TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 01.10.2007, g179/07

VfGH vom 01.10.2007, g179/07

Sammlungsnummer

18227

Leitsatz

Verstoß gegen Artikel 3 EMRK und das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes durch die Regelung über einen gleichzeitig mit der Ausweisung zur erteilenden befristeten Durchführungsaufschub wegen vorübergehender Abschiebungshindernisse im Asylgesetz 2005; keine Verlängerungsmöglichkeit auch bei zu kurzer Frist, keine anderen Möglichkeiten einer Aufschiebung

Spruch

I. Die Wortfolge "gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass" sowie das Wort "ist" am Satzende in § 10 Abs 3 des Asylgesetzes, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Die Wortfolge "und diese nicht von Dauer sind" in § 10 Abs 3 des Asylgesetzes, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Beschluss vom , B1655,1656/06, leitete der Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich einiger Wortfolgen in § 10 Abs 3 des Asylgesetzes, Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I 100 (im Folgenden: AsylG), ein.

Dem Anlassbeschwerdeverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

1. Der Erstbeschwerdeführer, ein der tschetschenischen Volksgruppe zugehöriger russischer Staatsangehöriger, brachte am gemeinsam mit seinem minderjährigen Sohn, dem Zweitbeschwerdeführer, einen Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesasylamt ein. Dem schriftlichen Antrag ist ein "psychotherapeutischer Kurzbericht" des Vereins zur Betreuung von Folter- und Kriegsüberlebenden Hemayat mit der Diagnose beigelegt, dass der Erstbeschwerdeführer unter einer "schweren post-traumatischen Belastungsstörung mit einer schweren andauernden Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" leide und ohne Familienangehörige nicht allein lebensfähig sei.

2. Mit erstinstanzlichen Bescheiden des Bundesasylamtes vom , Zlen. 06 02.237 und 06 02.240, wurden die Anträge der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs 1 AsylG zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz gemäß Art 16 Abs 1 litc der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 Polen zuständig sei; ferner wurden die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen, "demzufolge" die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen gemäß § 10 Abs 4 AsylG zulässig sei. Die Durchführung der Abschiebung wurde jeweils gemäß § 10 Abs 3 AsylG bis zum aufgeschoben.

Eine vor Bescheiderlassung durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin durchgeführte Untersuchung hatte ergeben, dass einer Überstellung nach Polen schwere psychische Störungen beim Erstbeschwerdeführer entgegenstünden, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würden. Das Gutachten stellte eine Verbesserung des Zustandes nach entsprechender Therapie in Aussicht und empfahl, nach einigen Monaten eine neuerliche Begutachtung der Fähigkeit zur Überstellung nach Polen vorzunehmen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung der Beschwerdeführer gemäß §§5 und 10 AsylG ab. Der Dauer des Durchführungsaufschubes trat der Bundesasylsenat nicht entgegen, weil - so seine Begründung - das Bundesasylamt im erstinstanzlichen Bescheid ausdrücklich angemerkt habe, dass der Erstbeschwerdeführer vor der Überstellung nach Polen einer neuerlichen medizinischen Untersuchung unterzogen werden würde. Der Bundesasylsenat erachtete das Bundesasylamt aber auch als "gut beraten", wenn es diese Begutachtung jedenfalls durch einen fachlich qualifizierten Arzt durchführen lassen würde.

3. Gegen diese Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates wendete sich die an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 B-VG gerichtete Beschwerde beider Beschwerdeführer, in der die Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie von Art 3 und 8 EMRK gerügt wird.

Einer im Verwaltungsakt erliegenden ärztlichen Stellungnahme vom ist zu entnehmen, dass schwere psychische Störungen des Erstbeschwerdeführers einer Überstellung nach Polen weiterhin entgegenstehen und von einer Besserungsfähigkeit nicht ausgegangen werden könne. Begründet wird dies mit dem Alter des Erstbeschwerdeführers und seinem Allgemeinzustand.

Im Verwaltungsakt erliegt weiters ein Schreiben des Bundesasylamtes vom an die polnischen Asylbehörden samt Formular, in dem der Selbsteintritt erklärt wird ("Asylum procedure will be carried out in our own responsibility"). Eine Anfrage des Verfassungsgerichtshofes ergab, dass das Bundesasylamt den beiden Beschwerdeführern auf deren Ersuchen keine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt hat, weil es die Auffassung vertrete, es dürfe eine solche Karte erst ausfolgen, wenn der unabhängige Bundesasylsenat die nunmehr beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheide aufgehoben hat.

Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofs teilte der unabhängige Bundesasylsenat mit, dass er weder Zuständigkeit noch Anlass dafür habe, aufgrund eines nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens von der erstinstanzlichen Behörde erklärten Selbsteintritts tätig zu werden: Auch eine amtswegige Behebung der Bescheide nach § 68 Abs 2 AVG, worauf im Übrigen kein Rechtsanspruch bestehe, sei nicht tunlich, da eine solche Behebung auf einer anderen Sachverhaltsgrundlage als die Erlassung der Bescheide erfolgen würde.

II. Die für dieses Verfahren maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist - soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist - im Falle der Glaubhaftmachung von Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen (§3 Abs 1 AsylG).

Subsidiären Schutz erhält ein Fremder nach Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz sowie nach Asylaberkennung, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde (§8 Abs 1 AsylG). Mit der Zuerkennung subsidiären Schutzes ist gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung, die ein Jahr gilt und auf Antrag verlängert wird, zu erteilen (§8 Abs 4 AsylG).

Gemäß § 5 Abs 1 AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat - vertraglich oder auf Grund der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. 2003 L 50 S 1; im Folgenden: Dublin II-VO) - zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz ist nach § 10 Abs 1 Z 1 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden. Eine solche Ausweisung gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat; im Falle einer durchsetzbaren Ausweisung hat der Fremde unverzüglich auszureisen (§10 Abs 4 AsylG).

2. Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen und nicht von Dauer sind, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist (§10 Abs 3 AsylG).

Als Gründe, die einen derartigen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs 3 AsylG nach sich ziehen, nennen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage beispielhaft eine fortgeschrittene Schwangerschaft, einen Spitalsaufenthalt oder vorübergehenden sehr schlechten Gesundheitszustand; mit der Ausweisung sei gleichzeitig die Zeitdauer zu bestimmen, für die die Ausweisung aufgeschoben werde (RV 952 BlgNR 22. GP, 39).

3. § 5 Abs 1 und 3,§ 8 Abs 1 bis 5 sowie § 10 AsylG lauten wie folgt (die in Prüfung stehenden Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Zuständigkeit eines anderen Staates

§5. (1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.
dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11) offen steht.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist von der zuerkennenden Behörde gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesasylamt verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

(5) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs 1 Z 2 gilt Abs 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.

...

Verbindung mit der Ausweisung

§10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2.
der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3.
einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4.
einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.

(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2.
diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würden.

(3) Wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."

4. Im Rahmen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag auf internationalen Schutz ist - wie bereits erwähnt - nach Einreise eines Asylwerbers aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Hinblick auf § 5 AsylG zu prüfen, ob Österreich oder ein anderer EU-Mitgliedstaat nach der Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig ist. In Art 3 Abs 2 sieht die Dublin II-VO vor, dass jeder Mitgliedstaat - auch wenn ein anderer Mitgliedstaat nach den Kriterien der Verordnung zuständig wäre - einen Antrag auf internationalen Schutz selbst prüfen kann, wodurch er zum zuständigen Mitgliedstaat wird (sog. Selbsteintrittsrecht).

5. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk. VfSlg. 16.122/2001 zu dem bereits im Dubliner Übereinkommen, der Vorgängerregelung der Dublin II-VO, vorgesehenen Eintrittsrecht der Mitgliedstaaten nach Art 3 Abs 4 ausführte, ist unter Umständen das Eintrittsrecht zwingend zu berücksichtigen. Die Asylbehörde ist dann zur Sachentscheidung in der Asylsache verpflichtet. Dazu führte der Gerichtshof im genannten Erk. aus:

"Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Bundesregierung auch

darin zu, daß eine strikte, zu einer Grundrechtswidrigkeit führende

Auslegung (und somit Handhabung) des § 5 Abs 1 durch die Heranziehung

des Art 3 Abs 4 des Dubliner Übereinkommens von der Asylbehörde zu

vermeiden ist; Art 3 Abs 4 ist - als ins innerstaatliche Recht

transformierte, unmittelbar anwendbare Norm betrachtet - nicht etwa

als eine Ermächtigung zur Ermessensübung, sondern als eine durch

sämtliche in Betracht kommenden Verfassungsvorschriften

zielgerichtete und daher unter dem Aspekt des Legalitätsprinzips

ausreichend determinierte Rechtsvorschrift zu werten. Damit erledigen

sich die vom antragstellenden Bundesasylsenat aus dem Blickwinkel der

Art3 und 8 EMRK vorgebrachten Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang

die Entscheidung des EGMR vom , T.I. vs United Kingdom,

der zufolge '... the indirect removal ... does not affect the

responsibility of the United Kingdom to ensure that the applicant is

not ... exposed to treatment contrary to Article 3 of the

Convention')."

Dass im Hinblick auf die Wahrnehmung des Eintrittsrechtes auf Aspekte des Art 3 und 8 EMRK Bedacht zu nehmen ist, hat der Verfassungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen bekräftigt (vgl. VfSlg. 16.160/2001; , B1247/00, B1351/00, B1749/00; , B901/01). Ferner sprach der Verfassungsgerichtshof in seinem Erk. VfSlg. 17.340/2004 aus, dass die in VfSlg. 16.122/2001 zum Dubliner Übereinkommen angestellten Überlegungen auch für das Selbsteintrittsrecht nach der Dublin II-VO zutreffen.

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und er bei Überprüfung der angefochtenen Bescheide die in Prüfung genommenen Wortfolgen anzuwenden hätte. In der Sache äußerte der Verfassungsgerichtshof folgende Bedenken:

"2.2 Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass nach § 10 Abs 3 AsylG bei Ausweisungen nach § 10 Abs 1 gleichzeitig mit der Ausweisung deren Durchführung für die notwendige Zeit aufgeschoben werden kann, wenn die Ausweisung eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde und die Gründe nicht von Dauer sind. Diese Regelung trägt dem Erfordernis der Rechtsprechung (vgl. zuletzt VfSlg. 17.586/2005) Rechnung, dass auch bloß vorübergehende Abschiebungshindernisse berücksichtigt werden müssen.

Aus § 10 Abs 3 geht aber auch hervor, dass für den Fall, dass ein Hinderungsgrund nicht bloß vorübergehend ist, kein Durchführungsaufschub in Frage kommt. In einem solchen Fall ist der Ausspruch der Ausweisung selbst unzulässig. In Verfahren über die Feststellung der Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 AsylG ist bei einem nicht bloß vorübergehenden Hinderungsgrund für die Abschiebung das Selbsteintrittsrecht iSd Art 3 Abs 2 Dublin II-VO auszuüben (VfSlg. 16.122/2001, 17.586/2005; ferner Putzer/Rohrböck, Asylrecht [2007] Rz 302).

Nimmt die Asylbehörde - wie im vorliegenden Fall - zwar an, dass ein nur vorübergehendes Hindernis für eine EMRK-konforme Durchführung der Ausweisung vorliegt und spricht sie deshalb einen zeitlich befristeten Durchführungsaufschub aus, ist nach Ablauf der Frist die Abschiebung zulässig. Hingegen lässt die Regelung offen, was zu geschehen hat, wenn sich die ursprüngliche Einschätzung über die Dauer des Hindernisses als unrichtig erweist: Eine bloße Verlängerung scheint das Gesetz auszuschließen (so auch Putzer/Rohrböck, aaO Rz 305), da der Durchführungsaufschub nur 'gleichzeitig mit der Ausweisung' ausgesprochen werden kann. Ferner lässt die Regelung offen, wie vorzugehen ist, wenn der Hinderungsgrund (etwa eine plötzlich auftretende Krankheit) zwischen dem Ausspruch der Ausweisung und der tatsächlichen Abschiebung auftritt.

2.3 Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, dass eine Regelung, die eine drohende Verletzung von Art 3 EMRK nur zeitlich befristet abwendet und keine Verlängerungsmöglichkeit vorsieht, weil der Durchführungsaufschub nur gleichzeitig mit der Ausweisung ausgesprochen werden kann (§10 Abs 3 AsylG), sodass nach Fristablauf eine fortdauernd drohende Verletzung des Art 3 EMRK im Falle der Abschiebung nicht rechtlich geltend gemacht werden kann, mit Art 3 EMRK nicht vereinbar ist. Die gleichen Bedenken bestehen für Fälle, bei denen der Hinderungsgrund erst nach Ausspruch der Ausweisung auftritt.

2.4 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effektivität für den Rechtsschutzwerber aufweisen (vgl. VfSlg. 15.218/1998 mwN).

Im Sinne dieser Judikatur ist der Gerichtshof vorläufig der Ansicht, dass die in Prüfung gezogenen Wortfolgen in § 10 Abs 3 AsylG auch gegen das Gebot faktischer Effektivität des Rechtsschutzes verstoßen, da der Asylwerber nach Ablauf der Frist des Durchführungsaufschubes kein angemessenes Rechtsmittel gegen die Durchführung einer Art 3 EMRK verletzenden Abschiebung haben dürfte.

Selbst wenn man aber § 10 Abs 3 entgegen seinem Wortlaut dahin gehend auslegt, dass eine Verlängerung des Durchführungsaufschubes über Antrag des Asylwerbers erreicht werden kann, so vermag dies die Bedenken nicht zu zerstreuen, da ein solcher Verlängerungsantrag anscheinend keine aufschiebende Wirkung hätte. Es geht jedoch nicht an, den Rechtsschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung solange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist (VfSlg. 17.346/2004).

2.5 Im Gesetzesprüfungsverfahren wird aber zu beurteilen sein, ob § 10 Abs 3 AsylG einer Auslegung zugänglich ist, die die vorläufig als verfassungswidrig angenommenen Konsequenzen vermeidet:

Betrachtet man den Durchführungsaufschub nach § 10 Abs 3 AsylG als ein Institut, das - zwecks Abwendung von Grundrechtsverletzungen - zu jenem des subsidiären Schutzes gemäß § 8 AsylG hinzutritt, könnte die in § 8 enthaltene Regelung betreffend die Verlängerung des Schutzes gegen Abschiebungen auch auf den Aufschub der Durchführung einer Abschiebung nach § 10 Abs 3 AsylG zu übertragen sein, woraus sich das Recht des Asylwerbers ableiten ließe, einen (bis zur Entscheidung mit aufschiebender Wirkung verbundenen) Antrag auf Verlängerung des Durchführungsaufschubes zu stellen bzw. auch dann den Durchführungsaufschub zu gewähren, wenn der Hindernisgrund erst nach dem Ausspruch der Ausweisung auftritt."

2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragte, der Verfassungsgerichtshof möge die in Prüfung gezogenen Wortfolgen nicht als verfassungswidrig aufheben, im Falle ihrer Aufhebung aber eine Frist von zwölf Monaten für das Außerkrafttreten zwecks Ergreifung legistischer Maßnahmen bestimmen.

In der Sache brachte die Bundesregierung vor, dass das Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs 3 AsylG Möglichkeiten einräume, die für den Betroffenen insgesamt einen effektiven Rechtsschutz gewährleisten und Schutz im Hinblick auf Art 3 EMRK bieten könnten.

2.1 IdS ermögliche die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG oder ein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz oder eine Bescheidabänderung oder -aufhebung nach § 68 Abs 2 AVG eine neuerliche Entscheidung über die Zulässigkeit einer Durchführung der verfügten Ausweisung, wodurch die vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommenen verfassungswidrigen Konsequenzen vermieden würden (und daher auch keine verfassungskonforme Interpretation durch Erweiterung der in § 8 AsylG normierten Regelungen - wie im Prüfungsbeschluss vorläufig erwogen - erforderlich sei). Dazu führte die Bundesregierung im Einzelnen aus:

"II.2.1. Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG

Ist die Asylbehörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung auf Grund einer bestimmten Tatsache (zB Gesundheitszustand des Asylwerbers) nach dem ihr damals vorliegenden Informationsstand (zB amtsärztliches Gutachten) davon ausgegangen, dass die Gründe für den Aufschub iSd § 10 Abs 3 AsylG 2005 nicht von Dauer sein werden, und stellt sich erst im Nachhinein - zB auf Grund eines neuen ärztlichen Gutachtens (neues Beweismittel) - heraus, dass der tatsächliche bereits zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende Gesundheitszustand keinen bloß vorübergehenden Aufschubgrund hätte darstellen können, so rechtfertigt dies die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG auf Antrag oder von Amts wegen bezüglich des Durchführungsaufschubs aus dem Grund des nachträglichen Hervorkommens einer bereits bei Abschluss des asylbehördlichen Verfahrens vorhandenen Tatsache ('nova reperta') (etwa Erkenntnis des Zl. 88/03/0188).

Im wiederaufgenommenen Verfahren hat die Asylbehörde dann auf Grundlage dieser nachträglich hervorgekommenen Tatsachen und Beweise darüber zu entscheiden, ob (inzwischen) die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 8 AsylG 2005 vorliegen.

Die Bundesregierung verkennt dabei nicht, dass eine Wiederaufnahme der dem Prüfungsbeschluss zugrundeliegenden Verfahren aufgrund der besonderen Fallkonstellation möglicherweise nicht in Betracht kommt.

II.2.2. Neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz

Ein vom betroffenen Fremden - nach dem Wortlaut des § 10 Abs 3 AsylG 2005 an sich unzulässiger - gestellter Antrag auf 'Verlängerung' des Durchführungsaufschubs, kann von der Asylbehörde auch als neuer Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005 gewertet werden (siehe auch § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005: 'das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen'). Bei der Beurteilung, ob im konkreten Fall ein (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz vorliegt, hat die Asylbehörde mit Rücksicht auf die grundsätzliche Formfreiheit der Antragstellung einen großzügigen Maßstab anzulegen (vgl. noch zum AsylG 1997 das Erkenntnis des Zl. 99/01/0252).

Eine solche großzügige Beurteilung, was unter einem Antrag auf internationalen Schutz zu verstehen ist, gebietet darüber hinaus eine richtlinienkonforme Auslegung im Hinblick auf Art 2 litg der Status-Richtlinie [(Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom ) argum. 'das Ersuchen ... um Schutz durch einen Mitgliedstaat, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragstellung die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzes anstrebt'; ErläutRV 952 BlgNR 22. GP, zu Art 2 § 2 Z 13; vgl. Putzer/Rohrböck, aaO, Rz 21].

Im weiteren Verfahren ist dann zu unterscheiden, ob eine 'entschiedene Sache' iSd § 68 Abs 1 AVG vorliegt oder nicht:

Stellt sich im weiteren Verfahren auf Grund dieses neuerlichen Antrags heraus, dass ein allfälliger Aufschubgrund nicht bloß vorübergehend ist, dann liegt keine 'entschiedene Sache' iSd § 68 Abs 1 AVG vor. Die Asylbehörde hätte in diesem Fall das Verfahren zuzulassen und die Zuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz zu prüfen. Dieses Vorgehen wird gleichermaßen auch für sog. 'Dublin-Fälle' gelten, wo auf Grund des Verstreichens der Überstellungsfrist nach der Dublin II-VO die Zuständigkeit der österreichischen Asylbehörden zur Durchführung des Asylverfahrens bereits vorliegt.

Ergibt die Prüfung des neuen Antrags durch die Asylbehörde jedoch, dass sich die Umstände seit dem vorigen Verfahren nicht geändert haben und ein allfälliger Grund für einen Durchführungsaufschub (zB Erkrankung) auch weiterhin nur vorübergehend (= nicht von Dauer) vorliegt, dann wäre der nunmehrige Folgeantrag wegen entschiedener Sache iSd § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen ('Res iudicata'-Entscheidung).

Diese zurückweisende Entscheidung wäre nach § 10 Abs 1 AsylG 2005 wiederum mit einer Ausweisung zu verbinden, sofern diese nach § 10 Abs 2 AsylG 2005 nicht unzulässig wäre. In diesem Fall ist die Asylbehörde - bei Vorliegen der Voraussetzungen - aber erneut verpflichtet, einen Durchführungsaufschub nach § 10 Abs 3 AsylG 2005 zu gewähren [Vogl/Taucher/Bruckner/Marth/Doskozil, Fremdenrecht (2006) '10 AsylG 2005 Z 6].

Durch diese mit einer Ausweisung verbundene zurückweisende Entscheidung der 1. Instanz wird dem Fremden wiederum die rechtliche Möglichkeit eröffnet, im Berufungsverfahren nach §§36 ff AsylG 2005 seine Gründe der (weiterhin) vorliegenden Hinderungsgründe im Sinne des § 10 Abs 3 AsylG 2005 darzulegen. Dadurch wird auch gewährleistet, dass kein für den Fremden nachteiliger Unterschied zu einem 'Verfahren zur Verlängerung eines Durchführungsaufschubs' besteht, weshalb die Asylgesetzgebung auch auf dieses gesonderte 'Verlängerungsverfahren' verzichten konnte.

Die dargestellten Überlegungen gelten selbstverständlich auch, wenn der Fremde einen neuen Antrag auf internationen Schutz (und nicht einen 'Verlängerungsantrag') stellt.

II.2.3. Abänderung oder Aufhebung des Bescheides nach § 68 Abs 2 AVG

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch eine amtswegige Abänderung oder Aufhebung des rechtskräftigen Bescheides in Frage käme, und zwar a) durch jene Asylbehörde, die diesen in letzter Instanz erlassen hat (UBAS oder BAA), oder b) auch durch den Bundesminister für Inneres als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Falle einer erst- und letztinstanzlichen Entscheidung des BAA, zumal die Abänderung (zB neue Entscheidung betreffend Durchführungsaufschub) oder Aufhebung des Bescheides jedenfalls als begünstigend zu qualifizieren wäre und aus dem Bescheid auch niemandem ein Recht erwachsen ist (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht3 [2005] Rz 563; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2006] 299 f)."

2.2 Darüber hinaus besteht nach Auffassung der Bundesregierung die Möglichkeit, dass die Zulässigkeit einer Durchführung der Ausweisung von der zuständigen Fremdenpolizeibehörde gemäß § 46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art3 des Fremdenrechtspaketes, BGBl. I 100; im Folgenden: FPG) überprüft werde: Gemäß § 46 Abs 3 FPG sei die Abschiebung auf Antrag des Fremden oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben, wenn diese insbesondere aus Gründen des Art 3 EMRK unzulässig ist oder aus tatsächlichen Gründen (z.B. auf Grund des schlechten Gesundheitszustands des Fremden) unmöglich erscheint. Die Fremdenpolizeibehörde sei somit auf einen entsprechenden Antrag hin verpflichtet, eine Prüfung der Außer-Landes-Bringung im Hinblick auf Art 3 EMRK vorzunehmen. Bei Ablauf des erteilten Abschiebungsaufschubs könne die Fremdenpolizeibehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen auch mehrmals einen weiteren Abschiebungsaufschub einräumen.

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Bundesregierung ist der vorläufigen Annahme des Gerichtshofes betreffend die Prozessvoraussetzungen nicht entgegen getreten. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist - da auch sonst kein Verfahrenshindernis hervorgekommen ist - zulässig.

2. Gewährt die Asylbehörde einen zeitlich befristeten Durchführungsaufschub, ist die Abschiebung nach dem Fristablauf zulässig. Dieser Annahme ist die Bundesregierung in ihrer Äußerung nicht entgegengetreten.

Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen "Möglichkeiten", wie vorgegangen werden könnte, wenn ein Abschiebungshindernis, aufgrund dessen der Aufschub gemäß § 10 Abs 3 AsylG zu erteilen war, nicht bei Fristablauf weggefallen ist, sondern fortbesteht, sind nicht geeignet, jene Konsequenzen zu vermeiden, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bewogen haben.

Der Anlassfall, bei dem sich die Frist für den Durchführungsaufschub nach Fristablauf als zu kurz erwies, das Gesetz aber dem unabhängigen Bundesasylsenat keine Möglichkeit der Verlängerung geboten hat, zeigt das Problem der in Prüfung gezogenen Regelung deutlich auf.

2.1 Wenn die Bundesregierung meint, eine Verlängerung des Durchführungsaufschubes nach § 10 Abs 3 AsylG könne mit einem Abschiebungsaufschub nach § 46 Abs 3 FPG gewährleistet werden, lässt sie Folgendes außer Acht:

Ein nach Ablauf des von der Asylbehörde gewährten Durchführungsaufschubs nunmehr bei der Fremdenpolizeibehörde gestellter Antrag auf Abschiebungsaufschub würde nicht bewirken, dass der Antragsteller nicht dennoch abgeschoben werden könnte: Trotz eines Antrages nach § 46 Abs 3 FPG müsste - im Gegensatz zu § 51 Abs 4 FPG (Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat durch die Fremdenpolizeibehörde) - mit der Abschiebung nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag zugewartet werden. Dazu kommt, dass gegen die Abweisung eines solchen Antrags auf Abschiebungsaufschub kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist (§9 Abs 2 FPG). Selbst wenn daher gegen den Bescheid, mit dem der Abschiebungsaufschub versagt wurde, Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung des Art 3 EMRK erhoben würde, so könnte der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, weil der bekämpfte Abweisungsbescheid einem Vollzug iSd § 85 Abs 2 VfGG nicht zugänglich wäre (vgl. hiezu die Beschlüsse des ; , B1935/96; , B 2478, 2479/97; , B729/03; , B272/04; , B501/04).

Dies bedeutet, dass auch ein Antrag auf Abschiebungsaufschub gemäß § 46 Abs 3 FPG, solange über ihn nicht positiv entschieden wurde, einer Durchführung der Ausweisung nicht entgegensteht.

Ein Asylwerber, dem wegen einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK ein befristeter Durchführungsaufschub gewährt wurde, dessen Frist jedoch abgelaufen ist, kann auch durch einen Antrag gemäß § 46 Abs 3 FPG nicht verhindern, abgeschoben zu werden, auch wenn der Zustand, der zu einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK führte, andauert.

2.2 Die Bundesregierung führte ferner die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 69 Abs 1 Z 2 AVG ins Treffen, räumte jedoch selbst ein, dass sie in einer Konstellation wie jener des vorliegenden Anlassfalles womöglich nicht in Betracht komme.

Die Möglichkeit, eine Verletzung von Art 3 EMRK nach Ablauf des Durchführungsaufschubes durch Wiederaufnahme des Verfahrens abzuwenden, scheidet aus den gleichen Gründen wie die Variante des Abschiebungsaufschubes nach § 46 Abs 3 FPG aus: Der Antrag auf Wiederaufnahme hat keine aufschiebende Wirkung, sodass bis zur Bewilligung der Wiederaufnahme eine Abschiebung weiterhin zulässig ist (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003] Rz 598; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2006] 316 mwN). Die Ausweisung kann daher im Zeitraum bis zur Entscheidung über die Wiederaufnahme auch durchgeführt werden, wenn der Asylwerber einen derartigen Antrag gestellt hat.

Auch wird nicht immer - wie etwa auch im Anlassfall (vgl. hiezu die entsprechende Äußerung des unabhängigen Bundesasylsenates vom ) - ein Wiederaufnahmsgrund vorliegen.

2.3 Nach dem Vorhingesagten vermag die von der Bundesregierung erwähnte amtswegige Abänderung oder Aufhebung von Bescheiden nach § 68 Abs 2 AVG - da der Betroffene überhaupt kein Antragsrecht und damit auch kein effektives Rechtsmittel gegen eine negative Entscheidung hat - ebenfalls die Verfassungswidrigkeit nicht abzuwenden.

2.4 Das Vorbringen der Bundesregierung, dass eine Verlängerung des Durchführungsaufschubs auch durch an sich unzulässige und daher unerwünschte Anträge (vgl. zB RV 952 BlgNR 22. GP, 48) erreicht werden könne, ist nicht nachvollziehbar.

2.5 Die von der Bundesregierung aufgezeigten Möglichkeiten, einen weiteren Aufschub der Abschiebung auf andere Weise als durch Verlängerung des in § 10 Abs 3 AsylG normierten Durchführungsaufschubs zu bewirken, sind daher insgesamt nicht geeignet, bei einem - auch noch nach Fristablauf - anhaltenden Abschiebungshindernis, das im Falle der Abschiebung zu einer Verletzung des Art 3 EMRK führen würde, eine Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben herzustellen.

Da im Gesetzesprüfungsverfahren nichts hervorgekommen ist, was die oben wiedergegebenen Bedenken zerstreut hätte, waren die im Spruch genannten Wortfolgen wegen des Verstoßes gegen Art 3 EMRK und gegen das Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes als verfassungswidrig aufzuheben.

3. In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).

Wie oben dargestellt, ist die Durchführung einer Ausweisung dann, wenn sie aus (in der Person des Asylwerbers liegenden) Gründen, die nicht von Dauer sind, Art 3 EMRK verletzen würde, für die notwendige Zeit aufzuschieben. Wie auch die Bundesregierung in ihrer Äußerung (Punkt I.2 der Äußerung) ausgeführt hat, kommt bei nicht bloß vorübergehenden Hinderungsgründen eine Ausweisung gar nicht in Betracht: Vielmehr ist in Fällen, in denen die Aufenthaltsbeendigung eine - vorab zeitlich nicht begrenzte - reale Gefahr einer Verletzung des Art 3 EMRK darstellen würde, dem Asylwerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG zuzuerkennen. Der Verfassungsgerichtshof stimmt auch der Auffassung der Bundesregierung zu, dass derartige Hinderungsgründe jedenfalls dann nicht mehr vorübergehend iSd § 10 Abs 3 AsylG sein werden, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung der Asylbehörde absehbar ist, dass diese innerhalb der Überstellungsfrist nach Art 19 bzw. 20 Dublin II-VO (sechs Monate) nicht wegfallen werden. Im Falle der Zuständigkeit eines anderen "Dublin-Staates" wird daher von der Zurückweisung nach § 5 AsylG Abstand zu nehmen und - nach Ausübung des Selbsteintrittsrechts - das Asylverfahren zuzulassen sein, an dessen Ende ebenfalls die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§8 AsylG) stehen kann.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtslage ist zur Herstellung eines verfassungskonformen Zustandes unter Berücksichtigung der oben zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes eine Aufhebung der Wortfolge "und diese nicht von Dauer sind" nicht erforderlich: Diese Wortfolge dient der - verfassungsrechtlich zulässigen - Differenzierung von Abschiebungshindernissen je nach dem, ob das Hindernis von Dauer ist oder nicht, woran sich die rechtliche Konsequenz knüpft, ob eine Ausweisung befristet aufzuschieben oder überhaupt nicht zu verfügen ist.

Die im Spruch genannten Wortfolgen waren daher aufzuheben, nicht jedoch die ebenfalls in Prüfung gezogene Wortfolge "und diese nicht von Dauer sind".

V. 1. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aussprüche stützt sich auf Art 140 Abs 5 B-VG.

2. Die Bundesregierung hat eine Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Wortfolgen beantragt. Eingedenk des Umstandes, dass durch die Aufhebung bloß eines Teiles der in Prüfung gezogenen Wortfolgen ein verfassungskonformer Zustand hergestellt werden konnte, einerseits und angesichts der Schwere eines verfassungswidrigen Eingriffes im Falle des (temporären) Fortbestandes des § 10 Abs 3 AsylG in seiner Fassung vor der Aufhebung andererseits kommt die Setzung einer Frist nicht in Betracht (siehe auch VfSlg. 17.340/2004).

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 B-VG.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.