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VfGH vom 05.03.2020, G178/2019

VfGH vom 05.03.2020, G178/2019

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Bestimmtheit des Ausschlusses des Antragsrechts des Schulerhalters im Verfahren über die Festsetzung von Schulsprengeln nach dem Stmk PflichtschulerhaltungsG; Fehlen des subjektiven Erledigungsanspruches eindeutig aus Gesetzesmaterialien ableitbar

Spruch

I.Soweit sich der Antrag gegen § 3 letzter Satz sowie die in § 20 Abs 1 enthaltene Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 – StPEG 2004, LGBl für die Steiermark Nr 71/2004 (WV), idF LGBl für die Steiermark Nr 72/2018, richtet, wird er abgewiesen.

II.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, in § 20 Abs 1 Steiermärkisches

Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 – StPEG 2004, LGBl 71/2004 (WV), idF LGBl 72/2018, die Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder", in eventu den letzten Satz des § 3 StPEG 2004, in eventu den letzten Satz des § 3 StPEG 2004 sowie die Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" als verfassungswidrig aufzuheben.

II.Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 2004 – StPEG 2004, LGBl 71/2004 (WV), idF LGBl 72/2018, lauten (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§3

Parteien

In den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, kommt den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule beteiligten Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zu. Dies gilt nicht für Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln.

[…]

§20

Behördenzuständigkeit und Verfahren

(1) Die Festsetzung (Bildung, Änderung und Aufhebung) eines Schulsprengels einer von einer Gemeinde erhaltenen Pflichtschule sowie die Erweiterung des Sprengels einer Sonderschulklasse gemäß § 18 Abs 4 erfolgt auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder von Amts wegen durch Verordnung der
Bildungsdirektion nach Anhörung der beteiligten Gebietskörperschaften.

(2) [Anm: entfallen]

(3) Findet für die Festsetzung eines Schulsprengels eine mündliche Verhandlung gemäß Abs 4 nicht statt, sind die im Abs 1 genannten Stellen aufzufordern, ihre Stellungnahme zur beabsichtigten Sprengelfestsetzung innerhalb bestimmter Frist bei der Bildungsdirektion schriftlich einzureichen.

(4) Die Bildungsdirektion kann erforderlichenfalls die für die Festsetzung eines Schulsprengels maßgebenden Umstände durch Verhandlung an Ort und Stelle erheben lassen. Zur Verhandlung sind alle beteiligten Gebietskörperschaften zu laden. Der hierbei aufgenommenen Verhandlungsschrift sind die Ausfertigungen der von den beteiligten Gemeindevertretungen gefassten Beschlüsse anzuschließen.

(5) Falls das Landesgebiet als Sprengel einer öffentlichen Sonderschule in Betracht kommt und dementsprechend das Land gesetzlicher Schulerhalter ist (§6 und § 26 Abs 1), gelten die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 mit der Maßgabe, dass von der Anhörung der Gemeinden sowie von einer mündlichen Verhandlung überhaupt Abstand genommen werden kann. Die Bestimmung des § 29 dieses Gesetzes findet in diesem Falle keine Anwendung."

III.Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1.Am stellte die Marktgemeinde Vasoldsberg (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) einen Antrag auf Änderung des Volksschulsprengels der Volksschule Vasoldsberg und erhob mangels fristgerechter Erledigung durch die zuständige Steiermärkische Landesregierung (nunmehr Bildungsdirektion für Steiermark; im Folgenden: belangte Behörde) am eine Säumnisbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

1.2.Die belangte Behörde führte in der Folge am eine Verhandlung durch, um zu erheben, ob zwischen den betroffenen Gemeinden bezüglich der beantragten Sprengeländerung Einvernehmen vorliege. Am übermittelte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ein Schreiben, in dem ausgeführt wurde, dass in der Verhandlung zwischen den betroffenen Gemeinden kein Konsens erzielt worden sei. Zudem sei unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit des Schulweges die beantragte Sprengeländerung nicht zielführend. Aus diesen Gründen werde das Verfahren eingestellt. Am wurde dem Landesverwaltungsgericht Steiermark die Säumnisbeschwerde vom vorgelegt.

1.3.Mit Erkenntnis vom gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der Säumnisbeschwerde statt und trug der belangten Behörde gemäß § 28 Abs 7 VwGVG auf, binnen einer Frist von acht Wochen einen (negativen) Bescheid oder eine Verordnung über eine Sprengeländerung zu erlassen.

1.4.Eine außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2017/10/0133-6, zurück und hielt fest, dass § 20 Abs 1 StPEG 2004 dem gesetzlichen Schulerhalter das Recht einräume, die Änderung eines Schulsprengels zu beantragen. Aus dem Antragsrecht des gesetzlichen Schulerhalters resultiere das Recht auf (positive oder negative) Erledigung binnen der in § 73 Abs 1 AVG festgesetzten Frist von sechs Monaten.

1.5.Die belangte Behörde hat die aufgetragene Erledigung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgeholt, weshalb sich das Landesverwaltungsgericht Steiermark gemäß § 28 Abs 7 letzter Satz VwGVG als zur Sachentscheidung zuständig erachtet.

2.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

2.1.Mit LGBl 72/2018, kundgemacht am , sei § 3 StPEG 2004 über die Parteistellung in Verfahren nach dem StPEG 2004 geändert worden. Dem § 3 StPEG 2004 sei der Satz "Dies gilt nicht für Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln." beigefügt worden. Laut den Erläuterungen wollte der Steiermärkische Landesgesetzgeber damit klarstellen, dass eine Parteistellung von beteiligten Gebietskörperschaften in Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln nicht vorgesehen sei. Das in § 20 Abs 1 StPEG 2004 vorgesehene Antragsrecht sei nach den Erläuterungen als Anregung zu verstehen.

2.2.§20 Abs 1 StPEG 2004 sei jedoch vom Landesgesetzgeber nicht angepasst worden und sehe weiterhin ausdrücklich ein Antragsrecht einer an der Festsetzung eines Schulsprengels beteiligten Gebietskörperschaft vor. Dass – wie in den Erläuterungen zu § 3 StPEG 2004 ausgeführt – das Antragsrecht gemäß § 20 Abs 1 StPEG 2004 als "Anregung" zu verstehen sei und kein Recht auf Sachentscheidung enthalte, sei von der belangten Behörde bereits im Rahmen der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof vorgebracht worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe diese Revision mit Beschluss vom , Ra 2017/10/0133-6, zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass die Bejahung des Antragsrechts – aus welchem das Recht auf (positive oder negative) Erledigung binnen der in § 73 Abs 1 AVG festgesetzten Frist von sechs Monaten resultiere – im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe.

2.3.Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark bestehe damit ein Widerspruch zwischen dem in § 20 Abs 1 StPEG 2004 festgeschriebenen Antragsrecht des gesetzlichen Schulerhalters und § 3 letzter Satz StPEG 2004. Dies entspreche nicht dem Bestimmtheitserfordernis des Art 18 B-VG.

2.4.Zudem hegt das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Verweis auf VfSlg 13.492/1993 auch Zweifel an der Verfassungskonformität in Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz, weil je nach Auslegung ein Antrag eines gesetzlichen Schulerhalters auf Festsetzung (Bildung, Änderung und Aufhebung) eines Schulsprengels entweder gemäß § 3 StPEG 2004 mangels Parteistellung zurückzuweisen oder aber gemäß § 20 Abs 1 StPEG 2004 inhaltlich zu entschieden sei.

2.5.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark sehe sich bei seiner Entscheidung über den Antrag auf Sprengeländerung der beschwerdeführenden Partei an das in § 20 Abs 1 StPEG 2004 festgeschriebene und mit einer Parteistellung einhergehende Antragsrecht gebunden. Es habe jedoch auch den mit LGBl 72/2018 geänderten § 3 StPEG 2004 zu beachten, in dem eine Parteistellung in Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln ausgeschlossen werde.

3.Die Steiermärkische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Abweisung des Hauptantrages sowie die Zurückweisung der beiden Eventualanträge beantragt; im Fall einer Aufhebung wird die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten von mindestens sechs Monaten begehrt.

3.1.Die Zulässigkeit des Hauptantrages werde nicht in Zweifel gezogen. Hingegen seien die Eventualanträge unzulässig. Beide würden nämlich darauf hinauslaufen, die mit LGBl 72/2018 erfolgte Novelle des § 3 StPEG 2004, die gerade das Verhältnis zwischen § 3 und § 20 StPEG 2004 klären sollte, vollständig rückgängig zu machen. Eine Aufhebung des in den Eventualanträgen angefochtenen letzten Satzes des § 3 StPEG 2004 – allenfalls in Kombination mit der in § 20 StPEG 2004 angefochtenen Wortfolge – würde daher dem Willen des zuständigen Gesetzgebers klar zuwiderlaufen und dessen diesbezügliche Entscheidung aushebeln. Dies würde einem unzulässigen Akt der positiven Gesetzgebung gleichkommen (vgl ).

3.2.In der Sache begründe das Landesverwaltungsgericht seinen Antrag im Wesentlichen damit, dass zwischen § 3 letzter Satz und § 20 Abs 1 StPEG 2004 ein Widerspruch hinsichtlich der Parteistellung des gesetzlichen Schulerhalters bei der Schulsprengelfestsetzung bestünde. § 3 StPEG 2004 verneine die Parteistellung, während § 20 Abs 1 StPEG 2004 sie einräume. Der Widerspruch werde vom Landesverwaltungsgericht primär mit den rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu § 20 Abs 1 StPEG 2004 in dessen Beschluss vom , Ra 2017/10/0133-6, begründet. Dieser Beschluss sei in jenem Beschwerdefall ergangen, der auch dem nunmehrigen Antrag des Landesverwaltungsgerichtes an den Verfassungsgerichtshof zugrunde liege. Sinngemäß bringe das Landesverwaltungsgericht vor, dass der Verwaltungsgerichtshof aus dem Antragsrecht des Schulerhalters auf (Neu-)Festsetzung eines Schulsprengels dessen Parteistellung abgeleitet hätte, was mit dem letzten Satz des § 3 StPEG 2004 in unlösbarem Widerspruch stünde.

3.3.Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung sei diese Argumentation des Landesverwaltungsgerichtes nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes führt die Steiermärkische Landesregierung aus, dass eine Bindungswirkung iSd § 63 Abs 1 VwGG nur dann bestehe, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben habe. In dem der Beschwerde des Landesverwaltungsgerichtes zugrunde liegenden Fall habe der Verwaltungsgerichtshof aber die Revision mit Beschluss vom , Ra 2017/10/0133-6, zurückgewiesen, weshalb dieser Beschluss keine Bindungswirkung iSd § 63 Abs 1 VwGG entfalte. Das Landesverwaltungsgericht sei daher nicht verpflichtet, der diesem Beschluss zugrunde liegenden Rechtsauffassung zu § 20 Abs 1 StPEG 2004 zu folgen. Überdies seien das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom ebenso wie der die dagegen erhobene Revision zurückweisende Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom auf Basis des § 20 StPEG 2004, idF LGBl 72/2017, erlassen worden. § 3 letzter Satz StPEG 2004 sei aber erst mit der Novelle LGBl 72/2018 eingefügt worden; damit liege im Verhältnis zur zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine neue Rechtslage vor.

3.4.Die Frage, ob ein Gesetz dem Bestimmtheitsgebot genügt oder nicht, müsse stets anhand einer bestimmten Fassung dieses Gesetzes geprüft werden. Das Landesverwaltungsgericht beziehe den Antrag auf Gesetzesprüfung explizit auf das StPEG 2004, idF LGBl 72/2018. Zur Begründung der Unbestimmtheit der Fassung LGBl 72/2018 ziehe es aber ausschließlich Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes zum StPEG 2004, idF LGBl 72/2017, heran.

3.5.In VfSlg 12.947/1991 habe der Verfassungsgerichtshof zum Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG ausgeführt, dass eine Norm nur dann die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse verletze, wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lasse, was im konkreten Fall rechtens sei. Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspreche, richte sich im Übrigen nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung. Dass sich in Einzelfällen bei der Interpretation Schwierigkeiten ergeben, mache die Regelung noch nicht – im Hinblick auf Art 18 B-VG – verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof sei bei dieser Rechtsprechung geblieben (vgl zB VfSlg 18.257/2007, 19.665/2012, 20.213/2017, 20.241/2018).

3.6.Dass im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG vorliege, würden schon die Erläuterungen zu LGBl 72/2018 zeigen, wonach das in § 20 Abs 1 StPEG 2004 erwähnte Antragsrecht des Schulerhalters keinen Rechtsanspruch auf Sprengeländerung darstelle, sondern nur als Anregung für eine Sprengeländerung zu verstehen sei. Wie das Landesverwaltungsgericht in der Begründung seines Antrags zutreffend ausgeführt habe, habe der Landesgesetzgeber mit § 3 letzter Satz StPEG 2004, idF LGBl 72/2018, klargestellt, dass eine Parteistellung von beteiligten Gebietskörperschaften in Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln nicht vorgesehen sei. Aus den Erläuterungen sei der Wille des Gesetzgebers unmissverständlich erschließbar, wonach sich durch die Änderung des § 3 StPEG 2004 der Sinngehalt des Ausdrucks "auf Antrag" in § 20 Abs 1 StPEG 2004 geändert habe. Der Umstand, dass der Wortlaut des § 20 Abs 1 StPEG 2004 nicht ebenfalls ausdrücklich angepasst worden sei, sondern sich nur implizit geändert habe, sei legistisch betrachtet unbefriedigend, könne aber keine Verfassungswidrigkeit begründen.

3.7.Ergänzend zu den Erläuterungen sei darauf hinzuweisen, dass der Ausdruck "auf Antrag" in § 20 Abs 1 StPEG 2004 bzw dessen Vorläuferbestimmungen seit fast 60 Jahren im Sinne von "Anregung" verstanden und gelebt worden sei. Dieses Verständnis sei erst einmal, und zwar im Anlassfall, in Frage gestellt worden. Mit der Änderung des § 3 StPEG 2004 durch die Novelle LGBl 72/2018 habe das ursprüngliche Verständnis wiederhergestellt werden sollen:

3.7.1.Schon in der Stammfassung des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes, LGBl 97/1959, wiederverlautbart mit LGBl 70/1970 und 71/2004, sei in § 19 Abs 1 leg.cit. – der dem heutigen § 20 Abs 1 StPEG 2004 entspreche – der Ausdruck "auf Antrag" enthalten gewesen. Die Einleitung des Sprengelfestsetzungsverfahrens auf Antrag des Schulerhalters sei dennoch nie als Begründung einer Parteistellung, sondern stets als eine "qualifizierte" (im Sinne einer begründeten, allenfalls auch mit den anderen betroffenen Gemeinden im Vorfeld abgestimmten) Anregung verstanden worden. Es sei daher nie mittels Bescheid über Anträge der Schulerhalter abgesprochen worden, was auch stets von allen Seiten als gesetzeskonform anerkannt gewesen sei. Abhängig vom Ergebnis der durchgeführten Erhebungen seien die Bezug habenden Sprengelverordnungen im Bedarfsfall geändert worden.

3.7.2.Diese Auslegung sei auch darauf gestützt worden, dass die einschlägige Bestimmung des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes, BGBl 163/1955, für die Festsetzung der Schulsprengel keine Parteistellung der Gebietskörperschaften vorsehe und auch nie vorgesehen habe (s § 13 Abs 5 Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz).

3.7.3.Dazu komme, dass eine andere Auslegung zu einem höchst praxisfernen Ergebnis geführt hätte: Wolle man nämlich aus dem "Antrag" eines Schulerhalters dessen Parteistellung ableiten, könne dies nur eine Parteistellung hinsichtlich des seine Schule betreffenden Schulsprengels sein. Da aber die Sprengel lückenlos aneinandergrenzen müssten, ziehe jede Sprengeländerung zwangsläufig auch eine Änderung eines oder mehrerer weiterer Schulsprengel nach sich und provoziere dadurch Anträge der anderen betroffenen Schulerhalter. Es wäre in diesem Zusammenhang auch nicht nachvollziehbar, dass jenen Gemeinden, die Schulerhalter sind, auf Grund dieses "Antragsrechts" eine Parteistellung zukommen solle, den "eingesprengelten" und dadurch zahlungspflichtigen anderen Gemeinden hingegen nur ein Anhörungsrecht. Jene Gemeinden, die von einer Sprengeländerung zwar betroffen, aber nicht Schulerhalter seien, könnten sich nicht einmal durch einen "Gegenantrag" zur Wehr setzen. Zwingende Folge einer Zuerkennung der Parteistellung auf Grund des "Antragsrechts" wäre jedenfalls eine nicht abschätzbare Anzahl von Anträgen und Verfahren, die in letzter Konsequenz nicht nur zur faktischen Unvollziehbarkeit, sondern auch zu einer massiven Rechtsunsicherheit für die betroffenen Gemeinden und Familien der Schulkinder führen würde.

3.8.Zusammenfassend stünden nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung der letzte Satz des § 3 StPEG 2004, idF LGBl 72/2018, und der Ausdruck "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" in § 20 Abs 1 StPEG 2004, idF LGBl 72/2018, nicht miteinander in Widerspruch. Sie würden dem Bestimmtheitserfordernis des Art 18 B-VG entsprechen, weil sich aus ihrem Zusammenhalt sowie ihrer Entstehungsgeschichte der Wille des Gesetzgebers und damit ihre Bedeutung eindeutig erkennen lasse. Der Wille des Gesetzgebers sei, dass § 3 StPEG 2004 den Gebietskörperschaften im Sprengelverfahren pauschal die Parteistellung abspreche und dass daher das Wort "Antrag" in § 20 Abs 1 StPEG 2004 als "Anregung" zu verstehen sei. Somit räume § 20 Abs 1 StPEG 2004 den Gebietskörperschaften keinen Erledigungsanspruch ein, den der Verwaltungsgerichtshof in Ra 2017/10/0133-6 auf Basis der früheren Rechtslage zuerkannt habe.

Auch den vom Landesverwaltungsgericht geäußerten Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 B-VG könne deshalb nicht gefolgt werden. Da – wie aufgezeigt – die angefochtenen Gesetzesstellen dem Bestimmtheitsgebot genügten, könne keine Rede davon sein, dass sie wegen weitgehender inhaltlicher Unbestimmtheit nicht auf ihre Gleichheitskonformität beurteilt werden könnten.

4.Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat die Niederösterreichische Landesregierung im Hinblick auf das in § 7 Abs 3 NÖ Pflichtschulgesetz 2018, LGBl 47/2018, geregelte Antragsrecht der Schulerhalter eine Äußerung erstattet.

4.1.Gemäß § 7 Abs 3 NÖ Pflichtschulgesetz 2018, LGBl 47/2018, erfolge die Festsetzung (Bildung, Änderung, Aufhebung) der Schulsprengel für allgemeinbildende Pflichtschulen durch die Bildungsdirektion entweder von Amts wegen oder über Antrag des Schulerhalters, einer beteiligten Gemeinde oder der Landesregierung durch Verordnung. Die Landesregierung, alle beteiligten gesetzlichen Schulerhalter und Gemeinden seien anzuhören. Den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer Schule beteiligten Gemeinden komme gemäß § 18 Abs 1 NÖ Pflichtschulgesetz 2018 in den behördlichen Verfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu.

4.2.Es werde darauf hingewiesen, dass sich die Rechtslage in Niederösterreich und in der Steiermark zwar ähnlich darstelle, diese jedoch in den entscheidenden Punkten nicht vergleichbar sei. Der Vergleich der betreffenden Rechtsvorschriften zeige nämlich, dass im NÖ Pflichtschulgesetz 2018 keine Regelung bestehe, die – wie § 3 letzter Satz StPEG 2004 – eine Parteistellung einschränke oder ausschließe. Das bedeute, dass in Niederösterreich diesbezüglich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen könnten.

4.3.Gehe man von der Annahme aus, dass die bisherige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Frage, ob ein dazu Legitimierter die Erlassung einer bestimmten Verordnung beantragen könne – beispielsweise zur gesetzlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften (VfSlg 14.295/1995) oder zur Anerkennung als für die Übernahme von Sachwalterschaften geeigneter Verein (VfSlg 18.941/2009) –, auch auf die Verordnungsermächtigung der Einteilung der Schulsprengel übertragbar sei, so müsste konsequenterweise dem beantragenden Schulerhalter auch ein Anspruch auf die bescheidmäßige Absprache über eine nicht durchgeführte Verordnungsänderung zukommen.

5.Die beschwerdeführende Partei des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark – die Marktgemeinde Vasoldsberg – hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes anschließt.

5.1.Dem Landesgesetzgeber sei zu unterstellen, dass die Änderung des § 3 StPEG 2004 "anlassbezogen" – und zwar auf Grund des anhängigen (Säumnisbeschwerde-)Verfahrens über den Antrag der beteiligten Partei auf Änderung ihres Volksschulsprengels – vorgenommen worden sei. Seit Jahren versuche die Steiermärkische Landesregierung (nunmehr Bildungsdirektion für Steiermark) ohne nachvollziehbare Gründe einer Erledigung des Antrags auf Änderung des Volksschulsprengels der beteiligten Partei vom zu "entkommen". Nachdem durch Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts gesichert gewesen sei, dass die Steiermärkische Landesregierung (nunmehr Bildungsdirektion für Steiermark) eine Erledigungspflicht hinsichtlich des Antrags auf Sprengeländerung treffe, seien noch während des Revisionsverfahrens beim Verwaltungsgerichtshof die gesetzlichen Bestimmungen geändert worden. Durch die "Ergänzung" des § 3 StPEG 2004 sollte die Parteistellung der beteiligten Partei im anhängigen Verfahren über den Antrag auf Änderung des Volksschulsprengels offensichtlich "beseitigt" werden.

5.2.Das Antragsrecht der gesetzlichen Schulerhalter gemäß § 20 Abs 1 StPEG 2004 habe dem ausdrücklichen Willen des damaligen Gesetzgebers (2004 und davor) sowie der Systematik des StPEG 2004 insgesamt entsprochen. Die gesetzlichen Schulerhalter sollten in jenen Bereichen formelle Mitspracherechte erhalten, in denen für sie wesentliche Regelungen und Entscheidungen im Sinne des StPEG 2004 vorgesehen seien. Dementsprechend seien etwa auch Antrags- und Parteienrechte für die Mitverwendung von Schulgebäuden für andere Zwecke vorgesehen, was ebenfalls durch Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung (nunmehr Bildungsdirektion für Steiermark) zu regeln bzw zu entscheiden sei (s § 53 Abs 3 iVm § 3 StPEG 2004). Nun anlassbezogen dem gesetzlichen Schulerhalter das Recht auf Parteistellung ausschließlich für Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln zu nehmen, widerspreche dem Sinn und der Systematik des StPEG 2004 sowie dem Gleichheitsgrundsatz.

5.3.Es könne dem damaligen Gesetzgeber (2004 und davor) nicht unterstellt werden, dass dieser nicht zwischen Antrag und Anregung hätte unterscheiden können. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die gesetzlichen Schulerhalter die Bildung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln gemäß § 20 StPEG 2004 lediglich "anregen" können sollten, so wäre dies entsprechend formuliert worden. Tatsächlich sei aber ein ausdrückliches Antragsrecht der gesetzlichen Schulerhalter vorgesehen worden.

5.4.Vor diesem Hintergrund sehe die beteiligte Partei den Antrag des Landesverwaltungsgerichtes, den letzten Satz des § 3 StPEG 2004 als verfassungswidrig aufzuheben, als gerechtfertigt an. Hingegen würden die weiteren Anträge, welche die Aufhebung der Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" in § 20 Abs 1 StPEG 2004 begehren, dem Sinn und der Systematik des StPEG 2004 sowie dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass das antragstellende Landesverwaltungsgericht Steiermark in dem bei ihm anhängigen Verfahren sowohl § 3 letzter Satz als auch die in § 20 Abs 1 enthaltene Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" des StPEG 2004 für die Beurteilung der Parteistellung der beteiligten Partei – der Marktgemeinde Vasoldsberg – anzuwenden hat.

1.2.Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).

1.3.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark erblickt einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG sowie gegen Art 7 B-VG darin, dass ein Widerspruch zwischen § 3 letzter Satz StPEG 2004 und dem in § 20 Abs 1 StPEG 2004 vorgesehenen "Antragsrecht" des gesetzlichen Schulerhalters bestehe. Im Anlassfall sei der Antrag der beteiligten Partei – ein gesetzlicher Schulerhalter – auf Änderung eines Schulsprengels entweder gemäß § 3 StPEG 2004 mangels Parteistellung zurückzuweisen oder aber gemäß § 20 Abs 1 StPEG 2004 inhaltlich zu entscheiden.

Dem Landesverwaltungsgericht geht es also darum, den nach seinem Dafürhalten bestehenden Widerspruch zwischen § 3 letzter Satz StPEG 2004 und der in § 20 Abs 1 StPEG 2004 enthaltenen Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" beseitigen zu lassen.

1.4.Vor diesem Hintergrund sind – entgegen der Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung – beide Bestimmungen kumulativ anzufechten, um den Verfassungsgerichtshof im Falle des Zutreffens der Bedenken in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (vgl ; , G95/2018).

1.5.Der Hauptantrag und der erste Eventualantrag sind daher jeweils zu eng gefasst und daher als unzulässig zurückzuweisen.

1.6.Hingegen erweist sich der zweite Eventualantrag als zulässig.

2.In der Sache

2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2.Soweit zulässig, ist der Antrag nicht begründet.

2.3.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hegt das Bedenken, dass § 3 letzter Satz StPEG 2004, welcher eine Parteistellung von gesetzlichen Schulerhaltern in Verfahren über die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln ausschließt, und das in § 20 Abs 1 StPEG 2004 vorgesehene "Antragsrecht" gesetzlicher Schulerhalter auf Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengeln nicht miteinander in Einklang zu bringen seien. Dieser Widerspruch verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 B-VG.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof teilt das vom Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgetragene Bedenken nicht:

2.4.1.Das im Art 18 Abs 1 B-VG verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde vorherbestimmt ist. Ob eine gesetzliche Vorschrift diesem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl VfSlg 15.447/1999). Bei der Ermittlung des Inhalts einer gesetzlichen Regelung sind alle der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl VfSlg 8395/1978, 14.644/1996, 15.447/1999, 16.137/2001 und 18.738/2009).

2.4.2.Die Gesetzesmaterialien zu § 3 letzter Satz StPEG 2004 halten Folgendes fest (Erläut zur RV EZ2450/1 BlgLT [Stmk.] 17. GP, 11; Hervorhebung nicht im Original):

"Gemäß § 20 Abs 1 des StPEG kann die Bildung, Änderung oder Aufhebung von Schulsprengel auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder von Amts wegen erfolgen. Dieses Antragsrecht des Schulerhalters stellt aber keinen Rechtsanspruch auf Sprengeländerung dar, sondern ist vielmehr nur als Anregung für eine Sprengeländerung zu verstehen. Die Schulsprengel werden im Verordnungswege geregelt. Es kommt den Schulerhaltern in diesem Verfahren also keine Parteistellung zu. Um dies rechtlich klarzustellen, soll ausdrücklich im § 3 über die Parteien festgelegt werden, dass den Schulerhaltern in den Sprengelverfahren keine Parteistellung zukommt."

2.4.3.In den Gesetzesmaterialien ist somit eindeutig die Absicht des Gesetzgebers, dass gesetzlichen Schulerhaltern durch die in § 20 Abs 1 StPEG 2004 vorgesehene Möglichkeit einer Antragstellung kein subjektiver, durchsetzbarer Erledigungsanspruch eingeräumt werden soll, offen gelegt. Mit Einfügung des § 3 letzter Satz StPEG 2004 durch die Novelle LGBl 72/2018 ergibt sich diese vom Gesetzgeber beabsichtigte einschränkende Auslegung des § 20 Abs 1 StPEG 2004 nunmehr aus dem systematischen Zusammenhang der beiden Bestimmungen.

Wie die Steiermärkische Landesregierung in ihrer Äußerung zutreffend ausführt, ist der Umstand, dass der Wortlaut des § 20 Abs 1 StPEG 2004 nicht ausdrücklich im Sinne der Absicht des Gesetzgebers angepasst wurde, "legistisch betrachtet unbefriedigend". Dies ändert allerdings nichts daran, dass § 20 Abs 1 StPEG 2004 einer Auslegung zugänglich ist, die den vom Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgebrachten Widerspruch zu § 3 letzter Satz StPEG 2004 auflöst (vgl VfSlg 19.665/2012, 20.241/2018).

2.4.4.Soweit das Landesverwaltungsgericht Steiermark sein Bedenken auf die vom Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom , Ra 2017/10/0133-6, vertretene Auslegung des § 20 Abs 1 StPEG 2004 stützt, ist es auf die geänderte Rechtslage zu verweisen. Dem Beschluss lag noch das StPEG 2004, LGBl 71/2004 (WV), idF LGBl 72/2017, zugrunde. Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher § 3 letzter Satz StPEG 2004, welcher mit der Novelle LGBl 72/2018 eingefügt wurde, noch nicht berücksichtigen.

2.4.5.Da § 20 Abs 1 StPEG 2004 einer Auslegung zugänglich ist, die nicht im Widerspruch zu § 3 letzter Satz StPEG 2004 steht, liegt auch der vom Landesverwaltungsgericht Steiermark ins Treffen geführte Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz auf Grund inhaltlicher Unbestimmtheit nicht vor (vgl VfSlg 13.492/1993).

V.Ergebnis

1.Die ob der Verfassungsmäßigkeit des § 3 letzter Satz sowie der in § 20 Abs 1 enthaltenen Wortfolge "auf Antrag des gesetzlichen Schulerhalters oder" des StPEG 2004, LGBl 71/2004 (WV), idF LGBl 72/2018, erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der zweite Eventualantrag ist daher abzuweisen.

2.Der Hauptantrag und der erste Eventualantrag sind als unzulässig zurückzuweisen.

3.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2020:G178.2019
Schlagworte:
Pflichtschulen, Schulsprengel, Schulorganisation, Schulen, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsumfang

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