VfGH vom 26.02.2004, g204/03
Sammlungsnummer
17142
Leitsatz
Unsachlichkeit der Regelung des Studienförderungsgesetzes über das Wiedererlangen eines Anspruches auf Studienbeihilfe (bzw Familienbeihilfe) nach einem Studienwechsel bei zügiger Absolvierung des ersten Studienabschnittes infolge Abstellens auf den sachfremden, vom Studierenden nicht beeinflussbaren Umstand der Gliederung des aufgenommenen Studiums in Studienabschnitte; verfassungskonforme Auslegung nicht möglich; Aufhebung auch der Regelung über die Verneinung eines günstigen Studienerfolges bei einem Studienwechsel nach dem dritten Semester infolge geringerer Veränderung der Rechtslage
Spruch
1. § 17 Abs 1 Z 2 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996, war bis zum Ablauf des verfassungswidrig.
2. § 17 Abs 4 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung BGBl. I Nr. 23/1999, war verfassungswidrig.
3. Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu Zlen. B1548/00 und B217/01 auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerden gegen einen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom bzw. einen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom anhängig. Mit diesen Bescheiden wurden Anträge (von Studierenden an Fachhochschulen) auf Gewährung von Studienbeihilfe bzw. Familienbeihilfe mangels Vorliegens eines günstigen Studienerfolges abgewiesen, da § 17 Abs 4 Studienförderungsgesetz (in der Folge: StudFG), idF BGBl. I 23/1999, ausdrücklich auf die zeitgerechte Absolvierung des ersten Studienabschnittes als Voraussetzung für die Wiedererlangung des Anspruches auf Studienbeihilfe nach verspätetem Studienwechsel abstelle; ein Fachhochschulstudium sei jedoch nicht in Studienabschnitte gegliedert.
1.2. Bei der Behandlung der Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 17 Abs 1 Z 2 StudFG (BGBl. 305/1992, idF BGBl. 201/1996) und des § 17 Abs 4 StudFG (BGBl. 305/1992, idF BGBl. I 23/1999) entstanden. Der Gerichtshof hat daher mit Beschluß vom , B1548/00 und B217/01, von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmungen eingeleitet.
2. Zur Rechtslage:
Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist u. a., daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§6 Z 3 StudFG); ein günstiger Studienerfolg liegt gemäß § 16 Abs 1 Z 1 leg.cit. vor, wenn der Studierende sein Studium zielstrebig betreibt, wobei § 17 StudFG normiert, daß im Falle eines Studienwechsels Zielstrebigkeit grundsätzlich nicht vorliegt.
Familienbeihilfe gebührt gemäß § 2 Abs 1 litb FLAG u.a., wenn volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine Universität oder einen Fachhochschul-Studiengang besuchen und sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Überdies sieht diese Bestimmung vor, daß bei einem Studienwechsel die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe gelten.
§ 17 Abs 1 StudFG, BGBl. 305/1992, erhielt durch BGBl. 201/1996 seine heutige Fassung. § 17 Abs 4 StudFG wurde durch BGBl. I 23/1999 angefügt und ist in dieser Fassung für den vorliegenden Fall maßgeblich. Er wurde durch BGBl. I 76/2000 mit Wirkung ab neu gefaßt. In der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung lautet § 17 leg.cit. auszugsweise folgendermaßen (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) ...
(3) ...
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs 1 Z 2 ist nicht zu beachten, wenn der Studierende den ersten Studienabschnitt jenes Studiums, das er nach dem Studienwechsel betrieben hat, innerhalb der Anspruchsdauer (§18) absolviert hat."
§ 18 Abs 1 leg.cit. in der bis zum gültigen Fassung BGBl. 343/1993 bestimmte folgendes:
"Die Anspruchsdauer umfaßt grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, umfaßt die Anspruchsdauer die vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines halben Ausbildungsjahres. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§19)."
3. Die Erwägungen, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:
"3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt allerdings angesichts der konkreten Ausgestaltung der angesprochenen Ausnahme vom Entfall der Beihilfe nach verspätetem Studienwechsel in § 17 Abs 4 StudFG Bedenken gegen die Gesamtregelung aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes. Der Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zu schaffen (VfSlg. 8169/1977 uva.).
Der Verfassungsgerichtshof folgt vorläufig den belangten Behörden, dass § 17 Abs 4 StudFG nur dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Bestimmung eine Differenzierung zwischen Studien mit Abschnittsgliederung und solchen ohne Abschnittsgliederung vornimmt und nur für erstere die Wiedererlangung der Studienbeihilfe ermöglicht.
Diese Differenzierung erscheint als nicht sachlich gerechtfertigt. Es ist vorläufig kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass das StudFG einerseits für Studien unterschiedlichster Art Förderungen zu grundsätzlich einheitlichen Bedingungen vorsieht, andererseits jedoch in der Frage der Wiedererlangung einer Förderung nach deren Verlust wegen Studienwechsel aus dem Kreis dieser Studien solche zu diskriminieren scheint, die aus zufälligen, in der jeweiligen Studienorganisation gelegenen Gründen (d.h. allenfalls aus Gründen, die mit ihrer Förderungswürdigkeit nichts zu tun zu haben scheinen) nicht in Studienabschnitte gegliedert sind.
Ob die Bestimmung so auszulegen ist, wie die belangte Behörde zu B1548/00 annimmt, nämlich dahingehend, dass es auf eine Gliederung des neuen Studiums in mehrere Diplomprüfungen ankommt, oder so, wie es der zu B217/01 zitierte Erlass 'bekannt gibt', nämlich dahingehend, dass auch bloß in Studienplänen, Lehrplänen udgl. vorgesehene Abschnittsgliederungen beachtlich sind, scheint dahingestellt bleiben zu können. Denn keine der beiden Auslegungen scheint die Anknüpfung an studienorganisatorische Zufälligkeiten verhindern zu können, zumal - wie das Beispiel des Beschwerdeführers zu B217/01 zeigt - manche Studien auch nicht in ihren Studienplänen, Lehrplänen odgl. eine Abschnittsgliederung vorsehen. Ein sachliches Gesamtkonzept über das Vorsehen oder Nichtvorsehen solcher Abschnittsgliederungen im Hinblick auf das Studienbeihilfenrecht ist vorläufig nicht erkennbar.
Eine Auslegung im Sinne einer Wiedererlangungsmöglichkeit der Studienbeihilfe auch für solche Studien, die weder mehrere Diplomprüfungen vorsehen, noch sonst in Abschnitte gegliedert sind, scheint durch den Wortlaut der Bestimmungen ausgeschlossen.
Es scheint somit von dem - mit dem Studienerfolg in keinem Zusammenhang stehenden - Umstand der Gliederung eines Studiums in Studienabschnitte abzuhängen, ob Studien- oder Familienbeihilfe gewährt wird, obwohl der Gesetzgeber selbst im § 22 a Studienförderungsgesetz davon ausgeht, dass die Beihilfengewährung auch für Fachhochschulstudiengänge nach Maßgabe des nachgewiesenen Studienerfolgs gewährt wird und für den Nachweis detaillierte Regelungen getroffen hat."
4. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß § 17 Abs 1 Z 2 und Abs 4 StudFG, BGBl. 305/1992, idF BGBl. I 23/1999, nicht verfassungswidrig war.
Nach Meinung der Bundesregierung treffe es zwar zu, daß das StudFG ein einheitliches Förderungssystem für die unterschiedlichen Ausbildungen im postsekundären Bildungsbereich vorsehe. Dennoch orientiere sich die wesentliche und unabdingbare Voraussetzung des günstigen Studienfortganges regelmäßig an den Studienvorschriften, welche zum Teil von den Ausbildungseinrichtungen erlassen würden. So bestehe der günstige Studienerfolg, den Studierende an den Universitäten zu erbringen hätten, überwiegend in der Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Studienzeit, während an Fachhochschulen je Studienjahr eine bestimmte Leistung an absolvierten Lehrveranstaltungsstunden zu erbringen sei, an pädagogischen Akademien zusätzlich auch noch ein Notendurchschnitt bei den absolvierten Stunden.
Die Gliederung eines Studiums in Studienabschnitte sei sehr wohl im Zusammenhang mit dem Studienerfolg zu sehen. Die Gliederung in Studienabschnitte erzeuge nämlich für Bezieher von Studienbeihilfe hinsichtlich des günstigen Studienerfolges ein zusätzliches Erfordernis gegenüber nicht in Studienabschnitte gegliederten Studien. Dieses Erfordernis, das in der zeitgerechten Absolvierung des Studienabschnittes bestehe, stelle eine zusätzliche Anforderung des günstigen Studienerfolges dar. Diese zusätzliche Anforderung rechtfertige daher auch die Regelung, daß trotz Erlöschens des Anspruches auf Studienbeihilfe dieser wiederum auflebe, wenn die besonders zügige Absolvierung des ersten Studienabschnittes nachgewiesen sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nicht ergeben, daß die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Auch die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen haben sich als zutreffend erwiesen und konnten von den Argumenten der Bundesregierung nicht zerstreut werden.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat grundsätzlich keine Bedenken gegen ein System der Studienförderung, das die Gewährung von Studienbeihilfe an den Nachweis eines günstigen Studienerfolges bindet (VfSlg. 12.642/1991). Wann ein günstiger Studienerfolg vorliegt, wird in § 16 Abs 1 StudFG definiert:
"Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe liegt vor, wenn der Studierende
1. sein Studium zielstrebig betreibt (§17),
2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§18 und 19) und
3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§20 bis 25)."
§ 17 Abs 1 leg.cit. schließt das Vorliegen eines günstigen Studienerfolges bei bestimmten Studienwechseln (mangels Zielstrebigkeit - vgl. § 16 Abs 1 Z 1 leg.cit.) aus. Die Anspruchsdauer (§18 leg.cit.) umfaßt grundsätzlich die zur Absolvierung von das Studium/den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters (halben Studien- oder Ausbildungsjahres). Die notwendigen Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen sind in den §§20 bis 25a leg.cit. geregelt, die - wie auch die Bundesregierung vorbringt - je nach Art des Studiums (Studium an Universitäten, Universitäten der Künste, Theologischen Lehranstalten, Fachhochschul-Studiengängen, Akademien etc.) unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis über den Studienerfolg stellen. Insgesamt zeigt sich somit, daß das StudFG beim Kriterium eines günstigen Studienerfolges je nach Art des Studiums derart differenziert, daß alle Studierenden, unabhängig von der spezifischen Ausgestaltung ihres Studiums an der jeweiligen Universität, Fachhochschule, Akademie etc., grundsätzlich die Möglichkeit haben, einen günstigen Studienerfolg iSd StudFG nachweisen zu können.
Von diesem System weicht nun § 17 Abs 4 StudFG, idF BGBl. I 23/1999, in sachlich nicht begründbarer Weise ab: Diese Bestimmung stellt nämlich ausdrücklich auf die Gliederung eines Studiums in Studienabschnitte ab. Somit ist aber die Möglichkeit, bei einem Wechsel des Studiums nach dem jeweils dritten inskribierten Semester wieder einen Anspruch auf Studienbeihilfe (Familienbeihilfe) zu erlangen, davon abhängig, daß das nunmehr aufgenommene Studium in Studienabschnitte gegliedert ist. Ist dies der Fall und wird der erste Studienabschnitt des neuen Studiums innerhalb der Anspruchsdauer absolviert, so ist ab diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Studien- oder Familienbeihilfe wieder gegeben. Ist das neue Studium hingegen nicht in Abschnitte gegliedert, so steht ein Anspruch auf Studien- oder Familienbeihilfe selbst dann nicht zu, wenn das Studium innerhalb der Anspruchsdauer absolviert wird, weil nach Abschluß des Studiums keine Beihilfe mehr (auch nicht rückwirkend) gewährt werden kann. Die Möglichkeit erneuten Studien- oder Familienbeihilfenbezuges wird damit von einem sachfremden und vom Studierenden nicht beeinflussbaren Umstand abhängig gemacht, nämlich von der durch studienrechtliche Erwägungen (und Regelungen) bestimmten Gliederung eines Studiums.
2.2. Die Bundesregierung meint, daß die Gliederung in Studienabschnitte für Bezieher von Studienbeihilfe hinsichtlich des günstigen Studienerfolges ein zusätzliches Erfordernis - die zeitgerechte Absolvierung des Studienabschnittes - gegenüber nicht in Studienabschnitte gegliederten Studien erzeuge, was die Regelung rechtfertige, daß trotz Erlöschens des Anspruches auf Studienbeihilfe dieser wiederum auflebe, wenn die besonders zügige Absolvierung des ersten Studienabschnittes nachgewiesen werde. Der Gerichtshof kann nicht erkennen, daß durch dieses Argument seine Bedenken entkräftet wären. Diese Bedenken richten sich nicht dagegen, daß die Wiedererlangung des Anspruches auf Studien- bzw. Familienbeihilfe bei in Abschnitte gegliederten Studien von der zügigen Absolvierung des ersten Studienabschnittes im neuen Studium abhängig gemacht wird, sondern dagegen, daß bei nicht in Studienabschnitte gegliederten Studien trotz zügiger Absolvierung des gesamten Studiums (was logischerweise auch eine zügige Absolvierung der einzelnen "Teile" dieses Studiums erfordert) ein Anspruch auf Studien- bzw. Familienbeihilfe nicht mehr erlangt werden kann (vgl. oben Pkt. II.2.1.).
Die dargelegte Differenzierung widerspricht auch der Zielsetzung des Gesetzgebers, eine Motivation der Studierenden erreichen und eine längerfristige Perspektive für Studienwechsler auf den Wiedergewinn der Studienbeihilfe schaffen zu wollen (vgl. 1442 BlgNR, 20. GP, 17).
2.3. Die dargelegten Bedenken finden ihre Bestätigung durch die - für das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren nicht maßgebende - Novelle BGBl. I 76/2000, nach der § 17 Abs 4 StudFG nicht mehr auf die Gliederung von Studien in Studienabschnitte abstellt.
§ 17 Abs 4 StudFG lautet nunmehr folgendermaßen:
"Ein Studienwechsel im Sinne des Abs 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat."
In den Materialien (184 BlgNR, 21. GP, 18) wird diese Novelle wie folgt begründet:
"Die geltende Möglichkeit, die Rechtsfolge eines verspäteten Studienwechsels (nach mehr als zwei Semestern des Vorstudiums), nämlich den Anspruchsverlust, wieder zu beseitigen, knüpft an die zeitgerechte Absolvierung der ersten Diplomprüfung und damit an die Gliederung des nunmehr gewählten Studiums in Studienabschnitte an. In Studien, welche nicht in Studienabschnitte gegliedert sind, ist es trotz günstigen Studienfortganges nicht möglich, nach einem verspäteten Studienwechsel wieder eine Studienbeihilfe zu erlangen.
Um diese bisher eher von studienorganisatorischen Zufälligkeiten bestimmte Chance, wieder Anspruch auf Studienbeihilfe zu erwerben, grundsätzlich allen Studienbeihilfenbeziehern zu eröffnen, ohne Missbräuche zu ermöglichen, knüpft die Novellierung an der Dauer des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums an."
Der Gesetzgeber selbst hat daher offenbar aus Sachlichkeitserwägungen die Rechtslage so geändert, daß nunmehr der Anspruch auf Studienbeihilfe (und Familienbeihilfe) nicht mehr von "studienorganisatorischen Zufälligkeiten" abhängt.
3. Der Verfassungsgerichtshof sieht keine Möglichkeit, § 17 Abs 4 StudFG, idF BGBl. I 23/1999, verfassungskonform zu interpretieren. Nach dem insofern klaren Wortlaut der Bestimmung stellt diese auf die Absolvierung des "ersten Studienabschnitt[es]" innerhalb der Anspruchsdauer ab. Ein Anspruch auf Studien- bzw. Familienbeihilfe ist dann erst für den zweiten bzw. jeden weiteren Studienabschnitt gegeben. Gibt es jedoch keine (offizielle) Gliederung des Studiums in Studienabschnitte, läuft die Vorschrift leer, weil dann der Studienerfolg erst nach Beendigung des (gesamten) Studiums beurteilt werden kann, dann aber kein Anspruch auf Studien- bzw. Familienbeihilfe mehr besteht. Eine Interpretation, die unter dem Begriff "Studienabschnitt" auch (beliebige) interne Gliederungen versteht, verbietet sich hingegen schon deswegen, weil sie die sachliche Reichweite der Regelung bloß verschieben würde, es aber immer noch Studien geben kann (und auch tatsächlich gibt), in denen nicht einmal interne Gliederungen vorgesehen sind.
4. Die Grenzen der Aufhebung einer in Prüfung stehenden Gesetzesbestimmung müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes derart gezogen werden, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, hat der Verfassungsgerichtshof in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. VfSlg. 8461/1978, 10.834/1986, 14.131/1995). Das gilt grundsätzlich auch für den Fall einer bloßen Feststellung, daß ein Gesetz verfassungswidrig war (VfSlg. 10.834/1986).
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Wiedererlangung der Studienbeihilfe in § 17 Abs 4 leg.cit. eingeführt, um Studienwechslern weitere Perspektiven zu öffnen. Bezieht sich die Feststellung der Verfassungswidrigkeit sowohl auf § 17 Abs 1 Z 2 StudFG, idF BGBl. 201/1996, als auch auf § 17 Abs 4 StudFG, idF BGBl. I 23/1999, so beeinträchtigt der Studienwechsel den Anspruch auf Studien- bzw. Familienbeihilfe grundsätzlich nicht; er ist aber davon abhängig, daß im vorhergehenden und letztlich auch im neuen Studium ein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wird. Der Gerichtshof ist daher der Auffassung, daß damit die Rechtslage eine geringere Veränderung erfährt als bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit allein des § 17 Abs 4 leg.cit., zumal die Feststellung der Verfassungswidrigkeit nur für die Anlaß- bzw. Quasianlaßfälle Auswirkungen hat.
5. § 17 Abs 4 StudFG ist durch die Novelle BGBl. I 76/2000 geändert worden. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich daher auf die Feststellung zu beschränken, daß diese Bestimmung verfassungswidrig war. Das gleiche gilt auch - für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der vorher zitierten Novelle mit Ablauf des - für § 17 Abs 1 Z 2 StudFG, da dieser nur im Zusammenhang mit § 17 Abs 4 StudFG, idF BGBl. I 23/1999, auf die als zutreffend erkannten verfassungsrechtlichen Bedenken stieß.
6. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung im Bundesgesetzblatt I beruht auf Art 140 Abs 5 B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.