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VfGH vom 18.06.2004, G210/03

VfGH vom 18.06.2004, G210/03

Sammlungsnummer

17222

Leitsatz

Abweisung des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Aufhebung von Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung betreffend die Verpflichtung des Führerscheinwerbers zur Bekanntgabe des Vorliegens einer Zuckerkrankheit; Bekanntgabe von Gesundheitsdaten vom gesetzlichen Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung gedeckt; Zurückweisung des Gesetzesprüfungsantrags hinsichtlich der Verordnungsermächtigung mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen

Spruch

Der Verordnungsprüfungsantrag wird abgewiesen.

Der Gesetzesprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Aus Anlass einer Berufung gegen einen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien stellt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (in der Folge: UVS) die auf Art 139 und 140 B-VG gestützten Anträge:

"a) Seite 1 der Anlage zur Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr, mit der die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung geändert wird (1. Novelle zur FSG-GV)[,] BGBl II 1998/138, hinsichtlich der Wortfolge 'Ich bin zuckerkrank / Imam secernu bolest / Seker hastaligi' als gesetzwidrig aufzuheben",

"b) § 11 Abs 1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV), BGBl II Nr. 322/1997 idF BGBl. II Nr. 427/2002[,] als gesetzwidrig auf[zu]heben",

"c) § 8 Abs 6 Z. 1 Führerscheingesetz (FSG), BGBl I Nr. 120/1997, idF BGBl I Nr. 81/2002[,] als verfassungswidrig auf[zu]heben."

1.2. Nach den Ausführungen des UVS sei der Berufungswerberin mit dem in der Berufung angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs 1 Z 2 Führerscheingesetz (in der Folge: FSG) für die Zeit von 5 Jahren "befristet worden". Die Berufungswerberin sei von der angefochtenen Verordnung "direkt betroffen", weil sie bereits am auf einem Merkblatt gemäß Seite 1 der Anlage der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) eigenhändig vermerkt habe, dass sie zuckerkrank sei und regelmäßig Medikamente nehme (sog. "insulinpflichtiger Diabetes mellitus"). Die Seite 1 der Anlage zur FSG-GV sei daher hinsichtlich der Wortfolge "Ich bin zuckerkrank / Imam secernu bolest / Seker hastaligi" im Verfahren vor dem UVS insofern präjudiziell. Die Lenkberechtigung der Berufungswerberin sei nämlich nur deshalb "befristet" worden, weil sie (das Formular gemäß) Seite 1 der Anlage zur FSG-GV ausgefüllt habe; dazu habe sie sich durch die auf diesem Fragebogen vermerkte Androhung von strafrechtlichen Folgen und des Entzugs der Lenkberechtigung "gutgläubig veranlasst" gesehen.

1.3. Der UVS vertritt die Auffassung, dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen gesetzwidrig seien und legt seine Bedenken näher dar. Gegen die in § 8 Abs 6 Z 1 FSG geregelte Verordnungsermächtigung hegt er Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht.

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Gesetzesprüfungsantrag entgegentritt und beantragt, den Antrag zurück- bzw. abzuweisen.

3. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat eine Äußerung zum Verordnungsprüfungsantrag erstattet, in der er den Ausführungen des UVS entgegentritt.

4. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

4.1. Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts besteht die Richtlinie des Rates vom über den Führerschein 91/439/EWG, ABl. 1991 L 237, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/56/EG der Kommission vom , ABl. 2000 L 237, S. 45 (sog. "Führerscheinrichtlinie"). Diese Richtlinie bestimmt - soweit hier maßgeblich - folgendes:

" DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 75, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe:

...

Aus Gründen der Sicherheit im Straßenverkehr sind Mindestvoraussetzungen für die Ausstellung eines Führerscheins festzulegen.

...

In Artikel 10 der Richtlinie 80/1263/EWG ist eine weitergehende Harmonisierung der Vorschriften für die Fahrprüfung und die Ausstellung des Führerscheins vorgesehen. Zu diesem Zweck sind Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen festzulegen, die Fahrprüfung aufgrund dieser Erfordernisse zu regeln und die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Eignung zum Führen dieser Fahrzeuge neu festzulegen.

...

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

(1) Die Mitgliedstaaten stellen den einzelstaatlichen Führerschein gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie nach dem EG-Muster in Anhang I oder Ia aus.

...

Artikel 7

(1) Die Ausstellung des Führerscheins hängt außerdem ab

a) vom Bestehen einer Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen, vom Bestehen einer Prüfung der Kenntnisse und von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III;

b) ...

(2) Unbeschadet der Bestimmungen, die der Rat auf diesem Gebiet erläßt, kann jeder Mitgliedstaat die Gültigkeitsdauer der von ihm ausgestellten Führerscheine weiterhin nach einzelstaatlichen Kriterien festlegen.

(3) Die Mitgliedstaaten können nach Zustimmung der Kommission von den Bestimmungen des Anhangs III abweichen, wenn solche Abweichungen mit dem medizinischen Fortschritt und den Grundsätzen dieses Anhangs vereinbar sind.

(4) - (5) ...

...

ANHANG III

MINDESTANFORDERUNGEN HINSICHTLICH DER KÖRPERLICHEN

UND GEISTIGEN TAUGLICHKEIT FÜR DAS FÜHREN EINES KRAFTFAHRZEUGS

...

ÄRZTLICHE UNTERSUCHUNGEN

3. Gruppe 1:

Bewerber müssen ärztlich untersucht werden, wenn es sich im Verlauf des vorgeschriebenen Verfahrens oder der Prüfungen zur Erteilung einer Fahrerlaubnis zeigt, daß bei ihnen ein oder mehrere der in diesem Anhang aufgeführten Mängel vorliegen.

4. Gruppe 2:

Vor der erstmaligen Erteilung einer Fahrerlaubnis müssen die Bewerber ärztlich untersucht werden; in der Folgezeit müssen sich die Führer entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in bestimmten Zeitabständen ärztlich untersuchen lassen.

5. Bei der Erteilung oder bei jeder Erneuerung einer Fahrerlaubnis können die Mitgliedstaaten strengere als die in diesem Anhang genannten Auflagen vorschreiben.

...

ZUCKERKRANKHEIT

10. Zuckerkranken Bewerbern oder Fahrzeugführern kann eine Fahrerlaubnis vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen für den betreffenden Fall geeigneten ärztlichen Kontrolle erteilt oder erneuert werden.

Gruppe 2:

10.1. Zuckerkranken Bewerbern oder Fahrzeugführern dieser Gruppe, die mit Insulin behandelt werden müssen, darf eine Fahrerlaubnis nur in sehr außergewöhnlichen Fällen aufgrund eines ausführlichen Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und vorbehaltlich einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle erteilt oder erneuert werden.

..."

4.2. Die gesetzliche Bestimmung des § 8 FSG lautet, soweit hier maßgeblich:

"Gesundheitliche Eignung

§8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

(2) ...

(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:

'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund

1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten 'geeignet' für diese Klassen zu lauten;

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

3. ...

4. ...

(4) Wenn das ärztliche Gutachten die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen von der Erfüllung bestimmter Auflagen, wie insbesondere die Verwendung von bestimmten Behelfen oder die regelmäßige Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme abhängig macht, so sind diese Auflagen beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu befolgen.

(5) ...

(6) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen und psychologischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

1. die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs3 Z 2 und 3);

2. ...

3. ...

4. ...

5. ...

Die näheren Bestimmungen gemäß Z 1, 4 und 5 sind im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen festzusetzen."

4.3. Die für die Beurteilung der Anträge maßgeblichen Teile der FSG-GV lauten wie folgt (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Begriffsbestimmungen

§1. (1) Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

1. ärztliches Gutachten: ein von einem Amtsarzt oder von einem gemäß § 34 FSG bestellten sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin gemäß der Anlage erstelltes Gutachten, das in begründeten Fällen auch fachärztliche Stellungnahmen, gegebenenfalls eine Beobachtungsfahrt gemäß § 9 FSG oder erforderlichenfalls auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme zu umfassen hat.

2. ...

...

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum

Lenken von Kraftfahrzeugen

§3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2. die nötige Körpergröße besitzt,

3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs 1 oder 2 FSG vorzulegen.

(2) Die ärztliche Untersuchung ist in der Regel mit den einem Arzt für Allgemeinmedizin üblicherweise zur Verfügung stehenden Untersuchungsbehelfen durchzuführen. Die Untersuchung umfaßt jedenfalls

1. die Erhebung der Krankheitsgeschichte, bezogen auf die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen;

2. ...

...

Zuckerkrankheit

§11. (1) Zuckerkranken darf eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.

(2) ...

...

[Anlage:]

Sehr geehrte(r) Führerscheinwerber(in) !

Sie werden ersucht, den nachstehenden Fragebogen wahrheitsgemäß auszufüllen. Sie werden darauf aufmerksam gemacht, daß unwahre Angaben nicht nur strafrechtliche Folgen nach sich ziehen, sondern auch zur Entziehung der Lenkberechtigung (des Führerscheines) führen.

...

ja/da/var nein/ne/yok

Ich leide an Schwindelanfällen / Bolujem o o

od vrtoglavice / Bas dönmesi ve göz

kararmasi

Ich habe Anfälle mit Bewußtlosigkeit / o o

Bolujem od nesvestice / Bayginhk

nöbetleri

Ich habe ein Nervenleiden / Ja sam o o

nervno bolestan / Herhangi bir sinir

hastaligi

Ich bin zuckerkrank / Imam secernu o o

bolest / Seker hastaligi

Ich leide an Trunksucht oder einer o o

anderen Sucht / Ja sam alkoholi ar i

uzimam droge / Alkolizm veya uyustrurucu

madde düskünlügü

Ich habe Gesichtsfeldausfälle / Imam o o

oste eno vidno polje / Görüs zaviyesi

düsüsü

Ich bin nachtblind / Ne vidim no u / o o

Gece görlügü

Ich trage Haftschalen / Nosilac sam so o o

iva / Göz Mercegi tasiyorum

Ich nehme regelmäßig Medikamente ein / o o

Redovno uzimam lekove / Devamli ilac

alyorum...

..."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Anträge

erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrags:

1.1. Wie die Bundesregierung zu Recht hervorhebt, beschränkt sich der Antrag bei der Darlegung seiner gegen die angefochtene Z 1 des § 8 Abs 6 FSG bestehenden Bedenken auf folgenden Satz:

"Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine formalgesetzliche Delegation, deren Inhalt nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Grundlage abstimmt und die aus diesem Grund als zu unbestimmt angesehen werden muss."

1.2. Anträge mit dem Begehren, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, müssen nach dem § 62 Abs 1 VfGG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darlegen. Das Fehlen einer solchen Darlegung ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (VfSlg. 8594/1979, 9716/1983, 9897/1983, 11150/1988, 11888/1988, 13086/1992, 13810/1994, 15775/2000 u.v.a.).

1.3. Der vorliegende Antrag behauptet nur, dass die angefochtene Vorschrift des FSG eine "formalgesetzliche Delegation" sei. Damit legt der Antrag die Verfassungswidrigkeit der Gesetzesbestimmung keineswegs ausreichend dar (vgl. VfSlg. 13086/1992). Gänzlich undeutlich wird die Behauptung der formalgesetzlichen Delegation schließlich durch die Unklarheit des beigefügten Zusatzes "... deren Inhalt nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Grundlage abstimmt".

1.4. Der Gesetzesprüfungsantrag ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

2. Zur Zulässigkeit des Verordnungsprüfungsantrags:

2.1. Gemäß Art 139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates.

2.2. In dem beim antragstellenden UVS anhängigen Berufungsverfahren ist über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides zu entscheiden, mit dem die Lenkberechtigung der Berufungswerberin gemäß § 24 Abs 1 Z 2 FSG aus gesundheitlichen Gründen "befristet" wurde. Der UVS geht davon aus, dass er bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides näher bezeichnete Teile der FSG-GV anzuwenden haben wird.

2.3. Gemäß § 57 Abs 1 VfGG muss der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, die bekämpften Verordnungsbestimmungen genau und eindeutig bezeichnen. Zwar hat der UVS sowohl bei der Anfechtung der Wortfolge "Ich bin zuckerkrank / Imam secernu bolest / Seker hastaligi" als auch bei Anfechtung des § 11 Abs 1 FSG-GV eine offenkundig unrichtige Fassung dieser Bestimmungen genannt, weil die vom UVS genannten Novellen andere Teile der Verordnung betrafen. Da die angefochtenen Verordnungsbestimmungen jedoch noch in der Stammfassung der Verordnung in Geltung stehen und seither nicht geändert wurden, besteht keine Unklarheit darüber, welche Fassung aufgehoben werden soll (vgl. VfSlg. 15370/1998, 16016/2000).

2.4. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht (den antragstellenden UVS) an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes (des UVS) in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (zB VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987, 12189/1989).

Es ist nicht hervorgekommen, dass die Annahme des UVS zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen denkunmöglich wäre. Insbesondere ist die implizite Annahme des UVS nicht denkunmöglich, dass sich das Gemeinschaftsrecht (insbesondere die relevanten Bestimmungen der EG-Führerscheinrichtlinie) auf den zu beurteilenden Fall nicht in solcher Weise auswirkt, dass die Anwendung der angefochtenen Bestimmungen verdrängt wäre (vgl. zur Prozessvoraussetzung der Präjudizialität bei unmittelbarer Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht: VfSlg. 15368/1998, 16293/2001, ua.). Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, sind die Verordnungsprüfungsanträge zulässig.

III. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1. Gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen bringt der UVS folgende Bedenken vor:

"In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat Wien die Anlage (Seite 1) zur 1. Novelle zur FSG-GV in ihrer Wortfolge 'Ich bin zuckerkrank / Imam secernu bolest / Seker hastaligi' für gesetzwidrig, weil sie keine Bestimmung der FSG-GV determiniert. Nach der These Raschauers [Gesetzmäßigkeitsgrundsatz und Wirtschaftsrecht, in Rill-FS (1995) 515 (516)] ist es "der staatlichen Verwaltung verwehrt, ohne gesetzliche Grundlage tätig zu werden."

Für die Erhebung von Gesundheitsdaten, respektive einer manifesten Diabeteserkrankung, durch Seite 1 der Anlage zur 1. Novelle zur FSG-GV gibt es - nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien - keine Rechtsgrundlage. Gibt der Führerscheinbewerber an, dass er zuckerkrank ist, so muss er mit massiven Beschränkungen rechnen, die aus medizinischer Sicht zumeist nicht sinnvoll erscheinen. Im Übrigen ist jeder Verkehrsteilnehmer schon per Gesetz für seine Fahrtüchtigkeit selbst verantwortlich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass in der Bundesrepublik Deutschland eine Verpflichtung zur Angabe einer Diabeteserkrankung gegenüber der Führerscheinbehörde nur dann besteht, wenn man im Rahmen der Beantragung des Führerscheines dazu gezielt befragt wird.

... Inhaltliche Bedenken und grundsätzliche Erörterung

Die sich aus Seite 1 der Anlage zur 1. Novelle der FSG-GV anscheinend ergebende Verpflichtung, eine allenfalls vorliegende Stoffwechselerkrankung, einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt bekannt zu geben, verstößt gegen das aus dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes abzuleitende Verhältnismäßigkeitsgebot. Die derzeit geübte undifferenzierte Einschränkung der Lenkberechtigung von Diabetikern als Folge eines übertriebenen staatlichen Schutzbedürfnisses ist sachlich weder gerechtfertigt noch begründbar.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner neueren Judikatur ein den Gesetzgeber bindendes allgemeines Sachlichkeitsgebot angenommen (vgl. etwa VfSlg. 13.781/1994, 14.362/ 1995; ). Eine derartige Sachlichkeitsprüfung zielt auf eine Bewertung der Relation des von einer Regelung erfassten Sachverhalts mit der vorgesehenen Rechtsfolge ab; es wird gefragt, ob das Verhältnis von Sachverhalt und Rechtsfolge auf einem 'vernünftigen' Grund beruht (vgl. dazu näher Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitssatzes, ÖZW 1991, 72; Mayer, Bundes-Verfassungsrecht, Anm. IV.1. zu Art 2 StGG; Öhlinger, Verfassungsrecht 4 (1999) Rz 765 ff.; Korinek, Gedanken zur Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, FS Melichar [1983] 39; Bernegger, Der (allgemeine) Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) und das Diskriminierungsgebot gemäß Art 14 EMRK, in: Machacek/Pahr/Stadler (Hrsg.), Grund- und Menschenrechte in Österreich III (1997) 731 ff).

Das Gleichheitsgebot (Art7 B-VG) verbietet es dem Gesetzgeber, Differenzierungen zu schaffen, die sachlich nicht begründbar sind (vgl. schon VfSlg. 4916/1965). Die undifferenzierte Gleichbehandlung von Zuckerkranken, unabhängig davon, ob sie mit Insulin behandelt werden oder nicht, widerspricht bereits gegen das Gleichheitsgebot. Sachlich nicht begründbar ist aber auch die Anführung der Zuckerkrankheit in der Anlage (erste Seite) zur 1. Novelle zur FSG-GV (sog. 'Gesundheitsfragen').

Zwar steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei zu entscheiden, welche Instrumente er - unter Berücksichtigung allfälliger erwünschter oder in Kauf genommener Nebenwirkungen - in der jeweils gegebenen Situation zur Zielerreichung für geeignet erachtet und welches unter mehreren möglichen Mitteln er auswählt und einsetzt. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber aber dann entgegentreten, wenn er bei der Bestimmung der einzusetzenden Mittel die ihm von der Verfassung gesetzten Schranken überschreitet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er das sich aus dem Gleichheitsgebot ergebene Sachlichkeitsgebot verletzt, wenn er also beispielsweise zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (VfSlg. 8457/1978), wie dies bei Zuckerkranken mit oder ohne Insulinbehandlung gegenüber Stoffwechselgesunden erfolgt.

Aufgrund der modernen Behandlungsmethoden haben jedenfalls insulinpflichtige Diabetiker (Basis-Bolus, FIT, NIS) annähernd gleiche Lebenserwartungen wie Stoffwechselgesunde und sind im täglichen Leben keinerlei Einschränkungen hinsichtlich einer etwa einzuhaltenden 'strengen' Diät unterworfen. Ihr Grad der Behinderung wird daher von den zuständigen Behörden zumeist nur mehr mit 10% bewertet.

Eine Ausnahme von dem Differenzierungsverbot des Art 7 Abs 1 Satz 3 B-VG, lässt sich daher sachlich (medizinisch) nicht mehr rechtfertigen und muss als Diffamierung Behinderter und als rechtswidrige Schikane angesehen werden. Eine Differenzierung muss, wenn sie zulässig sein soll, nicht irgendeinen Grund im Tatsächlichen haben, sondern sie muss einen zureichenden und gerechten Grund im Tatsächlichen haben [cf. Art 7 B-VG, in Rill/Schäffer (Hrsg), BVR Komm RZ 42].

In diesem Zusammenhang verweist der Unabhängige Verwaltungssenat Wien darauf, dass jene umstrittenen gesundheitsspezifischen Fragen in der Bundesrepublik Deutschland ersatzlos gestrichen werden (cf. www.diabetes-world.net/de/26623):

'Noch ein Hinweis: Die heutigen Antragsformulare auf Erteilung/Verlängerung einer Fahrerlaubnis enthalten Fragen nach dem Vorliegen geistiger/körperlicher Erkrankungen. Die Ministerien für Umwelt und Verkehr haben sich nun darauf verständigt, dass dieser Abschnitt künftig entfallen wird, weil er rechtlich umstritten war und in der Praxis nur selten umgesetzt wurde.'

Hinsichtlich des Sachlichkeitsgebotes wird noch auf folgende Ausführungen unter der obangeführten URL hingewiesen:

'Unfallhäufigkeit nicht erhöht. Nach verschiedenen Untersuchungen ist die Unfallhäufigkeit jedoch trotzdem bei Menschen mit Diabetes nicht gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöht. Vermutlich wird das erhöhte Risiko, dass vor allem von Hypoglykämien ausgeht durch besondere Vorsicht und geringeren Alkoholkonsum der Betroffenen kompensiert. Daher ist die Nutzung eines privaten Pkw in der Regel nicht eingeschränkt. Für Berufskraftfahrer gibt es allerdings strengere Maßstäbe. Hier entscheiden individuelle Gutachten über eine Zulassung.'

Bemerkt wird noch, dass die am vom Gemeinsamen Beirat für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit beschlossene Neuauflage der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung - BGLL - unter Punkt 3.5 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) nachfolgende Empfehlungen abgeben:

'3.5 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)

Leitsätze

Wer als Diabetiker zu schweren Stoffwechselentgleisungen mit Hypoglykämien3 mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen oder Hyperglykämien4 mit ausgeprägten Symptomen wie z. B. Schwäche, Übelkeit, Erbrechen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen neigt, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden.

Wer nach einer Stoffwechseldekompensation erstmals oder wer überhaupt neu eingestellt wird, ist so lange nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, bis die Einstellphase durch Erreichen einer ausgeglichenen Stoffwechsellage (incl. der Normalisierung des Sehvermögens) abgeschlossen ist. Bei ausgeglichener Stoffwechsellage sind im Umgang mit der Erkrankung informierte Diabetiker, die mit Diät, oralen Antidiabetika oder mit Insulin behandelt werden, in der Lage, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 sicher zu führen.

Wer als Diabetiker mit Insulin behandelt wird, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Ausnahmen setzen außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind. Neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sind Nachbegutachtungen im Abstand von höchstens 2 Jahren erforderlich.

Diabetiker, die mit oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstofftyp behandelt werden, sind in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden, wenn vor der Genehmigung eine gute Stoffwechselführung ohne Hypoglykämien über etwa 3 Monate vorlag. Nachbegutachtungen sind im Abstand von höchstens 3 Jahren erforderlich.

Begründung

Diabetiker, die keine Krankheitszeichen zeigen und erwarten lassen, sind beim Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen in der Lage, den gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Dieses gilt für den größten Teil aller Diabetiker. Die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen können jedoch eingeschränkt oder ausgeschlossen sein, wenn durch unzureichende Behandlung, durch Nebenwirkungen der Behandlung oder durch Komplikationen der Erkrankung verkehrsgefährdende Gesundheitsstörungen bestehen oder zu erwarten sind. Diese Diabetiker bedürfen der individuellen Beurteilung in der Frage, ob ihre Fähigkeiten den Mindestanforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen entsprechen.

Das verkehrsmedizinische Risiko kann sich im Verlauf der Diabeteserkrankung so schnell ändern, dass die nach § 23 FeV vorgeschriebenen Befristungen der Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Gruppe 2 unzureichend sind. Diese Fristen können ggf. im Einzelfall verkürzt werden.

Nach verkehrsmedizinischen Aspekten können drei Gruppen von Diabetikern entsprechend ihrer Behandlungsart und Kontrollbedürftigkeit unterschieden werden:

a) Nur mit Diät sowie mit Diät und Medikamenten zur Besserung der Insulinresistenz (Biguanide Insulinsensitizer) und/oder Pharmaka zur Resorptionsverzögerung von Nährstoffen behandelte Diabetiker:

Diabetiker dieser Gruppe können uneingeschränkt am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen.

b) Mit Diät und oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstofftyp behandelte Diabetiker: Diabetiker dieser Gruppe sind eher selten durch Hypoglykämien gefährdet. Sie können in der Regel uneingeschränkt den gestellten Anforderungen beim Führen eines Kraftfahrzeuges gerecht werden.

c) Mit Diät und Insulin, auch mit Insulin und oralen Antidiabetika behandelte Diabetiker: Diabetiker dieser Gruppe sind vom Grundsatz her hypoglykämiegefährdet. Sie sind deshalb in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 und auch der Unterklassen C 1, Cl E können sie jedoch führen, wenn davon auszugehen ist; dass sie auftretende Hypoglykämien und Hyperglykämien bemerken und erfolgreich behandeln können. In der Regel setzt dieses Stoffwechselselbstkontrollen voraus.

Die Hypoglykämie kann in der Regel rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Der Betroffene erkennt sie an Warnzeichen wie Schweißausbruch, Zittern, Blässe, Sehstörungen, Heißhunger und/oder anderen Symptomen. Es gibt aber auch Diabetiker, bei denen sich die Bewusstseinsveränderungen oder Verhaltensstörungen so plötzlich oder ohne typische Warnzeichen einstellen, dass der Betroffene keine Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Diese Diabetiker sind nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden es sei denn, dass sie durch geeignete Maßnahmen, wie z.B. Therapieänderungen, Wahrnehmenstraining, Blutzuckerselbstkontrollen vor und während jeder Fahrt, derartige Hypoglykämien zuverlässig verhindern können.

Die hyperglykämische Stoffwechselentgleisung, die bis zum Präkoma oder komadiabeticum führen kann, geht mit vermehrter Erschöpfbarkeit, psychischer Verlangsamung und im späten Stadium mit schwerem Krankheitsgefühl und ausgeprägten Symptomen einher. Sie macht den Betroffenen fahrunsicher.

Eine gesonderte verkehrsmedizinische Beurteilung erfordern im Zusammenhang mit dem Diabetes die krankheitsbedingten Komplikationen, vor allem die Retinopathia diabetica5. Bei einer Retinopathie kommt es auf das Sehvermögen an, das dann regelmäßig überprüft werden sollte.

Weitere Komplikationen wie Nephropathia diabetica, kardiale und zerebrale Angiopathien, Hypertonie, periphere Neuropathie oder andere können von sich aus über eine Einschränkung der Organfunktion die Voraussetzungen zur Bewältigung der gestellten Anforderungen beim Führen eines Kraftfahrzeuges einschränken oder aufheben. Ihre Beurteilung muss den Beurteilungsgrundsätzen folgen, die für diese Krankheitsgruppen vorgesehen sind.

Andere Erkrankungen des Stoffwechsels und des Endokriniums sind wesentlich seltener als der Diabetes mellitus, und sie haben nicht dessen verkehrsmedizinische Bedeutung.

3 Blutzuckererniedrigung unter den Normalbereich 4 Blutzuckererhöhung über den Normalbereich 5 Veränderung des Augenhintergrunds, verursacht durch

die Zuckerkrankheit

..."

2. Die - sprachlich und inhaltlich zum Teil unverständlich formulierten - Bedenken des UVS gegen die angefochtenen Verordnungsbestimmungen bestehen daher zusammengefasst aus folgenden Vorwürfen:

Zunächst wird vorgebracht, dass es "für die Erhebung von Gesundheitsdaten, respektive einer manifesten Diabeteserkrankung" im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der Lenkberechtigung "keine Rechtsgrundlage" gebe. Darüber hinaus meint der UVS, dass es "gegen Art 7 B-VG verstoße, dass eine Person, die an Diabetes leidet, diesen Umstand bekannt geben muss, wenn sie um eine Lenkberechtigung ansucht". Eine gegen den Gleichheitssatz verstoßende Ungleichbehandlung von Diabetikern gegenüber allen anderen Personen erblickt der UVS darin, dass "die derzeit geübte undifferenzierte Einschränkung der Lenkberechtigung von Diabetikern als Folge eines übertriebenen staatlichen Schutzbedürfnisses" weder sachlich gerechtfertigt noch begründbar sei. Schließlich sieht der UVS einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz auch in der "undifferenzierte[n] Gleichbehandlung von Zuckerkranken, unabhängig davon, ob sie mit Insulin behandelt werden oder nicht".

3.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 9089/1981, 10640/1985, 10811/1986, 11580/1987, 14044/1995 u.a.). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (vgl. VfSlg. 15644/1999). Der Verfassungsgerichtshof erachtet sich nicht für berechtigt, bei seiner Entscheidung über den Antrag eines Unabhängigen Verwaltungssenats auf Aufhebung einer Verordnung von Amts wegen Bedenken aufzugreifen, die der Unabhängige Verwaltungssenat nicht dargelegt hat.

3.2. Den Bedenken des UVS ist im Einzelnen entgegenzuhalten:

Dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen insofern "keine rechtliche Grundlage" haben, als sie im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Lenkberechtigung die Bekanntgabe von Gesundheitsdaten anordnen, ist schon deswegen unzutreffend, weil das Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung im Führerscheingesetz, sohin in der "rechtlichen Grundlage" der Verordnung, vorgesehen ist (vgl. § 8 FSG). Die Bekanntgabe von Angaben zur Gesundheit dem Arzt gegenüber ist vom Gesetzesbegriff einer "ärztlichen Untersuchung" gedeckt (vgl. § 8 Abs 6 Z 1 FSG).

Die im Formblatt gemäß dem Anhang zur FSG-GV enthaltene Frage nach einer Diabeteserkrankung ist Teil eines 9 Punkte umfassenden Katalogs gesundheitsbezogener Fragen. Diese Fragen wenden sich - ohne Unterschied - an alle Führerscheinwerber, sodass allein in der Fragestellung keine "Diskriminierung" liegt. Dass Diabetes für die Sicherheit des Lenkens von Kraftfahrzeugen von Bedeutung ist, bestreitet auch der antragstellende UVS nicht. Der Fragebogen ersetzt das ärztliche Gutachten nicht, sondern dient lediglich seiner Vorbereitung. Ob und in welchem Ausmaß die Erkrankung an Diabetes im Einzelfall für die Erteilung einer Lenkberechtigung relevant ist, ist eine medizinische Fachfrage. Daher ist weder die vorgeschriebene Fragestellung noch die ärztliche Untersuchung zu beanstanden. Eine "Einschränkung der Lenkberechtigung von Diabetikern" ist nicht Inhalt der vom UVS angefochtenen Normen.

4. Die Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Verordnungsstellen waren daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.