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VfGH vom 05.03.1987, g174/86

VfGH vom 05.03.1987, g174/86

Sammlungsnummer

11276

Leitsatz

gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen verletzen die Erwerbsausübungsfreiheit nur dann nicht, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und sachlich zu rechtfertigen sind; das KFG geht davon aus, daß die Verkehrssicherheit eine fachliche Befähigung des KFZ-Lenkers erfordert, deren Vorliegen die Behörde auf gesetzlich vorausbestimmte Weise festzustellen hat, daß die Verkehrssicherheit aber nicht gebietet, sich diese Befähigung auf bestimmte Weise (etwa durch Besuch einer Fahrschule) anzueignen; bei diesem System ist es ausgeschlossen, daß öffentliche Interessen (Verkehrssicherheit) eine besondere wirtschaftliche Absicherung der Fahrschulen erfordern; auch wenn das G den Erwerb der Befähigung durch Übungsfahrten nicht vorsähe, wäre die Bedarfsprüfung kein adäquates Mittel, um eine möglichst fundierte Ausbildung durch Fahrschulen zu sichern - Gewährleistung der bestmöglichen Ausbildung allenfalls durch gewerbepolizeiliche und wettbewerbsrechtliche Regelungen; Gründe der Verwaltungsökonomie (Einsparung von Kosten für ev. verstärkte behördliche Überwachung) rechtfertigen hier keine Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit; Bedarfsprüfung als eine der sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung liegt nicht im öffentlichen Interesse; Aufhebung des § 110 Abs 1 litb und Abs 2 wegen Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit

Spruch

§ 110 Abs 1 litb und Abs 2 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 29. Feber 1988 in Kraft.

Frühere gesetzliche Vorschriften treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim VwGH ist unter Zl. 85/11/0208 eine Säumnisbeschwerde nach Art 132 B-VG anhängig, mit der der Bf. die Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Berufung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark gegen die dem Bf. vom Landeshauptmann von Steiermark erteilte Fahrschulbewilligung im Standort Weiz geltend macht. Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft hat in ihrer Berufung gemäß § 111 Abs 1 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. 267 die entgegen ihrer im Verfahren vor dem Landeshauptmann eingebrachten Stellungnahme getroffene Annahme bekämpft, es bestehe ein Bedarf nach der vom Bf. angestrebten Fahrschulbewilligung.

2. Aus Anlaß dieses bei ihm anhängigen Verfahrens stellte der Zl. A84/86, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den VfGH den Antrag, § 110 Abs 1 litb und Abs 2 KFG 1967 als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Die für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung maßgebenden Bestimmungen des KFG 1967 lauten (die angefochtenen Vorschriften sind hervorgehoben):

"XI. ABSCHNITT

Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern

Ausbildung in Fahrschulen

§108. (1) Das Ausbilden von Bewerbern um eine Lenkerberechtigung und das entgeltliche Weiterbilden von Besitzern einer Lenkerberechtigung ist unbeschadet der Bestimmungen der §§119 bis 122 nur im Rahmen des Betriebes einer Fahrschule zulässig.

(2) . . .

(3) Die Errichtung einer Fahrschule und die Verlegung

ihres Standortes bedürfen der Bewilligung des Landeshauptmannes;

. . . .

Persönliche Voraussetzungen für die Erteilung

einer Fahrschulbewilligung

§ 109. . . .

Sachliche Voraussetzungen für die Erteilung einer

Fahrschulbewilligung und für die Bewilligung

einer Standortverlegung

§110. (1) Die Fahrschulbewilligung (§108 Abs 3) darf nur erteilt werden, wenn

a) die für die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrschülern erforderlichen Räume und die Mittel für Lehrpersonen, Lehrbehelfe und Schulfahrzeuge sichergestellt sind,

b) an dem in Aussicht genommenen Standort ein Bedarf nach einer Fahrschule der beantragten Art besteht.

(2) Die Voraussetzung des Abs 1 litb ist jedoch bei der Erteilung einer neuen Fahrschulbewilligung für denselben Standort an einen Ehegatten oder an Nachkommen ersten Grades gemäß § 109 Abs 5 nicht erforderlich.

(3) Für die Bewilligung der Verlegung des Standortes einer Fahrschule gelten die Bestimmungen des Abs 1 sinngemäß.

(4) Durch V können nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit und der Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen über die Anzahl der erforderlichen Lehrpersonen und über die Art, die Anzahl, den Umfang und die Ausstattung der erforderlichen Räume, Lehrbehelfe und Schulfahrzeuge festgesetzt werden.

. . .

Genehmigung des Betriebes einer Fahrschule

§112. (1) . . .

(5) Durch V sind nach den Erfordernissen der Verkehrsund Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit von Schulfahrzeugen festzusetzen.

. . ."

Eine V zu § 110 Abs 4 KFG wurde bisher nicht erlassen. § 112 Abs 5 KFG wurde durch § 63a KDV 1967

durchgeführt.

4. Der VwGH begründet seinen Gesetzesprüfungsantrag wie folgt:

". . . .

Die Säumnisbeschwerde ist zulässig, insbesondere auch im Hinblick darauf, daß in einem Mehrparteienverfahren jeder Partei das Recht zu ihrer Erhebung zusteht, ungeachtet des Umstandes, ob sie die Entscheidungspflicht der bel. Beh. durch ihren Antrag begründet hat oder nicht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, auf Seite 185 unten zitierte Rechtsprechung).

Gemäß § 110 Abs 1 litb KFG 1967 darf eine Fahrschulbewilligung nur erteilt werden, wenn an dem in Aussicht genommenen Standort ein Bedarf nach einer Fahrschule der beantragten Art besteht. Gemäß § 110 Abs 2 KFG 1967 ist die Voraussetzung des Abs 1 litb bei der Erteilung einer neuen Fahrschulbewilligung für denselben Standort an einen Ehegatten oder an Nachkommen ersten Grades gemäß § 109 Abs 5 KFG 1967 nicht erforderlich.

Der VwGH hat bei seiner Entscheidung in der Sache (§42 Abs 5 VwGG) zu prüfen, ob im Standort Weiz ein Bedarf an der vom Bf. beantragten Fahrschulbewilligung besteht. § 110 Abs 1 litb KFG 1967 ist daher präjudiziell. Wenngleich für die Entscheidung des VwGH § 110 Abs 2 KFG 1967 keine Bedeutung hat, da verwandtschaftliche Verhältnisse im Beschwerdefall keine Rolle spielen, sieht sich der VwGH veranlaßt, diese Bestimmung in seinen Anfechtungsantrag miteinzubeziehen, da Absatz 2 ohne Absatz 1 litb inhaltsleer wäre und beide Bestimmungen als Grundsatz und Ausnahme hievon eine Einheit bilden.

Der VfGH hat zuletzt mehrfach Regelungen, die den Zugang zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit beschränken, unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung in Prüfung gezogen und aufgehoben. Vor allem in seinem jüngsten Erkenntnis vom , Zl. G14 ua./86, hat er zum Ausdruck gebracht, daß das Abstellen der Erteilung einer Bewilligung für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einen vorhandenen Bedarf nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn die Bedarfsprüfung im spezifischen öffentlichen Interesse liegt, m. a.W. ob es öffentliche Interessen daran gibt, daß Konkurrenzierungen, die sich daraus ergeben, daß auf dem jeweiligen Markt das Angebot die Nachfrage im Zeitpunkt der Beurteilung (und dessen nächster Zukunft) übersteigt, vermieden werden.

Der VwGH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Aufstellung des Bedarfserfordernisses bei Erteilung einer Fahrschulbewilligung damit gerechtfertigt, daß im Interesse an einer möglichst gediegenen Ausbildung von künftigen Verkehrsteilnehmern ein öffentliches Interesse am Bestand von wirtschaftlich abgesicherten, keinem ruinösen Wettbewerb ausgesetzten, Fahrschulunternehmen bestehe (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 82/11/0377).

Im Lichte des Erkenntnisses des sind Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage entstanden. Wenngleich die Verhältnisse und Interessenlagen von im Gelegenheitsverkehr tätigen Unternehmungen und Fahrschulen nicht in allen Einzelheiten vergleichbar sind, scheinen die grundsätzlichen Aussagen des VfGH zum Bedarf nach Leistungen des Taxigewerbes auch für die Fahrschulen Geltung zu haben. Das zuvor erwähnte öffentliche Interesse an einer guten Ausbildung von Personen, die eine Lenkerberechtigung erwerben wollen, und damit das Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs schlechthin, erfordern es nicht, den Zugang zum Markt zu beschränken. Die Qualität der Ausbildung an einer Fahrschule kann, wie dies bei der Qualität der von einem Dienstleistungsgewerbe angebotenen Leistungen schlechthin der Fall ist, einer der Faktoren im Wettbewerb auf einem freien Markt sein. Es ist eine, im weitesten Sinn gewerbepolizeiliche, Aufgabe des Gesetz- (bzw. Verordnungs-)gebers, durch Vorschriften über die (Mindest-)Ausstattung von Fahrschulen in sachlicher und personeller Hinsicht einen objektiven Standard zu schaffen, auf Grund dessen unternehmerische Dispositionen weitere, die Attraktivität der angebotenen Leistung (der Ausbildung zum Erwerb einer Lenkerberechtigung) steigernde Faktoren bewirken können. So soll etwa ein Unternehmer, der ein neues didaktisches Konzept zur Erreichung der (rechtlich vorgegebenen) Ausbildungsziele entwickelt hat, nicht mit dem Hinweis auf vorhandene Unternehmen, die ihrerseits mit herkömmlichen Methoden den Bedarf (noch) zu decken imstande sind, vom Betrieb einer Fahrschule ausgeschlossen werden. Dies würde dem Ziel der Gewährleistung einer optimalen Ausbildung geradezu zuwiderlaufen.

Dazu kommt, daß die Absolvierung einer Ausbildung an einer Fahrschule für sich allein noch nicht das Recht an der Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrzeuglenker begründet. Die Qualität der von der Fahrschule erbrachten Leistung, nämlich die Höhe des Ausbildungsstandes der Bewerber um eine Lenkerberechtigung unterliegt im Rahmen des Verwaltungsverfahrens betreffend Erteilung einer Lenkerberechtigung in Form der Lenkerprüfung gemäß § 70 KFG 1967 einer behördlichen Überwachung. Auch darin liegt ein Korrektiv gegen die Verletzung öffentlicher Interessen durch an Fahrschulen erfolgende mangelhafte Ausbildung.

Auch die Befürchtung, der Wettbewerb zwischen Fahrschulen könnte unlauter geführt werden, rechtfertigt die Bedarfsprüfung nicht. Derartigen Mißständen wäre vielmehr sofern die gegebene Rechtslage hiezu nicht ausreicht - durch die Erlassung wettbewerbsrechtlicher Regelungen zu begegnen."

5.a) Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, § 110 Abs 1 litb und Abs 2 KFG 1967 nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der VfGH wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Die Bundesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen mit den nachfolgenden Argumenten:

"A. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die im Gegenstand genannten, vom VwGH angefochtenen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes grundsätzlich im Lichte des Erkenntnisses des ua, gesehen werden müssen. Dennoch ist die Bundesregierung im Gegensatz zum VwGH der Auffassung, daß im vorliegenden Regelungszusammenhang - anders als bei den vom oe Erkenntnis betroffenen Gelegenheitsverkehrsgewerben - spezifische öffentliche Interessen die gesetzliche Anordnung einer Bedarfsprüfung für Fahrschulen rechtfertigen.

B. In grundsätzlicher Hinsicht wäre der Auffassung der Bundesregierung zum Antrag des VfGH folgende Überlegung voranzustellen: Die gänzliche Beseitigung des Institutes der Bedarfsprüfung brächte es nach den Erfahrungen der Rechtspraxis mit sich, daß die Wahrnehmung der entsprechenden Aufsicht über die - solcherart häufig unter dem Gesichtspunkt öffentlicher Interessen besonders strengen gewerbepolizeilichen Ausübungsregeln zu unterwerfenden - Gewerbe nicht in jenem Ausmaß erfolgen kann, das der Wahrung der betroffenen öffentlichen Interessen entsprechen würde. Eine Beseitigung der Bedarfsprüfung würde nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit eine Intensivierung der gewerbepolizeilichen Aufsicht verlangen. Dementsprechend müßte der Personal- und Sachaufwand insbesondere durch die Notwendigkeit einer wesentlichen Erweiterung des bestehenden Personalstandes erhöht werden. Zum gegebenen Zeitpunkt erscheint es aber unter den gegebenen Möglichkeiten in verwaltungsökonomischer Hinsicht nicht möglich, insbesondere den Organen der mittelbaren Bundesverwaltung neue Agenden ohne entsprechende Aufstockung des Personalstandes zu übertragen. Gegen eine solche Ausweitung des Beamtenapparates spricht jedoch das öffentliche Interesse an einer sparsamen und zweckmäßigen Verwaltung. Auch dies ist bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses an der angefochtenen Regelung in Rechnung zu stellen.

C. Insbesondere ist dem VwGH zu widersprechen, wenn er meint, daß das öffentliche Interesse an einer guten Ausbildung von Personen, die eine Lenkerberechtigung erwerben wollen, und damit das Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs schlechthin, es nicht erfordern, den Zugang zum Markt für Fahrschulunternehmen zu beschränken.

Zwar ist dem VwGH durchaus zuzugestehen, daß - ähnlich wie im oz Verfassungsgerichtshofserkenntnis für die Gelegenheitsverkehrsgewerbe ausgeführt - gewerbepolizeiliche Regelungen zur Wahrung des Ausbildungsniveaus an Fahrschulen bedeutsame rechtliche Instrumente darstellen. Doch sind - wie dem in der Anlage vorgelegten Gutachten des TÜV-Bayern zur Frage der Bedarfsprüfung bei der Zulassung von Kraftfahrschulen in Österreich entnommen werden kann, beispielsweise Regelfahrstunden, eine intensive Fahrschulüberwachung und besonders scharfe Eingangsvoraussetzungen in den Fahrlehrerberuf keine geeigneten Mittel, um dem aus dem - mangels Bedarfsprüfung - uneingeschränkt freien Wettbewerb resultierenden Niveauverlust wirksam zu begegnen (vgl. Seite 16ff des Gutachtens).

Gerade wenn man - wie der VwGH - die Auffassung vertritt, daß gewerbepolizeiliche Instrumente zur Wahrung und Steigerung der Leistung von Fahrschulen und Fahrschülern im Vordergrund stehen sollten, vermag die Bundesregierung nicht zu erkennen, weshalb der bloße Umstand, daß ein Unternehmer ein neues didaktisches Konzept zur Erreichung der `(restliche vorgegebenen)` Ausbildungsziele entwickelt hat, gebieten sollte, daß er dieses ohne weiteres in die Praxis umsetzen kann. Gerade das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung der Verkehrssicherheit spricht nach Auffassung der Bundesregierung dafür, nicht jedes beliebige neue didaktische Konzept schon im Hinblick auf seine Neuheit als Legitimation für die Gewerbeausübung zu betrachten. Vielmehr verlangen es die oe öffentlichen Interessen im gegebenen Zusammenhang - wie auch der VwGH nicht bestreitet - in besonderem Maß, gerade die Tätigkeit von Fahrschulen und somit auch deren didaktische Konzepte einer besonderen gewerbepolizeilichen Aufsicht zu unterwerfen. Das vom VwGH (Seite 4 erster Absatz des oe Anfechtungsbeschlusses) angeführte Beispiel eines Unternehmers mit neuem didaktischem Konzept erscheint daher nicht in hinreichendem Ausmaß geeignet, die Argumentation des VwGH im gegebenen Zusammenhang zu unterstützen. Es wird vielmehr ein neues didaktisches Konzept gerade erst im Zusammenhang mit der Bedarfsprüfung und der damit verbundenen optimalen Auslastung von Fahrschulen besonders wirksam eingesetzt werden können.

D. Auch die Auffassung des VwGH (Seite 4, zweiter Absatz des Anfechtungsbeschlusses), die Lenkerprüfung gemäß § 70 KFG 1967 stelle ein Korrektiv gegen die Verletzung öffentlicher Interessen durch an Fahrschulen erfolgende mangelhafte Ausbildung dar, geht nach Meinung der Bundesregierung an den tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen im Bereich des Fahrprüfungswesens vorbei. Auch wenn die hervorragende rechtliche Bedeutung der Fahrprüfung im Rahmen des Systems des Kraftfahrgesetzes nicht zu übersehen ist, so muß doch darauf hingewiesen werden, daß es weder in rechtlicher noch vor allem in tatsächlicher Hinsicht möglich erscheint, Fahrzeuglenkerprüfungen so abzuhalten, daß sie tatsächlich ein Korrektiv gegen die Verletzung öffentlicher Interessen durch an Fahrschulen erfolgende mangelhafte Ausbildung darstellen. Wäre dies der Fall, so würden sich - verallgemeinernd gesprochen - Regelungen über Fahrschulen, insbedsondere auch hinsichtlich aufsichtsrechtlicher Vorschriften betreffend deren Ausübung, streng genommen gänzlich erübrigen. Wie dem beiliegenden Gutachten (Seite 12ff) zu entnehmen ist, sind jedoch gerade diese Erwartungen unter dem Gesichtspunkt des im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Verkehrssicherheit unrealistisch und wenig praxisnahe.

E. Die Meinung des VwGH, allfällige Mißstände - ohne Bedarfsprüfung - im freien Wettbewerb zwischen Fahrschulen könnten durch wettbewerbsrechtliche Regelungen hintangehalten werden, erscheint gleichfalls wenig realistisch. Die tatsächliche - Absenkung des Ausbildungsniveaus in Fahrschulen kann - im Gegensatz zu bloßen Ankündigungen - mit wettbewerbsrechtlichen Verboten kaum erfaßt werden. Diesbezüglich wäre vielmehr ein äußerst umfangreiches gewerbepolizeiliches Instrumentarium erforderlich, das flankierend die Einhaltung der entsprechenden gewerbepolizeilichen Ausübungsregeln sicherstellen müßte (im übrigen wird auch hinsichtlich des Wettbewerbs auf das oz Gutachten verwiesen).

F. Zur sachlichen Rechtfertigung der gegenständlichen Bedarfsregelung wird ferner darauf hingewiesen, daß das Instrument der Bedarfsprüfung bisher dazu führte, daß die Kraftfahrschulen keinem allzu großen Konzentrationsprozeß ausgesetzt waren, der in anderen Wirtschaftszweigen zu beobachten ist. Für die Aufrechterhaltung der Bedarfsprüfung bei den Kraftfahrschulen spricht, daß dadurch eine Regionalisierung des Kraftfahrschulwesens einigermaßen gewährleistet erscheint. Dies ist deswegen bedeutsam, weil eine Kraftfahrschule in der Regel von Personen besucht wird, die bereits einer Erwerbstätigkeit oder einer sonstigen regelmäßigen Beschäftigung (Haushalt, Studium, Schulbesuch) nachgehen, also für den Besuch einer Kraftfahrschule in ihrer Freizeit angewiesen sind. Ein Konzentrationsprozeß im Kraftfahrschulwesen, der nach den Erfahrungen in anderen Wirtschaftszweigen beim Entfallen einer Bedarfsprüfung zu erwarten ist, würde den Fahrschulbesuch für viele Personen erheblich erschweren. Denn der Konzentrationsprozeß würde eine Verlagerung der Fahrschulen in Ballungszentren bewirken, sodaß Personen mit einem Wohnsitz (Arbeitsplatz) in weniger dicht besiedelten Gebieten längere Wege als bisher zurückzulegen hätten, um eine Fahrschule zu erreichen (mangels Führerscheins wären sie dabei hauptsächlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen). Die gleichmäßige flächendeckende Versorgung mit Fahrschulen wäre bei Beseitigung der regionalen Bedarfsprüfung nicht länger gewährleistet.

Somit würden die Beseitigung der Bedarfsprüfung bei den Kraftfahrschulen und der dadurch zu erwartende Konzentrationsprozeß sowohl in wirtschaftlicher als auch in örtlicher Hinsicht zu einer Zentralisierung führen. Unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses einer optimalen Versorgung der Bevölkerung mit einem Angebot an seriösen Fahrschulen erschiene eine derartige Entwicklung als bedenklich. Vielmehr ist das - bereits vom Verfassungsgesetzgeber 1920 aus Anlaß der Übernahme des Grundrechtes der Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art 6 StGG durch Art 149 Abs 1 B-VG in das geltende Verfassungsrecht vorgefundene Institut der Bedarfsprüfung seit jeher als ein - bei Vorliegen öffentlicher Interessen verfassungsrechtlich durchaus gerechtfertigtes Instrumentarium zur Eindämmung derartiger wirtschaftlicher Konzentrations- und Zentralisationseffekte im Wirtschaftsleben anzusehen. Wie dem Erkenntnis des VfGH, vom , G14/86 ua, zu entnehmen ist, verstoßen Bedarfsprüfungen als objektive Zulassungsvoraussetzungen, die eine Beschränkung des freien Wettbewerbes bewirken, dann nicht gegen die verfassungsgesetzliche Erwerbsausübungsfreiheit, wenn mit Grund anzunehmen ist, daß bei Fehlen dieser objektiven Zulassungsvoraussetzungen öffentliche Interessen beeinträchtigt oder gefährdet würden und wenn die Bedarfsprüfung ein an sich taugliches und auch adäquates Mittel ist, die Beeinträchtigung oder Gefährdung öffentlicher Interessen hintanzuhalten. Im Zusammenhang mit den Zulassungsvoraussetzungen für Gelegenheitsverkehrsgewerbe ist der VfGH zu der Auffassung gelangt, die Bedarfsprüfung sei ein zur Durchsetzung öffentlicher Interessen zum Teil absolut ungeeignetes, zum Teil völlig unadäquates Mittel, das dem Konkurrenzschutz diene.

Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Zweck der Bedarfsprüfung im Bereich des Fahrschulwesens nicht in einem bloßen `Konkurrenzschutz` als Selbstzweck zu sehen. Vielmehr sollen dadurch - wie im beiliegenden Gutachten näher ausgeführt verschiedene öffentliche Interessen auf eine wegen der erleichterten Handhabbarkeit auch relativ objektivierbare Weise, verwaltungsökonomisch gewahrt werden."

b) Das von der Bundesregierung bezogene, von der Akademie TÜV Bayern GmbH, München, (offenbar im Zuge dieses Gesetzesprüfungsverfahrens dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) erstattete Gutachten vom basiert auf Sachverhalten, wie sie der Gutachter in der BRD festgestellt hat. Es wird wie folgt zusammengefaßt:

"Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen, Beobachtungen und sonstigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist zunächst festzustellen, daß - im Vergleich zu anderen deutschsprachigen Ländern - das Institut der Bedarfsprüfung bei der Zulassung von Kraftfahrschulen aus der Sicht der Verkehrssicherheit die ideale Lösung darstellt. Durch diese Einrichtung sind in der Vergangenheit eine Reihe großer, leistungsfähiger Fahrschulen entstanden, die es sich leisten können, das Ausbildungsniveau mehr den objektiven Erfordernissen des Straßenverkehrs als den subjektiven Wünschen und Vorurteilen der Fahrschüler anzupassen, weil sie keinerlei Rücksicht auf einen, die wirtschaftliche Basis beeinträchtigenden Verdrängungswettbewerb zu nehmen haben.

Gibt man diese auch international als besonders günstig anerkannte Situation auf, indem man die Bedarfsprüfung streicht, wird sich die Zahl der Fahrschulen vervielfachen. Es werden außerdem nicht nur neue große, sondern viele kleine 1-3-Mann-Fahrschulen entstehen. Eines Tages beginnt dann das Angebot die Nachfrage zu übersteigen und setzt ein harter Konkurrenzkampf um jeden Fahrschüler ein. Dieser wiederum führt, wie das Gutachten an Beispielen aufzuzeigen versucht hat, zu einer Verringerung des Ausbildungsniveaus zunächst in den neuen, später - einfach um konkurrenzfähig zu bleiben - auch in den alteingesessenen Fahrschulen. Schließlich reduziert sich als Folge des niedrigen Ausbildungsniveaus auch die Verkehrssicherheit der jungen Fahranfänger. Flankierende Maßnahmen erscheinen dann wenig geeignet, diesen Niveauverlust auszugleichen.

Zusammenfassend ist also zu sagen, daß eine Aufhebung der Bedarfsprüfung nach einiger Zeit ganz zwangsläufig zu einem Ansteigen des Unfallrisikos der jungen Fahranfänger führen muß."

6. In den parlamentarischen Materialien (RV 186 BlgNR,

XI. GP; AB 576 BlgNR, XI. GP) zu den bekämpften Gesetzesbestimmungen wird auf die Frage der Bedarfsprüfung nicht Bezug genommen. Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die Vorgängerbestimmung (§93 Abs 1 KFG 1955, BGBl. 223; RV 470 BlgNR VII. GP) besagen:

"Der Kraftfahrbeirat hat sich dafür ausgesprochen, daß die Frage des Bedarfes für die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb der Fahrschule nicht mehr berücksichtigt werden soll, jedoch haben sich die meisten der befragten Stellen für die Berücksichtigung der Bedarfsfrage entschieden."

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der VfGH hat keinen Anlaß, an der Annahme des antragstellenden VwGH zu zweifeln, daß die von ihm

angefochtenen Gesetzesstellen in dem bei ihm anhängigen Verfahren präjudiziell sind. Der VwGH ist im Recht, wenn er davon ausgeht, daß § 110 Abs 2 KFG 1967 mit dem unmittelbar anzuwendenden § 110 Abs 1 litb eine Einheit bildet.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Gesetzesprüfungsantrag zulässig.

2. Er ist auch begründet:

a) Die zu prüfenden Gesetzesbestimmungen beschränken die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Sie greifen daher in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit ein.

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) dem Art 6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes und die sonstigen Vorschriften der Bundesverfassung nicht verletzt. Die jüngere Judikatur (zB VfSlg. 10179/1984, S 303, 10386/1985, S 288) gegen die die Bundesregierung nichts vorbringt und von der abzugehen kein Anlaß besteht - hat dies dahin ergänzt und präzisiert, daß gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen nur dann die Erwerbsausübungsfreiheit nicht verletzen, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und auch sachlich zu rechtfertigen sind (siehe u.a. Zlen. und die dort zitierte Literatur).

b) Es gilt also zu klären, ob die vorgesehene Prüfung des Bedarfes (eine der sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung) im öffentlichen Interesse liegt, wie das die Bundesregierung behauptet. Es ist die Frage zu lösen, ob diese objektive Zulassungsvoraussetzung, die eine Beschränkung des freien Wettbewerbes bewirkt, im öffentlichen Interesse liegt und auch sachlich gerechtfertigt ist. Wesentlich ist also, ob mit Grund anzunehmen ist, daß bei Fehlen dieser objektiven Zulassungsvoraussetzung öffentliche Interessen beeinträchtigt oder gefährdet würden; ferner, ob die Festsetzung derartiger Zulassungsvoraussetzungen ein an sich taugliches und auch adäquates Mittel ist, die Beeinträchtigung oder Gefährdung öffentlicher Interessen hintanzuhalten.

Hiebei ist zu bedenken, daß dem Gesetzgeber bei Beurteilung dieser Kriterien - wie auch sonst - von Verfassungs wegen ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Dem VfGH kommt es auch im gegebenen Zusammenhang nicht zu, seine Vorstellungen über die Zweckmäßigkeit der einen oder der anderen Lösung der hier anstehenden Fragen anstelle jener des Gesetzgebers zu setzen. Er hat vielmehr das Gesetz im Hinblick auf die Übereinstimmung mit dem Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen.

c) Weder die von der Bundesregierung vorgetragenen Argumente noch sonstige Überlegungen vermögen die im Prüfungsantrag des VwGH enthaltenen Bedenken - die auf der soeben dargestellten (unwidersprochen gebliebenen) Ausgangsposition beruhen - zu entkräften:

aa) Zwar ist der Bundesregierung beizupflichten, daß an der Wahrung und Hebung der Verkehrssicherheit großes öffentliches Interesse besteht und daß die bestmögliche Ausbildung der Fahrzeuglenker ein Mittel ist, dieses Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung ist aber nicht mit der Behauptung im Recht, daß hiefür eine Bedarfsprüfung bei der Verleihung von Fahrschulbewilligungen erforderlich ist:

Das KFG 1967 schreibt vor, daß ein Kraftfahrzeug nur aufgrund einer behördlichen Bewilligung gelenkt werden darf (§64 KFG 1967). Die Behörde hat dem § 67 Abs 1 KFG 1967 zufolge über den Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung zu entscheiden; diese ist zu erteilen, wenn die im Gesetz angeführten Voraussetzungen vorliegen. Aufgrund eines ärztlichen Gutachtens hat die Behörde festzustellen, ob der Antragsteller zum Lenken von Kraftfahrzeugen geistig und körperlich geeignet ist (§67 Abs 2, § 69 KFG 1967). Ferner hat sie ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, ob der Antragsteller zum Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe fachlich befähigt ist; dieses Gutachten ist aufgrund der Lenkerprüfung zu erstatten (§67 Abs 3, § 70 KFG 1967).

Das KFG 1967 überläßt es - wie sich aus seinem XI. Abschnitt "Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern", (§§108 ff.) ergibt - dem Belieben des Antragstellers, ob er sich diese fachliche Befähigung durch den Besuch einer Fahrschule (§§108 ff.) oder durch Übungsfahrten (§§122 ff.) (abgesehen von Sonder-Ausbildungsmöglichkeiten nach den §§119 bis 121) erwirbt. Das KFG 1967 geht also davon aus, daß die Verkehrssicherheit eine fachliche Befähigung des Kraftfahrzeug-Lenkers erfordert, deren Vorliegen die Behörde auf gesetzlich vorausbestimmte Weise festzustellen hat, daß die Verkehrssicherheit aber nicht gebietet, sich diese Befähigung auf bestimmte Weise, etwa durch den Besuch einer Fahrschule, anzueignen.

Bei dem vom Gesetzgeber gewählten System, das die Kontrolle der ausreichenden Ausbildung im Wege der Lenkerprüfung in den Mittelpunkt stellt, ist es ausgeschlossen anzunehmen, daß öffentliche Interessen - nämlich jene der Verkehrssicherheit eine besondere wirtschaftliche Absicherung (etwa im Wege der Bedarfsprüfung) der Fahrschulen erfordern; dies auch dann, wenn eine fundierte Ausbildung künftiger Kraftfahrzeug-Lenker als wünschenswert betrachtet wird.

bb) Aber auch wenn das Gesetz Übungsfahrten nicht vorsähe, wäre die Bedarfsprüfung kein adäquates Mittel, um - im Interesse der Verkehrssicherheit - eine möglichst fundierte Ausbildung künftiger Kraftfahrzeug-Lenker durch Fahrschulen zu sichern.

Der VfGH pflichtet dem antragstellenden VwGH (s.o. I.4.) bei, daß - wenn es der Gesetzgeber für geboten hält, durch Fahrschulen die bestmögliche Ausbildung der Fahrschüler (entgegen deren momentanem Interesse auf Schulung mit minimalem Zeit- und Geldaufwand) zu gewährleisten - dies insbesondere durch (im weitesten Sinn) gewerbepolizeiliche und wettbewerbsrechtliche Regelungen erfolgen und die Bedarfsprüfung deshalb entfallen könnte.

Die dagegen - unter Vorlage eines Gutachtens vorgebrachten Einwände der Bundesregierung (s.o. I.5.) sind nicht schlüssig:

Die Bundesregierung meint zunächst, Gründe der Verwaltungsökonomie sprächen gegen eine verstärkte behördliche Überwachung der Fahrschulen. Hiezu ist sie zunächst darauf zu verweisen, daß auch das geltende KFG implizit eine behördliche Überwachung der Fahrschulen vorsieht (siehe zB § 110 Abs 1 lita, § 110 Abs 4,§ 112 KFG 1967, wobei allerdings anzumerken ist, daß es der Verordnungsgeber bisher nicht für erforderlich gehalten hat, eine Durchführungsverordnung zu § 110 Abs 4 KFG zu erlassen). Der VfGH verkennt nicht, daß bei Wegfall der Bedarfsprüfung eine verstärkte behördliche Kontrolle erforderlich werden kann, was erhöhte Kosten verursachen würde. Gründe der Verwaltungsökonomie (nämlich die Einsparung dieser Kosten) rechtfertigen aber im gegebenen Zusammenhang keine Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit durch eine Bedarfsprüfung.

Die Bundesregierung befürchet - unter Bezugnahme auf das vorgelegte Gutachten -, daß bei einem Wegfall der Bedarfsprüfung infolge eines ruinösen Verdrängungswettbewerbes ein Niveauverlust des Fahrschulunterrichtes eintreten würde. Dem ist zu entgegnen, daß das Ausbildungsniveau nicht durch (grundrechtswidrige) Abschirmung vor Konkurrenz, sondern - abgesehen von der charakterlichen Qualifikation des Fahrschulinhabers und der Fahrlehrer - in erster Linie durch die oben erwähnten Vorschriften, deren weitestmögliche Einhaltung sicherzustellen ist, gewährleistet werden kann.

Die Bundesregierung weist in erster Linie nach, daß eine fundierte Ausbildung der Verkehrssicherheit dient, eine Tatsache, die gar nicht strittig sein kann. Sie behauptet bloß, daß nur eine Beschränkung des freien Wettbewerbes das Ausbildungsniveau sichern könne. Die Bundesregierung legt aber nicht näher dar, ob und weshalb den im vorgelegten Gutachten geschilderten Unzukömmlichkeiten bei der Lenkerausbildung in der BRD (wo es dzt. keine Bedarfsprüfung gibt) nicht auch durch diese Ausbildung regelnde, verbindliche, sanktionierte Vorschriften begegnet werden könnte; sie führt nicht aus, ob diese Unzukömmlichkeiten nicht in gleicher Weise bei einer bestehenden Bedarfsprüfung bestünden. Das Gutachten kommt lediglich zu folgendem Schluß:

".... Schließlich reduziert sich als Folge des niedrigen Ausbildungsniveaus auch die Verkehrssicherheit der jungen Fahranfänger." Weder der Gutachter noch die Bundesregierung vermögen aber statistisch nachzuweisen, daß zwischen der Bedarfsprüfung und der Unfallshäufigkeit tatsächlich ein Konnex besteht.

Die Folgerung der Bundesregierung, bei Wegfall der Bedarfsprüfung wäre eine flächendeckende Versorgung nicht mehr gewährleistet, ist nicht zwingend. Sie steht mit ihren eigenen Ausführungen und jenen des von ihr vorgelegten Gutachtens geradezu in Widerspruch, wonach im Falle eines freien Wettbewerbes mit dem Ansteigen der Zahl der Fahrschulen, insbesondere von kleineren, zu rechnen sei; dies aber läßt keine schlechtere räumliche Streuung der Fahrschulen erwarten. Die Bundesregierung macht geltend, die derzeitige Regelung bewirke, daß Interessenten an der Errichtung einer Fahrschule in einem Ballungszentrum, deren Konzessionsansuchen mangels Bedarfes abgewiesen wurden, in der Folge eine Fahrschulkonzession am Land beantragt hätten; diese rechtliche Handhabe, eine Streuung der Fahrschulen zu bewirken, entfiele, wenn die Bedarfsprüfung nicht mehr vorzunehmen wäre. Dieses Argument überzeugt schon deshalb nicht, weil sich im Verlauf der mündlichen Verhandlung herausstellte, daß nur ganz wenige konkrete Fälle die aufgestellte Behauptung zu belegen vermögen.

cc) Die die Erwerbsausübungsfreiheit stark beeinträchtigende Bedarfsprüfung bei der Verleihung von Fahrschulbewilligungen ist daher zur Durchsetzung öffentlicher Interessen zum Teil als ungeeignetes, zum Teil als unadäquates Mittel zu werten. Die Effekte der Regelung sind lediglich, daß die bestehenden Fahrschulen vor Konkurrenz geschützt und, daß wie in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgebracht wurde - Fahrschulkonzessionen verkauft werden. Derartiges liegt aber nicht im öffentlichen Interesse (vgl. u.a. Zlen.).

d) Zusammenfassend ergibt sich, daß die in Prüfung gezogenen bundesgesetzlichen Bestimmungen aus den im Prüfungsantrag angenommenen Gründen, die sich durchwegs als stichhältig herausgestellt haben, dem auch den Gesetzgeber bindenden Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit zuwiderlaufen.

Diese Gesetzesbestimmungen waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.

Die Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung wurde deshalb eingeräumt, um dem Gesetzgeber zu ermöglichen - falls sich dies als erforderlich erweisen sollte -, einfachgesetzliche Regelungen (s.o. II.2.c.bb) zu treffen.