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VfGH vom 12.03.2019, G190/2018

VfGH vom 12.03.2019, G190/2018

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Kontrolle der AGBs von Energieversorgern durch die Regulierungsbehörde und die ordentlichen Gerichte; nebeneinander bestehende Kontrolle betrifft dieselben abstrakten Rechtsfragen – nicht jedoch dieselbe Rechtssache; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auf Grund präziser Rechtsvorschriften hinsichtlich der Zuständigkeit der Regulierungsbehörde einer- und der ordentlichen Gerichte andererseits

Spruch

I.Soweit sich der Antrag auf § 28 Abs 1 und Abs 2 des Bundesgesetzes vom , mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (KonsumentenschutzgesetzKSchG), BGBl Nr 140/1979 in der Fassung BGBl I Nr 6/1997, auf die Wortfolge "unbeschadet des § 28 Abs 1" in § 28a Abs 1 KSchG, BGBl Nr 140/1979 in der Fassung BGBl I Nr 35/2016, auf § 28a Abs 2 KSchG, BGBl Nr 140/1979 in der Fassung BGBl I Nr 185/1999, sowie auf den Verweis "§28 Abs 1" in § 29 Abs 2 KSchG, BGBl Nr 140/1979 in der Fassung BGBl I Nr 185/1999, bezieht, wird er abgewiesen.

II.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge:

"die folgenden präjudiziellen Bestimmungen, nämlich

§28 Abs 1 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 91/2003 sowie in § 28a Abs 1 KSchG die Wortfolge 'unbeschadet des § 28 Abs 1', BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 35/2016, und in § 29 Abs 2 KSchG den Verweis '§28 Abs 1', BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 185/1999

in eventu

§28 Abs 1 und 2 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 91/2003 sowie in § 28a Abs 1 KSchG die Wortfolge 'unbeschadet des § 28 Abs 1' und § 28a Abs 2, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 35/2016 sowie in § 29 Abs 2 KSchG den Verweis '§28 Abs 1', BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 185/1999;

in eventu

§28 Abs 1, 2 und 3 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 91/2003; § 28a Abs 1, 1a und 2 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 35/2016; § 29 Abs 1, 2 und 3 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 185/1999 sowie § 30 Abs 1 und 2 KSchG, BGBl Nr 140/1979 idF BGBl I Nr 6/1997;

in Prüfung ziehen und gemäß Art 140 Abs 3 B-VG und § 64 VfGG im nötigen Umfang als verfassungswidrig aufheben sowie gemäß § 63 Abs 1 VfGG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen."

II.Rechtslage

1.Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen sind hervorgehoben):

2.Die § 28, 29 und 30 des Bundesgesetzes vom , mit dem Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher getroffen werden (KonsumentenschutzgesetzKSchG), BGBl 140/1979 idF BGBl I 91/2003, lauten samt Überschriften wörtlich wie folgt:

"II. HAUPTSTÜCK

Verbandsklage

Unterlassungsanspruch

§28. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung geklagt werden. Dieses Verbot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden ist.

(2) Die Gefahr einer Verwendung und Empfehlung derartiger Bedingungen besteht nicht mehr, wenn der Unternehmer nach Abmahnung durch eine gemäß § 29 klageberechtigte Einrichtung binnen angemessener Frist eine mit angemessener Konventionalstrafe (§1336 ABGB) besicherte Unterlassungserklärung abgibt.

(3) Wer Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Formblätter für Verträge verwendet oder empfiehlt, hat diese einer nach § 29 klagebefugten Einrichtung auf deren Verlangen binnen vier Wochen auszufolgen, sofern die Einrichtung glaubhaft macht, dass die Kenntnis der Geschäftsbedingungen oder Formblätter zur Wahrnehmung der Interessen der Verbraucher erforderlich ist."

"Klageberechtigung

§29. (1) Der Anspruch kann von der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer, dem Österreichischen Landarbeiterkammertag, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, dem Verein für Konsumenteninformation und dem Österreichischen Seniorenrat geltend gemacht werden.

(2) Liegt der Ursprung des Verstoßes (§§28 Abs 1 und 28a Abs 1) in Österreich, so kann der Anspruch auch von jeder der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Kommission gemäß Artikel 4 Abs 3 der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl. Nr L 166 vom , S 51, veröffentlichten Stellen und Organisationen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geltend gemacht werden, sofern

1. die von dieser Einrichtung geschützten Interessen in diesem Mitgliedstaat beeinträchtigt werden und

2. der in der Veröffentlichung angegebene Zweck der Einrichtung diese Klagsführung rechtfertigt.

(3) Die Veröffentlichung ist bei Klagseinbringung nachzuweisen."

"Anwendung des UWG

§30. (1) Die § 24, 25 Abs 3 bis 7 und 26 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 gelten sinngemäß.

(2) Der § 7 Abs 2 erster Satz und der § 8 Abs 2 JN sind nicht anzuwenden."

3.§28a KSchG, BGBl 140/1979 idF BGBl I 35/2016, lautete – bis zu seiner Novellierung durch BGBl I 50/2017 – wörtlich wie folgt:

"§28a. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Haustürgeschäften, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, den allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers (§5a), Verbraucherkreditverhältnissen, Pauschalreisevereinbarungen, Teilzeitnutzungsrechtsverhältnissen, Abschlüssen im Fernabsatz, der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln, der Gewährleistung oder Garantie beim Kauf oder bei der Herstellung beweglicher körperlicher Sachen, der Forderung von Telefonkosten (§6b) oder zusätzlichen Zahlungen (§6c), der Leistungsfrist (§7a) oder dem Gefahrenübergang (§7b), im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft im elektronischen Geschäftsverkehr, Wertpapierdienstleistungen, Dienstleistungen der Vermögensverwaltung, Zahlungsdiensten, der Ausgabe von E-Geld oder Verbraucherzahlungskonten gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt, im Zusammenhang mit der alternativen Streitbeilegung (§19 AStG) oder der Online-Streitbeilegung (Artikel 14 Abs 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr 524/2013) Informationspflichten verletzt oder gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot auf Grund der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr L 376 vom , S. 36, bei der Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt verstößt und dadurch jeweils die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt, kann unbeschadet des § 28 Abs 1 auf Unterlassung geklagt werden.

(1a) Abs 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unternehmer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Heimverträgen gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt.

(2) § 28 Abs 2 ist anzuwenden."

4.§28a KSchG, BGBl 140/1979 idF BGBl I 50/2017, lautet wörtlich wie folgt:

"§28a. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Haustürgeschäften, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, den allgemeinen Informationspflichten des Unternehmers (§5a), Verbraucherkreditverhältnissen, Pauschalreiseverträgen und Verträgen über die Vermittlung verbundener Reiseleistungen, Teilzeitnutzungsrechtsverhältnissen, Abschlüssen im Fernabsatz, der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln, der Gewährleistung oder Garantie beim Kauf oder bei der Herstellung beweglicher körperlicher Sachen, der Forderung von Telefonkosten (§6b) oder zusätzlichen Zahlungen (§6c), der Leistungsfrist (§7a) oder dem Gefahrenübergang (§7b), im Zusammenhang mit Diensten der Informationsgesellschaft im elektronischen Geschäftsverkehr, Wertpapierdienstleistungen, Dienstleistungen der Vermögensverwaltung, Zahlungsdiensten, der Ausgabe von E-Geld oder Verbraucherzahlungskonten gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt, im Zusammenhang mit der alternativen Streitbeilegung (§19 AStG) oder der Online-Streitbeilegung (Artikel 14 Abs 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr 524/2013) Informationspflichten verletzt oder gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot auf Grund der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr L 376 vom , S. 36, bei der Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt verstößt und dadurch jeweils die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt, kann unbeschadet des § 28 Abs 1 auf Unterlassung geklagt werden.

(1a) Abs 1 ist auch anzuwenden, wenn ein Unternehmer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit Heimverträgen gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot verstößt und dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt.

(2) § 28 Abs 2 ist anzuwenden."

5.§12 des Bundesgesetzes über die Regulierungsbehörde in der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (Energie-Control-Gesetz – E-ControlG), BGBl I 110/2010 idF BGBl I 174/2013, dessen ersten beide Absätze im Verfassungsrang stehen, lautet auszugsweise wörtlich:

"§12. (1) (Verfassungsbestimmung) Die Regulierungskommission der E-Control ist zur bescheidmäßigen Erledigung folgender Aufgaben zuständig:

(…)

4. die Untersagung der Anwendung von Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit elektrischer Energie und Erdgas gemäß § 80 ElWOG 2010 und § 125 GWG 2011, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen;

(…)

(3) Die Regulierungskommission hat in den Fällen des Abs 1 Z 2, 3 und 4 den Bescheid innerhalb von zwei Monaten ab Antragstellung zu erlassen. Diese Frist verlängert sich um zwei Monate, wenn die Behörde zusätzliche Informationen anfordert. Mit Zustimmung aller am Verfahren beteiligten Parteien ist eine weitere Fristverlängerung zulässig.

(4) Die Partei, die sich mit Entscheidungen gemäß Abs 1 Z 2 und 3 nicht zufrieden gibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei dem zuständigen ordentlichen Gericht anhängig machen. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufungsfrist obliegt dem Gericht; der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen."

6.§80 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010), BGBl I 110/2010, lautet samt Überschrift wörtlich:

"Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit elektrischer Energie

§80. (1) (Grundsatzbestimmung) Versorger haben Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit elektrischer Energie für Kunden, deren Verbrauch nicht über einen Lastprofilzähler gemessen wird, zu erstellen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie ihre Änderungen sind der Regulierungsbehörde vor ihrem In-Kraft-Treten in elektronischer Form anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(2) Änderungen der Geschäftsbedingungen und der vertraglich vereinbarten Entgelte sind nur nach Maßgabe des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs und des Konsumentenschutzgesetzes zulässig. Solche Änderungen sind dem Kunden schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Schreiben oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen. In diesem Schreiben sind die Änderungen der Allgemeinen Bedingungen nachvollziehbar wiederzugeben. Wird das Vertragsverhältnis für den Fall, dass der Kunde den Änderungen der Geschäftsbedingungen oder der Entgelte widerspricht, beendet, endet das Vertragsverhältnis mit dem nach einer Frist von 3 Monaten folgenden Monatsletzten.

(3) (Grundsatzbestimmung) Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblätter zwischen Versorgern und Kunden haben zumindest zu enthalten:

1. Name und Anschrift des Versorgers;

2. erbrachte Leistungen und angebotene Qualität sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt für den Beginn der Belieferung;

3. den Energiepreis in Cent pro kWh, inklusive etwaiger Zuschläge und Abgaben;

4. Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, Vorhandensein eines Rücktrittsrechts;

5. etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungsqualität, einschließlich fehlerhafter und verspäteter Abrechnung;

6. Hinweis auf die zur Verfügung stehenden Beschwerdemöglichkeiten;

7. die Bedingungen, zu denen eine Belieferung im Sinne des § 77 erfolgt;

8. Modalitäten, zu welchen der Kunde verpflichtet ist, Teilbetragszahlungen zu leisten, wobei eine Zahlung zumindest zehn Mal jährlich jedenfalls anzubieten ist.

(4) (Grundsatzbestimmung) Die Versorger haben ihre Kunden nachweislich vor Abschluss eines Vertrages über die wesentlichen Vertragsinhalte zu informieren. Zu diesem Zweck ist dem Kunden ein Informationsblatt auszuhändigen. Dies gilt auch, wenn der Vertragsabschluss durch einen Vermittler angebahnt wird.

(5) Durch die Regelungen der Abs 1 bis 4 bleiben die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt."

7.§125 des Bundesgesetzes, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz 2011 – GWG 2011), BGBl I 107/2011, lautet samt Überschrift wörtlich:

"Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit Erdgas

§125. (1) Erdgashändler und Versorger haben Allgemeine Geschäftsbedingungen für die Belieferung mit Erdgas für Kunden, deren Verbrauch nicht mit einem Lastprofilzähler gemessen wird zu erstellen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie ihre Änderungen sind der Regulierungsbehörde vor ihrem Inkrafttreten in elektronischer Form anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(2) Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der vertraglich vereinbarten Entgelte sind nur nach Maßgabe des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs und des Konsumentenschutzgesetzes, BGBl Nr 140/1979, zulässig. Solche Änderungen sind den Kunden schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Schreiben oder auf deren Wunsch elektronisch mitzuteilen. In diesem Schreiben sind die Änderungen der Allgemeinen Bedingungen nachvollziehbar wiederzugeben. Wird das Vertragsverhältnis für den Fall, dass der Kunde den Änderungen der Geschäftsbedingungen oder der Entgelte widerspricht, beendet, endet das Vertragsverhältnis mit dem nach einer Frist von drei Monaten folgenden Monatsletzten.

(3) Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblätter zwischen Versorgern und Kunden haben zumindest zu enthalten:

1. Name und Anschrift des Erdgashändlers bzw Versorgers;

2. erbrachte Leistungen und angebotene Qualitätsstufen sowie den voraussichtlichen Zeitpunkt für den Beginn der Belieferung;

3. Art und Weise, wie aktuelle Informationen über die jeweils geltenden vertraglich vereinbarten Entgelte für den Kunden zur Verfügung gestellt werden;

4. Vertragsdauer, Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Leistungen und des Vertragsverhältnisses, Vorhandensein eines Rücktrittsrechts;

5. etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungsqualität einschließlich fehlerhafter und verspäteter Abrechnung;

6. einen Hinweis auf die zur Verfügung stehenden Beschwerdemöglichkeiten;

7. Modalitäten, zu welchen der Kunde verpflichtet ist, Teilbetragszahlungen zu leisten, wobei eine Zahlung zumindest zehn Mal jährlich jedenfalls anzubieten ist;

8. den Energiepreis in Cent pro kWh, inklusive etwaiger Zuschläge und Abgaben;

9. die Bedingungen, zu denen eine Belieferung im Sinne des § 124 erfolgt.

(4) Die Versorger haben ihre Kunden nachweislich vor Abschluss eines Vertrages über die wesentlichen Vertragsinhalte zu informieren. Zu diesem Zweck ist dem Kunden ein Informationsblatt auszuhändigen. Dies gilt auch, wenn der Vertragsabschluss durch einen Vermittler angebahnt wird.

(5) Die Regulierungsbehörde kann die Anwendung der gemäß Abs 1 angezeigten Lieferbedingungen innerhalb von zwei Monaten insoweit untersagen, als diese gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die Zuständigkeiten zur Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(6) Durch die Regelungen der Abs 1 bis 5 bleiben die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt."

III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Der Verein für Konsumenteninformation (die beteiligte Partei im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, ein zur Erhebung der Verbandsklage berechtigter Verband iSd § 29 KSchG) begehrte in seiner beim Landesgericht Wiener Neustadt eingebrachten Verbandsklage, die antragstellende Gesellschaft schuldig zu erkennen, die Verwendung einer näher bezeichneten Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden "AGB") oder sinngleicher Klauseln im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom wurde dieser Klage stattgegeben.

2.Die antragstellende Gesellschaft erhob Berufung gegen dieses Urteil und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels unter einem den vorliegenden Antrag.

2.1.Die antragstellende Gesellschaft führt einleitend zum österreichischen Erdgas- und Elektrizitätsmarkt aus, dass seit der vollständigen Liberalisierung desselben jeder Verbraucher neben einem Netzzugangsvertrag mit dem (monopolistischen) Verteilernetzbetreiber auch einen Energieliefervertrag mit einem Energielieferanten seiner Wahl abschließe. Die Elektrizitäts- und Gaswirtschaftsmärkte würden von der Regulierungsbehörde Energie-Control Austria (im Folgenden "ECA") reguliert. Die ECA bzw deren Regulierungskommission sei unter anderem auch für die präventive Vorabkontrolle der Allgemeinen Lieferbedingungen der Energielieferanten, die für Verbraucher und zum Teil auch für Unternehmer gelten, zuständig und habe deren Anwendung, sofern ein Verstoß gegen die Gesetze bzw die guten Sitten vorliege, bescheidmäßig zu untersagen (§12 Abs 1 Z 4 E-ControlG).

2.2.Zum Sachverhalt führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass sie ein Energieversorgungsunternehmen ("EVU") sei und Dienstleistungen auf dem Energiesektor in den Sparten Strom, Erdgas und Wärme erbringe. Sie verwende im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern ihre Allgemeinen Bedingungen für die Lieferung von elektrischer Energie und Erdgas, jeweils gültig ab . Beide AGB würden in Punkt V.3 branchenübliche Änderungskündigungsklauseln enthalten. Die AGB seien der ECA im Herbst 2014 ordnungsgemäß angezeigt und von dieser nicht untersagt worden. Schon gegen die weitgehend wortgleiche Vorgängerbestimmung seien niemals Bedenken, nämlich weder von der ECA noch von der Arbeiterkammer, geäußert worden.

Die antragstellende Gesellschaft sei hinsichtlich dieser Änderungskündigungsklausel von der beteiligten Partei auf Unterlassung nach § 28 Abs 1 KSchG geklagt worden. Bereits in der Klagebeantwortung sei vorgebracht worden, dass die Verbandsklage unzulässig sei, weil die inkriminierte Klausel der Vorabkontrolle durch die ECA unterliege. Es sei bereits im erstinstanzlichen Verfahren angeregt worden, dass ein Gerichtsantrag auf Aufhebung des § 28 KSchG an den Verfassungsgerichtshof gestellt werde. Das Erstgericht habe die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Gesellschaft verworfen und der Klage auf Grundlage des § 28 (iVm § 29) KSchG stattgegeben.

2.3.Zur Zulässigkeit bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass sie mit dem Urteil des Erstgerichtes dazu verpflichtet worden sei, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern die Verwendung einer in ihren AGB enthaltenen Klausel (bzw sinngleicher Klauseln) zu unterlassen. Darüber hinaus sei der beteiligten Partei die Ermächtigung erteilt worden, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruches binnen sechs Monaten ab Rechtskraft auf Kosten der antragstellenden Gesellschaft zu veröffentlichen. Der Antrag sei daher anlässlich einer von einem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache in erster Instanz und zeitgleich mit der fristgerechten Einbringung eines Rechtsmittels erhoben worden. Bei dem vorliegenden Verfahren handle es sich um kein Verfahren, das von der taxativen Aufzählung des § 62a Abs 1 Z 1 bis 9 VfGG erfasst sei.

Es sei offenkundig, dass das Erstgericht die angegriffenen Bestimmungen, nämlich insbesondere § 28 Abs 1 KSchG, im Anlassfall anzuwenden gehabt und auch angewendet habe. Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Gesetzes käme das (Berufungs-)Gericht zwingend zu dem Ergebnis, dass die Klage gegen die antragstellende Gesellschaft in Ermangelung einer den Anspruch tragenden Rechtsgrundlage zurückzuweisen gewesen wäre.

2.4.In der Sache führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass Justiz und Verwaltung gemäß Art 94 Abs 1 B-VG in allen Instanzen voneinander getrennt sein müssten. Dies beinhalte auch ein Verbot von sogenannten "Parallelzuständigkeiten", sodass Gerichte und Verwaltungsbehörden nicht zur Entscheidung in derselben Sache berufen sein dürften. Alle Aufgaben der Vollziehung müssten vom Gesetzgeber nach objektiven Kriterien entweder der Gerichtsbarkeit oder der Verwaltung übertragen werden.

2.4.1.Art83 Abs 2 B-VG normiere das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Der Verfassungsgerichtshof nehme in ständiger Rechtsprechung an, dass Art 83 Abs 2 B-VG auch den Gesetzgeber binde. Dieser müsse die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien, exakt, klar und eindeutig festlegen. Die Regelungen der Behördenzuständigkeit hätten präzise zu sein und müssten strengen Prüfungsmaßstäben standhalten. Dies ergebe sich in ständiger Rechtsprechung auch aus dem Legalitätsprinzip nach Art 18 Abs 1 B-VG.

2.4.2.Die Verpflichtung der antragstellenden Gesellschaft zur Erstellung von AGB resultiere aus § 80 ElWOG 2010 bzw § 125 GWG 2011, die zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorschriften erlassen worden seien. § 80 Abs 2 ElWOG 2010 und § 125 Abs 2 GWG 2011 hätten Art 1 litb Anhang I der Richtlinie 2009/72/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG sowie der Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG umgesetzt, denen zufolge schutzbedürftige Kunden rechtzeitig über beabsichtigte Änderungen der Vertragsbedingungen und ihr Rücktrittsrecht unterrichtet werden müssten. Die RL 2009/72/EG und 2009/73/EG sähen ein einseitiges Vertragsanpassungsrecht des Energielieferanten mit kostenlosem Rücktrittsrecht des Verbrauchers vor. Die Überwachung der Einhaltung des im Energiewirtschaftssektor unionsrechtlich determinierten hohen Verbraucherschutzes sei auch Aufgabe der nationalen Regulierungsbehörden (Art37 Abs 1 litn RL 2009/72/EG), in Österreich somit der ECA. Dies werde durch § 28 Abs 1 KSchG konterkariert.

2.4.3.Art47 GRC garantiere einen effektiven Rechtsschutz. Dieser könne nur gegeben sein, wenn keine "Doppel- und Parallelzuständigkeiten" vorlägen. Zu beachten sei dabei, dass § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG – anders als § 28 KSchG – nicht nur im Verfassungsrang stehe, sondern auch unionsrechtlich determiniert sei. So sei gemäß Art 37 Abs 1 litn RL 2009/72/EG ausdrücklich vorgesehen, dass die Regulierungsbehörde dazu beitragen solle, dass "Maßnahmen zum Verbraucherschutz, einschließlich der in Anhang I festgelegten Maßnahmen, wirksam sind und durchgesetzt werden." Anhang I Abs 1 litb RL 2009/72/EG und 2009/73/EG betreffe die Änderung von AGB.

2.5.Zum anwendbaren "einfachgesetzlichen Rechtsrahmen" führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass die § 28 bis 30 KSchG den in § 29 KSchG genannten Interessenvertretungen – und damit auch der beteiligten Partei – das Recht zur Verbandsklage gewähren. Demnach seien die in § 29 KSchG genannten Verbände befugt, Klagen auf Unterlassung und Feststellung gegen AGB-Verwender zu erheben. Der Prüfungsmaßstab sei die Geltungs- und Inhaltskontrolle von AGB nach dem ABGB und KSchG. Dieser sei abstrakt und unterscheide sich daher von Individualprozessen.

2.5.1.EVU müssten gemäß § 80 Abs 1 ElWOG 2010 und § 125 Abs 1 GWG 2011 Allgemeine Lieferbedingungen für ihre Kunden erstellen, deren Verbrauch ohne Lastprofilzähler gemessen werde. Diese AGB und alle Änderungen seien der Regulierungsbehörde vor ihrem Inkrafttreten anzuzeigen. Gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG, der im Verfassungsrang stehe, sei die Regulierungskommission der ECA dann zuständig, die Anwendung der angezeigten AGB bescheidmäßig zu untersagen, wenn diese gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen. Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung habe die Regulierungskommission in formeller Hinsicht einen vom individuellen Vertragsverhältnis losgelösten und abstrakten Maßstab heranzuziehen und die AGB in materieller Hinsicht an den § 864a, 879 Abs 1 und Abs 3 ABGB und § 6 KSchG, besonders auch an dessen Abs 3, zu messen. Eindeutiger Sinn und Zweck dieser Vorabkontrolle sei die Beseitigung eines allfälligen Rechtsschutzdefizites.

2.5.2.Der Prüfungsmaßstab der Regulierungsbehörde und der Zweck der Vorabkontrolle seien daher derselbe wie für die Klage nach § 28 Abs 1 KSchG. Es würden – im Unterschied zu anderen ähnlich vorgeschalteten Verwaltungsverfahren – keine anderen Gesichtspunkte, weder in formeller noch in materieller Hinsicht berücksichtigt. Außerdem sei hervorzuheben, dass sich die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde nicht nur auf Verbraucher, sondern auch auf Unternehmer beziehe. Ausschlaggebend sei ausschließlich die Messeinrichtung.

2.6.In Bezug auf diese Rechtslage macht die antragstellende Gesellschaft die nachstehenden verfassungsrechtlichen Bedenken geltend:

2.6.1. Die Verbandsklage führe zu einer verfassungsgesetzlich unzulässigen "Doppelzuständigkeit" hinsichtlich der abstrakten Klauselkontrolle der ECA einerseits und – über den Weg der Verbandsklage – der Zivilgerichte andererseits. Darüber hinaus werde die Entscheidung einer Regulierungsbehörde über § 28 Abs 1 KSchG unmittelbar einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterworfen, was ebenfalls im Widerspruch zu Art 83 Abs 2, Art 18 Abs 1 und Art 94 B-VG stehe (VfSlg 19.281/2010).

2.6.2.Die vom Erstgericht zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 10.476/1985, 16.772/2002, 16.797/2003, 17.083/2003) vermöge an diesem Ergebnis nichts zu ändern, zumal die dortigen Ausgangslagen mit der vorliegenden nicht vergleichbar und die Rechtsprechung daher nicht einschlägig sei. In den diesbezüglichen Erkenntnissen gehe es darum, dass die aus dem Obersten Gerichtshof entsandten Mitglieder im Obersten Patent- und Markensenat quasi in beiden Funktionen mit ein und demselben "Rechtsproblem" befasst würden, sodass der Verfassungsgerichtshof auf die Unterscheidung zwischen der (konkreten) Rechtssache und der (abstrakten) Rechtsfrage verwiesen habe (VfSlg 10.476/1985). Fraglich sei etwa auch gewesen, ob eine Bindung der Gerichte an Einheitswertbescheide zulässig sei, worauf der Verfassungsgerichtshof erwidert habe, dass das Vorliegen eines Tatbestandselementes sehr wohl von einer Verwaltungsbehörde und das Vorliegen eines anderen von einem Gericht festgestellt werden dürfe (VfSlg 17.083/2003).

Im Gegensatz zu diesen Fällen würden hier gerade nicht "nur" dieselben abstrakten Rechtsfragen je nach Zusammenhang einmal von einer Verwaltungsbehörde (etwa in Form einer Vorfrage) und einmal von einem Gericht behandelt. Im Verwaltungsverfahren vor der ECA und im Verbandsverfahren vor den Zivilgerichten liege vielmehr ein und dieselbe Rechtssache vor, zumal dieselben AGB losgelöst vom konkreten Vertragsverhältnis und in kundenfeindlichster Auslegung nach demselben Maßstab, nämlich § 864a, 879 Abs 1 und Abs 3 ABGB und § 6 KSchG, beurteilt und deren Verwendung in derselben Weise untersagt werde.

2.6.3.Vor allem aber sei die vom Erstgericht zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 17.577/2005) zu § 25 Abs 6 Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003, BGBl I 70/2003, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar: Zunächst unterscheide sich der Prüfungsmaßstab nach § 25 Abs 6 TKG 2003 unzweifelhaft von § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG. Danach habe die RTR-GmbH als Regulierungsbehörde im Telekommunikationssektor zu prüfen, dass die AGB den gesetzlichen Vorgaben des TKG 2003 und den darauf basierenden Verordnungen nicht widersprechen. Zu überprüfen sei dabei insbesondere, ob die gesetzlichen Mindestinhalte iSd § 25 Abs 4 und 5, § 71 Abs 4 TKG 2003 hinreichend beachtet worden seien. Eine Beurteilung, ob die AGB auch allen sonstigen gesetzlichen Vorgaben entsprechen, habe die Telekommunikationsbehörde nicht anzustellen. Damit unterscheide sich § 25 Abs 6 TKG 2003 aber maßgeblich von § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG, wonach der ECA als Regulierungsbehörde der Energiewirtschaft die Untersagung der Anwendung von AGB obliege, die gegen ein "gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen" würden. Bereits der Wortlaut des Prüfungsmaßstabes sei mit § 28 Abs 1 KSchG ident.

Weiters sei der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu § 25 Abs 6 TKG 2003 zugrunde liegende Sachverhalt diametral anders gewesen: Dort sei eine Verletzung im Recht auf den gesetzlichen Richter releviert worden, weil die Telekommunikationsbehörde über "zivilrechtliche" Ansprüche entschieden habe. Der Verfassungsgerichtshof habe diese Bedenken völlig richtig deshalb verworfen, weil § 25 Abs 6 TKG 2003 die Zuständigkeit der Behörde präzise regle und es dem Gesetzgeber obliege, festzulegen, ob über bestimmte Angelegenheiten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden habe. Genau diese Festlegung habe der Gesetzgeber für den Bereich der Energiewirtschaft in der Verfassungsbestimmung des § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG auch getroffen: Die abstrakte AGB-Kontrolle obliege schlicht der ECA.

2.6.4.Auch in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei anerkannt, dass zwischen der behördlichen Vorabkontrolle und dem Verbandsverfahren – im Gegensatz zum gerichtlichen Individualverfahren – eine Parallelität herrsche. So habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt (; nahezu gleichlautend , 2004/03/0066), dass es sich bei der aufsichtsbehördlichen Prüfung gemäß § 125 GWG 2011 um eine präventive Klauselkontrolle handle, die sich von der von den Zivilgerichten vorzunehmenden Geltungs- oder Inhaltskontrolle gemäß den § 864a und 879 ABGB sowie § 6 und 9 KSchG – sehe man von Verbandsklagen im Sinne des zweiten Hauptstückes des KSchG ab – schon insofern unterscheide, als im Falle der gerichtlichen Kontrolle in Individualverfahren keine abstrakte, von einem konkreten Vertragsverhältnis losgelöste Beurteilung erfolge, sondern stets auf alle Umstände des Einzelfalles abzustellen sei. Eine allenfalls erteilte behördliche Genehmigung habe für die zivilrechtliche Geltungs- und Inhaltskontrolle keine Bedeutung.

Diese vom Verwaltungsgerichtshof angeführte "abstrakte, von einem konkreten Vertragsverhältnis losgelöste Beurteilung" treffe nicht nur auf den Prüfungsmaßstab in Verbandsprozessen, sondern auch auf jenen der Vorabkontrolle durch die ECA zu. Gerade diese Parallelität der formellen Prüfungsmaßstäbe des anzuwendenden Abstraktionsgrades und des potentiellen "Spruchs", der gleichermaßen auf die Untersagung der Verwendung einer Klausel gerichtet sei, zeige, dass jedenfalls zwischen der Vorabkontrolle und der Verbandsklage auf der einen Seite und dem zivilgerichtlichen Individualverfahren auf der anderen Seite unterschieden werden müsse. Die Möglichkeit einer Verbandsklage neben der Vorabkontrolle durch die ECA führe aber zwangsläufig zu einer "Doppelkontrolle", welche nicht nur die Gefahr von Widersprüchen in sich berge, sondern schlichtweg verfassungsrechtlich unzulässig sei.

Der Maßstab der regulierungsbehördlichen Vorabkontrolle nach § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG umfasse in materieller Hinsicht nach ganz herrschender Ansicht § 864a, 879 Abs 1 und Abs 3 ABGB sowie § 6 KSchG. Dieser Prüfungsmaßstab entspreche, wie sich schon aus den Wortlauten der Bestimmungen ergebe, eins zu eins dem Prüfungsumfang und Zweck der allgemeinen gerichtlichen Inhaltskontrolle von AGB, führe zu einer Doppelzuständigkeit, sei daher iSd Art 94, Art 83 Abs 2 (Art18 Abs 1) B-VG verfassungswidrig und stehe darüber hinaus im einem Spannungsverhältnis zum unionsrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutz nach Art 47 GRC.

2.6.5.Die im Anlassverfahren präjudizielle Bestimmung des § 28 Abs 1 KSchG widerspreche daher (zumindest im Bereich der Energiewirtschaft) Verfassungs- und Unionsrecht. Da der Verfassungsgerichtshof ausschließlich kassatorisch entscheide könne, begehre die antragstellende Gesellschaft die Aufhebung des § 28 Abs 1 KSchG. Auf diese Bestimmung werde in § 28a KSchG sowie in § 29 Abs 2 KSchG verwiesen, weshalb bezüglich dieser Verweisungen ebenfalls die Aufhebung begehrt werde. Eventualiter werde auch die Aufhebung des § 28 Abs 2 KSchG begehrt, zumal durch die Wortfolge "derartiger Bedingungen" offenkundig auf Abs 1 verwiesen werde und die Bestimmung des Abs 2 denklogisch die Existenz eines Unterlassungsanspruches voraussetze. Aus advokatorischer Vorsicht werde eventualiter zudem die Aufhebung der § 28 bis 30 KSchG begehrt.

3.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegentritt.

3.1.Zur anwendbaren Rechtslage wird ausgeführt, dass die Verbandsklage im II. Hauptstück (§§28 bis 30) des KSchG geregelt sei. Ihr Zweck bestehe darin, den Rechtsverkehr von rechtswidrigen Praktiken und Vertragsbedingungen zu befreien und damit auch dem konkret betroffenen Verbraucher das Prozesskostenrisiko abzunehmen; eine vorbeugende AGB-Kontrolle solle die Verwendung gesetz- oder sittenwidriger Klauseln von vornherein verhindern.

3.1.1.Die Verbandsklage nach § 28 KSchG sei bereits in der Stammfassung des KSchG vorgesehen gewesen. Ursprünglich habe sie sich ausschließlich gegen die Verwendung gesetz- oder sittenwidriger Vertragsbedingungen in AGB, die der Verwender den von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern, gerichtet. Mit dem Bundesgesetz zur Änderung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs, des Konsumentenschutzgesetzes, des Versicherungsvertragsgesetzes und des Bundesgesetzes über den erweiterten Schutz der Verkehrsopfer, BGBl I 6/1997, sei der Anwendungsbereich der Verbandsklage dahingehend erweitert worden, dass der Unterlassungsanspruch nunmehr auch das Verbot einschließe, sich auf unzulässige Vertragsbestimmungen zu berufen. Zudem könne die Unterlassungsklage seit auch gegen die bloße Empfehlung der Verwendung gesetz- oder sittenwidriger AGB und/oder Vertragsformblätter für den geschäftlichen Verkehr durch Dritte gerichtet werden.

§28a KSchG sei mit dem am in Kraft getretenen Fernabsatz-Gesetz, BGBl I 185/1999, eingeführt worden. Auf Grund dieser Bestimmung könnten auch bestimmte Verhaltensweisen, die nicht in der Vereinbarung gesetzwidriger Vertragsbedingungen in AGB oder Vertragsformblättern bestünden, mit Unterlassungsklage verfolgt werden, wenn "dadurch die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt" werden könnten. § 28a KSchG sei mehrmals – auch auf Grund europarechtlicher Vorgaben – um neue Tatbestände erweitert worden.

§29 KSchG enthalte in Abs 1 und 2 eine taxative Aufzählung der klageberechtigten Einrichtungen. Die Klagebefugnis gemäß § 29 Abs 1 KSchG umfasse die gesetzlichen Interessenvertretungen, den Österreichischen Gewerkschaftsbund und den Verein für Konsumenteninformation sowie den Österreichischen Seniorenrat, jene gemäß § 29 Abs 2 KSchG Stellen und Organisationen anderer EU-Mitgliedstaaten. § 30 Abs 1 KSchG ordne die sinngemäße Geltung der § 24, 25 Abs 3 bis 7 und 26 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl 448/1984 (WV), an. § 7 Abs 2 erster Satz und § 8 Abs 2 JN seien hingegen gemäß § 30 Abs 2 KSchG nicht anzuwenden.

3.1.2.Das Verbandsklageverfahren nach den § 28 ff. KSchG diene der ex post-Überprüfung von bereits in Verwendung stehenden AGB. Es könne durch eine der in § 29 Abs 1 KSchG genannten klagebefugten Einrichtungen eingeleitet werden, sobald und solange ein Unternehmer AGB den von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde lege.

Im Verbandsklageverfahren werde ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch geltend gemacht, mit dem die Geltendmachung der Einzelansprüche der betroffenen Verbraucher antizipiert werde. Dem von einer klagebefugten Einrichtung im Verbandsprozess erwirkten Unterlassungsgebot komme auch Relevanz für die einzelnen Verträge mit Verbrauchern zu, zumal – auf Grund ausdrücklicher Anordnung in § 28 Abs 1 letzter Satz KSchG – das Unterlassungsgebot auch das Verbot einschließe, sich auf eine in unzulässiger Weise vereinbarte Bedingung zu berufen. Halte sich der Unternehmer nicht an die ihm im Urteil im Verbandsprozess vollstreckbar auferlegten Verbote und berufe er sich (inner- oder außerhalb eines Verfahrens mit einem Verbraucher) auf seine (vermeintlichen) Rechte aus der Klausel, so setze er sich der Unterlassungsexekution durch den Verband aus.

3.1.3.Mit § 28 Abs 1 KSchG würden Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen umgesetzt. Art 7 Abs 1 RL 93/13/EWG sehe vor, dass die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen hätten, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden seien, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt werde. Diese Mittel müssten nach Art 7 Abs 2 RL 93/13/EWG auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher hätten, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen könnten, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst worden seien, missbräuchlich seien, und angemessene und wirksame Mittel anwenden würden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

Die RL 93/13/EWG gelte nach ihrem Art 1 allgemein für Verträge "zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern". Eine Ausnahme für den Bereich der Energiewirtschaft bestehe nicht. Somit müsse das innerstaatliche Recht auch im Zusammenhang mit Vertragsklauseln von Energieversorgungsunternehmen eine Klagemöglichkeit für Verbraucherschutzorganisationen gemäß Art 7 Abs 2 RL 93/13/EWG vorsehen.

3.1.4.Für AGB im Bereich der Energiewirtschaft würden folgende materienspezifische Regelungen gelten: Energieversorgungsunternehmen seien gemäß § 80 ElWOG 2010 und § 125 GWG 2011 zur Erstellung von AGB für die Belieferung mit elektrischer Energie und Erdgas von Kunden, deren Verbrauch nicht mit einem Lastprofilzähler gemessen werde, verpflichtet. Die AGB und alle Änderungen seien gemäß Abs 1 der genannten Bestimmungen vor ihrem Inkrafttreten zwingend der Regulierungsbehörde anzuzeigen. Sie müssten die in § 80 Abs 3 ElWOG 2010 bzw § 125 Abs 3 GWG 2011 angeführten Mindestinhalte aufweisen. Ihre Änderung sei gemäß § 80 Abs 2 ElWOG 2010 bzw § 125 Abs 2 GWG 2011 nur nach Maßgabe des ABGB und des KSchG zulässig. Gemäß § 80 Abs 5 ElWOG 2010 bzw § 125 Abs 6 GWG 2011 blieben die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt.

Die Verfassungsbestimmung des § 12 Abs 1 E-ControlG enthalte eine taxative Aufzählung der von der Regulierungskommission der ECA bescheidmäßig zu erledigenden Aufgaben. Zu diesen Aufgaben zähle gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG unter anderem die Untersagung der Anwendung von AGB für die Belieferung mit elektrischer Energie und Erdgas gemäß § 80 ElWOG 2010 und § 125 GWG 2011, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen.

Das Untersagungsverfahren nach § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG diene der ex ante-Überprüfung von AGB (präventive Klauselkontrolle). Es finde anlässlich der verpflichtenden Anzeige von AGB statt. Ein allfälliger Untersagungsbescheid müsse gemäß § 12 Abs 3 E-ControlG binnen zwei Monaten, im Falle einer Fristverlängerung binnen vier Monaten nach der Anzeige (im Gesetzeswortlaut "Antragstellung"), erlassen werden. Ein Inkrafttreten und somit eine Anwendung von angezeigten AGB vor einer fristgerechten Entscheidung der Regulierungsbehörde sei nicht zulässig (). Verbraucherschutzorganisationen iSd Art 7 Abs 2 RL 93/13/EWG kämen im Verfahren gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG keinerlei Antrags- oder Parteirechte zu. Die Regulierungsbehörde könne im Verfahren gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG die (weitere) Anwendung der angezeigten AGB pro futurountersagen, nicht aber die Berufung auf Klauseln in bereits abgeschlossenen Verträgen.

3.1.5.Die RL 2009/72/EG und 2009/73/EG enthielten unionsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Regulierungsbehörde. Art 37 Abs 1 litn RL 2009/72/EG und Art 41 Abs 1 lito RL 2009/73/EG sähen vor, dass die Regulierungsbehörde zusammen mit anderen einschlägigen Behörden dazu beizutragen habe, dass Maßnahmen zum Verbraucherschutz, einschließlich der in Anhang I festgelegten Maßnahmen, wirksam seien und durchgesetzt würden. Der jeweilige Anhang I der RL enthalte einen Katalog von Maßnahmen zum Schutz der Kunden. Eine Verpflichtung zur Einrichtung eines aufsichtsbehördlichen Vorabkontrollverfahrens, wie es in § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG verankert sei, oder einer Klagemöglichkeit für Verbraucherschutzverbände gegen missbräuchliche Vertragsklauseln, wie sie Art 7 Abs 2 RL 93/13/EWG vorsehe, sei darin nicht ausdrücklich vorgesehen.

Anhang I Abs 1 der RL 2009/72/EG und 2009/73/EG stelle jeweils ausdrücklich klar, dass damit keine Änderung der RL 93/13/EWG verbunden sei. Die den Mitgliedstaaten aus Art 7 RL 93/13/EWG erwachsende Verpflichtung, eine Klagemöglichkeit für Verbraucherschutzorganisationen gegen missbräuchliche Vertragsklauseln vorzusehen, bleibe daher von den spezifischen Aufgaben und Zuständigkeiten der Regulierungsbehörde im Energiewirtschaftsbereich unberührt.

3.2.Zur Zulässigkeit des vorliegenden Antrages führt die Bundesregierung aus, dass es den Haupt- und Nebenanträgen teilweise an der Präjudizialität mangle.

3.2.1.§28 Abs 1 KSchG sei nur insoweit präjudiziell, als sich die Bestimmung auf die Verwendung von gesetz- oder sittenwidrigen Bedingungen in AGB oder Vertragsformblättern beziehe. Soweit sie sich auf die Empfehlung solcher Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr beziehe, sei sie nicht präjudiziell. Dasselbe gelte hinsichtlich des – lediglich eventualiter angefochtenen – § 28 Abs 2 und 3 KSchG.

3.2.2.§28a KSchG sei im Anlassverfahren, welches eine Unterlassungsklage gemäß § 28 KSchG betreffe, nicht präjudiziell. Auch § 29 Abs 2 und 3 KSchG fehle es an Präjudizialität, da der Unterlassungsanspruch von einer in § 29 Abs 1 KSchG genannten Einrichtung geltend gemacht worden sei. § 30 KSchG sei im Anlassverfahren ebenfalls nicht präjudiziell.

Die genannten Bestimmungen könnten nur dann zulässigerweise Gegenstand eines Gesetzesprüfungsverfahrens sein, wenn und soweit sie mit den angefochtenen, präjudiziellen Gesetzesbestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stünden. Dies werde im Antrag nicht näher dargelegt, ein solcher untrennbarer Zusammenhang bestehe auch nicht. Der bloße Umstand, dass einzelne Verweisungen bzw Bezugnahmen im Falle der Aufhebung einer Gesetzesbestimmung ins Leere gehen würden, führe nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes gerade nicht zu einem untrennbaren Zusammenhang zwischen den Normen. Dieser Umstand sei vielmehr in aller Regel zwangsläufige (und durchaus auch mitunter ganze Teile von Gesetzen und Verordnungen erfassende) Folge eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens.

3.2.3.Der auf Aufhebung des Verweises "§28 Abs 1" in § 29 Abs 2 KSchG gerichtete Hauptantrag sei hingegen zu eng gefasst: Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes mache ein zu enger Aufhebungsumfang einen Prüfungsantrag unzulässig, wenn der (nach der angestrebten Aufhebung) verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, er also mit den aufzuhebenden Normenteilen untrennbar verbunden ist. Im Falle einer Aufhebung des Verweises "§28 Abs 1" würde der verbleibende Klammerausdruck in § 29 Abs 2 KSchG "(§und 28a Abs 1)" lauten. Da dieser verbleibende Teil auf Grund des nunmehr überflüssigen Wortes "und" sprachlich unverständlich wäre, erweise sich der Hauptantrag insofern als zu eng gefasst.

3.2.4.Der vorliegende Antrag enthalte lediglich Ausführungen zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs 1 KSchG. Eigenständige Bedenken gegen § 28 Abs 2 und 3, § 28a, § 29 und § 30 KSchG, die teils mit Hauptantrag, teils nur eventualiter angefochten seien, würden nicht vorgebracht. Im Hinblick darauf, dass diese Bestimmungen (mit Ausnahme des § 29 Abs 1 KSchG) weder präjudiziell seien noch in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 28 Abs 1 KSchG stünden, würden sich die diesbezüglichen Anträge auch insofern als unzulässig erweisen.

3.3.In der Sache liegt die behauptete Verfassungswidrigkeit aus der Sicht der Bundesregierung nicht vor: Im Verbandsklageverfahren nach § 28 KSchG werde über eine andere Rechtssache entschieden als im aufsichtsbehördlichen Verfahren nach § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG. Die jeweilige "Untersagung" von AGB in den beiden Verfahren habe auch unterschiedliche Rechtswirkungen. Im Verbandsklageverfahren werde unmittelbar über zivilrechtliche Ansprüche entschieden. Solche Ansprüche könnten zum Zeitpunkt des aufsichtsbehördlichen Verfahrens, also vor Wirksamwerden der AGB, noch gar nicht bestehen. Aus diesem Grund seien auch zeitliche Überschneidungen zwischen den beiden Verfahren ausgeschlossen.

3.3.1.Dies werde durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum aufsichtsbehördlichen Vorabkontrollverfahren gemäß § 25 Abs 6 TKG 2003 bestätigt. Dieses Verfahren sei im Wesentlichen gleich ausgestaltet wie das Verfahren nach § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG. In seinem Erkenntnis VfSlg 17.577/2005 habe der Verfassungsgerichtshof zwischen der Entscheidung über konkrete zivilrechtliche Ansprüche und dem aufsichtsbehördlichen Widerspruch gegen AGB differenziert. Aus diesen AGB habe zunächst niemand einen Anspruch erworben, sodass über keine zivilrechtlichen Ansprüche entschieden werde. Auch der Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, dass mit einem Widerspruch der Regulierungsbehörde gegen AGB gemäß § 25 Abs 6 TKG 2003 nicht über dieselbe Sache abgesprochen werde ().

Die Zulässigkeit der gerichtlichen Inhaltskontrolle von AGB könne zudem nicht davon abhängen, ob diese in einem Individualverfahren oder in einem Verbandsklageverfahren nach § 28 KSchG stattfinde. In beiden Fällen betreffe das vorangehende aufsichtsbehördliche Verfahren nicht zivilrechtliche Ansprüche. An diesem Ergebnis könnten auch Überschneidungen zwischen den jeweils anzuwendenden Prüfungsmaßstäben nichts ändern. Entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft seien die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Auch § 25 Abs 6 TKG 2003 nenne ausdrücklich § 879 und 864a ABGB sowie die § 6 und 9 KSchG als Prüfungsmaßstab.

3.3.2.Auch das Bedenken, dass die Entscheidung einer Regulierungsbehörde über § 28 Abs 1 KSchG unmittelbar einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterworfen werde, treffe nicht zu. Untersagungsbescheide gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG würden der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nach Art 130 B-VG sowie in weiterer Folge der Überprüfung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes unterliegen. Im Verbandsklageverfahren würden die Zivilgerichte weder materiell noch formell über eine vorangehende Entscheidung der E-Control, sondern ausschließlich über die auf § 28 KSchG gestützte Unterlassungsklage entscheiden.

Das aufsichtsbehördliche Verfahren nach § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG und das zivilgerichtliche Verfahren zur Geltungs- bzw Inhaltskontrolle seien voneinander unabhängige Verfahren, die in einem Komplementärverhältnis zueinander stünden. Die Nichtuntersagung präjudiziere die spätere Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte nicht, weil auch eine noch so aufmerksame und pflichtbewusste Behörde nicht prophylaktisch alle späteren Anwendungsfälle und Auswirkungen einer Klausel vorhersehen und ein unfehlbares Urteil abgeben könne.

Dies ergebe sich auch aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe eine allenfalls erteilte behördliche Genehmigung bzw das Unterlassen eines Widerspruches für eine zivilgerichtliche Geltungs- bzw Inhaltskontrolle keine Bedeutung. Umgekehrt könne auch durch einen Widerspruch bzw das Versagen einer Genehmigung für Geschäftsbedingungen eine Bindung der Zivilgerichte hinsichtlich der Beurteilung bestimmter Klauseln nur insofern – indirekt – bewirkt werden, als die Zivilgerichte gegebenenfalls zu berücksichtigen hätten, dass Klauseln, denen durch die Regulierungsbehörde widersprochen worden sei, im Geltungsbereich des Widerspruchsbescheides nicht verwendet werden dürften ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle aufsichtsbehördlich genehmigter AGB weder durch das KSchG noch das ABGB vorgesehen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass sich regelmäßig Prüfungsmaßstab und Zweck der Genehmigung von der gerichtlichen Überprüfung nach den angeführten Gesetzen unterscheiden würden ( mwH). Die Notwendigkeit, AGB der Regulierungsbehörde vorzulegen, biete keine ausreichende Gewähr dafür, dass die Beklagte nicht doch inhalts- oder sinngleiche Bestimmungen in ihre AGB aufnehme und – angesichts eines immer wieder gegebenen Beurteilungsspielraumes und der Ungewissheit, wie die Regulierungsbehörde die Bedingungen prüfen werde – damit auch durchkomme ().

3.3.3.Auch die behauptete Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art18 Abs 1 B-VG) liege nicht vor. Beim Verbandsklageverfahren nach § 28 KSchG handele es sich um ein vom aufsichtsbehördlichen Verfahren gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG formell und materiell getrenntes Verfahren. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter könne lediglich dann vorliegen, wenn auf Grund der angefochtenen Bestimmungen unklar wäre, welche Behörde bzw welches Gericht zur Entscheidung über eine Verbandsklage zuständig sei. Dies sei aber nicht der Fall und werde von der antragstellenden Gesellschaft auch nicht behauptet.

3.3.4.Aus der Tatsache, dass § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG im Verfassungsrang stehe, könne nichts gewonnen werden, weil diese Bestimmung lediglich die Zuständigkeit der ECA zur bescheidmäßigen Untersagung der Anwendung von AGB gemäß § 80 ElWOG 2010 und § 125 GWG 2011 regle. Die Bestimmungen über die konsumentenschutzrechtliche Verbandsklage blieben davon jedoch im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben unberührt.

Zudem sei die verfassungsrechtliche Verankerung des § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG ausweislich der Gesetzesmaterialien (Erläut zur RV 994 BlgNR 24. GP, 33) wegen der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Beleihung erfolgt. Bereits aus den Materialien zum Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006, BGBl I 106/2006, mit dem das aufsichtsbehördliche Verfahren in der heute geltenden Form eingeführt wurde, ergebe sich, dass die Inhaltskontrolle durch die ordentlichen Gerichte unberührt bleiben solle (Erläut zur RV 1411 BlgNR 22. GP, 39 f.). Es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Verfassungsgesetzgeber mit § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG bewirken wollte, dass AGB im Energiewirtschaftsbereich der Inhaltskontrolle durch die ordentlichen Gerichte entzogen werden sollten, zumal mit dem Bundesgesetz BGBl I 110/2010 – gleichzeitig mit dem E-ControlG – das ElWOG 2010 erlassen worden sei, dessen § 80 Abs 5 ausdrücklich vorsehe, dass die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt bleiben sollten.

3.3.5.Auch die behauptete Verletzung des Art 47 GRC liege nicht vor. Art 47 GRC garantiere in seinem Abs 1 ein – an Art 13 EMRK angelehntes – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. In Abs 2 sei ein – Art 6 Abs 1 EMRK entsprechendes – Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht verankert. Es sei nicht erkennbar, auf welche dieser Verfahrensgarantien die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken im Hinblick auf das geltend gemachte "Recht auf effektiven Rechtsschutz" stütze. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass sich dieses Bedenken auf Art 47 Abs 2 GRC stütze.

Aus den Ausführungen im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Trennungsgrundsatzes ergebe sich, dass die von der antragstellenden Gesellschaft behauptete Doppelzuständigkeit nicht vorliege. Das Bedenken, dass die Überwachung des Verbraucherschutzes im Energiewirtschaftsbereich nach den unionsrechtlichen Vorgaben Aufgabe der nationalen Regulierungsbehörden sei, entspreche im Wesentlichen dem Bedenken im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Dieses Recht werde durch die angefochtenen Bestimmungen nicht verletzt.

Ergänzend sei zu bemerken, dass aus dem Recht auf Zugang zu einem Gericht nach Art 47 Abs 2 GRC kein Recht auf den gesetzlichen Richter, wie es in Art 83 Abs 2 B-VG verankert sei, abgeleitet werden könne. Eine entsprechende Interpretation sei bislang weder vom EGMR vorgenommen worden, noch ließe sie sich aus den Verfassungstraditionen aller Mitgliedstaaten ableiten. Auf die Frage der Vereinbarkeit des § 28 KSchG mit sekundärem Unionsrecht sei nicht einzugehen, weil dieses nicht Prüfungsmaßstab im verfassungsgerichtlichen Normenkontrollverfahren sei. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verbandsklage in Bezug auf AGB im Energiewirtschaftsbereich den unionsrechtlichen Vorgaben widerspreche. Die behauptete Verletzung des Art 47 GRC liege somit nicht vor.

4.Die beteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der den verfassungsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Gesellschaft Folgendes entgegengehalten wird:

4.1.Zur Zulässigkeit des Antrages führt die beteiligte Partei aus, dass die antragstellende Gesellschaft geltend mache, dass die Verbandsklage unzulässig sei, weil die inkriminierte Klausel gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG einer Vorkontrolle durch die Regulierungsbehörde unterliege, was ein nachfolgendes Verbandsverfahren gemäß § 28 Abs 1 KSchG unzulässig machen bzw die im Antrag dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken aufwerfen würde. Richtig sei lediglich, dass es sich bei dem vorliegenden Zivilverfahren um keines der in § 62a Abs 1 Z 1 bis 9 VfGG aufgezählten Verfahren handle.

Die antragstellende Gesellschaft greife die gesamte Bestimmung des § 28 Abs 1 KSchG an sowie die Wortfolge "unbeschadet des § 28 Abs 1" in § 28a Abs 1 KSchG und den Verweis "§28 Abs 1" in § 29 Abs 2 KSchG. Begründend führe sie lediglich aus, dass § 28 Abs 1 KSchG im Anlassverfahren präjudiziell gewesen sei und dass die beiden mitangefochtenen Gesetzesstellen auf § 28 Abs 1 KSchG verweisen würden. Gegen die beiden mitangefochtenen Verweise würden von der antragstellenden Gesellschaft keine Bedenken dargelegt. Es werde weder ihre Präjudizialität im Anlassverfahren noch ein untrennbarer Zusammenhang mit § 28 Abs 1 KSchG behauptet. Ein solcher liege auch nicht vor. Der Hauptantrag sei daher insoweit zu weit gefasst. Gleiches gelte in Bezug auf die beiden noch weiter gefassten Eventualanträge. Die Anträge seien daher teilweise als unzulässig zurückzuweisen. Da die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen nicht hinreichend darlegt habe, erweise sich der Antrag als unzulässig.

Zur beantragten Aufhebung des Verweises "§28 Abs 1" in § 29 Abs 2 KSchG sei anzumerken, dass im Fall einer Stattgabe der sprachlich verunstaltete und letztlich unklare Verweis "§und 28a KSchG" übrig bliebe. Ausgehend von der Prämisse der Präjudizialität dieser Bestimmung bzw einem untrennbaren Zusammenhang mit § 28 Abs 1 KSchG, hätte die antragstellende Gesellschaft auch die Aufhebung des Wortes "und" beantragen müssen.

4.2.In der Sache führt die beteiligte Partei aus, dass von der behaupteten Verfassungs- bzw Unionsrechtswidrigkeit des § 28 Abs 1 KSchG keine Rede sein könne. Nicht umsonst befinde sich die Bestimmung seit unangefochten im Bestand des Bundesrechtes der Republik Österreich. Der Zweck der Verbandsklage bestehe darin, den Rechtsverkehr von rechtswidrigen Praktiken und Vertragsbedingungen zu befreien und dem Verbraucher das Prozessrisiko abzunehmen. Zum Zeitpunkt der Inkriminierung unzulässige AGB sollten präventiv aus dem Verkehr gezogen und gesetzwidrige Verhaltensweisen unterbunden werden.

4.2.1.Die antragstellende Gesellschaft wende sich gegen § 28 Abs 1 KSchG mit dem Argument, dass durch die in § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG vorgesehene Vorabkontrolle der AGB für die Belieferung mit elektrischer Energie und Erdgas eine iSd Art 94, Art 83 Abs 2 (Art18 Abs 1) B-VG verfassungswidrige Doppelzuständigkeit zwischen Justiz und Verwaltungsbehörden bestehe. Auf Grund der – nur zum Zwecke der Begründung einer bundesunmittelbaren Zuständigkeit – im Verfassungsrang stehenden verwaltungsbehördlichen Vorabkontrolle der AGB sei eine zivilgerichtliche Klauselkontrolle im Rahmen eines Verbandsverfahrens verfassungswidrig.

4.2.2.Zunächst sei auszuführen, dass § 80 ElWOG 2010 die Systematik seiner Vorgängerbestimmung, § 45b ElWOG idF BGBl I 106/2006, beibehalten habe. 2010 seien lediglich einige Details ergänzt worden. Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen, wonach die Regelungen des KSchG bzw des ABGB unberührt bleiben sollen, ergebe sich die Zulässigkeit der Überprüfung der AGB-Klauseln durch die ordentlichen Gerichte. Auch in den Gesetzesmaterialien werde ausgeführt, dass die Inhaltskontrolle durch die ordentlichen Gerichte unberührt bleiben solle (Erläut zur RV 1411 BlgNR 22. GP, 31 und 40). Gleiches ergebe sich auch aus § 125 Abs 5 letzter Satz und Abs 6 GWG 2011.

Auch der in den Gesetzesmaterialien zu § 28 KSchG enthaltene Hinweis, dass die klageberechtigten Verbände unabhängig vom Tätigwerden der zuständigen Verwaltungsbehörden in die Lage versetzt werden sollten, Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen entgegenzutreten, passe in dieses Bild. Dass der Gesetzgeber des Jahres 1979 den in § 29 KSchG klagslegitimierten Verbänden auch in jenen Fällen einen Unterlassungsanspruch einräumen habe wollen, in denen AGB einer behördlichen Kontrolle unterliegen, zeige der Gesetzwerdungsprozess der § 28 bis 30 KSchG: Der noch in der Regierungsvorlage des Jahres 1979 vorgesehene § 29 Abs 2 KSchG ("Sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehungsweise der Inhalt der Formblätter [§28] behördlich genehmigt worden und waren bei der Erteilung der Genehmigung die privatrechtlichen Vorschriften zu beachten, so steht demjenigen der Anspruch nach Abs 1 nicht zu, dem in dem Genehmigungsverfahren die Rechte einer Partei zugestanden sind.") habe letztlich keinen Eingang in das KSchG gefunden. Abgesehen davon stehe der beteiligten Partei keine Parteistellung im Verfahren über die Nichtuntersagung von AGB nach dem ElWOG 2010 und GWG 2011 zu. Sogar für den Fall, dass sich die in der Regierungsvorlage des Jahres 1979 angedachte restriktivere Fassung durchgesetzt hätte, wäre der Unterlassungsanspruch in der vorliegenden Konstellation weiterhin zugestanden.

4.2.3.Die antragstellende Gesellschaft übersehe auch, dass es völlig herrschende Ansicht sei, dass die aufsichtsbehördliche Vorabgenehmigung von AGB oder deren Nichtuntersagung die gerichtliche Nachkontrolle nicht ausschließe. Auch in einem aufsichtsbehördlichen Vorabverfahren genehmigte AGB könnten in einem nachfolgenden Zivilverfahren wegen Verstoßes gegen die § 864a und 879 Abs 1 und 3 ABGB bzw § 6 KSchG im Rahmen eines Individualprozesses, eines Musterprozesses oder einer Verbandsklage als unwirksam erachtet werden. Hinzu komme, dass die ECA bei der Behandlung von AGB die sehr komplexen und vielschichtigen Ziele, die ihr in § 4 E-ControlG vorgegeben seien, zu beachten habe, von denen Beiträge zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes (§4 Z 7 E-ControlG) nur eines von vielen sei.

Eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle (aufsichtsbehördlich genehmigter AGB) sei weder durch das KSchG noch durch die einschlägigen Bestimmungen des ABGB vorgesehen, was auch der Oberste Gerichtshof in einem Urteil ausgesprochen habe (). Die antragstellende Gesellschaft führe in ihrer Berufung im Ausgangsverfahren aus, dass die vom Erstgericht zitierte Entscheidung () für die gegenständliche Rechtsfrage nicht relevant wäre, da sich diese auf die damals geltende Rechtslage des TKG (vor der Novellierung im Jahr 2003) bezogen habe, nach welcher der Widerspruch nicht an eine Unvereinbarkeit der AGB mit den § 864a, 879 Abs 3 ABGB und § 6 KSchG gebunden gewesen wäre. Aus dem genannten Urteil des Obersten Gerichtshofes vom werde jedoch ersichtlich, dass dieser die zitierte Rechtsansicht auch noch im Jahr 2008 – und damit nach dem Inkrafttreten des TKG 2003 – vertreten habe.

4.2.4.Die antragstellende Gesellschaft vermeine, dass der Prüfungsmaßstab und der Zweck der Vorabkontrolle durch die ECA gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG und der Inhaltskontrolle der ordentlichen Gerichte gemäß § 28 Abs 1 KSchG ident seien, weshalb zumindest im Bereich der Energiewirtschaft eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelzuständigkeit vorliege. Richtig sei, dass sowohl in § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG als auch nach § 28 Abs 1 KSchG nach dem Wortlaut die Untersagung der AGB an dem Maßstab der gesetzlichen Verbote und der Grenzen der guten Sitten zu messen sei. Aus diesem Umstand sei aber noch nicht zu schließen, dass Prüfungsmaßstab und Prüfungszweck in so einer Weise ident seien, dass eine angeblich verfassungswidrige Doppelzuständigkeit vorliege. Zudem unterscheide sich der Prüfungsmaßstab der Vorabkontrolle durch die ECA von dem der Inhaltskontrolle durch ordentlichen Gerichte schon nach der Bestimmung des § 4 E-ControlG, wonach die ECA neben dem Verbraucherschutz zahlreiche andere Ziele, unter anderem die Förderung eines effektiven Wettbewerbes, als Maßstab für ihre Beurteilung zu verfolgen habe. Auf derartige Ziele stellten die ordentlichen Gerichte bei ihrer Klauselkontrolle nicht ab.

4.2.5.Entgegen der Auffassung der antragstellenden Gesellschaft führe der Umstand, dass dieselben Fragen von Verwaltungsbehörden und Gerichten zu entscheiden sein könnten, keineswegs zur Verfassungswidrigkeit der Normen, die solche Verfahren regelten:

Der Grundsatz der Gewaltenteilung gemäß Art 94 B-VG verbiete nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zwar, dass (ordentliche) Gerichte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden überprüfen oder umgekehrt. Dagegen sei es vielmehr unvermeidlich und notwendig, dass Verwaltungsbehörden Vorfragen beurteilen würden, deren Lösung als Hauptfrage den Gerichten obliege und umgekehrt. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass ein und dieselbe Rechtsfrage je nach ihrem Zusammenhang einmal von einem Gericht und einmal von einer Verwaltungsbehörde beantwortet werde. Es werde dann aber nicht in zwei verschiedenen Verfahren über dieselbe (konkrete) Rechtssache, sondern – teilweise – unter Beantwortung gleicher (abstrakter) Rechtsfragen über unterschiedliche Sachen entschieden (VfSlg 10.476/1985, 16.772/2002, 16.797/2003, 17.083/2003). Ein einfaches Beispiel genüge: Nach ständiger Rechtsprechung bewirke es einen Verstoß gegen § 1 UWG, zur Förderung des eigenen Wettbewerbes zulasten des Mitbewerbers gegen Bestimmungen der Gewerbeordnung zu verstoßen. Die Überprüfung der Einhaltung der Gewerbeordnung obliege zweifelsfrei der zuständigen Verwaltungsbehörde im dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren. Das Zivilgericht, vor dem von einem Mitbewerber oder einem klagslegitimierten Verband ein Unterlassungsanspruch – gestützt auf den durch den Verstoß gegen die Gewerbeordnung bewirkten Wettbewerbsverstoß – geltend gemacht werde, habe genau diesen Verstoß gegen die Gewerbeordnung zu prüfen, den auch die Verwaltungsbehörde zu prüfen gehabt habe. Von einer Verfassungswidrigkeit des UWG könne trotzdem keine Rede sein.

4.2.6.Schon die unterschiedliche Fassung der Unterlassungsgebote dahingehend, dass auch schon das Berufen auf die Klausel in bereits bestehenden Verträgen nach einer Unterlassung gemäß § 28 Abs 1 KSchG ausgeschlossen werde, mache den unterschiedlichen Prüfungszweck der beiden Bestimmungen deutlich. Ein notwendiger Teil des Unterlassungsurteiles im Verbandsprozess bestehe in dem Verbot, sich in bereits geschlossenen Verträgen auf unzulässige Klauseln zu berufen (§28 Abs 1 zweiter Satz KSchG). Eine Vorabkontrolle durch die Behörde sei nicht mit einer solchen Wirkung verbunden. Vielmehr sei Gegenstand der Klauselkontrolle der Regulierungsbehörde im Energiebereich lediglich eine künftige Fassung der AGB. Auf bestehende Verträge, in denen unzulässige Klauseln vereinbart worden seien, habe die Entscheidung der Regulierungsbehörde keinerlei Einfluss.

4.2.7.Ebenfalls fehle es dem Prozedere der ECA an dem unionsrechtlichen Erfordernis des Antragsrechtes durch eine qualifizierte Einrichtung, wie einen klagebefugten Verband nach § 29 KSchG, wodurch nochmals der unterschiedliche Zweck der beiden Bestimmungen ersichtlich werde. Die antragstellende Gesellschaft versuche nun darzulegen, dass lediglich im Energierecht eine solche Vorabkontrolle stattfinde und diese mit anderen ähnlich konzipierten verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zur Vorabkontrolle, wie § 25 Abs 6 TKG 2003, nicht vergleichbar wäre.

Die antragstellende Gesellschaft übersehe, dass der Verwaltungsgerichtshof deutlich ausspreche, dass eine allenfalls erteilte behördliche Genehmigung bzw Nicht-Untersagung für eine zivilgerichtliche Geltungs- bzw Inhaltskontrolle keine Bedeutung habe (). Ausgehend von einer solchen präventiven Klauselkontrolle stehe der Behörde gemäß § 125 Abs 5 GWG 2011 daher nur die Kompetenz zu, die (weitere) Anwendung der angezeigten AGB pro futuro zu untersagen. Der Behörde komme jedoch nicht die Kompetenz zu, in bereits abgeschlossene Verträge einzugreifen. Die Untersagung der Berufung auf Klauseln in bereits abgeschlossenen Verträgen sei von der präventiven Klauselkontrolle der Regulierungsbehörde nicht umfasst. Insofern gehe das Unterlassungsgebot in Verbandsprozessen nach dem KSchG, nachdem dem Verwender auch das Berufen auf die unzulässigen Klauseln, die bereits in Verwendung stehen, zu untersagen sei (§28 Abs 1 zweiter Satz KSchG), inhaltlich über den Ausspruch der Regulierungsbehörde hinaus.

4.2.8.Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgesprochen, dass das GWG 2011 eine aufsichtsbehördliche Prüfung von AGB vorsehe, die ein zur Klauselkontrolle durch die Zivilgerichte komplementäres Instrument darstelle, durch das sichergestellt werde, dass die auf dem Markt verwendeten Geschäftsbedingungen gewissen Mindestanforderungen gerecht würden (). Es sei nicht zuletzt auf die jüngst ergangene höchstgerichtliche Judikatur zur Klauselkontrolle im Telekommunikationsbereich verwiesen, die veranschauliche, dass auch eine noch so aufmerksame und pflichtbewusste Behörde nicht prophylaktisch alle späteren Anwendungsfälle und Auswirkungen einer Klausel vorhersehen und ein unfehlbares Urteil abgeben könne. Keinesfalls schließe eine Nichtuntersagung von angezeigten AGB durch die Regulierungskommission der ECA eine Verbandsklage aus, was auch im Tätigkeitsbericht der ECA von 2017 betont werde.

4.2.9.Art83 Abs 2 B-VG hindere den Gesetzgeber nicht, festzulegen, ob über bestimmte Angelegenheiten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden habe. § 125 Abs 5 letzter Satz GWG 2011 normiere sogar ausdrücklich, dass die Untersagungsmöglichkeit der Regulierungsbehörde die Zuständigkeit zur Überprüfung der AGB nach anderen Rechtsvorschriften nicht berühre. Zudem sei sowohl in § 125 Abs 6 GWG 2011 als auch in § 80 Abs 5 ElWOG 2010 ausdrücklich festgehalten, dass die Bestimmungen des KSchG und des ABGB unberührt blieben. § 12 E-ControlG normiere keine Einschränkung der Zuständigkeit der Überprüfung von AGB nach anderen Rechtsvorschriften. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Untersagung der Anwendung der AGB durch die Regulierungsbehörde nur pro futuro, sohin nur für noch nicht vereinbarte AGB möglich. Von einer verfassungsrechtlich untersagten Doppelzuständigkeit könne keine Rede sein. Während der zweimonatigen Untersagungsfrist entscheide nur die Regulierungsbehörde, danach nur die ordentlichen Gerichte. Die Nichtuntersagung durch die Regulierungsbehörde präjudiziere die spätere Kontrolle durch die ordentlichen Gerichte in Verfahren nach dem KSchG und UWG nicht.

Die Entscheidungsbefugnisse der ordentlichen Gerichte und der Verwaltungsbehörden seien klar getrennt. Auch eine noch so aufmerksame und pflichtbewusste Behörde könne nicht prophylaktisch alle späteren Anwendungsfälle und Auswirkungen einer Klausel vorhersehen und ein unfehlbares Urteil abgeben. Hinzu komme, dass die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zur inhaltlichen Zulässigkeit von Vertragsbestimmungen einem laufenden Wandel unterliege, sodass die Regulierungsbehörde bei der Untersagung bzw Nicht-Untersagung von AGB künftige Änderungen der Judikatur, insbesondere des Obersten Gerichtshofes, nicht vorhersehen könne. Auch aus dem diesem Antrag zugrunde liegenden Verfahren werde dieser Umstand ersichtlich: Die antragstellende Gesellschaft führe aus, dass die von der beteiligten Partei beanstandete AGB-Klausel der ECA bereits im Herbst 2014 angezeigt worden sei. Viele Urteile, auf die sich das Erstgericht in seinem Urteil beziehe und welche die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel unterstreichen würden, seien jedoch erst nach diesem Zeitpunkt gefällt worden. Die ECA habe diese Rechtsprechung sohin noch nicht in ihre Beurteilung einfließen lassen können. Es bedürfe daher – trotz Vorabkontrolle durch die ECA – jedenfalls der Möglichkeit einer (nachprüfenden) Klauselkontrolle gemäß § 28 Abs 1 KSchG, schlussendlich auch im Energierecht.

.Bereits die Prämisse der antragstellenden Gesellschaft, dass die Entscheidung einer Regulierungsbehörde über § 28 Abs 1 KSchG unmittelbar einer zivilgerichtlichen Kontrolle unterworfen werde, sei falsch. Vielmehr seien das Verfahren vor der Regulierungsbehörde einerseits und das Verfahren gemäß § 28 Abs 1 KSchG andererseits als zwei völlig voneinander getrennte Verfahren konzipiert. Ein Verstoß gegen Art 94 B-VG liege nicht vor. Die Zuständigkeit zur Entscheidung sei gesetzlich klar und unmissverständlich festgelegt und entspreche somit auch den Anforderungen des Art 18 Abs 1 iVm Art 83 Abs 2 B-VG.

.Dieses Ergebnis ergebe sich auch aus unionsrechtlichen Erwägungen. Gerade die beiden Richtlinien, auf die sich die antragstellende Gesellschaft berufe, nämlich Abs 1 des Anhanges I der RL 2009/72/EG sowie 2009/73/EG, würden eindeutig ausführen, dass damit keine Änderung der RL 93/13/EWG verbunden sei. Art 7 RL 93/13/EWG lege den Mitgliedstaaten aber die Verpflichtung auf, eine Klagemöglichkeit für Verbraucherorganisationen gegen missbräuchliche Vertragsklauseln vorzusehen. § 28 KSchG stelle die Umsetzung dieser Verpflichtung dar, welche durch die Aufgaben und Zuständigkeiten der Regulierungsbehörde unberührt bleibe.

.Schließlich stehe die Anwendung von § 28 Abs 1 KSchG auch in keinem Spannungsverhältnis zum unionsrechtlich garantierten effektiven Rechtsschutz nach Art 47 GRC, sondern sei unionsrechtlich sogar geboten. Der Verfassungsgerichtshof habe im Jahr 2017 ausgesprochen, dass die Möglichkeit einer Verbandsklage unionsrechtlich geboten sei (VfSlg 20.155/2017). Gemäß Art 7 Abs 1 RL 93/13/EWG hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass im Interesse der Verbraucher angemessene und wirksame Mittel vorhanden seien, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in Verträgen mit Verbrauchern entgegenzuwirken. Diese Mittel müssten nach Art 7 Abs 2 RL 93/13/EWG auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher hätten, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen könnten. Auch der Oberste Gerichtshof, auf den der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis verweise, führe aus, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verbandsklage nach § 29 KSchG schon im Hinblick auf die europarechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, solche Klagebefugnisse zu normieren, in keiner Weise bestünden.

.Mit der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen seien die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Unterlassungsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher weiter harmonisiert worden. Die RL 98/27/EG sei in der Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen kodifiziert worden. Zur Einbringung einer Unterlassungsklage sei jede Stelle oder Organisation befugt, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates ordnungsgemäß errichtet worden sei und ein berechtigtes Interesse daran habe, die Einhaltung der in Art 1 genannten Interessen sicherzustellen ("qualifizierte Einrichtungen" nach Art 3 RL 2009/22/EG). Klagebefugte Einrichtungen seien insbesondere unabhängige öffentliche Stellen, die speziell für den Schutz der in Art 1 RL 2009/22/EG genannten Interessen zuständig seien und/oder Organisationen, deren Zweck im Schutz der dort genannten Interessen bestehe.

Die Erforderlichkeit einer Verbandsklagemöglichkeit erstrecke sich jedenfalls hinsichtlich der in Umsetzung der RL 93/13/EWG ergangenen Konsumentenschutzregeln auch auf das Energierecht und sei auf Grund der RL 2009/22/EG europarechtlich vorgegeben. Auch wäre es völlig sachwidrig, die Kontrolle von AGB durch die ordentlichen Gerichte im Rahmen des durch die RL 93/13/EWG und 2009/22/EG vorgesehenen Verbandsverfahrens zwar für alle anderen Branchen gelten zu lassen, mit Energieversorgern aber ausgerechnet eine Branche auszunehmen.

In der aufsichtsbehördlichen Vorkontrolle nach dem ElWOG 2010 bzw nach dem E-ControlG sei ein solcher Rechtsschutz nicht gegeben. Es bestehe zwar ein Procedere, das eine Prüfung bzw Untersagung von AGB vorsehe, jedoch fehle es an dem unionsrechtlichen Erfordernis des Antragsrechtes durch eine qualifizierte Einrichtung, wie die beteiligte Partei nach § 29 KSchG. In den verwaltungsrechtlichen Verfahren zur Vorabkontrolle von AGB von Energieversorgern gebe es keine Parteistellung von qualifizierten Einrichtungen iSd RL 2009/22/EG. Würden AGB durch die Behörde nicht untersagt, finde keine Kontrolle, etwa durch ein Rechtsmittel einer qualifizierten Einrichtung an eine höhere Instanz, statt. Qualifizierte Einrichtungen iSd RL 2009/22/EG könnten weder das Verfahren zur aufsichtsbehördlichen Vorkontrolle einleiten noch hätten sie dort Parteistellung mit Rechtsmittelmöglichkeit, noch sehe § 10 E-ControlG vor, dass eine Konsumenteninteressenvertretung in der entscheidenden Regulierungskommission vertreten sein müsse. Auch auf Grund der unionsrechtlichen Vorgaben müsse die Verbandsklage nach § 28 Abs 1 KSchG auch nach einer verwaltungsrechtlichen Vorabkontrolle daher zulässig sein.

4.3.Die beteiligte Partei stellt dementsprechend den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle die Anträge als unzulässig zurückweisen, in eventu, die Behandlung der Anträge ablehnen, in eventu, aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden bzw nicht verfassungswidrig sind oder waren.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach § 62a Abs 1 erster Satz VfGG idF BGBl I 78/2016 kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs 1 Z 1 litd B-VG).

1.3. Als Beklagte kommt der antragstellenden Gesellschaft im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht Parteistellung zu, womit sie zur Antragstellung gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG berechtigt ist.

1.4. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat die antragstellende Gesellschaft jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass sie den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Landesgerichtes Wiener Neustadt davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

1.5. Ein auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß § 62 Abs 2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (; vgl ).

1.6. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

1.6.1. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, die präjudiziell sind und mit präjudiziellen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach § 62 Abs 1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN ua; vgl auch ; , G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; ua).

1.6.2. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; ; , G183/2016 ua).

1.6.3. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.7. Im Hauptantrag wird die Aufhebung des (gesamten) § 28 Abs 1 KSchG sowie einer Wortfolge und eines Verweises in § 28a Abs 1 bzw § 29 Abs 2 KSchG beantragt.

1.7.1. § 28 Abs 1 KSchG enthält mehrere Tatbestände. Präjudizialität besteht hinsichtlich des Vorsehens von gesetzes- oder sittenwidrigen Bedingungen in AGB und Vertragsformblättern sowie des Verbotes in § 28 Abs 1 zweiter Satz KSchG, sich auf solche Bedingungen zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden sind. Diese Tatbestände wurden vom Erstgericht angewendet und bildeten damit eine Voraussetzung der Entscheidung im Anlassfall.

1.7.2. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der Tatbestand des Empfehlens von gesetz- oder sittenwidrigen Bedingungen nicht angewendet worden ist, und leitet daraus die teilweise Unzulässigkeit des Antrages, nämlich hinsichtlich des nicht angewendeten Tatbestandes in § 28 Abs 1 erster Satz KSchG, ab. Zutreffend ist, dass der Tatbestand des Empfehlens von gesetz- oder sittenwidrigen Bedingungen vom Erstgericht nicht angewendet worden ist. Die Tatbestände des § 28 Abs 1 KSchG sind jedoch nicht offenkundig voneinander trennbar, sodass im Fall des Zutreffens der vorgebrachten Bedenken die Aufhebung der gesamten Bestimmung erforderlich sein könnte. Da die Tatbestände des § 28 Abs 1 erster Satz KSchG sohin in einem hinreichend konkreten Regelungszusammenhang stehen, erwiese sich der (Haupt-)Antrag als zulässig, soweit er auf die Aufhebung des § 28 Abs 1 KSchG gerichtet ist.

1.7.3. Allerdings besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen § 28 Abs 1 KSchG und § 28 Abs 2 KSchG, der regelt, unter welchen Voraussetzungen die Gefahr einer Verwendung und Empfehlung "derartiger Bedingungen" nicht mehr besteht. Diese Bestimmung würde im Falle einer Aufhebung (nur) des § 28 Abs 1 KSchG einen anderen Inhalt erhalten, weil insbesondere nicht mehr klar wäre, welche Bedingungen von dieser Bestimmung erfasst sind. Kein untrennbarer Zusammenhang besteht hingegen im Verhältnis zu § 28 Abs 3 KSchG, weil der darin geregelte Herausgabeanspruch unabhängig von den ersten beiden Absätzen der Bestimmung bestehen kann.

1.7.4. Vor diesem Hintergrund ist der Hauptantrag zu eng gefasst und unzulässig, weil darin lediglich die Aufhebung des § 28 Abs 1 KSchG – samt den Verweisungen auf diese Bestimmung –, nicht aber des § 28 Abs 2 KSchG beantragt wird. Als zulässig erweist sich hingegen der (erste) Eventualantrag, da in diesem auch die Aufhebung des § 28 Abs 2 KSchG beantragt wird.

1.8. Der Antrag auf Aufhebung des § 28 Abs 1 und 2 KSchG, des § 28a Abs 2 KSchG, der Wortfolge "unbeschadet des § 28 Abs 1" in § 28a Abs 1 KSchG sowie des Verweises "§28 Abs 1" in § 29 Abs 2 KSchG ist daher – da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig; im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

2.In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2.Soweit der Antrag zulässig ist, ist er nicht begründet. Die dargestellte Rechtslage steht im Einklang mit Art 94 Abs 1 und Art 83 Abs 2 B-VG und den vom Verfassungsgerichtshof hiezu entwickelten Anforderungen:

2.2.1.Der Verfassungsgerichtshof leitete in seiner Rechtsprechung zum Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung, wie er in der Stammfassung des Art 94 B-VG verankert war, einerseits das an den Gesetzgeber gerichtete Verbot ab, ein und dieselbe Behörde gleichzeitig als Gerichts- und als Verwaltungsbehörde einzurichten, andererseits das Gebot, eine Angelegenheit, und zwar zur Gänze, zur Vollziehung entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen (VfSlg 2778/1954, 2902/1955, 3236/1957, 3424/1958, 4455/1963, 5630/1967, 6537/1971, 7273/1974, 7882/1976, 9590/1982, 10.300/1984, 10.452/1985, 11.259/1987, 16.772/2002).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass Gerichte und Verwaltungsbehörden nicht über dieselbe Rechtssache entscheiden dürfen (VfSlg 4455/1963, 6278/1970, 10.476/1985, 19.640/2012). Soweit nicht ein Anwendungsfall des Art 94 Abs 2 B-VG vorliegt, der seit der B-VG-Novelle BGBl I 51/2012 die Möglichkeit für den einfachen Gesetzgeber eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen Instanzenzüge zu ordentlichen Gerichten vorzusehen, gilt dies auch weiterhin. Es widerspricht dementsprechend der Verfassung, wenn die gesetzliche Regelung so beschaffen ist, dass ein und dieselbe Rechtssache von Vollziehungsorganen verschiedenen Typs behandelt werden kann und das Gesetz nicht selbst objektiv erfassbare Voraussetzungen dafür aufstellt, wann die Zuständigkeit des einen und des anderen Vollziehungsorganes gegeben ist (VfSlg 2909/1955).

2.2.2.In Bezug auf das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Behördenzuständigkeit präzise festzulegen. Die Regelung hat einem strengen Prüfungsmaßstab standzuhalten (vgl zB VfSlg 9937/1984, 10.311/1984, 13.029/1992, 13.816/1994, 16.794/2003, 17.086/2003, 18.639/2008). Insbesondere muss auf Grund des Gesetzes die Frage zu beantworten sein, ob die Gerichte oder die Verwaltungsbehörden zur Vollziehung einer Rechtsvorschrift berufen sind.

2.2.3.Der Verfassungsgerichtshof hat sich – vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage – im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 25 Abs 6 TKG 2003 mit dem Nebeneinander von behördlicher Vorabkontrolle und gerichtlicher Überprüfung von AGB und Vertragsformblättern auseinandergesetzt (VfSlg 17.577/2005). Damals wurde – anders als im vorliegenden Verfahren – nicht die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte im Rahmen der Verbandsklage des KSchG releviert, sondern die Zuständigkeit der Behörde, und zwar hinsichtlich einer behaupteten Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG sowie des Rechtes auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK.

In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde zur abstrakten Prüfung von AGB keine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter darstellt. Art 83 Abs 2 B-VG hindere den Gesetzgeber nicht, festzulegen, ob über bestimmte Angelegenheiten ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat. § 25 TKG 2003 enthalte eine präzise Regelung der Zuständigkeit der Behörde, die für die Erlassung von Bescheiden eindeutig zuständig sei. Auch Art 6 EMRK, der besage, dass über "civil rights" ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht zu entscheiden habe, stehe der Kompetenz der Behörde nicht entgegen. Diese entscheide nämlich nicht über einen konkreten zivilrechtlichen Anspruch, sondern sei zuständig, AGB zu widersprechen. Aus diesen habe zunächst niemand einen Anspruch erworben, sodass über keine zivilrechtlichen Ansprüche entschieden werde. Für die Entscheidung hinsichtlich einzelner Ansprüche blieben weiterhin die ordentlichen Gerichte zuständig.

2.3.Das Erkenntnis VfSlg 17.577/2005 betraf somit die Frage der Abgrenzung der gerichtlichen Überprüfung konkreter zivilrechtlicher Ansprüche einerseits von der – von einem individuellen zivilrechtlichen Rechtsstreit losgelösten und daher insofern abstrakten – Prüfung von AGB und Vertragsformblättern durch die Behörde andererseits (siehe auch Hauer, Allgemeine Bedingungen im Energierecht, in: Hauer [Hrsg.], Aktuelle Fragen des Energierechts 2005/2006, 2006, 23 [45]; C.F. Schneider, Regulierungsrecht der Netzwirtschaften II, 2013, 834 ff.). Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Individualverfahren vor den ordentlichen Gerichten wird im vorliegenden Antrag auch nicht bestritten.

In Zweifel gezogen wird nunmehr hingegen das Nebeneinander von behördlicher Vorabkontrolle einerseits und gerichtlicher Kontrolle im Rahmen der Verbandsklage nach dem II. Hauptstück des KSchG andererseits. Die antragstellende Gesellschaft bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass sowohl bei der behördlichen Vorabprüfung als auch bei der zivilgerichtlichen Verbandsklage derselbe abstrakte Prüfungsmaßstab herangezogen werde, nämlich insbesondere hinsichtlich einer allfälligen Verletzung der § 864a und 879 ABGB sowie § 6 und 9 KSchG. Die Zivilgerichte würden auch im Rahmen einer Verbandsklage nicht über einen konkreten zivilrechtlichen Anspruch entscheiden, sondern abstrakt über die Zulässigkeit der inkriminierten AGB-Klauseln. Aus diesem Grund liege eine gemäß Art 83 Abs 2 und Art 94 Abs 1 B-VG unzulässige Doppelzuständigkeit vor.

2.4.Folgt man den anwendbaren Rechtsvorschriften und den Festlegungen im Erkenntnis VfSlg 17.577/2005, so entscheiden die Regulierungsbehörde und die ordentliche Gerichte nicht über dieselbe Rechtssache:

2.4.1.Gemäß § 80 Abs 1 ElWOG 2010 haben Versorger für die Belieferung mit elektrischer Energie für Kunden, deren Verbrauch nicht über einen Lastprofilzähler gemessen wird, AGB zu erstellen. In vergleichbarer Weise ordnet § 125 Abs 1 GWG 2011 an, dass Erdgashändler und Versorger für die Belieferung mit Erdgas für Kunden, deren Verbrauch nicht mit einem Lastprofilzähler gemessen wird, AGB zu erstellen haben. Diese AGB sowie deren Änderungen sind der Regulierungsbehörde bereits vor ihrem Inkrafttreten in elektronischer Form anzuzeigen und in geeigneter Form zu veröffentlichen. § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG ordnet in Ergänzung zu diesen Vorschriften an, dass die Regulierungsbehörde – auf Grund der genannten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erstellte – Klauseln zu untersagen hat, soweit sie gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen.

2.4.2.Die privatrechtliche Verbandsklage gemäß § 28 ff. KSchG stellt demgegenüber bereits ihrem Wortlaut nach darauf ab, dass der Beklagte die inkriminierten Bedingungen im geschäftlichen Verkehr zugrunde legt, empfiehlt oder sich darauf beruft. Die inkriminierten AGB oder Vertragsformblätter müssen dementsprechend entweder tatsächlich verwendet werden oder es muss ihre Verwendung zumindest unmittelbar bevorstehen (vgl ). Die Verbandsklage hat dementsprechend zwar nicht konkrete zivilrechtliche Ansprüche einzelner Verbraucher zum Inhalt, setzt jedoch die tatsächliche oder bevorstehende Verwendung der Bedingungen im rechtsgeschäftlichen Verkehr voraus. Sie antizipiert damit die individuellen Ansprüche der konkret betroffenen Verbraucher (vgl Langer in: Kosesnik-Wehrle [Hrsg.], Konsumentenschutzgesetz4, 2015, § 28-30 KSchG Rz 1).

2.4.3.Die von der Regulierungsbehörde einerseits und den ordentlichen Gerichten andererseits zu entscheidenden Rechtssachen sind somit nicht identisch: Während die Behörde abstrakt und losgelöst von der konkreten Anwendung der angezeigten Bedingungen zu entscheiden hat, beurteilen die ordentlichen Gerichte die Zulässigkeit der bevorstehenden oder tatsächlichen Anwendung der Bedingungen in ihrer konkreten Erscheinungsform bzw in ihrem konkreten Verwendungszusammenhang. Die Regulierungsbehörde und die ordentlichen Gerichte entscheiden somit zwar teilweise über dieselben abstrakten Rechtsfragen, nicht jedoch über dieselbe Rechtssache. Ein solches Nebeneinander ist für sich genommen aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl VfSlg 10.476/1985).

2.4.4.In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Regulierungsbehörde nach den anwendbaren Rechtsvorschriften – im Unterschied zur früheren Rechtslage (vgl Hauer, aaO, 33 ff.) – gemäß § 12 Abs 1 Z 4 E-ControlG lediglich die Verwendung von gesetz- oder sittenwidrigen AGB untersagen kann. Es ist daher nicht möglich, dass die Regulierungsbehörde einen Auftrag zur Verwendung bestimmter AGB erteilt, die in weiterer Folge von den ordentlichen Gerichten untersagt werden können. Angesichts dessen kann die nunmehr vorgesehene bloße Genehmigungsfiktion infolge der Nichtuntersagung der angezeigten AGB durch die Behörde unter keinen Umständen die Entscheidung der ordentlichen Gerichte präjudizieren.

2.5.Die anwendbaren Rechtsvorschriften legen die Zuständigkeit von Regulierungsbehörde einerseits und ordentlichen Gerichten andererseits somit präzise fest, sodass auch keine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B-VG vorliegt. Dies gilt auch für die Prüfungskompetenzen in zeitlicher Hinsicht. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (; , 2012/04/0162), ist eine behördliche Untersagung der Anwendung nur hinsichtlich noch nicht vereinbarter AGB möglich. Während der Frist des § 12 Abs 3 E-ControlG entscheidet dementsprechend nur die Behörde, danach entscheiden ausschließlich die ordentlichen Gerichte (Reiter, Streitprävention durch ex ante AGB-Kontrolle am Beispiel des Energierechts, in: Deixler-Hübner/Schauer [Hrsg.], Alternative Formen der Konfliktbereinigung, 2016, 147 [167 f.]).

2.6.Zusammengefasst bestehen vor dem Hintergrund des Art 94 Abs 1 und des Art 83 Abs 2 B-VG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbandsverfahren des § 28 Abs 1 KSchG.

2.7.Auch die von der antragstellenden Gesellschaft im Hinblick auf Art 47 GRC vorgetragenen Bedenken sind nicht begründet. Die antragstellende Gesellschaft bringt auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass der durch Art 47 GRC garantierte effektive Rechtsschutz nur dann gegeben sein könne, wenn keine Doppel- oder Parallelzuständigkeit vorliege. Nachdem – wie aufgezeigt – aber keine Doppel- oder Parallelzuständigkeit gegeben ist, muss auf diese Bedenken nicht eingegangen werden.

V.Ergebnis

1.Der Antrag ist daher – soweit er nicht als unzulässig zurückzuweisen ist – abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.Kosten sind nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB ; , G497/2015).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:G190.2018
Schlagworte:
VfGH / Parteiantrag, Konsumentenschutz, Energierecht, Verbandsklagen, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, VfGH / Prüfungsumfang

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