VfGH vom 03.12.1998, G213/98
Sammlungsnummer
15351
Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Ausnahme der Anwendbarkeit von Bestimmungen des AVG betreffend Gebühren in Verwaltungsverfahren der Austro Control GmbH; Abweichen von Bestimmungen des AVG im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerläßlich und daher nach Art 11 Abs 2 B-VG zulässig
Spruch
Das Wort "der" sowie die Wendung "§77 und" im § 6 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. 898/1993, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der unter der Rubrik "Gebühren" stehende § 6 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl. 898/1993 (im folgenden auch: ACG), welcher von Novellierungen dieses Gesetzes nicht berührt wurde, hat folgenden Wortlaut:
"§6.(1) In Verwaltungsverfahren nach den Zuständigkeiten gemäß § 2 Abs 1 bis 3 sind die Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze mit Ausnahme der §§77 und 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden.
(2) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die von der Austro Control GmbH durchzuführenden Verwaltungsverfahren (Abs1) eine Gebührenordnung zu erlassen, in der die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festzulegen sind. Der Ermittlung der Höhe der Gebühren ist das Kostendeckungsprinzip zugrunde zu legen."
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieses Gesetzes (1247 BlgNR 18. GP) wurde die eben wiedergegebene Regelung, insbesondere die Ausnahme von der Anwendbarkeit der §§77 und 78 AVG unter dem Aspekt des Art 11 Abs 2 B-VG, wie folgt begründet:
"Mit der Ausnahme der Anwendbarkeit der §§77 und 78 AVG sind in den Verwaltungsverfahren der Austro Control GmbH die Bundesverwaltungsabgabenverordnung sowie die Bundes-Kommissionsgebührenverordnung nicht anzuwenden.
Diese Ausnahme ist im Lichte des Art 11 Abs 2 B-VG für die Regelung des Gegenstandes unbedingt erforderlich und damit unerläßlich.
Bei Beibehaltung des bisherigen Systems würden die Einnahmen aus den Verwaltungsverfahren dem Bund zufließen. Diesen Einnahmen des Bundes stünden Einnahmenausfälle in gleicher Höhe bei der Austro Control gegenüber, die nicht durch andere Einnahmen ausgeglichen werden können, sodaß der Bund der Austro Control den Einnahmenausfall zu ersetzen hätte. Mit der direkten Einnahme durch das die Leistung erbringende Unternehmen kann auch der bei der Durchführung der Ausgleichszahlungen notwendige bürokratische Aufwand vermieden werden.
Untersuchungen des Kostendeckungsgrades für Leistungen des BAZ im Rahmen von Verwaltungsverfahren haben krasse Kostenunterdeckungen ergeben. In einigen Fällen wird ein Kostendeckungsgrad von einigen Prozent erreicht. Mit der Einführung des Kostendeckungsprinzips bei den Gebühren soll ein wichtiger Schritt in Richtung Kostenwahrheit erfolgen."
Auf § 6 Abs 2 ACG beruht die Verordnung des (damaligen) Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Gebühren der Austro Control GmbH (Austro Control-Gebührenverordnung - ACGV), BGBl. 2/1994, welche im § 1 bestimmt, daß die Parteien für jede in ihrem Interesse liegende Amtshandlung der Austro Control GmbH die gemäß Abschnitt II der Verordnung festgesetzten Gebühren zu entrichten haben (- die durch die Novelle BGBl. 453/1995 vorgenommene Einfügung der Worte "zuzüglich Umsatzsteuer" kann im gegebenen Zusammenhang außer Betracht bleiben).
Als Teil des Unterabschnittes "V. Gebühr nach Zeitaufwand, Reisezeitpauschalen und Auslagenersätze" legt TP48 folgendes fest:
"48. Amtshandlungen außerhalb des Behördensitzes zur Erledigung eines Parteiansuchens, Überprüfung von Luftfahrzeugen und Luftfahrtgerät (Muster-, Stück- und Nachprüfungen gemäß ZLLV) oder Lärmmessungen an Zivilluftfahrzeugen (ZLZV),
a) pro Organ und angefangener halber Stunde der
Amtshandlung vor Ort........................ 500
b) zusätzlich Reisezeitpauschale pro Organ:
im Inland bis 100 km........................ 1000
im Inland von 100 km bis 200 km............. 2000
im Inland über 200 km....................... 3000
c) im Ausland.................................. 5000
d) zusätzlich Reise- und Aufenthalts-
kosten.................... nach tatsächlichem Anfall"
2. Organe der Austro Control GmbH unterzogen am 10. Feber 1994 ein Flugzeug des zu B583/98 beschwerdeführenden Vereins (der seinen Sitz in Wels hat) von Amts wegen gemäß § 40 Abs 1 Z 5 der (damals in Geltung gestandenen) Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung (ZLLV 1983), BGBl. 415/1983, einer Nachprüfung. Hiefür wurden dem Verein mit einem namens der Austro Control GmbH erlassenen Bescheid Gebühren (u.a.) nach TP48 lita, b und d ACGV vorgeschrieben, wogegen der Verein erfolglos Berufung ergriff. Der Berufungsbescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 2. Feber 1998 ist Gegenstand der nach Art 144 B-VG erhobenen, unter B583/98 protokollierten Beschwerde, in welcher der beschwerdeführende Verein sich insbesondere dagegen wendet, daß Gebühren für eine von Amts wegen vorgenommene Amtshandlung vorgeschrieben wurden, und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens bezüglich des § 6 ACG anregt.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat die Anregung des beschwerdeführenden Vereins teilweise aufgegriffen und beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des in § 6 Abs 1 ACG enthaltenen Wortes "der" sowie der Wendung "§77 und" einzuleiten.
Dabei ging der Gerichtshof vorläufig davon aus, daß er die bezogene Gesetzesstelle in der Beschwerdesache anzuwenden hätte, da sie die Handhabung des § 77 AVG (im Zusammenhalt mit der dort vorgesehenen sinngemäßen Anwendung des verwiesenen § 76 AVG) und damit auch den Grundsatz ausschließt, daß die Partei für Kommissionsgebühren nur dann aufzukommen hat, wenn sie um die Amtshandlung angesucht hat (wobei er es in diesem Zusammenhang allerdings für überlegenswert hielt, ob § 6 Abs 1 Z 3 FinanzausgleichsG 1997 in die Betrachtung einzubeziehen ist).
2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zu prüfende Gesetzesbestimmung legte der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß wie folgt dar:
"Hinsichtlich der eben erwähnten Abweichung von § 77 AVG hegt der Gerichtshof das verfassungsrechtliche Bedenken, daß ein Verstoß gegen Art 11 Abs 2 B-VG vorliegt. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem Erk. VfSlg. 11564/1987 in Ansehung des § 209 Abs 1 BergG mit den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen befaßt, unter denen Kosten für amtswegige Maßnahmen der Behörde (- das Verfahren betraf Kosten infolge Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger -), also Kosten für Amtshandlungen, die vom Betroffenen nicht beantragt und überdies auch nicht verschuldet wurden, der Verfahrenspartei auferlegt werden dürfen. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung zu Art 11 Abs 2 B-VG hingewiesen und dargetan, daß die von einer Regelung des AVG abweichende Bestimmung in einem Bundes- oder Landesgesetz nur dann der Verfassung entspricht, wenn sie im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerläßlich ist. Die besonderen Gefahren, die mit Bergbaubetrieben in der Regel verbunden sind, hätten den Gesetzgeber (u.a.) veranlaßt, eine besondere bergbehördliche Aufsicht vorzusehen und die Bergbehörden im Interesse der Realisierung der Aufsichtsziele zu ermächtigen, von sich aus bestimmte aufsichtsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen. Eine Regelung wie sie § 209 Abs 1 BergG vorsehe, stehe mit dem System der Bergaufsicht in so engem Konnex, daß sie im Sinne der verfassungsgerichtlichen Judikatur als 'unerläßlich' zu qualifizieren sei. Gleichzuhaltende Voraussetzungen dürften im hier zu beurteilenden Zusammenhang jedoch nicht gegeben sein. Der Gerichtshof verweist zum Vergleich auf sein Erk. VfSlg. 4827/1964, in welchem er die Auffassung vertreten hat, daß die Überprüfung der Betriebstauglichkeit von Kraftfahrzeugen zum überwiegenden Teil dem Schutz der Allgemeinheit und damit dem öffentlichen Interesse dient. Der Gerichtshof konnte zwar nicht finden, daß die vorzunehmende Begutachtung der Kraftfahrzeuge auf ihre weitere Betriebstauglichkeit wesentlich im Privatinteresse der Partei gelegen sei. Im Hinblick auf das in dieser Entscheidung der Sache nach gleichwohl als nicht unerheblich anerkannte Privatinteresse liegt aber - in Ansehung der Parallele zur Überprüfung von Luftfahrzeugen - im vorliegenden Fall keine Situation vor, die den Besonderheiten des Bergbaubetriebes der Bedeutung nach gleichzusetzen wäre. Der Gerichtshof nimmt sohin an, daß eine vom Regime der §§77 und 76 AVG völlig abweichende Regelung über die Kostentragung nicht im Sinn des von der Vorjudikatur geprägten Verständnisses des Art 11 Abs 2 B-VG als 'unerläßlich' angesehen werden kann."
III. Die Bundesregierung
erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Prüfungsbeschlusses entgegentritt und insbesondere folgendes darlegt:
"...
2.1. Beschwerdegegenstand des in VfSlg. 11564/1987 entschiedenen Verfahrens waren zwei auf § 209 Abs 1 BergG 1975 gestützte Kostenbescheide des damaligen Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie mit denen die beschwerdeführende Gesellschaft als Bergbauberechtigte die Zahlung der Gebühren in Höhe von insgesamt etwa ATS 600.000,-- vorgeschrieben wurden. Der VfGH hatte sich im Zuge des Bescheidbeschwerdeverfahrens ua. auch mit der Frage zu beschäftigen, ob die Abweichung dieser Verfahrenskostenregelung gegenüber § 76 AVG mit Art 11 Abs 2 B-VG vereinbar ist. § 209 Abs 1 BergG verpflichtet den Bergbauberechtigten zur Tragung der mit einer bergbehördlichen Amtshandlung verbundenen Barauslagen und Kommissionsgebühren, wenn diese Amtshandlung durch in § 2 Abs 1 BergG angeführte Tätigkeiten notwendig wurde und weder eine andere Partei noch ein anderer Beteiligter für diese Auslagen aufzukommen hat.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof sah sich zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht veranlaßt. Es war ihm 'nicht zweifelhaft, daß es sich bei der in § 209 Abs 1 BergG festgesetzten Kostentragungsregelung um eine Bestimmung handelt, die den (durch Art 11 Abs 2 vorgegebenen) verfassungsgesetzlichen Kriterien entspricht'. In der Entscheidungsbegründung wurden zunächst die eingehenden Ausführungen des damaligen als belangte Behörde einschreitenden Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie wiedergegeben, der die Besonderheiten der bergrechtlichen Materie ausführlich darlegte. Vor dem Hintergrund seiner Darstellung führte der Verfassungsgerichtshof aus (...):
'Die belangte Behörde hat ... dargetan, daß mit bergbaulichen Tätigkeiten besondere Gefahren verbunden sind, und darauf verwiesen, daß sich aus der dadurch gegebenen besonderen Situation eine Reihe von Sonderregelungen im Bergrecht erklären, wie etwa der das Bergrecht beherrschende Grundsatz der Gefährdungshaftung oder Sonderregelungen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes. Die besonderen Gefahren, die mit Bergbaubetrieben in der Regel verbunden sind, haben den Gesetzgeber auch veranlaßt, eine besondere bergbehördliche Aufsicht vorzusehen und die Bergbehörden im Interesse der Realisierung der Aufsichtsziele zu ermächtigen, von sich aus bestimmte aufsichtsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen ...
Ist aber ein derart ausgestaltetes Aufsichtsverfahren ... vorgesehen und handelt es sich überdies um eine Materie, bei der die Aufsichtsbehörde bei ihrer Tätigkeit häufig mit besonders schwierigen ... Sachfragen ... konfrontiert ist, so steht eine Regelung, wie sie § 209 Abs 1 BergG vorsieht, mit dem System der Bergaufsicht in so engem Konnex, daß sie iS der verfassungsgerichtlichen Judikatur als 'unerläßlich' zu qualifizieren ist.'
3.1. Ausgehend von den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes gelangt die Bundesregierung zum Ergebnis, daß eine von den Kostentragungsregelungen des AVG abweichende Regelung im Lichte des Art 11 Abs 2 B-VG jedenfalls dann zulässig ist, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Mit der jeweiligen Tätigkeit müssen 'besondere Gefahren' verbunden sein;
b) diese Gefahren müssen eine besondere Situation schaffen, die eine Reihe von Sonderregelungen - zB hinsichtlich Haftung und Arbeitnehmerschutz - erklären;
c) darüber hinaus müssen diese Gefahren die Schaffung einer besonderen Aufsicht erklären, wobei die Aufsichtsbehörde ermächtigt sein muß, zur Erreichung der Aufsichtsziele von sich aus bestimmte Maßnahmen zu ergreifen;
d) die Aufsichtsbehörde muß bei ihrer Tätigkeit häufig mit besonders schwierigen Sachfragen konfrontiert sein.
3.2. Legt man diesen Maßstab auch den im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Fragen zugrunde, so ergibt sich folgendes:
a) Der Betrieb von Luftfahrzeugen ist mit großen Gefahren für das Leben und das Eigentum vieler Menschen (Flugzeugpersonal, Fluggäste, aber auch viele unbeteiligte Dritte) verbunden. Dabei ist hervorzuheben, daß diese Gefahren mehr Menschen betreffen als im Bereich des Bergbaues.
b) Die mit dem Betrieb von Luftfahrzeugen wesensmäßig verbundenen Gefahren haben zu zahlreichen einschlägigen Sonderregelungen geführt. So sieht das LFG eine strenge Gefährdungshaftung mit hohen Haftungsbeträgen vor (vgl. §§146 ff LFG). Der Arbeitnehmerschutz wird durch ein besonderes Verkehrs-Arbeitsinspektorat wahrgenommen.
c) Die Aufsicht ist seit langem in Fachinstitutionen konzentriert (derzeit: Austro Control GmbH, früher BAZ), wobei ua. besondere Sicherungsmaßnahmen vorgesehen sind, die sich auch auf die Lufttüchtigkeit der Luftfahrzeuge erstrecken (vgl. insb. § 171 Abs 1 Z 1 LFG).
d) Die Aufsichtsbehörde ist bei ihrer Tätigkeit auch häufig mit schwierigen Sachfragen konfrontiert, weshalb für die verantwortlichen Personen besondere fachliche Voraussetzungen festgelegt sind (vgl. zB §§25 ff und 101 ff LFG sowie die Zivilluftfahrt-Personalverordnung).
3.3. Die Bundesregierung meint, mit diesen Ausführungen dargetan zu haben, daß mit den in Rede stehenden Tätigkeiten besondere Gefahren verbunden sind und daß sich aus der dadurch gegebenen besonderen Situation eine Reihe von Sonderregelungen im Luftfahrtrecht erklären, wie etwa der im Luftfahrtrecht bedeutsame Grundsatz der Gefährdungshaftung oder Sonderregelungen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes. Die besonderen Gefahren, die mit Luftfahrzeugen wesensmäßig verbunden sind, haben den Gesetzgeber auch veranlaßt, eine besondere Aufsicht vorzusehen und die Aufsichtsbehörde im Interesse der Realisierung der Aufsichtsziele zu ermächtigen, von sich aus bestimmte aufsichtsbehördliche Maßnahmen zu ergreifen. Ist aber ein derart ausgestaltetes Aufsichtsverfahren vorgesehen und handelt es sich überdies um eine Materie, bei der die Aufsichtsbehörde bei ihrer Tätigkeit häufig mit besonders schwierigen Sachfragen konfrontiert ist, so steht eine Regelung, wie sie die in Prüfung gezogenen Normteile vorsieht, mit dem System der gesetzlich vorgesehenen Aufsicht in so engem Konnex, daß sie iS der verfassungsgerichtlichen Judikatur als 'unerläßlich' zu qualifizieren ist.
Entgegen der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes ist die Bundesregierung im Lichte dieser Überlegungen daher der Ansicht, daß im gegebenen Zusammenhang eine Situation vorliegt, die den Besonderheiten des Bergbaubetriebes der Bedeutung nach gleichzusetzen ist.
3.4. Darüberhinaus verweist die Bundesregierung darauf, daß in der Regierungsvorlage zum ACG im Allgemeinen Teil dargelegt ist, daß ein wesentliches rechtspolitisches Ziel dieser Ausgliederung die Erlangung der 'Kostenwahrheit' ist. Dies bedeutet, daß die enorme staatliche Subventionierung für einen relativ kleinen Teil von Begünstigten (Halter von Luftfahrzeugen) auf Kosten der Allgemeinheit eingeschränkt werden soll. Ziel ist, daß die Benützer von Verkehrsinfrastruktureinrichtungen die von ihnen verursachten Kosten selbst tragen sollen und somit die Allgemeinheit entlastet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, war es notwendig, zu normieren, daß der Austro Control für alle Leistungen, die sie den Nutzern erbringt, auch eine entsprechende Gegenleistung zukommen soll. Es macht daher insoweit keinen Unterschied, ob diese Leistung von Amts wegen oder auf Antrag erbracht wird, da der Austro Control in beiden Fällen Kosten entstehen.
Im vorliegenden konkreten Fall der periodischen Nachprüfung eines Luftfahrzeuges scheint es auch vor diesem Hintergrund im Sinne des Art 11 Abs 2 B-G zulässig zu sein, die Kosten demjenigen aufzuerlegen, der sie verursacht hat. Wie bereits oben näher erläutert, sind nämlich dem Luftfahrtwesen besondere Gefahren immanent, die zwar von der Rechtsordnung toleriert werden, die aber dennoch spezielle Gesetzgebungsmaßnahmen (zB verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung - § 146 ff LFG) und ein besonderes Vorgehen der Luftfahrtbehörden notwendig machen. Die Kosten können von der Austro Control nur durch Beiträge von den Verursachern der Gefahren aufgebracht werden, da - abgesehen von einer Ausnahme bezüglich völkerrechtlicher Verpflichtungen (vgl. § 11 Abs 2 ACG) - im ACG keine staatliche Subventionierung vorgesehen ist. Für eine ordnungsgemäße Abwicklung der im § 2 Abs 1 ACG normierten behördlichen Aufgaben ist es daher unabdingbar notwendig, daß die dadurch entstandenen Kosten von den Nutzern bezahlt werden. Diese Kostenregelung ist somit im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerläßlich, da andernfalls die der Austro Control GmbH gesetzlich aufgetragenen Aufgaben nicht erfüllt werden können.
In diesem Zusammenhang erscheint es auch nicht unerheblich zu sein, daß es sich bei den in § 6 Abs 2 des BG BGBl. Nr. 898/1993 normierten 'Gebühren' nicht um Abgaben im Sinne des Finanzverfassungsgesetzes handelt, da sie nicht einer Gebietskörperschaft, sondern direkt der Austro Control GmbH zufließen.
3.5. Die Bundesregierung vertritt daher zusammenfassend die Auffassung, daß die in Prüfung gezogenen Normteile den sich aus Art 11 Abs 2 B-VG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit einer von den Kostentragungsregelungen des AVG abweichenden Regelung entsprechen.
..."
IV. Das eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren erweist sich, da sämtliche Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, als zulässig. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind jedoch nicht gerechtfertigt.
1. Der Verfassungsgerichtshof weist zunächst auf sein im Prüfungsbeschluß auszugsweise zitiertes Erk. VfSlg. 11564/1987 hin und betont, daß er keinen Anlaß findet, von dem dort unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur zur Auslegung des Art 11 Abs 2 B-VG eingenommenen Standpunkt abzugehen. Auch die Bundesregierung bezieht sich auf dieses Erkenntnis und nimmt es gleichsam zur Richtschnur ihrer die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle verteidigenden Argumentation. In einer genauen Analyse der Entscheidung stellt sie heraus, daß der Gerichtshof (- bei der damaligen Beurteilung der bergrechtlichen Lage unter dem Aspekt des Art 11 Abs 2 B-VG dahin, ob die vom AVG abweichende Bestimmung im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerläßlich ist -) vier Kriterien als maßgeblich angesehen hat, nämlich ob mit der jeweiligen Tätigkeit besondere Gefahren verbunden sind, ob diese Gefahren eine besondere Situation schaffen, die eine Reihe von Sonderregelungen - zB hinsichtlich Haftung und Arbeitnehmerschutz - erklären, ferner ob die Gefahren die Schaffung einer besonderen Aufsicht erklären, wobei die Aufsichtsbehörde ermächtigt sein muß, zur Erreichung der Aufsichtsziele von sich aus bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, und schließlich, ob die Aufsichtsbehörde bei ihrer Tätigkeit häufig mit besonders schwierigen Sachfragen konfrontiert ist. Der Gerichtshof pflichtet diesem Verständnis seines in Rede stehenden Erkenntnisses bei und teilt auch die an die erwähnten Umstände anknüpfende, mit einer detaillierten Darstellung luftfahrtrechtlicher Regelungen (einschließlich einer impliziten Bezugnahme auf das Arbeitsinspektionsgesetz) belegte Auffassung der Bundesregierung, daß die beschriebenen Kriterien auch im hier zu betrachtenden Fall von Gebühren für Maßnahmen der besonders eingerichteten Luftfahrtaufsichtsbehörde (früher das Bundesamt für Zivilluftfahrt, nunmehr die Austro Control GmbH als mit behördlichen Aufgaben beliehener Rechtsträger - vgl. dazu VfSlg. 14473/1996, insbesondere S. 290f) im Rahmen der luftfahrtrechtlichen Aufsicht gegeben sind. Zutreffend macht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf die mit dem Betrieb von Luftfahrzeugen verbundenen großen Gefahren aufmerksam, auf die damit im Zusammenhang stehenden Sonderregelungen bezüglich einer Gefährdungshaftung und des Arbeitnehmerschutzes, weiters auf die besonderen Sicherungsmaßnahmen insbesondere bezüglich der Luftfahrttüchtigkeit der Luftfahrzeuge sowie darauf, daß von der Aufsichtsbehörde häufig schwierige Sachfragen zu lösen sind. In diesem Kontext hält es der Gerichtshof für geboten, namentlich etwa auf wichtige Maßnahmen der Flugsicherung oder auf die Zulassung neu entwickelter Luftfahrzeuge zur Personenbeförderung hinzuweisen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hält es somit im Sinn seiner bezogenen Vorjudikatur für dargetan, daß ein nach Art 11 Abs 2 B-VG zulässiges, weil im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften unerläßliches Abweichen von Bestimmungen des AVG vorliegt. Auf den Umstand, daß dieses Abweichen im hier maßgeblichen Bereich nur in Ansehung solcher Verwaltungsverfahren vorgesehen ist, die von der Austro Control GmbH durchzuführen sind, war im Rahmen dieses Gesetzesprüfungsverfahrens nicht einzugehen. Da die angenommene Verfassungswidrigkeit also nicht gegeben ist, war auszusprechen, daß die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
V. Dieses Erkenntnis wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.