VfGH vom 25.09.2000, g21/00
Sammlungsnummer
15914
Leitsatz
Verfassungswidriger Eingriff in die Gemeindeautonomie durch eine Obergrenze für Ankündigungsabgaben auch in der Bestimmung im Kärntner Ankündigungsabgabengesetz ebenso wie im Oö Anzeigenabgabegesetz; hingegen keine Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Ermächtigung zur Abgabeneinhebung für Rundfunkwerbung nach dem Studioprinzip (mit Verweis auf das Vorerkenntnis)
Spruch
I. § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner Ankündigungsabgabengesetzes 1983, LGBl. Nr. 46, war verfassungswidrig.
Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.
II. § 2 Abs 3 des Kärntner Ankündigungsabgabengesetzes 1983, LGBl. Nr. 46, war nicht verfassungswidrig.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zlen. B700/98, B701/98, B702/98 sowie B703/98 Beschwerdeverfahren gegen Vorstellungsbescheide der Kärntner Landesregierung anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Der in allen vier Verfahren beschwerdeführende Österreichische Rundfunk stellte - betreffend das zu B700/98 protokollierte Beschwerdeverfahren - einen Antrag auf Rückerstattung der für den Monat Mai 1995 entrichteten Ankündigungsabgabe. In der zu B701/98 protokollierten Beschwerde wurde ein der Sache nach gleichlautender Antrag hinsichtlich des Zeitraumes August 1995, im Beschwerdeverfahren zu B702/98 betreffend den Zeitraum September und Oktober 1995 und im Beschwerdeverfahren zu B703/98 betreffend November 1995 gestellt; diesen Anträgen wurde mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt keine Folge gegeben.
Die Vorstellungen des Österreichischen Rundfunks gegen die erwähnten Bescheide wurden mit den nunmehr angefochtenen (Vorstellungs-) Bescheiden der Kärntner Landesregierung als unbegründet abgewiesen. Diese Bescheide, welche als Rechtsgrundlage neben § 92 des Klagenfurter Stadtrechtes, LGBl. 112/1993, idF LGBl. 23/1996, die Kärntner Landesabgabenordnung 1991, LGBl. 128 und das Kärntner Ankündigungsabgabengesetz 1983, LGBl. 46, idF LGBl. 19/1987 und LGBl. 107/1994 (ohne die angewendeten Bestimmungen dieses Gesetzes näher zu bezeichnen) anführen, wurden u.a. damit begründet, daß die Behörde die in Geltung stehenden Abgabenvorschriften - deren Verfassungskonformität in der Vorstellung bezweifelt worden sei -, solange diese im Rechtsbestand seien, anzuwenden hätte und die weiters in der Vorstellung gerügten Bedenken - ob der Richtlinienkonformität dieser Bestimmungen - nicht zuträfen, da es sich bei der Ankündigungsabgabe um eine im Sinne des Art 33 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie der EU zulässige Abgabe handle.
2. Bei der Behandlung der Beschwerden (hinsichtlich deren das Verfahren zur gemeinsamen Beratung verbunden wurde) sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit einerseits des das "Studioprinzip" verankernden § 2 Abs 3, andererseits des - die Höhe der Ankündigungsabgabe begrenzenden - § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner Ankündigungsabgabengesetzes 1983, LGBl. 46, entstanden. Der Gerichtshof hat daher die Beschwerdeverfahren mit Beschluß vom unterbrochen und von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmungen eingeleitet.
3. Die im gegebenen Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des (zuletzt durch die Novelle LGBl. 107/1994 geänderten) Kärntner Ankündigungsabgabengesetzes 1983, LGBl. 46, im folgenden: Kärntner AnkündigungsabgabenG, das eine Wiederverlautbarung des Ankündigungsabgabengesetzes 1969, LGBl. 61, idF der Gesetze LGBl. 61/1974, 146/1975 und 21/1983 darstellt, haben folgenden Wortlaut (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen, welche durch die zum AnkündigungsabgabenG 1983 ergangenen Novellen nicht berührt wurden, sind hervorgehoben):
"§1
Abgabenermächtigung
(1) Die Gemeinden des Landes Kärnten werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates eine Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gemeindegebiet nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuschreiben.
(2) Die der Gemeinde nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.
§2
Abgabengegenstand
(1) Als öffentliche Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Ankündigungen in Schrift, Bild oder durch Tongeräte anzusehen, die an oder auf öffentlichen Straßen und Gewässern, in oder an öffentlichen Räumen und Anlagen oder mittels Luftfahrzeugen oder Luftfahrtgeräten angebracht, ausgestellt oder vorgenommen, insbesondere auch durch Lichtwirkung hervorgebracht werden, ohne Unterschied der Art ihrer Herstellung, des Herstellungsstoffes oder des zu ihrer Herstellung angewendeten Verfahrens.
(2) Öffentliche Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind auch solche Ankündigungen, die auf Privatliegenschaften oder in Privaträumen angebracht, ausgestellt, vorgenommen oder durch Lichtwirkung hervorgebracht werden, wenn sie von öffentlichen Straßen, Gewässern, Räumen oder Anlagen aus wahrgenommen werden können.
(3) Öffentliche Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind weiters solche, die von einem im Gemeindegebiet gelegenen Rundfunk- oder Fernsehstudio ausgestrahlt werden.
(4) ..."
"§5
Bemessung der Abgabe
(1) Das Ausmaß der Abgabe ist in der Verordnung des Gemeinderates über die Ausschreibung der Abgabe festzusetzen.
(2) Die Abgabe darf für Ankündigungen, für deren Anbringung, Ausstellung oder Vornahme ein Entgelt zu entrichten ist, höchstens 20 v.H. des Entgeltes betragen. Ist das Entgelt für bestimmte Zeitabschnitte zu entrichten, ist die Abgabe von jedem Teilbetrag zu zahlen. Bei der Ermittlung des Entgeltes hat die Umsatzsteuer außer Betracht zu bleiben.
(3) Bei Ankündigungen, für die ein Entgelt nicht zu entrichten ist oder sich das Entgelt nicht verläßlich feststellen läßt, ist die Abgabe mit mindestens S 6,- und höchstens S 10,- für jeden angefangenen Quadratmeter des Ausmaßes der Ankündigung festzusetzen. Unter diesen Voraussetzungen ist bei Tonankündigungen die Abgabe nach der Zeitdauer der Ankündigung innerhalb des Tages mit S 60,- bis S 300,- zu berechnen.
(4) Erfolgt die Ankündigung für länger als einen Monat, ist die Abgabe für jeden weiteren Monat im gleichen Betrag zu entrichten. Ein angefangener Monat wird voll gerechnet.
(5) Die Abgabe beträgt mindestens S 50,-."
II. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens führt der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß wörtlich aus:
"Der angefochtene Bescheid bezeichnet als materiellrechtliche Grundlage der Vorschreibung der Ankündigungsabgabe der Stadt Klagenfurt ausdrücklich das AnkündigungsabgabenG 1983, stützt sich somit hinsichtlich des Abgabengegenstandes offenbar auf § 2 Abs 3, hinsichtlich der Abgabenhöhe offenbar auf § 5 Abs 2 dieses Gesetzes. Der Gerichtshof nimmt vorläufig an, daß die Beschwerde zulässig ist und daß er bei ihrer Behandlung die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden hätte."
III. 1. Die Erwägungen, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:
1.1. Gegen § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG hegte der Verfassungsgerichtshof folgenden Bedenken:
"2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat nunmehr schon wiederholt die Auffassung vertreten, daß der Ausdruck 'Ankündigung' im finanzausgleichsrechtlichen Sinn auch die Verbreitung von Werbung udgl. durch den Rundfunk (Hörfunk und Fernsehrundfunk) umfasse, da die durch den Rundfunk verbreiteten Darbietungen insgesamt als öffentlich zu werten seien, und daß eine Steuer auf die durch Rundfunk vorgenommene Werbung finanzverfassungskonform nur als Abgabe von Ankündigungen (§14 Abs 1 Z 13 FAG 1993) gestaltet werden könne (VfSlg. 14.269/1995, 14.536/1996, 14.951/1997 u.a.).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G15/98, V9/98 (VfSlg. 15.395/1998, betreffend die Wiener Ankündigungsabgabe) - unter Bezugnahme auf Judikatur und Literatur - ausgesprochen, daß der Zweck einer Ankündigungsabgabe die Besteuerung des mit einer Ankündigung erzielbaren Reklamewertes sei, also jenes Nutzens, den der Ankündigende aus der Ankündigung ziehe. Daraus folge in finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht, daß das Besteuerungsrecht der Gemeinde sich bereits vom Steuergegenstand her nur auf den im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert erstrecke. Bei einer Gemeindeabgabe, deren Zweck die Besteuerung des Reklamewertes einer Ankündigung sei, sei kein hinreichender Grund ersichtlich, der die Gemeinde berechtigen könnte, Ankündigungen schlechthin nur deswegen zu besteuern, weil sie vom Gebiet der betreffenden Gemeinde ihren Ausgang nehmen, ohne Rücksicht darauf, wo sich der mit der Ankündigung verbundene Reklamewert bilde.
2.2. Nach § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG sind öffentliche Ankündigungen (auch) solche, die von einem im Gemeindegebiet gelegenen Rundfunk- oder Fernsehstudio ausgestrahlt werden. Mit dieser landesgesetzlichen Regelung dürfte aber jenen Gemeinden, in denen sich kein (die Werbung ausstrahlendes) Studio befindet, die Abgabenberechtigung hinsichtlich der Besteuerung von Rundfunkwerbung zwingend entzogen werden, obwohl es nicht ausgeschlossen erscheint, daß auf dem Gebiet dieser Gemeinden sich in Bezug auf Rundfunkwerbung ein Tatbestand verwirklicht, der die jeweilige Gemeinde berechtigen würde, eine Abgabe von Ankündigungen nach den finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen zu erheben. Damit dürfte aber der Landesgesetzgeber in das den Gemeinden gemäß § 15 Abs 3 Z 4 FAG 1993 eingeräumte freie Beschlußrecht zur Ausschreibung von Abgaben von Ankündigungen in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingegriffen haben.
Die Ursache für diesen Eingriff dürfte aber in der in Prüfung gezogenen Norm des § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG liegen. Nach deren Aufhebung könnten nämlich die Gemeinden - so nimmt der Gerichtshof vorläufig an - ihr (allfälliges) Recht auf Besteuerung von Ankündigungen in Form von Rundfunkwerbung unmittelbar auf Grund der Ermächtigung des FAG nutzen und hiebei auch die nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sachlich gebotene Einschränkung bei der Besteuerung dieser Werbung beachten. Es wird allerdings im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein, ob die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Norm nicht einen verfassungswidrigen Zustand deswegen zur Folge hätte, weil dann den Gemeinden - im Widerspruch zur finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung - eine Besteuerung der Rundfunkwerbung überhaupt verwehrt wäre."
1.2. Gegen § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG hegte der Verfassungsgerichtshof hingegen folgende Bedenken:
"3.1. Gemäß § 14 Abs 1 Z 13 iVm Abs 2 FAG 1993 sind die 'Abgaben von Ankündigungen' ausschließliche Gemeindeabgaben. § 15 Abs 3 Z 4 FAG 1993 ermächtigt die Gemeinden, die in § 14 Abs 1 Z 13 dieses Gesetzes genannten Abgaben von Ankündigungen durch Beschluß der Gemeindevertretung auszuschreiben. Die verfassungsrechtliche Grundlage für diese bundesgesetzliche Einordnung der Ankündigungsabgabe unter die Gemeindeabgaben kraft freien Beschlußrechtes (- die im übrigen erst durch das FAG 1985, BGBl. 544/1984, vorgenommen wurde -), bildet § 7 Abs 5 F-VG 1948, wonach die Bundesgesetzgebung die Gemeinden ermächtigen kann, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben. Zu dieser Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Gemeinden befugt seien, die für die Abgabenerhebung erforderlichen materiellrechtlichen Grundlagen im Wege von selbständigen Verordnungen zu schaffen (VfSlg. 5359/1966, 5559/1967, 7227/1973, 10.738/1985, 14.642/1996 u.a.). Andererseits hat der Verfassungsgerichtshof ebenfalls wiederholt festgehalten, daß im Hinblick auf die Zuständigkeitsnorm des § 8 Abs 1 F-VG 1948 die Landesgesetzgebung nicht gehindert sei, gesetzliche Regelungen auch auf dem Gebiet von solchen ausschließlichen Gemeindeabgaben zu treffen, die der Bundesgesetzgeber gemäß § 7 Abs 5 F-VG dem freien Beschlußrecht der Gemeinden anheim gestellt hat, soferne derartige Regelungen die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung lediglich konkretisieren und nicht einschränken (zuletzt , B1620/97 mwN).
Im Erkenntnis vom , G2/98, V1,2/98 (VfSlg. 15.107/1998), hat der Verfassungsgerichtshof § 4 Abs 1 des Salzburger Ankündigungsabgabegesetzes - eine Vorschrift, die für die entgeltlichen Ankündigungen einen festen Steuersatz (in Höhe von 20 v.H. der Bemessungsgrundlage) vorsah - als verfassungswidrig aufgehoben, weil diese Festlegung des Abgabensatzes der Ankündigungsabgabe durch den Landesgesetzgeber jedenfalls (d.h. unabhängig davon, ob die Ermächtigung der Gemeinden auf § 7 Abs 5 oder auf § 8 Abs 5 F-VG beruhte) einen unzulässigen Eingriff in das freie Beschlußrecht darstelle.
3.2. Einen solchen Eingriff in das den Gemeinden durch das FAG auf der verfassungsrechtlichen Grundlage des § 7 Abs 5 F-VG 1948 eingeräumte freie Beschlußrecht scheint aber auch § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG zu bewirken, da er für die Ankündigungsabgabe eine Obergrenze von 20 v.H. des Entgeltes vorsieht. Den Gemeinden dürfte es damit verwehrt sein, die finanzausgleichsgesetzlich erteilte Ermächtigung zur Ausschreibung von Abgaben von Ankündigungen, die eine Obergrenze nicht vorsieht, in einem Maß zu nutzen, das sich - auch unter Berücksichtigung allfälliger verfassungsrechtlicher Grenzen - aus dem FAG ergibt, zumal § 1 Abs 1 des Kärntner AnkündigungsabgabenG ausdrücklich anordnet, daß die Gemeinden die Abgabe 'nach den Bestimmungen dieses Gesetzes' einzuheben haben."
2.1. Die Kärntner Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung, in der sie die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes - insbesondere unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , G15/98, V9/98 (VfSlg. 15.395/1998, betreffend die Wiener Ankündigungsabgabe) - gegen § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG teilt und darauf hinweist, daß sie in Kenntnis dieser Problematik bereits ein Begutachtungsverfahren für ein Gesetz, mit dem das Kärntner AnkündigungsabgabenG 1983 aufgehoben werden soll, eingeleitet habe. Allerdings hätte - nach Ansicht der Kärntner Landesregierung - die Aufhebung des § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG einen verfassungswidrigen Zustand deswegen zur Folge, weil dann den Gemeinden - im Widerspruch zur finanzverfassungsrechtlichen Ermächtigung - eine Besteuerung der Rundfunkwerbung überhaupt verwehrt wäre.
Wörtlich führt sie hiezu sodann folgendes aus:
"§1 Abs 1 Ankündigungsabgabengesetz 1983 ermächtigt die Gemeinden eine Abgabe von öffentlichen Ankündigungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuschreiben. § 2 regelt den Abgabengegenstand.
Zur Vorschrift des § 7 Abs 5 F-VG 1948 hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgehalten, daß sie die Gemeinden zur Erlassung selbständigen materiellen Steuerrechts ermächtige, die Gemeinden also befugt seien, die für die Abgabenerhebung erforderlichen materiellrechtlichen Grundlagen selbst im Wege von (selbständigen) Verordnungen zu schaffen. Andererseits hat der Verfassungsgerichtshof ebenfalls wiederholt festgehalten, daß im Hinblick auf die Zuständigkeitsnorm des § 8 Abs 1 F-VG 1948 die Landesgesetzgebung nicht gehindert sei, gesetzliche Regelungen auch auf dem Gebiet von ausschließlichen Gemeindeabgaben zu treffen, die der Bundesgesetzgeber gemäß § 7 Abs 5 F-VG dem freien Beschlußrecht der Gemeinden anheim gestellt hat, sofern derartige Regelungen die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung lediglich konkretisieren und nicht einschränken ( mwN).
Aus der Bestimmung des § 1 Abs 1 ist zu schließen, daß die Ermächtigung so zu verstehen ist, daß die landesgesetzliche Regelung die Gemeinden der Notwendigkeit enthebt, selbst die für die Abgabenerhebung erforderliche materiellrechtliche Regelung durch Gemeindeverordnung zu treffen, so daß sich die Gemeinde in diesem Fall bei Ausübung ihres freien Beschlußrechtes auf das 'Ob' der Abgabenerhebung beschränken kann (vgl. ).
Ebenso erscheint der Abgabengegenstand der Ankündigungsabgabe durch § 2 Ankündigungsabgabengesetz 1983 (vgl. jeweils den Einleitungssatz der Abs 1 bis 3 'Öffentliche Ankündigungen im Sinne dieses Gesetzes sind ...') abschließend geregelt (vgl. dazu auch die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Beschluß vom , B700-703/98-8, Punkt 3.2).
Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 11.294/1987 zum Verhältnis zwischen landesgesetzlicher Ermächtigung und bundesgesetzlicher Ermächtigung folgendes ausgesprochen:
'Die (...) Deutung, daß der Gemeinde ein Wahlrecht zustünde, sich entweder auf die bundesgesetzliche Ermächtigung zu stützen und dann von der Beschränkung (der landesgesetzlichen Ermächtigung) frei zu sein oder diese Beschränkung in Kauf zu nehmen und sich auf die landesgesetzliche Ermächtigung zu stützen, verbietet sich schon deshalb, weil dann (die landesgesetzliche Ermächtigung) jeden normativen Sinn verlieren würde.'
Aus diesen Gründen ist die Kärntner Landesregierung der Ansicht, daß die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Norm einen verfassungswidrigen Zustand deswegen zur Folge hätte, weil dann den Gemeinden - im Widerspruch zur finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung - eine Besteuerung der Rundfunkwerbung überhaupt verwehrt wäre, da das Ankündigungsabgabengesetz 1983 eine abschließende Regelung enthält und den Gemeinden ein Wahlrecht bezüglich der Rechtsgrundlage für die Ankündigungsabgabenverordnung nicht zukommt."
2.2. Ebenso tritt die Kärntner Landesregierung in ihrer Äußerung den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG bei. Sie macht jedoch auf folgenden Umstand aufmerksam:
§ 5 Abs 3 FAG 1993 ermächtige die Gemeinden, Abgaben von Ankündigungen durch Beschluß der Gemeindevertretung vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben; diese hätte dann - mache sie von dieser Ermächtigung Gebrauch - gemäß § 8 Abs 5 F-VG 1948 die wesentlichen Merkmale dieser Abgabe, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß zu bestimmen.
Von dieser Ermächtigung des § 5 Abs 3 FAG 1993 habe der Kärntner Landesgesetzgeber im § 2 Abs 5 AnkündigungsabgabenG Gebrauch gemacht, wonach bei Ankündigungen in oder an Verkehrsmitteln zur Einhebung der Abgabe jene Gemeinde berechtigt sei, in deren Gebiet das Verkehrsmittel seinen Standort habe, und bei Ankündigungen mittels Luftfahrzeugen und Luftfahrtgeräten zur Einhebung jene Gemeinde berechtigt sei, in deren Gebiet das Luftfahrzeug startet.
Die Kärntner Landesregierung ist daher der Ansicht, daß "die Aufhebung des ersten Satzes des § 5 Abs 2 des Kärntner Ankündigungsabgabengesetz(es) einen verfassungswidrigen Zustand deswegen zur Folge hätte, weil dann, soweit der Landesgesetzgeber eine weitergehende Ermächtigung im Sinne des § 15 Abs 3 FAG 1983 (gemeint wohl: FAG 1993) erteilt hat, entgegen § 8 Abs 5 F-VG 1948 das zulässige Höchstausmaß der Abgabe nicht mehr festgelegt wäre".
3. Der in den Anlaßverfahren beschwerdeführende Österreichische Rundfunk erstattete mit Schriftsatz vom eine Stellungnahme zur Äußerung der Kärntner Landesregierung.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nicht ergeben, daß die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG sind zwar als solche durch das Prüfungsverfahren nicht zerstreut worden. Sie können aber aus folgenden Gründen nicht zu einer Aufhebung der genannten Bestimmung führen:
Wie der Verfassungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen seines - die inhaltlich gleichlautende Bestimmung des § 1 Abs 2 litc des Oberösterreichischen Anzeigenabgabegesetzes 1952, LGBl. 17, betreffenden - Erkenntnisses vom , G19/00 u.a. Zlen., dargetan hat (eine Ausfertigung desselben ist diesem Erkenntnis angeschlossen; vgl. insbesondere die Ausführungen auf den Seiten 16 ff) ist durch die neue Verfassungsbestimmung des § 15a FAG 1997, BGBl. I 30/2000, im Bereich der Ankündigungsabgaben das sog. Studioprinzip kompetenzrechtlich rückwirkend festgeschrieben und verfassungsrechtlich abgesichert worden. Durch diese - auch den zeitlichen Geltungsbereich des FAG 1993 (mit)umfassende - Änderung der finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung ist den vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluß dargelegten Bedenken gegen die Vorschrift des § 2 Abs 3 des Kärntner AnkündigungsabgabenG der Boden entzogen worden.
Es war somit auszusprechen, daß diese Vorschrift nicht verfassungswidrig war, wobei dem Umstand, daß die sanierende rückwirkende Verfassungsbestimmung (erst) mit in Kraft getreten ist, im vorliegenden Fall keine Bedeutung zukommt, da sich der Ausspruch nur auf Zeiträume bezieht, die durch die Anlaßfälle vorgegeben sind (vgl. hiezu ebenfalls das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G19/00 u.a. Zlen.).
3. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG haben sich aus folgenden Überlegungen als zutreffend erwiesen:
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluß (vorläufig) die Auffassung vertreten, § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG bewirke durch die Festsetzung eines Abgabenhöchstsatzes von 20 v.H., daß die Gemeinden die ihnen finanzausgleichsgesetzlich erteilte Ermächtigung zur Ausschreibung von Abgaben, die eine Obergrenze nicht vorsieht, nicht in jenem Maß zu nutzen vermögen, welches sich - auch unter Berücksichtigung allfälliger verfassungsrechtlicher Schranken - aus dem FAG ergibt, zumal § 1 Abs 1 des Kärntner AnkündigungsabgabenG ausdrücklich anordne, daß die Gemeinden die Abgabe "nach den Bestimmungen dieses Gesetzes" einzuheben haben.
Diese Bedenken sind im Prüfungsverfahren nicht entkräftet worden. Der Verfassungsgerichtshof verweist auch in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , G19/00 u.a. Zlen., zur Anzeigenabgabe Oberösterreich. Die Kärntner Landesregierung ist diesen Bedenken ausdrücklich beigetreten. Sie vertritt allerdings - wie erwähnt - die Auffassung, daß die Aufhebung des § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG einen verfassungswidrigen Zustand deswegen zur Folge hätte, weil dann, soweit der Landesgesetzgeber eine weitergehende Ermächtigung im Sinne des § 15 Abs 3 FAG 1993 erteilt hat, entgegen § 8 Abs 5 F-VG 1948 das zulässige Höchstausmaß der Abgabe nicht mehr festgelegt wäre.
Der Verfassungsgerichtshof vermag diesem Argument nicht zu folgen. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen die (in § 15 Abs 3 FAG 1993 angesprochene) landesgesetzliche Erweiterung einer auf § 7 Abs 5 F-VG beruhenden bundesgesetzlichen Ermächtigung im einzelnen nach sich zöge. Der Gerichtshof kann nämlich nicht erkennen, daß es sich bei der von der Kärntner Landesregierung erwähnten Norm des § 2 Abs 5 des Kärntner AnkündigungsabgabenG um eine solche landesgesetzliche Erweiterung handeln könnte. Diese Norm konkretisiert für einen bestimmten Fall von Ankündigungen, die bereits von der Ermächtigung des § 14 Abs 1 Z 13 FAG erfaßt sind, die Erhebungsbefugnis. Es mag sein, daß es sich unter diesem Aspekt um eine allenfalls verfassungsrechtlich bedenkliche Einschränkung des freien Beschlußrechtes bestimmter Gemeinden handelt; eine auf § 8 Abs 5 F-VG gestützte Ermächtigung, die über die bundesgesetzliche Ermächtigung hinausginge, kann der Verfassungsgerichtshof darin nicht erblicken.
3.2. Auf Grund des am ausgegebenen Bundesgesetzes, BGBl. I 29/2000, mit dem u.a. das FAG 1997 geändert und eine Werbeabgabe eingeführt wird, entfallen ab in § 14 und § 15 FAG 1997 die die Anzeigenabgaben und die Ankündigungsabgaben betreffenden Bestimmungen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies bereits im hg. Erkenntnis vom , G19/00 u.a. Zlen., so interpretiert, daß durch den Wegfall dieser speziellen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigungen die darauf beruhenden Besteuerungsrechte der Länder und Gemeinden unwirksam geworden sind. Das Kärntner AnkündigungsabgabenG und damit auch die in Prüfung gezogene Norm des § 5 Abs 2, erster Satz, leg.cit., welche das Abgabenhöchstmaß (20 v.H.) regelt, ist daher mit Ablauf des im Sinn des Art 140 Abs 4 B-VG außer Kraft getreten, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof auf den Ausspruch zu beschränken hat, daß die in Prüfung gezogene, als verfassungswidrig erkannte Bestimmung des § 5 Abs 2, erster Satz, des Kärntner AnkündigungsabgabenG verfassungswidrig war.
3.3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Kärnten zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs erfließt aus Art 140 Abs 5, erster Satz, B-VG.
V. Diese Entscheidungen konnten gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.