VfGH vom 26.11.2015, G191/2015

VfGH vom 26.11.2015, G191/2015

Leitsatz

Teilweise Zulässigkeit eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Regelung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1970 über die Genehmigungspflicht jedes originären Eigentumserwerbs; Kompetenzwidrigkeit der Bestimmung aus denselben Gründen wie die mit VfSlg 19427/2011 behobene Nachfolgereglung

Spruch

I. Die Wortfolge "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita des Tiroler Grundverkehrs-gesetzes 1970, LGBl für Tirol Nr 4/1971, war verfassungswidrig.

II. Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

III. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller, § 3 Abs 1 lita Tiroler Grundverkehrsgesetz 1970, LGBl 4/1971 idF LGBl 6/1974, in eventu die Wortfolge "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita Tiroler Grundverkehrsgesetz 1970, LGBl 4/1971 idF LGBl 6/1974, "als verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

Das Tiroler Grundverkehrsgesetz 1970, LGBl 4/1971 idF 6/1974, lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Abschnitt

Anwendungsbereich

§1

(1) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen

1. land und forstwirtschaftliche Grundstücke; für die Beurteilung, ob ein Grundstück ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nicht seine Bezeichnung im Grundsteuer oder Grenzkataster, sondern seine Beschaffenheit oder seine bisherige Verwendung maßgebend;

2. alle nicht unter die Z 1 fallenden Grundstücke, wenn ein Rechtserwerb an einem solchen Grundstück

a) durch natürliche Personen, die die Österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen,

b) durch juristische Personen, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftskapital bzw. Anteile am Vermögen (wie Aktien, Stammeinlagen und ähnliche Rechte) sich überwiegend in ausländischem Besitz befinden,

c) durch Personengesellschaften des Handelsrechtes, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftsvermögen sich überwiegend in ausländischem Besitz befindet, oder

d) durch Vereine, die zwar ihren Sitz im Inland haben, deren Mitglieder aber in der Mehrheit die Österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, erfolgt.

(2) Ob ein Grundstück den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt, hat im Zweifel die Grundverkehrsbehörde zu entscheiden.

[…]

(3) Unterliegt ein Grundstück nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes, hat die Grundverkehrsbehörde hierüber auf Verlangen einer Partei eine schriftliche Bestätigung auszustellen.

(4) Eintragungen in das Grundbuch, die einen Rechtserwerb der im § 3 Abs 1 genannten Art zum Gegenstand haben, dürfen nur bewilligt werden, wenn hiefür die grundverkehrsbehördliche Zustimmung oder eine Bestätigung nach Abs 3 vorliegt; von einer solchen Bestätigung kann abgesehen werden, wenn der Rechtserwerber eine schriftliche Erklärung vorlegt, daß er dem im Abs 1 Z 2 genannten Personenkreis nicht angehört.

[…]

2. Abschnitt

Überwachung des Grundverkehrs

§3

(1) Der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, soweit im Abs 2 nichts anderes bestimmt ist,

a) jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb;

b) […]

c) die Einräumung des Rechtes oder die Erteilung der Zustimmung, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten;

[…]

Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung

§4

(1) Die nach § 3 Abs 1 erforderliche Zustimmung darf bei land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken (§1 Abs 1 Z 1) nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht.

(2) Wenn der Rechtserwerber dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 2 angehört, darf die nach § 3 Abs 1 erforderliche Zustimmung bei sämtlichen diesem Gesetz unterliegenden Grundstücken (§1 Abs 1) - unbeschadet der Bestimmungen des Abs 1 - nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb staatspolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder kulturellen Interessen nicht widerspricht; ein Widerspruch zu solchen Interessen liegt insbesondere dann vor, wenn

a) in der betreffenden Gemeinde oder Ortschaft mit Rücksicht auf das Ausmaß des schon vorhandenen ausländischen Grundbesitzes oder auf die Zahl der ausländischen Grundbesitzer eine Überfremdung einzutreten droht oder

b) das zu erwerbende Grundstück in einem wegen seiner Lage und Erschließung besonders für die heimische soziale Wohn- und Siedlungstätigkeit geeigneten Gebiet liegt und das darauf bestehende oder zu errichtende Wohnobjekt nicht der Befriedigung eines dauernden Wohnbedarfes dienen soll.

§5

Einem Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 ist unter den Voraussetzungen des § 4 insbesondere zuzustimmen,

1. wenn ein landwirtschaftliches Gut trotz Abtrennung von Teilen in seinen wesentlichen Bestandteilen erhalten und lebensfähig bleibt und kein ausreichender Grund zur Annahme vorliegt, daß der Erwerber den Grund nicht selbst oder nicht in einer dessen Beschaffenheit entsprechenden Weise bewirtschaften wird;

2. wenn ein landwirtschaftliches Gut, dessen Erhaltung als selbständiger Betrieb nicht mehr vorteilhaft erscheint, aufgeteilt werden soll, um damit andere landwirtschaftliche Güter gesund und krisenfest zu machen;

3. wenn das Grundstück innerhalb eines Gebietes liegt, das in einem von der Landesregierung genehmigten Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet ist;

4. wenn bescheinigt wird, daß das Grundstück zur Errichtung oder Vergrößerung einer öffentlichen und gemeinnützigen Anstalt oder für die Erfordernisse einer inländischen gewerblichen, industriellen oder Bergbauanlage, für genossenschaftliche Zwecke oder zur Errichtung von Wohnhäusern samt den dazugehörigen Anlagen bestimmt ist, es sei denn, daß das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Verwendung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt. Bei der Interessenahwägung darf nicht nur die landwirtschaftliche Ertrags- und Beschäftigungsmöglichkeit mit den Möglichkeiten solcher Anlagen verglichen werden, sondern es ist auch die Beeinflussung der Land- und Forstwirtschaft der Umgebung zu berücksichtigen.

§6

(1) Einem Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 ist insbesondere nicht zuzustimmen, wenn zu besorgen ist, daß

a) das Grundstück zu dem Zweck erworben wird, um es ganz oder geteilt mit Gewinn weiterzuveräußern;

b) Grundstücke zur Bildung oder Vergrößerung von Großbesitz erworben werden;

c) Grundstücke zur Bildung oder Vergrößerung von Eigenjagdgebieten erworben oder der ihrer Bodenbeschaffenheit entsprechenden land- oder forstwirtschaftlichen Bestimmung oder einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb ohne zureichenden Grund entzogen bzw. jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird;

d) nur eine spekulative Kapitalanlage beabsichtigt ist;

e) unwirtschaftlich kleine Grundstücke entstehen, die Arrondierung eines Besitzes ohne zwingenden Grund gestört oder die land und forstwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken dadurch erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird;

f) eine der Verbesserung der Agrarstruktur dienende und für einen Bewerber dringend notwendige Arrondierung vereitelt wird, obwohl sich dieser dem Eigentümer gegenüber verpflichtet hat und auch imstande ist, die Bedingungen des der Grundverkehrsbehörde zur Erteilung der Zustimmung vorliegenden Vertrages zu erfüllen;

g) der Preis den wahren Wert weit übersteigt;

h) die durch ein Agrarverfahren erzielte günstige Bodenbesitzgestaltung ohne zwingenden Grund wieder gestört wird.

(2) Die Zustimmung zum Eigentumserwerb an einem Grundstück, das für Bauzwecke erworben werden soll, darf nicht erteilt werden, wenn es außerhalb eines auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen festgelegten Baugebietes oder, falls ein solches nicht festgelegt ist, außerhalb des bebauten Gebietes einer Ortschaft liegt und zu besorgen ist, daß durch die Bebauung eine Unterbrechung der natürlichen Geländebeschaffenheit herbeigeführt würde, die den landeskultureilen Interessen widerspricht.

(3) Die Zustimmung zur Einräumung des Rechtes oder zur Erteilung der Zustimmung, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten (§3 Abs 1 litc), ist bei Zutreffen der Voraussetzungen des Abs 2 zu versagen.

(4) Die Zustimmung zur Teilung von Grundstücken (§3 Abs 1 litf) darf dann nicht erteilt werden, wenn der Teilung erhebliche landeskultureile Bedenken entgegenstehen, insbesondere wenn Grundstücke kulturwidrig kleinen Ausmaßes entstehen würden.

[…]

4. Abschnitt

Behörden und Verfahren

[…]

§15

(1) Erfordert ein Rechtserwerb die Erteilung der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde nach § 3 Abs 1, so ist der Erwerber, der Fruchtnießer, der Bauberechtigte, der Pächter oder sonstige Rechtserwerber, in Fällen, in denen ein Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs 1 liti eines Notariatsaktes bedarf, der Notar verpflichtet, binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluß oder nach Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung über den Rechtserwerb bei der Grundverkehrsbehörde um die Zustimmung anzusuchen.

(2) Dem Ansuchen nach Abs 1 sind

a) eine Urkunde über den Rechtserwerb mit einer Durch- oder Abschrift,

b) ein Lageplan oder eine Lageskizze, sofern mit dem Rechtserwerb eine Grundstücksteilung verbunden ist oder das Grundstück für Bauzwecke erworben werden soll, und

c) auf Verlangen der Grundverkehrsbehörde der Nachweis des Grundbesitzes der Vertragsparteien (Grundbuchsauszüge und Grundbesitzbögen bzw. inhaltsgleiche, von einem Notar oder Rechtsanwalt bestätigte Angaben) beizuschließen.

Im Ansuchen ist der Zweck des Rechtserwerbes genau anzugeben.

Rechtswirksamkeit der Versagung der Zustimmung

§16

(1) Wird die Zustimmung im Sinne der §§3 bis 6 dieses Gesetzes versagt, so ist der Rechtserwerb nichtig. Die Grundverkehrsbehörde, welche die Zustimmung rechtskräftig versagt hat, hat auf der Urkunde über den Rechtserwerb einen entsprechenden Vermerk anzubringen.

(2) Ist eine Eintragung im Grundbuch bewilligt worden, ohne daß die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt, hat die Grundverkehrsbörde den Rechtserwerber (§15 Abs 1) aufzufordern, binnen einer längstens mit acht Wochen festzusetzenden Frist um die grundverkehrsbehördliche Zustimmung für den Rechtserwerb anzusuchen. Wird innerhalb dieser Frist ein solches Ansuchen nicht gestellt, hat die Grundverkehrsbehörde mittels Bescheid von Amts wegen festzustellen, daß die nach § 3 Abs 1 für den Rechtserwerb erforderliche Zustimmung nicht vorliegt. Die Einleitung dieses Feststellungsverfahrens ist auf Antrag der Grundverkehrsbehörde im Grundbuch anzumerken.

(3) Das Grundbuchsgericht hat eine bereits erfolgte Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den früheren Grundbuchstand wieder herzustellen, wenn ihm ein rechtskräftiger Bescheid, mit dem die Zustimmung zum Rechtserwerb versagt bzw. nachträglich aufgehoben oder eine Feststellung nach Abs 2 getroffen wurde, mitgeteilt wird.

(4) […]

(5) Eine Löschung nach den Abs 3 […] ist nicht zulässig, wenn seit der Eintragung drei Jahre verstrichen sind oder wenn Dritte im guten Glauben auf diese Eintragung bücherliche Rechte erworben haben.

[…]

§19

Wer es unterläßt, um die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde anzusuchen […] oder in anderer Weise, z. B. durch unwahre Angaben, die Bestimmungen dieses Gesetzes umgeht, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird von der Grundverkehrsbehörde I. Instanz mit Geld bis zu 30.000.- Schilling, im Nichteinbringungsfall mit Arrest bis zu sechs Wochen bestraft. Bei erschwerenden Umständen oder im Wiederholungsfall sind Geldstrafen neben Arreststrafen zu verhängen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Die zwei Antragsteller sind Beklagte in einem zivilgerichtlichen Verfahren auf Räumung einer Doppelgarage; sie betreiben eine Widerklage auf Einverleibung des Eigentumsrechtes an einem halben Anteil an jener Liegenschaft, auf der sich die besagte Doppelgarage befindet.

1.2. Im Jahr 1978 wurde auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der nunmehr in den Ausgangsverfahren streitverfangenen Parteien eine Doppelgarage errichtet. Es wurde vereinbart, dass der Rechtsvorgänger der Streitgegnerin den Grund für die Doppelgarage zur Verfügung stelle, während die gesamte Errichtung der Garage, nämlich Material und Arbeitskosten, von der Rechtsvorgängerin der Antragsteller zu tragen sei. Ferner kamen sie überein, dass die gesamte Garage beiden Rechtsvorgängern zur Hälfte gehören und durch sie zur Hälfte genutzt werden solle. Vereinbarungsgemäß wurde die Doppelgarage errichtet und genutzt. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für diese Vereinbarung wurde damals jedoch nicht eingeholt. Auch wurde der Eigentumserwerb durch die Rechtsvorgängerin der Antragsteller nicht im Grundbuch einverleibt.

1.3. Im Kern betrifft der Rechtsstreit die Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Antragsteller damals originär Miteigentum an Garage und Grundstück erwerben und somit in weiterer Folge den Antragstellern durch Schenkung übertragen konnte oder ob dies mangels der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nicht erfolgen konnte.

2. Im zweiten Rechtsgang – nach Behebung eines Ersturteils durch Beschluss des Landesgerichts (im Folgenden: LG) Innsbruck vom – gab das Bezirksgericht (im Folgenden: BG) Rattenberg mit Urteil vom dem Klagsbegehren der Streitgegnerin der Antragsteller statt und wies die Widerklage der Antragsteller ab.

In diesem Urteil verweist das BG Rattenberg für die rechtlichen Ausführungen auf den Beschluss des LG Innsbruck, mit welchem sein Ersturteil aufgehoben wurde. Im verwiesenen Beschluss des LG Innsbruck heißt es:

"Bei Errichtung der Garage und der zwischen [den Rechtsvorgängern der Streitparteien] darüber getroffenen Vereinbarung galt bereits das Grundverkehrsgesetz 1970 (LGBl 4/1971 idF Nr 6/1974), wonach jeder originäre Eigentumserwerb der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedurfte (§3 Abs 1 lita TirGVG 1970; vgl. 3 Ob 35/86). Die inhaltlich gleichbedeutende Nachfolgeregelung fand sich in § 4 Abs 2b [gemeint wohl § 4 Abs 2 litb] und § 9 Abs 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996. Erst mit Ablauf des wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis G11/11 die (dort allein präjudiziell gewesene) Bestimmung des § 4 Abs 2b [gemeint wohl § 4 Abs 2 litb] GVG 1996 mangels Kompetenz des Landesgesetzgebers aufgehoben. Das Vorliegen einer solchen Genehmigung ist weder behauptet noch festgestellt. Ein (Mit)Eigentumserwerb [der Rechtsvorgängerin der Antragsteller] ist daher weder durch Überbau nach § 418 3. Satz ABGB noch durch Ersitzung gültig erfolgt."

Entsprechend diesen Ausführungen entschied das BG Rattenberg, dass ein (Mit )Eigentumserwerb durch die Rechtsvorgängerin der Antragsteller mangels Vorliegen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung weder durch Überbau nach § 418 3. Satz ABGB noch durch Ersitzung gültig erfolgt sei, sodass die Antragsteller als Rechtsnachfolger kein Miteigentum erworben hätten.

3. Am erhoben die Antragsteller gegen dieses Urteil des BG Rattenberg Berufung und stellten den Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG..

4. Mit Schreiben vom – zugestellt am – unterrichtete der Verfassungsgerichtshof das BG Rattenberg von diesem Antrag, forderte es auf, die Entscheidung über die Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit der Berufung der Antragsteller gegen sein Urteil vom mitzuteilen sowie die Gerichtsakten vorzulegen. Mit Schreiben vom legte das BG Rattenberg die Gerichtsakten vor; sonstige Mitteilungen traf es nicht.

5. Die Antragsteller bringen zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:

5.1. Zur Zulässigkeit des Antrages führen sie aus: Das Urteil des BG Rattenberg vom stelle eine erstinstanzliche Entscheidung eines Zivilgerichtes dar, wogegen am selben Tag, an welchem der Gesetzesprüfungsantrag gestellt wurde, fristgerecht Berufung erhoben worden sei. Das BG Rattenberg habe die angefochtene Bestimmung bei Erlassung des in Berufung gezogenen Urteils jedenfalls angewendet. Denn wie das LG Innsbruck im verwiesenen Beschluss gehe das BG Rattenberg im angefochtenen Urteil davon aus, schon der originäre Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der Antragsteller im Jahr 1978 sei mangels Einholung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 ausgeschlossen, sodass diese kein Eigentum habe übertragen können. Wären diese Bestimmungen nach der Gesetzesprüfung durch den Verfassungsgerichtshof im Anlassverfahren nicht mehr anzuwenden, komme ein originärer Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin durch Ersitzung oder Überbau gemäß § 418 3. Satz ABGB, JGS 946/1811, und folglich der Grunderwerb der Antragsteller durch deren Schenkung in Betracht. Die Antragsteller gehen davon aus, dass ihr Grunderwerb auf Grund der so herzustellenden Rechtslage zu bejahen sei.

5.2. Inhaltlich legen die Antragsteller ihre Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen wie folgt dar: Die Antragsteller behaupten im Wesentlichen, dass der Landesgesetzgeber lediglich zuständig sei, rechtsgeschäftliche, nicht aber originäre Erwerbe von Liegenschaften zu beschränken. § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 ermächtige die Grundverkehrsbehörde nicht bloß dazu zu prüfen, ob ein originärer Eigentumserwerb stattgefunden habe, um allfälligen Rechtsmissbräuchen durch Verschleiern eigentlich genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte zu begegnen. Vielmehr beseitige die Versagung der Genehmigung originärer Erwerbe die zivilrechtlich vorgesehene Rechtsfolge, dass der Eigentumserwerb ex lege eintrete. Es handle sich mithin um eine zivilrechtliche Regelung, für deren Erlassung der Landesgesetzgeber angesichts der Bundeskompetenz für das Zivilrechtswesen gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B VG nicht zuständig sei.

6. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie von der Zulässigkeit ausschließlich des Eventualantrages ausgeht, der sich lediglich gegen die Wortfolge "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 richtet. Der Hauptantrag, mit dem die gesamte lita des § 3 Abs 1 TGVG 1970 angefochten wird, sei zu weit gefasst, weil er sich nicht nur gegen die Genehmigungspflicht originärer, sondern auch derivativer Erwerbe richte. Die Bestimmung über die Genehmigungspflicht derivativer Erwerbe sei im Anlassverfahren jedoch offenkundig nicht präjudiziell. Von einer Äußerung in der Sache sehe die Landesregierung angesichts der Vorjudikatur VfSlg 19.427/2011 ab; die dort verfügte Aufhebung von § 4 Abs 2 litb des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl 61 idF 85/2005, scheine im Übrigen der Zulässigkeit des vorliegenden Antrages mit Blick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 13.319/1992) nicht entgegenzustehen.

7. Die Streitgegnerin der Antragsteller erstattete als mitbeteiligte Partei eine Äußerung, in der sie den Antrag für unzulässig hält und beantragt, diesen zurückzuweisen. Sie verweist dazu im Wesentlichen auf grundbuchsrechtliche Bestimmungen, die – selbst für den Fall eines originären Eigentumserwerbs der Rechtsvorgängerin der Antragsteller – dazu führen würden, dass die Streitgegnerin in weiterer Folge Alleineigentum erworben habe. Deswegen könne der Ausgang der beantragten Gesetzesprüfung keinerlei Auswirkung auf den Anlass gebenden zivilrechtlichen Streit haben. Zudem begehrt die mitbeteiligte Partei, die Antragsteller zum Ersatz näher verzeichneter Kosten zu verpflichten.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Voraussetzung eines Parteiantrages auf Normenkontrolle ist – entsprechend der Formulierung des Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG – die Einbringung eines Rechtsmittels in einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache", somit eines (gemäß § 62a Abs 1 erster Satz VfGG rechtzeitigen und auch sonst zulässigen) Rechtsmittels gegen eine die Rechtssache erledigende Entscheidung erster Instanz. Außerdem muss der Parteiantrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG "aus Anlass" der Erhebung eines Rechtsmittels gestellt werden, was § 62a Abs 1 erster Satz VfGG dahingehend präzisiert, dass der Parteiantrag "gleichzeitig" mit dem Rechtsmittel gestellt werden muss.

Der vorliegende Antrag wird aus Anlass einer Berufung gegen das Urteil des BG Rattenberg vom gestellt. Es ist nicht zweifelhaft, dass durch dieses Urteil das Zivilverfahren in erster Instanz entschieden wurde. Sohin liegt eine in erster Instanz entschiedene Rechtsache im Sinne des Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG vor.

Dem Erfordernis der Gleichzeitigkeit haben die Antragsteller jedenfalls dadurch entsprochen, dass sie den vorliegenden Parteiantrag und die Berufung gegen das Urteil des BG Rattenberg am selben Tag erhoben und einbrachten (vgl. und , G264/2015).

Der Verfassungsgerichtshof geht ferner davon aus, dass die Berufung rechtzeitig und auch sonst zulässig ist, weil das BG Rattenberg nichts Gegenteiliges mitgeteilt hat.

1.2. Vorauszuschicken ist, dass – wie die Tiroler Landesregierung zutreffend annimmt – die mit VfSlg 19.427/2011 verfügte Aufhebung von § 4 Abs 2 litb des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl 61 idF 85/2005, wegen Kompetenzwidrigkeit der Zulässigkeit des Antrages nicht entgegensteht. Zwar ist die mit Wirkung zum als verfassungswidrig aufgehobene Nachfolgeregelung inhaltlich § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 ähnlich, doch handelt es nicht um dieselbe Norm, die hier angefochten wird (vgl. VfSlg 10.091/1984 und 13.319/1992).

1.3. Obwohl sich der Antrag gegen bereits außer Kraft getretene Gesetzesbestimmungen richtet, wird begehrt, diese "als verfassungswidrig aufzuheben". Dies macht den Antrag nicht unzulässig. Der Umstand, dass es sich um bereits außer Kraft getretene Bestimmungen handelt, ist nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern gegebenenfalls dadurch zu berücksichtigen, dass – statt ihre Aufhebung zu verfügen – bloß festzustellen ist, die Vorschriften seien verfassungswidrig gewesen (vgl. VfSlg 4920/1964, 8253/1978, 8871/1980, 11.469/1987).

1.4. Gemäß § 62 Abs 1 erster Satz VfGG muss ein Gesetzesprüfungsantrag das Begehren enthalten, das – nach Auffassung des Antragstellers verfassungswidrige – Gesetz in seinem gesamten Inhalt oder in bestimmten Stellen aufzuheben. Um das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des § 62 Abs 1 VfGG zu erfüllen, muss – wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach (zB VfSlg 11.888/1988, 12.062/1989, 12.263/1990, 14.040/1995, 14.634/1996) ausgesprochen hat – die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (vgl. dazu mwN VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001, 18.175/2007, 19.583/2011).

Ein Antrag, der die konkrete Fassung der zur Aufhebung begehrten Norm nicht deutlich erkennen lässt, erfüllt das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des § 62 Abs 1 VfGG nicht. Es ist dem Verfassungsgerichtshof nämlich verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Fall des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken aufzuheben (vgl. dazu VfSlg 11.802/1988, 14.261/1995, 14.634/1996, 15.962/2000 und ua.).

Die Antragsteller begehren, § 3 Abs 1 lita TGVG 1970, LGBl 4/1971 idF 6/1974, zur Gänze eventualiter teilweise als verfassungswidrig aufzuheben. Da diese Bestimmung weder mit der ersten Novelle LGBl 6/1974 noch mit einer späteren Novelle zum TGVG 1970 verändert wurde, ist der Antrag im Lichte des Vorbringens so zu deuten, dass § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 in der Stammfassung LGBl 4/1971 zur Gänze eventualiter zum Teil angefochten wird (vgl. VfSlg 19.675/2012 zur Zulässigkeit von Anträgen, welche angefochtene Bestimmungen irrtümlich in der Fassung von diese nicht verändernden Novellen bezeichnen sowie ua. zur Zulässigkeit der Anfechtung von Gesetzesbestimmungen ohne Angabe ihrer konkreten Fassung, sofern sich diese zweifelsfrei erschließen lässt).

1.5. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lita oder litd B VG kann gemäß § 62 Abs 2 VfGG nur gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre.

Das BG Rattenberg verweist in dem in Berufung gezogenen Urteil hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung des von ihm festgestellten Sachverhalts auf die Ausführungen des Beschlusses des LG Innsbruck als Berufungsgericht des ersten Rechtsganges vom . Im verwiesenen Beschluss beurteilte das LG Innsbruck die Rechtslage dahingehend, dass ein Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der Antragsteller durch Ersitzung oder Überbau nicht gültig erfolgt sein könne, weil die Einholung der gemäß § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 erforderlichen Genehmigung des originären Erwerbs weder behauptet noch festgestellt sei. Diese Ansicht machte sich das BG Rattenberg im angefochtenen Urteil zu eigen. Folglich hat es die Bestimmung bei Erlassung seines Urteils angewendet.

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Ausführungen kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden, dass die angefochtenen Bestimmungen keine Voraussetzung für die Entscheidung über die Berufung bilden können, aus deren Anlass der Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG gestellt wurde.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die mitbeteiligte Partei die Zulässigkeit des Antrages mit Verweis auf grundbuchsrechtliche Bestimmungen bestreitet, die der (Mit-)Eigentümerstellung der Antragsteller jedenfalls entgegenstehen würden, sodass die hier angefochtenen Bestimmungen keinerlei Maßgeblichkeit für das zivilgerichtliche Verfahren aufwiesen:

Der Verfassungsgerichtshof erachtet sich als nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Anträge von Parteien gemäß Art 139 Abs 1 Z 4 und Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG sind dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn die – angefochtene – generelle Norm keine Voraussetzung der Entscheidung des Gerichtes im Anlassfall bildet.

Anders als es die mitbeteiligte Partei annimmt, ist den Antragstellern vor diesem Hintergrund nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgehen, dass § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 bei Erlassung der Entscheidung des Gerichtes anzuwenden ist oder zumindest eine Vorfrage für diese betrifft (vgl. § 62 Abs 2 VfGG), mögen auch andere Rechtsmeinungen vertretbar erscheinen, welche ohne die Anwendung der angefochtenen Bestimmungen auskommen.

1.6. Anders als es die Antragsteller in ihrem Hauptantrag annehmen, ist jedoch § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 nicht zur Gänze präjudiziell:

Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl. VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004; ua.).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011; ua.).

Eine zu weite Fassung des Antrags macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013; ua.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im gerichtlichen Verfahren nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; ua.; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

Der Hauptantrag erweist sich als zu weit. Er richtet sich gegen die gesamte lita des § 3 Abs 1 TGVG 1970 und schließt auch die Genehmigungspflicht derivativer Eigentumserwerbe ein. Wie die Tiroler Landesregierung zutreffend ausführt, ist im Anlass gebenden Verfahren jedoch nur umstritten, ob die Bestimmung über die Genehmigungspflicht originärer Eigentumserwerbe, nicht aber derivativer, dem Erwerb durch die Rechtsvorgängerin der Antragsteller entgegenstand. Es kann also nur die Wendung "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 maßgeblich sein, welche originäre Eigentumserwerbe der Genehmigungspflicht unterwirft. Anders als es die Tiroler Landesregierung annimmt, macht dies den Hauptantrag jedoch nicht zur Gänze unzulässig. Angesichts der zuvor zitierten neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind lediglich die überschießenden Teile zu weit gefasster Anträge zurückzuweisen, sofern sie mit den restlichen angefochtenen Bestimmungen nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Hier erweist sich also der Hauptantrag, der sich gegen die gesamte Bestimmung des § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 richtet, lediglich im Umfang von deren Wendung "originäre oder" als zulässig, weil der überschießend angefochtene Rest der Bestimmung über die Genehmigungspflicht derivativer Erwerbe in diesem Sinn trennbar ist. Nur für die Wendung "originäre oder" geht auch die Tiroler Landesregierung – allerdings auf Grund der Annahme der Zulässigkeit des Eventualantrages – von der Zulässigkeit der Anfechtung aus. Angesichts des – teilweise – zulässigen Hauptantrages ist auf den Eventualantrag nicht mehr einzugehen.

1.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag im dargelegten Umfang als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Die Antragsteller bringen im Wesentlichen vor, die Wendung "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita TGVG 1970 sei kompetenzwidrig, weil sie auch originäre Eigentumserwerbe der Genehmigungspflicht für Grunderwerbe unterwerfe und so verhindere, dass ipso iure originär Eigentum erworben werde, wie es ansonsten zivilrechtlich vorgesehen sei. Daher treffe die Vorschrift eine zivilrechtliche Regelung, für deren Erlassung dem Landesgesetzgeber – angesichts der Bundeskompetenz für das Zivilrechtswesen gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B VG – keine Zuständigkeit zukomme. Dieses Bedenken ist begründet:

2.3. Mit Erkenntnis VfSlg 19.427/2011 hob der Verfassungsgerichtshof § 4 Abs 2 litb des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TGVG 1996), LGBl für Tirol 61 idF 85/2005, als verfassungswidrig auf. Diese Vorschrift unterwarf jeden originären Eigentumserwerb an land oder forstwirtschaftlichen Grundstücken dem Erfordernis der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde. Zur Begründung der Aufhebung führte der Verfassungsgerichtshof zunächst aus, dass zwar Regelungen, durch die der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterworfen wird, gemäß ArtVII B VG-Novelle 1974, BGBl 444, der Landesgesetzgebung vorbehalten seien; unter "Verkehr mit Grundstücken" im Sinne des ArtVII B VG-Novelle 1974 sei jedoch nur der rechtsgeschäftliche Verkehr zu verstehen, sodass diese Bestimmung als Grundlage für landesgesetzliche Beschränkungen originärer Erwerbe ausscheide (vgl. auch VfSlg 11.777/1988).

Ferner führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass es sich bei der Vorschrift des § 4 Abs 2 litb TGVG 1996 um eine zivilrechtliche Regelung handle. Eine solche dürfe der Landesgesetzgeber auf Grund von Art 15 Abs 9 B VG nur dann treffen, wenn sie "in einem unerlässlichen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen, die den Hauptinhalt des jeweiligen Gesetzes bilden", stehe (VfSlg 8989/1980, 10.097/1984). Voraussetzung sei, dass ein innerer, "rechtstechnischer" Zusammenhang der zivilrechtlichen Regelung mit einer konkreten Bestimmung öffentlich-rechtlichen Inhalts des Gesetzes bestehe und dass die jeweilige Bestimmung zivilrechtlichen Inhalts eine notwendige Ergänzung einer bestimmten Regelung der Verwaltungsmaterie darstelle (VfSlg 13.322/1992, 19.427/2011). Dieser Zusammenhang zu öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des TGVG 1996 fehle für § 4 Abs 2 litb leg.cit.: Diese Bestimmung habe nicht bloß einen ergänzenden Inhalt zu einer Verwaltungsvorschrift des Landes, sondern es handle sich um eine rechtstechnisch selbständige Regelung des Eintritts eines originären Eigentumserwerbs. Die Vorschrift diene nämlich nicht dazu, Missbräuche dadurch zu vermeiden, dass die Grundverkehrsbehörde lediglich dazu ermächtigt werde, von Amts wegen zu prüfen, ob ein originärer Eigentumserwerb stattgefunden habe, um allfälligen Rechtsmissbräuchen durch ein Durchgreifen auf das – verborgene – in Wahrheit genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft zu ermöglichen. Diese Bestimmung stelle daher keine zulässige akzessorische Regelung zu einer landesgesetzlichen Hauptregelung dar, weil sie zur Hauptregelung des Landes betreffend den rechtsgeschäftlichen Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken nicht im Sinne des Art 15 Abs 9 B VG erforderlich sei.

2.4. Die hier angefochtene Vorschrift ist eine nahezu inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung zu der mit Erkenntnis VfSlg 19.427/2011 als kompetenzwidrig aufgehobenen Norm. Die angefochtene Wendung unterscheidet sich von der seinerzeit aufgehobenen Bestimmung lediglich darin, dass sie originäre Eigentumserwerbe nicht nur für den Verkehr mit land und forstwirtschaftlichen Grundstücken, sondern zusätzlich für den sogenannten "Ausländergrundverkehr" (vgl. § 1 Z 2 TGVG 1970) der Genehmigungspflicht unterwirft. Die in VfSlg 19.427/2011 angestellten Überlegungen zur kompetenzrechtlichen Zulässigkeit landesgesetzlicher Genehmigungspflichten für originäre Eigentumserwerbe an land und forstwirtschaftlichen Grundstücken sind auf die Beurteilung der Verfassungskonformität der hier angefochtenen Wendung zur Gänze zu übertragbar, sodass sie aus denselben Gründen wie die behobene Nachfolgeregelung verfassungswidrig war.

2.5. Die angefochtene Bestimmung ist daher schon aus den dargelegten Gründen mit Verfassungswidrigkeit behaftet, sodass auf das weitere Vorbringen der Antragsteller nicht einzugehen ist.

V. Ergebnis

1. Da die Bestimmung, deren Aufhebung mit dem Antrag begehrt wird, bereits außer Kraft getreten ist, ist auszusprechen, dass die Wortfolge "originäre oder" in § 3 Abs 1 lita des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl für Tirol 4/1971, verfassungswidrig war.

2. Die Verpflichtung des Tiroler Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG, § 64 Abs 2 VfGG und § 2 Abs 1 liti Tiroler Landes-Verlautbarungsgesetz, LGBl 125/2013.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, da es im Falle eines auf Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B VG eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G191.2015