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VfGH vom 24.06.1998, g2/97

VfGH vom 24.06.1998, g2/97

Sammlungsnummer

15215

Leitsatz

Präjudizialität einer Bestimmung betreffend Fremdenverkehrsabgaben; denkmögliche Anwendung durch die Behörde im Anlaßverfahren; kein Ausschluß der Präjudizialität aufgrund eines möglichen Anwendungsvorrangs einer EU-Richtlinie; keine sachliche Rechtfertigung der Einbeziehung der auch außerhalb des Burgenlandes erzielten Umsätze in die Bemessungsgrundlage der Fremdenverkehrsabgabe

Spruch

Die Wortfolge "im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" in § 27 Abs 2 des Gesetzes vom über die Organisation und Förderung des Tourismus im Burgenland (Burgenländisches Tourismusgesetz 1992), LGBl. für das Burgenland Nr. 36/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Landeshauptmann von Burgenland ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine auf Art 144 B-VG gestützte, zu B2798/96 protokollierte Beschwerde gegen einen aufgrund des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992, LGBl. für das Burgenland 36/1992, idF der Landesgesetze LGBl. für das Burgenland 7/1994 und 33/1994 (im folgenden: TourismusG 1992), ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Die beschwerdeführende Gesellschaft betreibt ein Reisebüro. Mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom wurde ihre Berufung gegen den Bescheid des Landesverbandes Burgenland Tourismus, mit dem gemäß § 27 des TourismusG 1992 der Tourismusförderungsbeitrag für das Jahr 1995 in Höhe von S 18.492,-- vorgeschrieben wurde, als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen abweislichen Bescheid wendet sich die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen - dem "Art33 der 6. Mehrwertsteuer-RL der EU" widersprechenden - Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" in § 27 Abs 2 TourismusG 1992 von Amts wegen zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof nahm im Rahmen einer vorläufigen Beurteilung an, daß angesichts des Abstellens des Burgenländischen Gesetzgebers auf den Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die Bestimmung des § 27 Abs 2 TourismusG 1992 einer verfassungskonformen Interpretation nicht zugänglich und damit eine Beschränkung der Beitragspflicht auf im Burgenland erzielte Umsätze nicht möglich sei. Die Einbeziehung aber eines auch in anderen Bundesländern erzielten Umsatzes in die Bemessungsgrundlage der Abgabe wäre sachlich nicht gerechtfertigt, denn diese Umsätze stünden nicht in einem sachgerechten Verhältnis zu dem aus dem Fremdenverkehr im Burgenland gezogenen Nutzen (vgl. dazu VfSlg. 5811/1968, 5995/1969, 11640/1988, 12224/1989). Der Verfassungsgerichtshof gehe aufgrund dessen vorläufig davon aus, daß gegen die Wortfolge "im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" in § 27 Abs 2 TourismusG 1992 dieselben Bedenken bestünden, die im Fall der Erkenntnisse VfSlg. 5811/1968, 5995/1969, 11640/1988, 12224/1989 zur Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen geführt hätten.

Der Verfassungsgerichtshof zog nur die genannte Wortfolge in Prüfung, denn für den Fall, daß sich die Bedenken als berechtigt erweisen und die Worte aufgehoben würden, erlaubte es der Wortlaut der verbliebenen Regelung durchaus, im Sinne der schon in VfSlg. 6205/1970 angestellten Erwägungen unter "Nettojahresumsatz" ausschließlich den im Burgenland entstandenen Umsatz zu verstehen.

Die Frage, ob der Anwendung der Bestimmungen über die Tourismusförderungsbeiträge nach dem TourismusG 1992 der Anwendungsvorrang des EG-Rechts entgegensteht, überließ der Verfassungsgerichtshof einer Klärung im Gesetzesprüfungsverfahren (s. Art 33 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:

einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, 77/388/EWG, ABl. EG L 145/1977, 1, idF Richtlinie des Rates vom zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen, 91/680/EWG, ABl. EG L 376/1991, 1 (im folgenden: Richtlinie); dazu ua. , Dansk Denkavit, Slg. 1992, I-2217 ff).

3. Die Burgenländische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluß dargelegten Bedenken entgegenhält:

"I.

1. Der Verfassungsgerichtshof weist zunächst - zutreffend - darauf hin, daß er in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertritt, daß die Einbeziehung eines in anderen Bundesländern getätigten Umsatzes in die Bemessungsgrundlage der Fremdenverkehrsabgabe sachlich nicht gerechtfertigt sei (etwa VfSlg. 5811/1968, 5995/1969, 11640/1988, 12224/1989).

2. Die Burgenländische Landesregierung vermag dem Verfassungsgerichtshof jedoch nicht zu folgen, daß die in Prüfung gezogene Wortfolge einer verfassungskonformen Interpretation nicht zugänglich sei. Wenn nämlich der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6205/1970 die Auffassung vertrat, das Wort 'Jahresumsatz' könne dahingehend verstanden werden, daß damit ausschließlich der im Burgenland entstandene Umsatz zu verstehen sei, so ist es durchaus vertretbar, auch in der in Prüfung gezogenen Wortfolge ausschließlich den im Burgenland entstandenen Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu verstehen.

Der Verfassungsgerichtshof weist im Erkenntnis

VfSlg. 6205/1970 als Stütze einer verfassungskonformen Interpretation darauf hin, daß gemäß § 21 Abs 6 des Bgld. Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 5/1967, der Beitragspflichtige eine besondere Erklärung über den Umsatz des abgelaufenen Jahres abzugeben habe. Eine inhaltlich vergleichbare Vorschrift findet sich jedoch auch im geltenden § 27 Abs 6 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992.

3. Insgesamt besteht somit nach Auffassung der Burgenländischen Landesregierung kein Hindernis, die Wendung 'im Sinne des Umsatzsteuergesetzes' im § 27 Abs 2 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 im oben genannten Sinne verfassungskonform auszulegen.

II.

Zu der vom Verfassungsgerichtshof ferner zur Diskussion gestellten Frage eines allfälligen Verstoßes der in Prüfung gezogenen Wortfolge gegen Art 33 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, 77/388/EWG (im folgenden kurz 'Richtlinie' genannt), ist folgendes zu bemerken:


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1.
Art33 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:
... (Es folgt dieser)

Wie der EuGH etwa im Urteil vom in der Rechtssache C-109/90 (Giant NV/Commune d'Overijse, Slg. 1991, 1385) ausgesprochen hat, ist bei der Prüfung, ob eine Steuer den Charakter einer Umsatzsteuer hat, vor allem zu ermitteln, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr belastet und kommerzielle Umsätze in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise erfaßt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes beruhe das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gemäß Art 2 der Ersten Richtlinie auf dem Grundsatz, daß auf Gegenstände und Dienstleistungen bis zur Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchssteuer anzuwenden ist. Jedoch werde bei allen Umsätzen die Mehrwertsteuer nur abzüglich des Mehrwertsteuerbetrages geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat. Der Mechanismus des Vorsteuerabzuges sei durch Art 17 Abs 2 der Sechsten Richtlinie so ausgestaltet, daß die Steuerpflichtigen befugt seien, von der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuer abzuziehen, mit der die Gegenstände vorbelastet worden sind.

Der EuGH führt sodann aus, daß eine Steuer jedenfalls dann nicht die Merkmale einer Umsatzsteuer im Sinne des Art 33 der Richtlinie aufweise, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllt:


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-
wenn sie keine allgemeine Steuer ist, sondern nur auf eine begrenzte Gruppe von Gegenständen und Dienstleistungen Anwendung findet;


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-
wenn sie nicht auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben wird; nicht auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe wird eine Steuer etwa dann erhoben, wenn sie jährlich den Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Unternehmen betrifft;


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-
wenn sie sich nicht auf den bei jedem Umsatz erzielten Mehrwert, sondern auf den Bruttobetrag aller Einnahmen bezieht, sodaß nicht genau festgestellt werden kann, welcher Anteil der auf jeden Verkauf oder auf jede Dienstleistung erhobenen Steuer als auf den Verbraucher abgewälzt betrachtet werden kann.

Im übrigen sei auf mehrere weitere, in diesem Sinne ergangene Urteile des EuGH verwiesen ( in der Rechtssache 295/84, Rousseau Wilmot/Organic, Slg. 1985, 3759; in der Rechtssache 252/86, Bergandi, Directeur General des Impets, Slg. 1988, 1343; in den verbundenen Rechtssachen 93/88 und 94/88, Wisselink u.a./Staatssecretaris van Financien, Slg. 1989, 2671).

2. Diese Voraussetzungen sind im Falle des im § 27 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 normierten Tourismusförderungsbeitrags gegeben:

aa) Gemäß § 27 Abs 1 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 wird in allen Gemeinden der Ortsklassen I bis III, in Gemeinden der Ortsklasse IV nur dann, wenn ein örtlicher Tourismusverband besteht, für Zwecke der Tourismusförderung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen vom Landesverband 'Burgenland Tourismus' eine Abgabe in Form eines Beitrags (Tourismusförderungsbeitrag) eingehoben. Beitragspflichtig sind die Unternehmer (§3 Abs 6) einer Gemeinde. Besteht in einer Gemeinde kein örtlicher Tourismusverband, so sind nur die in der Beitragsgruppe A angeführten Betriebe beitragspflichtig. Besteuerungsgegenstand ist der Nutzen, welcher unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen ist.

Das bedeutet, daß von der Einhebung des Tourismusförderungsbeitrages


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-
nur die Unternehmer im Sinne des § 3 Abs 6,


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-
und zwar, wie sich aus der Anknüpfung an die verschiedenen Beitragsgruppen ergibt, abhängig vom Ausmaß dieses Nutzens,

erfaßt sind.

Daraus ergibt sich, daß es sich beim Tourismusförderungsbeitrag gemäß § 27 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 um keine 'allgemeine Steuer' im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des EuGH handelt.

bb) Gemäß § 27 Abs 2 zweiter Satz des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 ist Bemessungsgrundlage des Tourismusförderungsbeitrags der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Der Tourismusförderungsbeitrag wird mithin nicht auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe erhoben, sondern hat den jährlichen Nettoumsatz - im Burgenland - als Grundlage. Somit ist auch die zweite oben dargelegte Voraussetzung des EuGH für die Subsumierbarkeit des Tourismusförderungsbeitrags unter Art 33 der Richtlinie erfüllt.

cc) Schließlich bezieht sich der Tourismusförderungsbeitrag nach der dargestellten Rechtslage auch nicht auf den bei jedem Umsatz erzielten Mehrwert, sondern, wie dargelegt, auf den in jedem Jahr erzielten Nettoumsatz.

3. Aus all dem ergibt sich, daß die Festlegung des Tourismusförderungsbeitrags (und insbesondere die präjudizielle Regelung) im § 27 des Burgenländischen Tourismusgesetzes 1992 nach der Rechtsprechung des EuGH nicht gegen Art 33 der Richtlinie verstößt."

Abschließend stellte die Burgenländische Landesregierung den Antrag, die in Prüfung gezogene Wortfolge nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Die beschwerdeführende Gesellschaft erstattete eine Äußerung, in der sie ausführt, eine verfassungskonforme Auslegung des § 27 TourismusG 1992 sei lediglich bei Wegfall der Wortgruppe "im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" möglich, sodaß diese aufzuheben sei, und legt dar, daß auch der Tourismusbeitrag, der auf dem verfassungskonform auszulegenden Nettojahresumsatz basiere, nach wie vor eine Abgabe darstelle, die den Charakter von Umsatzsteuern habe und damit dem unmittelbar anwendbaren Art 33 der Richtlinie widerspreche.

5. Aufgrund der allgemeinen Bedeutung der Sache wurden das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst und die Landesregierungen der anderen Bundesländer eingeladen, zur Frage Stellung zu nehmen, ob der Anwendung der Bestimmungen über die Tourismusförderungsbeiträge nach dem TourismusG 1992 der Anwendungsvorrang des EG-Rechts (s. Art 33 der Richtlinie) entgegensteht.

Die Niederösterreichische, Oberösterreichische, Salzburger, Tiroler und Wiener Landesregierung sind dieser Einladung gefolgt und haben unter Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: EuGH) übereinstimmend ausgeführt, daß Tourismusförderungsbeiträge ihres Erachtens keinesfalls den Charakter einer Umsatzsteuer haben und daher davon ausgegangen werden könne, daß Art 33 der Richtlinie der Anwendung der Bestimmungen über die Tourismusförderungsbeiträge nach dem TourismusG 1992 nicht entgegenstehe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

1. Der Verfassungsgerichtshof erkennt gemäß Art 140 Abs 1, erster Satz, B-VG über die Verfassungswidrigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes von Amts wegen, sofern er ein solches Gesetz in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Im Sinne dieser Verfassungsnorm sind bei einem vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren jene gesetzlichen Bestimmungen präjudiziell, die von der belangten Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides in denkmöglicher Weise - wenn auch vielleicht zu Unrecht - angewendet wurden (zB. VfSlg. 5373/1966, 8318/1978, 8999/1980, 10925/1986, 12677/1991, 14078/1995) oder die die belangte Behörde anzuwenden verpflichtet war (zB. VfSlg. 10617/1985, 11752/1988). Somit begründet nicht nur die Verpflichtung zur Anwendung, sondern auch die faktische Anwendung die Präjudizialität. Im letzten Fall muß allerdings - wie bereits ausgeführt - der Sachverhalt der angewendeten Gesetzesnorm zum mindesten denkmöglich subsumierbar sein (vgl. VfSlg. 4625/1963, 5373/1966).

Wie der vor dem Verfassungsgerichtshof zu B2798/96 angefochtene Bescheid - in Spruch und Begründung - zeigt, wendete die Burgenländische Landesregierung die in Prüfung stehende Wortfolge in § 27 Abs 2 TourismusG 1992 bei Fällung ihrer Entscheidung tatsächlich und - wie noch auszuführen ist - denkmöglich an (vgl. VfSlg. 4625/1963, 5373/1966, 10690/1985, 11393/1987).

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist der Ansicht, das TourismusG 1992 sei aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen unanwendbar, weil der Tourismusförderungsbeitrag dem unmittelbar anwendbaren Art 33 der Richtlinie widerspreche.

3. Art 33 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

"Artikel 33

(1) Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der geltenden Gemeinschaftsbestimmungen über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchssteuern, Grunderwerbssteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.

(2) Wird in dieser Richtlinie auf verbrauchssteuerpflichtige Waren Bezug genommen, so handelt es sich um folgende in den geltenden Gemeinschaftsbestimmungen definierte Waren:


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-
Mineralöle,
-
Alkohol und alkoholische Getränke,
-
Tabakwaren."

Art 33 der Richtlinie ist nach der Rechtsprechung des EuGH unmittelbar anwendbar. Er begründet somit für den einzelnen Rechte, deren Schutz den nationalen Gerichten obliegt, und soll die Einführung von Steuern, Abgaben und Gebühren verhindern, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigen, daß sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belasten (vgl. , Dansk Denkavit, Slg. 1992, I-2217 ff, 2246, Rn 11, 2247, Rn 14).

Der EuGH erachtet jene Steuern, Abgaben und Gebühren, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, in jedem Fall als den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belastend.

In seiner Rechtsprechung hat der EuGH (vgl. ua. , Bergandi, Slg. 1988, 1343 ff., 1372, Rn 15; und 94/88, Wisselink ua., Slg. 1989, 2671 ff., 2706, Rn 18; , Giant, Slg. 1991, I-1385 ff., I-1397 f., Rn 11 und 12; , Dansk Denkavit ua., Slg. 1992, I-2217 ff., I-2246 f., Rn 11; , Bozzi, Slg. 1992, I-2947 ff., I-2970, Rn 12; , Beaulande, Slg. 1992, I-6709 ff., I-6731, Rn 12 und 14; , Solisnor-Estaleiros Navais SA, Slg. 1997, I-5053, I-5070, Rn 13 und Rn 14; , UCAL, Slg. 1997, I-4911, Rn 33 und 34; , Fricarnes SA, Slg. 1997, I-4939, I-4956, Rn 37 und 38; , Spar Österreichische Warenhandels AG, Slg. 1998, I-785, I-818 f., Rn 22 und 23) folgende Merkmale als für die Umsatzsteuer wesentlich angeführt:

"Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; sie ist proportional zum Preis dieser Gegenstände und Dienstleistungen; sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des Vertriebs erhoben, und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen, d.h., es wird die bei einem Geschäft fällige Steuer unter Abzug der Steuer berechnet, die bei dem vorhergehenden Geschäft schon entrichtet worden ist."

4.1. § 27 TourismusG 1992 idF des Landesgesetzes LGBl. für das Burgenland 7/1994 lautet:

"27

Tourismusförderungsbeitrag

(1) In allen Gemeinden der Ortsklassen I bis III, in Gemeinden der Ortsklasse IV nur dann, wenn ein örtlicher Tourismusverband besteht, wird für Zwecke der Tourismusförderung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen vom Landesverband 'Burgenland Tourismus' eine Abgabe in Form eines Beitrages (Tourismusförderungsbeitrag) eingehoben. Beitragspflichtig sind die Unternehmer (§3 Abs 6) einer Gemeinde. Besteht in einer Gemeinde kein örtlicher Tourismusverband, so sind nur die in der Beitragsgruppe A angeführten Betriebe beitragspflichtig. Besteuerungsgegenstand ist der Nutzen, welcher unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen ist.

(2) Die Beitragsleistung beträgt für die im Anhang dieses Gesetzes vorgesehenen Beitragsgruppen (ausgenommen Privatzimmervermietung nach Abs 5) im einzelnen, wobei § 26 Abs 4 anzuwenden ist:

A 1,5

B 1 , jedoch höchstens S 5.000,-

C 0,5 , jedoch höchstens S 2.000,-

Bemessungsgrundlage ist der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. In der Ortsklasse I hat der Beitragspflichtige 100 %, in der Ortsklasse II 75 %, in der Ortsklasse III 50 % und in der Ortsklasse IV 25 % des jeweiligen Promillesatzes zu entrichten, wobei für die Ortsklassen II, III und IV die jeweiligen Prozentsätze auch für die im ersten Satz angeführten Höchstbeiträge gelten. Ergibt sich nach dieser Berechnung eine Beitragsleistung von weniger als S 100,-, so ist von einer Vorschreibung abzusehen.

(3) ...

(4) ...

(5) ...

(6) Jeder Unternehmer einschließlich der in Abs 4 angeführten Gesellschaften hat bis 31. März eines jeden Jahres dem Landesverband 'Burgenland Tourismus' die Höhe des für die Beitragsbemessung maßgebenden Umsatzes im zweitvorangegangenen Jahr bekanntzugeben. Der Landesverband 'Burgenland Tourismus' hat unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen über den Umsatz dem Beitragspflichtigen die Höhe des Tourismusförderungsbeitrages mit Bescheid vorzuschreiben.

(7) ...

(8) ...

(9) ...

(10) ..."

4.2. Die belangte Behörde hat angenommen, daß der Anwendung des § 27 Abs 2 TourismusG 1992 der Anwendungsvorrang des EG-Rechts nicht entgegensteht. Diese Annahme ist jedenfalls denkmöglich:

Steuergegenstand des burgenländischen Tourismusförderungsbeitrages ist gemäß § 27 Abs 1 TourismusG 1992 der Nutzen, welcher unmittelbar oder mittelbar auf den Tourismus zurückzuführen ist. Bemessungsgrundlage ist der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§27 Abs 2 leg.cit.). Eingehoben werden die Tourismusförderungsbeiträge von Unternehmern einer Gemeinde, das sind gemäß § 3 Abs 6 TourismusG 1992 jene natürlichen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, juristischen Personen und Erwerbsgesellschaften des bürgerlichen Rechts, die im Gemeindegebiet eine oder mehrere der im Anhang (Beitragsgruppen A-C) dieses Gesetzes angeführten Tätigkeit ausüben. Dabei sind nicht alle Unternehmer, sondern lediglich die 83 im Anhang angeführten Berufsgruppen abgabepflichtig; dies insoweit, als ein örtlicher Tourismusverband in einer Gemeinde besteht. Ansonsten sind nur die in der Beitragsgruppe A angeführten Betriebe beitragspflichtig (vgl. § 27 Abs 1 TourismusG 1992).

Die Höhe der Abgabe richtet sich, wie dargetan, nach dem Nutzen aus dem Fremdenverkehr. Dabei ist eine Staffelung in der Art vorgesehen, daß diejenigen Unternehmer, denen die Leistungen der Tourismusförderung am meisten zugute kommen, entsprechend höhere Beiträge zur Tourismusförderung zu leisten haben (vgl. den Gesetzentwurf (Beilage 109) über die Organisation und Förderung des Tourismus im Burgenland (Burgenländisches Tourismusgesetz 1992) Z 16-86). Dabei bilden zum einen der Umsatz, zum zweiten ein differenzierendes Beitragsgruppensystem, das an dem typischerweise von Unternehmungen aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen anknüpft, und zum dritten ein Ortsklassensystem die Indikatoren zur Quantifizierung dieses Nutzens. Für die Zuordnung zu einer Ortsklasse ist gemäß § 3 Abs 4 leg.cit. auf die Anzahl der Nächtigungen in der Gemeinde sowie das örtliche Aufkommen an Getränkesteuer Bedacht zu nehmen.

Die Tourismusförderungsbeiträge fließen eigenständigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu, nämlich dem Landesverband "Burgenlandtourismus", den örtlichen Tourismusverbänden und den Regionalverbänden, deren Aufgabe darin besteht, die Landesregierung bei Erreichung des in § 1 TourismusG 1992 genannten Zieles, nämlich der Stärkung des Tourismus im Burgenland, zu unterstützen.

Angesichts der Besonderheiten dieser Regelungen ist der belangten Behörde jedenfalls kein einer Gesetzlosigkeit gleichzuhaltender Fehler unterlaufen, wenn sie angenommen hat, daß ihrer Anwendung Art 33 der zitierten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht entgegensteht. Denn solches wäre nur dann anzunehmen, wenn der Widerspruch der österreichischen Rechtsvorschrift zu einer gemeinschaftsrechtlichen Norm im Sinne der acte claire-Doktrin offenkundig wäre (vgl. ). Die Behörde hat somit den § 27 Abs 2 TourismusG 1992, der hinsichtlich einiger Worte in Prüfung genommen wurde, bei Erlassung des vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheides nicht denkunmöglich angewendet.

Dies erhellt auch aus dem Umstand, daß der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH mit Beschlüssen vom und vom die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ob Art 33 Abs 1 der Richtlinie einen Mitgliedstaat daran hindere, von Unternehmern eine Fremdenverkehrsabgabe (Beitrag) einzuheben, die in einer näher beschriebenen Weise ausgestaltet ist (Zlen. 96/17/0409 usw., Zlen. 96/17/0435 usw. sowie Zlen. 97/17/0224 usw.); diese Anträge betreffen Interessentenbeiträge nach dem Stmk. TourismusG bzw. Beiträge an die örtlichen Tourismusverbände bzw. an den Tiroler Tourismusförderungsfonds nach dem Tiroler TourismusG 1991 und Fremdenverkehrsabgaben nach dem Kärntner FremdenverkehrsabgabeG 1994.

Der Verwaltungsgerichtshof hat also Zweifel daran, ob der Anwendung der genannten landesgesetzlichen Regelungen der Vorrang von EU-Recht entgegensteht, wobei darauf hinzuweisen ist, daß die hier maßgeblichen burgenländischen Gesetzesbestimmungen deutlich weniger umsatzsteuerähnlich ausgestaltet sind als etwa die Tiroler Regelungen.

§ 27 des TourismusG 1992, der hinsichtlich der Wortfolge "im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" in seinem Abs 2 in Prüfung genommen wurde, bildet daher eine der Rechtsgrundlagen des angegriffenen, keinem weiteren administrativen Rechtszug unterliegenden und vor dem Verfassungsgerichtshof zulässiger Weise in Beschwerde gezogenen Verwaltungsaktes; er ist somit in dieser Beschwerdesache präjudiziell im Sinne der bisherigen Rechtsprechung zu Art 140 Abs 1 erster Satz B-VG.

4.3. Dem steht auch nicht entgegen, daß Vorschriften der Mitgliedstaaten, die dem Gemeinschaftsrecht widersprechen, nicht "angewendet" werden dürfen. Die wissenschaftliche Literatur geht überwiegend davon aus, daß dieser Grundsatz umfassend für den Verfassungsgerichtshof wie für jede andere staatliche Behörde gelte; dies auch und gerade in Bezug auf seine Kompetenz zur Einleitung eines Normprüfungsverfahrens (s. z.B. Griller, Grundrechtsschutz in der EU und in Österreich, 12. ÖJT I/2 (1994), 59 ff. (64); Öhlinger, Unmittelbare Geltung und Vorrang des Gemeinschaftsrechts und die Auswirkungen auf das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem, in Griller/Korinek/Potacs (Hrsg.), Grundfragen und aktuelle Probleme des öffentlichen Rechts (1995), 359 ff. (373); Vcelouch, Gerichtskompetenz und EU (1996), 236; Holzinger, Zu den Auswirkungen der österreichischen EU-Mitgliedschaft auf das Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung, in FS Winkler (1997), 351 ff. (359); Strejcek, ÖZW 1998, 23 ff. (23)

- Urteilsbesprechung; Öhlinger - Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht (1998), 153).

Diese letztere Auffassung vermag sich aber letztlich nur auf die nominalistischen Parallelen des Begriffs des "Anwendungsvorranges von EU-Recht" zu der Formulierung "anzuwenden hätte" in Art 140 Abs 1 und Art 139 Abs 1 B-VG zu stützen, berücksichtigt aber weder die jeweils ganz unterschiedliche Zielsetzung der Institutionen Anwendungsvorrang und Präjudizialität, noch den weiteren Umstand, daß durch den Beitritt Österreichs zur EU das österreichische Rechtsschutzsystem, insbesondere die genuine österreichische Schöpfung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Form einer institutionalisierten Normenkontrolle nur im gemeinschaftsrechtlich gebotenen Rahmen als modifiziert anzusehen ist.

Zweck des vom EuGH entwickelten Prinzips des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechtes ist es, die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zu sichern. Jedes innerstaatliche Organ, das über eine Rechtssache abzusprechen oder die Rechtmäßigkeit des behördlichen Vorgehens zu beurteilen hat, muß diesen Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts im Rahmen seiner Zuständigkeit beachten und gegebenenfalls die Anwendung der innerstaatlichen Norm unterlassen (, Simmenthal II, Slg. 1978, 629 ff., 644, Rn 21). Dabei darf ein Gericht iS des Art 177 Abs 3 EGV die Vereinbarkeit der innerstaatlichen Norm mit dem Gemeinschaftsrecht nur dann selbst beurteilen, wenn die dabei zu klärende Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts "derart offenkundig ist, daß keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt" (, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415 ff., 3429, Rn 16); andernfalls wäre vor der Entscheidung durch das nationale Gericht die Auslegungsfrage nach der genannten Vertragsbestimmung dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Auch der Verfassungsgerichtshof hat den Anwendungsvorrang des EG-Rechts zu beachten (vgl. etwa , G44/97, vom , G322,323/97, vom , G23-26/97), freilich nur im Rahmen der von ihm zu besorgenden Aufgaben. Er hat daher über die Frage, ob eine österreichische Rechtsvorschrift infolge des Anwendungsvorranges unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts unangewendet zu bleiben hat, nur dann selbst zu entscheiden, wenn die Frage für seine Entscheidung relevant ist, was für sich nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. auch dazu die bereits zitierte Entscheidung , Simmenthal II, Slg. 1978, 629 ff., 644, Rn 21, und das Erkenntnis des ). Soweit der Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung ob der Rechtmäßigkeit des behördlichen Vorgehens nicht zu treffen hat, was etwa angesichts der zwischen den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts insoweit geteilten Rechtskontrollfunktion im Bereich der hier bedeutsamen Grundrechte der Unversehrtheit des Eigentums und der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz der Fall ist, kann in einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder gemeinschaftsrechtliche Normen anzuwenden waren, nicht entscheidungserheblich sein.

Dessen ungeachtet hat der Verfassungsgerichtshof seine Aufgabe zur Normenkontrolle auch in diesem Bereich immer dann wahrzunehmen, wenn die Behörde das verfassungsrechtlich "verdächtige" Gesetz zumindest denkmöglich angewendet hat.

Nur ein solches weites Präjudizialitätsverständnis entspricht der Funktion verfassungsgerichtlicher Normenkontrolle:

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Normenkontrolle als zentrales Element des rechtsstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung wurde durch den Beitritt Österreichs zur EU nicht eingeschränkt. Auch verlangt das Erfordernis der Effektivität des Gemeinschaftsrechts keine einschränkende Interpretation. Denn im verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahren wird keine endgültige Entscheidung darüber getroffen, ob Gemeinschaftsrecht oder nationales Recht bei der Lösung des Falles, der Anlaß zur Einleitung des Normenprüfungsverfahrens gegeben hat, anzuwenden ist. Wird in diesem Verfahren eine Rechtsvorschrift aufgehoben oder ihre Rechtswidrigkeit festgestellt und ist diese Rechtsvorschrift aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unbedenklich, besteht aus eben dieser Sicht ebensowenig ein Problem, wie für den Fall einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit. Denn es kann zu keinem gemeinschaftswidrigen Ergebnis führen, wenn eine zwar nicht offenkundig, aber letztlich vielleicht doch gemeinschaftsrechtswidrige nationale Rechtsvorschrift vom nationalen Verfassungsgericht (schon) wegen Verstoßes gegen eine nationale Norm aufgehoben wird. Wird eine solche nationale Rechtsvorschrift aber im verfassungsgerichtlichen Normprüfungsverfahren nicht aufgehoben, ist die Frage des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes vom letztlich zuständigen Gerichtshof des öffentlichen Rechts - gegebenenfalls nach Einholung einer Vorabentscheidung nach Art 177 Abs 3 EGV - zu klären.

Die Begriffe der Anwendung in Art 140 Abs 1 B-VG und im Sinne der Doktrin vom Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts sind also in spezifischer, alle Rechtsschutzgesichtspunkte umfassenden Weise jeweils unterschiedlich zu verstehen. Sie kommen aus zwei unterschiedlichen Rechtssystemen und dürfen nicht schematisch gleichgesetzt, sondern sind in der aufgezeigten, die beiden Systeme harmonisierenden und den Vorrang des EU-Rechts beachtenden Weise differenziert zu sehen.

Auch läuft es dem Zweck des Anwendungsvorranges gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften nicht entgegen, wenn der Verfassungsgerichtshof für ihn präjudizielle generelle Rechtsnormen auf ihre Verfassungs- bzw. Gesetzmäßigkeit hin prüft und gegebenenfalls aufhebt oder für rechtswidrig erklärt, weil in solchen Normenprüfungsverfahren nicht über die Frage entschieden wird, ob der innerstaatlichen Norm der Anwendungsvorrang des EG-Rechts entgegensteht.

Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

B. In der Sache:

Das Bedenken des Gerichtshofes, daß angesichts des Abstellens des burgenländischen Gesetzgebers auf den Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes die Bestimmung einer verfassungskonformen Interpretation nicht zugänglich sei und damit eine Beschränkung der Beitragspflicht auf im Burgenland erzielte Umsätze nicht möglich sei, trifft aus den schon im Prüfungsbeschluß dargelegten Erwägungen zu:

Die Burgenländische Landesregierung vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, die in Prüfung gezogene Wortfolge sei einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich, weil es unter Berücksichtigung der gemäß § 27 Abs 6 TourismusG 1992 abzugebenden Erklärung durchaus vertretbar sei, auch in der in Prüfung gezogenen Wortfolge ausschließlich den im Burgenland entstandenen Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu verstehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg. 6205/1970 eine verfassungskonforme Interpretation des § 21 Burgenländischen Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. für das Burgenland 5/1967 noch für möglich erachtet, weil das Gesetz den Inhalt des Begriffes "Jahresumsatz" nicht mit dem "Umsatz" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes verbunden hat. Da bis zum Jahr 1986 das Fremdenverkehrsgesetz im maßgebenden Zusammenhang keine Änderung erfahren hatte, bestätigte der Verfassungsgerichtshof diese Rechtsprechung auch in seinem Erkenntnis

VfSlg. 11025/1986.

Im nunmehr geltenden TourismusG 1992 stellt der burgenländische Landesgesetzgeber jedoch ausdrücklich auf den "Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes" ab. Da im Gesetz nicht vorgesehen ist, nicht im Burgenland getätigte Umsätze aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, vielmehr ausdrücklich angeordnet wird, einen bestimmten (Nettojahres-)Umsatz, nämlich den nach dem Umsatzsteuergesetz der Berechnung der Abgabe zugrundezulegen, widerspräche eine Auslegung, wie sie von der Burgenländischen Landesregierung vorgeschlagen wurde, dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts, daß gemäß § 27 Abs 6 TourismusG 1992, jeder Unternehmer den maßgebenden Umsatz bekanntzugeben hat; denn dieser kann eben nur der Nettojahresumsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die in Prüfung stehende Wortfolge in § 27 Abs 2 TourismusG 1992 zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnis führt, weil die Einbeziehung auch der außerhalb des Burgenlandes erzielten Umsätze in die Bemessungsgrundlage nicht in einem sachgerechten Verhältnis zu dem aus dem Fremdenverkehr im Burgenland gezogenen Nutzen steht.

Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Burgenland zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5, erster Satz, B-VG.

III. Die Entscheidung konnte, da

die Schriftsätze der Parteien und Beteiligten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das Rechtsproblem umfassend erörtert haben, gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.