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VfGH vom 27.06.1996, g211/94

VfGH vom 27.06.1996, g211/94

Sammlungsnummer

14551

Leitsatz

Keine unsachliche Privilegierung bestimmter Gastgärten durch die in der Gewerbeordnung normierte Betriebszeitengarantie aufgrund flankierender Strafbestimmungen für Übertretung der gesetzlichen Einschränkungen und der Möglichkeit der auch nachträglichen Vorschreibung von Auflagen im Interesse des Nachbarschutzes; kein Verstoß gegen das BVG Umweltschutz mangels Gesundheitsgefährdung der Nachbarn; jedoch Gleichheitsverletzung durch die sachlich nicht gerechtfertigte Erweiterung dieser Regelung für alle bereits bestehenden sonstigen Gastgärten ungeachtet ihrer Lärmimmissionen; keine Verletzung des Vertrauensschutzes aufgrund Schlechterstellung der Gastgewerbetreibenden durch die frühere Rechtslage

Spruch

1. § 148 Abs 1 zweiter Satz der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

2. Im übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind sechs Verfahren anhängig, in denen der Verwaltungsgerichtshof jeweils die Aufhebung des mit "Gewerbeausübung in Gastgärten und außerhalb der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen" überschriebenen § 153 Abs 1 Gewerbeordnung, BGBl. 50/1974 idF BGBl. 29/1993, (GewO 1973), wiederverlautbart mit Kundmachung BGBl. 194/1994 als § 148 Abs 1 GewO 1994, beantragt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"(1) Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 8 bis 22 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September bis 23 Uhr, betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Der erste Satz gilt auch für bereits bestehende sonstige Gastgärten.

(2) Der Landeshauptmann kann mit Verordnung vom Abs 1 abweichende Regelungen betreffend die Gewerbeausübung in Gastgärten für solche Gebiete festlegen, die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse im Sinne des § 152 Abs 1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelung rechtfertigen."

2.1. Anlaß für den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zu G211/94 (dg. Z 94/04/0027) bildet eine Beschwerde eines Nachbarn gegen einen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit dem der mitbeteiligten Partei gemäß § 79 GewO 1973 für den Betrieb der Gastgewerbebetriebsanlage unter anderem gestattet wurde, daß "der Gastgarten ... vom 15. Juni bis einschließlich 15. September jeweils von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr, während des übrigen Jahres von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden" darf, wobei es die Behörde im Hinblick auf § 153 Abs 1 GewO 1973 ausdrücklich dahingestellt ließ, ob sich der fragliche Gastgarten auf öffentlichem Grund befindet oder ob er an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt, da der Gastgarten im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, rechtmäßig betrieben wurde.

Gestützt auf Art 140 Abs 1 stellt der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß dieses Verfahrens den zu G211/94 protokollierten Antrag,

"§148 Abs 1 GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, identisch mit § 153 Abs 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, als verfassungswidrig aufzuheben".

2.2. Weiters sind beim Verwaltungsgerichtshof zwei Beschwerden gegen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung anhängig. Mit diesen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer jeweils bestraft, weil er eine näher bezeichnete, gewerberechtlich genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage durch Errichtung von 40 Verabreichungsplätzen im Freien (Hof) erweitert hat, ohne die erforderliche Genehmigung einzuholen. Diese Verfahren bilden die Anlaßfälle zu den zu G260/94 (dg. Z 94/04/0109) und G1367/95 (dg. Z 95/04/0191) protokollierten Anträgen.

Beim Verwaltungsgerichtshof ist eine weitere Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich anhängig, mit dem der Geschäftsführer wegen Aufstellung zweier Tische vor seinem gewerberechtlich genehmigten Lokal in der Linzer Altstadt, ohne die dafür erforderliche Genehmigung, und zusätzlich wegen Nichteinhaltung einer im Genehmigungsbescheid vorgesehenen Auflage (Geschlossenhalten einer Eingangstür) bestraft wurde. Das Beschwerdeverfahren gegen diesen Bescheid bildet den Anlaßfall des zu G282/94 (dg. Z 94/04/0179) protokollierten Verwaltungsgerichtshofantrages.

Begründend wird in den angefochtenen Bescheiden jeweils ausgeführt, daß für den Betrieb der gegenständlichen Gastgärten eine Änderungsgenehmigung nach § 81 GewO 1994 ungeachtet des § 153 Abs 1 Satz GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 bzw. des § 148 Abs 1 GewO 1994 erforderlich sei. Diese Bestimmung sei nämlich nicht so zu verstehen, daß innerhalb der gesetzlichen Betriebszeitengarantie eine Betriebsanlagengenehmigung nicht mehr erforderlich sei bzw. das Nichtvorliegen nicht mehr strafbar sei.

Er stellte aus Anlaß der geschilderten Beschwerden folgende Anträge:

zu G260/94:

"Gemäß Art 140 Abs 1 B-VG wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 letzter Satz GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194, identisch mit § 153 Abs 1 letzter Satz GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, als verfassungswidrig aufzuheben."

zu G282/94:

"Gemäß Art 140 Abs 1 B-VG wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, identisch mit § 153 Abs 1 erster Satz GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, als verfassungswidrig aufzuheben."

zu G1367/95:

"Es wird an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 letzter Satz GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, als verfassungswidrig aufzuheben; in eventu der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, als verfassungswidrig aufzuheben."

2.3. Eine weitere beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland richtet sich gegen die Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 25 GewO 1994, weil der Beschwerdeführer eine näher bezeichnete und gewerberechtlich genehmigte Gastgewerbebetriebsanlage (nur Betriebsraum) entgegen der im Genehmigungsbescheid festgelegten Auflage (Sperrstunde 20.00 Uhr) betrieben hat.

Dieses Verfahren veranlaßte den Verwaltungsgerichtshof den zu G1368/95 (dg. Z 95/04/0192) protokollierten Antrag zu stellen, mit dem er begehrt:

"Es wird an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 letzter Satz GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, als verfassungswidrig aufzuheben; in eventu der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, als verfassungswidrig aufzuheben."

2.4. Schließlich ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom anhängig, mit der der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gastgewerblichen Betriebsanlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt wurde. Nach der Begründung dieses Bescheides unterließ es der Bundesminister, auf die Lärmimmissionen einzugehen, die vom zur Betriebsanlage gehörenden Terrassenbetrieb ausgehen, welcher von der Straßenecke aus über 13 Stufen zu erreichen ist. Begründet wurde dies damit, daß dieser "der gesetzlichen Betriebszeitengarantie des § 148 Abs 1 GewO 1994 teilhaftig" werde.

Aus Anlaß dieses zu G22/96 (dg. Zlen. 95/04/0165, 0166, 0167) protokollierten Verfahrens begehrt der Verwaltungsgerichtshof:

"Gemäß Art 140 Abs 1 B-VG wird an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt, § 148 Abs 1 GewO 1994, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994, als verfassungswidrig aufzuheben."

2.5. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinen Anträgen jeweils davon aus, daß er bei der Entscheidung darüber, ob die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen vorliegen, auch § 153 Abs 1 GewO 1973 bzw. § 148 Abs 1 GewO 1994, bzw. Teile dieser Bestimmung anzuwenden hat.

In den zu G1367/95 und G1368/95 protokollierten Anträgen weist er ausdrücklich darauf hin, daß es sich in den Anlaßfällen um einen "sonstigen Gastgarten (B1367/95) bzw. um einen "bestehenden sonstigen Gastgarten" (B1368/95) im Sinne des § 148 Abs 1 letzter Satz GewO 1994 handelt und somit nur "diese Gesetzesstelle" "Ausgangspunkt der Rechtsausführungen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde" zu sein scheinen.

In dem zu G22/96 protokollierten Antrag begründet er den

Anfechtungsumfang mit dem Hinweis, daß "der zweite Satz des § 148

Abs1 GewO 1994 ... zwar für die Entscheidung der dem

Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Beschwerdesache nicht

präjudiziell (ist), er ... aber ... für sich allein nicht

bestehen (kann), weshalb der ... Antrag auch auf diesen Satz

auszudehnen" gewesen sei.

3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die gesetzlichen Regelungen, deren Aufhebung er beantragt, Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz.

Zum Schutz vor schädlichen Immissionen und Belästigungen sehe die Gewerbeordnung eine Genehmigungspflicht bestimmter gewerblicher Betriebsanlagen vor (§§74 ff GewO 1994). Gemäß § 77 Abs 1 GewO 1994 sei die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§71 a GewO 1994) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Weiters müßten Belästigungen, Beeinträchtigungen etc. im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein "zumutbares Maß" reduziert werden (§77 Abs 1 erster Satz GewO 1994).

Dieses System der Abwehr der vom Gewerbebetrieb unmittelbar ausgehenden Gefahren für die Gewerbetreibenden und ihre Arbeitnehmer, die Kunden, andere Gewerbebetreibende oder als Nachbarn sonst von der Gewerbetätigkeit unmittelbar betroffenen Personen werde durch die Regelung des § 153 Abs 1 GewO 1973 bzw. § 148 Abs 1 GewO 1994 insoweit "unterlaufen", als losgelöst von den Genehmigungskriterien eine "Betriebsgarantie für die erfaßten Gastgärten (vgl. Kinscher, Die Gewerbeordnung 19738, Anm. 1 zu § 153 Abs 1)" geschaffen wurde. Die bezeichnete "Betriebsgarantie" für die erfaßten Gastgärten werde losgelöst davon festgelegt, ob durch diesen Betrieb zB die Gesundheit von Menschen gefährdet wird oder nicht. Es fehle aber "eine sachliche Rechtfertigung für die 'Privilegierung' der im Gesetz bezeichneten Gastgärten gegenüber anderen Betriebsanlagen(teilen) - insbesondere auch gegenüber den anderen (allenfalls hinsichtlich der zulässigen Betriebszeiten abweichenden Anordnungen unterliegenden) Teilen derselben (einheitlichen) Gastgewerbebetriebsanlage - und für die damit einhergehende Verminderung der Schutzbereiche (insbesondere der Gesundheit der Nachbarn)".

Wenn § 148 Abs 1 GewO 1994 mit der übrigen Rechtsordnung in vergleichende Beziehung gesetzt werde, halte es der Gesetzgeber offenbar selbst - an anderer Stelle - nicht für vertretbar, eine differenzierende Regelung hinsichtlich der Betriebszeiten der Anlagenteile von Gastgewerbebetrieben vorzusehen. § 152 Abs 8 GewO 1994 bestimme nämlich, daß die Sperrstunde und die Aufsperrstunde in Verordnungen und Bescheiden gemäß den vorstehenden Absätzen nur einheitlich für den gesamten Gastgewerbebetrieb mit allen seinen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen festgelegt werden dürfe.

3.2. Selbst wenn sachlich-objektive Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen sollten, sei die mit der Privilegierung bewirkte Benachteiligung der Nachbarn von Gastgärten unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber offenkundig mit der (nicht differenzierenden) Betriebsgarantie für Gastgärten selbst Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn in Kauf nimmt. Damit werde auch ein Widerspruch zu den Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes vom über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. 491, die unter anderem die "Vermeidung von Störungen durch Lärm" zum Staatsziel erklären, eröffnet.

3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hegt in den zu G260/94, G1367/95 und G1368/95 protokollierten Anträgen gegen die Regelung des § 148 Abs 1 letzter Satz GewO 1994 auch noch das weitere Bedenken, daß die "Bestandsgarantie-Regelung" des § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 auch für "bereits bestehende sonstige Gastgärten" gilt. Dieses Regelungssystem führe (endgültig) zu einer Privilegierung bereits bestehender "sonstiger" Gastgärten gegenüber neuen "sonstigen" Gastgärten, wofür es keine sachliche Rechtfertigung gebe. Dies insbesondere auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß damit ein belastender Eingriff und sohin eine Verschlechterung der Rechtslage, auf deren Bestand der Normadressat vertrauen konnte, vermieden werde. Die "Bestandsgarantie" des § 148 Abs 1 GewO 1994 stelle ja keinen belastenden Eingriff dar ("... dürfen jedenfalls ..."), sondern es werde "mit dieser Begünstigungsregel vielmehr (sogar) in die Rechtskraft bescheidmäßig verfügter Betriebszeitenbeschränkungen (wie etwa auch in Bescheiden nach § 79 GewO 1994) eingegriffen".

4. Die Bundesregierung hat in den Verfahren jeweils eine Äußerung erstattet, in denen sie die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung verteidigt.

4.1.1. Der durch die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, geänderte § 153 Abs 1 GewO 1973, wiederverlautbart mit Kundmachung BGBl. 194/1994 als § 148 Abs 1 GewO 1994 sehe vor, daß Gastgärten jedenfalls innerhalb bestimmter Öffnungszeiten betrieben werden dürfen, soferne die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Voraussetzungen würden sich auf die Beschränkung des Verwendungszweckes beziehen, nämlich auf die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken, ferner auf das Untersagen lauten Sprechens, Singens und Musizierens durch den Gewerbetreibenden und schließlich auf das Anbringen von Anschlägen, die auf dieses Verbot hinweisen. Dadurch werde klargestellt, daß die Regelung nur auf jene Gastgärten anzuwenden ist, deren Lärmentwicklung in engen Grenzen gehalten wird. Der Gesetzgeber gehe davon aus, daß die von - dieser Bestimmung entsprechenden - Gastgärten ausgehenden Lärmimmissionen ein den Nachbarn zumutbares Maß nicht überschreiten bzw. daß Gefährdungen oder Belästigungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO 1973 bzw. 1994 überhaupt nicht auftreten würden.

Die Besonderheit des § 148 Abs 1 GewO 1994 liege in der Anknüpfung an die darin genannten Voraussetzungen. Diese Besonderheit bedinge auch eine erheblich geminderte Lärmintensität und damit einen Unterschied im Tatsächlichen.

4.1.2. Zum Bedenken, daß ein für eine rechtliche Ungleichbehandlung vorliegender sachlich-objektiver, im Tatsächlichen liegender Grund für die Privilegierung von Gastgärten gegenüber den anderen Teilen derselben (einheitlichen) Gastgewerbebetriebsanlagen insbesondere auch deshalb nicht gefunden werden könne, weil, wenn § 148 Abs 1 GewO 1994 mit der übrigen Rechtsordnung in Beziehung gesetzt werde, der Gesetzgeber offenbar selbst eine differenzierende Regelung hinsichtlich der Betriebszeiten der Anlagenteile von Gewerbetreibenden für nicht vertretbar halte, führt die Bundesregierung aus, daß § 152 Abs 8 GewO 1994 bloß bestimme, daß die Sperrstunde und die Aufsperrstunde in Verordnungen und Bescheiden gemäß den vorstehenden Absätzen nur einheitlich für den gesamten Gewerbebetrieb mit all seinen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen festgelegt werden dürfe. Aus Gründen der besseren Einhaltbarkeit und der leichteren Kontrollierbarkeit der Sperrstunde und Aufsperrstunde soll in ausdrücklich auf § 152 GewO 1994 gestützten Bescheiden und Verordnungen eine einheitliche Regelung für alle Anlagenteile von Gastwerbebetrieben getroffen werden. Demgegenüber enthalte § 148 Abs 1 GewO 1994 eine - nach Ansicht der Bundesregierung sachlich gerechtfertigte - Sonderregelung für jene Gastgärten, die die gesetzlichen Voraussetzungen des § 148 Abs 1 GewO 1994 erfüllen.

4.1.3. Soweit der Verwaltungsgerichtshof Bedenken zur Privilegierung "bestehender sonstiger Gastgärten" hat, hält die Bundesregierung folgendes entgegen:

Unter "sonstigen Gastgärten" seien Gastgärten zu verstehen, die sich nicht auf öffentlichem Grund befinden oder die nicht an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, somit alle Gastgärten abseits öffentlicher Verkehrsflächen.

Mit der Formulierung "bereits bestehende" sonstige Gastgärten werde nicht nur an den faktischen Bestand, sondern an den faktischen Bestand und den rechtmäßigen Betrieb eines Gastgartens angeknüpft. Eine andere Auslegung würde einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme dieser Regelung zu große Möglichkeiten eröffnen. Rechtmäßig betrieben werde ein Gastgarten vor allem dann, wenn eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorliege.

Auf "sonstige Gastgärten", die erst nach Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 () errichtet wurden, sei die Regelung des § 148 Abs 1 GewO 1994 nicht anzuwenden. Die Betriebszeiten seien auf der Grundlage des § 77 GewO 1994 im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid festzulegen.

Voraussetzung dafür, daß sich ein bereits bestehender Gastgarten in einem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand befinde, sei aber, daß es möglich ist, diesen Gastgartenbetrieb unter Wahrung der Schutzinteressen der Nachbarn durchzuführen.

Die in § 148 Abs 1 GewO 1994 gesetzlich festgelegte Betriebszeitengarantie für bereits bestehende sonstige rechtmäßige Gastgärten gelte demnach nur für jene bereits bestehenden sonstigen Gastgärten, die die gesetzlichen Voraussetzungen des § 148 Abs 1 GewO 1994 erfüllen. Diese Voraussetzungen würden sich auf die Beschränkung des Verwendungszweckes, nämlich auf die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken, ferner auf das Untersagen lauten Sprechens, Singens und Musizierens durch den Gewerbetreibenden und schließlich auf das Anbringen von Anschlägen, die auf dieses Verbot hinweisen, beziehen.

Durch die Beschränkung des Verwendungszweckes werde klargestellt, daß die Regelung nur auf jene Gastgärten anzuwenden ist, deren Lärmentwicklung in engen Grenzen gehalten wird. Der Gesetzgeber gehe davon aus, daß die von - dieser Bestimmung entsprechenden - Gastgärten ausgehenden Lärmemissionen ein den Nachbarn zumutbares Maß nicht überschreiten. Bei Einhaltung der in § 148 Abs 1 GewO 1994 normierten Verpflichtungen sei eben anzunehmen, daß Gefährdungen bzw. Belästigungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO 1994 überhaupt nicht auftreten.

4.2. Der Gesetzgeber habe zudem über die lärmreduzierenden Voraussetzungen des § 148 Abs 1 GewO 1994 hinaus für ein differenziertes Vorgehen in Sonderfällen Vorsorge getroffen, indem er in § 153 Abs 1 a GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 (wiederverlautbart mit Kundmachung BGBl. 194/1994 als § 148 Abs 2 GewO 1994) eine Verordnungsermächtigung schuf, mit der der Landeshauptmann ermächtigt wird, abweichende Regelungen betreffend die Gewerbeausübung in Gastgärten für solche Gebiete festzulegen, "die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse im Sinne des § 152 Abs 1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelungen rechtfertigen". Damit habe der Gesetzgeber zur Gewährleistung einer ausgewogenen sachlichen Gesamtregelung hinsichtlich der Gewerbeausübung in Gastgärten mit dieser Bestimmung die Möglichkeit geschaffen, von § 148 Abs 1 GewO 1994 abweichende Regelungen für solche Gebiete festzulegen, die auf Grund besonderer Umstände eine Sonderregelung rechtfertigten.

4.3. Schließlich weist die Bundesregierung noch darauf hin, daß bei Unterlassen der Durchsetzung des nach § 153 Abs 1 GewO 1973 bzw. § 148 Abs 1 GewO 1994 zu erlassenden Verbots des lauten Sprechens, Singens und Musizierens mit der dem Gewerbetreibenden zumutbaren Sorgfalt eine Entziehung der Gewerbeberechtigung ebenso in Betracht komme wie eine Bestrafung.

4.4. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in seinen Anträgen Bedenken im Zusammenhang mit dem Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. 491/1984, äußert, meint die Bundesregierung, "daß es nicht Ziel (dieses) Bundesverfassungsgesetzes ... ist, jede Art von Umweltbeeinträchtigungen zu verbieten, sondern Belange des Umweltschutzes zu wahren". Der im öffentlichen Interesse gelegenen Wahrung des Umweltschutzes sei aber dadurch entsprochen worden, daß Gastgewerbetreibende durch § 148 Abs 1 GewO 1994 verpflichtet würden, lärmintensives Verhalten zu verbieten und dieses Verbot mit der ihnen zukommenden Sorgfalt durchzusetzen. Darüber hinaus sei in § 148 Abs 2 GewO 1994 die Möglichkeit geschaffen worden, im Hinblick auf eine sachlich gerechtfertigte Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen besonders berücksichtigungswürdigen Umständen Rechnung zu tragen und durch eine verordnungsmäßige Ausnahmeregelung die gemäß § 148 Abs 1 GewO 1994 gewerbsmäßigen Gastbetriebszeiten einzuschränken.

4.5. In der Äußerung zu dem zu G1367/95 protokollierten Verfahren weist die Bundesregierung zusätzlich darauf hin, daß es sich im zugrundeliegenden Anlaßfall zwar um einen sonstigen Gastgarten, jedoch nicht um einen am bereits bestehenden sonstigen Gastgarten handle. Da somit kein neuer sonstiger Gastgarten vorliege, sei § 148 Abs 1 GewO 1994 nicht anzuwenden und die Bestimmung für den Antrag nicht präjudiziell.

4.6. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von zwölf Monaten gemäß Art 140 Abs 5 B-VG zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

5. Die Beschwerdeführer des Anlaßverfahrens zu G22/96 haben auf die Ausführungen der Bundesregierung repliziert.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof geht entsprechend seiner ständigen Judikatur (VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 12189/1989) davon aus, daß er nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den gemäß Art 140 Abs 1 B-VG antragstellenden Verwaltungsgerichtshof an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Ein Antrag des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art 140 Abs 1 B-VG darf daher vom Verfassungsgerichtshof nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig, also gleichsam denkunmöglich ist, daß die - angefochtene - Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Anlaßfall bildet.

Da es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist, daß der Verwaltungsgerichtshof in den bei ihm anhängigen, - den hg. Verfahren zu G211/94 und G22/96 zugrundeliegenden - Beschwerdeverfahren, welche die Vorschreibung einer nachträglichen Betriebszeitenauflage für einen Gastgarten sowie die Genehmigung einer gastgewerblichen Betriebsanlage unter Einbeziehung eines Gastgartens zum Gegenstand haben, die Betriebszeitenregelung für Gastgärten sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Satz des § 148 Abs 1 GewO 1994 anzuwenden hat, sind diese Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

Zulässig sind aber auch die Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes in den, den hg. Verfahren G260/94, G282/94, G1367/95 und G1368/95 zugrundeliegenden Beschwerdefällen: Bei der im Zuge von Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Beurteilung der - zusätzlichen - Genehmigungspflicht der Errichtung von Gastgärten für bereits genehmigte und bestehende gastgewerbliche Betriebsanlagen ist es zumindest denkmöglich, daß der Verwaltungsgerichtshof ebenso wie bei der Beurteilung der Frage, ob eine durch Auflage festgelegte Sperrstunde zulässigerweise übertreten wurde (so zu G1368/95), den letzten Satz des § 148 Abs 1 GewO 1994, sowie in dem, dem hg. Verfahren zu G282/94 zugrundeliegenden Beschwerdefall den ersten Satz des § 148 Abs 1 GewO 1994 (- weil es sich in diesem Anlaßfall unbestritten um einen Gastgarten handelt, der sich auf öffentlichem Grund befindet -) anzuwenden hat.

2. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ob der Gleichheitswidrigkeit des § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 nicht. Daß vom Gesetzgeber, wie in der Regierungsvorlage zur Gewerbeordnungsnovelle 1992 (635 BlgNR 18. GP, 95) ausgeführt wird, der "Betrieb von Gastgärten, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreuen, ... mit einer Betriebsgarantie in zeitlicher Hinsicht ausgestattet" wurde, in die "nicht durch betriebsanlagenrechtliche Vorschreibungen eingegriffen werden kann", findet seine sachliche Begründung in den besonderen, - restriktiven - Tatbestandsmerkmalen, die er als Voraussetzungen für eine derartige Betriebszeitengarantie anordnete; Voraussetzungen, denen zufolge zumindest bei der vom Standpunkt des Gleichheitssatzes aus zulässigen Durchschnittsbetrachtung ein Zustand geschaffen wird, welcher einer möglicherweise unter entsprechenden Auflagen erteilten betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung sonstiger Teile eines Gastgewerbebetriebes, aber vor allem auch eines nicht dem § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 unterliegenden Gastgartens gemäß § 77 GewO 1994 gleichkommt:

Der Gesetzgeber schränkt zum einen die Nutzung der gemäß § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 mit einer allgemeinen Betriebszeitengarantie ausgestatteten Gastgärten auf die "Verabreichung von Speisen und ... (den) Ausschank von Getränken" ein und verbietet damit in derartigen Gastgärten ua. die (mechanische) Wiedergabe von Musik, das Tanzen oder sonstige neben dem Konsum von Speisen und Getränken denkbare, mit Lärm verbundene Tätigkeiten. Er verpflichtet darüber hinaus den Gastgewerbetreibenden, in seinem Gastgarten "lautes Sprechen, Singen und Musizieren" zu untersagen "und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar" anzubringen. Zurecht weist die Bundesregierung darauf hin, daß die Übertretung dieser gewerberechtlichen Gebote zur Untersagung lärmender Betätigungen sowie zur Anbringung entsprechender Anschläge den Gastgewerbetreibenden nach § 368 Z 14 GewO 1994 straffällig werden läßt, und daß diesem bei Vernachlässigung seiner Verpflichtungen im Extrem sogar die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs 1 Z 3 (uU in Verbindung mit Abs 3 und Abs 6) GewO 1994 als administrative Maßnahme droht. Ganz besondere Bedeutung kommt schließlich als Element der tatbestandlichen Begrenzung der Betriebszeitengarantie für Gastgärten deren räumlicher Situierung zu: Für "Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen," durfte der Gesetzgeber bei der ihm obliegenden Durchschnittsbetrachtung mit Fug davon ausgehen, daß der angesichts der Nutzungsbeschränkung des Gastgartens zu erwartende Immissionsstandard die für Betriebsanlagengenehmigungen kraft § 77 Abs 2 GewO 1994 vorgesehene Zumutbarkeitsgrenze, die sich an den "tatsächlichen örtlichen Verhältnisse(n)" orientiert, im Normalfall nicht überschreitet.

Zu beachten ist ferner, daß auch der dem § 148 Abs 1 GewO 1994 unterliegende Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig ist, daß er gemäß § 77 Abs 1 GewO 1994 "erforderlichenfalls", - wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs 1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten -, unter Auflagen zu genehmigen ist, und daß schließlich gemäß § 79 GewO 1994 auch für einen genehmigten Gastgartenbetrieb nachträgliche zusätzliche Auflagen (auch im Interesse des Nachbarschutzes) vorzuschreiben sind.

Der Verfassungsgerichtshof teilt sohin die vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Gesetzesprüfungsanträgen vertretene, dem Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit als Prämisse zugrundeliegende Auffassung nicht, daß die dem § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 unterliegenden Gastgärten wegen der diesen zukommenden Betriebszeitengarantie im Vergleich zu anderen Betriebsanlagen(-teilen) oder zu anderen Gastgärten privilegiert sind.

Wenn § 152 Abs 8 GewO 1994 im Interesse einer leichteren Kontrolle der Sperrstunde bestimmt, daß in Verordnungen und Bescheiden Sperrstunde und Aufsperrstunde von Gastgewerbebetrieben nur einheitlich für den gesamten Betrieb festgelegt werden dürfen, sind dadurch die zuständigen Verwaltungsbehörden verpflichtet, bei der zukünftigen Erlassung derartiger Verordnungen und Bescheide auch § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 entsprechend zu beachten. Die Unsachlichkeit des § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 ist jener Vorschrift jedoch nicht zu entnehmen.

Auch dem vom Verwaltungsgerichtshof erhobenen Vorwurf der unverhältnismäßigen Benachteiligung der Nachbarn von Gastgärten mit Betriebszeitengarantie gemäß § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994, den er damit begründet, daß der Gesetzgeber mit der (nicht differenzierenden) "Betriebsgarantie" für Gastgärten selbst eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn in Kauf nehme, sodaß die Regelung im Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. 491/1984, stehe, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen: Die Vorschrift des § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 läßt nämlich eine derartige Gesundheitsgefährdung der Nachbarn keineswegs zu. Der Umstand, daß für die unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 148 Abs 1 GewO 1994 betriebenen Gastgärten die gesetzliche Betriebszeit ohne individuelle Prüfung der durch die Lärmentwicklung vom betreffenden Gastgarten ausgehenden Gefährdungen und Belästigungen gilt, genügt nicht, die Annahme zu begründen, der Gesetzgeber hätte eine derartige Gesundheitsgefährdung bei Gastgärten im Sinne des § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 in Kauf genommen. Auch der kraft § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 bis 22 bzw. 23 Uhr zu betreibende Gastgarten unterliegt, wie bereits dargetan, der Genehmigungspflicht nach § 74 GewO 1994 sowie den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 77 GewO 1994, mag auch die gesetzliche Betriebszeit nicht (mehr) Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sein. Vielmehr geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß der Gesetzgeber angesichts der oben näher geschilderten Einschränkungen für den Gastgartenbetrieb nach § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 einen sinnvollen Ausgleich zwischen den durch das BVG über den umfassenden Umweltschutz verfassungsrechtlich geschützten Interessen des durch die Lärmerregung von Gastgärten beeinträchtigten Personenkreises einerseits mit der ebenfalls verfassungsgesetzlich geschützten Erwerbsfreiheit der Gastgewerbetreibenden und den allgemeinen Interessen der Bevölkerung am Betrieb von Gastgärten andererseits (vgl. die oben zitierte Regierungsvorlage) angestrebt hat. Ob dieser Ausgleich in jeder Beziehung befriedigend ist, hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zu beurteilen, die diesbezüglich vom BVG über den umfassenden Umweltschutz zwar begrenzt, keinesfalls aber beseitigt wird.

Die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz und gegen das BVG über den umfassenden Umweltschutz als verfassungswidrig aufzuheben, waren sohin abzuweisen.

3. Hingegen treffen die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ob der Gleichheitswidrigkeit des § 148 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 zu:

Wesentliche tatbestandliche Voraussetzung für die Betriebszeitengarantie von Gastgärten gemäß § 148 Abs 1 erster Satz GewO 1994 bildet, wie unter 2. dargestellt, die örtlich-räumliche Situierung der Gastgärten "auf öffentlichem Grund" "oder an öffentlichen Verkehrsflächen angrenzen(d)". Gastgärten, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, dürfen sohin auch hinsichtlich der Betriebszeit nur gemäß § 77 GewO 1994 auf Grund einer individuell-konkreten Überprüfung der durch den Gastgarten zu erwartenden Lärmerregung und der davon ausgehenden Gefährdungen und Belästigungen genehmigt und betrieben werden. Der Verfassungsgerichtshof vermag mit dem Verwaltungsgerichtshof keinen sachlichen Grund dafür zu erkennen, daß bei den erst nach Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992, also nach dem errichteten "sonstigen Gastgärten" die individuelle betriebsanlagenrechtliche Überprüfung der Lärmerregung geboten sein soll, für "bereits bestehende sonstige Gastgärten" jedoch die Betriebszeiten für Gastgärten auf oder an öffentlichen Grund- oder Verkehrsflächen gelten sollen. Mag der Gesetzgeber, wie oben unter 2. ausgeführt, von der Sache her durchaus begründet zwar auf oder an öffentlichen Grund- oder Verkehrsflächen befindlichen oder angrenzenden Gastgärten eine von vornherein allgemein geltende Betriebszeit bis 22 bzw. 23 Uhr gestatten, so ist gleichwohl nicht einzusehen, daß Gastgewerbetreibenden, die ihre Gastgärten unter räumlichen Bedingungen betreiben, die nicht von vornherein ein gewisses Maß an Lärmimmissionen zumutbar erscheinen lassen, die gleiche Betriebszeitenregelung zugute kommen soll. Daran kann auch nichts ändern, daß es sich um Gastgärten handelt, deren Betrieb bereits vor Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 genehmigt worden ist.

Umgekehrt ist es auch sachlich nicht gerechtfertigt, "neue Gastgärten auf privatem Grund selbst dann von der Begünstigung auszuschließen, wenn die sonstigen Umstände, vor allem die Immissionslage, denen einer Altanlage vergleichbar sind" (so Berka, Das neue Betriebsanlagenrecht - Materiellrechtliche Bestimmungen, in: Gewerberecht. Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen, hrsg. v. Korinek, 1995, 259). Zurecht verweisen der Verwaltungsgerichtshof und Berka (aaO) darauf, daß die Regelung des § 148 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes aus Gründen des Gleichheitssatzes zu rechtfertigen ist, weil durch die Neuregelung das Vertrauen der Gastgewerbetreibenden in die vordem bestandene Rechtslage, die ja für sie schlechter war, von vornherein nicht enttäuscht werden konnte. Die angefochtene Gesetzesvorschrift kann sohin auch nicht als Übergangsbestimmung verstanden und sachlich gerechtfertigt werden.

Jedenfalls bildet allein die auch "bereits bestehenden sonstigen Gastgärten" auferlegte Beschränkung des Verwendungszwecks - also die bloße Nutzung zur Verabreichung von Speisen und zum Ausschank von Getränken - keinen hinreichenden sachlichen Grund, "alte" im Vergleich zu "neuen" Gastgärten zu bevorzugen, wenn diese dem gleichen eingeschränkten Verwendungszweck dienen: zumal die Betriebszeiten derartiger Gastgärten, die sich nicht auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentlichen Verkehrsflächen angrenzen, individuell gemäß § 77 GewO 1994 unter Umständen unter Ausschluß der Abendstunden oder möglicherweise - nach Überprüfung der Voraussetzungen gemäß § 77 GewO 1994 - ohnedies bis 22 bzw. 23 Uhr festgelegt werden können.

§ 148 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 war sohin wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.

Der Ausspruch, daß frühere Gesetzesbestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der getroffenen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.

Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG vom Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.