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VfGH vom 14.06.2007, g213/06

VfGH vom 14.06.2007, g213/06

Sammlungsnummer

18142

Leitsatz

Teilweise Zulässigkeit eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 betreffend Errichtung und Betrieb von Telekommunikationsanlagen ("Handymasten"); kein untrennbarer Zusammenhang des Ausschlusses der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung mit den übrigen angefochtenen Bestimmungen; zu eng gefasster Antrag hinsichtlich des Ausschlusses der Parteistellung der Nachbarn; ausreichende Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung zur Festlegung technischer Standards sowie der Verweisung auf - völkerrechtlich und innerstaatlich bereits verbindliche - internationale Vorschriften

Spruch

I. Die Anträge, § 73 Abs 3 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 70/2003 sowie die Wortfolge "und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" in § 73 Abs 1 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 70/2003 als verfassungswidrig aufzuheben, werden abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit ihrem am beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Antrag begehren 73 Abgeordnete zum Nationalrat (in der XXII. GP), näher bezeichnete Bestimmungen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

2. Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des TKG 2003, BGBl. I 70/2003, lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Ausnahmen vom Anwendungsbereich

§2

(1) bis (2) ...

3) Auf das Anbieten von Kommunikationsdiensten und das Betreiben von Kommunikationsnetzen findet die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, keine Anwendung.

(4) ..."

"Technische Anforderungen

§73

(1) Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen müssen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise den anerkannten Regeln der Technik und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen entsprechen.

(2) Bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen müssen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie der ungestörte Betrieb anderer Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen gewährleistet sein. Bei der Gestaltung von Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen ist unter Beachtung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, insbesondere auch im Hinblick auf eine fachgerechte Entsorgung, Bedacht zu nehmen.

(3) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend die näheren Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festsetzen, insbesondere für

1. die Typenzulassung von Funkanlagen und

2. den Betrieb von Funkanlagen auf fremden Schiffen, Luftfahrzeugen und anderen Verkehrsmitteln, die sich im österreichischen Hoheitsgebiet aufhalten."

"Errichtung und Betrieb von Funkanlagen

§74

(1) Die Errichtung und der Betrieb einer Funkanlage ist grundsätzlich nur mit einer Bewilligung zulässig. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn kein Grund für eine Ablehnung vorliegt.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer elektrischen Einrichtung, die gemäß § 3 Z 6 letzter Satz als Funkanlage gilt, ist ausschließlich Sicherheitsbehörden zu erteilen.

(3) Soweit dies mit dem Interesse an einem ordnungsgemäßen und störungsfreien Fernmeldeverkehr vereinbar ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen auch allgemein für bestimmte Gerätearten oder Gerätetypen mit Verordnung für generell bewilligt erklären."

3. Der vorliegende - auf Art 140 B-VG gestützte - Antrag der Abgeordneten lautet wie folgt:

"1. § 74 Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 und § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 jeweils zur Gänze, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'das Anbieten von Kommunikationsdiensten und' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'und das Betreiben von Kommunikationsnetzen' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze, aus den in Punkt IV dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in Punkt V dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in Punkt VI dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK

2. § 74 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 und § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 jeweils zur Gänze, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'das Anbieten von Kommunikationsdiensten und' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'und das Betreiben von Kommunikationsnetzen' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 74 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze, aus den in Punkt IV dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in Punkt V dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in Punkt VI dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK

3. § 73 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 und § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 jeweils zur Gänze, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 73 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'das Anbieten von Kommunikationsdiensten und' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 73 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze und den Ausdruck 'und das Betreiben von Kommunikationsnetzen' in § 2 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003, aus den in den Punkten IV und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in den Punkten V und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in den Punkten VI und VIII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK in eventu

§ 73 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 zur Gänze, aus den in Punkt IV dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 7 B-VG, in eventu aus den in Punkt V dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 8 EMRK, in eventu aus den in Punkt VI dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 6 EMRK, in eventu aus den in Punkt VII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG

4. den Ausdruck 'und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen' in § 73 Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 idF BGBl I Nr. 70/2003 aus den in Punkt VII dargestellten Bedenken wegen des Verstoßes gegen Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG

als verfassungswidrig aufzuheben".

3.1. Nach Darstellung der Rechtslage wird im Antrag unter Hinweis auf verschiedenste Studien ausführlich auf Fragen der Auswirkungen von Mobilfunkanlagen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden insbesondere der in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Menschen eingegangen. Sodann wird die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Einzelnen begründet. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 73 Abs 1 (letzter Halbsatz) und § 73 Abs 3 und zum untrennbaren Zusammenhang zwischen § 2 Abs 3 TKG 2003 und den §§74 Abs 1 und Abs 3, 73 Abs 1 und Abs 3 TKG 2003 wird Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen im Original):

"VII. Verfassungswidrigkeit des § 73 Abs 1 (letzter Halbsatz) sowie des § 73 Abs 3 TKG wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG

...

2. Unvereinbarkeit des Begriffes 'internationale Vorschriften' in § 73 Abs 1 3. Halbsatz TKG 2003 mit Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG

Der Verfassungsgerichtshof erachtet in ständiger Rechtsprechung dynamische Verweisungen auf Normen einer anderen Rechtsetzungsautorität als verfassungswidrig, dynamische Verweisungen auf Normen derselben Rechtsetzungsautorität werden jedoch als grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig angesehen; dies freilich unter der Voraussetzung, dass in der verweisenden Norm das Verweisungsobjekt ausreichend bestimmt festgelegt ist (vgl. VfSlg 12.947/1991, 14.606/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur) und die verwiesene Norm in einem den österreichischen Gesetzblättern vergleichbaren Publikationsorgan kundgemacht und dabei auf die Fundstelle hingewiesen wurde (vgl. VfSlg 12.293/1990). Der VfGH sieht es jedoch als zulässig an, wenn der Gesetzgeber seine Regelungen an die Regelung einer fremden Rechtssetzungsautorität anknüpft, da dies keine Verweisung sei (VfSlg 12.384).

Demnach widerspricht eine globale Verweisung auf die Normen einer anderen Rechtsetzungsautorität ohne genaue Bezeichnung der verwiesenen Norm ebenso dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG wie so genannte dynamischen Verweisungen, bei denen die fremde Rechtsetzungsautorität allein den Inhalt der verweisenden Rechtsordnung verändern kann (VfSlg 16.999).

In der Norm des § 73 Abs 1 TKG 2003 über die technischen Anforderungen von Funkanlagen verweist der Gesetzgeber pauschal auf 'internationale Vorschriften', denen Funkanlagen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise entsprechen müssen. Damit ist (sind) aber die Norm(en), auf welche in § 73 Abs 1 3. Halbsatz verwiesen wird, nicht ausreichend bestimmt, wird doch daraus in keiner Weise ersichtlich, welche internationalen Vorschriften der Gesetzgeber hier im Auge hat. Vielmehr bedient sich der Gesetzgeber in § 73 Abs 1 TKG 2003 einer Rechtstechnik, bei der er nicht den vollständigen Inhalt der Regelung, die zu vollziehen ist, sprachlich zum Ausdruck bringt, sondern Akte einer (bzw. mehrerer) anderer Rechtsetzungsautorität(en) in die von ihm getroffene Regelung inkorporiert. So wird etwa in den einschlägigen Kommentaren festgehalten, dass 'als internationale Vorschriften insbesondere harmonisierte Normen, die im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden sind wie ITU Recommendations, CEPT Decisions and Recommendations, ETSI Standards, CEN-CENELEC Standards in Betracht kommen' [vgl. Stratil (Hrsg.), TKG, 2004, § 73].

Die Bestimmung des § 73 Abs 1 3. Halbsatz TKG 2003 ist wegen der oben ausgeführten Bedenken verfassungswidrig, da sie gegen Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG verstößt, weil sie eine im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung unzulässige globale Verweisung auf die Normen anderer Rechtssetzungsautoritäten enthält.

3. Unvereinbarkeit der Verordnungsermächtigung gem. § 73 Abs 3 TKG 2003 mit Art 18 Abs 1 und 2 B-VG

... An keiner Stelle legt das Gesetz jedoch fest, welche konkreten Voraussetzungen Funkanlagen erfüllen müssen. Lediglich aus Abs 2 leg cit ist ableitbar, dass der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen gewährleistet sein muss. § 73 Abs 3 TKG 2003 enthält jedoch keinerlei spezifische Anhaltspunkte für die Beurteilung der Voraussetzungen von Funkanlagen, die dann zu einer Bewilligung der Funkanlagen führen.

Der Gesetzgeber bedient sich bei der Festlegung der Voraussetzungen lediglich des unbestimmten Gesetzesbegriffes des 'Standes der Technik'.

b) Unbestimmter Rechtsbegriff des Standes der Technik

Beim Ausdruck 'Stand der Technik' handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, mit dem aus normativ-juristischer Sicht ein außerrechtlicher Sachverhalt angesprochen wird. Der Bedeutungsinhalt derartiger Technikklauseln hängt von ihrer jeweiligen gesetzlichen Definition und ihrem jeweiligen fachlichen Umfeld ab (vgl. hiezu ua. Scholz, Technik und Recht, in: Wilke [Hrsg.], Festschrift zum 125-jährigen Bestehen der Juristischen Gesellschaft zu Berlin, [1984] 691 [707 f]; B. Davy, Grundrechtsgefährdung und Technik. Zum verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz vor atypischen Grundrechtsverletzungen, ZfV 1985, 133 ff; ders., Legalität durch Sachverstand? Zur Bestimmbarkeit von Technik-Klauseln im österreichischen Verwaltungsrecht, ZfV 1982, 345 ff; Krejci, Die Bedeutung der Regeln der Technik im Bauvertragsrecht, in: Rechberger ua. [Hrsg.], Festschrift für Winfried Kralik zum 65. Geburtstag. Verfassungsrecht - Privatrecht, [1986] 435 ff;).

Der Begriff 'Stand der Technik' ist zwar grundsätzlich ein der Auslegung zugänglicher Begriff, der sich im jeweiligen Zusammenhang objektiv ermitteln lässt (vgl. VfSlg 7052/1973). In der angefochtenen Norm des § 73 Abs 3 TKG 2003 wird der Begriff 'Stand der Technik' jedoch nicht in einen konkreten Bezug gesetzt, sondern lediglich gefordert, dass dem jeweiligen Stand der Technik die nähere Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Funkanlagen durch Verordnung zu regeln sind. Aus der dem Abs 3 unmittelbar vorangehenden Bestimmung des Abs 2 (§73 Abs 2 TKG 2003: 'Bei der Errichtung und dem Betrieb ... müssen der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie der ungestörte Betrieb anderer Funkanlagen ... gewährleistet sein ...') leuchtet zwar die Absicht des Gesetzgebers - Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen - hervor, doch wird diese im Hinblick auf die zu erlassende Verordnung nicht hinreichend determiniert. Dies wird besonders deutlich, zieht man die betriebsanlagenrechtliche Bestimmung des § 359b GewO 1994 als Vergleichsmaßstab heran.

Im Unterschied zu § 359b GewO 1994, welcher bereits Gegenstand einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung war (VfSlg 14.512), wird in § 73 Abs 3 TKG 2003 auf die Ausführung der Funkanlagen, insbesondere deren Beschaffenheit und Wirkungsweise, nicht Bezug genommen. Der Gesetzgeber hat bei der Bestimmung des § 73 Abs 3 TKG 2003 dem Verordnungsgeber keinerlei Anhaltspunkte etwa für die Beurteilung der zulässigen Grenzwerte für elektromagnetische Wellen, welche von Funkanlagen (insbesondere von Mobilfunkanlagen) ausgehen, vorgegeben. Es findet sich keinerlei Konkretisierung der unbestimmten Begriffe der 'Bestimmungen' und 'Voraussetzungen'. So bleibt etwa fraglich, ob die 'näheren Bestimmungen und Voraussetzungen' auch Gefährdungen aufgrund der konkreten Aufstellung einer Funkanlage regeln sollen bzw. inwieweit von diesen Voraussetzungen auch Gefährdungen, die sich aufgrund der Summation der Strahlungen mehrerer Funkanlagen in einem bestimmten Umkreis ergeben können, erfasst sind. Mit dem Abstellen auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie des ungestörten Betriebes anderer Funkanlangen und Telekommunikationseinrichtungen wird die Entscheidung des Verordnungsgebers jedenfalls nicht hinreichend determiniert.

§ 73 Abs 3 TKG 2003 verstößt daher wegen dieser Unbestimmtheit gegen Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG, weswegen seine Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit beantragt wird.

VIII. Untrennbarer Zusammenhang zwischen § 2 Abs 3 TKG 2003 und den angefochtenen Bestimmungen der §§74 Abs 1 und Abs 3, 73 Abs 1 und Abs 3 TKG 2003

... Zwischen den angefochtenen Bestimmungen der §§74 Abs 1 und Abs 3, 73 Abs 1 und Abs 3 TKG 2003 und dem § 2 Abs 3 TKG 2003, nach welchem auf das Anbieten von Kommunikationsdiensten und das Betreiben von Kommunikationsnetzen die Gewerbeordnung 1994, BGB Nr 194/1994 keine Anwendung findet, besteht nach Auffassung der AntragstellerInnen ein derartiger untrennbarer Zusammenhang. Diese Bestimmung unterstützt die Verfassungswidrigkeit der eigentlichen Kernbestimmungen zu den technischen Anforderungen an Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen sowie zur Errichtung und zum Betrieb von Funkanlagen.

Im Hinblick darauf, dass ein Normenprüfungsverfahren dazu führen soll, eine festgestellte Rechtswidrigkeit zu beseitigen, muss der Anfechtungsumfang daher auch die Bestimmung des § 2 Abs 3 TKG 2003 umfassen, da ansonsten die beantragte Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen der §§73 Abs 1 und Abs 3 sowie § 74 Abs 1 und Abs 3 TKG 2003 dazu führen würde, dass entgegen der offenkundigen Intention des Gesetzgebers kein wie immer geartetes Bewilligungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen normiert wäre und die aufgezeigte Verfassungswidrigkeit der angefochtenen bzw. aufgehobenen Bestimmungen (mangels Vorliegens jeglichen Bewilligungsverfahrens) fortbestehen würde. Lediglich aus Gründen der prozessualen Vorsicht wird eventualiter die Aufhebung der §§74 Abs 1, Abs 3 und § 73 Abs 3 TKG 2003 ohne gleichzeitigem Antrag auf Aufhebung des § 2 Abs 3 TKG 2003 gestellt. ..."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung und beantragte, den vorliegenden Antrag insoweit zurückzuweisen, als er über die im Hinblick auf Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG vorgetragenen Bedenken gegen § 73 Abs 3 TKG 2003 und gegen die Wortfolge "und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" in § 73 Abs 1 TKG 2003 hinausgeht. Im Übrigen wolle der Verfassungsgerichtshof aussprechen, dass die restlichen angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.

4.1. Zur Zulässigkeit wies die Bundesregierung zunächst darauf hin, dass die in den Hauptanträgen begehrte Aufhebung des § 2 Abs 3 TKG 2003 sowie die in den jeweils ersten Eventualanträgen begehrte Aufhebung der Wortfolge "das Anbieten von Kommunikationsdiensten und" in § 2 Abs 3 TKG 2003 von den aufgeworfenen Bedenken nicht getragen würden. Das vorgetragene Bedenken richte sich nämlich ausschließlich gegen anlagenrechtliche Bestimmungen des TKG 2003. Hingegen werde gegen das Anbieten von Kommunikationsdiensten kein Bedenken vorgetragen. Es werde auch nicht vorgebracht, dass § 2 Abs 3 TKG 2003 selbst eine untrennbare Einheit mit den übrigen angefochtenen Bestimmungen bilde.

Abgesehen davon gehe die begehrte Aufhebung der Wortfolge in § 73 Abs 1 TKG 2003 sowie der §§73 Abs 3, 74 Abs 1 und Abs 3 und 2 Abs 3 TKG 2003 ins Leere, da damit die behauptete Verfassungswidrigkeit der fehlenden Anhörungs- und Parteirechte von Nachbarn nicht beseitig werden würde. Bereits aus diesem Grunde erweisen sich nach Auffassung der Bundesregierung die bezeichneten Anträge als unzulässig.

4.2. Sodann tritt die Bundesregierung dem Vorbringen der Antragsteller in der Sache im Einzelnen entgegen. Zu den Bedenken hinsichtlich Art 18 B-VG wird ausgeführt:

"... 4.2.1. Dem Bedenken der globalen bzw. dynamischen Verweisung auf internationale Vorschriften ist zu entgegnen, dass dem Verordnungsgeber - im Hinblick auf das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation innerstaatlichen Rechts - die nähere Bestimmung von Grenzwerten überlassen werden kann, wenn die Regelung eines Sachverhalts Gegenstand nicht nur einer nationalen Bestimmung, sondern auch einer Richtlinienbestimmung ist (vgl. sinngemäß VfSlg. 15.354/1998 zu einer Verordnungsermächtigung des Güterbeförderungsgesetzes; differenzierender hinsichtlich einer Blankettstrafnorm: VfSlg. 17.479/2005). Die Einbettung des österreichischen Telekommunikationsrechts in umfangreiches Gemeinschaftsrecht wurde bereits dargestellt. Art 5 der Richtlinie 1999/5/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, von der Erfüllung der grundlegenden Anforderungen gemäß Art 3 leg.cit. auszugehen, wenn eine Funkanlage im Amtsblatt der EG veröffentlichten harmonisierten Normen entspricht. Der österreichische Gesetzgeber hat daher in dieser Hinsicht keinen Spielraum. Solche Geräte dürfen dann in Verkehr gebracht werden und sind keinen weiteren einzelstaatlichen Regelungen unterworfen (Art6f der Richtlinie). Im Zuge des Bewilligungsverfahrens stünde es dem Mitgliedstaat frei, 'Maßnahmen zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern, die von elektronischen Kommunikationsnetzen verursacht werden, entsprechend dem Gemeinschaftsrecht' zu verlangen. (vgl. Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. Nr. L 108 vom S. 21). Lediglich für Bereiche, in denen, die Stückzahl von Telefunkanlagen noch gering sind, bestehen keine harmonisierten Normen.

4.2.2. Der 'Stand der Technik' wiederum stellt in der österreichischen Rechtsordnung ein zentrales Kriterium zur Bestimmung von sicherheits- und umweltbedingten Anforderungen dar, denen insbesondere Anlagen zu entsprechen haben. Dieses Kriterium wurde vom Verfassungsgerichtshof in zahlreichen Zusammenhängen nicht als verfassungsrechtlich bedenklich oder unterdeterminiert aufgegriffen

... .

Die von den AntragstellerInnen dazu vorgebrachten Bedenken sind daher nicht stichhaltig, zumal der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 12.947/1991 ('Noricum-Erkenntnis') zur Verordnungsermächtigung des § 2 KMG, die durch die Technikklausel des 'jeweiligen Stands der militärtechnischen Entwicklung' umschrieben war, festgehalten hat, dass 'mangels einer dem Gesetzeswortlaut zu entnehmenden Einschränkung die Entwicklung der Militärtechnik insgesamt zu berücksichtigen' sei.

In eben diesem Sinn ergibt sich der Stand der Technik hinsichtlich Telekommunikationsanlagen aus den einschlägigen international anerkannten Richtlinien und Empfehlungen insgesamt. Jährlich wird eine Vielzahl von internationalen Vorschriften kundgemacht, welche entweder, wie insbesondere einige Arten von Gemeinschaftsrechtsakten, bereits unmittelbar gelten oder aber regelmäßig in österreichisches Recht umgesetzt werden. ...

4.3. Damit ist nach Auffassung der Bundesregierung aber auch den auf Art 18 Abs 1 B-VG gegründeten Bedenken der Boden entzogen. ..."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Gemäß Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG ist ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates berechtigt, die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Der Antrag langte am beim Verfassungsgerichtshof ein. Am fand die konstituierende Sitzung des Nationalrates in der XXIII. Gesetzgebungsperiode statt. Da im Zeitpunkt der Postaufgabe des Antrages () die antragstellenden 73 Abgeordneten noch dem "alten" Nationalrat (XXII. GP) angehörten, ist die im Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG normierte Antragsvoraussetzung (ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates) erfüllt.

2. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hat sich die Aufhebung einer verfassungswidrigen Bestimmung darauf zu beschränken, jene Teile einer gesetzlichen Bestimmung zu beseitigen, durch deren Wegfall die Verfassungswidrigkeit behoben würde. Bei einer Aufhebung bloß eines Teils einer Regelung ist jedoch auch darauf Bedacht zu nehmen, dass der verbleibende Teil der Bestimmung nicht eine Veränderung seiner Bedeutung erfährt (zB VfSlg. 7376/1974, 7726/1975, 11.506/1987). Die Grenzen der Aufhebung einer zu prüfenden Gesetzesbestimmung müssen daher so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen mit erfasst werden (VfSlg. 12.235/1989, 16.542/2002, 16.911/2003).

2.1. Die beantragte Aufhebung des § 2 Abs 3 TKG 2003 wird damit begründet, dass zwischen den angefochtenen Bestimmungen der §§73 Abs 1 und Abs 3 sowie 74 Abs 1 und Abs 3 TKG 2003 einerseits und dem § 2 Abs 3 TKG 2003 andererseits insofern ein untrennbarer Zusammenhang bestehe, als die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen dazu führen würde, dass entgegen der offenkundigen Intention des Gesetzgebers kein wie immer geartetes Bewilligungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen normiert wäre und die gerügte Verfassungswidrigkeit fortbestehen würde. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die solcherart entstehende Regelungslücke durch die Aufhebung (auch) des § 2 Abs 3 TKG 2003 geschlossen würde.

Es ist zwar davon auszugehen, dass im Falle der Aufhebung der bekämpften Bestimmungen keine wie immer geartete Bewilligungspflicht für die Errichtung und den Betrieb von Funkanlagen bestehen und damit der bisher diesbezüglich im TKG 2003 bestehende öffentlich-rechtliche Schutz gänzlich beseitigt werden würde. Die durch die Aufhebung der übrigen angefochtenen Bestimmungen entstehende Regelungslücke kann durch die Aufhebung der Bestimmung des § 2 Abs 3 TKG 2003 allerdings nicht geschlossen werden. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller schließt nämlich nicht nur § 2 Abs 3 TKG 2003 die Anwendung der GewO auf das gewerbsmäßige "Anbieten von Kommunikationsdiensten und das Betreiben von Kommunikationsnetzen" aus, sondern primär der Umstand, dass diese Tätigkeiten eine spezielle, gleichzeitig aber erschöpfende Regelung im 3. Abschnitt (§§14 ff) des TKG 2003 gefunden haben. Die Geltung (ebenso wie eine allfällige verfassungsgerichtliche Aufhebung) des § 2 Abs 3 TKG 2003 änderte daher an der (ausschließlichen) Anwendbarkeit des TKG 2003 auf das in § 2 Abs 3 TKG 2003 genannte "Anbieten von Kommunikationsdiensten" und das "Betreiben von Kommunikationsnetzen" nichts. Den gegen § 2 Abs 3 TKG 2003 gerichteten verfassungsrechtlichen Bedenken kann auch durch Aufhebung dieser Bestimmung nicht abgeholfen werden. Der Antrag ist daher insoweit unzulässig.

2.2. Mit Blick auf die übrigen angefochtenen Bestimmungen (§74 Abs 1 und 3 sowie § 73 Abs 3 TKG 2003) bringt die Bundesregierung vor, dass durch die Aufhebung der bekämpften Bestimmungen die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt würde. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass es grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen ist, an welcher Stelle des Gesetzes er Regelungen über die Parteistellung vorsieht. Für den Fall, dass die fehlende Parteistellung der Nachbarn im Bewilligungsverfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Funkanlagen verfassungswidrig sein sollte, stellt sich daher die Frage, wie eine solche Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann.

Der Ausschluss der Parteistellung kommt in den Bestimmungen über die Bewilligungspflicht und in den Bestimmungen über das Bewilligungsverfahren zum Ausdruck. Entgegen den Ausführungen der Bundesregierung könnte allein durch die Aufhebung der Verfahrensbestimmungen im 10. Abschnitt des TKG 2003 die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden. Eine Aufhebung (bloß) dieser Bestimmungen würde lediglich dazu führen, dass die Bewilligungspflicht nach dem TKG 2003 für die in Rede stehenden Anlagen weiterhin aufrecht bliebe, ohne dass sich am Fehlen der Parteistellung etwas ändern würde.

Umgekehrt vermöchte die von den Antragstellern beantragte Aufhebung (bloß) des § 74 Abs 1 und Abs 3 sowie des § 73 Abs 3 TKG 2003 (und nicht auch des § 81 TKG 2003, dessen Aufhebung nicht beantragt wurde) die behauptete Verfassungswidrigkeit der fehlenden Parteistellung nicht zu beseitigen, da sich erst unter Berücksichtigung auch des § 81 TKG 2003 ergibt, dass Nachbarn im Verfahren der Bewilligung der Errichtung des Betriebs einer Funkanlage keine Parteistellung zukommt. Ein zulässiger Antrag müsste aber alle Vorschriften erfassen, aus denen sich der Ausschluss der Parteistellung ergibt. Die Anträge, § 74 Abs 1 und 3 sowie § 73 Abs 3 TKG 2003 als verfassungswidrig aufzuheben, erweisen sich demnach als zu eng gefasst. Da in Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (VfSlg. 16.911/2003 mwN), waren diese Anträge bereits aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen.

3. Die Zulässigkeit der Anträge, die Wortfolge "und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" in § 73 Abs 1 TKG 2003 sowie § 73 Abs 3 TKG 2003 wegen Verstoßes gegen Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben, ist weder von der Bundesregierung bestritten worden, noch sind im Verfahren die Zulässigkeit in Zweifel ziehende Umstände hervorgekommen. Diese Anträge sind daher zulässig.

III. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass § 73 Abs 3 TKG 2003 in der angefochtenen Fassung, wonach der zuständige Bundesminister dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend die näheren Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festsetzen kann, gegen Art 18 B-VG verstoße, weil das Verhalten des Verordnungsgebers nicht im notwendigen Ausmaß vorherbestimmt werde.

1.1. Nach der Bundesverfassung (Art18 Abs 2 B-VG) sind Verordnungen "auf Grund der Gesetze" zu erlassen. Das bedeutet, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (vgl. etwa VfSlg. 11.639/1988 mwN sowie VfSlg. 14.895/1997). Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus also alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz: VfSlg. 4644/1964, 4662/1964, 5373/1966, 7945/1976); eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art 18 Abs 1 (und Abs 2) B-VG in Widerspruch (vgl. beispielsweise VfSlg. 4072/1961, 14.512/1996 und 16.902/2003 sowie , V60/04).

Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes und einer formalen Delegation ist im Einzelfall zu bestimmen. Entscheidungskriterium ist hier die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene (Durchführungs-) Regelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann (s. zB VfSlg. 1932/1950, 2294/1952, 4072/1961, 11.859/1988).

Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. VfSlg. 8395/1978, 11.639/1988, 14.644/1996, 15.447/1999 und 16.137/2001).

1.2. Eine inhaltliche Bestimmung der zu erlassenden Verordnung ergibt sich zunächst daraus, dass der Verordnungsgeber bei Festlegung der Bestimmungen und technischen Voraussetzungen für Telekommunikationsanlagen auf den jeweiligen Stand der Technik verwiesen ist. Beim "Stand der Technik" (Technikklausel) handelt es sich zwar um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch in der österreichischen Rechtsordnung ein zentrales Kriterium zur Bestimmung von sicherheits- und umweltbedingten Anforderungen darstellt und insofern einer Auslegung zugänglich ist, als der Verordnungsgeber den maßgeblichen technischen Standard in Bezug auf Telekommunikationsanlagen mit Hilfe einschlägiger, international anerkannter Richtlinien und Empfehlungen zu erheben hat (zu verwandten Technikklauseln vgl. beispielsweise VfSlg. 12.393/1990, 12.947/1991, 17.161/2004).

Überdies ist bei der Beurteilung, ob § 73 Abs 3 TKG 2003 dem Verordnungsgeber hinreichend bestimmte Gesichtspunkte in Bezug auf den Verordnungsinhalt vorgibt, die Verordnungsermächtigung nicht isoliert, sondern im Lichte des Telekommunikationsgesetzes insgesamt, insbesondere des § 73 Abs 2 TKG 2003 zu betrachten. Eine solche systematische Interpretation ergibt, dass die Verordnungsermächtigung das verwaltungsbehördliche Handeln insofern determiniert, als der Verordnungsgeber unter Berücksichtigung des Standes der Technik die Bestimmungen bzw. die technischen Voraussetzungen für Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen so festzulegen hat, dass den Zielen des § 73 Abs 2 TKG 2003 (Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie ungestörter Betrieb anderer Funkanlagen) bestmöglich entsprochen wird.

1.3. Vor diesem Hintergrund gelangt der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Inhalt von Verordnungen, die auf Grundlage von § 73 Abs 3 TKG 2003 erlassen werden, hinreichend durch das Gesetz vorherbestimmt ist und der Antrag daher insoweit abzuweisen war.

2. Die Antragsteller sehen ferner einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot für Gesetze nach Art 18 B-VG darin, dass Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen nach § 73 Abs 1 TKG 2003 nicht nur dem Stand der Technik, sondern auch "den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" entsprechen müssen, weil diese Bestimmung pauschal auf "internationale Vorschriften" verweise, ohne näher zu konkretisieren, um welche Vorschriften es sich dabei handle.

2.1. Mit diesem Vorbringen verkennen die Antragsteller, dass diese Vorschriften unabhängig von der Anordnung des § 73 Abs 1 TKG 2003 zu beachten sind (vgl. dazu beispielsweise auch VfSlg. 12.558/1990). Die Bestimmung des § 73 Abs 1 TKG 2003 setzt keine Vorschrift in Geltung, die nicht bereits Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung ist. Vielmehr ergibt sich aus § 73 Abs 1 TKG 2003, dass solche Vorschriften zu beachten sind, die völkerrechtlich und innerstaatlich für die Republik Österreich und für die Behörden unter den entsprechenden völker- und verfassungsrechtlichen Bedingungen ohnehin verbindlich sind (arg. "nach ... Vorschriften zu fordernden"), wie Staatsverträge oder (verbindliche) Beschlüsse von zwischenstaatlichen Einrichtungen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Kreis der zu beachtenden Vorschriften in verfassungswidriger Weise unbestimmt ist. Der Antrag war daher auch insoweit abzuweisen, als er sich gegen die Wortfolge "und den nach den internationalen Vorschriften zu fordernden Voraussetzungen" in § 73 Abs 1 TKG 2003 richtet.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 2 und Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.