VfGH vom 27.06.2007, g21/07

VfGH vom 27.06.2007, g21/07

Sammlungsnummer

18178

Leitsatz

Aufhebung einer marktordnungsrechtlichen Bestimmung über flächenbezogene Beihilfen wegen das Determinierungsgebot verletzender Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht; Aufhebung der darauf gestützten Betriebsprämie-Verordnung zur Gänze wegen Wegfalls der gesetzlichen Grundlage

Spruch

I. In § 99 Abs 1 Z 6 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 108/2001, wird die Wortfolge "flächenbezogenen oder" als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung), BGBl. II Nr. 336/2004, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die aufgehobene Verordnung ist auf die am beim Verwaltungsgerichtshof und beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1934/06 eine Beschwerde anhängig, der im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

1.1 Die Beschwerdeführer waren im Zeitraum vom bis Pächter einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (im Folgenden: AMA) wurde den Beschwerdeführern eine Einheitliche Betriebsprämie in bestimmter Höhe zuerkannt. Dem Antrag auf Anerkennung als Sonderfall für die Einheitliche Betriebsprämie wurde mit der Begründung, dass es sich bei den gepachteten Flächen um einen nicht anerkennungsfähigen Sonderfall handle, keine Folge gegeben.

1.2 Die dagegen erhobene Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Einheitliche Betriebsprämie wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Der "aus advokatorischer Vorsicht" auch bei der Berufungsbehörde gestellte Antrag auf Zuweisung aus der Nationalen Reserve gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung) (im Folgenden: BP-VO), in eventu auf Anerkennung als Härtefall gemäß § 4 der BP-VO wurde unter einem wegen Versäumung der Antragsfrist gemäß § 17 Abs 2 der BP-VO als verspätet zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Aus Anlass der Behandlung dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "flächenbezogenen oder" in § 99 Abs 1 Z 6 des Marktordnungsgesetzes 1985 (im Folgenden: MOG), BGBl. 210/1985 idF BGBl. I 108/2001, sowie gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "bis - spätestens aber innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt, wenn die Erstberechnung nach dem zugegangen ist -" in § 17 Abs 2 der BP-VO, BGBl. II 336/2004, von Amts wegen zu prüfen.

3. Die Bundesregierung und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nahmen von einer meritorischen Äußerung Abstand und beantragten für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen, eine Frist von einem Jahr für das Außer-Kraft-Treten zu bestimmen, da die neu zu schaffende gesetzliche Grundlage noch in parlamentarischer Behandlung sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.1 Die Verordnung (VO) (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 sieht neben allgemeinen Regelungen über die Gewährung von Betriebsprämien auch die Bildung einer so genannten Nationalen Reserve vor (Art42). Über deren Verwendung bestimmt Art 42 Abs 4:

"(4) Die Mitgliedstaaten verwenden die nationale Reserve, um nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer besonderen Lage befinden, die von der Kommission nach dem in Artikel 144 Absatz 2 genannten Verfahren zu definieren ist."

1.2 In Durchführung der VO (EG) Nr. 1782/2003 wurde die VO (EG) Nr. 795/2004 erlassen, die zwischen der "Zuweisung von Zahlungsansprüchen außerhalb der nationalen Reserve" (Art13 bis 17) und der "Zuweisung der Zahlungsansprüche in der nationalen Reserve" (Art18 bis 23) unterscheidet.

Zuweisungen aus der nationalen Reserve sind unter anderem beim Kauf von Flächen möglich [Art21 der VO (EG) Nr. 795/2004]. Dem Kauf von Flächen sind bestimmte Pachtverträge gleichzuhalten.

Für die Antragstellung auf Zuweisung aus der nationalen Reserve bestimmt Art 18 Abs 4 der VO (EG) Nr. 795/2004, dass Anträge auf Feststellung der Zahlungsansprüche

"bis zu einem vom Mitgliedstaat festzulegenden Zeitpunkt, spätestens jedoch bis zum Ablauf der Frist für die Antragstellung auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung im darauf folgenden Jahr"

zu stellen sind.

2. In innerstaatlicher Durchführung dieser Bestimmung sieht § 17 Abs 2 der BP-VO, BGBl. II 336/2004, Folgendes vor (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"(2) Die Betriebsinhaber können nach Erhalt der Erstberechnung bis - spätestens aber innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt, wenn die Erstberechnung nach dem zugegangen ist - bei Vorliegen der jeweils zutreffenden Voraussetzungen unter Verwendung von von der AMA aufgelegten Vordrucken


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1.
das Vorliegen eines Härtefalls (§4),
2.
das Vorliegen eines Sonderfalls (§§5 bis 9) oder
3.
eine Vorabübertragung von Zahlungsansprüchen gemeinsam mit einem Kauf, einer Pacht oder einer sonstigen Übertragung von Flächen (§10)

anmelden oder sonstige Einwände hinsichtlich der Berechnung vorbringen."

3. Als gesetzliche Grundlage gibt die BP-VO die "§§96 Abs 2, 99 und 108 des Marktordnungsgesetzes 1985 (MOG), BGBl. Nr. 210, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 108/2001" an. § 96 Abs 2 enthält Regelungen über die zuständige Marktordnungs- und Interventionsstelle und § 108 MOG regelt Überwachungs-, Duldungs- und Mitwirkungspflichten. Die zitierte Bestimmung der BP-VO wurde auf Grund des § 99 MOG erlassen. § 99 MOG idF BGBl. I 108/2001 lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Besondere Förderungsbestimmungen

§99. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung, soweit dies zur Durchführung von Regelungen im Sinne des § 94 Abs 2 hinsichtlich Marktordnungswaren erforderlich oder geboten ist, Vorschriften erlassen über Verfahren sowie über Voraussetzungen und die Höhe von Vergünstigungen insbesondere bei


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1.
Produktionserstattungen,
2.
Übergangsvergütungen,
3.
Denaturierungsprämien,
4.
Nichtvermarktungsprämien,
5.
[Erzeuger- und] Käuferprämien,
6.
flächenbezogenen oder produktbezogenen Beihilfen,
[...]

(2) In Verordnungen nach Abs 1 können, soweit dies in Regelungen im Sinne des § 94 Abs 2 vorgesehen ist, auch Preise vorgeschrieben werden, wenn dies zur Sicherstellung des Zwecks der Maßnahmen erforderlich ist.

(3) Soweit Bundesmittel bei Vergünstigungen nach Abs 1 bereitgestellt werden sowie hinsichtlich Angelegenheiten des Abs 1 Z 8 ist das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen erforderlich."

[Die in eckige Klammer gesetzte Wortfolge des Abs 1 Z 5 wurde mit Erkenntnis VfSlg. 17.735/2005 aufgehoben (Kdm s. BGBl. I 18/2006).]

§ 94 MOG, auf dessen Abs 2 in § 99 verwiesen wird, lautet:

"Gemeinsame Marktorganisationen

§ 94. (1) Gemeinsame Marktorganisationen im Sinne dieses

Abschnittes sind Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang II des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) angeführten Erzeugnisse sowie sonstige Handelsregelungen (im folgenden: gemeinschaftliches Marktordnungsrecht).

(2) Regelungen im Sinne dieses Abschnittes, ausgenommen Regelungen im Rahmen der Zuständigkeit nach § 96 Abs 3, sind

1. die Bestimmungen des EG-Vertrages samt Protokollen,

2. die Bestimmungen in Verträgen, einschließlich der zu ihnen gehörigen Akte mit Protokollen, die auf Grund des EG-Vertrages zustande gekommen sind oder zu dessen Erweiterung, Ergänzung oder Durchführung oder zur Begründung einer Assoziation, Präferenz oder Freihandelszone abgeschlossen und rechtswirksam sind,

3. Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Union auf Grund oder im Rahmen der unter den Z 1 und 2 genannten Verträge sowie rechtsverbindliche Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften."

4. Im Gesetzesprüfungsverfahren ist nichts vorgebracht worden und auch nichts hervorgekommen, was gegen die Zulässigkeit dieses Verfahrens spräche. Es ist daher zulässig.

III. 1. Im Prüfungsbeschluss äußerte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung aus den folgenden Überlegungen dem aus Art 18 Abs 1 B-VG abzuleitenden, den Gesetzgeber bindenden Determinierungsgebot widerspricht:

"Die Regelung des § 99 MOG, insbesondere die darin enthaltene Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht durch die Bezugnahme auf § 94 Abs 2 MOG, begegnet denselben Bedenken, die den Verfassungsgerichtshof bewogen hatten, im Verfahren G104/05, in § 99 Abs 1 Z 5 des MOG 1985 idF BGBl. I 108/2001, die Wortfolgen 'Erzeuger- und' sowie im Verfahren G50/06 das Wort 'Referenzmengen,' in § 101 MOG 1985 idF BGBl. I 108/2001 als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Gerichtshof sprach in diesen Erkenntnissen aus, dass zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften nach dem Konzept des Art 18 Abs 2 B-VG nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen ist und dass im Falle von Verweisungen des innerstaatlichen Gesetzgebers auf Normen des Gemeinschaftsrechts das Verweisungsobjekt in der verweisenden Norm ausreichend bestimmt sein muss. Im Einzelnen sprach der Verfassungsgerichtshof aus:

'Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl.va. VfSlg. 15.189/1998, 15.354/1998) den Standpunkt, dass durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union der Verwaltung keine generelle Ermächtigung zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch Rechtsverordnungen erteilt und Art 18 Abs 2 B-VG nicht so weit verändert wurde, dass den Verwaltungsorganen die Befugnis übertragen worden wäre, Regelungen des Gemeinschaftsrechts unter Ausschaltung des Gesetzgebers zu konkretisieren; vielmehr ist zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften nach dem Konzept des Art 18 Abs 2 B-VG nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen.

Aus den selben Erwägungen, die dieser Rechtsprechung zu Grunde liegen (vgl. dazu va. 15.189/1998), ist der Verfassungsgerichtshof weiters der Auffassung, dass Art 18 Abs 1 und 2 B-VG durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union auch insoweit nicht modifiziert wurde, als aus dieser Bestimmung der österreichischen Bundesverfassung das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abgeleitet wird, das gesamte Verwaltungshandeln, und im Besonderen auch die Erlassung verwaltungsbehördlicher Verordnungen, inhaltlich hinreichend vorherzubestimmen.

Die in Prüfung gezogene gesetzliche Regelung ermächtigt den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung Vorschriften über Verfahren sowie über Voraussetzungen und die Höhe von Vergünstigungen bei Erzeugerprämien zu erlassen, soweit dies zur Durchführung von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang II EG-Vertrag angeführten Erzeugnisse sowie sonstige Handelsregelungen erforderlich oder geboten ist.

Die in Prüfung gezogene Regelung enthält somit eine Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht. Damit genügt sie aber, auch wenn eine Verweisung des innerstaatlichen Gesetzgebers auf Normen des Gemeinschaftsrechts grundsätzlich zulässig ist (vgl. ), dem - im vorliegenden Zusammenhang aus Art 18 B-VG abzuleitenden - Erfordernis nicht mehr, dem zu Folge das Verweisungsobjekt in der verweisenden Norm ausreichend bestimmt festgelegt sein muss (vgl. VfSlg. 16.999/2003 mwH).

Die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung ist daher wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.'

Diese Rechtsauffassung scheint auch auf die nunmehr in Prüfung gezogene Regelung in § 99 Abs 1 Z 6 zuzutreffen.

3. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9535/1982) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, dass die Verordnung hiermit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt, weshalb deren präjudizielle Bestimmungen auch in Prüfung zu ziehen sind.

Der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung scheint demnach die erforderliche Grundlage zu fehlen."

2.1 Das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung gegen das aus Art 18 B-VG abzuleitende, den Gesetzgeber bindende Determinierungsgebot verstößt, trifft zu:

2.2 Die in Prüfung gezogene gesetzliche Regelung ermächtigt den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, durch Verordnung Vorschriften über Verfahren sowie über Voraussetzungen und die Höhe von Vergünstigungen u.a. bei flächenbezogenen Beihilfen zu erlassen, soweit dies zur Durchführung von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Schaffung und Durchführung der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte für die in Anhang II EG-Vertrag angeführten Erzeugnisse sowie sonstige Handelsregelungen erforderlich oder geboten ist.

2.3 Die in Prüfung gezogene Regelung enthält somit eine Verweisung auf das gesamte gemeinschaftsrechtliche Marktordnungsrecht. Damit genügt sie aber, auch wenn eine Verweisung des innerstaatlichen Gesetzgebers auf Normen des Gemeinschaftsrechts nicht schlechthin unzulässig ist (vgl. VfSlg. 17.479/2005), dem - aus Art 18 B-VG abzuleitenden - Erfordernis, dass das Verweisungsobjekt in der verweisenden Norm ausreichend bestimmt festgelegt sein muss, nicht (vgl. VfSlg. 16.999/2003 mwH).

Die in Prüfung gezogene Wortfolge "flächenbezogenen oder" ist daher wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

2.4 In den Verfahren VfSlg. 17.735/2005 und G50/06 ua. vom hat der Verfassungsgerichtshof jeweils Bestimmungen des MOG aufgehoben und für das Außerkrafttreten eine Frist bis gesetzt. Der Gesetzgeber hat die ihm in diesen Verfahren eingeräumte Frist bis dato jedoch nicht genutzt. Für eine weitere Fristsetzung besteht keine Veranlassung.

2.5 Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit in Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 B-VG.

3. Auch im Verordnungsprüfungsverfahren ist nichts vorgebracht worden und auch nichts hervorgekommen, was gegen die Zulässigkeit dieses Verfahrens spräche. Es ist daher zulässig.

3.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9535/1982) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, dass die Verordnung hiemit der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt.

Die BP-VO, BGBl. II 336/2004, dient der Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und für bestimmte Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe.

Die Aufhebung der oben genannten Wortfolge in § 99 Abs 1 Z 6 MOG, auf die die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung gestützt ist, führt zur Gesetzwidrigkeit der in Prüfung genommenen Verordnungsbestimmung.

Gemäß Art 139 Abs 3 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof dann, wenn er im Verordnungsprüfungsverfahren zur Auffassung gelangt, dass die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt und die Aufhebung der ganzen Verordnung nicht den rechtlichen Interessen der Partei, deren Rechtssache Anlass für die Einleitung des amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens waren, offensichtlich zuwiderläuft, die ganze Verordnung aufzuheben.

Im vorliegenden Verfahren entbehrt die gesamte Verordnung der gesetzlichen Grundlage. Ein Hindernis im Sinne des letzten Satzes des Art 139 Abs 3 B-VG liegt nicht vor. Zwar wäre die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde jedenfalls auf Grund der Gesetzwidrigkeit der im Prüfungsbeschluss genannten Wortfolge des § 17 Abs 2 der BP-VO nicht (mehr) gesetzlich gedeckt, doch ist nicht erkennbar, dass die Aufhebung der ganzen Verordnung "offensichtlich den rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers zuwiderläuft", was bereits der Umstand, dass sich die Beschwerdeführer dazu nicht geäußert haben, belegt.

Entbehrt die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage und besteht kein Hindernis im Sinne des Art 139 Abs 3 B-VG, letzter Satz, so hat der Verfassungsgerichtshof im Sinne dieser Vorschrift vorzugehen (vgl. VfSlg. 16.548/2002 ua.). Die Verordnung war daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

3.2 Der Verfassungsgerichtshof sah sich des Weiteren veranlasst, von der Ermächtigung des Art 139 Abs 6 B-VG Gebrauch zu machen und auszusprechen, dass die aufgehobene Verordnung auf die am beim Verwaltungsgerichtshof und Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

3.3 Die Verpflichtung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit in Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 139 Abs 5 B-VG.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.