VfGH vom 24.06.1993, g217/92

VfGH vom 24.06.1993, g217/92

Sammlungsnummer

13477

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung der DevisenG-Novelle 1990 über das Erfordernis einer (hohen) Eigenkapitalausstattung (bloß) für die Erteilung neuer Devisenhandelsermächtigungen wegen Widerspruchs zum Gleichheitsgrundsatz; öffentliches Interesse an der Vermeidung der Insolvenzgefahr bei etablierten Devisenhändlern nicht berücksichtigt

Spruch

Die Z 4 des § 2 Abs 2 des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946, in der Fassung des Bundesgesetzes Nr. 464/1990, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zwei Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide der Oesterreichischen Nationalbank anhängig, mit denen die belangte Behörde einer zur Vornahme von Devisen- und Wechselstubengeschäften gem. § 1 Abs 2 Z 6 KWG befugten Bank die beantragte Ermächtigung zur Durchführung bestimmter Devisenhandelsgeschäfte versagt hat. Beide Bescheide stützen sich auf § 2 DevG idF der Nov. BGBl. 464/1990. Insb. begründet die Oesterreichische Nationalbank die Versagung der beantragten Ermächtigung mit dem Hinweis darauf, daß die antragstellende Bank entgegen der in Z 4 des § 2 Abs 2 DevG normierten Voraussetzung nicht über ein Eigenkapital von 100 Millionen Schilling verfüge.

2. Bei Behandlung der Beschwerden entstanden beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der genannten Z 4 des § 2 Abs 2 DevG, weshalb der Gerichtshof beschloß, diese Bestimmung von Amts wegen zu prüfen.

Die die Erteilung und den Entzug der Devisenhandelsermächtigung betreffenden Abs 1 bis 4 des § 2 DevG wurden durch die Novelle BGBl. 464/1990 in das DevG eingefügt. Sie haben folgenden Wortlaut:

"§2. (1) Der Handel mit ausländischen Zahlungsmitteln, Forderungen in ausländischer Währung, Gold und Goldmünzen, die nicht als Zahlungsmittel gelten, ist nur der Oesterreichischen Nationalbank und den von ihr dazu ermächtigten Personen gestattet.

(2) Die Ermächtigung für Devisenhändler und Wechselstuben ist an Banken zu erteilen, wenn

1. sie über eine Konzession gemäß § 1 Abs 2 Z 6 Kreditwesengesetz, BGBl. Nr. 63/1979, in der geltenden Fassung verfügen,

2. ihre personelle, organisatorische und technische Ausstattung die ordnungsgemäße Durchführung solcher Geschäfte gewährleistet,

3. die Personen, die unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf das Unternehmen ausüben, die erforderliche Verläßlichkeit besitzen, und

4. das im Inland den Geschäftsleitern unbeschränkt zur freien Verfügung stehende Eigenkapital (§12 Abs 4 und 5 Kreditwesengesetz) bei Devisenhändlern mindestens 100 Millionen Schilling beträgt.

(3) Die Ermächtigung nach Abs 1 und 2 erlischt mit der Zurücknahme oder dem Erlöschen der Berechtigung zur Durchführung von Bankgeschäften (§1 Abs 1 Kreditwesengesetz), soweit die gleichen Geschäfte betroffen sind. Die Oesterreichische Nationalbank hat das Erlöschen der Ermächtigung mit Bescheid festzustellen.

(4) Die Oesterreichische Nationalbank hat die Ermächtigung (Abs1 und 2) zu entziehen:

1. wenn die Erteilung der Ermächtigung durch unrichtige Angaben oder durch täuschende Handlungen herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist;

2. bei Verletzung dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Kundmachungen oder Bescheide der Oesterreichischen Nationalbank:

a) bereits bei erstmaligem Verstoß,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
wenn dadurch Schäden größeren Ausmaßes für die österreichische Volkswirtschaft herbeigeführt werden können oder bereits herbeigeführt wurden oder
-
bei Vorsatz;

b) im Wiederholungsfall, wenn dem Auftrag der Oesterreichischen Nationalbank auf Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb der von ihr mit längstens drei Monaten festzusetzenden Frist nicht entsprochen wird;

3. bei Devisenhändlern, denen die Ermächtigung vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilt wurde und bei Wechselstuben bei Wegfall einer Voraussetzung nach Abs 2 Z 2 und 3, bei sonstigen Devisenhändlern auch bei Wegfall der Voraussetzung nach Abs 2 Z 4."

(Die in Prüfung genommene Bestimmung ist hervorgehoben.)

3. Der Verfassungsgerichtshof ging bei seinem Prüfungsbeschluß davon aus, daß der meritorischen Behandlung der Beschwerden Prozeßhindernisse nicht entgegenstehen und daß er die in Prüfung genommene Bestimmung, auf die sich beide Bescheide explizit und der Sache nach stützen, bei der Entscheidung über die Beschwerden anzuwenden hätte.

Seine Bedenken formulierte der Gerichtshof wie folgt:

"Die Beschwerden werfen der in Prüfung genommenen Bestimmung zunächst vor, daß sie der durch Art 6 Abs 1 StGG

gewährleisteten Freiheit der Erwerbsbetätigung widerspreche. Das mit dieser Regelung vom Gesetzgeber verfolgte öffentliche Interesse sei - wie aus der Regierungsvorlage (1300 BlgNR 17.GP) hervorgehe - die Anpassung an die zweite EG-Bankrechtskoordinierungsrichtlinie 89/646 vom . Die genannte Richtlinie sehe aber als Mindestkapital einer Vollbank 5 Millionen ECU vor, wobei dieser Wert für besondere Institutsgruppen auf 1 Mio ECU reduziert werden könne. Eine Anforderung an das Eigenkapital, die diesen Betrag (etwa 70 Millionen Schilling) überschreite, sei daher jedenfalls überschießend. Das Erfordernis einer Eigenkapitalausstattung von mindestens 100 Millionen Schilling stelle daher eine Zutrittsschranke dar, die nicht mehr im öffentlichen Interesse gelegen sei. Überdies sei es nicht einsichtig, warum schon Mitte 1990 - ohne jede dahingehende rechtliche Verpflichtung - eine Anpassung des Österreichischen Rechts an das EG-Recht erfolgen müsse.

Weiters werfen die Beschwerden der in Prüfung genommenen Regelung vor, daß sie unverhältnismäßig sei. Infolge des § 2 Abs 4 Z 3 DevG idF BGBl. 464/1990 müßten 'Neubewerber' während ihrer gesamten späteren Geschäftstätigkeit eine Eigenkapitalausstattung von mindestens 100 Millionen Schilling aufbringen, hingegen bestehe eine derartige Verpflichtung - mangels einer Übergangsvorschrift - für Banken nicht, denen eine Devisenhandelsermächtigung vor Inkrafttreten der Novelle 1990 erteilt wurde. Eine Zutrittsschranke in Form einer Mindestkapitalausstattung könne nur dann sachlich gerechtfertigt sein, wenn in Übergangsregelungen zumindest auf längere Frist erreicht werde, daß bestehende Banken den nunmehr geforderten Kapitalausstattungsgrad allmählich erreichen. (In diesem Zusammenhang wird auf entsprechende Übergangsvorschriften in Abschnitt I ArtIII Abs 2 der KWG-Novelle 1986, BGBl. 525/1986 verwiesen.)

... Der Verfassungsgerichtshof teilt zwar das von der beschwerdeführenden Gesellschaft geäußerte Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Einführung eines Eigenkapitalerfordernisses in der Höhe von 100 Millionen Schilling nicht, hat jedoch verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, daß dieses Erfordernis nur für bestimmte Unternehmen zum Tragen kommen dürfte:

a) Die Oesterreichische Nationalbank weist in ihren Gegenschriften zu Recht darauf hin, daß der gewerbliche Devisenhandel mit großen Risken verbunden ist. So wird im Verfahren B1348/90 (und weitgehend identisch im Verfahren B758/92) ausgeführt:

'Gerade der Handel mit Devisen (der Handel umfaßt sowohl den An- und Verkauf, den Tausch, die Entleihung und Verleihung, Belehnung sowie Verpfändung als auch die Vermittlung all dieser Geschäfte (§1 Abs 1 Z 11 DevG) und wird heute vorwiegend telefonisch bzw. automationsunterstützt (zB. via Bildschirm) abgewickelt) ist mit großen Risken verbunden. Da in der heutigen Zeit aufgrund der modernen Technik an einem Tag riesige Beträge umgesetzt werden können, ist stets die latente Gefahr gegeben, daß innerhalb kürzester Zeit massive Verluste eintreten können. Devisenhändler (= Banken) mit einer geringen Eigenkapitalausstattung könnten somit - aufgrund der eingetretenen Verluste - sehr bald in die Lage kommen, daß sie zahlungsunfähig werden und somit ihren noch offenen Verpflichtungen gegenüber den Geschäftspartnern nicht mehr nachkommen können.

Eine Insolvenz eines Devisenhändlers würde nicht nur die Gläubiger desselben um ihr Geld bringen, sondern - falls sich die Insolvenzfälle häufen - auch der Reputation der österreichischen Kreditinstitute in ihrer Gesamtheit auf internationalen Finanzplätzen und somit in weiterer Folge auch dem Ansehen Österreichs großen Schaden zufügen. Dies würde mittelbar auch die Oesterreichische Nationalbank bei der Verfolgung der ihr nach § 2 Abs 3 NBG übertragenen währungspolitischen Aufgaben und Ziele beeinträchtigen.

Das vom Gesetzgeber mit der DevG-Novelle 1990 geschaffene System an Voraussetzungen für die Erteilung einer Devisenhandelsermächtigung an Banken soll nun gerade den vorhin beschriebenen Gefahren, Risken und Auswirkungen begegnen. Genauso wie das Vorhandensein einer die ordnungsgemäße Durchführung der Devisengeschäfte gewährleistenden Ausstattung personeller, organisatorischer und technischer Natur (§2 Abs 2 Z 2 leg.cit.) im öffentlichen Interesse liegt und sachlich gerechtfertigt ist, weil es den vorhin beschriebenen Zielen dient, ist dies auch bei der Normierung einer Mindest-Eigenkapitalausstattung der Fall. Ein Eigenkapital in dem von § 2 Abs 2 Z 4 DevG festgelegten Ausmaß ermöglicht es einem Devisenhändler, selbst Verluste, die die Millionenhöhe bei weitem übersteigen, finanziell zu verkraften, ohne gleich zahlungsunfähig zu werden und dadurch die wirtschafts- und währungspolitisch unerwünschten Folgewirkungen auszulösen.'

Der Verfassungsgerichtshof hat angesichts dieser Umstände keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber - ungeachtet des § 14a KWG - als Voraussetzung für die Erteilung der Devisenhandelsermächtigung eine bestimmte Mindestkapitalausstattung vorgeschrieben hat. Daß die Höhe der vorgeschriebenen Eigenkapitalausstattung unverhältnismäßig wäre, kann der Gerichtshof - nicht zuletzt auch angesichts der zitierten zweiten EG-Bankrechtskoordinierungsrichtlinie - nicht finden. Diese Regelung zeigt nämlich, daß eine entsprechend hohe Eigenkapitalausstattung auch international für notwendig erachtet wird. Daß die österreichische Regelung sich nicht exakt an die EG-Regelung hält und das innerhalb der EG vorgeschriebene Ausmaß der Eigenkapitalausstattung (um rund 40 %) übersteigt, verschlägt jedenfalls nichts.

b) Bestehen also auch keine Bedenken gegen die eine Mindestkapitalausstattung vorschreibende gesetzliche Regelung an sich, so dürfte doch die konkrete Regelung, die dies nur für 'neue' Devisenhandelsermächtigungen vorschreibt, ohne entsprechende Regelungen für jene Banken vorzusehen, denen derartige Berechtigungen früher erteilt wurden, dem Gleichheitsgebot der Bundesverfassung widersprechen.

Der Argumentation der beschwerdeführenden Bank halten die Gegenschriften entgegen, daß eine in diesem Regelungssystem allenfalls zu erblickende Unverhältnismäßigkeit nicht den Vorschriften über die Erteilung der Ermächtigung, sondern allenfalls denen über deren Entzug, die aber im vorliegenden Fall nicht präjudiziell seien, angelastet werden könnten, 'sofern nicht diesfalls sogar der im Erkenntnis , zum Ausdruck gebrachte Grundgedanke (: 'Privilegierung alter Banken' unter bestimmten Voraussetzungen sachlich gerechtfertigt) zum Tragen käme'.

Der Oesterreichischen Nationalbank ist Recht zu geben, wenn sie darauf hinweist, daß der Verfassungsgerichtshof in dem von ihr angeführten Erkenntnis es aus Gründen des Vertrauensschutzes als gerechtfertigt angesehen hat, daß der Gesetzgeber, als er die Möglichkeit zur Erteilung von Konzessionen zu Hypothekenbankgeschäften auf Aktiengesellschaften beschränkte, in Übergangsvorschriften vorsah, daß bisher zu solchen Geschäften ermächtigte Kreditinstitute anderer Rechtsform diese weiterhin betreiben dürfen.

Die Situation dürfte hier aber anders sein: Der Gesetzgeber begegnet einer von ihm (offenbar auf Grund internationaler Rechtsentwicklung) als gefährlich erkannten Konstellation einer nicht ausreichenden Eigenkapitalausstattung bei riskanten Devisengeschäften dadurch, daß er eine Mindesteigenkapitalausstattung vorschreibt. Es dürfte unsachlich sein, dieser als relevant erkannten Gefahr bloß bei neuen Devisenhandelsermächtigungen zu begegnen, da die von der Nationalbank aufgezeigten, die Vorschrift über die Mindestkapitalausstattung an sich rechtfertigenden Risken für alte und neue Devisenhändler gegeben sein dürften und dem Vertrauensschutzgedanken in dieser Konstellation anscheinend dadurch begegnet werden könnte, daß für die etablierten Inhaber von Devisenhandelsermächtigungen Übergangsfristen zur Erreichung einer entsprechenden Eigenkapitalbasis eingeräumt würden.

Es scheint, daß die hier gegebene Situation im Ergebnis mit jener vergleichbar ist, die dem Erkenntnis des Gerichtshofs vom , G11/90 ua., zugrundelag:

Durch die Novelle 1988 zum Schrottlenkungsgesetz wurde die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers an Schrotthändler ua. davon abhängig gemacht, daß diese ihre Tätigkeit in einer Weise ausgeübt hatten, daß bestimmte Gefahren für die schrottverwertenden Unternehmungen und die dort Beschäftigten nicht eintraten. Bei etablierten Werkbelieferungshändlern wurde diese Voraussetzung nicht geprüft. Dies hielt der Verfassungsgerichtshof für unbedenklich, weil der Gesetzgeber annehmen durfte, daß durch die jahrelange Tätigkeit als Werkbelieferungshändler die Verläßlichkeit dieser Unternehmer bereits nachgewiesen sei. Der Gerichtshof vertrat aber die Ansicht, der Gleichheitsgrundsatz verlange, daß eine solche Bevorzugung der etablierten Berechtigten durch Regelungen über den Entzug der Konzession zumindest einigermaßen ausgeglichen werden müßten, da 'die Gefahren, denen durch die Zugangs- und die Entzugsregelungen begegnet werden sollen, die gleichen sind'.

Ähnlich dürfte das vorliegende Regelungssystem eine unverhältnismäßige, in dieser Weise auch nicht durch den Gedanken des Vertrauensschutzes rechtfertigbare Ungleichbehandlung bewirken und daher mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch stehen.

c) Diese vom Gerichtshof vorläufig angenommene Verfassungswidrigkeit dürfte ihren Sitz (auch) in der anscheinend präjudiziellen ... Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 4 DevG idF der Novelle BGBl. 464/1990 haben (vgl. auch dazu ua.). Die dies bezweifelnden Ausführungen in den Gegenschriften der Oesterreichischen Nationalbank scheinen zu übersehen, daß es im gegebenen Zusammenhang nicht darum geht, die Endigungsgründe für sich verfassungsrechtlich zu beurteilen, sondern darum, die Verfassungsmäßigkeit der durch die Z 4 des § 2 Abs 2 leg.cit. normierten Voraussetzungen einer bestimmten Eigenkapitalausstattung bei Neuerteilung von Devisenhandelsermächtigungen im Hinblick darauf zu prüfen, daß für die etablierten Besitzer solcher Ermächtigungen keine Regelungen vorhanden zu sein scheinen, die dieses Privileg einigermaßen auszugleichen vermögen."

4. Die Bundesregierung trat mit folgenden Argumenten der vorläufigen Ansicht des Verfassungsgerichtshofes entgegen:

"Im Erkenntnis vom , B1562/88, hat es der Verfassungsgerichtshof für verfassungsrechtlich zulässig erkannt, daß die neu eingeführte Beschränkung der Ausübung des Hypothekenbankgeschäftes auf eine bestimmte Rechtsform, nämlich die Aktiengesellschaft, nur für neue Konzessionen vorgesehen wurde. Inhaber sogenannter 'alter' Berechtigungen zur Ausübung des Hypothekenbankgeschäftes konnten dies weiterhin auch in anderen Rechtsformen tun. Die sachliche Rechtfertigung dieser Privilegierung 'alter' Hypothekenbanken gegenüber neuen lag nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes 'im Schutz des Vertrauens auf seinerzeit rechtmäßig erworbene Rechtspositionen, die der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch dann belassen kann, wenn er für neu zu verleihende Hypothekenbankkonzessionen erschwerte Voraussetzungen schafft.' (Unterstreichungen nicht im Original). Dieses Argument des Schutzes des Vertrauens auf seinerzeit rechtmäßig erworbene Rechtspositionen muß nach Auffassung der Bundesregierung in gleicher Weise auch im vorliegenden Fall gelten.

Der Verfassungsgerichtshof führt im Unterbrechungsbeschluß aus, daß die Situation, die dem zitierten Erkenntnis zugrundelag und die dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Situation nicht vergleichbar seien. Der Gesetzgeber wolle im vorliegenden Fall mit dem neu eingeführten Erfordernis der Mindestkapitalausstattung einer vom Gesetzgeber als gefährlich erkannten Konstellation der nicht ausreichenden Eigenkapitalausstattung bei riskanten Devisengeschäften begegnen. Die Risken, die die Vorschrift über die Mindestkapitalausstattung an sich rechtfertigen, dürften für alte und neue Devisenhändler in gleicher Weise gelten. Dem Vertrauensschutzgedanken könne ausreichend entsprochen werden, indem den etablierten Inhabern von Devisenhandelsermächtigungen Übergangsfristen zur Erreichung der vorgesehenen Eigenkapitalbasis eingeräumt würden.

Der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß sich die dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Situation von jener des zitierten Erkenntnisses unterscheidet, ist folgendes entgegenzuhalten:

Auch hinter der Einführung der Beschränkung des Hypothekenbankgeschäftes auf Aktiengesellschaften stand das öffentliche Interesse des Gesetzgebers, diesen speziellen Bereich der Bankgeschäfte, der besondere Anforderungen stellt, im besonderen u.a. im Hinblick auf die Haftkapitalaufbringung, abzusichern. In diesem Zusammenhang kann auf folgende Ausführungen des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichthofes verwiesen werden:

'Unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes ist es vorerst nicht

zu beanstanden, daß eine Konzession nach dem Hypothekenbankgesetz

gemäß § 1 Abs 1 dieses Gesetzes Aktiengesellschaften vorbehalten

ist. Zu Recht führt die belangte Behörde aus, daß die 'Rechtsform

der AG ... den speziellen Anforderungen des

Hypothekenbankgeschäftes ... eine gewisse Garantie für eine

klaglose Funktion bieten (soll)'. Wie auch in der Literatur (vgl.

etwa Hofmann, Hypothekenbankgesetz, 1964, S. 42) festgestellt

wurde, hat sich 'die Aktiengesellschaft ... als unentbehrlich

erwiesen', wenn 'größere Kapitalien erforderlich (werden), wie das bei der Hypothekenbank der Fall ist'.

...

Der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber nicht, Aktiengesellschaften im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit angesichts der besonderen Anforderungen, welche an die sich im Realkredit und im Emmissionsgeschäft betätigenden Banken zu stellen sind, vor allen anderen Rechtsformen deshalb zu bevorzugen, 'weil bei dieser Rechtsform die Organisationsstruktur und die Haftkapitalaufbringungsmöglichkeiten am besten durchgebildet sind' (so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 8a KWG, 934 BlgNR 16. GP.).'

Auch in diesem Fall lag also der Verschärfung der Erfordernisse für die Berechtigung zur Ausübung des Hypothekenbankgeschäftes die besondere Absicherung dieser Geschäfte zugrunde. Auch in diesem Fall gilt die im Unterbrechungsbeschluß ins Treffen geführte Überlegung, daß diese hinter der Änderung der Erfordernisse stehende Zielsetzung in gleicher Weise für 'alte' und 'neue' zum Hypothekenbankgeschäft Berechtigte Bedeutung hat. Der Verfassungsgerichtshof hat aber ganz offensichtlich in dem zitierten Erkenntnis dem Argument des Schutzes des Vertrauens auf seinerzeit rechtmäßig erworbene Rechtspositionen das größere Gewicht eingeräumt. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegende Situation und die im vorliegenden Fall bestehende daher durchaus vergleichbar.

Sofern der Verfassungsgerichtshof in dem von ihm zitierten Erkenntnis vom , G11/90 ua., offensichtlich eine andere Auffassung vertreten hat, scheint dies darin begründet, daß das in diesem Fall neu eingeführte Erfordernis, daß bestimmte Gefahren für die schrottverwertenden Unternehmungen und die dort Beschäftigten nicht eintreten, offensichtlich als gewichtiger eingeschätzt wurde, als das Vertrauensschutzargument. Der Grund dafür lag wohl darin, daß das neu eingeführte Kriterium u.a. den Schutz vor Gefahren für die körperliche Unversehrtheit bestimmter Personen besonders sichern wollte. Gegenstand des neu eingeführten Erfordernisses war somit ein als besonders bedeutend einzuschätzendes Schutzgut, hinter dem der Schutz des Vertrauens auf rechtmäßig erworbene Rechtspositionen zurücktreten mußte.

Für die unterschiedliche Behandlung von 'alten' und 'neuen' Devisenhändlern ist auch die besondere tatsächliche Situation der meisten 'alten' Devisenhändler, die kein Eigenkapital von 100 Millionen Schilling haben, ins Treffen zu führen. Es handelt sich dabei - mit einer einzigen Ausnahme - um Sparkassen, Raiffeisenbanken und Volksbanken (die einzige Ausnahme bildet eine Bank mit 70 Mio. S. Eigenkapital). Für diese Institutionen gilt im Hinblick auf das Ausmaß der Haftung die Besonderheit, daß sie aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen in einem Haftungsverbund mit den anderen Sparkassen, Raiffeisenbanken und Volksbanken stehen. In diesem Haftungsverbund erklären sich die genannten Institutionen bereit, bei finanziellen Schwierigkeiten einer Institution ihres Sektors die Haftung für diese zu übernehmen. Dieser Haftungsverbund hat sich auch in der Vergangenheit immer bewährt. Als jüngstes Beispiel wäre hiefür die Sanierung der Sparkasse Bregenz im zweiten Halbjahr 1992 durch den Sparkassenverbund zu nennen, der mit ca. 200 Mio. S eingesprungen ist. Die Haftungssituation dieser Devisenhändler ist daher nicht vergleichbar mit Banken, die nicht in einem solchen Verbund stehen.

Der Gesetzgeber mußte weiters berücksichtigen, daß gerade diese Sparkassen, Raiffeisenbanken und Volksbanken als Devisenhändler zu einer Kapitalerhöhung bis zu S 100 Mio. nicht in der Lage wären. Eine Erfassung dieser 'alten' Devisenhändler würde also dazu führen, daß sie - auch wenn eine Übergangsfrist statuiert wird - das Devisengeschäft aufgeben müssen. Eine solche Regelung hätte also besonders gravierende Folgen für diese 'alten' Devisenhändler. Sie würde einen besonders gravierenden Eingriff in die Erwerbstätigkeit der 'alten' Devisenhändler darstellen, weshalb es der Gesetzgeber auch für sachlich gerechtfertigt hielt, von diesem Erfordernis für die alten Devisenhändler abzusehen.

Ein Ausscheiden 'alter' Devisenhändler hätte unter Umständen auch gravierende volkswirtschaftliche Folgen, indem die weitere Versorgung der österreichischen Wirtschaft mit den Dienstleistungen der Devisenhändler nicht mehr ausreichend und flächendeckend gewährleistet und dadurch auch die Kontinuität in der Wahrung währungspolitischer Interessen des Staates gefährdet wäre.

Aus den dargelegten Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die angefochtene Regelung mit dem Gleichheitssatz im Einklang steht."

Abschließend stellte die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle die in Prüfung genommene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufheben, für den Fall der Aufhebung aber für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig. Im Verfahren wurde nichts vorgebracht und ist auch sonst nichts hervorgekommen, das gegen die im Prüfungsbeschluß formulierten, oben wiedergegebenen Annahmen der Zulässigkeit der Verfahren spräche.

2.a) In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die eine Mindestkapitalausstattung vorschreibende gesetzliche Regelung an sich geäußert, wohl aber die Ansicht vertreten, daß die konkrete Regelung, die dies nur für "neue" Devisenhandelsermächtigungen vorschreibt, ohne entsprechende Regelungen für jene Banken vorzusehen, denen derartige Berechtigungen früher erteilt wurden, dem Gleichheitsgrundsatz widerspräche.

Die Bundesregierung hebt - unter Hinweis auf VfSlg. 12378/1990 - hervor, daß es Argumente des Vertrauensschutzes rechtfertigen können, Inhaber von Berechtigungen anders zu behandeln als Rechtssubjekte, denen entsprechende Berechtigungen neu erteilt werden. Derartige Begünstigungen seien - sofern sie nicht unverhältnismäßig sind - im Hinblick auf den Schutz des Vertrauens auf rechtmäßig erworbene Rechtspositionen in der Tat zulässig (ja mitunter sogar geboten, vgl. etwa VfSlg. 12568/1990, S. 584 f). Zu Recht weist die Bundesregierung aber - unter Bezugnahme auf VfSlg. 12410/1990 - darauf hin, daß dann, wenn eine gesetzliche Regelung Gefahren, die als besonders schwerwiegend eingeschätzt werden, begegnen will, Aspekte des Vertrauensschutzes zurücktreten müssen, um eine Begrenzung der Gefahr umfassend zu ermöglichen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch VfSlg. 12485/1990).

b) Mit der Novelle 1990 zum DevG hat nun der Gesetzgeber auf eine Entwicklung reagiert, durch die das Risiko von Devisenhändlern wesentlich erweitert wurde. Die Oesterreichische Nationalbank hat dies in den Beschwerdeverfahren deutlich gemacht, als sie darauf hinwies, daß der Devisenhandel heute vorwiegend telefonisch bzw. automationsunterstützt abgewickelt wird und gerade deshalb mit besonders großen Risken verbunden ist: "Da in der heutigen Zeit aufgrund der modernen Technik an einem Tag riesige Beträge umgesetzt werden können, ist stets die latente Gefahr gegeben, daß innerhalb kürzester Zeit massive Verluste eintreten können. Devisenhändler mit einer geringen Eigenkapitalausstattung können somit - aufgrund der eingetretenen Verluste - sehr bald in die Lage kommen, daß sie zahlungsunfähig werden und somit ihren noch offenen Verpflichtungen gegenüber den Geschäftspartnern nicht mehr nachkommen können."

Es besteht kein Zweifel, daß ein erhebliches öffentliches Interesse (nicht nur aus Gründen des Gläubigerschutzes, sondern auch im Interesse der Finanzwirtschaft und der österreichischen Währungspolitik insgesamt) daran besteht, Insolvenzen von Devisenhändlern zu vermeiden und daß die durch die Novelle 1990 eingeführte Eigenkapitalbestimmung geeignet ist, diesen Gefahren gegenzusteuern.

Nun bestehen freilich die genannten Gefahren keineswegs nur für jene Institute, denen Berechtigungen zum Devisenhandel neu erteilt werden, sondern auch für solche, die schon im Besitz derartiger Berechtigungen sind. Es ist sachlich nicht zu rechtfertigen, den geschilderten Gefahren nur für jene Gruppe von Instituten zu begegnen. Freilich hat der Gesetzgeber die rechtspolitische Gestaltungsfreiheit, dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Insolvenzen für "Altberechtigte" und "Neuberechtigte" in je und je unterschiedlicher Weise zu entsprechen, wenn sich dies sachlich rechtfertigen läßt. Daß er dabei auch Aspekte des Schutzes erworbener Rechtspositionen miterwägen muß, versteht sich von selbst. Solche Argumente können es also rechtfertigen, auf die als relevant erkannten Gefahren bei "Altberechtigten" anders zu reagieren, sie rechtfertigen es aber angesichts der Art und Intensität der Gefahr nicht, ihr nur bei "Neuberechtigten" zu begegnen und für "Altberechtigte" das öffentliche Interesse an der Vermeidung der Insolvenzgefahr überhaupt nicht zu berücksichtigen.

c) Die Bundesregierung meint, daß für die allermeisten der "alten" Devisenhändler (Sparkassen, Raiffeisenkassen und Volksbanken) aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung ein Haftungsverbund bestehe, der der Gefahr, der die Eigenkapitalausstattungsvorschrift begegnen soll, ebenfalls zu steuern geeignet ist. Nun mag es durchaus sein, daß etwa eine Regelung, die von der Notwendigkeit einer Mindesteigenkapitalausstattung absieht, wenn ein entsprechender Haftungsverbund besteht, sachlich gerechtfertigt sein könnte. Aber eine derartige Regelung besteht eben nicht. Vielmehr wird das Mindesteigenkapital für alle neuen Devisenhandelsberechtigungen verlangt, gleichgültig ob sie in einem sektorspezifischen Haftungsverbund stehen oder nicht, während für "Altberechtigte" - ebenfalls unabhängig davon, ob ein derartiger Haftungsverbund besteht - Regelungen gänzlich fehlen, die den besonderen Risken des Devisenhandels und den damit verbundenen Gefahren für den Gläubigerschutz, die Finanzwirtschaft und die Währungspolitik begegnen.

d) Der Gesetzgeber der DevG-Nov. 1990 ist somit einer relevanten Gefahr dadurch entgegengetreten, daß er als Voraussetzung für die Erteilung neuer Devisenhandelsberechtigungen eine (im internationalen Vergleich hohe) Eigenkapitalausstattung verlangt, ohne gleichzeitig der gleichen Gefahr in zumutbarer Weise gegenzusteuern, sofern sie bei etablierten Devisenhändlern auftreten kann (vgl. auch VfSlg. 12410/1990). Für eine solche gravierende unterschiedliche Behandlung von gleichen Sachverhalten aber läßt sich eine sachliche Rechtfertigung nicht finden, weshalb die in Prüfung genommene Vorschrift als dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend aufzuheben war.

3. Da die Verfassungswidrigkeit auch dadurch beseitigt werden kann, daß der Gesetzgeber die - wie dargelegt an sich taugliche, aber wegen ihrer Unvollständigkeit als gleichheitswidrig - aufgehobene Bestimmung wieder in Kraft setzt, wenn er gleichzeitig entsprechende Regelungen für jene Institute erläßt, die schon über Devisenhandelsermächtigungen verfügen, schien es dem Verfassungsgerichtshof angebracht, für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesbestimmungen gem. Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist zu setzen. Auf diese Bestimmung gründet sich auch die Kundmachungsverpflichtung des Bundeskanzlers. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 B-VG.

Von einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof abgesehen, da davon eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war (§19 Abs 4 VerfGG).