zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 15.06.1992, G22/92

VfGH vom 15.06.1992, G22/92

Sammlungsnummer

13084

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der den Nachweis der jagdlichen Eignung für Ausländer regelnden Bestimmung des Nö JagdG 1974;

Diskriminierung von Auslandsösterreichern gegenüber Ausländern desselben Wohnsitzstaates

Spruch

§ 58 Abs 7 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500, in der Fassung LGBl. 6500-7 war verfassungswidrig.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der unter der Überschrift "Entzug der Jagdkarte" stehende § 62 des (- im vorliegenden Fall in der Fassung vor der 5. Novelle, LGBl. 6500-8, mithin in jener der 4. Novelle, LGBl. 6500-7, in Betracht zu ziehenden -) Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (im folgenden auch: NÖ JagdG 1974) hat folgenden Wortlaut:

"Wenn Tatsachen, derentwegen die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern ist, erst nach der Ausstellung eintreten oder der Behörde, welche die Jagdkarte ausgestellt hat, nachträglich bekannt werden, ist die Behörde verpflichtet, die Jagdkarte für ungültig zu erklären und diese unter Festsetzung der Entziehungsdauer einzuziehen. Für ungültig erklärte Jagdkarten sind unverzüglich der Ausstellungsbehörde vorzulegen, welche sie deutlich als ungültig zu kennzeichnen hat."

§ 61 Abs 1 zählt die im eben wiedergegebenen Paragraphen erwähnten "Tatsachen, derentwegen die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern ist", auf; nach Z 1 dieses Absatzes ist die Ausstellung einer Jagdkarte Personen zu verweigern, denen eine der im § 58 geforderten Voraussetzungen fehlt.

Der hier bezogene § 58 (in der bereits erwähnten Fassung) lautet - samt Überschrift - wie folgt:

"§58

Erlangung der Jagdkarte

(1) Wer die Jagd ausübt, hat

a) eine auf seinen Namen lautende, mit Lichtbild versehene gültige niederösterreichische Jagdkarte oder

b) eine Jagdgastkarte in Verbindung mit einer Jagdkarte eines anderen Bundeslandes

mit sich zu führen und diese auf Verlangen den Jagdaufsehern und den Organen der öffentlichen Sicherheit vorzuweisen.

(2) Die Jagdkarte ist nicht übertragbar und gibt keine Berechtigung, ohne Erlaubnis des Jagdausübungsberechtigten zu jagen. Sie ist nur in Verbindung mit dem Nachweis über die Einzahlung der Jagdkartenabgabe für das laufende Jahr oder mit einer Bestätigung über das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes und den Nachweis über die Einzahlung des Verbandsbeitrages an den NÖ Landesjagdverband gültig.

(3) Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte ist

1. die Entrichtung der Jagdkartenabgabe einschließlich des Verbandsbeitrages zum NÖ Landesjagdverband,

2. die jagdliche Eignung des Bewerbers,

3. daß kein Verweigerungsgrund (§61) vorliegt.

(4) Der Nachweis über die Bezahlung des Verbandsbeitrages zum NÖ Landesjagdverband ist durch Vorlage der gültigen Jahresmitgliedskarte zu erbringen. Der NÖ Landesjagdverband hat den Einzahlungsnachweis so zu gestalten, daß er als Jahresmitgliedskarte ausgebildet wird.

(5) Bei erstmaliger Bewerbung um eine Jagdkarte hat der Bewerber den Nachweis der jagdlichen Eignung durch die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vor einer bei der Bezirksverwaltungsbehörde einzurichtenden Prüfungskommission zu erbringen (Jagdprüfung).

(6) Der Nachweis der jagdlichen Eignung gilt auch als erbracht, wenn der Bewerber in den der Bewerbung vorausgegangenen zwanzig Jahren wenigstens einmal im Besitze einer gültigen Jagdkarte für das Bundesland Niederösterreich oder wenigstens dreimal im Besitze einer gültigen Jagdkarte eines Bundeslandes war, in dem für die erstmalige Ausstellung einer Jagdkarte die Ablegung einer Jagdprüfung erforderlich ist. Erfolgreich abgelegte Prüfungen an der Universität für Bodenkultur oder der erfolgreiche Abschluß einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Försterschule oder Forstfachschule ersetzen die Jagdprüfung, sofern die Landesregierung nach Anhörung des NÖ Landesjagdverbandes durch Verordnung feststellt, daß die betreffenden Prüfungen oder die Lehrpläne den im § 60 Abs 4 und 5 angeführten Prüfungs- und Lehrstoff voll umfassen.

(7) Von Ausländern kann der Nachweis der jagdlichen Eignung auch durch Vorlage eines Nachweises erbracht werden, der zur Jagdausübung in seinem Heimatstaat berechtigt.

(8) Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Jagdkarte auszufertigen. Zur Ausstellung ist jene Bezirksverwaltungsbehörde berufen, in deren Bereich der Antragsteller seinen ordentlichen Wohnsitz hat; hat der Antragsteller seinen Wohnsitz außerhalb Niederösterreichs, ist hiefür jede Bezirksverwaltungsbehörde in Niederösterreich zuständig."

Der eben wiedergegebene Paragraph wurde durch die 5. Novelle zum NÖ JagdG 1974, LGBl. 6500-8, in einigen Absätzen geändert; u. a. wurde in seinem Abs 7 nach dem Wort "Nachweises" der Klammerausdruck "(in beglaubigter Übersetzung)" eingefügt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Baden stellte dem Beschwerdeführer des hg. Beschwerdeverfahrens B217/91 am antragsgemäß eine Jagdkarte aus; hiebei ging sie ersichtlich davon aus, daß der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der USA und dort wohnhaft ist, und erachtete den Nachweis seiner jagdlichen Eignung durch die vorgelegte "Hunting Licence Florida 33441" als erbracht.

Nachdem aufgrund eines Hinweises des NÖ Landesjagdverbandes hervorgekommen war, daß der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, erklärte die NÖ Landesregierung mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom unter Bezugnahme auf §§58 Abs 7, 61 Abs 1 Z 1 und 62 des NÖ JagdG 1974 (idF LGBl. 6500-7) die Jagdkarte für ungültig und verfügte deren Einziehung. Die Landesregierung lehnte die vom Beschwerdeführer des Anlaßverfahrens verlangte ausdehnende Auslegung des § 58 Abs 7 (nämlich dahin, daß als Ausländer alle Personen anzusehen seien, die den ordentlichen Wohnsitz nicht in Österreich haben) ab; sie verneinte die Anwendbarkeit dieser Begünstigungsvorschrift schon im Hinblick auf die österreichische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers und ging sohin auf seine in der Berufung aufgestellte Behauptung, er habe seinen ordentlichen Wohnsitz in den Vereinigten Staaten und halte sich nur gelegentlich in Wien auf, überhaupt nicht ein.

Dieser Berufungsbescheid der NÖ Landesregierung ist Gegenstand der unter B217/91 protokollierten Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher der Beschwerdeführer (ua.) Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 58 Abs 7 leg.cit. äußert.

II. Der Verfassungsgerichtshof trat den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken im Ergebnis bei und leitete gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 58 Abs 7 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 ein. Er nahm zunächst an, daß der meritorischen Erledigung der erhobenen Beschwerde keine Prozeßhindernisse entgegenstehen sowie daß er § 58 Abs 7 des NÖ JagdG 1974 (idF LGBl. 6500-7) bei seiner Entscheidung in der Beschwerdesache anzuwenden hätte. Die gegen diese Gesetzesstelle entstandenen verfassungsrechtlichen Bedenken legte der Gerichtshof folgendermaßen dar:

"Der Gerichtshof geht vorläufig davon aus, daß die typische Sachlage, auf die § 58 Abs 7 abzielt, bei jenem ausländischen Staatsangehörigen gegeben ist, der seinen ordentlichen Wohnsitz ausschließlich in seinem Heimatstaat hat und dort zufolge einer nach den Gesetzen seines Heimatstaates erworbenen Jagdberechtigung zur Ausübung der Jagd befugt ist. Das gesetzgeberische Motiv, ihm die Begünstigung der Jagdausübung in Niederösterreich ohne weitere Voraussetzungen (also zB ohne formelle oder materielle Reziprozität zu verlangen oder ohne eine inhaltliche Wertung jener Voraussetzungen vorzunehmen, welche der Ausländer zur Erlangung der Jagdberechtigung in seinem Heimatstaat erfüllen muß) zu gewähren, liegt wohl darin, daß dem Ausländer die Ablegung der Jagdprüfung nach den Bestimmungen des NÖ Jagdgesetzes nicht zumutbar ist. Beurteilt man nun die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift unter diesen Aspekten, so ist es nicht einsichtig, weshalb jene österreichischen Staatsbürger, welche ihren ordentlichen Wohnsitz ausschließlich im Ausland haben (also über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügen), in Ansehung ihrer im Staat ihres Wohnsitzes erworbenen Jagdberechtigung als Voraussetzung zur Befugnis der Jagdausübung in Niederösterreich schlechtergestellt sein sollten als unter den gleichen Lebensumständen befindliche Ausländer. In diesem Zusammenhang ist der schon erwähnte Umstand nochmals hervorzuheben, daß es auf die jagdliche Qualifikation des begünstigten Ausländers, welche aus der von ihm im Heimatstaat erworbenen Jagdberechtigung allenfalls abzuleiten ist, überhaupt nicht ankommt.

Die dargelegten Erwägungen legen die Annahme nahe, daß § 58 Abs 7 des NÖ JagdG 1974 dem dem Gleichheitsgebot immanenten Sachlichkeitsgebot deshalb widerspricht, weil es die beschriebene Gruppe von Österreichern mit Auslandswohnsitz ohne erkennbaren vernünftigen Grund schlechterstellt als Ausländer. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings auch die Frage, ob eine verfassungskonforme Interpretation dieser Gesetzesstelle deren ausdehnende Auslegung dahin gebietet, daß die vorgesehene Begünstigung auch dieser Personengruppe zukommt."

III. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung mit dem Begehren auszusprechen, daß die in Prüfung gezogene Vorschrift nicht verfassungswidrig war. Im wesentlichen legte sie folgendes dar:

"3. § 58 Abs 7 NÖ JG in der Fassung LGBl. 6500-7 geht auf die Jagdgesetznovelle, LGBl. Nr. 215/1969, zurück. Mit dieser Novelle wurde der damals die jagdliche Eignung regelnde § 57 novelliert. Die bis dahin bestehende Möglichkeit für Ausländer den Nachweis der jagdlichen Eignung neben der Ablegung der Jagdprüfung auch durch eine Bescheinigung des NÖ Landesjagdverbandes zu erbringen, 'in welcher in begründeter Weise dargetan sein muß, daß der ausländische Bewerber eine ausreichende jagdliche Eignung besitzt', wurde durch die Jagdberechtigung im Heimatstaat ersetzt. Zum damaligen § 57 Abs 6 leg.cit. führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (VI/4-350/3-1968 vom ) aus:

'Bei Ausländern wird die Vorlage eines Jagddokumentes des Heimatstaates als Nachweis der jagdlichen Eignung für ausreichend erachtet. Sollte ein solches Jagddokument nicht vorhanden sein, so haben auch Ausländer die Jagdprüfung abzulegen.'

Weiters wird auf den Bericht des Landwirtschaftsausschusses des Landtages von Niederösterreich (Ltg. 436/1969) verwiesen, wonach unter der Z. 21 die Regierungsvorlage abgeändert und 'dem Staatsbürgerschaftsgesetz entsprechend das Wort 'Heimatstaat' anstelle von 'Heimatland' gesetzt' wurde.

Damit ist zunächst die Absicht des Gesetzgebers eindeutig, nämlich mit dem damaligen § 57 Abs 6 leg.cit. eine Regelung nur für ausländische Staatsangehörige zu schaffen. Weiters sollte durch den Begriff 'Heimatstaat' in Übereinstimmung mit der Terminologie des Staatsbürgerschaftsrechtes klargestellt werden, daß nicht eine Berechtigung im Aufenthaltsstaat des Ausländers dieser Regelung genügt. Dieser § 67 Abs 6 wurde mit der Jagdgesetznovelle 1977, LGBl. 6500-2 unverändert in den § 58 Abs 7 NÖ JG übernommen.

4. § 58 Abs 7 NÖ JG, LGBl. 6500-7, enthält keinen Hinweis auf den Wohnsitz des ausländischen Normadressaten, sodaß das Erfordernis eines ordentlichen Wohnsitzes im Heimatstaat des Ausländers mit dieser Bestimmung nicht normiert wurde.

Die Abs 3 bis 6 des § 58 enthalten auch keine Differenzierung zwischen österreichischen Staatsbürgern und anderen Personen, sodaß sie einheitlich für alle Bewerber unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit gelten. Diese Regelungen differenzieren auch nicht nach dem Wohnsitz, so etwa zwischen österreichischen Staatsbürgern mit Wohnsitz in Niederösterreich und solchen in anderen Bundesländern oder gar im Ausland. Sie stellen auch nicht auf den Wohnsitz in Niederösterreich bzw. in Österreich ab. (Für Personen mit einem Wohnsitz außerhalb Niederösterreichs enthält lediglich § 58 Abs 8 NÖ JG eine Zuständigkeitsregelung, aber keine materielle Sonderregelung).

Für alle Bewerber um eine Jagdkarte gilt demnach eine einheitliche Regelung für den Nachweis der jagdlichen Eignung. Für Auslandsösterreicher besteht daher keine Differenzierung gegenüber anderen österreichischen Staatsangehörigen. Sie können daher die jagdliche Eignung ebenfalls nur nachweisen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
durch die Ablegung der Jagdprüfung oder
-
durch den Besitz einer NÖ Jagdkarte in den letzten 20 Jahren oder
-
durch den Besitz einer Jagdkarte eines anderen Bundeslandes durch 3 Jahre oder
-
durch die Ablegung bestimmter Prüfungen oder
-
durch eine bestimmte schulische Ausbildung.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
§58 Abs 7 NÖ JG gilt nun für ausländische Staatsangehörige, die im Besitz einer Jagdausübungsberechtigung ihres Heimatstaates sind. Diese Bestimmung stellt nicht auf den Wohnsitz im Ausland ab, sodaß sie unabhängig vom Wohnsitz des ausländischen Staatsangehörigen gilt. Weder das vom Verfassungsgerichtshof im Unterbrechungsbeschluß angenommene Erfordernis des ausländischen Wohnsitzes noch das angenommene Motiv der Unzumutbarkeit der Ablegung einer Jagdprüfung treffen zu. Vielmehr sehen die Materialien der Jagdgesetznovelle 1969 ausdrücklich die Ablegung der Jagdprüfung durch Bewerber mit ausländischer Staatsangehörigkeit vor, soferne nicht durch einen anderen Nachweis die jagdliche Eignung belegt werden kann.

Es liegt daher gar nicht die angenommene Schlechterstellung der österreichischen Staatsbürger mit ausschließlichem Wohnsitz im Ausland vor. Auch bei ausländischen Staatsbürgern wird nur eine Jagdausübungsberechtigung ihres Heimatstaates, nicht aber eine derartige Berechtigung eines anderen Staates, wie z.B. ihres Aufenthalts- bzw. Wohnsitzstaates, anerkannt.

Sollte hingegen § 58 Abs 7 NÖ JG im Interpretationsweg auf Auslandsösterreicher ausgedehnt werden, so würde dies erst zu einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes führen: Es würde dadurch dem NÖ Jagdgesetz eine Differenzierung zwischen österreichischen Staatsbürgern mit Wohnsitz im Inland und solchen mit einem Wohnsitz im Ausland beigelegt, für die aber keine sachliche Rechtfertigung gefunden werden könnte. Für österreichische Staatsbürger mit einem Wohnsitz im Ausland würde sodann auch nur eine österreichische Jagdausübungsberechtigung nach § 58 Abs 7 NÖ JG den Nachweis der jagdlichen Eignung darstellen, weil ja auf den Heimatstaat abzustellen wäre. Es würden dabei aber die in § 58 Abs 6 enthaltenen Einschränkungen, so z.B. die 3-Jahresfrist für Jagdkarten anderer Bundesländer, für diesen Personenkreis nicht gelten.

Für Österreicher mit ausländischem Wohnsitz würde daher eine Besserstellung im Verhältnis zu den österreichischen Staatsbürgern mit Wohnsitz in Österreich, aber außerhalb Niederösterreichs erreicht. Umgekehrt könnten im Fall der Einbeziehung des ausländischen Wohnsitzes in den § 58 Abs 7 NÖ JG ausländische Bewerber mit inländischem Wohnsitz nicht mehr durch eine Jagdausübungsberechtigung ihres Heimatstaates den Nachweis ihrer jagdlichen Eignung erbringen.

Dadurch, daß der Landesgesetzgeber aber den Wohnsitz des Bewerbers gar nicht als Tatbestandsmerkmal der Regelung über den Nachweis der jagdlichen Eignung zugrundegelegt hat, vermeidet er eine dadurch bedingte Differenzierung.

Diese Vorgangsweise entspricht auch dem Regelungsziel, als der NÖ Landesgesetzgeber nur für die zur Jagdausübung in Niederösterreich berechtigende NÖ Jagdkarte die Kriterien der jagdlichen Eignung regeln will. Aus diesem Grund muß die Regelung unabhängig vom Wohnsitz des Bewerbers formuliert werden. So würde etwa auch ein NÖ Landesbürger die jagdliche Eignung in Niederösterreich besitzen, wenn er mindestens 3 Jahre die Jagdkarte eines anderen Bundeslandes besessen hat, soferne für deren erstmalige Ausstellung die Ablegung einer Jagdprüfung in dem betreffenden Bundesland Voraussetzung war.

Diese Vorgangsweise ist auch auf Auslandsösterreicher anzuwenden. Somit enthalten die Bestimmungen über die jagdliche Eignung im NÖ JG keine Differenzierung nach dem Wohnsitz des Bewerbers, vielmehr werden alle österreichischen Staatsbürger gleich behandelt.

Die in Prüfung gezogene Bestimmung enthält nur für ausländische Staatsbürger eine weitere Möglichkeit, den Nachweis ihrer jagdlichen Eignung zu erbringen, und zwar wiederum unabhängig von ihrem Wohnsitz. Diese Form des Nachweises ist aber dadurch beschränkt, daß der ausländische Staatsbürger die jagdliche Eignung nicht nach den anderen Bestimmungen bereits besitzt ('weiters'). Sie stellt ausdrücklich auf die Berechtigung zur Jagdausübung in seinem Heimatstaat ab. Durch die Beschränkung auf den Heimatstaat wird sichergestellt, daß der ausländische Staatsbürger nicht auch eine in einem anderen Staat erworbene Berechtigung, die allenfalls unter geringeren Anforderungen, so etwa im Interesse des Fremdenverkehrs, zu erwerben war, zum Nachweis seiner jagdlichen Eignung für die Ausstellung der Jagdkarte in Niederösterreich heranziehen kann.

Damit wird aber deutlich, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung keine Differenzierung zwischen österreichischen Staatsbürgern mit ausländischem Wohnsitz und ausländischen Staatsbürgern enthält. Wenn der Wohnsitz des Bewerbers kein Tatbestandsmerkmal dieser Norm ist, kann sie auch gar nicht im Sinne der Annahme des Unterbrechungsbeschlusses mit einer aus dem Wohnsitz resultierenden Gleichheitswidrigkeit belastet sein.

Ausschließlich eine im Heimatstaat erworbene Berechtigung zur Jagdausübung gilt als Nachweis der jagdlichen Eignung. Für alle Österreicher wird dabei unabhängig von ihrem Wohnsitz eine solche Berechtigung des Heimatstaates, d.h. auch anderer österreichischer Bundesländer als Niederösterreich, als Nachweis der fachlichen Eignung anerkannt. In gleicher Weise wird eine derartige Berechtigung zur Jagdausübung des ausländischen Staatsbürgers ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz anerkannt.

Insoweit ohne Berücksichtigung der Gegenseitigkeit auf eine Jagdausübungsberechtigung im Ausland abgestellt wird, soll damit eine leicht handhabbare Regelung geschaffen werden. Andernfalls wäre die Kenntnis des jeweiligen ausländischen Jagdrechtes samt dessen Qualifikationserfordernissen Voraussetzung für die Beurteilung der Gleichwertigkeit im Einzelfall, wofür wiederum ein aufwendiges Verfahren erforderlich würde. Die damit verbundene Verfahrensdauer würde aber gerade dem mit dieser Vorschrift beabsichtigten Regelungszweck, nämlich eine den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs entsprechende rasche Möglichkeit zum Erwerb einer Berechtigung zur Jagdausübung in Niederösterreich zu schaffen, eklatant widersprechen.

Von Bedeutung ist dabei der Umstand, daß diese Regelung im Zusammenhang mit § 58 Abs 2 NÖ JG und dem Wesen des Jagdrechtes überhaupt gesehen werden muß. Demnach eröffnet die Jagdkarte noch keine Berechtigung zur tatsächlichen Jagdausübung. Sie ist vielmehr nur eine rechtliche Voraussetzung, die neben der konkreten Erlaubnis des Jagdausübungsberechtigten vorliegen muß, um in einem bestimmten Jagdgebiet tatsächlich die Jagd ausüben zu dürfen."

IV. 1. Das Prüfungsverfahren ist, da sämtliche Prozeßvoraussetzungen vorliegen, zulässig.

2. Die im Einleitungsbeschluß dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken erweisen sich als begründet; der Gerichtshof hält an ihnen ohne Einschränkung fest.

Beizupflichten vermag der Verfassungsgerichtshof der Niederösterreichischen Landesregierung nur dahin, daß eine berichtigende Auslegung der in Prüfung gezogenen Vorschrift (unter dem Aspekt der Verfassungskonformität) nicht in Betracht kommt. Sowohl ihr Wortlaut nämlich als auch die von der Landesregierung dargestellte Entstehungsgeschichte des § 58 Abs 7 zeigen, daß der persönliche Geltungsbereich dieser Gesetzesstelle auf ausländische Staatsangehörige beschränkt ist.

Die übrigen Einwände der Niederösterreichischen Landesregierung sind nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs jedoch nicht stichhältig.

Wenn die Landesregierung die Prämisse des Einleitungsbeschlusses mit dem Argument in Frage stellt, daß die vorgesehene Begünstigung ausländischen Staatsangehörigen ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz zugute komme, also gar nicht spezifisch auf Ausländer mit Wohnsitz im Heimatstaat abstelle, so beruht dies auf einer formalen, an der Oberfläche bleibenden Betrachtungsweise, die dem Zweck und Gehalt der Regelung nicht Rechnung trägt. Denn jener ausländische Staatsangehörige, der eine (aufrechte, nicht etwa in ihrer Geltung schon abgelaufene) Jagdausübungsberechtigung seines Heimatstaates besitzt, wird im Regelfall seinen Wohnsitz in seinem Heimatstaat haben, maW es wird (auch) die von ihm erworbene Berechtigung Ausdruck seiner wohnsitzbedingten Lebensumstände sein.

Auch die Annahme der Landesregierung erscheint dem Verfassungsgerichtshof verfehlt, daß eine Ausdehnung der Begünstigung auf Österreicher mit ausschließlichem Auslandswohnsitz wegen der dadurch herbeigeführten unterschiedlichen Behandlung österreichischer Staatsbürger dem Gleichheitsgebot widerstreiten würde. Entgegen der Ansicht der Landesregierung kommt es vielmehr darauf an, ob eine derartige unterschiedliche Behandlung sachlich begründbar wäre. Liegt nämlich der von der Landesregierung herausgestellte Grund dafür, die fachliche Eignung des Ausländers zur Jagdausübung ohne weitere Nachforschungen wegen seiner im Ausland erworbenen Berechtigung zu präsumieren (und ihn demnach von der Ablegung der Jagdprüfung in Niederösterreich zu befreien), so ist es unter demselben Aspekt begründbar, einen österreichischen Staatsbürger mit ausschließlichem Auslandswohnsitz gegenüber einem solchen mit inländischem Wohnsitz zu begünstigen; daß eine derartige gesetzliche Unterscheidung, die auf den Wohnsitz (oder gewöhnlichen Aufenthalt) abstellt, vom grundsätzlichen her zulässig ist, hat der Verfassungsgerichtshof zB in seiner die devisenrechtliche Unterscheidung zwischen Österreichern mit Wohnsitz im Inland oder Ausland betreffenden Erk. VfSlg. 7525/1975 dargetan (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 8968/1980).

Der Verfassungsgerichtshof bleibt sohin auf dem schon im Einleitungsbeschluß eingenommenen Standpunkt, daß es keinen einsichtigen Grund dafür gibt, weshalb jene österreichischen Staatsbürger, welche ihren ordentlichen Wohnsitz ausschließlich im Ausland haben (also über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügen), in Ansehung ihrer im Staat ihres Wohnsitzes erworbenen Jagdausübungsberechtigung als Voraussetzung zur Befugnis der Jagdausübung in Niederösterreich schlechtergestellt sein sollten als unter den gleichen Lebensumständen befindliche Ausländer. Sieht der Gesetzgeber von einer Prüfung der jagdlichen Qualifikation beim begünstigten Ausländer im Hinblick auf dessen im Heimatstaat erworbene Jagdausübungsberechtigung ab, nicht aber beim Auslandsösterreicher, der dieselbe Berechtigung im selben Staat seines Wohnsitzes erworben hat, so erhebt er in sachfremder Weise den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft zum (negativen) Kriterium für den Nachweis der jagdlichen Eignung.

Eine Regelung dieses Inhaltes verstößt gegen das dem Gleichheitsgebot immanente Sachlichkeitsgebot (zB VfSlg. 10090/1984; s. dazu - mit zahlreichen Judikaturhinweisen - Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, ÖZW 1991 S. 72ff.), das es dem Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichtshofs insbesondere verwehrt, Auslandsösterreicher gegenüber Ausländern desselben Wohnsitzstaates zu diskriminieren. In diesem Zusammenhang sei noch angemerkt, daß ein Verständnis des Gleichheitsgebotes dahin, eine gesetzliche Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Ausländern zu vermeiden, bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Ausdruck kam (s. die ausländergrundverkehrsrechtliche Regelungen betreffenden Erk. VfSlg. 10025/1984 und 10271/1984).

V. § 58 Abs 7 des NÖ Jagdgesetzes 1974 idF LGBl. 6500-7 erweist sich sohin als verfassungswidrig.

Da der Wortlaut dieser Vorschrift durch die Novelle LGBl. 6500-8 geändert wurde und sie daher als neuerlassen anzusehen ist, hatte sich der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auf den Ausspruch zu beschränken, daß sie verfassungswidrig war.

Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs gründet sich auf Art 140 Abs 5

B-VG.

VI. Diese Entscheidung wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen.