VfGH vom 14.06.2005, g20/05

VfGH vom 14.06.2005, g20/05

Sammlungsnummer

17574

Leitsatz

Sachliche Rechtfertigung der Regelung des Konsumentenschutzgesetzes über die Verpflichtung zur Einhaltung von Gewinnzusagen; stärkere Verbindlichkeit aufgrund notorischer Missbrauchsmöglichkeiten gerechtfertigt; keine Strafe oder Schadenersatzregelung; öffentliches Interesse gegeben

Spruch

Der Antrag der P GmbH i.L. wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das Bundesgesetz, mit dem unter anderem Bestimmungen über den Vertragsabschluss im Fernabsatz in das Konsumentenschutzgesetz (im Folgenden: KSchG) eingefügt wurden (Fernabsatz-Gesetz), BGBl. I Nr. 185/1999, setzte in diesem Gesetz mit folgende Bestimmung in Geltung (ArtI Z 2 und 8):

"§5j. Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, daß der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, haben dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich eingefordert werden."

Die Regierungsvorlage, 1998 BlgNR 20. GP, führt dazu unter Pkt. 4 der Allgemeinen Erläuterungen - worin unter lita) dargelegt wird, dass ein Schwerpunkt des Entwurfs in der Umsetzung der Vorgaben der Fernabsatz-Richtlinie liege, während litc) als weiteren Eckpfeiler des Entwurfes die Umsetzung der Vorgaben der Unterlassungsklagen-Richtlinie nennt - Folgendes aus (S. 12 Hervorhebung im Original):

"b) Seit einigen Jahren gelangen gerade im Versandhandel Vertriebs- und Marketingpraktiken zum Einsatz, die aus wettbewerbs- und verbraucherschutzpolitischer Sicht höchst problematisch sind. Manche Anbieter arbeiten mit 'Gewinnspielen', bei denen die Kunden persönlich adressierte Zusendungen mit unterschiedlichen 'Gewinnversprechungen' erhalten. Meist ergibt sich erst aus dem 'Kleingedruckten' oder gar erst auf Nachfrage, daß es mit dem 'Gewinn' nicht weit her ist. Solche Praktiken führen zu Wettbewerbsverzerrungen und lösen bei den Adressaten nicht nur Ärger und Unmut, sondern vielfach auch irreführende Erwartungen und Vorstellungen aus. Trotz verschiedener Klagen und Urteile ist es den Verbraucherschutzorganisationen bislang nicht gelungen, diesen Mißständen mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts allein nachhaltig zu begegnen.

Der Begutachtungsentwurf hat vorgeschlagen, solche Gewinnspiele unter Verwaltungsstrafe zu stellen. Die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen haben allerdings gezeigt, daß auch die Mittel des Verwaltungsstrafrechts nicht ausreichen dürften, um dieser Übelstände Herr zu werden. In verschiedenen Stellungnahmen ist daher angeregt worden, zivilrechtliche Instrumente nutzbar zu machen und den Adressaten solcher 'Gewinnspiele' zivilrechtliche Ansprüche einzuräumen. Nach der geltenden Rechtslage stehen einem Anspruch auf Auszahlung des zugesagten Gewinns nämlich die allgemeinen Regeln des Zivilrechts, vor allem die §§1271 f ABGB über die Unklagbarkeit von Wette und Spiel, entgegen. Diesen Anregungen folgt der vorliegende Entwurf mit der Bestimmung des § 5j KSchG."

II. Mit dem vorliegenden Antrag (fälschlich "Beschwerde") nach Art 140 B-VG beantragen drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Aufhebung des § 5j KSchG wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Grundsätze "in dubio pro reo" und "nulla poena sine lege" sowie die Kompetenzaufteilung zwischen Straf- und Zivilgerichten, Eigentumsverletzung, Gleichheitswidrigkeit und fehlender Bestimmtheit.

1. Gegenstand ihrer Unternehmen sei unter anderem die Veranstaltung von Gewinnspielen. Diese Gewinnspiele dienten der Förderung der Beliebtheit des jeweiligen Unternehmens und damit dessen Warenabsatz. Dabei würden die jeweils verbindlich zugesagten Gewinne auch tatsächlich vergeben. Die Teilnahme daran sei bei den ersten beiden Gesellschaften von einer Bestellung (bei ihnen oder ihrem Auftraggeber) unabhängig. Sie hätten auch nicht die Absicht, Empfänger derartiger Werbeaussendungen zu täuschen und sie zu Leistungen zu verhalten, die ihnen schadeten. Werbeaussendungen und andere verkaufsfördernde Maßnahmen müssten aber so gestaltet sein, dass sie "einen Sinn" hätten, dass "also der Werbeeffekt und der verkaufsfördernde Effekt tatsächlich eintritt".

Nach einer Darstellung einer behauptetermaßen gleichartigen Radiosendung ("Mehrscheinchen") im Programm Ö 3, bei der auch "der 'Eindruck' erweckt" werde, jeder, der einen solchen Schein besitzt, habe bereits gewonnen, führen die antragstellenden Gesellschaften zur Begründung ihrer Antragslegitimation wörtlich Folgendes aus:

"[...] Auch die Antragsteller wollen weiterhin, wie andere Unternehmen, die nach dem Wortlaut des § 5j KschG nicht in dessen Anwendungsbereich einzubeziehen sind, Werbeaussendungen erstellen, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an von ihnen angeschriebene Verbraucher enthalten. Durch die Gestaltung dieser Zusendungen kann beim Empfänger durchaus der Eindruck erweckt werden - zumindest sind die Antragsteller bereit, mangels Klarstellung des Gegenteils - wie etwa auch bei gleichartigen Werbesendungen in Printmedien oder eben, wie oben dargestellt, im Österreichischen Rundfunk, in Kauf zu nehmen, dass die von ihnen angeschriebenen Personen 'glauben', sie hätten bereits einen bestimmten Preis gewonnen. Der mit der Werbeaussendung angekündigte Preis wird von den Antragstellern jeweils auch tatsächlich ausgespielt, diese Werbeaussendung begründet aber nicht zwangsläufig für jedermann, der diesen Brief erhält, einen Rechtsanspruch, auch wenn durch die Gestaltung dieser Zusendung scheinbar der Eindruck darauf erweckt werden mag. Die Erweckung dieses Eindruckes steht bei Gestaltung der Werbeaussendung zwar nicht im Vordergrund, doch sind die Antragsteller bereit - mangels Klarstellung des Gegenteils - diesen Eindruck in Kauf zu nehmen, weil dies anerkannten Grundsätzen in der Werbewirtschaft entspricht und die angesprochenen Verbraucher dadurch nicht geschädigt werden. Im Gegensatz nämlich zu gleichartigen Veranstaltungen in Printmedien, aber auch des Österreichischen Rundfunks, werden die von den Antragstellern angeschriebenen Personen nicht dazu veranlasst, bestimmte Produkte zu bestellen (zumeist enthalten die Werbeaussendung[en] nicht einmal ein Bestellformular) und sie müssen auch sonst keine Kosten auf sich nehmen (zB bei einer Mehrwertnummer anrufen), um ihre Teilnahmeberechtigung beim Gewinnspiel zu erhalten (wenn man von den Kosten einer Briefmarke absieht). Wenn sie daher durch die Gestaltung der Zusendung glauben, bereits gewonnen zu haben, bei genauer Durchsicht des Textes aber dann feststellen, noch nicht gewonnen zu haben, sondern nur an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können, erleiden sie dadurch keinen wirtschaftlichen Schaden, auch wenn sie enttäuscht sein mögen. Dadurch, dass in § 5j KschG derartige schriftliche 'Gewinnzusagen' oder damit vergleichbare Mitteilung[en] im Rahmen von Werbeaussendungen oder anderen verkaufsfördernden Maßnahmen mit der Sanktion bedroht sind, dass die Antragsteller an jede Person, an die sie diesen Brief richten, den Preis bezahlen müssen, den sie nur einmal ausspielen wollten, sind beide Antragsteller auch ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung von dieser Norm betroffen. Dies insbesondere deshalb, weil sie durch den unbestimmten und unklaren Gesetzesinhalt nicht wissen (können), wie sie sich richtig verhalten könnten und sollten, um die Sanktion (den Gewinn an jede Person zahlen zu müssen) zu vermeiden. Damit sind sie als Unternehmen in dieser Branche bei der Gestaltung dieser Aussendungen der völlig unangemessenen, sachlich in keiner Weise gerechtfertigten und damit verfassungswidrigen Sanktion (den Preis an jeden der die Werbeaussendung erhalten hat zahlen zu müssen) ausgesetzt und dadurch von der Norm unmittelbar betroffen. Schon die Drohung mit der verfassungswidrigen Sanktion führt zur unmittelbaren Betroffenheit, auch wenn ein Gerichtsverfahren noch nicht eingeleitet ist. Die Sanktion, dass die Antragsteller als Veranstalter derartiger Gewinnspiele Zahlungsverpflichtungen in unbestimmter Höhe (gegenüber jedermann, der eine derartige Briefsendung erhält) begründen, wirkt dabei unmittelbar, indem den Antragstellern eine Rechtspflicht auferlegt wird, die in deren Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingreift, ohne dass es hierfür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Ein verfassungskonform handelnder Unternehmer muss nämlich für derartige Risken nicht nur bilanzielle Rückstellungen bilden sondern auch wirtschaftlich Vorsorge treffen. Es ist praktisch keinem Unternehmen eine angemessene wirtschaftliche Vorsorge überhaupt zumutbar, ganz abgesehen davon, dass eine bilanzielle Vorsorge zwangsläufig zu einer buchmäßigen Überschuldung führen würde. All diese, sachlich nicht gerechtfertigten, überschießenden Folgen, die eine in § 5j KschG normierte Sanktion für ein, allerdings unbestimmt definiertes, angeblich verpöntes Verhalten betrifft, dass in unsachlicher Differenzierung auf Unternehmen im Versandhandel anwendbar ist und auf andere Unternehmer (wie zB den Österreichischen Rundfunk) nicht führt dazu, dass die Antragsteller von dieser Norm auch ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung betroffen sind. Die angefochtene Norm beeinträchtigt daher aktuell die Interessen aller Antragsteller ().

Der Erst- und der Zweitantragstellerin steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen das verfassungswidrige Gesetz zur Wehr zu setzen. Insbesondere ist gegen sie kein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig oder anhängig gewesen, das Gelegenheit zur Anregung eines Antrages auf Prüfung bieten würde oder geboten hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH ist es auch nicht zumutbar, einen solchen Prozeß zu provozieren und z.B. durch Veranstaltung eines Gewinnspieles diese Rechtsfrage zu lösen (VfSlG 13.725) [...]."

Die antragstellende Unterhaltungsspiele GmbH hatte zu G52/04 bereits einen gleichartigen Antrag gestellt, der jedoch vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil sie nicht behauptet habe, dass sie durch die Gestaltung der Gewinnzusagen den Eindruck erwecken oder auch nur - mangels Klarstellung des Gegenteils - in Kauf nehmen wolle, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe (ohne dass er darauf einen Anspruch hätte). Darauf nehmen nicht nur - der Sache nach - die vorstehend wiedergegebenen, sondern - ausdrücklich - auch die nachfolgenden Ausführungen des vorliegenden Antrags Bezug:

"Die Drittantragstellerin ist in einer Vielzahl von Gerichtsverfahren wegen derartiger Werbeaussendungen geklagt worden. Eine große Anzahl von Gerichtsverfahren ist bereits abgeschlossen, eine Reihe von Gerichtsverfahren befinden sich im Rechtsmittelverfahren. Etliche Verfahren wurden durch Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes oder durch Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Beschwerdeverfahren G52/04 unterbrochen. Diese Verfahren werden nunmehr fortgesetzt werden, ohne dass die Frage der Verfassungskonformität der anzuwendenden Rechtsnorm geklärt ist. In diesen Verfahren wird die Drittantragstellerin neuerlich, auch unter Vorlage dieser Beschwerde, anregen, dass der Oberste Gerichtshof beim Verfassungsgerichtshof beantragt, § 5j KschG zu prüfen und als verfassungswidrig aufzuheben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat aber eine Prozesspartei kein Antragsrecht, bei Gericht die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zu beantragen, derartige Anträge werden daher nach ständiger Rechtsprechung als gesetzlich nicht vorgesehen zurückgewiesen, die Zivilgerichte behandeln Anträge als 'Anregungen'. Verfahrensparteien, so auch die Drittantragstellerin, haben demnach keinen Rechtsanspruch darauf, dass sich das Zivilgericht mit den von ihnen in den Gerichtsverfahren dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken vollständig auseinandersetzt. Dazu kommt noch, dass Gegenstand der Gerichtsverfahren gegen die Drittantragstellerin unterschiedliche Werbeaussendungen sind, die jeweils mehreren tausenden Verbrauchern zugestellt wurden. Wenn die Gerichte zur Erkenntnis gelangen, dass unter Anwendung der verfassungswidrigen Norm des § 5j KschG ein Anspruch dieses Verbrauchers als Kläger besteht, muss die Drittantragstellerin damit rechnen, dass viele tausende (andere) Verbraucher, die diese Werbeaussendungen auch erhalten haben, solche Ansprüche geltend machen werden, die allerdings noch nicht gerichtsanhängig sind. Diverse mit diesen Forderungsbetreibungen ständige befasste Prozessfinanzierer, Rechtsanwälte und andere Organisationen geben diese Informationen weiter. Dadurch ist die Drittantragstellerin von dieser Norm unmittelbar auch deshalb betroffen, weil sie von Ansprüchen vieler tausender Briefempfänger, zumindest theoretisch, ebenfalls betroffen ist, ohne dass diese Ansprüche bereits bei Gericht erhoben wurden. Damit ist die Drittantragstellerin nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch berechtigt, trotz anhängiger Zivilgerichtsverfahren, diesen Individualantrag zu stellen, weil besondere außergewöhnliche Umstände vorliegen (VfSlg 14.752/1997, 14.867/1997, 15.118/1998, 15.147/1999, 16.138/2001). Da der Drittantragstellerin keine faktische Möglichkeit offen steht, einen (anderen) 'zumutbaren Umweg' zum VfGH einzuschlagen, liegen genau diese besonderen, außergewöhnlichen Umstände vor, ansonsten der Drittantragstellerin jeglicher verfassungsrechtliche Rechtsschutz versagt wäre."

2. Die antragstellenden Gesellschaften räumen ein, dass zum Schutz der Konsumenten eine Beschränkung bei Gewinnspielen im öffentlichen Interesse gelegen sein kann. Die bekämpfte Regelung sei dem angestrebten Ziel aber nicht adäquat und sachlich nicht gerechtfertigt, weil sie zur Folge habe, (Hervorhebung im Original):

"dass ein missverständlich gehaltenes oder bloß missverständlich 'empfundenes' Schreiben ohne Bestand eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Veranstalter des Gewinnspieles und dem Empfänger der Briefsendung im Regelfall den wirtschaftlichen Ruin des Veranstalters des Gewinnspieles zur Folge hat, weil jeder der Briefempfänger (und nicht bloß ein 'Gewinner') Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes hat. Besondere Verjährungsbestimmungen, die etwa dadurch einen Ausgleich schaffen könnten, dass die Haftung des Unternehmers auf einen kurzen Zeitraum nach Zugang des Schreibens beim Briefempfänger eingegrenzt wird, fehlen."

Unter Bezugnahme auf einen Satz aus der Begründung einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (7 Ob 106/03v), wonach genüge, dass ein Empfänger, der "keinen sicheren Eindruck hat, bereits gewonnen zu haben, aufgrund der Gestaltung der Zusendung es zumindest ernstlich für möglich halten durfte, einen Preis bereits verbindlich zugesagt bekommen zu haben", rügt der Antrag, es werde

"eine Zahlungsverpflichtung schon dann angenommen, wenn es dem Veranstalter [...] nicht gelingt, seine Aussendung deutlich genug zu formulieren."

Die "Strafe" für eine "missverständliche" Werbeaussendung - wofür es nach der "durch den Wortlaut des Gesetzes nicht gedeckten Auslegung des OGH" schon genüge, wenn sie (nicht tatsächlich missverständlich sei, sondern) als missverständlich "empfunden" werde - sei inadäquat, weil der Preis auch dann an alle Empfänger gezahlt werden müsse, wenn bei genauer Betrachtung und Lesen der Zusendung vom Anfang bis zum Ende klar werde, dass sie eine Mitteilung einer Gewinnchance enthalte und nicht die Mitteilung eines bereits erzielten Gewinns (auch wenn keinerlei Schaden - etwa durch Auslösung einer "Warenbestellung" eingetreten sei). Das führe zwangsläufig zum wirtschaftlichen Ruin des einladenden Unternehmens, der nicht im öffentlichen Interesse liege und unverhältnismäßig sei, folglich einen unzulässigen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit und das Eigentumsrecht darstelle.

Da kein nach Art 10 Abs 2 EMRK den Eingriff rechtfertigendes Interesse einer demokratischen Gesellschaft erkennbar sei und die wirtschaftliche Vernichtung des Unternehmens keinesfalls notwendig, stehe der angefochtenen Bestimmung auch das Recht auf freie Meinungsäußerung entgegen.

Den Gleichheitssatz sehen die antragstellenden Gesellschaften durch folgende - als unsachlich beurteilte - Unterscheidungen verletzt: Zwischen Unternehmern, denen eine eindeutige Einladung gelinge und solchen, denen sie misslinge; zwischen Unternehmern, die Mitteilungen an Verbraucher senden und solchen, die sie anders verlautbaren (wie Zeitschriftenherausgeber und der Rundfunk); nicht hingegen unterscheide das Gesetz zwischen Gewinnspielen, die mit einem Vertrag oder Vertragsschluss im Zusammenhang stehen und solchen, die ohne solchen veranstaltet werden. Die Höhe der Sanktion hänge nur von der Höhe des ausgespielten Gewinnes und der Zahl der erreichten Adressaten ab. Die "Verpflichtung zum unmissverständlichen Gesamteindruck" (dass es keine Gewinnzusage sei) werde schuldunabhängig "mit astronomischen Strafen pönalisiert".

Der Antrag bezieht sich hiezu auf folgende Stelle im Besonderen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage (aaO S. 30, Hervorhebung im Original):

"Der Begutachtungsentwurf hat vorgeschlagen, diese Zusendungen und die häufigsten Formen von unlauteren Gewinnspielen verwaltungsstrafrechtlich (im Rahmen eines § 28a UWG 1984) zu ahnden. Die im Begutachtungsverfahren eingelangten Stellungnahmen haben aber gezeigt, daß diesen Mißbräuchen mit den Mitteln des Verwaltungsstrafrechts nicht effektiv begegnet werden kann. Einerseits steht zu befürchten, daß die betreffenden Unternehmer die über sie verhängten Verwaltungsstrafen ohne größere wirtschaftliche Einbußen zahlen können, zumal sie solche 'Kosten' schon in ihre Preisgestaltung einbeziehen und letztlich wieder auf die Verbraucher abwälzen. Andererseits eröffnet die aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderliche Abgrenzung der Verwaltungsstraftatbestände die Möglichkeit, das gesetzliche Verbot durch eine entsprechende Gestaltung der Zusendung zu umgehen. Letztlich wäre also mit einer solchen Lösung nicht viel gewonnen."

Diese Argumentation würde für viele Bereiche des Wirtschaftslebens gelten. Auch Verstöße gegen Preisauszeichnungsvorschriften würden nicht mit dem Anspruch auf unentgeltliche Leistung geahndet. Strafen für Verstöße gegen Kennzeichnungspflichten oder Umweltschutzvorschriften könnten betroffene Unternehmen ohne größere wirtschaftliche Einbußen zahlen.

Der Gesetzgeber habe die Konsequenzen nicht bedacht:

"In der Praxis kaufen Prozesskostenfinanzierer die Ansprüche von Konsumenten gemäß § 5j KSchG und haben aus der Einklagung derartiger Zusagen ein florierendes Geschäft gemacht. Ein neuer, auf Einklagung derartiger Ansprüche spezialisierter Zweig der Anwaltei hat sich herausgebildet. Adressaten mit 'verdichtetem Rechtsbewusstsein' verlegen sich beruflich darauf, Einladungen zur Teilnahme an Gewinnspielen zu sammeln und insgesamt exorbitante Beträge zu fordern, denen nicht der geringste Schaden oder wirtschaftliche Minuswert auf Seiten des Adressaten gegenübersteht. Exemplarisch hervorgehoben sei diesbezüglich, dass ein Herr R G, der gegenüber der Drittantragstellerin Forderungen aus 31 verschiedenen Einladungen an Gewinnspielen im Betrag von € 1,910.000,-- geltend macht."

Unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (insb. VfSlg. 12.151/1989 zum Wiener Vergnügungssteuergesetz) behaupten die antragstellenden Gesellschaften ein exzessives Missverhältnis zwischen Verstoß und Sanktion und meinen:

"Diese Strafe dient keinesfalls dem Interessenausgleich zwischen dem Unternehmer und dem Empfänger der Werbesendung. Der Empfänger einer derartigen Zusendung kann darüber verärgert sein, dass eine Zusendung eine Gewinnzusage auf den ersten Blick vermittelt, bei genauer Betrachtung aber bloß die Mitteilung einer Gewinnchance enthält (siehe dazu das Urteil des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 106/03v), der Empfänger dieses Schreibens hat aber ansonsten keinen 'Schaden' zu tragen, der ihm vom Unternehmer (allenfalls in pauschalierter Form in Höhe des Gewinnes) ersetzt werden muss. Selbst wenn der Empfänger der Gewinnzusage aufgefordert wird, eine Mehrwertnummer anzurufen (und er daher mehr investiert, als bloß eine Briefmarke für die Gewinnanforderung), um den Gewinn telefonisch anzufordern, steht die Strafe des Unternehmers (dass nämlich alle Empfänger derartiger Werbesendungen einen klagbaren Anspruch auf den Gewinn haben) in keiner sachlichen Relation zu dem 'Schaden', der durch die Zustellung der Gewinnaussendung verursacht werden mag. Außerdem steht dem Aufwand in allen Fällen bereits ein werthaltiges Element, nämlich die Gewinnchance, gegenüber.

Ist ein Verhältnis von 1:30 aber im Strafrecht, das ja bestrafen soll, unzulässig, dann muss dies noch vielmehr für ein Verhältnis von 1:50.000 im Zivilrecht gelten, das dem gerechten Interessenausgleich dient.

Besonders krass zeigt sich das Missverhältnis der gesetzlichen Sanktionen auch an folgendem Vergleich: Wie bereits geschildert ist eine Gewinnspielsumme von EUR 100.000,-- durchaus üblich. Nach ständiger Judikatur der meisten Oberlandesgerichte wird für einen Tag starke Schmerzen Schmerzengeld in Höhe von EUR 300,-- zugesprochen. Das OLG Graz spricht darüber hinaus für qualvolle Schmerzen EUR 400,- pro Tag zu.

§ 5j KSchG bewertet nun einen einzigen Augenblick der Ungemach oder des Ärgers gleich wie knapp ein Jahr starke Schmerzen oder gut acht Monate qualvolle Schmerzen. Dies entspricht nicht dem verfassungsgesetzlichen Gleichheitsgebot. Darüber hinaus ist nicht einzusehen, warum Gewinnzusagen und vergleichbare Mitteilungen im Versandhandel und von Werbeunternehmen mit dieser krassen zivilrechtlichen Strafe bedroht werden, völlig gleichartige Werbemittel anderer Unternehmer (zB vergleichbare) Werbungen von Tages- oder Wochenzeitungen oder des Österreichischen Rundfunks, bei denen Gewinnspiele veranstaltet werden und jeder Zeitungskäufer oder bestimmte Radiohö[r]er, die nur über Banknoten mit bestimmten Seriennummer[n] verfügen glauben, einen Preis gewonnen zu haben, tatsächlich haben sie dies aber nicht), unterschiedlich behandelt werden. Eine sachliche Begründung dafür, warum die Sanktion auf 'Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden ...' eingeschränkt ist und andere Unternehmer, die diesen Eindruck erwecken, nicht gleichermaßen bestraft werden, ist nicht erkennbar. Diese Differenzierung ist unsachlich und nicht begründbar.

§ 5j KSchG verstößt daher auch gegen das den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot."

Schließlich vermissen die antragstellenden Gesellschaften gesetzliche Kriterien, an denen der "Eindruck", den die Zusendung erweckt, zu messen sei:

"Andernfalls bleibt es geradezu der Willkür des Rechtsanwenders überlassen, zu behaupten, die Briefsendung erwecke den Eindruck einer Gewinnmitteilung. Diese Behauptung ist das Ergebnis eines praktisch nicht nachprüfbaren subjektiven Eindruckes vom Inhalt eines Schreiben[s], das nicht genau gelesen wurde (und nach der gesetzlichen Bestimmung und der Rechtsprechung dazu auch nicht gelesen werden muss) und ist daher auch einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichte kaum zugänglich. Wegen des unbestimmten Gesetzesbegriffes ist die Textierung eines Preisausschreibens für jeden Veranstalter eine Gratwanderung, bei der beurteilt werden muss, welche Formulierung (weil sie ja schließlich nicht genau gelesen und verstanden werden muss) bei oberflächlichem Lesen den 'Eindruck' einer Gewinnmitteilung hinterlassen und damit eine Haftung des Unternehmers nach § 5j KSchG gegenüber jedem, der diesen Brief enthält, zur Folge haben könnte."

Es sei auch nicht vorhersehbar, was eine der Gewinnzusage "vergleichbare andere Mitteilung" sein solle. Das Gesetz überlasse es der Praxis, im Einzelfall zu entscheiden, ob ein erweckter "Eindruck" maßgeblich sei oder es auf den konkreten Inhalt der Zusendung ankomme (was der Antrag anhand der widersprechenden Urteile der (Unter-)Gerichte in zwei vom Obersten Gerichtshof 2003 zu 4 Ob 204/03h und 1 Ob 261/03v entschiedenen Fällen darzutun unternimmt). Dabei halten die antragstellenden Gesellschaften "in Anbetracht der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofs G52/04" ausdrücklich fest, dass - abgesehen davon - es eine sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung der Erwerbsfreiheit bedeute,

"Einladungen zur Teilnahme an Gewinnspielen nicht so formulieren zu dürfen, dass der Eindruck entsteht, der Empfänger des Schreibens habe bereits gewonnen, bei genauer Betrachtung des Briefes aber feststellen kann, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass er nur zur Teilnahme an der nächsten Runde des Gewinnspiels eingeladen wird."

Da nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur solche Zusendungen von der Regelung nicht erfasst werden, "die schon von vornherein keinen Zweifel offen lassen, dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss" - wie "zuletzt 7 Ob 249/03y" -, die in Rede stehende Bestimmung aber der Sache nach einen Straftatbestand bilde, verkehre sie die Unschuldsvermutung in ihr Gegenteil: die Sanktion werde "nicht nur im Zweifel verhängt ..., sondern ... nur dann nicht verhängt ..., wenn jeder Zweifel ausgeschlossen ist". Damit werde im Ergebnis Art 6 Abs 2 EMRK verletzt, während die Unbestimmtheit des Straftatbestandes Art 7 EMRK widerspreche. Derart schwerwiegende Strafen dürften auch nur durch Strafgerichte (insb. Geschworenengerichte) verhängt werden (Art90, 91, 92 B-VG).

III. Die Bundesregierung hält den Antrag für unzulässig.

Abgesehen davon, dass sich jedenfalls ein Teil der Bedenken wiederum nicht gegen die Norm, sondern gegen die Anwendung durch den Obersten Gerichtshof wende, schließe die Anhängigkeit eines gerichtlichen (oder verwaltungsbehördlichen) Verfahrens die unmittelbare Betroffenheit - abgesehen von außergewöhnlichen Umständen - wegen sonstiger Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes aus; auch das Beschreiten des Rechtswegs sei grundsätzlich zumutbar, verlöre doch sonst die im letzten Satz des Art 140 Abs 1 B-VG enthaltene Einschränkung ihren hauptsächlichen Anwendungsbereich: die bekämpfte Bestimmung greife nicht unmittelbar oder aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften ein, sie normiere bloß für den Fall, dass bestimmte Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen versendet würden, zivilrechtliche Rechtsfolgen. Die bloße Absicht einer solchen Versendung - die nicht verboten sei, sondern nur zivilrechtlichen Folgen nach sich ziehe, die erst durch die Entscheidung eines Gerichts wirksam würden - könne eine unmittelbare Betroffenheit nicht begründen. Gegen die dritte der antragstellenden Gesellschaften seien aber vollends schon Gerichtsverfahren anhängig und anhängig gewesen. Der Antrag sei daher zurückzuweisen.

Auch in der Sache tritt die Bundesregierung den Anträgen entgegen.

§ 5j KSchG sehe keine Strafe, ja nicht einmal eine schadenersatzrechtliche Sanktion für ein Fehlverhalten vor, sondern beurteile die Zusage als zivilrechtlichen Akt, der zur Auszahlung des im geschäftlichen Verkehr Zugesagten verpflichte (und nach überwiegender Auffassung - auch des Obersten Gerichtshofs oder des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom , Engler gegen Janus-Versand, sowie des deutschen Bundesgerichtshofs - ein vertraglicher Anspruch, allenfalls ein Anspruch aus einseitiger Verpflichtungserklärung nach Art der Auslobung sei). Die Regelung laufe letztlich darauf hinaus,

"dass der in § 1271 ABGB aus anderen Gründen vorgesehene Einwand der Unklagbarkeit von Wett- und Spielschulden für unseriöse (und zumindest wettbewerbsrechtswidrige) Gewinnzusagen beseitigt wird."

Nach der Rechtsprechung komme es

"wesentlich darauf an, dass der Unternehmer durch die Gestaltung seiner Zusendung den Eindruck eines Gewinns hervorgerufen hat. Zusendungen, bei denen im 'Kleingedruckten', an unauffälliger Stelle oder erst auf Nachfrage die Dinge klar gestellt werden und bei denen selbst ein Fachmann in die Irre geführt werden kann, sind klagbar (RdW 2002, 338). Bei der Auslegung derartiger Gewinnzusagen wird im Einklang mit den Erläuterungen zur RV 1998 (BlgNR 20. GP, 31) auf den Horizont eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers, also auf den verständigen Verbraucher, abgestellt. Der Oberste Gerichtshof lässt es dabei allerdings genügen, dass es der Konsument aufgrund einer unklaren, verwirrenden oder gar bewusst missverständlichen Gestaltung der Zusendung ernstlich für möglich halten darf, Gewinner zu sein. Nur solche Zusendungen nimmt er vom Anwendungsbereich der Bestimmung aus, bei denen von vornherein kein Zweifel offen bleibt, dass es sich um ein Preisausschreiben und nicht etwa um einen bereits gewonnen[en] Gewinn handelt (ecolex 2003, 412; ecolex 2004, 531). Bei einer mehrdeutigen Zusendung muss der Unternehmer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Dabei sind immer der Gesamtzusammenhang und der dadurch vermittelte Gesamteindruck maßgeblich. Es wird dabei einmal mehr auf das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers und -empfängers, nicht aber auf den Willen des Unternehmers abgestellt. Unklare Wendungen und Erklärungen werden zu dessen Nachteil ausgelegt (RdW 2002, 338). Der Verbraucher muss auch noch keine konkrete Vorstellung über die Höhe des Gewinns haben, es genügt, dass er der Überzeugung sein kann, tatsächlich gewonnen zu haben. Es schadet ihm weiter nicht, wenn er später von fachkundiger Seite informiert wird (RdW 2003, 696)."

In die Freiheit der Erwerbsbetätigung werde nicht eingegriffen, denn es bleibe dem Unternehmer

"unbenommen, zu entscheiden, welche 'Gewinnzusagen' er tätigt und welche nicht. Die Regelung des § 5j KSchG bedeutet höchstens insoweit eine Restriktion, als sie durch die Verpflichtung zur Einhaltung der Gewinnzusagen und das daraus resultierende wirtschaftliche Risiko die wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten für den Einsatz derartiger 'Gewinnspiele' eingrenzt. Darin liegt aber kein Eingriff in die Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG. Der Gesetzgeber ist weder auf Grund des Art 6 StGG noch auf Grund einer sonstigen Verfassungsbestimmung verpflichtet, in Fällen, in denen Unternehmer zu vielen Personen zu viel 'versprechen' bzw 'zusagen', Teile dieser Zusagen oder sämtliche Zusagen als nicht gerichtlich durchsetzbar zu erklären, um die allenfalls negativen oder auch 'ruinösen' finanziellen Folgen für die Unternehmer abzuwenden."

Selbst wenn man aber einen Eingriff bejahe, wäre er nicht unzulässig. Die bekämpfte Bestimmung sei

"wie gerade der vorliegende Antrag zeigt, zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Auch die Erforderlichkeit ist zu bejahen: Wie die bereits mehrfach zitierten Erläuterungen zur RV 1998 (BlgNR 20. GP, 31 f) darlegen, waren die bis zum In-Kraft-Treten des § 5j KSchG zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente nicht ausreichend, um den notwendigen Schutz der Konsumenten (und des lauteren Wettbewerbs) sicher zu stellen; auch hätten die noch im Begutachtungsentwurf enthaltenen Verwaltungsstraftatbestände aller Voraussicht nach nicht hinreichend zur Verwirklichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele beigetragen. Die Regelung des § 5j KSchG ist auch verhältnismäßig: Sie erfasst nicht Gewinnspiele schlechthin, sondern nur bestimmte, bei mangelnder Einklagbarkeit im Hinblick auf das Ziel des Verbraucherschutzes problematische Gestaltungsvarianten. Was das Ausmaß der möglichen finanziellen Folgen solcher Gewinnzusagen betrifft, so ist es vom Veranstalter dadurch beeinflussbar, dass er die Höhe der Gewinnzusagen und/oder die Zahl der Adressaten entsprechend begrenzt. Im Übrigen nehmen bei weitem nicht alle Verbraucher die Mühe auf sich, den ihnen zugesagten Gewinn auch einzuklagen, so dass es in der Praxis schon aus diesem Grund nicht zu Zahlungen in der von den Antragstellerinnen genannten Höhe kommt.

Die Gefahr, dass es dem Veranstalter 'nicht gelingt, seine Aussendung deutlich genug zu formulieren', dürfte übrigens nur dann drohen, wenn 'entsprechend anerkannten Grundsätzen in der Werbewirtschaft' beim Verbraucher 'durchaus der Eindruck erweckt' werden soll, er habe bereits einen bestimmten Preis gewonnen (vgl. S 16 des Antrags)."

Den Eigentumseingriff will die Bundesregierung zwar bejahen, weil die Bestimmung die Privatautonomie beschränke,

"indem sie (zwingend) die Einklagbarkeit bestimmter Gewinnzusagen vorsieht. Dieser Eingriff ist jedoch so geringfügig - der privatautonomen Gestaltungsfreiheit wird lediglich die Entscheidung über die Einklagbarkeit bestimmte Gewinnzusagen entzogen -, dass er im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel des Verbraucherschutzes nach Auffassung der Bundesregierung jedenfalls zulässig ist."

Die exzessive Belastung der Veranstalter entstehe aber nicht durch das Gesetz oder einen hoheitlichen Akt, sondern durch ihre eigene privatautonome Gestaltung; er hätte es

"in der Hand, die Höhe der einklagbaren Beträge selbst zu bestimmen, sei es, indem sie die Höhe der Gewinnzusagen und/oder die Zahl der Adressaten entsprechend begrenzen, sei es indem sie die Aussendung unmissverständlich so gestalten, dass nicht der Eindruck entsteht, die angesprochenen Verbraucher hätten bereits gewonnen, und § 5j KSchG folglich gar nicht anwendbar ist."

Die antragstellenden Gesellschaften schätzten auch den durch (Nichterfüllung von) Gewinnzusagen entstehenden Schaden falsch ein.

Die Differenzierung nach dem Formulierungsergebnis entspreche dem Ziel der Bestimmung und durch das Abstellen auf die Versendung von Mitteilungen sollten nur Zusendungen an bestimmte Personen erfasst werden. Vertragsverhältnisse entstünden durch die Gewinnzusage selbst. Fehle der Norm der Sanktionscharakter, entfalle auch das Argument der Inadäquanz.

Betreffs des Legalitätsprinzips sei zu beachten, dass der Oberste Gerichtshof die Einheitlichkeit der Rechtsprechung wahre. Der Behauptung, die Textierung eines Preisausschreibens sei eine "Gratwanderung", seien

"die Ausführungen auf S 16 des Antrags entgegen zu halten, die deutlich machen, dass die Antragstellerinnen offenbar sehr genau wissen, welche Gestaltungsvarianten unter § 5j KSchG fallen, nämlich solche, bei denen 'durchaus der Eindruck erweckt' werden soll, dass der angesprochene Verbraucher bereits einen bestimmten Preis gewonnen hat."

Keine der im Antrag genannten Eigenheiten sei etwas Besonderes (Hinweis auf die §§915 und 1330 ABGB und die Dogmatik der so genannten durchschauten Mentalreservation) und der in den Materialien bezogene Horizont eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers klar.

Die Meinungsfreiheit werde durch die angegriffene Norm nicht beschränkt; selbst wenn man darin aber ein Verbot von Gewinnzusagen sehe und die Auszahlungsverpflichtung als Sanktion werte, würde das dem Schutz der Rechte der Verbraucher dienen und dafür auch notwendig sein. Mit der zivilrechtlichen Einordnung der bekämpften Vorschrift würden sich auch die übrigen Bedenken erledigen.

Abschließend weist die Bundesregierung auf laufende Strafverfahren gegen Veranstalter von Gewinnspielen wegen Verdachtes des gewerbsmäßigen schweren Betruges hin und schildert Initiativen gegen den Missbrauch von Gewinnspielen auf europäischer Ebene.

Sollte der Antrag zulässig sein, möge der Gerichtshof aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden (gemeint: ihn abweisen).

IV. Der Antrag ist zulässig. Nur in Ansehung der dritten antragstellenden Gesellschaft ist er als unzulässig zurückzuweisen.

Die angefochtene Bestimmung regelt die Rechtsfolge des von den antragstellenden Gesellschaften erklärtermaßen geübten oder beabsichtigten Verhaltens. Diese erstellen nach ihrer Behauptung Werbeaussendungen, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an von ihnen angeschriebene Verbraucher enthalten und nehmen dabei mangels Klarstellung des Gegenteils in Kauf, dass die von ihnen angeschriebenen Personen glauben, sie hätten bereits einen bestimmten Preis gewonnen (weil das - wie die antragstellenden Gesellschaften meinen - anerkannten Grundsätzen der Werbewirtschaft entspreche und die angesprochenen Verbraucher dadurch nicht geschädigt würden). Diese Rechtsfolge - die Pflicht zur Leistung des Zugesagten an die Verbraucher - tritt ohne gerichtliche (oder verwaltungsbehördliche) Entscheidung kraft Gesetzes ein und es ist den Unternehmen - entgegen der Auffassung der Bundesregierung und unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Strafe oder bloß zivilrechtliche Verpflichtung handelt - mit Rücksicht auf das Gewicht dieser Rechtsfolge im Verhältnis zur gewollten Wirkung nicht zumutbar, deren Eintritt zu provozieren und die Verurteilung durch ein Gericht abzuwarten.

Ist wegen eines solchen Verhaltens jedoch - wie im Fall der P GmbH i.L. - bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig (gewesen), schließt die Subsidiarität des Individualantrages die Legitimation nach Art 140 Abs 1 B-VG aus (sonst Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, VfSlg. 15.626/1999 mwN).

V. Soweit zulässig, ist der Antrag aber nicht begründet.

1. Kern der verfassungsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Gesellschaften ist ihre Befürchtung, die Gewinnzusagen (oder andere vergleichbare Mitteilungen) würden von ihnen nicht gewollte - möglicherweise ruinöse - Rechtsfolgen auslösen, die sie als überschießende Sanktionen für ein unerwünschtes Verhalten mit dem Charakter einer Strafe werten. Sie vernachlässigen dabei, dass der angegriffene § 5j KSchG nur solche Zusagen (Mitteilungen) erfasst, deren Gestaltung beim Verbraucher den Eindruck erweckt, dass er einen bestimmten Preis gewonnen habe. An diesem Eindruck gemessen, treten nur jene Rechtfolgen ein, die der Veranstalter zugesagt hat. Wenn im rechtsgeschäftlichen Verkehr weniger der Wille des Erklärenden als vielmehr das Verständnis des Anerklärten ausschlaggebend ist, so wird damit nicht ein verpöntes Verhalten sanktioniert, sondern nur verbindlich gemacht, was nach außen hin - dem Empfänger gegenüber - als verbindlicher Wille des Erklärenden in Erscheinung getreten ist.

Dass das Motiv des Gesetzgebers für eine Regelung, die das Risiko eines Missverständnisses dem Erklärenden aufbürdet, die Unterbindung täuschender Praktiken ist, macht die getroffene Lösung weder zu einer Strafe noch zu einer schadenersatz-rechtlichen Sanktion. Wird beim Empfänger einer Zusendung durch deren Gestaltung der Eindruck erweckt, dass er einen bestimmten Preis gewonnen habe, so entspricht es dem Grundgedanken rechtsgeschäftlicher Privatautonomie, den Zusagenden zur Leistung dieses Preises an den Empfänger zu verhalten. Damit erledigen sich alle Bedenken des Antrags, die mit dem Gewicht der Rechtsfolgen oder dem Missverhältnis von Fehler und Sanktion argumentieren.

Je nach den Umständen behandelt die Rechtsordnung rechtsgeschäftliche Erklärungen oder Verhaltensweisen, die als solche erscheinen, - zulässigerweise - mit unterschiedlicher Strenge als verbindlich. So bedürfen Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe (wegen der einseitigen Belastung des Schenkenden) der Aufnahme eines Notariatsaktes (§1 Abs 1 litd NotariatszwangsG), wird bei einseitig verbindlichen Verträgen angenommen, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auferlegen wollte, während bei zweiseitig verbindlichen eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt wird, der sich ihrer bedient hat (§915 ABGB) und sind Wetten überhaupt nur insoweit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen, sondern wirksam entrichtet oder hinterlegt worden ist, sodass er gerichtlich nicht gefordert werden kann (§1271 ABGB). Unterschiedliche Umstände können eben auch unterschiedliche Regelungen rechtfertigen. Dass Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an persönlich angesprochene Verbraucher angesichts der aus unterschiedlichen Fähigkeiten und Absichten der Beteiligten folgenden notorischen Missbrauchsmöglichkeiten besondere Maßnahmen rechtfertigen, ist offenkundig.

Unternehmer, die solche Zusagen (Mitteilungen) an bestimmte Verbraucher senden, haben es in der Hand, eine Gestaltung der Zusendung zu vermeiden, die den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis (bereits) gewonnen habe. Es ist ohne weiteres möglich, klarzustellen, dass der Angesprochene nur dem Kreis jener angehört oder beitreten kann, die eine Chance haben, den Preis zu erhalten. Warum es unsachlich oder inadäquat sein soll, den Unternehmer zur Hintanhaltung von Missverständnissen bei sonstiger Verbindlichkeit seiner Erklärung zu einer solchen Klarstellung zu zwingen, hat der Antrag nicht darzutun vermocht.

2. Die antragstellenden Gesellschaften berufen sich für ihre Weigerung, die von ihnen angestrebte Rechtslage klarzustellen, darauf, dass "dies anerkannten Grundsätzen in der Werbewirtschaft entspricht und die angesprochenen Verbraucher dadurch nicht geschädigt werden". Es geht ihnen offenkundig gerade darum, durch die Gestaltung der Zusendung glauben zu machen, dass der Preis "bereits gewonnen" sei (S. 16 des Antrages), sodass erst bei genauer Durchsicht des Textes festgestellt werden kann, dass nur an einem Gewinnspiel teilgenommen wird. Dass ein Verhalten als werbewirksam anerkannt ist, kann den Gesetzgeber jedoch nicht hindern, die Verbraucher vor der mit der Verlockung typischerweise verbundenen Irreführung zu bewahren. Für die Angemessenheit der bindenden Wirkung einer Erklärung ist neben dem Grad ihrer Deutlichkeit und den Folgen für den Erklärenden nicht nur das Ausmaß der allfälligen Schädigung des enttäuschten Partners, sondern auch die Möglichkeit von Bedeutung, diese Enttäuschung zu verhindern. Der Annahme eines öffentlichen Interesses am Schutz der Verbraucher vor einer vermeidbaren, den Vorteil eines anderen dienenden (Ent-)Täuschung kann der Verfassungsgerichtshof nicht entgegentreten.

3. Als überschießend und unsachlich hält der Antrag anscheinend mit den von ihm hervorgehobenen Umstand, dass der Preis hier auch an jemanden zu leisten sei, der die Absicht des Unternehmers nachgewiesenermaßen durchschaut hat. Ob das Gesetz diesen Inhalt hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen. Es wäre jedenfalls weder ungewöhnlich noch sachfremd, wenn das Gesetz bei Erklärungen an einen größeren Personenkreis auf den objektiven, von den Zufälligkeiten des Einzelfalls absehenden Eindruck dergestalt abstellen würde, dass der Verbraucher sich nicht einer Nachprüfung seines subjektiven Verständnisses aussetzen muss (vgl. den Fall der Auslobung, § 860 ABGB, bei der es auf die Kenntnis des Versprechens bei Leistung nicht ankommt).

4. Was die Gestaltung der Zusendung betrifft, führen die Materialien - dem Gesetzestext entsprechend - Folgendes aus (aaO S. 30, Hervorhebung im Original):

"Wesentlich ist immer, daß der Unternehmer beim Verbraucher den Eindruck des Gewinns hervorruft. Dabei wird ein objektiver Maßstab anzulegen sein. Maßfigur ist auch hier der verständige Verbraucher. Zusendungen, die schon von vornherein keine Zweifel offen lassen, daß der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muß, fallen nicht unter die Regelung. Zusendungen, bei denen dagegen erst im 'Kleingedruckten', an unauffälliger Stelle oder gar erst auf Nachfrage die Dinge klargestellt werden und bei denen selbst Fachleute in die Irre geführt werden, sollen dagegen klagbar sein. Dabei kommt es nicht darauf an, daß der bedungene Preis 'wirklich entrichtet oder hinterlegt worden ist' (§1271 ABGB). Die im allgemeinen für die Wette oder ein Spiel geltenden Regelungen sollen - wie erwähnt - dort nicht gelten, wo ein Unternehmer auf unzulässige Weise und zum Nachteil der Konkurrenten und der Verbraucher diese Regelungen für sich ausnützen will."

Was an diesem - mit Grundgedanken des Konsumentenschutzrechtes übereinstimmenden und den Gesetzeszweck klarstellenden - Maßstab unbestimmt sein soll, ist unerfindlich. Dass die Regelung auf durchschnittliches Verständnis und die häufige Unfähigkeit, verlockend Formuliertes zu durchschauen Rücksicht nimmt, ist ebenso üblich wie es unvermeidlich ist. Dass es bei der Beurteilung von Grenzfällen Meinungsverschiedenheiten gibt, umso weniger überraschend, wo es sich lohnt, hart an die Grenze zu gehen. Unbestimmtheit kann einer Norm, die bei sonstiger Verbindlichkeit unmissverständliche Klarheit des Versprechens fordert, nicht vorgeworfen werden.

Der Typus der Gewinnzusage bietet als eine Mitteilung auch eine ausreichende Vergleichsbasis für die anderen dem Gesetz unterfallenden Mitteilungen.

5. Wieso die Meinungsfreiheit berührt werden soll, wenn ein Unternehmer an einer Zusage nach deren objektiven Erklärungswert aus der Sicht des angesprochenen Verbrauchers festgehalten wird, ist dem Verfassungsgerichtshof unerfindlich geblieben.

6. Insgesamt erweist sich der Antrag somit mangels Zutreffens der für die behauptete Verfassungswidrigkeit erforderlichen Prämissen als nicht begründet.

Er ist folglich abzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).