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VfGH vom 01.12.1994, g186/94

VfGH vom 01.12.1994, g186/94

Sammlungsnummer

13953

Leitsatz

Aufhebung einer landesrechtlichen Regelung des Kündigungsschutzes von Vertragsbediensteten einer Gemeinde unter Hinweis auf die Aufhebung der gleichlautenden Regelung für Landesbedienstete

Spruch

Der erste Halbsatz ("Nach mindestens zwanzigjähriger ununterbrochener Dienstzeit bei der Gemeinde,") in § 135 Abs 1 des Gemeindebedienstetengesetzes, Anlage zur Verordnung der Landesregierung über die Neukundmachung des Gemeindebedienstetengesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 49/1988, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Vorarlberg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Beim Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen ist die Berufung gegen ein Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht anhängig, dem - kurz zusammengefaßt - folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Der Kläger war vom an bei der beklagten Stadtgemeinde als Gemeindeangestellter in der Funktion eines Gemeindeplaners beschäftigt. Mit Schreiben der beklagten Partei vom wurde das Dienstverhältnis, einem an diesem Tag iS des § 142 Abs 2 litl des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes, LGBl. 49/1988, gefaßten Beschluß des Stadtrates der beklagten Partei entsprechend, unter Berufung auf die in § 134 Abs 3 dieses Gesetzes festgesetzte (zweimonatige) Kündigungsfrist zum gekündigt.

Der Kläger begehrte in seiner Klage mit näherer Begründung die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung und der Fortdauer des Dienstverhältnisses, in eventu die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung der nach dem fällig werdenden Bezüge bzw. der Differenz zwischen einem anderweitigen Einkommen des Klägers und dem ihm gebührenden vollen Monatsbezug. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage im wesentlichen mit der Begründung, daß die Kündigung im Einklang mit den Bestimmungen des Gemeindebedienstetengesetzes, insbesondere unter Einhaltung der in diesem Gesetz vorgesehenen Kündigungsfrist erfolgt sei.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren sowie die Eventualbegehren des Klägers ab. Es vertrat im Ergebnis die Auffassung, daß die Kündigung durch den Beschluß des Gemeindevorstandes (in diesem Fall: Stadtrates) der beklagten Partei gedeckt und die (in § 134 Abs 3 des Gemeindebedienstetengesetzes festgesetzte,) im vorliegenden Fall zwei Monate betragende Kündigungsfrist eingehalten worden sei. Gegen dieses Urteil richtete sich die - von der beklagten Partei beantwortete - Berufung des Klägers mit dem unter anderem gestellten Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung und der Fortdauer des Dienstverhältnisses des Klägers zur beklagten Partei zu ändern.

b) Aus Anlaß dieser Berufung hat das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen mit dem mit Beschluß vom gestellten Antrag an den Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "Nach mindestens zwanzigjähriger ununterbrochener Dienstzeit bei der Gemeinde," in § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes geltend gemacht.

2. § 135 Abs 1 und die im vorliegenden Zusammenhang gleichfalls bedeutsamen Bestimmungen des § 135 Abs 2 und des § 134 Abs 1 bis 3 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes (keine dieser Bestimmungen wurde durch die dieses Gesetz ändernden Gesetze LGBl. 29/1991, 30/1993 und 41/1993 berührt) haben folgenden Wortlaut (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben).

"§134

Kündigung des Dienstverhältnisses

(1) Das Dienstverhältnis des Gemeindeangestellten kann sowohl vom Dienstgeber als auch von ihm zum Ende eines Kalendermonats durch schriftliche Kündigung aufgelöst werden.

(2) Die Kündigung wird, wenn das Dienstverhältnis noch nicht einen Monat gedauert hat, sofort, in den übrigen Fällen nach Ablauf der Kündigungsfrist wirksam.

(3) Die Kündigungsfrist beträgt

nach einmonatiger Dienstzeit einen Monat,

nach zweijähriger Dienstzeit zwei Monate,

nach fünfjähriger Dienstzeit drei Monate,

nach zehnjähriger Dienstzeit vier Monate,

nach fünfzehnjähriger Dienstzeit fünf Monate.

(4) ...

(5) ...

§135

Kündigungsschutz

(1) Nach mindestens zwanzigjähriger ununterbrochener Dienstzeit bei der Gemeinde, wenn es sich aber um Gemeindeangestellte handelt, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, nach mindestens zehnjähriger ununterbrochener Dienstzeit bei der Gemeinde, kann das Dienstverhältnis vom Dienstgeber nur mehr aus folgenden Gründen gekündigt werden:

a) auf Grund eines ärztlichen Gutachtens festgestellter Mangel der körperlichen oder geistigen Eignung;

b) unbefriedigender Arbeitserfolg;

c) pflichtwidriges dienstliches oder außerdienstliches Verhalten;

d) Vollendung des 65. Lebensjahres;

e) Bedarfsmangel, der voraussichtlich länger als ein Jahr dauert.

(2) Eine Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn erwiesen ist oder die Umstände eindeutig erkennen lassen, daß sie hauptsächlich deshalb erfolgt, weil der Gemeindeangestellte einer bestimmten rechtlich zulässigen Organisation religiöser, politischer oder anderer Art angehört oder nicht angehört, eine rechtlich zulässige Tätigkeit als Amtsträger oder politischer Mandatar ausübt oder gesetzliche oder vertragliche Rechte geltend gemacht hat.

(3) ...

(4) ..."

3.a) Die Auffassung des Oberlandesgerichtes Innsbruck, daß es die bekämpfte Gesetzesstelle in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, die eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsantrages bildende Präjudizialität der bekämpften Gesetzesstelle demnach gegeben sei, ist folgenden Ausführungen in der Begründung seines Antrages zu entnehmen:

"In dieser (gemeint: Rechtsrüge) vertritt der Kläger vorrangig die Meinung, daß die Bestimmung des § 135 Abs 1 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes verfassungswidrig sei, wobei er im wesentlichen im Verfahren erster und auch zweiter Instanz auf die diesbezüglichen Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung vom , 9 ObA 152/92 verwies. Diese Bestimmung sei vorliegendenfalls auch präjudiziell. Im Hinblick darauf, daß der Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren auf Grund des Antrages des Obersten Gerichtshofes eingeleitet habe, sei der Antrag an das Berufungsgericht gerechtfertigt, auch die maßgeblichen Bestimmungen des § 135 Abs 1 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes wegen Inhaltsgleichheit zu den entsprechenden Bestimmungen des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen.

Diesen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen. Festzuhalten ist zunächst, daß tatsächlich die anzuwendende Norm des § 135 Abs 1 des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes (gemeint offensichtlich: Gemeindebedienstetengesetzes) iVm § 134 des zitierten Gesetzes im vorliegenden Fall präjudiziell ist. Ausgehend von dieser Bestimmung ist nämlich auch zu prüfen, ob eine freie Kündbarkeit des Dienstverhältnisses des Klägers vorlag oder nicht oder aber ob auch für die Kündigung des Dienstverhältnisses des Klägers eine Begründung zu verlangen ist und gegebenenfalls, ob ein Grund auch tatsächlich vorliegt. ...

Die dargestellte Bestimmung des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes ist vom Berufungsgericht unmittelbar anzuwenden, wobei die Frage der Aufhebung (Hervorhebung nicht im Original) der fraglichen Gesetzesbestimmung bezogen auf das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung ohne Bedeutung ist. Die Prüfung der Frage, wie ohne Berücksichtigung dieser Norm zu entscheiden ist, ist erst dann zu beantworten, wenn diese Norm vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben (Hervorhebung nicht im Original) wurde."

b) Seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Gesetzesstelle begründet das Oberlandesgericht Innsbruck im wesentlichen mit folgenden Ausführungen:

"Festzustellen ist des weiteren, daß § 131 des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes inhaltsgleich mit § 134 des hier anzuwendenden Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes LGBl 1988/49 idF LGBl 41/1993 ist. Nach beiden Bestimmungen kann das Dienstverhältnis eines Gemeindeangestellten (auch das Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetz unterscheidet zwischen Beamten und Angestellten wie das Vorarlberger Landesbedienstetengesetz) vom Dienstgeber und vom Dienstnehmer zum Ende eines Kalendermonates durch schriftliche Kündigung aufgelöst werden, wobei die Kündigung während des ersten Monates des Dienstverhältnisses sofort erfolgen kann, in übrigen Fällen die Kündigungsfrist sich aufsteigend nach der Dauer des Dienstverhältnisses verlängert. § 135 Abs 1 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes normiert wiederum inhaltsgleich mit § 132 des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes einen Kündigungsschutz, der erst nach mindestens 20-jähriger ununterbrochener Dienstzeit bei der Gemeinde eintritt, aber auch dann, wenn es sich um Gemeindeangestellte handelt, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und eine mindestens 10-jährige ununterbrochene Dienstzeit bei der Gemeinde aufweisen können. Nur in diesen Fällen kann das Dienstverhältnis aus bestimmten, in § 135 Abs 1 lita bis e genannten Gründen aufgekündigt werden.

§135 Abs 2 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes normiert eine Kündigung dann als rechtsunwirksam, wenn erwiesen ist oder die Umstände eindeutig erkennen lassen, daß sie hauptsächlich deshalb erfolgt, weil der Gemeindeangestellte einer bestimmten rechtlich zulässigen Organisation religiöser, politischer oder anderer Art angehört oder nicht angehört, eine rechtlich zulässige Tätigkeit als Amtsträger oder politischer Mandatar ausübt oder gesetzliche oder vertragliche Rechte geltend macht. Somit ist während der ersten 20 Jahre das Dienstverhältnis nach den vorgenannten Bestimmungen praktisch uneingeschränkt kündbar; lediglich ein nach § 135 Abs 2 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes 'verpöntes Motiv' macht die Kündigung rechtsunwirksam. Das Dienstverhältnis des Klägers bis zum Ausspruch der Kündigung hat mehr als zwei Jahre gedauert und ein Motiv im Sinne des § 135 Abs 2 des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes wurde nicht behauptet. Demgemäß wäre im Sinne des zitierten Gesetzes das Dienstverhältnis des Klägers somit grundsätzlich frei kündbar.

Wesentlich strenger sind hingegen die Voraussetzungen des § 32 Abs 1 VBG 1948, aus welcher Bestimmung hervorgeht, daß der Dienstgeber ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes kündigen kann; der einjährige Zeitraum verlängert sich auf zwei Jahre, wenn das Ausmaß der Wochenarbeitszeit weniger als die Hälfte der für einen Vollbeschäftigten vorgeschriebenen Arbeitszeit beträgt. Die Gründe, die in § 32 Abs 2 VBG 1948 genannt sind, sind zwar nicht erschöpfend, jedoch sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes andere Gründe nur dann als Kündigungsgrund beachtlich, wenn sie den in § 32 Abs 2 VBG 1948 aufgezählten Gründen an Gewicht gleichkommen. Damit besteht im Bereich des VBG 1948, sohin für den Bereich der Vertragsbediensteten des Bundes, ein weitgehender Kündigungsschutz.

In der Entscheidung 9 ObA 152/92 hat der Oberste Gerichtshof ausgehend von diesen beiden Bestimmungen Bedenken in der Richtung gehabt, daß die Regelung des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes dem Art 21 Abs 1 B-VG entspricht. Infolge Inhaltsgleichheit der Bestimmungen des Gemeindebedienstetengesetzes sind diese Bedenken auch auf den vorliegenden Fall zu übertragen und aufgrund der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G197/92-12, erhärtet. Der Verfassungsgesetzgeber normiert in Art 21 Abs 4 B-VG, daß den öffentlich Bediensteten die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst unter anderem bei Bund und bei den Ländern sowie Gemeinden jederzeit gewahrt ist. Der Sicherstellung der Möglichkeit dieses Wechsels dient Art 21 Abs 2 2. Satz B-VG, wonach die von den Ländern in Angelegenheiten des Dienstrechtes erlassenen Gesetze und Verordnungen von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Maß abweichen dürfen, daß dieser Wechsel des Dienstes wesentlich behindert wird. Der besondere Bestandschutz ist ein wesentlicher Teil des Dienstverhältnisses, dem für den einzelnen Bediensteten eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Regelungen in Landesgesetzen, die den Bediensteten in diesem Bereich erheblich schlechter stellen als das Dienstrecht des Bundes, sind geeignet, den Wechsel vom Bundes- in den Landes- oder Gemeindedienst erheblich zu behindern. Für einen Bediensteten, der einen solchen Wechsel in Erwägung zieht, kommt der Frage des Bestandschutzes eine besondere Bedeutung zu, vor allem wenn der betreffende Bedienstete infolge Zurücklegung der VBG normierten Dienstzeit von mehr als einem Jahr genießt. Die Gewißheit, daß dieser Kündigungsschutz bei einem Wechsel in den Landes- oder Gemeindedienst verloren geht, wird ihn veranlassen, von diesem Wechsel abzusehen. Wenn auch der Landesgesetzgeber im Bereich des Dienstrechtes im Rahmen seiner Kompetenzen zwar nicht in allen Details die Regelungen des Bundesrechtes nachzuvollziehen hat, so hat er jedenfalls Grundsätze des Bundesrechtes in Befolgung des Art 21 Abs 2 2. Satz B-VG zu beachten. Die im Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetz getroffene Regelung, die die Zulässigkeit der Kündigung erst nach Ablauf von 20 Jahren an das Vorliegen bestimmter Gründe bindet, unterscheidet sich daher gravierend vom diesbezüglichen Bundesrecht und ist geeignet, den Wechsel vom Bundes- in den Gemeindedienst wesentlich zu behindern. Sie erscheint daher mit Art 21 Abs 1 2. Satz B-VG nicht vereinbar; sie widerspricht der Monogenität (gemeint: Homogenität) des Dienstrechtes im Bundesstaat infolge Abweichens vom Art 21 Abs 1 B-VG, der ein Strukturprinzip darstellt (G197/92). Der in § 135 Abs 2 normierte Kündigungsschutz wegen verpönter Motive ist kein tauglicher Ausgleich für einen allgemeinen Kündigungsschutz, wie er im VBG 1948 vorgesehen ist (9 ObA 152/92).

Dazu kommt aber auch noch ferner, daß im Sinne der aufgezeigten Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes einerseits (§§9, 10 (inbes. § 10 Abs 9 B-VG)) und den Bestimmungen des §§10, 11 des Vorarlberger Gemeindepersonalvertretungsgesetzes andererseits dem Gemeindeangestellten wiederum ein wesentlich geringerer Schutz zuteil wird. Der Gemeindeangestellte kann nämlich im Unterschied zum Vertragsbediensteten des Bundes nicht einmal die Nichtbefassung der Personalvertretung im Zuge der Auflösung eines Dienstverhältnisses in welcher Form auch immer relevieren. Darin erblickt das Berufungsgericht eine zusätzliche Benachteiligung der Gemeindeangestellten in Vorarlberg, die wiederum durch keine andere Bestimmung in adäquater Weise wettgemacht wird. Mag auch - wie ausgeführt - die dargestellte Bestimmung des Vorarlberger Gemeindepersonalvertrtungsgesetzes verfassungsrechtlich nicht bedenklich sein, ist sie doch bei der Gesamtbetrachtung der Rechtsstellung des Vorarlberger Gemeindeangestellten in Bezug auf die Vertragsbediensteten des Bundes ins Kalkül zu ziehen."

4. Die Vorarlberger Landesregierung hat zu dem Antrag des Oberlandesgerichtes Innsbruck eine Äußerung erstattet, in der sie der Auffassung des antragstellenden Gerichtes, daß die - allein angefochtene - Vorschrift des ersten Halbsatzes in § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes präjudiziell sei, nicht entgegentritt und im übrigen folgendes ausführt:

"1. Seitens der Vorarlberger Landesregierung muß angenommen werden, daß der Verfassungsgerichtshof seiner Entscheidung die im Erkenntnis vom , G197/92-12, zu § 132 Abs 1 des Vorarlberger Landesbedienstetengesetzes geäußerte Rechtsmeinung zugrundelegen wird.

2. Entgegengetreten wird der Auffassung des Oberlandesgerichtes Innsbruck, wonach bei der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der betreffenden Bestimmung des Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetzes auch die unterschiedlichen Regelungen zwischen Bundes-Personalvertretungsgesetz und Gemeinde-Personalvertretungsgesetz des Landes ins Kalkül zu ziehen seien.

Die Bundesverfassung unterscheidet nämlich zwischen den Angelegenheiten des Dienstrechtes in Art 21 Abs 1 B-VG und jenen der Personalvertretung in Art 21 Abs 2 B-VG (vgl. auch Art 10 Abs 1 Z. 16 B-VG).

Die Gestaltung der Mitwirkungsrechte der Personalvertretung und die Regelung der Auswirkungen der Mißachtung solcher Vorschriften durch den Dienstgeber sind eine Angelegenheit des Personalvertretungsrechtes. Dies ergibt sich daraus, daß die Erlassung von Vorschriften sowie die Regelung der Rechtsfolgen von Verstößen gegen diese Normen grundsätzlich Inhalt einer ein und derselben Kompetenzgrundlage sind. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber die Bestimmung des § 20 Abs 9 Bundes-Personalvertretungsgesetz, der die Unterlassung der Mitwirkung des Dienststellenausschusses bei der Auflösung von Dienstverhältnissen sanktioniert, eben in dieses Gesetz und nicht in die Dienstrechtsgesetze eingefügt.

Bei der Regelung des Personalvertretungsrechts sind, wie das Oberlandesgericht selbst feststellt, die Länder gemäß Art 21 Abs 2 B-VG, soweit es sich nicht um Bedienstete handelt, die in Betrieben tätig sind, nicht an das Homogenitätsprinzip gebunden. Würde der Auffassung des Oberlandesgerichtes Innsbruck gefolgt, müßten bei der Beurteilung der Zulässigkeit landesgesetzlicher Regelungen über das Dienstrecht im übrigen auch sämtliche anderen rechtlichen Rahmenbedingungen, die gar nicht zum Dienstrecht zählen, berücksichtigt werden.

Die Auffassung des Oberlandesgerichtes Innsbruck wird im übrigen auch vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt. Dieser hat im Urteil vom , 9 ObA 80/94, zu dieser Frage ausgeführt:

'Gemäß § 10 Abs 3 Vbg-Landespersonalvertretungsgesetz (Vbg-LPVG) ist der Personalvertretung die vorgesehene Auflösung von Dienstverhältnissen möglichst zwei Wochen vorher schriftlich mitzuteilen; gemäß § 11 Abs 7 leg cit hat die Personalvertretung das Recht, innerhalb von einer Woche nach Einlangen der Mitteilung schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen. Anders als nach den Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (§10 Abs 9, § 9 Abs 1 liti PVG) ist nach dem Vbg-LPVG die vorherige Verständigung der Personalvertretung keine Voraussetzung für die wirksame Kündigung des Dienstverhältnisses. Eine dem § 10 Abs 9 PVG entsprechende Bestimmung enthält das Vbg-LPVG nicht. Der Umstand, daß die Personalvertretung erst nach der Entlassungserklärung verständigt wurde, steht der Beurteilung der Auflösungserklärung als wirksame Kündigung daher nicht entgegen.

Zu einer Anfechtung der von der Revision gleichfalls relevierten Bestimmungen des Vorarlberger-Landes-Personalvertretungsgesetzes sah sich der erkennende Senat, wie schon im Beschluß vom ausgeführt, nicht veranlaßt. Art 21 Abs 1 B-VG weist in Satz 1 den Ländern die Gesetzgebung und Vollziehung Angelegeheiten des Dienstrechtes getroffenen Bestimmungen vom Bundesrecht nicht in dem oben dargestellten Maß abweichen dürfen. Bezüglich des Personalvertretungsrechtes wird eine solche Bindung an diesbezüglichen Bestimmungen des Bundesrechtes zu orientieren. Auch wesentliche Abweichungen des Personalvertretungsrechtes der Länder vom Personalvertretungsrecht des Bundes verstoßen nicht gegen Art 21 Abs 1 B-VG.'"

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit des Antrages:

1. Der Verfassungsgerichtshof wertet den Antrag des Oberlandesgerichtes Innsbruck als ein zur meritorischen Erledigung geeignetes Begehren (vgl. ).

2. Ein iS des Art 89 Abs 2 und Art 140 Abs 1 B-VG gestellter Antrag eines zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständigen Gerichtes auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit hat zur Voraussetzung, daß das antragstellende Gericht die Gesetzesstelle, deren Aufhebung es beantragt, in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte (s. zB VfSlg. 8004/1977, 8458/1978). Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Entscheidung über die Präjudizialität das antragstellende Gericht an eine bestimmte Gesetzesauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung des Gerichtes in der Hauptfrage vorgreifen würde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag eines (zur Antragstellung befugten) Gerichtes mangels Präjudizialität nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß das angefochtene Gesetz vom antragstellenden Gericht im Anlaßfall anzuwenden ist (s. etwa , und die dort zitierte Vorjudikatur).

3. Die dem Antrag des Oberlandesgerichtes Innsbruck zugrunde liegende Annahme, es werde bei der Entscheidung über die Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes (auch) § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes anzuwenden haben, ist - worauf es im gegebenen Zusammenhang allein ankommt - jedenfalls denkmöglich (vgl. ). Der Antrag erweist sich somit als zulässig.

B. Zur Sache selbst:

1. Der in der Fassung der Neukundmachung LGBl. 49/1988 in Geltung stehende § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes stimmt mit § 132 Abs 1 des (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetzes, Anlage zur Verordnung der Landesregierung über die Neukundmachung des Landesbedienstetengesetzes, LGBl. 1/1988, in der Fassung dieser Kundmachung, wörtlich überein, abgesehen lediglich von den durch die Verschiedenheit der Dienstgeber (Gemeinden, Land) bedingten Unterschieden ("bei der Gemeinde" und "Gemeindeangestellte" bzw. "beim Land" und "Landesangestellte").

2. Der Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag des Obersten Gerichtshofes mit Erkenntnis vom , G197/92, die Wortfolge "Nach mindestens zwanzigjähriger ununterbrochener Dienstzeit beim Land," in § 132 Abs 1 des (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetzes als verfassungswidrig aufgehoben und unter anderem bestimmt, daß die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt.

Begründend hat der Verfassungsgerichtshof - in inhaltlicher Übereinstimmung mit den vom Obersten Gerichtshof vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken - in der Sache folgendes ausgeführt:

"1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem sowohl von der Vorarlberger Landesregierung als auch vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst bezogenen Erk. VfSlg. 11151/1986 die Auffassung vertreten, daß der zweite Satz des Art 21 Abs 1 B-VG nach seinem Wortsinn nicht bloß als eine Einschränkung des Landesgesetzgebers, sondern auch als dessen Bindung an bestimmte Strukturprinzipien des Bundesrechtes aufzufassen ist (die auch dem Bundesgesetzgeber nicht zur völlig freien Disposition stehen, sondern ihm selbst teilweise verfassungsrechtlich vorgegeben sind). Ein 'Ausmaß' des Abweichens erfordert nämlich begriffsnotwendig ein komplementäres Ausmaß an - wie es im rechtswissenschaftlichen Schrifttum genannt wird (Schäffer, Dienstrechtliche Homogenität im Bundesstaat, FS Melichar, S. 371 ff) - Homogenität, also Übereinstimmung mit dem Bundesdienstrecht in den Grundsätzen; diese prinzipielle Übereinstimmung ist die verfassungsmäßige Voraussetzung für einen - (jedenfalls) nicht wesentlich behinderten - Dienstwechsel und nicht etwa - umgekehrt, Ursache und Wirkung verkennend - das Verbot einer wesentlichen Behinderung des Dienstwechsels bloßes Maß für die Einschränkung eines sonst freien, nicht prinzipiengebundenen Landesgesetzgebers. Der Gerichtshof findet keine Veranlassung von diesem Standpunkt abzugehen; dies auch nicht im Hinblick auf die an seiner Auffassung in der Literatur gelegentlich geübte Kritik (s. etwa Pernthaler-Weber, Landeskompetenzen und bundesstaatliches Homogenitätsprinzip im Dienstrecht, FS Schnorr, S. 557 ff), die schon deshalb nicht überzeugt, weil sie zumindest im Ergebnis den in der eben zitierten Entscheidung dargelegten logischen Zusammenhang zwischen Abweichen und der diesem vorauszusetzenden prinzipiellen Übereinstimmung der dienstrechtlichen Regelungen verkennt.

Wenn der OGH geltend macht, daß die in seinem Revisionsverfahren präjudizielle Bestimmung mit dem zweiten Satz des Art 21 Abs 1 B-VG nicht im Einklang stehe, so rügt er damit implizit ein verfassungsrechtlich unzulässiges Abweichen der angegriffenen Regelung von einem Strukturprinzip des Bundesdienstrechtes. Daß ein derartiges Abweichen die in Prüfung genommene Gesetzesstelle im Sinne der eben angeführten Vorjudikatur mit Verfassungswidrigkeit belastete, räumt im grundsätzlichen (und zwar trotz ihrer sonstigen Vorbehalte gegen die zitierte Rechtsprechung) auch die Vorarlberger Landesregierung ein. Ihrem Einwand, daß ein solches Abweichen im vorliegenden Gesetzesprüfungsfall jedoch nicht gegeben sei, vermag der Verfassungsgerichtshof allerdings nicht beizupflichten.

Der OGH stellt überzeugend heraus, daß der in § 32 Abs 2 VertragsbedienstetenG 1948 enthaltene (nicht erschöpfende) Katalog der Kündigungsgründe als besonderer Bestandschutz (- Hervorhebung nicht im Antrag -) einen wesentlichen Teil des Dienstverhältnisses bildet, dem für den einzelnen Vertragsbediensteten zumeist eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum (Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht I3, S. 285) wird der weitreichende Kündigungsschutz für Vertragsbedienstete besonders hervorgehoben und als ein - vom Kündigungsschutz für andere Arbeitnehmergruppen abweichender - Sonderschutz bezeichnet. Wenn nun dieser besondere Bestandschutz des Dienstverhältnisses beim Vertragsbediensteten (abgesehen von bestimmten Fällen der Teilzeitbeschäftigung) bereits nach einem Jahr (also gleichsam nach einem Probejahr) einsetzt, so bedeutet das, daß diese soziale Absicherung des Vertragsbediensteten praktisch seine gesamte Dienstzeit hindurch besteht, also ein diesen Bedienstetentypus geradezu (mit)bestimmendes Merkmal bildet. Der Verfassungsgerichtshof gelangt aufgrund dieser Erwägungen zur Ansicht, daß der in den sehr eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten manifestierte besondere Bestandschutz zum Wesenskern des Vertragsbedienstetenverhältnisses zählt, maW als ein Strukturprinzip dem geltenden Vertragsbedienstetenrecht des Bundes immanent ist. Wird jedoch - worauf die Regelung des LandesbedienstetenG hinausläuft - im Regelfall der gleiche Schutz dem Landesangestellten erst nach einer beim Land ununterbrochen zurückgelegten Dienstzeit von zwanzig Jahren gewährt (oder - von der anderen Seite her, in vergleichender Weise betrachtet - während dieses sehr langen Zeitraums vorenthalten) so weicht seine dienstrechtliche Stellung, und zwar unter Umständen durch Jahrzehnte hindurch, von der des Vertragsbediensteten des Bundes nicht bloß in einem peripheren Bereich, sondern in einem zentralen, gravierenden Belang ab, weshalb bereits von einem prinzipiellen Unterschied gegenüber dem Vertragsbedienstetenrecht des Bundes gesprochen werden muß (vgl. insoweit auch , JBl. 1994 S. 57 = DRdA 1994 S. 33). Der im Abs 2 des § 132 des LandesbedienstetenG vorgesehene zusätzliche Kündigungsschutz fällt - worin dem OGH ebenfalls beizupflichten ist - im hier gegebenen Zusammenhang nicht ins Gewicht.

2. Zusammenfassend ist sohin festzuhalten, daß der erste Halbsatz im § 132 Abs 1 des LandesbedienstetenG wegen des Abweichens von einem im VertragsbedienstetenG 1948 verankerten Strukturprinzip des Bundesdienstrechts gegen Art 21 Abs 2 zweiter Satz B-VG verstößt; diese landesgesetzliche Bestimmung ist daher als verfassungswidrig aufzuheben."

3. Die Ausführungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck, daß die im erwähnten Gesetzesprüfungsantrag des Obersten Gerichtshofes vorgetragenen und im zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Ausdruck kommenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des ersten Halbsatzes in § 132 Abs 1 des (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetzes infolge der Inhaltsgleichheit der betreffenden Bestimmung auf den ersten Halbsatz des § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes zu übertragen sind, treffen zu. Die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 135 Abs 1 des (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetzes ist daher schon aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G197/92, dargelegten (unter II. B. 2. wiedergegebenen) Gründen als verfassungswidrig aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis war ein Eingehen auf die Frage entbehrlich, ob die vom Oberlandesgericht Innsbruck vorgetragenen weiteren, auf eine näher dargelegte Verschiedenheit des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. 133/1967, in der maßgeblichen Fassung, einerseits und des (Vorarlberger) Gemeinde-Personalvertretungsgesetzes, LGBl. 17/1988, andererseits bezugnehmenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene gesetzliche Bestimmung relevant sind.

4. Die übrigen Entscheidungen stützen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.

Im Hinblick auf das zum (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetz ergangene Erkenntnis vom , G197/92, wird die mit dem Ablauf des bestimmte Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung als ausreichend erachtet.

III. Dieses Erkenntnis wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorausgegangene mündliche Verhandlung gefällt.