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VfGH vom 01.03.2007, g203/06

VfGH vom 01.03.2007, g203/06

Sammlungsnummer

18071

Leitsatz

Unsachlichkeit einer Regelung im Vermessungsgesetz betreffend die Zulässigkeit einer Berichtigung des Grenzkatasters durch die Vermessungsbehörde trotz eines möglichen Gutglaubenserwerbes im Vertrauen auf den Grenzkataster; Fehlen einer gesetzlichen Regelung für diesen Fall; keine verfassungskonforme Auslegung möglich in Hinblick auf Wortlaut und System des Vermessungsgesetzes sowie auf durch eine solche Auslegung entstehende rechtliche Unklarheiten, wie zB die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit von Vermessungsbehörden und Gerichten

Spruch

§ 13 Abs 1 bis 3 des Bundesgesetzes über die Landvermessung und den Grenzkataster (Vermessungsgesetz), BGBl. 306/1968 idF BGBl. 238/1975 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B410/06 ein Beschwerdeverfahren anhängig, dem folgendes Geschehen zugrunde liegt:

Mit Bescheid vom verfügte das Vermessungsamt Innsbruck gemäß § 13 VermessungsG über Antrag der Eigentümerin des Grundstücks .../12 KG Telfs die Berichtigung des Grenzkatasters betreffs der Grenze zum Grundstück .../11. Die dagegen vom nunmehrigen Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstücks .../11 erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom abgewiesen; der nunmehr beim Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit bestätigt diese Abweisung.

Die in Rede stehende Grenze war im Jahre 1998 durch einen Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen im Auftrag der nunmehrigen Berichtigungswerberin vermessen, der Plan gemäß § 13 LiegenschaftsteilungsG im Grundbuch durchgeführt und das Grundstück der Berichtigungswerberin mit Bescheid vom in den Grenzkataster übernommen worden. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer das angrenzende, nicht in den Grenzkataster aufgenommene Grundstück. Die von der Berichtigungswerberin am begehrte Grenzänderung verschiebt die Grenzlinie zwischen beiden Grundstücken in Richtung jenes des Beschwerdeführers.

Im Bescheid erster Instanz heißt es zum Verwaltungsgeschehen:

"Dem Antrag beigelegt ist eine Erklärung der Frau ... (ehemalige Eigentümerin des Grundstückes .../11) aus der hervorgeht, dass im seinerzeitigen Grenzberichtigungsverfahren 1998 die westliche Außenkante der Mauer als gemeinsame Grundstücksgrenze festgelegt worden ist und die erwähnte Mauer zur Gänze auf Grundstück .../12 zu liegen kommen sollte. Die Mauer stehe im Alleineigentum von Frau ...(der Berichtigungswerberin).

...

Dipl.-Ing. F. ... hat am zu Protokoll

gegeben, dass in der Grenzverhandlung am in Anwesenheit

beider Parteien ... die westliche Außenseite der Mauer als Grenze

festgelegt worden sei.

Offensichtlich ist jedoch bei der Aufnahme des Punktes 14 ein Winkelfehler bei der Registrierung der Daten entstanden und nicht bemerkt worden. Dadurch sei die Verdrehung der Grenzlinie im Plan entstanden. Zur Lösung des Problems habe am im Gemeindeamt

unter Beisein des Dipl.-Ing. H. ..., Frau ... (Berichtigungswerberin)

mit Tochter und Herrn ... (Beschwerdeführer) eine Besprechung

stattgefunden. Dabei wäre vereinbart worden, dass Herr F. [die] Teilungsurkunde anfertige, um die richtige (unstrittige) Grenzsituation (westliche Mauerseite) mit einem Verfahren gem. § 13 LiegTeilG grundbücherlich herzustellen. Dieser Plan wurde am an Frau ... (Berichtigungswerberin) per Post übersandt. Zu einer Verbücherung ist es aber in der Folge nicht gekommen."

Der nunmehrige Beschwerdeführer sprach sich mit dem Hinweis, er habe die Liegenschaft im Vertrauen auf den Grenzkataster übernommen, unter anderem folgendermaßen gegen die Berichtigung aus:

"Nach der Vermessungsurkunde des Herrn Dipl.-Ing. F. wäre die Abweichung der Mauer in der Natur von der tatsächlichen Grundstücksgrenze im Norden und im Süden jeweils zwei Quadratmeter, sodass bei einer entsprechenden Korrektur der Grenze sich an der Gesamtfläche des Gst. .../11 und des Gst. .../12 hieraus keine Änderung ergeben würde. In Anbetracht dieser Ausgangsgrundlage ist es nicht unverständlich, dass - immer unter Zugrundelegung eines flächengleichen Tausches (!) - von der Rechtsvorgängerin des Antragsgegners ein Antrag auf Grenzberichtigung gestellt wurde. Bei dieser Grenzberichtigung, wie sie vom Vermesser dargestellt wurde, hätte die Rechtsvorgängerin des Antragsgegners nämlich nichts verloren. Wäre Dipl.-Ing. F. seinerzeit im Sinne seiner Beauftragung (Grenzfeststellung!) dieser Aufgabe ordnungsgemäß nachgekommen, hätte sich gezeigt, dass die Antragsstellerin ohne jeglichen Rechtsgrund ca. drei Quadratmeter aus dem Grund der Rechtsvorgängerin des Antragsstellers in Anspruch genommen hätte.

Damit ist aber insgesamt der von Herrn Dipl.-Ing. F. vorgenommenen Grenzberichtigung jeglicher Boden entzogen, zumal nicht einmal nach seinen eigenen Angaben eine entschädigungslose Übertragung erfolgen hätte sollen. Grundlage für die von den Parteien abgegebenen Erklärungen war die, dass vom Vermesser die Mauer in einer Lage dargestellt wurde, dass sie unter Zugrundelegung eines flächengleichen Tausches zur Gänze auf dem Grundstück der Antragstellerin zu liegen kommen würde.

Diese Grundlage der Grenzberichtigung ist aber - wie sich aus den übrigen Angaben des Herrn Dipl.-Ing. F. ergibt - offensichtlich falsch.

...

Wenn es der Behörde darum geht, den wahren Parteiwillen zu

erforschen, so kann es nicht auslangen, eine offensichtlich von der

Antragsstellerin bzw. deren beauftragten Vermesser vorbereitete

'rechtsverbindliche Erklärung' vorzulegen, sondern wird die

Einvernahme der Frau ... (Vorbesitzerin) in Anwesenheit der

Parteienvertreter notwendig sein, damit diese auch ihrem Fragerecht

nachkommen können. Frau ... (Vorbesitzerin) ist nach wie vor der

Ansicht, dass sie seinerzeit einen flächengleichen Tausch zugestimmt hätte - was eindeutig nicht der Fall ist. Damit aber fehlt es an jeglicher Grundlage für die Grenzberichtigung aus dem Jahr 1998 weshalb dann, wenn man aufgrund einer angeblichen Fehlerhaftigkeit des seinerzeitigen Vorganges eine Maßnahme setzen müsste, der gänzliche Entfall dieser Grenzberichtigung erfolgen müsste."

Der Bescheid des Vermessungsamtes führt in seiner Begründung unter anderem Folgendes aus:

"Entsprechend der Vermessungsurkunde des Dipl.-Ing. K. ... vom und der Aussagen des Dipl.-Ing. F. zu seiner

Vermessungsurkunde ... vom hat sich zweifelsfrei

ergeben, dass die Vermessungsurkunde ... fehlerhaft ist und daher

auch die aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Telfs ... erfolgte Einverleibung in den Grenzkataster fehlerhaft ist.

Die Aufnahme des Punktes 14. in der Vermessungsurkunde ... des Dipl.-Ing. F. war offensichtlich fehlerhaft. Dieser südwestliche Mauereckpunkt entspricht dem Punkt 9 in der Vermessungsurkunde ... des Dipl.-Ing. K. Dies hat dazu geführt, dass die Mauer im Plan falsch dargestellt worden ist. Aufgrund der falschen Darstellung dieser Mauer sind auch die Trennstücke für die Verbücherung falsch dargestellt und ausgewiesen, nämlich als flächengleicher Tausch von je 2 m². Wäre die Mauer richtig dargestellt gewesen, hätte ein Trennstück mit 4 m² vom Grundstück .../11 abgeschrieben und dem Grundstück .../12 zugeschrieben werden müssen.

Von der Antragstellerin ..., von der früheren Eigentümerin des Grundstücks .../12 [?] und vom Verfasser der fehlerhaften Urkunde Dipl.-Ing. F. wird einvernehmlich erklärt, dass im seinerzeitigen Grenzberichtigungsverfahren 1998 (verbüchert nach den Bestimmungen zur Abschreibung geringwertiger Trennstücke gemäß § 13 Liegenschaftsteilungsgesetz) die westliche Außenkante der Mauer als gemeinsame Grundstücksgrenze festgelegt worden ist und die erwähnte Mauer zur Gänze auf Grundstück .../12 zu liegen kommen sollte und die Mauer im Alleineigentum von Frau ... (Berichtigungswerberin) sein sollte.

Seitens des Antragsgegners wird allerdings bestritten, dass es zu dieser Verbücherung gekommen wäre, wenn bekannt gewesen wäre, dass der Inhalt des Geschäftes nicht ein flächengleicher Tausch, sondern eine Abtretung zu Lasten der Voreigentümerin des Grundstücks .../12 [gemeint anscheinend .../11] ist.

Dem war aber grundsätzlich entgegenzuhalten, dass dritten Personen gegenüber - und das ist der Antragsgegner - nach Ablauf der Rekurs- bzw. Verjährungsfrist nicht auf Löschung der bestrittenen Einverleibung erkannt werden könnte, wenn sie sich diese hinsichtlich ihrer Gültigkeit im guten Glauben befunden haben (vgl. § 63 und § 64 Allgemeines Grundbuchsgesetz 1955). Es ist davon auszugehen, dass sich der ... (Beschwerdeführer) bezüglich des Rechtsgeschäftes des früheren Eigentümer wohl im guten Glauben befunden haben muss, da ja gerade dieser Umstand, dass nämlich ein Recht im Vertrauen auf die im Grenzkataster eingetragenen Grenzen erworben wurde, vorgebracht wird.

Der Argumentation, dass gemäß § 49 VermG ein auf die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstücks gegründeter Anspruch, demjenigen nicht entgegengesetzt werden kann, der ein Recht auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen erworben hat, kann durchaus gefolgt werden. Hierbei handelt es sich aber um eine zivilrechtliche Bestimmung des Vermessungsgesetzes und müsste dies daher bei einem Gericht eingeklagt werden (vgl. § 59 Abs 2 VermG)."

Die Berufungsbehörde hat das Vorliegen von Verfahrensfehlern (insbesondere wegen unterlassener Vernehmung der Verkäuferin der Liegenschaft .../11) verneint und die Berufung vor allem deswegen verworfen, weil - wie sie der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entnehmen zu müssen meint - der Grenzkataster nur dann Vertrauensschutz genieße, wenn die Eintragung mit den Grundlagen übereinstimmt und auch sonst nicht fehlerhaft ist. Der Berufungswerber könne sich daher im Berichtigungsverfahren nicht auf § 49 VermessungsG stützen.

Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde zu dieser Frage aus:

"Da das Grundstück des BW nicht im Grenzkataster einverleibt ist, ist schon aus diesem Grund zweifelhaft, ob er tatsächlich im Vertrauen auf die im Grenzkataster eingetragenen Grenzen Eigentum erwerben kann.

Guter Glaube ist nach den für den Vertrauensschutz nach Grundbuchsrecht entwickelten Grundsätzen anzunehmen, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit der Grenze nicht kannte und bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht erkennen hätte können. Der Schutz des Vertrauens auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen gilt, wie auch der nach dem Grundbuchsrecht, nicht im Verhältnis zum unmittelbaren Vormann, weil zwischen diesen beiden nur die Grenzen als erworben gelten, wie sie im Vertrag bezeichnet werden. Stützt sich also der Rechtserwerb auf einen Vertrag, so bleiben im Verhältnis zum Vertragspartner die schuldrechtlichen Regeln unberührt.

Ein Vertrauensschutz unter Vertragspartnern kommt nicht in Betracht. Dadurch, dass der Vertragswille in der der grundbücherlichen Durchführung zu Grunde liegenden Urkunde zum Ausdruck kommt, erwirbt ein Vertragsteil das bücherliche Recht nur insoweit, als die dazu erforderliche bücherliche Eintragung auf einer die Vorschriften des Grundbuchsgesetzes erfüllenden Urkunde beruht. Die Eintragung muss sich mit der durch einen gültigen Titel belegten Verpflichtungserklärung und mit der Aufsandungserklärung decken. Der Käufer kann nicht mehr Rechte erwerben, als der Verkäufer besitzt. Erst der gutgläubige Rechtsnachfolger eines Käufers kann sich auf den § 49 VermG berufen (Wegan, die Auswirkungen des Vermessungsgesetzes auf das Zivilrecht und die Vertragspraxis, NZ 1971, 70; Feil, Liegenschaftsrecht, 1505).

Besitzwille und Besitzausübung der Verkäuferin des Grundstückes Nr. .../12 reichen jedenfalls zum Zeitpunkt des Verkaufes nur bis zu der in der Natur seit Jahren bestehenden Mauer. Der BW leitet sein Eigentumsrecht von Frau K. ab. Frau K. war aber nur Eigentümerin hinsichtlich der bis an die westliche Mauerkante reichender Grundstücksfläche. Sie konnte nicht mehr Eigentumsrechte übertragen, als sie selbst besessen hat."

II. Bei der Beratung über die Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des anscheinend anzuwendenden § 13 VermessungsG entstanden.

1. Die Absätze 1 bis 3 dieser Gesetzesbestimmung lauten in der Fassung der Novelle BGBl. 238/1975 wie folgt:

"(1) Ergibt sich, daß die Neuanlegung des Grenzkatasters oder eine in diesem enthaltene Einverleibung oder Anmerkung mit ihrer Grundlage nicht im Einklang steht oder fehlerhaft ist, so ist von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers die Berichtigung mit Bescheid zu verfügen.

(2) Die Einleitung eines Verfahrens nach Abs 1 ist im Grenzkataster anzumerken. Die Anmerkung hat zur Folge, daß für die betroffenen Grundstücke die Angaben des Grenzkatasters nicht als verbindlicher Nachweis nach § 8 Z. 1 anzusehen sind und der Schutz des guten Glaubens nach § 49 ausgeschlossen ist.

(3) Nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides nach Abs 1 ist die Berichtigung vorzunehmen und die Anmerkung zu löschen."

Durch die genannte Novelle waren im ersten Satz des Absatz 1 nach den Worten "nicht im Einklang steht" die Wortfolge "oder fehlerhaft ist" und im Absatz 3 vor dem Wort Rechtskraft die Worte "Eintritt der" eingefügt worden.

Schließlich wurden durch die Novelle BGBl. I 9/2004 dem § 13 noch folgende Absätze 4 und 5 angefügt:

"(4) Ändert sich das Festpunktfeld durch Anpassung an einen übergeordneten Bezugsrahmen oder ergibt sich im Zuge der Arbeiten gemäß § 1 Z 1 eine Änderung in den Unterlagen für die Festpunkte, so ist dies keine Berichtigung im Sinne des Abs 1. Die Koordinaten der Grenzpunkte sowie die Geocodierungen der Adressen werden in diesem Fall von Amts wegen mit Verordnung des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen geändert.

(5) Die Verordnung nach Abs 4 ist im 'Amtsblatt für das Vermessungswesen' kundzumachen. Nach Inkrafttreten der Verordnung ist diese im Grundstücksverzeichnis anzumerken. Nach erfolgter Berichtigung des Grenzkatasters ist die Anmerkung zu löschen."

(Die Vermessungsgesetznovelle BGBl. I 136/2005 hat in den hier maßgeblichen Bestimmungen nichts geändert).

2. § 13 Vermessungsgesetz steht vor folgendem Hintergrund (in der Fassung der Novelle BGBl. 238/1975 und BGBl. I 9/2004):

Der Grenzkataster ist in erster Linie zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmt (§8 Z 1). Eintragungen in den Grenzkataster sind (neben Anmerkungen und Ersichtlichmachungen) Einverleibung von Änderungen der Grenzen von Grundstücken gemäß den Grundbuchsbeschlüssen (§11 Abs 1 Z 1). Die Einführung des Grenzkatasters in einer Katastralgemeinde erfolgt unter anderem auch durch die grundstücksweise vorzunehmende Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster (teilweise Neuanlegung, § 15 Abs 1 Z 1 und §§16 bis 20). Die Umwandlung erfolgt unter anderem auf Antrag des Eigentümers (§17 Z 1). Die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, für die keine Zustimmungserklärung beigebracht worden ist, sind von der beabsichtigten Umwandlung unter Anschluss einer Belehrung über die Rechtsfolgen der Umwandlung in Kenntnis zu setzen; werden innerhalb von vier Wochen keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung erhoben, so gelten die im Plan dargestellten Grenzen als anerkannt und ist die Umwandlung vorzunehmen, werden solche Einwendungen erhoben, so ist der Antrag zurückzuweisen (§18a).

Bei der allgemeinen Neuanlegung des Grenzkatasters (§15 Abs 1 Z 2, §§21 bis 32) sind zum Zwecke der Festlegung der Grenzen der Grundstücke an Ort und Stelle Grenzverhandlungen durchzuführen, zu denen sämtliche beteiligte Eigentümer zu laden sind (§24). Dazu bestimmen §§25 bis 28:

"§25. (1) In der Grenzverhandlung ist von den erschienenen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen, wie sie § 845 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Kommen die Eigentümer der Kennzeichnungspflicht nicht nach, so ist die Kennzeichnung von Amts wegen gegen Kostenersatz vorzunehmen.

(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Läßt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt.

(3) Wird eine von einem Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs 2 eingebrachte Klage rechtskräftig abgewiesen, so gilt im Verhältnis zu ihm der von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebene Grenzverlauf als richtig.

(4) Bringt ein Eigentümer auf Grund der Aufforderung nach Abs 2 einen Antrag auf Berichtigung der Grenze nach den §§850 ff. des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches ein, so steht den Parteien die Möglichkeit, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen (§851 Abs 2 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches), nur innerhalb von sechs Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des außerstreitigen Verfahrens offen.

(5) Kommt der Eigentümer der Aufforderung nach Abs 2 nicht fristgerecht nach oder setzt er ein anhängiges gerichtliches Verfahren nicht gehörig fort, so ist er als dem von den übrigen beteiligten Eigentümern in der Grenzverhandlung angegebenen Grenzverlauf oder, wenn eine den Grenzverlauf festsetzende außerstreitige gerichtliche Entscheidung vorliegt, als dem Inhalt dieser Entscheidung zustimmend anzusehen.

(6) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, so sind hierauf die Bestimmungen der Abs 3 bis 5 sinngemäß anzuwenden.

§ 26. Die Niederschriften über die Grenzverhandlung haben die Beschreibung der festgelegten Grenzen zu enthalten. Erfolgt keine Festlegung, so ist der von jedem einzelnen Beteiligten angegebene Grenzverlauf anzuführen.

§27. (1) Die festgelegten Grenzen sind gemäß § 36 zu vermessen.

(2) Wurde mangels Einigung der beteiligten Eigentümer der Verlauf der Grenzen der Grundstücke in der Grenzverhandlung nicht festgelegt, so ist der in der Natur vorgefundene oder in Ermangelung eines solchen der sich Grund der Behelfe ergebende Grenzverlauf zu vermessen.

§28. (1) Die Grundlage für die Anlegung des Grenzkatasters bilden:

1. die Niederschriften über die Grenzverhandlungen in den Fällen, in denen der Grenzverlauf festgelegt wurde (§25 Abs 1) oder in denen der von den übrigen beteiligten Eigentümern angegebene Grenzverlauf maßgebend ist (§25 Abs 3 und 5),

2. rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen im streitigen oder, wenn ihnen nicht ein späteres Urteil entgegensteht, im außerstreitigen Verfahren,

3. gerichtliche Vergleiche.

(2) Auf Grund der im Abs 1 angeführten Urkunden und auf Grund der Vermessung ist unter Berücksichtigung der inzwischen im Grundsteuerkataster vorgenommenen Eintragungen vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen der Entwurf des Grenzkatasters zu erstellen und das Richtigstellungsverfahren anzuordnen.

(3) ..."

Für das vom Berichtigungsverfahren nach § 13 zu unterscheidende Richtigstellungsverfahren im Zuge der Anlegung des Grenzkatasters enthalten die §§30 ff folgende Regelung:

"§30. (1) Während des Richtigstellungsverfahrens können von den beteiligten Eigentümern Einwendungen gegen den Entwurf dahingehend erhoben werden, daß

1. die Grenzen nicht entsprechend der in § 28 Abs 1 angeführten Grundlagen und der inzwischen eingetretenen Veränderungen im Entwurf enthalten sind oder

2. die Verfahrensvorschriften nicht eingehalten wurden.

(2) Über jede Einwendung ist eine mündliche Verhandlung je nach Erfordernis an Ort und Stelle oder in der Kanzlei, in der der Entwurf aufliegt, abzuhalten.

(3) Wird den Einwendungen stattgegeben, so ist nach Rechtskraft des Bescheides der Entwurf entsprechend richtigzustellen.

§31. (1) Nach Abschluß des Richtigstellungsverfahrens ist die Beendigung der allgemeinen Neuanlegung und das Inkrafttreten des Grenzkatasters vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen anzuordnen.

(2) ...

(3) ...

(4) Der Grenzkataster kann auch in Kraft gesetzt werden, wenn die Grundlagen gemäß § 28 Abs 1 hinsichtlich einzelner Grundstücke noch fehlen oder über Einwendungen noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Die betroffenen Grundstücke sind in der Verordnung anzuführen. Im Grundstücksverzeichnis ist anzumerken, daß für diese Grundstücke der § 8 Z. 1 und die §§40, 49 und 50 keine Anwendung finden.

(5) Nach Vorliegen der Grundlagen oder nach Abschluß der auf Grund der Einwendungen eingeleiteten Verfahren ist die Berichtigung des Grenzkatasters mit Bescheid zu verfügen und nach Eintritt der Rechtskraft desselben vorzunehmen; gleichzeitig ist die Anmerkung zu löschen."

Schließlich ordnet § 45 Abs 1 an:

"§45. (1) Grenzkataster und Grundbuch sind in Übereinstimmung zu halten. Nach Umstellung des Grundbuches auf automationsunterstützte Datenverarbeitung ist das Grundstücksverzeichnis des Grenzkatasters mit dem Hauptbuch des Grundbuches zu verknüpfen."

Abschnitt IX des Gesetzes formuliert unter der Überschrift "Zivilrechtliche Bestimmungen":

"§49. Ein auf die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstückes gegründeter Anspruch kann demjenigen nicht entgegengesetzt werden, der ein Recht im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen erworben hat.

§ 50. Die Ersitzung von Teilen eines im Grenzkataster enthaltenen Grundstückes ist ausgeschlossen."

3. Nach den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum Stammgesetz (508 BlgNR XI. GP) soll der neue Kataster neben seiner bisherigen Aufgabe, der Finanzverwaltung die Grundlagen der Einheitsbewertung zu liefern, auch der Sicherung der Grundstücksgrenzen dienen (S. 13). Diese Aufgabe wird im Einzelnen wie folgt motiviert (S. 14):

"Die vorgesehene Erweiterung der Funktionen des Katasters auf dem Gebiete des Liegenschaftsrechtes hat zur Voraussetzung, daß das unkontrollierbare 'Wandern des Besitzes' durch außerbücherlichen Eigentumserwerb soweit als möglich ausgeschaltet wird. Hiebei ist lediglich die Ersitzung von Grundstücksteilen von wesentlicher Bedeutung, die in Hinkunft ausgeschlossen wird. Weiters kann der Vertrauensgrundsatz nur solchen Angaben des Katasters zukommen, die sowohl in rechtlich als auch technisch einwandfreier Art und Weise aufgenommen sind. Es werden daher entsprechende Vorschriften für die Neuanlegung vorgesehen, die auf den bewährten Grundsätzen des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1930, beruhen. Bei Veränderungen wiederum soll künftighin in rechtlicher Hinsicht der Grundbuchsbeschluß und in technischer Hinsicht der auf die Durchführbarkeit im Kataster überprüfte Plan die Grundlage für eine Eintragung bilden.

Kommt den Angaben des Katasters über Grundstücksgrenzen Verbindlichkeit zu, so hat dies zur Folge, daß die Verfahren zur Grenzerneuerung und Grenzberichtigung nur eine Überprüfung oder Wiederherstellung der Papiergrenze in der Natur beinhalten. Aus diesem Grund werden daher diese Aufgaben den Vermessungsbehörden übertragen.

Den auf Grund der bisherigen Rechtsvorschriften geschaffenen Unterlagen kann eine solche Rechtsfolge, wie sie eingangs angeführt wurde, nicht zukommen, da entsprechende gesetzliche Regelungen bisher gefehlt haben."

Zu § 13 begnügen sich die Erläuternden Bemerkungen mit dem Satz (S. 18):

"Diese dem Grundbuchsrecht nachgebildete Bestimmung ermöglicht es, durch ein entsprechendes Verfahren fehlerhafte Eintragungen von Umfangsgrenzen zu berichtigen."

Die Novellierung des § 13 durch BGBl. 238/1975 wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1422 BlgNR XIII. GP, 13) wie folgt begründet:

"Die Berichtigung des Grenzkatasters war bisher nur in jenem Fall vorgesehen, in dem die die Grundlage der Einverleibung bildende Urkunde unrichtig in den Grenzkataster übernommen wurde. Nicht geregelt war bisher der Fall, in dem der Grenzkataster deswegen falsche Angaben enthielt, weil die die Grundlage der Einverleibung oder Anmerkung bildende Urkunde fehlerhaft ist. Auch in solchen Fällen soll künftig das Berichtigungsverfahren Platz greifen können."

Dagegen stellen die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (508 BlgNR XI. GP) zu § 49 dessen Zweck und Bedeutung wie folgt ausführlich vor (S. 24f):

"Wie schon im allgemeinen Teil der 'Erläuternden Bemerkungen' ausgeführt, soll das 'Wandern des Besitzes' soweit als möglich unterbunden werden. Eine seiner Ursachen liegt im derzeitigen Umfang des Schutzes des guten Glaubens im Grundbuchsrecht.

Das Grundbuchsrecht umschreibt die Teile der Erdoberfläche, auf die sich seine Eintragungen beziehen, durch eine Verweisung auf den Grundkataster: Grundstücke im Sinne des Grundbuchsrechts sind 'die im Grundkataster mit besonderen Nummern bezeichneten Teile der Erdoberfläche' (§30 LiegTeilG., § 5 Abs 1 zweiter Satz AllgGAG.). Diese Verweisung ist von der Praxis bisher ausschließlich so verstanden worden, daß sie nur jeweils ein Grundstück seiner Lage nach identifiziert, nicht aber auch seine im Grundkataster festgehaltenen Grenzen, die sogenannten Papiergrenzen umfaßt (siehe insbesondere die Entscheidung des OGH. vom , JBl. 1958, S. 45, vom , Entscheidungssammlung der Arbeitsgemeinschaft der Rechtspfleger in Grundbuchsachen 1960 Nr. 269, und vom , JBl. 1961, S. 233). Für den Praktiker kommt demnach den Papiergrenzen nicht die Bedeutung einer Grundbuchseintragung zu; die in der Natur ersichtlichen Grenzen eines Grundstückes, die sogenannten Naturgrenzen, und nicht die Papiergrenzen entscheiden im Falle einer Divergenz nach der Praxis darüber, wie weit - räumlich gesehen - die Wirkung des Vertrauensgrundsatzes reicht. Daraus folgt, daß bei einer Divergenz zwischen Papier- und Naturgrenze Eigentum an Grund und Boden abweichend von den im Grundkataster dargestellten Grenzen entstehen, letzterer also unrichtig werden kann. Dies ist zu unterbinden.

Darüber hinaus ist es rechtspolitisch ein Fortschritt, wenn das Grundbuchsrecht statt an die Naturgrenzen eines Grundstückes an dessen Papiergrenzen anknüpft (vgl. Dittrich, Entwicklungstendenzen im österreichischen Bodenrecht, NotZ. 1962, S. 145):

a) Es ist meist leicht möglich, Grenzzeichen zu ändern oder zu beseitigen, hingegen kaum denkbar, das Katastraloperat zu verfälschen. Es würde daher die Sicherheit des Rechtsverkehrs erhöhen, wenn das Grundbuchsrecht an die Papiergrenzen anknüpfte.

b) Wären die Papiergrenzen maßgebend, so könnte man sich in der Praxis des Liegenschaftsverkehrs auf die im Grundkataster festgehaltenen Angaben über die Größe eines Grundstückes innerhalb einer geringfügigen Fehlergrenze, die aus der Projektion der Erdoberfläche auf eine Ebene herrührt, verlassen. Diesbezüglich wären keine Erhebungen in der Natur mehr erforderlich. Dies wäre ein großer Fortschritt.

c) In der Praxis gibt es zahlreiche Fälle, in denen eine Naturgrenze infolge der fortdauernden durchlaufenden Bewirtschaftung trotz Teilung überhaupt nie bestanden hat oder aber doch seit so langer Zeit infolge durchlaufender Bewirtschaftung nicht mehr vorhanden ist, daß sie nicht mehr festgestellt werden kann.

d) Die derzeitige Situation führt dazu, daß Fälle der Parzellenverwechslung und der unrichtigen Papiergrenze verschieden behandelt werden. Im ersten Fall nämlich erwirbt der gutgläubige Eigentümer Eigentum und kann das erworbene Grundstück behalten; im zweiten Fall hingegen muß er einen unter Umständen erheblichen Teil des Grundstücks herausgeben. Noch deutlicher tritt diese Unbilligkeit im folgenden Fall zutage: Ein in der Einlagezahl 1 enthaltenes Grundstück X ist nach der Papiergrenze 3 ha groß, gehört materiell richtig zum Gutsbestand der Einlagezahl 2 und ist nach den materiell richtigen Naturgrenzen nur 1 ha groß; in diesem Fall kann der gutgläubige Erwerber das Grundstückes X nach der derzeitigen Praxis 1 ha desselben behalten, während er 2 ha herausgeben muß.

e) Wären die Papiergrenzen maßgebend, so müßte in der Praxis des Liegenschaftsverkehrs in einzelnen Fällen überprüft werden, ob die Naturgrenzen den Papiergrenzen entsprechen. Dies stellt zwar eine Erschwernis gegenüber dem gegenwärtigen Zustand dar, die jedoch von den geschilderten Vorteilen mehr als aufgewogen wird, weil in der Praxis des Liegenschaftsverkehrs der genauen Kenntnis der Größe eines Grundstückes viel häufiger entscheidende Bedeutung zukommt als der genauen Kenntnis der Lage von Grenzpunkten in der Natur.

Der Vertrauensgrundsatz des Grundbuchsrechts ist kein in einer gesetzlichen Bestimmung ausdrücklich verankerter Rechtssatz, sondern ein Prinzip, das die Praxis und die Rechtswissenschaft aus mehreren gesetzlichen Bestimmungen abgeleitet haben. Die neue Bestimmung paßt deshalb zu keiner Einzelbestimmung des Sachenrechtes. Sie wurde daher in einen eigenen Abschnitt des Entwurfes aufgenommen."

4. Vor diesem rechtlichen Hintergrund sind die Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 VermessungsG im Prüfungsbeschluss wie folgt dargelegt:

"Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass die Festlegung einer Grenze im Grenzkataster ungeachtet des Umstandes, dass die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster grundstücksweise vorzunehmen ist (§15 Abs 1) ihrem Wesen nach für beide aneinander grenzenden Grundstücke diese Grenze verbindlich nachweist (§8 Z 1), sodass die vorgesehenen Wirkungen in Bezug auf diese Grenze auch im Verhältnis zu den benachbarten Eigentümern eintritt (wofür auch die Notwendigkeit der Mitwirkung der Nachbarn im Verfahren spricht). Er geht ferner davon aus, dass nach der Umwandlung des Grundsteuerkatasters in den Grenzkataster die in diesem enthaltenen Grenzen verbindlich sind (§8 Z 1) und der Erwerb eines Grundstücks 'im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen' von diesem Zeitpunkt an in Betracht kommt (§49), solange nicht die Einleitung eines Verfahrens nach § 13 Abs 1 dem Grenzkataster angemerkt ist. Dabei nimmt der Gerichtshof vorläufig an, dass jener Satz des Allgemeinen Teils der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, nach welcher der Vertrauensgrundsatz nur solchen Angaben des Katasters zukommen kann, die sowohl in rechtlicher als auch technisch einwandfreier Art und Weise aufgenommen sind, nur die Begründung für die eingehende Regelung der Neuanlegung (Umsetzung) darstellt, nicht aber etwa dahin zu verstehen ist, dass bloß das Vertrauen auf die Grundlagen des Grenzkatasters geschützt ist (sodass diese Grundlagen jederzeit durch Berichtigung des Katasters zur Geltung gebracht werden könnten). Schließlich geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass das Berichtigungsverfahren nach § 13 sich wesentlich vom Richtigstellungsverfahren nach den §§28ff unterscheidet: Geht es bei der Neuanlegung um den tatsächlichen Grenzverlauf und damit um die Richtigkeit der Grundlagen selbst, hat § 13 wohl nur den Fall vor Augen, dass der Grenzkataster mit seiner Grundlage nicht im Einklang steht (oder seit der Novelle auch: die der Einverleibung zugrunde liegende Urkunde - die diese Grundlage offenbar verändert - fehlerhaft ist). Anscheinend handelt es sich daher um Fehler im Vermessungswesen selbst, die von der Vermessungsbehörde mit ihren Mitteln beseitigt werden können. Der Verfassungsgerichtshof teilt daher vorläufig auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (im Erkenntnis Zl. 91/06/0033 vom ), dass im Berichtigungsverfahren eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg nach Art des § 25 Abs 2 nach § 13 nicht vorgesehen ist und dem Gesetz auch im Wege der Analogie nicht entnommen werden kann.

Der Verfassungsgerichtshof hat aber das Bedenken, dass die zivilrechtliche Frage des Erwerbes im Vertrauen auf den Grenzkataster nicht von der Vermessungsbehörde mit ihren Mitteln zu lösen ist. Wenn sich die Eigentümer der benachbarten Grundstücke im Berichtigungsverfahren nicht einig sind, dürfte eine Berichtigung nicht mehr in Frage kommen, sobald ein Erwerb im Vertrauen auf den Grenzkataster stattgefunden haben könnte. Hat er nämlich stattgefunden, so ist er wohl in den vom Grenzkataster - wenngleich falsch - ausgewiesenen Grenzen erfolgt und hat anscheinend die Rechtslage mit dem Kataster in Einklang gebracht, was eine Berichtigung ausschließt. Nur wenn feststeht, dass der Erwerb gar nicht in den Katastergrenzen stattfinden sollte oder deren Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt war (oder bekannt sein musste), dürfte ohne Verletzung des § 49 und des danach eingetretenen Eigentumserwerbs eine Berichtigung nach § 13 möglich sein.

Das Schweigen des § 13 zum Problem der Berichtigung trotz möglichen Gutglaubenserwerbs scheint auch nicht dadurch unbedenklich zu werden, dass es dem Erwerber freistünde, dem berichtigten Grenzkataster entgegen im Zivilrechtsweg wieder den für ihn maßgeblichen Katasterstand zu erkämpfen (so etwa, dass die Vermessungsbehörde diese Frage nur als Vorfrage beurteilen würde, während sie [anschließend] als Hauptfrage an die Gerichte heranzutragen wäre). Die Vornahme der Berichtigung trotz des möglichen Gutglaubenserwerbs würde dann nämlich in anscheinend unsachlicher Weise die Beweislast verkehren; ist doch nach § 328 Satz 2 ABGB Redlichkeit zu vermuten (und ist vorläufig kein Grund erkennbar, warum das beim Erwerb im Vertrauen auf den Grenzkataster anders sein soll).

Durch § 49 Vermessungsgesetz hat der Gesetzgeber daher anscheinend eine Rechtslage geschaffen, die eine Katasterberichtigung allein aus vermessungsrechtlichen Gründen ausschließt.

Der Verfassungsgerichtshof kann aber vorläufig auch nicht annehmen, dass der Gesetzgeber mit der Entscheidung über das Vorliegen eines Erwerbes im Vertrauen auf den Grenzkataster ausnahmsweise die Vermessungsbehörde betraut hätte. Die dabei zu lösenden Fragen haben offenbar keinen vermessungsrechtlichen Bezug und es wäre dem Gerichtshof vorläufig kein Grund ersichtlich, warum sie vor diese Behörde gehören sollten. Die im vorliegenden Fall von den Behörden angestellten Erörterungen zeigen, dass es dabei um Fragen der Auslegung und des rechtsgeschäftlichen Handelns geht. Als rein zivilrechtliche Angelegenheit müssten solche Fragen außerdem Tribunale im Sinne des Art 6 EMRK entscheiden. Dabei geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass schon die - von den Behörden ohne einleuchtende Gründe verneinte - Frage, ob der Erwerb von jenem Eigentümer, der dem Umwandlungsverfahren beigezogen war, überhaupt § 49 unterfällt, eine zivilrechtliche Frage ist.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken gehen also - zusammengefasst - dahin, dass es unsachlich ist und dem Gleichheitssatz widerspricht, wenn das Gesetz nicht für den Fall vorsorgt, dass zwischen dem Inkrafttreten des Grenzkatasters und der Einleitung eines Berichtigungsverfahrens möglicherweise ein Erwerb im Vertrauen auf den Grenzkataster stattgefunden hat, näherhin, dass es für diesen Fall den Berichtigungswerber nicht auf den Rechtsweg verweist, ja überhaupt die Folgen eines Erwerbes nach § 49 für das Vermessungsrecht nicht behandelt. Für den Fall, dass es die Behörde mit der Entscheidung dieser zivilrechtlichen Angelegenheiten betraut haben sollte, besteht das Bedenken, dass dies gegen Art 6 EMRK verstößt."

Zum Prüfungsumfang führt der Beschluss noch aus:

"Die Bedenken treffen nur die ersten drei Absätze des § 13, die ihrerseits eine untrennbare Einheit zu bilden scheinen; die Absätze 4 und 5 regeln ausdrücklich eine andere Angelegenheit und werden durch eine allfällige Aufhebung der vorausgehenden Absätze auch nicht verändert; sie sind folglich nicht mit in Prüfung zu ziehen."

Die Bundesregierung äußert Zweifel an den Prozessvoraussetzungen, verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle und beantragt für den Fall ihrer Aufhebung die Setzung einer Frist von achtzehn Monaten.

Der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens tritt den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs bei.

III. Das Verfahren ist zulässig. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs sind auch begründet.

1. Nach einem Überblick über die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Fragen der Normenprüfung zu den Prozessvoraussetzungen führt die Bundesregierung Folgendes aus:

"Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vom u.a. ausführt, sind nach Umwandlung des Grundsteuerkatasters in den Grenzkataster die in diesem enthaltenen Grenzen verbindlich (§8 Z 1 ..., ...) und kommt der Erwerb eines Grundstücks 'im Vertrauen auf die im Grenzkataster enthaltenen Grenzen' von diesem Zeitpunkt an in Betracht (§49 leg. cit.), so lange nicht die Einleitung eines Verfahrens nach § 13 VermG im Grenzkataster angemerkt ist. § 13 leg. cit. ermöglicht es, die Berichtigung des Grenzkatasters von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers mit Bescheid zu verfügen, wenn es sich ergibt, 'daß die Neuanlegung des Grenzkatasters oder eine in diesem enthaltene Einverleibung oder Anmerkung mit ihrer Grundlage nicht im Einklang steht oder fehlerhaft ist'. Die nach § 13 zu berichtigenden Fehler betreffen daher - lediglich - Fehler im Vermessungswesen selbst, sodass sie die Vermessungsbehörde beseitigen kann; eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg sieht das VermG nicht vor. Das Berichtigungsverfahren nach § 13 unterscheidet sich daher wesentlich vom Richtigstellungsverfahren nach §§28ff VermG, das den §§35ff des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1930 idgF, nachgebildet ist und sich ausschließlich auf die allgemeine Neuanlegung des Grenzkatasters bezieht.

Die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gehen nun zusammengefasst dahin, dass es unsachlich sei, 'wenn das Gesetz nicht für den Fall vorsorgt, dass zwischen dem Inkrafttreten des Grenzkatasters und der Einleitung eines Berichtigungsverfahrens [nach § 13 des Vermessungsgesetzes] möglicherweise ein Erwerb im Vertrauen auf den Kataster stattgefunden hat, näherhin, dass es für diesen Fall den Berichtigungswerber nicht auf den Rechtsweg verweist, ja überhaupt die Folgen eines Erwerbs nach § 49 für das Vermessungsrecht nicht behandelt. Für den Fall, dass es die Behörde mit der Entscheidung dieser zivilrechtlichen Angelegenheiten betraut haben sollte, besteht das Bedenken, dass dies gegen Art 6 EMRK verstößt'.

Diese Bedenken betreffen also nicht nur die Auslegung des § 13 VermG für sich genommen, sondern auch die Auslegung des § 13 iVm.

§49 des VermG, aber auch das Verhältnis dieser beiden Bestimmungen zueinander. Beide Bestimmungen bilden eine normative Einheit im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses (vgl. dazu Spielbüchler, '... anzuwenden hätte, ...' - Über den Gegenstand von Normenprüfungsverfahren, FS Adamovich, 2002, 743 [747ff]), die nicht mit dem Sitz einer angenommenen Verfassungswidrigkeit gleichzusetzen ist. Diese Annahme wird durch § 13 Abs 2 VermG gestützt, der an die Anmerkung eines Berichtigungsverfahrens im Grenzkataster ausdrücklich die Folge knüpft, dass 'der Schutz des guten Glaubens nach § 49 ausgeschlossen ist'. Im Falle einer Aufhebung des § 13 VermG käme § 49 VermG insoweit ein veränderter Inhalt zu, als dann der Grenzkataster keinerlei Berichtigung mehr zugänglich wäre. An dieser Beurteilung vermag auch nichts zu ändern, dass § 49 Abschnitt IX ('Zivilrechtliche Bestimmungen') zugeordnet ist, während § 13 in Abschnitt II ('Der Grenzkataster', dh. in vermessungsrechtliche Bestimmungen) eingebettet ist.

Die beiden Bestimmungen dürften daher in einem im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes 'untrennbaren' Zusammenhang stehen (vgl. z.B. VfSlg. 16.848/2003, siehe auch ua).

Vor diesem Hintergrund dürfte der im vorliegenden Prüfungsbeschluss gewählte Prüfungsumfang zu eng gewählt und insoweit eine isolierte Prüfung des § 13 VermG nicht zulässig sein."

Diesem Einwand kann der Verfassungsgerichtshof nicht folgen. Zwar betrachtet er in seiner jüngeren Rechtsprechung tatsächlich Regel und Ausnahme als eine Einheit mit der Folge, dass eine Verfassungswidrigkeit der (als solche nicht anwendbaren) Ausnahme nicht zur Aufhebung der (anzuwendenden) Regel zwingt, sofern die Aufhebung der Ausnahme zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit der Gesamtregelung ausreicht (VfSlg. 14.805/1997, 16.223/2001). § 13 und § 49 VermessungsG regeln jedoch völlig unterschiedliche Fragen, stehen zueinander offensichtlich nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis und bilden auch sonst keine diesem Verhältnis entsprechende normative Einheit: Die Möglichkeit der Berichtigung des Grenzkatasters hat mit seiner Wirkung als Vertrauensgrundlage nichts zu tun, ist nicht eine Voraussetzung dieser Wirkung des Grenzkatasters und diese Wirkung nicht ihre Folge, kurz, jede der beiden Bestimmungen entfaltet ihre Wirkungen ohne die andere in gleicher Weise. Vielmehr ist es gerade der Umstand, dass diese beiden Bestimmungen (abgesehen von der Anmerkung des Verfahrens zum Zweck des Ausschlusses des Gutglaubensschutzes) in Bezug auf bereits eingetretene Wirkungen unverbunden nebeneinander stehen, § 13 nicht auf die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach § 49 VermG Bedacht nimmt und die Zulässigkeit einer Berichtigung des Grenzkatasters mit Ziel und Zweck des Vertrauensschutzes in Widerspruch gerät, der zu den Bedenken führt, dass für die Auflösung dieses Widerspruchs nicht gesorgt ist (die im Blickwinkel des Art 6 EMRK nur durch ein Gericht erfolgen kann).

Wohl hätte eine Aufhebung des § 13 zur Folge, dass "der Grenzkataster keinerlei Berichtigung mehr zugänglich wäre", es ist aber unerfindlich, inwiefern dadurch "§49 VermG insoweit ein veränderter Inhalt zu(käme)".

Die Prüfung des § 13 Abs 1 bis 3 VermG ist daher zulässig.

2. In der Sache hält die Bundesregierung die Auslegung des § 13 im Hinblick auf § 49 VermG nicht für zwingend und führt aus:

"Ziel des VermG ist es, gestützt auf die Genauigkeit moderner Vermessungstechnik einen umfassenden Vertrauensschutz zu schaffen. Die Angaben des Katasters sollen die Grundlage für die Bestimmung des Grenzverlaufs sein (Papiergrenzen), die Naturgrenzen nur noch insofern maßgebend sein, als sie innerhalb der Unsicherheit der Papiergrenze (Fehlergrenze) verläuft (siehe die Erläuternden Bemerkungen, Allgemeiner Teil, III., RV 508 BlgNR XI. GP). Die Anknüpfung an die Papiergrenzen soll ganz generell die Sicherheit des Rechtsverkehrs erhöhen (so die Erläuternden Bemerkungen, Besonderer Teil, zu § 49).

Das System des VermG ist seit seiner Erlassung im Jahr 1968 im Wesentlichen unverändert geblieben. Die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes stützen sich nun ganz maßgeblich auf die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art 6 Abs 1 EMRK entwickelte Rechtsprechung, die für Österreich insbesondere mit dem Urteil vom im Fall Ringeisen ihren Ausgang genommen hat. Wenn auch der österreichische Gesetzgeber ursprünglich die vom Verfassungsgerichtshof gewählte Auslegung intendiert haben mag (worauf die von der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren angeführte Literatur hinweist), so ist diese Auslegung heute, im Licht des Art 6 Abs 1 EMRK, nicht zwingend. Aus der Sicht der Bundesregierung steht der Wortlaut des § 13 Abs 1 bis 3 VermG vor dem Hintergrund des § 49 VermG einer verfassungskonformen Auslegung dahin nicht entgegen, dass § 49 VermG als Regel einem Erwerber den Schutz des Vertrauens auf die im Grenzkataster ausgewiesenen Grenzen gewährt, wenn und insoweit er die Unrichtigkeit des Grenzkatasters (der Papiergrenze) nicht kannte und auch bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht erkennen hätte können (bzw. wenn der Erwerb gar nicht in den Katastergrenzen hätte stattfinden sollen). Dieser Schutz besteht für die gemeinsame Grenze auch dann, wenn nur eines der betroffenen aneinandergrenzenden Grundstücke im Grenzkataster verzeichnet ist. Der ab Eintragung in den Grenzkataster bestehende Vertrauensschutz bewirkt, dass eine Berichtigung des Grenzkatasters nur mehr in zwei Fällen erfolgen darf: Einerseits bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein Eigentumserwerb an einem der beiden betroffenen, aneinander angrenzenden Grundstücke stattfindet. Nach einem Eigentumserwerb ist andererseits eine Berichtigung nach § 13 VermG nur mehr dann zulässig, wenn sich die Eigentümer der beiden betroffenen, aneinander angrenzenden Grundstücke über die Berichtigung einig sind. In diesen beiden Fällen sind nämlich keine zivilrechtlichen Fragen zu prüfen.

Anders als im Prüfungsbeschluss angenommen, schweigt § 13 VermG daher nicht zum Problem der Berichtigung trotz 'möglichen Gutglaubenserwerbs', sondern es lässt § 49 iVm. § 13 VermG in einem solchen Fall die Berichtigung - im Sinne der vom Gesetzgeber angestrebten größtmöglichen Sicherheit des Rechtsverkehrs - nur dann zu, wenn sich die Eigentümer der betroffenen angrenzenden Grundstücke einig sind. Dies ergibt sich aus § 13 Abs 2 leg. cit., der den Schutz des § 49 dann und so lange ausschließt, als eine Anmerkung über die Einleitung eines Berichtigungsverfahrens im Grenzkataster aufscheint. Abs 2 ordnet damit aber auch hinreichend deutlich an, dass eine Berichtigung nach Abs 1 nur in den Fällen zulässig ist, in denen der Vertrauensschutz des § 49 VermG nicht greift, schließt zugleich aber eine einvernehmliche Berichtigung im Sinne der (vom Gesetzgeber ebenfalls intendierten) größtmöglichen technischen Richtigkeit nicht aus. Diese Auslegung entzieht somit den vorläufigen Bedenken sowohl hinsichtlich des Gleichheitssatzes als auch Art 6 Abs 1 EMRK den Boden."

Die Bundesregierung sucht mithin die auch von ihr gesehene Verfassungswidrigkeit durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 13 zu vermeiden, indem sie das Berichtigungsverfahren abgesehen von einer Einigkeit der betroffenen Grundeigentümer nur insoweit für zulässig hält, als in keinem der betroffenen Grundstücke (gemeint offenbar: seit der Umwandlung in den Grenzkataster) ein Eigentumserwerb stattgefunden hat.

Für eine derart einschneidende Einschränkung des Berichtigungsverfahrens enthält das Gesetz allerdings keinen Anhaltspunkt. Die Bundesregierung kann auch nicht dartun, was nach einem Erwerbsvorgang - worunter wohl nur eine Einzelrechtsnachfolge zu verstehen sein würde, weil der Erbe die Rechtsstellung des Erblasser übernimmt - Rechtens sein soll. Dass eine Richtigstellung des Grenzkatasters nach einem abgeleiteten Erwerb überhaupt ausgeschlossen sein sollte, geriete gleichfalls mit § 49 in Widerspruch, der eine Berichtigung offenkundig nur für den Fall eines Gutglaubenserwerbes ausschließt. Es gäbe auch keinen vernünftigen Grund und wäre dem Gesetzgeber nicht zusinnbar, auch bei einem nicht im Vertrauen auf den Grenzkataster stattgefundenen Erwerb eine Richtigstellung auszuschließen. Also bliebe nur die Möglichkeit, den Berichtigungswerber an das Gericht (auf den Zivilrechtsweg) zu verweisen. Eine Zuständigkeit der Gerichte, den Grenzkataster zu berichtigen, ist aber - worauf auch der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens hinweist - nirgends vorgesehen; vielmehr beruft das VermessungsG zur Richtigstellung des Grenzkatasters ausschließlich die Vermessungsbehörde, geht es doch erkennbar davon aus, dass nur sie die Mittel hat, zB die Übereinstimmung des Grenzkatasters mit seiner Grundlage sicher zu stellen.

Es könnte im gegebenen System also nur daran gedacht werden, den Gerichten die Beantwortung der Frage zu überlassen, ob der Erwerbsvorgang, weil im Vertrauen auf den Grenzkataster erfolgt, eine Berichtigung (durch die Vermessungsbehörde) ausschließt oder mangels eines Erwerbes im Vertrauen erlaubt. Auch eine derartige Vorfragenbeantwortung für das Vorgehen der Vermessungsbehörde bedürfte aber (wie etwa früher der Erbrechtsstreit im Zuge eines Verlassenschaftsverfahrens) einer besonderen Regelung.

Schließlich wären die Zuständigkeit zwischen Vermessungsbehörde und Gericht erst im Einzelnen abzugrenzen. Es müsste geklärt werden, ob die Anrufung des Gerichtes voraussetzt, dass die Vermessungsbehörde vorher einen ihren Bereich zuzuordnenden Fehler festgestellt hat, der die Frage des gutgläubigen Erwerbes überhaupt aufwirft oder ob erst nach Klärung der Frage des Erwerbes im Vertrauen auf den Grenzkataster von der Behörde zu prüfen ist, ob dieser mit seinen Grundlagen nicht ohnedies übereinstimmt. Das dabei erforderliche Zusammenwirken von Gericht und Vermessungsbehörde (wie etwa das Verhältnis einer Anmerkung des Berichtigungsverfahrens zum gerichtlichen Verfahren) müsste dabei näher geregelt sein.

Eine Analogie zu der bei der allgemeinen Neuanlegung des Grenzkatasters vorgesehenen Verweisung auf den Zivilrechtsweg (§25 Abs 2) scheitert schon daran, dass es dort um die Feststellung des tatsächlichen Grenzverlaufes in der Natur geht, was keinesfalls in die Zuständigkeit der Vermessungsbehörden fällt, die ihre Tätigkeit vielmehr auf dieser Feststellung aufbauen. Demgegenüber handelt es sich beim Berichtigungsverfahren, das der solcherart fundierten allgemeinen Neuanlegung (oder einer teilweisen Neuanlegung auf Grundlage der Übereinstimmung der Beteiligten) nachfolgt, bloß um die vermessungstechnischen Vorgänge und Ergebnisse (wobei der Verfassungsgerichtshof übrigens davon ausgeht, dass auch der mit der Novelle 1975 eingefügte weitere Berichtigungsgrund der schlichten "Fehlerhaftigkeit" der Eintragung im Sinne der Erläuterungen zur Regierungsvorlage nur einen technischen Fehler in der die Grundlage der Eintragung bildenden Urkunde erfasst und nicht etwa - wie die Erörterungen im Anlassverfahren den Eindruck erwecken - auch Fragen der Auslegung von Parteierklärungen und die Prüfung von Willensmängeln). Die durch § 49 VermessungsG aufgeworfenen Fragen sind folglich mit den nach § 25 Abs 2 zu bereinigenden Streitigkeiten in ihrer Wirkung auf die Einrichtung des Grenzkatasters nicht zu vergleichen. Es fehlen daher auch die für eine solche Verweisung erforderlichen näheren Regelungen. Der Gerichtshof bleibt daher insoweit bei der schon im Prüfungsbeschluss unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vertretenen Auffassung, dass eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg nicht vorgesehen ist.

Insgesamt steht der von der Bundesregierung vorgeschlagenen verfassungskonformen Auslegung des § 13 VermessungsG nicht nur der Wortlaut und das System des VermessungsG, sondern auch der Umstand entgegen, dass sie eine Reihe von unbeantworteten Fragen aufwerfen würde, die zu lösen dem Gesetzgeber obläge. Indem das Gesetz den möglichen Wertungswiderspruch zwischen § 13 und § 49 VermessungsG nicht löst, trifft es im Ergebnis eine unsachliche und der Garantie eines gerichtlichen Verfahrens nach Art 6 EMRK zuwiderlaufende Regelung.

§ 13 Abs 1 bis 3 VermessungsG ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Da ohne die aufgehobene Vorschrift die Wirkung des § 49 bei Auftreten von Fehlern nicht durch Anmerkung im Sinne des § 13 Abs 2 beseitigt werden kann, ist die verfassungswidrige Rechtslage bis zum Inkrafttreten einer verfassungsmäßigen Neuregelung in Geltung zu belassen (Art140 Abs 5 B-VG). Eine Jahresfrist reicht dafür aber aus. Es wird Sache des Gesetzgebers sein, durch geeignete Übergangsvorschriften zu verhindern, dass in der Zwischenzeit allenfalls im Widerspruch zu Art 6 EMRK getroffene Entscheidungen wirksam bleiben.

Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).