberufenen Sitzungen ein Sitzungsgeld; dieses beträgt je Sitzung 1,5 % der Aufwandsentschädigung des Regierungskommissärs. Die mit der Tätigkeit des Regierungskommissärs und der Mitglieder des Beirats verbundenen Kosten hat die Gemeinde zu tragen."

2. Die §§1, 2, 3 und 7 des Stmk. Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§1

Ziele der Strukturreform

(1) Ziel der Reform der gemeindlichen Strukturen im Land Steiermark ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung. Die Strukturreform soll wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden schaffen, die dauerhaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene soll gestärkt und langfristig gesichert werden, um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen im jeweiligen Gemeindegebiet abzudecken und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden.

(2) Die Reform der gemeindlichen Strukturen soll auch entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten. Bestehende Siedlungsverflechtungen sollen sich in den verwaltungsmäßigen Strukturen der Gemeinden widerspiegeln. Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.

§2

Umsetzung der Strukturreform

Die in § 1 genannten Ziele werden durch Vereinigung angrenzender Gemeinden (§8 Abs 3 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) und durch Aufteilung von Gemeinden auf angrenzende Gemeinden (§10 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) unter Beachtung der in § 6 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 geregelten öffentlichen Interessen erreicht.

§3

Vereinigung von Gemeinden eines politischen Bezirkes

[…]

(4) Im politischen Bezirk Hartberg-Fürstenfeld werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:

[…]

7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau.

[…]

§7

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit in Kraft."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

Die antragstellende Gemeinde ist zur Antragstellung auf Grund des Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG legitimiert: Sie wird durch die bekämpfte, gesetzlich verfügte Gemeindevereinigung entsprechend ihrem Vorbringen schon deswegen nachteilig in ihrer Rechtssphäre berührt, weil die Vereinigung mit anderen Gemeinden den Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit bedeutet. Die angefochtene Regelung greift – sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – auch unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde ein. Angesichts des Inkrafttretens des StGsrG am stand der Untergang der antragstellenden Gemeinde als Rechtssubjekt direkt auf Grund der angefochtenen Regelung zum Zeitpunkt der Antragstellung unmittelbar bevor und ist mittlerweile auch tatsächlich eingetreten. Dieser Verlust der Rechtspersönlichkeit ändert jedoch nichts an der Zulässigkeit des Antrages, da sich dieser gegen Gesetzesbestimmungen richtet, die eben diesen Verlust der Rechtspersönlichkeit statuieren (vgl. , V46/2014).

Der antragstellenden Gemeinde steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung. Wie die Stmk. Landesregierung anmerkt, ist der antragstellenden Gemeinde noch vor Antragstellung ein Bescheid zur Einsetzung eines Regierungskommissärs und zur Bestellung der Beiratsmitglieder gemäß § 11 Abs 1 iVm § 103 Abs 2 Stmk. GemO zugestellt worden. Zwar ist grundsätzlich dann von einem alternativen Rechtsweg auszugehen, wenn ein Bescheid erlassen worden ist, der dem von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich die Möglichkeit eröffnet, beim Verwaltungsgericht oder in der Folge beim Verfassungsgerichtshof die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens anzuregen. Wie der Verfassungsgerichtshof in Zusammenhang mit nach Art 140 B VG gestellten Individualanträgen mehrfach ausgeführt hat, ist der Partei aber selbst in einem solchen Fall bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände das Recht zur Einbringung eines Gesetzesprüfungsantrages eingeräumt (vgl. zB VfSlg 8312/1978, 11.344/1987). Ein solcher außergewöhnlicher Umstand ist hier gegeben: Der Bescheid zur Einsetzung eines Regierungskommissärs und zur Bestellung der Beiratsmitglieder ist nicht unmittelbar beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbar; die Gemeinde müsste, sollte das Landesverwaltungsgericht keinen Antrag nach Art 140 Abs 1 lita B VG stellen, den Ausgang des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht abwarten, um ihre Bedenken gegen das ihre Rechtspersönlichkeit beseitigende Gesetz an den Verfassungsgerichtshof herantragen zu können. Dies ist für die Gemeinde nicht zumutbar, weil der Verlust der rechtlichen Existenz der antragstellenden Gemeinde mit zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits unmittelbar bevorstand bzw. mittlerweile auch eingetreten ist (vgl. , V46/2014, sowie zur – ähnlich gelagerten – Unzumutbarkeit, den Ausgang eines Enteignungsverfahrens abzuwarten, zB VfSlg 15.098/1998, 16.031/2000, 18.707/2009, 19.126/2010).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Der Antrag erweist sich, soweit die Aufhebung des StGsrG zur Gänze begehrt wird, als zu weit gefasst und sohin als unzulässig; der Eventualantrag auf Aufhebung des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG ist dagegen zulässig (vgl. dazu , V46/2014; , G73/2014).

1.3. Der Antrag auf Aufhebung des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG ist auch durch einen entsprechenden Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates (vgl. , V46/2014) gedeckt: Der Gemeinderat der Gemeinde Saifen-Boden hat in seiner Sitzung vom insbesondere den Beschluss zur Erteilung eines Vertretungsvollmacht für die "Einbringung eines Individualantrages beim Verfassungsgerichtshof mit dem Antrag[,] der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge '7. die Marktgemeinde Pöllau mit den Gemeinden Rabenwald, Saifen-Boden, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen zur Marktgemeinde Pöllau' in § 3 Abs 4 Z 7 des [StGsrG], LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl Nr 36/2014) als gesetz- bzw. verfassungswidrig aufheben", gefasst.

1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, erweist sich der Antrag auf Aufhebung des § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes enthält die Bundesverfassung zwar eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution (vgl. insbesondere Art 116 Abs 1 B VG), sie garantiert der individuellen Gemeinde aber keineswegs ein Recht auf "ungestörte Existenz". Ein absolutes Recht auf Existenz kommt von Verfassungs wegen ausschließlich jenen juristischen Personen zu, die in Verfassungsnormen individuell und nicht bloß der Art nach bezeichnet sind. Maßnahmen, die bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. grundlegend VfSlg 6697/1972, 9373/1982). An dieser Rechtsauffassung hat auch die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehende und durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllende Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl 357/1988, nichts geändert, weil ein solcher Staatsvertrag keinen Maßstab für die Verfassungskonformität eines Gesetzes darstellt. Gemäß Art 115 Abs 2 B VG obliegt es dem Landesgesetzgeber, das Land in "Gemeinden" zu gliedern und die Gemeindegebiete festzusetzen sowie zu ändern. Insgesamt kommt dem Gesetzgeber dabei ein weitgehender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. ähnlich VfSlg 9655/1983, 9668/1983, 9669/1983, 10.637/1985); er ist aber insbesondere an das – aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende – Sachlichkeitsgebot gebunden. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindegliederung für sich genommen sachlich ist. Dem entsprechend ist es nicht seine Aufgabe, zu untersuchen, ob alternative Festlegungen zweckmäßiger gewesen wären oder bessere Auswirkungen gehabt hätten (vgl. zB VfSlg 6697/1972, 9655/1983, 13.543/1993, wonach der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen), hier etwa die Bildung von Gemeindeverbänden oder das Konzept der Kleinregionen.

2.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G44/2014, V46/2014, ausgesprochen hat, bestehen seitens des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber in Verfolgung der sich schon aus § 6 Abs 2 Stmk. GemO, § 1 StGsrG sowie den Erläuterungen zum StGsrG ergebenden Ziele Gebietsänderungen bzw. Vereinigungen von Gemeinden vorsieht, sofern jede dieser Maßnahmen dem Sachlichkeitsgebot entspricht.

2.3.1. Bei der Untersuchung der Frage, ob das StGsrG verfassungsmäßig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes betreffend die Vereinigung der Gemeinden an; dies deshalb, weil es sich dabei um eine einmalige Maßnahme handelt (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 10.637/1985, 11.629/1988, 11.858/1988, 13.543/1993). Es ist dabei unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes zu prüfen, ob sich das Gesetz im Lichte der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der Gesetzgeber zu beurteilen, ob die Gemeindevereinigung insgesamt – also nicht bloß auf die Belange der einzelnen Gemeinde bezogen – eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten lässt (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Änderung der Gemeindestruktur vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Vereinigung einer Kleingemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993), wobei es sich bei dieser Einwohnerzahl nicht um eine starre Grenze, sondern um einen Richtwert handelt (vgl. VfSlg 9668/1983). Ausnahmen von diesem Grundsatz haben sich in jenen Fällen ergeben, in denen die Vereinigung einer Kleingemeinde – mit welcher anderen Gemeinde immer – auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 9793/1983, 9819/1983, 11.372/1987); ferner in einem Fall, in dem eine Gemeinde mit räumlich nicht geschlossenem Gemeindegebiet neu geschaffen wurde, obgleich nicht ganz besondere Umstände dazu zwangen (vgl. VfSlg 9814/1983), und in einem Fall, in dem die Vereinigung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere Gemeinden (vgl. VfSlg 9068/1981) – beispielsweise unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen – "voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Vereinigung oder Aufteilung oder auch das Belassen der Gemeinde" (vgl. VfSlg 13.543/1993).

2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung weiters ausgeführt, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprechen. Der Umstand alleine, dass eine Änderung der Gemeindestruktur auch Nachteile bewirkt, macht eine solche Maßnahme aber noch nicht unsachlich (so schon VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988).

2.4. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde als unbegründet:

2.4.1. Die antragstellende Gemeinde verweist auf die positive Bevölkerungsentwicklung in den letzten Jahrzehnten und die Maßnahmen, die getroffen wurden, um einem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken. Die Gemeindegröße rechtfertige nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bei Gleichbleiben der Bevölkerungszahl keine Gemeindevereinigung. Dem hält die Stmk. Landesregierung entgegen, dass angesichts der – auch zukünftig zu erwartenden – ausgeglichenen Geburtenbilanz und der negativen Wanderungsbilanz von einem Bevölkerungsrückgang bis 2030 auszugehen sei. Zudem sei auch bei einer geringfügigen Überschreitung der 1.000-Einwohner-Grenze von einer grundsätzlichen Sachlichkeit der Gemeindevereinigung auszugehen.

Die antragstellende Gemeinde hatte mit 1.045 Einwohner (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom ). Von dieser Bevölkerungszahl alleine kann man – unabhängig davon, ob man für die Zukunft von einer steigenden oder sinkenden Bevölkerungsentwicklung ausgeht – nicht auf die Unsachlichkeit der angefochtenen Gemeindevereinigung schließen. Wie die Stmk. Landesregierung richtig bemerkt, stellt die 1.000-Einwohner-Grenze (vgl. Punkt 2.3.1.) lediglich einen Richtwert dar (vgl. VfSlg 9668/1983). Dem Landesgesetzgeber kann daher nicht allein deshalb entgegengetreten werden, weil er eine leicht über dieser Grenze liegende Gemeinde mit anderen Gemeinden vereinigt.

2.4.2. Die antragstellende Gemeinde weist auf ihre erfolgreiche bisherige Raumplanung und die dabei bereits bestehende intensive Koordination hin. Eine Verbesserung werde durch die bekämpfte Gemeindevereinigung nicht erzielt. Der Ortsteil Winkl-Boden liege bis zu 14,6 Kilometer vom Zentrum der Gemeinde Pöllau entfernt; hinzu trete ein Höhenunterschied von bis zu 600 Metern. Die Stmk. Landesregierung geht hingegen von einer optimierten örtlichen Raumplanung nach der Gemeindevereinigung aus. Die angeführte Entfernung des Ortsteiles Winkl-Boden treffe nur auf die entferntesten Wohnbereiche und dort nur auf wenige Wohnhäuser bzw. Gehöfte zu. Die antragstellende Gemeinde weise bereits innerhalb ihres Gemeindegebietes einen Höhenunterschied von circa 500 Metern auf.

Die antragstellende Gemeinde und die Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen liegen im Übergangsbereich des Jogllandes zum Oststeirischen Hügelland und grenzen aneinander (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 107). Wie die Stmk. Landesregierung nachvollziehbar darlegt, schließt das Baugebiet der antragstellenden Gemeinde im Bereich der Kreuzung zwischen der L 448 und der L 406 unmittelbar an das Baugebiet der Gemeinde Pöllau an. Siedlungsverflechtungen zwischen der antragstellenden Gemeinde und der Gemeinde Pöllau sind damit bereits gegeben.

Im Hinblick auf die Entfernung zwischen den Gemeinden Saifen-Boden und Pöllau stellt die antragstellende Gemeinde selbst in ihrem Antrag fest, dass sie über kein in sich geschlossenes Siedlungsgebiet verfüge. Ein Teil des Ortsteiles Obersaifen schließe an den Gewerbepark Saifen-Boden, der sich an der Gemeindegrenze befinde, an, das Ortszentrum der antragstellenden Gemeinde liege etwa drei Kilometer von der Gemeindegrenze und 4,5 Kilometer vom Ortszentrum der Gemeinde Pöllau entfernt. Der Stmk. Landesregierung kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie – insbesondere auch unter Hinweis auf die gute Verkehrsanbindung über die L 448 und L 406 – diese Entfernung als zumutbar qualifiziert. Vor diesem Hintergrund kann aber auch die größere Entfernung zu den peripheren Ortsteilen der antragstellenden Gemeinde nicht zur Unsachlichkeit der bekämpften Gemeindevereinigung führen. Schließlich ist der Stmk. Landesregierung zuzustimmen, wenn sie den Verweis auf den Höhenunterschied hinsichtlich einer allfälligen Aussagerelevanz für oder gegen eine Vereinigung nicht für nachvollziehbar hält. Die antragstellende Gemeinde führt selbst in ihrem Antrag aus, dass bereits der Höhenunterschied innerhalb der Gemeinde zwischen der Ost- und der Westgrenze des Gemeindegebietes circa 600 Meter betrage.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann dem Landesgesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er davon ausgeht, dass "[d]ie neue Gemeinde […] die Instrumente der örtlichen Raumplanung für den bisher geteilten Raum besser einsetzen [könne], indem die mittel- bis langfristige Entwicklung des neuen, größeren Raumes tatsächlich auf der jeweiligen Gemeindeebene gestaltbar ist", und darüber hinaus annimmt, dass "[e]ntsprechende begleitende verkehrspolitische Maßnahmen […] eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für Siedlungsraum [ermöglichten], womit sich gerade in Gebieten mit einschränkenden Rahmenbedingungen für die Siedlungsentwicklung Vorteile hinsichtlich der Raumentwicklung und Raumnutzung ergeben" würden (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 107). Die von der antragstellenden Gemeinde befürchteten Nachteile für ihre Bevölkerung durch die Raumordnungspolitik der neuen Gemeinde machen – selbst wenn diese Überlegungen zutreffen sollten – die angefochtene Gemeindevereinigung hingegen nicht unsachlich. Künftige Entscheidungen der Gemeindeorgane, die einen Teilbereich der neu gebildeten Gemeinde benachteiligen, können nämlich dem Landesgesetzgeber nicht angelastet werden (vgl. VfSlg 9668/1983, 10.637/1985, 11.629/1988). Besondere Umstände, die ein solches Verhalten der Organe der neuen Gemeinde erwarten lassen, bestehen im vorliegenden Fall nicht.

2.4.3. Die antragstellende Gemeinde verweist auf ihre neuwertige und gut ausgelastete Infrastruktur, das angebotene kulturelle Programm und vorhandene Freizeiteinrichtungen sowie die in der antragstellenden Gemeinde niedergelassenen Dienstleistungsunternehmen, die weitreichende Bedürfnisse des täglichen Lebens abdecken könnten und weit über eine bloße Grundversorgung hinausgingen. Weitere Dienstleistungen würden in der Gemeinde Hartberg bezogen. Die Gemeindevereinigung führe daher zu keiner Verbesserung, denn es sei bereits jetzt sichergestellt, dass die Gemeinde sämtliche Aufgaben erfüllen und für ein Funktionieren des "Systems Gemeinde" sorgen könne. Nach Auffassung der Stmk. Landesregierung bestünden hingegen hinsichtlich der Versorgung der Bürger mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen sowie des (Pflicht-)Schulangebotes und der ärztlichen Versorgung Verflechtungen der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau sowie Sonnhofen.

Angesichts der Einstufung der Gemeinde Pöllau im Regionalen Entwicklungsprogramm für die Planungsregion Hartberg (LGBl 37/2010) als Teilregionales Versorgungszentrum ist die Annahme funktioneller Verflechtungen zwischen der antragstellenden Gemeinde und der angrenzenden Gemeinde Pöllau plausibel. Auch wenn die antragstellende Gemeinde darauf hinweist, dass Dienstleistungen in der Gemeinde Hartberg, die sich 17 Kilometer vom Ortszentrum der antragstellenden Gemeinde entfernt befinde, bezogen würden, so ändert dies insbesondere im Hinblick auf die deutlich geringere Entfernung zur Gemeinde Pöllau nichts an der Vertretbarkeit der Annahme, dass jedenfalls auch mit dieser Gemeinde funktionelle Verflechtungen bestehen. Die beiden Gemeinden weisen auch weitreichende Kooperationen in Form des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes "Pöllau", der Kleinregion "Naturpark Pöllauer Tal", des Reinhalteverbandes "Pöllauer Tal" sowie des Tourismusverbandes "Naturpark Pöllauertal" auf (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 105). Die Sprengel der Neuen Mittelschule sowie der Polytechnischen Schule Pöllau umfassen auch das Gebiet der antragstellenden Gemeinde. Zudem weist die antragstellende Gemeinde selbst in ihrem Antrag auf Kooperationen im Rahmen des Löschverbandes FFW Pöllau, des Sozialhilfeverbandes Hartberg und durch die Mitgliedschaft im ISGS Pöllauer Tal hin.

Angesichts dieser Verflechtungen ist die Annahme des Landesgesetzgebers, dass "[m]it einer Vereinigung […] eine weitgehend funktionale Gebietseinheit mit einem gestärkten Arbeits- und Dienstleistungszentrum Pöllau inklusive einer touristischen Ausrichtung des Hauptortes realisiert" und "[e]rgänzend dazu […] ein Wohnungsangebot im örtlichen Umfeld von Pöllau sowie mögliche ergänzende lokale Tourismusschwerpunkte im Naturparkumfeld erreicht werden" könnten, nachvollziehbar. Auch die Überlegung, dass durch die Vereinigung im Tourismussektor "eine bessere lokale Abstimmung und eine stärkere Vertretung von (touristischen) Interessen auf regionaler Ebene erreicht werden" könne, ist plausibel (vgl. die Erläut. zur RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 108).

Die bekämpfte Gemeindevereinigung erweist sich unter diesem Gesichtspunkt daher nicht als unsachlich. Daran ändert insbesondere der Einwand der antragstellenden Gemeinde, wonach auf Grund der weitreichenden Versorgung der Gemeindebevölkerung der antragstellenden Gemeinde sowie der Entfernung zwischen der Gemeinde Pöllau und einzelnen Ortsteilen der Gemeinde Saifen-Boden keine Veranlassung bestehe, Versorgungseinrichtungen (Wasser, Kanal, Fernwärme) zwischen den beiden Gemeinden herzustellen, nichts. Das Vorliegen eines zentralen, das gesamte Gemeindegebiet umfassenden Ver- oder Entsorgungssystems stellt keine Voraussetzung für die Sachlichkeit einer Gemeindevereinigung dar.

2.4.4. Die antragstellende Gemeinde verweist auf ihre gute finanzielle Lage und hält Einsparungen und die Vermeidung von Kosten durch die Gemeindevereinigung auf Basis des Gesetzes und der Erläuterungen für nicht ersichtlich. Sie sei in der Lage, mit dem von ihr beschäftigten Personal sämtliche Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung bei äußerst geringen Personalkosten zu erfüllen. Dem hält die Stmk. Landesregierung entgegen, dass auch Gemeinden mit unterschiedlicher finanzieller Ausgangslage vereinigt werden könnten. Durch die Gemeindevereinigung würden der neuen Gemeinde mehr Budgetmittel für die Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung stehen als ohne Vereinigung.

Auch wenn die antragstellende Gemeinde gegenwärtig in der Lage ist, in finanzieller Hinsicht ihre Pflichtaufgaben selbstständig zu erfüllen, steht dies ihrer Vereinigung nicht entgegen, wenn sich durch die Vereinigung ein (noch) leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher ergibt (vgl. zB VfSlg 10.637/1985). Der Landesgesetzgeber geht in nachvollziehbarer Weise davon aus, dass Ziel der Gemeindevereinigung unter anderem die Schaffung von gemeinsamen Strukturen ist; diese neuen Strukturen ermöglichen (künftig) auch eine optimierte Nutzung der vorhandenen (gemeinsamen) Infrastruktureinrichtungen und führen folglich zu Qualitätsverbesserungen bzw. Kosteneinsparungen. Die von der Stmk. Landesregierung im konkreten Fall angenommenen Kosteneinsparungen im Bereich der Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, der Bezüge der Gemeindeorgane sowie der sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung und den Gemeindebetrieb sind plausibel. Es ist – unabhängig von finanzausgleichsrechtlichen Überlegungen – daher nicht unvertretbar anzunehmen, dass durch die Gemeindevereinigung zusätzlicher budgetärer Spielraum geschaffen wird, der zu einem leistungsfähigeren Gemeinwesen als dem bisherigen führen wird. Wie sich die ehrenamtliche Tätigkeit in der neuen Gemeinde entwickeln wird und ob tatsächlich – wie von der antragstellenden Gemeinde ausgeführt – eine Reduktion der diesbezüglichen Bereitschaft zu einer Kostensteigerung im Personalbereich führen wird, ist nicht abschätzbar und kann folglich ebenfalls nichts an der Plausibilität der Annahmen der Stmk. Landesregierung ändern.

2.4.5. Die Behauptung der antragstellenden Gemeinde, die bekämpfte Vereinigung führe gegenüber ihren Gemeindebürgern zu einer Erhöhung der Gebühren für die Benützung einzelner Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, stützt sich allein auf einen Vergleich der bisher in den betroffenen Gemeinden festgelegten Gebühren; aus diesem Vergleich allein können aber keine – eine allfällige Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung begründenden – Schlüsse auf die Höhe der künftigen, durch die Gemeindevertretung der neuen Gemeinde auf Grund der gesetzlichen Vorgaben (insb. § 15 Abs 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2008; vgl. dazu zuletzt ua.) festzulegenden Gebühren gezogen werden. Auch mit dieser Behauptung ist daher keine Unsachlichkeit der bekämpften Vereinigung dargelegt. Dasselbe gilt im Hinblick auf die der Bevölkerung gewährten Förderungen, worüber ebenfalls die Organe der neuen Gemeinde zu entscheiden haben werden.

2.4.6. Zum Vorbringen, dass die Bevölkerung gegen diese Maßnahme eingestellt sei, genügt es, auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein anhaltender Widerstand der Bevölkerung allenfalls ein Indiz für die Unsachlichkeit sein kann, für sich alleine jedoch noch keine Unsachlichkeit zu begründen vermag (vgl. VfSlg 13.543/1993 mwN).

2.4.7. Die antragstellende Gemeinde vertritt die Auffassung, dass für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer Gemeindestrukturreform eine umfassende Grundlagenforschung und Begründung erforderlich sei, eine solche jedoch fehlte.

Wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist dem StGsrG ein mehrjähriger Gemeindestrukturreformprozess vorangegangen, in dessen Rahmen die Grundlagen für die Veränderung der Gemeindestruktur in der Steiermark (u.a. durch wissenschaftliche Studien) ermittelt und die Gemeindevereinigungen in mehreren Phasen intensiv vorbereitet wurden; in der sogenannten Verhandlungsphase vom Februar 2012 bis September 2012 wurden die Vorstellungen des Landes und die Vorschläge der Gemeinden auch mit den betroffenen Gemeinden diskutiert und in der Entscheidungsphase vom Oktober 2012 bis Jänner 2013 die Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Vorschlags- und Verhandlungsphase ebenfalls mit Gemeindevertretern besprochen. Deshalb ist auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass sie in den Reformprozess nicht eingebunden gewesen sei, nicht zutreffend: So fand beispielsweise am ein Verhandlungsgespräch mit Vertretern der antragstellenden Gemeinde, der Gemeinden Pöllau, Pöllauberg, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen sowie des Landes Steiermark statt, in welchem die Gemeindekonstellation diskutiert wurde.

Selbst wenn das StGsrG ohne vorangegangene Grundlagenforschung oder ohne Begründung erlassen worden wäre, begründete dies noch keine Unsachlichkeit des Gesetzes, solange die mit diesem Gesetz erfolgte Vereinigung der Gemeinden im Ergebnis sachlich gerechtfertigt ist (vgl. , V46/2014).

2.4.8. Wenn die antragstellende Gemeinde ausführt, dass die Ziele der Gemeindestrukturreform auch mit anderen Mitteln, etwa der Bildung von Gemeindeverbänden oder dem Konzept der Kleinregionen, erreicht werden könnten, ist auf Punkt 2.2. zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindevereinigung – sohin die vorliegende Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen – für sich genommen sachlich ist; die Zweckmäßigkeit allfälliger Alternativen ist dabei nicht zu bewerten.

Auf den Einwand der antragstellenden Gemeinde, andere vergleichbare Gemeinden oder Gemeinden mit schwächerer Gemeindestruktur seien nicht vereinigt worden, ist schließlich zu erwidern, dass sich daraus keine Rückschlüsse auf die Unsachlichkeit der Vereinigung der Gemeinden Saifen-Boden, Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen ziehen lassen.

2.4.9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Landesgesetzgeber begründet annehmen konnte, dass durch die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit den Gemeinden Pöllau, Rabenwald, Schönegg bei Pöllau und Sonnhofen insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwartet werden kann. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wurde nicht überschritten.

2.5. Auch das Bedenken der antragstellenden Gemeinde, dass durch das StGsrG die verfassungsgesetzlich verankerte Institution der Ortsgemeinde "weitgehend aufgehoben" und durch den "Regelfall der 'Großgemeinde'" ersetzt werde, geht ins Leere: Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass sich der Landesgesetzgeber mit der bekämpften Vereinigung im Rahmen des in Art 115 Abs 1 B VG festgelegten Konzeptes der Ortsgemeinden bewegt.

2.6. Schließlich ist für den Verfassungsgerichtshof in keiner Weise nachvollziehbar, inwiefern die bekämpfte Vereinigung einen – auch von der antragstellenden Gemeinde nicht näher präzisierten – Eingriff in die verfassungsgesetzlichen Wahlgrundsätze gemäß Art 117 Abs 2 B VG darstellen soll.

2.7. Die von der antragstellenden Gemeinde vorgebrachten Bedenken haben sich somit nicht als zutreffend erwiesen.

2.8. Auf das gegen die in § 8 Abs 4 Stmk. GemO angeordnete Rechtsnachfolge im Falle einer Gemeindevereinigung vorgebrachte Bedenken ist nicht einzugehen, weil es sich nicht gegen die – zulässigerweise – bekämpfte Bestimmung des StGsrG richtet.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher, soweit er sich gegen § 3 Abs 4 Z 7 StGsrG richtet, abzuweisen.

Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G220.2014