VfGH vom 14.03.2017, G164/2016
Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Verbots des Versandhandels mit E-Zigaretten und Liquids; Abweisung des Individualantrags der Betreiberin eines Onlineshops; keine Verletzung der Erwerbsfreiheit; Versandhandelsverbot im öffentlichen Interesse des Gesundheits-, Konsumenten- und Jugendschutzes gelegen und zur Zielerreichung geeignet und adäquat; kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht; keine unsachliche Gleichbehandlung von E-Zigaretten mit Tabakerzeugnissen und anderen verwandten Erzeugnissen; Informationspflichten der Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten nicht unsachlich und hinreichend bestimmt
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Antrag
1.Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge "nachstehende[…] Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG), BGBl Nr 431/1995, in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl I Nr 22/2016 als verfassungswidrig [aufheben]:
1. in § 1. Z 1b die Wortfolge '…..oder nikotinfreien……'
2. in § 1. Z 1c die Wortfolge '…..oder nikotinfreie…..'
3. in § 1. Z 1 l die Wortfolge '…….oder sonstige nikotinfreie……'
4. In § 2a. die Wortfolge: '… sowie von verwandten Erzeugnissen gemäß § 1 Z 1 e'
5. In § 10d. (1) die Z 3 ('Informationen über die Art des Verkaufs der Erzeugnisse,') zur Gänze
6. In § 10d. (1) die Z 4 ('Zusammenfassung aller diesbezüglich durchgeführten Marktstudien, einschließlich einer englischen Übersetzung.') zur Gänze
7. In § 10d. den dritten Absatz ('Die Herstellerinnen bzw. Hersteller, Importeurinnen bzw. Importeuren und Vertreiberinnen bzw. Vertreibern von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern haben ein System zur Erhebung von Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen dieser Erzeugnisse auf die menschliche Gesundheit einzurichten und zu erhalten. Dem Ministerium für Gesundheit und er österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH ist der Zugang zu diesem System zu gewähren.') zur Gänze".
2.Weiters wurde im Antrag angeregt, einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 20a VfGG zuzusprechen.
II.Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG), BGBl 431/1995 idF BGBl I 22/2016, lauten (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):
"Begriffsbestimmungen
§1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als
1. 'Tabakerzeugnis' jedes Erzeugnis, das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Tabak in gentechnisch veränderter oder unveränderter Form handelt, besteht,
1a. 'neuartiges Tabakerzeugnis' jedes Tabakerzeugnis, das nicht in eine der Kategorien Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch fällt und erstmals nach dem in Verkehr gebracht wurde,
1b. 'elektronische Zigarette' ein Erzeugnis, das zum Konsum nikotinhältigen oder nikotinfreien Dampfes (Nebels) mittels eines Mundstücks verwendet werden kann, oder jeder Bestandteil dieses Produkts, einschließlich einer Kartusche, eines Tanks, und des Gerätes ohne Kartusche oder Tank. Elektronische Zigaretten können Einwegprodukte oder mittels eines Nachfüllbehälters oder Tanks nachfüllbar sein oder mit Einwegkartuschen nachgeladen werden,
1c. 'Nachfüllbehälter' ein Behältnis, das eine nikotinhältige oder nikotinfreie Flüssigkeit enthält, die zum Nachfüllen einer elektronischen Zigarette verwendet werden kann,
1d. 'pflanzliches Raucherzeugnis' ein Erzeugnis auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, das keinen Tabak enthält und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden kann,
1e. 'verwandtes Erzeugnis' jedes neuartige Tabakerzeugnis, pflanzliche Raucherzeugnis, die elektronische Zigarette und deren Liquids,
1f. 'Wasserpfeifentabak' ein Tabakerzeugnis, das mit Hilfe einer Wasserpfeife verwendet werden kann. Kann ein Erzeugnis sowohl in Wasserpfeifen als auch als Tabak zum Selbstdrehen verwendet werden, so gilt es als Tabak zum Selbstdrehen,
1g. 'Kautabak' ein rauchloses Tabakerzeugnis, das ausschließlich zum Kauen bestimmt ist,
1h. 'Tabak zum oralen Gebrauch' ein Tabakerzeugnis zum oralen Gebrauch – mit Ausnahme eines Erzeugnisses, das zum Inhalieren oder Kauen bestimmt ist –, das ganz oder teilweise aus Tabak besteht und in Pulver- oder Granulatform oder in einer Kombination aus beiden Formen, insbesondere in Portionsbeuteln oder porösen Beuteln, angeboten wird,
1i. 'Schnupftabak' ein rauchloses Tabakerzeugnis, das über die Nase konsumiert werden kann,
1j. 'Rauchtabakerzeugnis' jedes Tabakerzeugnis mit Ausnahme rauchloser Tabakerzeugnisse,
1k. 'rauchloses Tabakerzeugnis' ein Tabakerzeugnis, das nicht mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert wird, unter anderem Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch,
1l. 'Liquid' jede nikontinhältige oder sonstige nikotinfreie Flüssigkeit, die dafür vorgesehen ist, in elektronischen Zigaretten, E-Shishas oder vergleichbaren Erzeugnissen mit derselben Funktions- und Wirkungsweise verdampft zu werden,
2. 'Inverkehrbringen' die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung von Produkten – unabhängig vom Ort ihrer Herstellung – für Verbraucherinnen bzw. Verbraucher,
3. 'Nikotin' das beim Konsumieren von Tabakerzeugnissen aufgenommene Hauptalkaloid der Gruppe der Tabakalkaloide,
4. 'Packung' die kleinste Einzelverpackung eines Tabakerzeugnisses oder verwandten Erzeugnisses, die in Verkehr gebracht wird,
4a. 'Außenverpackung' eine Verpackung, in der Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden und in der sich eine Packung oder mehrere Packungen befinden. Transparente Hüllen gelten nicht als Außenverpackung,
4b. 'Beutel' eine Packung Tabak zum Selbstdrehen, entweder in Form einer rechteckigen Tasche mit einer Klappe, die die Öffnung bedeckt, oder in Form eines Standbeutels,
5. Kondensat (Teer) das wasserfreie (= trockene) nikotinfreie Rauchkondensat,
6. 'Verbraucher' jede natürliche Person, die das Tabakerzeugnis für den Eigenverbrauch oder die Weitergabe an bestimmte Dritte für deren Eigenverbrauch erwirbt,
7. 'Werbung' jede Form der kommerziellen Kommunikation mit dem Ziel oder der direkten oder der indirekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern,
7a. 'Sponsoring' jede Form des öffentlichen oder privaten Beitrags zu einer Veranstaltung oder Aktivität oder jede Form der Unterstützung von Einzelpersonen mit dem Ziel oder der direkten oder der indirekten Wirkung, den Verkauf eines Tabakerzeugnisses zu fördern,
8. 'Tabak zum Selbstdrehen' ein Tabak, der von Verbraucherinnen bzw. Verbrauchern oder Verkaufsstellen zum Fertigen von Zigaretten verwendet werden kann,
9. 'Inhaltsstoff' Tabak, ein Zusatzstoff sowie jeder in einem endgültigen Tabakerzeugnis oder verwandten Erzeugnis vorhandene Stoff oder Bestandteil, einschließlich Papier, Filter, Druckerfarben, Kapseln und Kleber,
9a. 'Emission' jeder Stoff, der freigesetzt wird, wenn ein Tabakerzeugnis oder ein verwandtes Erzeugnis bestimmungsgemäß verwendet wird,
9b. 'Höchstwert' oder 'Emissionshöchstwert' der maximale Gehalt oder die maximale Emission (einschließlich 0) eines Stoffs in einem Tabakerzeugnis oder verwandten Erzeugnis, gemessen in Milligramm,
9c. 'Zusatzstoff' ein Stoff mit Ausnahme von Tabak, der einem Tabakerzeugnis oder verwandtem Erzeugnis, einer Packung oder einer Außenverpackung zugesetzt wird,
9d. 'Aromastoff' ein Zusatzstoff, der Geruch und/oder Geschmack verleiht,
9e. 'charakteristisches Aroma' ein von Tabakgeruch bzw. -geschmack unterscheidbarer Geruch oder Geschmack, der durch einen Zusatzstoff oder eine Kombination von Zusatzstoffen erzeugt wird – unter anderem Früchte, Gewürze, Kräuter, Alkohol, Süßigkeiten, Menthol oder Vanille – und der vor oder beim Konsum des Tabakerzeugnisses oder verwandten Erzeugnisses bemerkbar ist,
10. 'vermarkten' die Weitergabe von Tabakerzeugnissen durch die Herstellerin oder den Hersteller bzw. die Importeurin oder den Importeur,
11. 'öffentlicher Ort' jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs,
12. 'Versandhandel' (Fernabsatz) Versand und Lieferung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen insbesondere durch Herstellerinnen bzw. Hersteller, Importeurinnen bzw. Importeure, Händlerinnen bzw. Händler an Verbraucherinnen bzw. Verbraucher."
[…]
Versandhandel mit Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen
§2a. Der Versandhandel mit Tabakerzeugnissen gemäß § 1 Z 1 sowie von verwandten Erzeugnissen gemäß § 1 Z 1e ist verboten.
[…]
Kontrollen und Maßnahmen bei elektronischen Zigaretten
§10d. (1) Dem Bundesministerium für Gesundheit sind jährlich spätestens bis zum 31. Mai des Folgejahres von den Herstellerinnen und Herstellern bzw. Importeurinnen und Importeuren von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern folgende Informationen vorzulegen:
1. umfassende Daten über die Verkaufsmengen, aufgeschlüsselt nach Markennamen und Art des Erzeugnisses,
2. Informationen über die Präferenzen verschiedener Verbraucherinnen- bzw. Verbrauchergruppen, einschließlich Jugendlicher, Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucher und der wichtigsten Kategorien derzeitiger Nutzerinnen bzw. Nutzer,
3. Informationen über die Art des Verkaufs der Erzeugnisse,
4. Zusammenfassungen aller diesbezüglich durchgeführten Marktstudien, einschließlich einer englischen Übersetzung.
(2) Stellt die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit fest, dass bestimmte elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter eine ernsthafte Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, hat die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Gesundheit geeignete vorläufige Maßnahmen zu ergreifen. Geeignete vorläufige Maßnahmen sind befristete Inverkehrbringungsverbote sowie die Beschlagnahme. Sofern mit gelinderen Maßnahmen der Schutz der menschlichen Gesundheit nicht sichergestellt werden kann, kann der Verfall der Waren ausgesprochen werden. Sowohl die Europäische Kommission als auch die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind im Falle von nikotinhältigen Produkten unverzüglich über die ergriffenen Maßnahmen vom Bundesministerium für Gesundheit zu unterrichten. Werden dem Bundesministerium für Gesundheit von der Europäischen Kommission deren Schlussfolgerungen übermittelt, so sind geeignete Folgemaßnahmen zu treffen.
(3) Die Herstellerinnen bzw. Hersteller, Importeurinnen bzw. Importeure und Vertreiberinnen bzw. Vertreiber von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern haben ein System zur Erhebung von Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen dieser Erzeugnisse auf die menschliche Gesundheit einzurichten und zu erhalten. Dem Bundesministerium für Gesundheit und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH ist der Zugang zu diesem System zu gewähren.
(4) Falls eine Herstellerin bzw. ein Hersteller oder die Importeurin bzw. der Importeur der Ansicht ist oder den Grund zur Annahme hat, dass elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter, die sich in ihrem bzw. seinem Besitz befinden und in Verkehr gebracht werden sollen oder werden, Sicherheits- oder Qualitätsmängel aufweisen oder auf andere Weise nicht diesem Gesetz oder einer auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung entsprechen, so hat diese Akteurin bzw. dieser Akteur unverzüglich die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um das betreffende Erzeugnis in Einklang mit den dafür maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen zu bringen oder es gegebenenfalls unter Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des Produktsicherheitsgesetzes 2004 (PSG 2004), BGBl I Nr 1/2005, und der Verordnung (EG) Nr 765/2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 339/93, ABl. L Nr 218 vom S. 30 vom Markt zu nehmen oder von den Konsumentinnen bzw. Konsumenten zurückzurufen. In letzterem Fall hat die Akteurin bzw. der Akteur unverzüglich die zuständigen Behörden in jenen Mitgliedstaaten, in denen das Erzeugnis in Verkehr gebracht wurde bzw. werden soll, zu unterrichten und Einzelheiten über die Risiken für die menschliche Gesundheit und Sicherheit sowie über etwaige ergriffene Abhilfemaßnahmen und über die Ergebnisse dieser Abhilfemaßnahmen mitzuteilen.
(5) Über die Beschlagnahme hat das Kontrollorgan des Bundesministeriums für Gesundheit der bzw. dem bisher Verfügungsberechtigten eine Bescheinigung auszuhändigen, in welcher der Ort der Lagerung sowie Art und Menge der beschlagnahmten Waren anzugeben ist.
(6) Im Fall der Beschlagnahme hat das Kontrollorgan das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich zu informieren.
(7) Das Verfügungsrecht über die beschlagnahmte Ware steht dem Bundesministerium für Gesundheit zu.
(8) Die beschlagnahmten Waren sind im Betrieb zu belassen. Sie sind so zu versiegeln oder zu kennzeichnen, dass eine Veränderung ohne Verletzung der Behältnisse, der Verpackung oder der Kennzeichnung nicht möglich ist. Die bzw. der über die Waren bisher Verfügungsberechtigte ist vom Bundesministerium für Gesundheit schriftlich auf die strafrechtlichen Folgen der Verbringung oder Veränderung der beschlagnahmten Waren sowie der Verletzung des Dienstsiegels aufmerksam zu machen.
(9) Die Verwahrung zum Schutz der im Betrieb belassenen Waren vor Schäden obliegt der bzw. dem bisher Verfügungsberechtigten. Sind hierzu besondere Maßnahmen erforderlich, so hat sie bzw. er das Bundesministerium für Gesundheit im Vorhinein zu verständigen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat auf Kosten der bzw. des Betroffenen erforderlichenfalls Anordnungen hinsichtlich des Verbringens, der Lagerung, Versiegelung oder Kennzeichnung zu treffen.
(10) Während der Beschlagnahme dürfen Proben der Waren nur über Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit entnommen werden.
[…]."
III.Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1.Die antragstellende Gesellschaft verkauft seit März 2014 über einen eigens aufgebauten Onlineshop (u.a.) elektrische Dampfgeräte samt Zubehör. Dabei handelt es sich um elektronische Zigaretten und elektronische Shishas (kurz: E-Zigaretten) sowie die entsprechenden Liquids. Den Einzelhandel in Verkaufsläden betreibt die antragstellende Gesellschaft nicht. Zu ihren Kunden würden hauptsächlich Privatkunden (63%) sowie Fachhändler (37%) in Österreich und im Ausland zählen. Die antragstellende Gesellschaft beziehe eigenen Angaben zufolge einen Teil der E-Zigaretten aus dem EU-Raum sowie einen Teil aus Drittstaaten und fungiere insofern als Importeur. Bei einem Teil der Produkte sei sie auch an der Herstellung und jedenfalls am Design beteiligt. Sie habe sich die Exklusivvertretung für Produkte einer näher bezeichneten Marke für Österreich gesichert.
1.2.Die E-Zigaretten und Liquids würden mit 80% des Gesamtumsatzes der antragstellenden Gesellschaft (Jahresumsatz von 600.000,– Euro) einen wesentlichen Bestandteil ihrer gesamten Geschäftstätigkeit darstellen. Den überwiegenden Anteil erwirtschafte die antragstellende Gesellschaft dabei mit dem Verkauf von nikotinfreien E-Zigaretten und Zubehör. Ohne diesen Geschäftszweig könne sie nicht sinnvoll wirtschaften. Im Fall der Aufgabe des Onlineshops müsse sie ihre Geschäftstätigkeit einstellen.
1.3.Nach der bisher geltenden Rechtslage sei der Verkauf von E-Zigaretten und Liquids in Österreich nicht (gesondert) geregelt gewesen. Die Produkte hätten frei verkauft werden dürfen. Ende 2014 sei der Versuch des Gesetzgebers gescheitert, (Einweg-)E-Zigaretten und Liquids in das Tabakmonopolgesetz aufzunehmen, womit nur mehr Tabaktrafikanten befugt gewesen wären, diese Produkte zu verkaufen. Die Gesetzesbestimmungen seien vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben worden und nie in Kraft getreten ( ua.).
1.4.Der beantragten Aufhebung stünden nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft keine zwingenden unionsrechtlichen Verpflichtungen entgegen:
1.4.1.E-Zigaretten und Liquids seien zwar in Art 20 der Richtlinie 2014/40/EU zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen (im Folgenden: TPD II) geregelt. Der österreichische Gesetzgeber sei seiner diesbezüglichen Umsetzungspflicht bis mit dem bekämpften TNRSG nachgekommen. Jedoch sei zum einen das Versandhandelsverbot selbst in Bezug auf nikotinhaltige Produkte für die Mitgliedstaaten nur optional in der Richtlinie vorgesehen, zum anderen habe der Unionsgesetzgeber in Bezug auf nikotinfreie E-Zigaretten und Liquids keine Regelungskompetenz in Anspruch genommen. Die Richtlinie enthalte keinen ausdrücklichen Ausgestaltungsvorbehalt im Hinblick auf nikotinfreie Produkte; es gebe dazu keine Regelungen. Vielmehr sei der Bestandteil Nikotin vor dem Hintergrund der Definitionen in Art 2 Z 16 und Z 17 TPD II eine wesentliche Voraussetzung für die Regelung auf Unionsebene gewesen, indem auf einen nikotinhaltigen Dampf und nikotinhaltige Flüssigkeiten abgestellt worden sei. Definitionsgemäß seien daher ausschließlich nikotinhaltige Liquids und E-Zigaretten von der TPD II erfasst. Abweichend von dieser Richtlinienvorgabe habe der österreichische Gesetzgeber jedoch auch nikotinfreie Liquids und E-Zigaretten geregelt.
1.4.2.An sich würden daher auch nur die Regelungen hinsichtlich nikotinfreier Produkte angefochten. In Bezug auf das Versandhandelsverbot in § 2a TNRSG sei jedoch zu differenzieren: Selbst nach Aufhebung der Wortfolge "oder nikotinfreien" in § 1 Z 1b TNRSG bliebe bei E-Zigaretten das Problem bestehen, dass der überwiegende Teil der E-Zigaretten sowohl den Gebrauch nikotinhaltiger als auch nikotinfreier Liquids ermögliche. Solche Produkte wären alleine aus der Eignung zum Konsum nikotinhaltiger Produkte trotz Aufhebung vom Versandhandel ausgeschlossen. Vom Verbot einzig nicht umfasst wären nikotinfreie Einweg-Produkte unter den elektronischen Zigaretten. Dabei gehe sowohl aus der TPD II als auch aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom , Rs. C-477/14, Pillbox 38, zweifellos hervor, dass die potentielle Gesundheitsgefährdung nicht vom Gerät, sondern vom Nikotin der jeweiligen Liquids ausgehe. Das Verbot des Versandhandels mit Geräten, die sowohl nikotinhaltige als auch nikotinfreie Liquids unterstützten, sei insofern nicht einmal abstrakt geeignet, das (grundsätzlich legitime) Ziel des Gesundheitsschutzes zu erreichen. Damit vergleichbar sei, dass etwa der Handel von Tabakpfeifen (nicht des Tabaks selbst) vom Tabakgesetz nicht einmal erfasst sei und keine Handelsbeschränkungen existieren würden. Da die TPD II kein zwingendes Verbot des Versandhandels, nicht einmal im Hinblick auf nikotinhaltige Liquids (, Pillbox 38, Rz 117 und 119), verlange, sondern den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffne, solche Verbote in Bezug auf nikotinhaltige Produkte innerstaatlich zu normieren, stünden dem Antrag auch im Hinblick auf die Anfechtung der Wortfolge "sowie von verwandten Erzeugnissen gemäß § 1 Z 1e" in § 2a (Verbot des Versandhandels) keine zwingenden unionsrechtlichen Verpflichtungen entgegen.
1.5.Ferner macht die antragstellende Gesellschaft mit näherer Begründung die Verletzung des freien Warenverkehrs nach Art 34 AEUV geltend.
1.6.Zudem sei sie durch die angefochtenen Beschränkungen des Handels mit nikotinfreien "Dampfer"-Produkten auch in ihren Rechten gemäß Art 16 (Unternehmerische Freiheit) sowie Art 17 (Eigentumsrecht) GRC verletzt. Diese würden nach der ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (begründet mit ; vgl. auch ) nach dem "Äquivalenzgrundsatz" auch für die innerstaatliche Prüfung neben den nationalen Grundrechten gleichberechtigt den materiellen Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren bilden.
1.7.Die antragstellende Gesellschaft regt an, den unionsrechtlich gebotenen einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 20a VfGG einzuräumen, da die Warenverkehrsfreiheit die antragstellende Gesellschaft unmittelbar berechtige, freien Handel mit nikotinfreien "Dampfer"-Produkten zu treiben und dabei keinen mit dem Unionsrecht unvereinbaren Einschränkungen unterworfen zu werden. Würden die bekämpften Rechtsnormen jedoch in Kraft treten und der Verfassungsgerichtshof keinen einstweiligen Rechtsschutz gewähren, bestünde die akute Gefahr, dass die antragstellende Gesellschaft in den soeben bezeichneten, unmittelbar anwendbaren Unionsrechten nicht nur verletzt werde, sondern diese Verletzung sie vielmehr dazu zwinge, ihre unternehmerische Tätigkeit diesbezüglich aufzugeben. Der Schaden wäre unumkehrbar.
2.Zu ihrer Antragslegitimation bringt die antragstellende Gesellschaft im Wesentlichen Folgendes vor:
2.1.Die angefochtenen Bestimmungen würden in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft aktuell und unmittelbar eingreifen und diese in verfassungswidriger Weise verletzen, da sich ihre aktuelle Rechtsposition gravierend zu ihrem Nachteil verändern würde. Bisher sei die antragstellende Gesellschaft berechtigt gewesen, E-Zigaretten und (nikotinhaltige und nikotinfreie) Liquids im Weg des Versandhandels an Verbraucher in Österreich zu verkaufen. Die bekämpften Bestimmungen würden dies fortan verbieten, sodass die antragstellende Gesellschaft eine wesentliche und gewinnbringende Geschäftsgrundlage verlieren würde und ihr Hauptgeschäft (den Onlinehandel) aufgeben müsste. Zudem sei sie verpflichtet, bestimmte Informationen zu erheben, Marktstudien zu suchen und zu übersetzen sowie ein nicht näher bestimmtes "System zur Erhebung von Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen dieser Erzeugnisse auf die menschliche Gesundheit" einzurichten. Diese in § 10d TNRSG normierten Verpflichtungen seien einerseits zu unbestimmt für konkrete Vorbereitungshandlungen, andererseits würden sie umfassende Vorbereitungen für einen rechtmäßigen Handel mit den betroffenen Erzeugnissen erfordern.
2.2.Aktuell sei die nachteilige Auswirkung der angefochtenen Bestimmungen auf die Rechtsposition der antragstellenden Gesellschaft, da diese mit in Kraft getreten seien. Jedes Zuwiderhandeln gegen das Verbot des Versandhandels ziehe seit die Strafbarkeit mit sich. Es bedürfe keiner weiteren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes. Die antragstellende Gesellschaft sei daher dazu gezwungen, den größten Teil ihrer Geschäftstätigkeit (den Onlinehandel) aufzugeben. Die betroffenen bestehenden Vertragsbeziehungen (Kauf- und Lieferverträge, Mietverträge für das Lager, Arbeitsverträge mit Mitarbeitern) müssten aufgelöst werden.
2.3.Weiters sei kein zumutbarer anderer Weg gegeben, da es der antragstellenden Gesellschaft vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg 17.731/2005, 14.260/1995, 12.379/1990) nicht zumutbar sei, eine strafbare Handlung zu setzen, um ein Verfahren zu provozieren.
2.4.Im Hinblick auf den Anfechtungsumfang betreffend das Versandhandelsverbot stellt die antragstellende Gesellschaft fest, dass es nicht ausreichend sei, in den Definitionen der elektronischen Zigarette und der Nachfüllbehälter die Wortfolge "und nikotinfreie" aufzuheben, da selbst bei deren Aufhebung das Versandhandelsverbot (abgesehen von der nikotinfreien Einweg-E-Zigarette) bestehen bliebe, weil der überwiegende Teil der "Dampfer"-Geräte sowohl den Gebrauch von nikotinfreien als auch nikotinhaltigen Produkten ermöglichen würde. Durch die potentielle Eignung zum Konsum nikotinhaltiger Liquids wären diese weiterhin vom Versandhandel ausgeschlossen. Mit der Streichung der "verwandten Erzeugnisse" aus dem Versandhandelsverbot in § 2a TNRSG würden aber auch weitere verwandte Erzeugnisse aus dem Verbot herausfallen – ein Umstand, der von der antragstellenden Gesellschaft nicht intendiert sei. Der Verfassungsgerichtshof könne für diese sonstigen verwandten Erzeugnisse dem Gesetzgeber einen Reparaturauftrag erteilen.
3.Die antragstellende Gesellschaft sieht sich durch die angefochtenen Bestimmungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf unternehmerische Freiheit (Art6 StGG, Art 16 GRC), auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK, Art 17 GRC) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) verletzt. Weiters behauptet sie die Verfassungswidrigkeit der Regelungen wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot (Art18 B-VG). Diese verfassungsmäßigen Bedenken legt die antragstellende Gesellschaft wie folgt dar:
3.1.Im Zusammenhang mit der Ausführung ihrer Bedenken weist die antragstellende Gesellschaft zunächst auf die ihrer Ansicht nach unzureichende Begründung für die Verhängung des Versandhandelsverbots hin: In den Gesetzesmaterialien (RV 1056 BlgNR 25. GP, 2) werde dazu nur ausgeführt, dass das Verbot des grenzüberschreitenden und nationalen Versandhandels in Anlehnung an § 30 Tabaksteuergesetz verankert werde. Mit § 30 Tabaksteuergesetz sollte jedoch – nach den damaligen Materialien – ein Versandhandel mit Tabakwaren aus monopolrechtlichen Gründen ausgeschlossen werden (RV 1792 BlgNR 18. GP, 19). Damit könne der Verweis auf § 30 Tabaksteuergesetz jedoch keinesfalls als Rechtfertigung oder Begründung des Versandhandelsverbots von nikotinfreien verwandten Erzeugnissen herangezogen werden, zumal der Verfassungsgerichtshof unmissverständlich ausgesprochen habe, dass die verwandten Erzeugnisse nicht in das Tabakmonopol integriert werden dürften. Daher sei eine "monopolrechtliche Begründung" des Versandhandelsverbots für verwandte Erzeugnisse unsachgemäß, unzureichend und völlig verfehlt.
3.2.Zur Verletzung der Erwerbsfreiheit (bzw. unternehmerischen Freiheit) bringt die antragstellende Gesellschaft folgendes vor:
3.2.1.Nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft liege ein Eingriff in ihr Recht auf Erwerbsfreiheit vor, da durch § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG der Vertrieb von E-Zigaretten und Liquids über den Versandhandel an Verbraucher gänzlich verboten werde. Damit werde die antragstellende Gesellschaft in ihrem Recht beschränkt, eine bereits rechtmäßig ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit weiterhin auszuüben, da die entsprechende Tätigkeit mit zum Großteil einzustellen sei. Allein mit dem Verkauf an andere Händler könne die antragstellende Gesellschaft ihr Geschäft nicht aufrechterhalten. Die Bestimmung ordne daher weder eine Antritts- noch eine Ausübungsbeschränkung, sondern vielmehr das Ende einer rechtmäßig ausgeübten Tätigkeit an (vgl. ua.). Die Anordnung der Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit sei einer Antrittsbeschränkung gleichzuhalten, sodass der Gesetzgeber diesbezüglich am selben strengen Maßstab zu messen sei.
3.2.2.Der Eingriff in das Grundrecht sei unverhältnismäßig:
3.2.2.1.Die mit der Regelung verfolgten öffentlichen Interessen würden sich nicht aus den Erwägungen zu § 2a TNRSG, sondern nur implizit aus den allgemeinen Zielsetzungen der Novelle ergeben. Einzig eine monopolrechtliche Begründung des Versandhandelsverbots sei den Materialien zu § 2a TNRSG zu entnehmen, diese sei jedoch unsachlich. Insgesamt sollten mit der Novelle des TNRSG (vgl. die Ziele in der RV 1056 BlgNR 25. GP, 1) die Attraktivität von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen verringert werden, um diese Produkte damit nachhaltig zu reduzieren, eine verbesserte Kontrolle gewährleistet und langfristig eine Entlastung des Gesundheitssystems durch den Rückgang von mit dem Konsum von Tabakerzeugnissen assoziierten Erkrankungen erreicht werden.
3.2.2.2.Zu diesen Zielen sei anzumerken, dass das erste Ziel, wonach die Attraktivität dieser Produkte verringert und damit der Verkauf dieser Produkte nachhaltig reduziert werden solle, hinsichtlich E-Zigaretten und Liquids, aber insbesondere nikotinfreier Produkte, bereits unsachlich sei. Eine derartige Zielsetzung zeige, dass der Gesetzgeber die Händler von E-Zigaretten und Liquids diskriminiere, ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage entziehe und letztlich ohne hinreichende Begründung die gesamte Berufssparte der Versandfachhändler für E-Zigaretten und Liquids faktisch "eliminie[re]". Dieses Ziel sei hinsichtlich E-Zigaretten und Liquids (als verwandte Erzeugnisse) nicht als im öffentlichen Interesse gelegen zu beurteilen. Das drittgenannte Ziel könnte zudem gerade durch eine Förderung des Produkts E-Zigarette besser erreicht werden. Die zweit- und drittgenannten Ziele seien zwar grundsätzlich im öffentlichen Interesse gelegen. Das dritte Ziel beziehe sich jedoch nur auf Tabakerzeugnisse und nicht auf E-Zigaretten und Liquids.
3.2.2.3.Daneben kämen nach den Überlegungen der antragstellenden Gesellschaft potenziell – auch unter Einbeziehung der offengelegten allgemeinen Ziele – nur noch folgende im öffentliche Interesse gelegenen Ziele in Frage: Gesundheitsschutz, Konsumentenschutz und Jugendschutz. Jedenfalls nicht im öffentlichen Interesse liege das Ziel der "Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten", wie der Verfassungsgerichtshof in G118/2015 ua. klargestellt habe.
3.2.2.4.Das Versandhandelsverbot sei jedoch nicht dazu geeignet, diese Ziele zu erreichen:
3.2.2.5.Eine Attraktivitätsreduktion sei einerseits deshalb nicht zu erwarten, da diese Produkte weiterhin in Fachgeschäften, Tabaktrafiken und an anderen Verkaufsstellen sowie insbesondere im Fernabsatz über Onlineshops von Händlern außerhalb der Europäischen Union für jedermann erhältlich seien. Andererseits könne ein Verbot den gegenteiligen Effekt bewirken und ein Produkt interessanter machen als zuvor ("Reiz des Verbotenen"). Das Versandhandelsverbot sei auch nicht dazu geeignet, E-Zigaretten und Liquids per se vom Markt verschwinden zu lassen. Vielmehr fördere ein Versandhandelsverbot den illegalen Verkauf solcher Produkte, insbesondere über den Versandhandel aus dem Ausland. Damit würde wiederum die Kontrolltätigkeit erschwert werden.
3.2.2.6.Es sei zudem nicht ersichtlich, wie ein Versandhandelsverbot die behördliche Kontrolle verbessern könne. Nach § 10b TNRSG hätten Hersteller und Importeure E-Zigaretten und Nachfüllbehälter sechs Monate vor dem Inverkehrbringen der Behörde zu melden. Die Behörde könne ihre Kontrolltätigkeit nach § 9 TNRSG genauso in Bezug auf Hersteller und Importeure durchführen, die Versandhändler mit Onlineshop seien. Zudem sei die Kontrolle des Onlineshops auf Grund der ausführlichen Darstellung und Beschreibung des angebotenen Produktsortiments in der Praxis leichter zu bewerkstelligen, da das Kontrollorgan dafür nicht einmal vor Ort sei müsse. Stichproben wären durch einen anonymen Testkauf einfach durchzuführen.
3.2.2.7.Auch im Hinblick auf das Ziel der Entlastung des Gesundheitssystems sei das Versandhandelsverbot nicht geeignet, dieses zu erreichen. Denn zum einen könne ein Versandhandelsverbot die Attraktivität der Produkte nicht verringern, wenn das Produkt gleichzeitig überall sonst erhältlich sei. Zum anderen könnten E-Zigaretten gerade dazu beitragen, das genannte Ziel zu erreichen, wenn man Raucher von Tabakzigaretten zum weniger schädlichen Dampfen von E-Zigaretten motivieren könnte (vgl. Royal College of Physicians [Hrsg.], Nicotine without smoke, Tabacco harm reduction, 2016).
3.2.2.8.Im Hinblick auf das potentielle Ziel des Gesundheitsschutzes sei das Versandhandelsverbot nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft untauglich, da es keinen Unterschied machen könne, auf welchem Vertriebsweg die Produkte verkauft würden, da sich dadurch die Produkteigenschaften und die (allfällig damit verbundenen) Gesundheitsrisiken nicht verändern würden. Der Gesundheitsschutz sei zudem bereits durch die Vorgaben der TPD II vorgegeben (maximal zulässiger Nikotingehalt, verpflichtende Angaben von Inhaltsstoffen udgl.) und sichergestellt. Aus diesem Grund spreche auch nichts gegen einen (grenzüberschreitenden) Versandhandel von E-Zigaretten und Liquids, da auch Händler aus anderen EU-Mitgliedstaaten an die vorgegebenen Gesundheitsschutzmaßnahmen gebunden seien und diese einzuhalten hätten – unabhängig davon, ob der Verkauf in einem Geschäftslokal oder über den Versandhandel abgewickelt werde, insbesondere da nicht einmal erwiesen sei, dass die verwandten Erzeugnisse (zumal nikotinfrei) überhaupt gesundheitsgefährdend seien. Es sei nicht ersichtlich, warum der österreichische Gesetzgeber über die Vorgaben der TPD II hinausgehende beschränkende Maßnahmen zu Lasten der Onlinehändler unter dem Vorwand des Gesundheitsschutzes nach dem "Vorsorgeprinzip" treffen dürfe.
3.2.2.9.Auch hinsichtlich des Ziels des Konsumenten- und Jugendschutzes sei das Versandhandelsverbot nicht zur Zielerreichung geeignet. Eine ausreichende Konsumenteninformation sowie Transparenz hinsichtlich der angebotenen Produkte und Vergleichbarkeit der Preise sei auch über den Versandhandel sichergestellt, da Detailangaben zu den Produkten schon auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen verpflichtend vorgesehen seien. Im Onlineshop seien der Zugang zu Informationen und die Vergleichbarkeit sogar besser als im Geschäftslokal. Dem Jugendschutz würde die Bestimmung nur dienen, würde es eine einheitliche Altersbeschränkung für den Verkauf von E-Zigaretten und Liquids in den Jugendschutzgesetzen geben. Das Verbot eines einzelnen Vertriebswegs – unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung anderer Vertriebswege – könne nicht gewährleisten, dass Kinder und Jugendliche die Produkte nicht erwerben könnten. Vielmehr beinhalte gerade der Versandhandel im Unterschied zu anderen Vertriebsformen ein Mindestmaß an Alterskontrolle, da für die Bestellung über Onlineshops in der Regel über ein Bankkonto und/oder eine Kreditkarte verfügt werden müsse, was den Zugang für Kinder bereits ausschließe und den Zugang für Jugendliche deutlich erschweren würde. Demgegenüber würden Jugendliche die gewünschten Produkte in der Tabaktrafik in der Regel auch ohne Vorlage eines Ausweises sofort und direkt ausgehändigt bekommen.
3..Ungeachtet dessen sei das Versandhandelsverbot jedenfalls nicht das gelindeste Mittel zur Zielerreichung: Dem Gesetzgeber wären zahlreiche gelindere Mittel zur Verfügung gestanden. Im Hinblick auf den Konsumentenschutz wäre es beispielsweise möglich gewesen, die Kunden im Rahmen des Vertriebs von E-Zigaretten und Liquids über das Internet gleichwertig vor deren Lieferung zu beraten, beispielsweise durch interaktive Elemente auf der Homepage, die vor dem Kauf der Produkte zwingend verwendet werden müssten (vgl. , Ker-Optika bt, Rz 69). Hinsichtlich des Gesundheitsschutzes wäre es u.a. möglich gewesen, den Verkauf von E-Zigaretten und nikotinfreien Liquids in die Liste der reglementierten Gewerbe (mit entsprechendem Befähigungsnachweis) aufzunehmen, eine Meldepflicht für Versandhändler und Altersüberprüfungssysteme einzuführen und die Rückverfolgbarkeit von Erzeugnissen, wie in der TPD II vorgesehen, sicherzustellen.
3..In diesem Zusammenhang weist die antragstellende Gesellschaft darauf hin, dass der Handel mit Tabakpfeifen (ohne den Tabak) nicht vom TNRSG erfasst sei – und zwar zu Recht, weil bei diesen – genauso wie bei den E-Zigaretten – die Gefahr nicht vom Gerät ausgehe, sondern vielmehr von der nikotinhaltigen Substanz, die damit konsumiert werden könne. Zudem sei paradoxerweise der Versandhandel mit E-Zigaretten und Liquids, die als Medizinprodukte eingestuft seien, weiterhin erlaubt. Hier fände auch keine Kontrolle der Abgabe an den Endverbraucher statt. Vor dem Hintergrund des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rs. C-322/01, demzufolge Versandhandelsverbote für nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel nicht verhältnismäßig seien, sei nicht ersichtlich, auf welcher Basis für E-Zigaretten und Liquids ohne Nikotingehalt, die ein geringeres (und nicht einmal nachgewiesenes) Gefahrenpotential als nichtverschreibungspflichtige Medikamente aufweisen würden, ein Versandhandelsverbot zulässig sein sollte.
3..Eine weitere denkbare Maßnahme im Hinblick auf den Jugendschutz wäre die gesetzliche Verankerung eines Verkaufsverbots an Personen unter 18/16 Jahren, das von der Allgemeinheit einzuhalten sei (wie zB keine Abgabe im Supermarkt). In Oberösterreich gebe es zudem bereits ein Abgabeverbot von E-Zigaretten, E-Shishas und Liquids an Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. Diese Maßnahme gelte für alle gleichermaßen (ob in der Trafik oder im Onlineshop) und könne als Beispiel für ein angemessenes und gelinderes Mittel zur Sicherung des Jugendschutzes angesehen werden. Der Jugendschutz könne zudem auch beim Versandhandel sichergestellt werden: Bereits die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (AÖSp) würden in § 33 lita vorschreiben, dass Pakete nur an erwachsene Personen übergeben werden dürfen. Wenn sich ein Versandhändler daher eines Lieferanten bedienen würde, der sich an die AÖSp zu halten habe, sei bereits sichergestellt, dass die Pakete nicht an Jugendliche übergeben werden. Eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung wäre möglich gewesen. Versandhändler könnten von den Kunden auch verlangen, vorab eine Ausweiskopie zu übermitteln. Der Kunde würde nur dann ein Kundenkonto erhalten und könnte Bestellungen über den Onlineshop aufgeben, wenn er über 18 Jahre alt sei. Weiters gebe es die (kostenpflichtige) Möglichkeit, Lieferanten mit einer Altersverifikation zu beauftragen. Der Lieferant dürfte das Paket dann nur nach erfolgter Ausweiskontrolle und Scan der Ausweisnummer an den Abnehmer übergeben.
3..Spätestens beim letzten Prüfschritt der Verhältnismäßigkeitsprüfung zeige sich, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe, ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff vorliege: Durch § 2a TNRSG werde eine Vertriebsform hinsichtlich bestimmter Produkte, die seit Jahren frei über den Versandhandel verkauft werden konnten, (ohne Übergangsfrist) verboten, ohne dass es überhaupt gerechtfertigte Gründe für eine derart einschränkende Maßnahme gebe. Der Gesetzgeber habe seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum dabei wohl überschritten und überschießende Regelungen getroffen. In Anbetracht der zahlreichen anderen Möglichkeiten zur Zielerreichung und vor dem Hintergrund, dass durch ein gänzliches Versandhandelsverbot der Kern der Erwerbsausübung entzogen würde, sei die Normierung des Versandhandelsverbots unangemessen und unverhältnismäßig. Die Schwere dieses Grundrechtseingriffes könne weder durch die vom Gesetzgeber unzureichend ausgeführten Gründe (de facto Angleichung an die Monopolisierung), noch durch die (bloß denkbaren) Gründe des Gesundheits-, Konsumenten- oder Jugendschutzes gerechtfertigt werden, da diese Ziele in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise mit gelinderen Mitteln erreicht werden könnten.
3..Auch die jüngste Tendenz, den Fernabsatz hinsichtlich Humanarzneimittel durch "Online-Apotheken" zu erlauben, lasse die Verhängung eines Versandhandelsverbots für weniger gefährliche Produkte nicht zeitgemäß und daher unzulässig erscheinen. Weiters würden pauschal alle erdenklichen verdampfbaren Flüssigkeiten (aromatisiertes Wasser), egal welche Inhaltsstoffe sie enthalten, als gesundheitsgefährdend eingestuft. Nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft seien nikotinfreie E-Zigaretten und Liquids grundsätzlich nicht gesundheitsschädlich. Darüber hinaus gewährleiste ein Verkauf in Tabaktrafiken oder in Einzelhandelsgeschäften noch nicht eine faktische "Beaufsichtigung des Verkaufes" von E-Zigaretten und Liquids, zumindest nicht in einem größeren Ausmaß als in Onlineverkaufsstellen.
3.3.Zur Verletzung des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums (und der Privatautonomie) führt die antragstellende Gesellschaft u.a. das Folgende aus:
3.3.1.Das Versandhandelsverbot nikotinfreier Produkte bedeute für die antragstellende Gesellschaft einen erheblichen Eingriff in ihr Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums, da sie ihr bestehendes Geschäft nicht mehr im bisher ausgeübten Umfang betreiben dürfe und gezwungen sei, nicht nur einen wesentlichen Erwerbszweig einzustellen, sondern ihr Geschäft zu schließen. Sie müsse ihr Geschäft jedenfalls um die Hälfte verkleinern; die aufgebaute Infrastruktur (Onlineshop) wäre unbrauchbar. Damit liege ein schwerer Eingriff in das Eigentumsrecht der antragstellenden Gesellschaft vor. Zudem sei sie in ihrer Privatautonomie betroffen, da sie bestehende Verträge lösen müsse – insbesondere den bestehenden Exklusivvertrag –, was zu existenzbedrohlichen Umsatz- und Gewinneinbußen führen werde.
3.3.2.Auch der Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums sei unverhältnismäßig: Das Versandhandelsverbot sei zur Zielerreichung (siehe vorne) nicht geeignet und würde nicht das gelindeste Mittel darstellen (siehe vorne), weshalb ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht vorliege.
3.4.Zum behaupteten Verstoß des Versandhandelsverbots gegen den Gleichheitsgrundsatz bringt die antragstellende Gesellschaft das Folgende vor:
3.4.1.Zur unsachlichen Gleichbehandlung von E-Zigaretten sowie (nikotinhaltigen und nikotinfreien) Liquids und Tabakerzeugnissen:
3.4.1.1.Die rechtliche Gleichbehandlung von E-Zigaretten und Liquids mit Tabakerzeugnissen und die Einbeziehung dieser Produkte in das TNRSG würden die tatsächlichen Unterschiede dieser beiden Produktgruppen nicht berücksichtigen. Ähnlichkeiten bestünden optisch nur mehr bei gewissen Einweg-E-Zigaretten. E-Zigaretten für den langfristigen Gebrauch würden sich nicht nur optisch, sondern vor allem auf Grund ihrer Funktionsweise und ihrer Inhaltsstoffe von (Tabak-)Zigaretten unterscheiden: Bei E-Zigaretten finde kein Verbrennungsprozess statt, sondern lediglich das Verdampfen von Flüssigkeiten durch Erhitzen. Der Dampf werde dann vom Benutzer eingeatmet. Das Verdampfen von Liquids lasse kein Kohlenmonoxid entstehen und der Konsument nehme auch keinen Teer auf, sodass viele gesundheitsschädliche Substanzen des Tabaks nicht entstehen würden. Auch die Inhaltsstoffe würden sich grundlegend unterscheiden. Zigaretten würden als Hauptbestandteil Tabak enthalten, der beim Verbrennungsprozess mehr als 3.800 chemische Verbindungen freisetze, von denen über 200 giftig und mindestens 40 krebserregend seien. E-Zigaretten würden hingegen mit Flüssigkeiten (Liquids) befüllt, die in den unterschiedlichsten Variationen und Zusammensetzungen erhältlich seien; einige würden Nikotin, andere bloß Aromastoffe enthalten. Bei E-Zigaretten entstehe auch kein schädlicher "Passiv-Dampf", da der entstehende Wasserdampf im Gegensatz zum Passivrauch einer Zigarette, keine für Dritte schädlichen Substanzen (wie zB Blei, Teer, Arsen udgl.) enthalte. Aus diesen Gründen seien E-Zigaretten grundsätzlich nicht mit (Tabak-)Zigaretten vergleichbar. Ihr wesentlicher Vorteil bestehe gerade darin, dass in diesen Produkten kein Tabak enthalten sei.
3.4.1.2.Es sei nicht nachvollziehbar, warum Liquids (und Nachfüllbehälter), die kein Nikotin enthalten, und E-Zigaretten, mit denen diese Liquids verdampft werden können, in das TNRSG einbezogen wurden. Bei diesen Produkten bestehe nicht einmal irgendeine denkmögliche Ähnlichkeit zu Tabakprodukten, da sie das in den Tabakprodukten enthaltene Nikotin eben nicht beinhalten. Nach dem Gesetzeswortlaut würden beispielsweise auch Nachfüllbehälter, die reines Wasser mit Himbeeraroma (also Himbeersaft) enthalten, dem TNRSG unterliegen. Dies stelle eine unsachliche Gleichbehandlung dar.
3.4.2.Zur unsachlichen Ungleichbehandlung von E-Zigaretten und anderer "Hardware" (zB Pfeifen) und zur überschießenden Reglementierung der E-Zigaretten samt allen Bestandteilen:
Selbst wenn E-Zigaretten und Liquids als verwandte Erzeugnisse in das TNRSG einbezogen werden dürften, liege eine unbegründete Diskriminierung der E-Zigarette gegenüber anderer "Hardware" wie beispielsweise Pfeifen vor. Während E-Zigaretten mit allen Bestandteilen (Akku, Watte udgl.) dem TNRSG unterliegen würden, was an sich schon überschießend und sachlich nicht gerechtfertigt sei, seien Pfeifen oder Wasserpfeifen nicht vom TNRSG erfasst, sodass für diese Produkte kein verpflichtendes Anmeldeverfahren mit sechs-monatiger Stillhaltefrist, kein Werbeverbot und kein Versandhandelsverbot gelten würde. Diese Ungleichbehandlung gegenüber der E-Zigarette, die mit Pfeifen und Wasserpfeifen uneingeschränkt vergleichbar seien, da sie ebenso bloß die "Hardware" zur Benutzung des eigentlichen (vermeintlich gefährlichen) Produkts darstellen würden, sei sachlich nicht zu rechtfertigen.
3.4.3.Zur unsachlichen Ungleichbehandlung von Versandhandel und Nicht-Versandhandel mit E-Zigaretten und Liquids:
Während seit der Versandhandel mit E-Zigaretten und (auch nikotinfreien) Liquids an Verbraucher verboten sei, sei ein direkter Verkauf an Verbraucher in Geschäftslokalen weiterhin erlaubt. Es seien keine Gründe ersichtlich, die diese Ungleichbehandlung vom Verkauf in Trafik und Geschäftslokal im Vergleich zum Versandhandel sachlich rechtfertigen würden. Wie bereits dargelegt, könne ein Versandhandelsverbot für E-Zigaretten und Liquids an Konsumenten weder dem Gesundheitsschutz noch dem Konsumenten- und Jugendschutz dienen. Darüber hinaus stünden gelindere Mittel für die Erreichung dieser Ziele zur Verfügung. Auch die Kontrollmöglichkeiten könnten durch ein Versandhandelsverbot nicht verbessert werden, da gerade bei einem Verkauf über Onlineshops die angebotenen Produkte auf der Homepage der Versandhändler für jedermann ersichtlich seien, was auch die Kontrollmöglichkeit der Behörden erleichtern würde.
3.4.4.Zum Vertrauensschutz und zur Übergangsfrist:
3.4.4.1.Darüber hinaus greife das Versandhandelsverbot in die Rechtsposition der antragstellenden Gesellschaft in sachlich nicht gerechtfertigter Weise ein, da diese im Vertrauen auf den Bestand ihrer Rechtsposition erhebliche Investitionen getätigt habe, um ihr Geschäft mit E-Zigaretten und (auch nikotinfreien) Liquids – in der eigens dafür geschaffenen Sparte – in Österreich aufzubauen. Die antragstellende Gesellschaft habe einen langfristigen Mietvertrag für ihre Lagerräume sowie langfristige und bindende Kauf- und Lieferverträge mit Produzenten von E-Zigaretten und (auch nikotinfreien) Liquids abgeschlossen, zusätzliche Mitarbeiter angestellt und teure Aufwendungen für den Aufbau und die Erweiterung ihres Betriebes getätigt (Rechts- und Steuerberatung, Marketing, EDV-Infrastruktur, Lageraufbau udgl.). Diese Investitionen seien nunmehr nutzlos.
3.4.4.2.Trotz der schwerwiegenden Eingriffe durch die angefochtenen Bestimmungen seien diese – unzulässigerweise – ohne Übergangsfrist erlassen worden. Der Gesetzgeber hätte entweder die TPD II früher umsetzen müssen, sodass eine angemessene Übergangsfrist auch bis zur unionsrechtlich vorgesehenen Umsetzungsfrist am zur Verfügung gestanden hätte oder er hätte eine ausreichend lange Übergangsfrist zur Wahrung des nationalen Verfassungsrechts vorsehen müssen, zumal die Richtlinie das Versandhandelsverbot nicht zwingend vorschreibe.
3.5.Zu den Bedenken bezüglich § 10d Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 3 TNRSG im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG:
3.5.1.Die Verpflichtung in § 10d Abs 1 Z 4 TNRSG sei gleichheitswidrig, da Hersteller oder Importeure von (Tabak-)Zigaretten gemäß § 8 Abs 8 TNRSG nur Marktstudien vorlegen müssten, die sie selbst anlässlich der Markteinführung angefertigt haben. Fachhändler von E-Zigaretten, wie die antragstellende Gesellschaft, müssten hingegen als Importeure alle verfügbaren Studien suchen, zusammenfassen und eine englische Übersetzung notfalls selbst anfertigen.
3.5.2.Darüber hinaus verletze diese Bestimmung das Bestimmtheitsgebot, da nicht klar sei, wie ein Normadressat erkennen könne, ob (und wann) er tatsächlich "alle" (international?) verfügbaren Studien zusammengesucht habe und ob ein (wissenschaftlicher) Fachmann hievon eine wissenschaftlich tragfähige Zusammenfassung erstellen könne. Selbiges gelte für § 10d Abs 1 Z 3 sowie Abs 3 TNRSG. Es sei völlig unbestimmt, wie das in § 10d Abs 3 TNRSG geforderte "System zur Erhebung von Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen dieser Erzeugnisse auf die menschliche Gesundheit" auszusehen habe. Zudem bestehe für Zigaretten und Tabak keine vergleichbare Vorschrift, obwohl das Gesundheitsrisiko höher sei. Selbiges gelte auch für § 10d Abs 1 Z 3 TRNSG, da die antragstellende Gesellschaft gar nicht wissen könne, worin ihre Verpflichtung konkret bestehe.
4.Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge – soweit der Antrag nicht als unzulässig zurückzuweisen sei – aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist von einem Jahr für das Außerkrafttreten bestimmen.
4.1.Ziel der TNRSG-Novelle 2016 sei es gewesen, den Nichtraucherschutz (insbesondere in Bezug auf Kinder und Jugendliche) durch die Ausdehnung des Geltungsbereichs des Tabakgesetzes auch auf elektronische Zigaretten einschließlich nikotinfreier Produkte auszuweiten sowie Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse durch die Verringerung ihrer Attraktivität nachhaltig zu reduzieren, verbesserte Kontrollen einzuführen sowie langfristig eine Entlastung des Gesundheitssystems durch den Rückgang von mit dem Konsum von Tabakerzeugnissen assoziierten Erkrankungen zu erreichen (RV 1056 BlgNR 25. GP, Vorblatt, 1). Elektronische Zigaretten, deren Inhaltsstoffe und Risiken seien keinesfalls als harmlos einzustufen.
4.1.1.Den mit der Novelle 2016 eingeführten (angefochtenen) Bestimmungen des TNRSG würden zum einen völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik Österreich zugrunde liegen: Österreich habe das Rahmenübereinkommen der WHO vom zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (Framework Convention on Tobacco Control – FCTC) im September 2005 ratifiziert. Ziel des FCTC sei es, heutige und zukünftige Generationen vor den verheerenden gesundheitlichen, sozialen und die Umwelt betreffenden Folgen des Tabakkonsums und des Passivrauchens zu schützen, indem ein Rahmen für Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs geschaffen werde, um die Verbreitung des Tabakkonsums und des Passivrauchens stetig und wesentlich zu vermindern (vgl. Art 3 FCTC). Am habe die Konferenz der Vertragsparteien des FCTC in ihrer sechsten Sitzung einen Beschluss betreffend nikotinhaltige und nikotinfreie elektronische Zigaretten gefasst, mit dem den Vertragsparteien im Hinblick auf ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit ein Verbot oder eine Regulierung dieser Produkte empfohlen werde (vgl. FCTC/COP6(9) Z 3).
4.1.2.Zum anderen seien die angefochtenen Bestimmungen in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben erlassen worden, namentlich der Richtlinie 2014/40/EU (Tobacco Products Directive II, TPD II). Ziel dieser Richtlinie sei die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten u.a. für das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung bestimmter Erzeugnisse, die mit Tabakerzeugnissen verwandt seien, nämlich elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter sowie pflanzliche Raucherzeugnisse, damit — ausgehend von einem hohen Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen — das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse erleichtert werde und die Verpflichtungen der Union im Rahmen des WHO-Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs eingehalten würden (vgl. Art 1 TPD II). Über die Vorgaben der TPD II hinaus erfasse in Österreich der Begriff "elektronische Zigarette" auch nikotinfreie Produkte.
4.1.3.Im Gegensatz zur diesbezüglichen Darstellung der antragstellenden Gesellschaft seien verwandte Erzeugnisse bereits vor dem von arzneimittel-, medizinprodukte- und chemikalienrechtlichen bzw. auch teilweise jugendschutzrechtlichen Produktsicherheits- und Qualitätssicherungsregelungen erfasst gewesen (AMG, BGBl 185/1983 idgF; MPG, BGBl 657/1996 idgF; Chem-VerbotsV 2003, BGBl II 477/2003 idgF; Jugendschutzbestimmungen der Länder; PSG 2004, BGBl I 16/2005 idgF). Es habe daher kein rechtsfreier Raum bestanden.
4.2.Zu den Prozessvoraussetzungen bringt die Bundesregierung vor, dass die antragstellende Gesellschaft den Anfechtungsumfang nicht richtig, nämlich zu weit, abgegrenzt habe.
4.2.1.Im Antrag seien Wortfolgen in § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG und damit Wortfolgen in Begriffsbestimmungen angefochten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei die Anfechtung von Definitionen unzulässig, wenn diese keine eigenständige normative Bedeutung haben, sondern eine solche Bedeutung erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diese Begriffe verwenden, erhalten würden (vgl. VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007). Der Antrag lege jedoch nicht dar, dass zwischen den angefochtenen Begriffsbestimmungen und den anderen angefochtenen Bestimmungen ein solcher Zusammenhang bestünde, der eine Aufhebung (auch) der Begriffsbestimmungen erfordern würde, falls die anderen Bestimmungen verfassungswidrig wären. Ein solcher Zusammenhang liege nach Auffassung der Bundesregierung auch bei keiner der angefochtenen Begriffsbestimmungen vor. Darüber hinaus würde bei einer Aufhebung der Begriffsbestimmungen mehr aus dem Rechtsbestand entfernt werden, als zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit erforderlich sei. So würde damit nicht nur der Versandhandel mit nikotinfreien elektronischen Zigaretten ermöglicht werden, sondern würden sich auch sämtliche anderen Vorschriften des TNRSG nicht mehr auf nikotinfreie elektronische Zigaretten beziehen (etwa § 8 oder § 11 TNRSG). Konkrete Bedenken hinsichtlich der Einbeziehung nikotinfreier elektronischer Zigaretten in diverse andere Bestimmungen des TNRSG bringe die antragstellende Gesellschaft jedoch nicht vor. Der Antrag sei daher, soweit er sich auf die Aufhebung von Wortfolgen in § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG beziehe, als unzulässig zurückzuweisen.
4.2.2.Dem Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft, das Versandhandelsverbot des § 2a TNRSG verstoße gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art 34 AEUV, sei entgegenzuhalten, dass das Unionsrecht, anders als die GRC (VfSlg 19.632/2012), nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren nach Art 140 B-VG keinen Prüfungsmaßstab darstelle (; VfSlg 16.771/2002). Vielmehr werde damit eine Frage der Zulässigkeit des Antrages aufgeworfen, da ein "Individualantrag nach Art 140 B-VG nur dann als zulässig angesehen werden [könne], wenn feststeht, dass der Anwendbarkeit der bekämpften Norm nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht entgegensteht" (VfSlg 15.771/2000, 18.298/2007). Das sei hier der Fall.
4.3.In der Folge tritt die Bundesregierung den von der antragstellenden Gesellschaft vorgebrachten Bedenken betreffend das in § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG normierte Versandhandelsverbot im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit inhaltlich entgegen:
4.3.1.Das Verbot des Versandhandels mit Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, wie der elektronischen Zigarette und deren Zubehör, stelle zweifellos einen Eingriff in die von Art 6 StGG geschützte Erwerbsfreiheit der antragstellenden Gesellschaft dar. Jedoch handle es sich bei diesem – anders als von der antragstellenden Gesellschaft behauptet – nur um eine Ausübungsschranke, da es der antragstellenden Gesellschaft unbenommen bleibe, elektronische Zigaretten und deren Zubehör auf einem anderen Vertriebsweg (etwa in einem Geschäftslokal) zu verkaufen. Es stehe dieser weiterhin der Versandhandel an Händler offen. Durch § 2a TNRSG werde somit nur die Weite des Betätigungsfeldes der antragstellenden Gesellschaft eingeschränkt, ihr jedoch nicht der Zugang zum Vertrieb von elektronischen Zigaretten schlechthin verwehrt.
4.3.2.Nach Auffassung der Bundesregierung sei die Regelung des § 2a TNRSG insgesamt durch schwerwiegende öffentliche Interessen geboten:
4.3.3.Das Versandhandelsverbot diene zum einen dem Schutz der Gesundheit. Ein Gesundheitsrisiko beim Konsum von elektronischen Zigaretten ergebe sich nicht nur auf Grund des Nikotins (das abhängig mache, das Wachstum von Tumoren fördere und im Verdacht stehe, Krebs zu erregen), sondern auch auf Grund der anderen Inhaltsstoffe, wie Propylenglykol, Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein, die auch in nikotinfreien elektronischen Zigaretten enthalten seien. Diese Inhaltsstoffe könnten sowohl für den Konsumenten als auch für in der Umgebung befindliche Personen gesundheitsschädliche Wirkungen entfalten, und zwar unabhängig davon, ob sie nikotinhaltig oder nikotinfrei seien. Jedenfalls könne nicht von der Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe ausgegangen werden, da derzeit noch keine Langzeitstudien zu Gesundheitsrisiken vorliegen würden. Elektronische Zigaretten würden sich zudem als Mittel für den Einstieg in den herkömmlichen Tabakkonsum und damit in die Nikotinabhängigkeit eignen, da mit ihnen der Vorgang des Rauchens nachgeahmt und normalisiert werde.
4.3.4.Zum anderen diene das Versandhandelsverbot dem Schutz der Konsumenten: Gerade elektronische Zigaretten würden sich auf Grund ihrer Beschaffenheit (Nachfüllbarkeit) besonders gut für Manipulation und Missbrauch eignen. Eine nachfüllbare elektronische Zigarette oder deren Nachfüllbehälter könne leicht mit einer nikotinhaltigen oder einer jeden beliebigen Substanz befüllt werden. Das Verbot des Vertriebs im Fernabsatz diene daher auch der wirksamen und verbesserten Kontrolle der angebotenen Produkte im Hinblick auf die Vorgaben des TNRSG über die zulässigen Inhaltsstoffe und -mengen.
4.3.5.Weiters diene die Regelung dem Jugendschutz: Elektronische Zigaretten könnten gerade für die leicht beeinflussbare und "probierfreudige" Bevölkerungsgruppe der Jugendlichen den Einstieg in den herkömmlichen Tabakkonsum erleichtern. Im Wege des Fernabsatzes werde Jugendlichen ein erleichterter, jedoch nur schwer kontrollierbarer Zugang zu nikotinhaltigen und nikotinfreien elektronischen Zigaretten sowie deren Zubehör eröffnet und dadurch die Bemühungen der Tabakprävention sowie die geltenden Jugendschutzbestimmungen untergraben.
4.3.6.Entgegen den Ausführungen der antragstellenden Gesellschaft sei die angefochtene Regelung auch geeignet und erforderlich, diese im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele zu erreichen: Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Verbot des Versandhandels mit Verzehrprodukten bereits festgestellt, dass dieses geeignet und auch erforderlich sein könne, um den öffentlichen Interessen des Konsumentenschutzes und des Gesundheitsschutzes zu dienen. Denn gerade die Vertriebsform des Versandhandels könne dazu benutzt werden, bedenkliche Produkte unter Umgehung der behördlichen Kontrollen zu vertreiben, da auf diesem Wege von vornherein nicht die gleiche Gewähr für eine korrekte Beschaffenheit des Verkaufsproduktes gegeben sei wie im sonstigen Einzelhandel, weil eine behördliche Kontrolle nahezu unmöglich sei (vgl. VfSlg 16.222/2001).
4.3.7.Nach Ansicht der Bundesregierung würden diese Ausführungen umso mehr in Bezug auf das Verbot des Versandhandels mit E-Zigaretten gelten: Von der elektronischen Zigarette samt Zubehör gehe unabhängig von deren Nikotingehalt ein Gesundheitsrisiko für deren Konsumenten und Menschen in ihrer Umgebung aus, deren Langzeitfolgen noch nicht abschätzbar seien. Zahlreiche internationale Studien (vgl. Deutsches Krebsforschungszentrum; National Institute for Public Health and the Environment [Niederlande] u.a.) würden nikotinhaltige wie nikotinfreie elektronische Zigaretten gleichermaßen als gesundheitsgefährdend einstufen. Die darin enthaltenen Stoffe würden durch das Verdampfen als ultrafeine Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer in die Raumluft gelangen und könnten bereits bei kurzfristiger Exposition Augen-, Rachen- und Atemwegsreizungen verursachen. Bei langandauernder Belastung könne das Asthmarisiko, insbesondere von Kindern, erhöht werden und diese Belastung sogar krebserregend wirken. Übereinstimmend mit diesen wissenschaftlichen Ergebnissen sowie mit den Empfehlungen des Beschlusses FCTC/COP(6) habe es der Gesetzgeber daher für geboten erachtet, nach Maßgabe des Vorsorgeprinzips wirksame Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und damit zur Raucherprävention zu ergreifen, zu denen auch das Versandhandelsverbot mit nikotinhaltigen sowie nikotinfreien elektronischen Zigaretten und deren Zubehör zähle.
4.3.8.Nach Ansicht der Bundesregierung könne nur ein Verbot des Versandhandels einschließlich des Onlineverkaufs sicherstellen, dass gleichzeitig die Verbreitung von gesundheitsschädlichen Substanzen sowie der Einstieg in den Nikotinkonsum bei der Bevölkerung wirksam reduziert und die Konsumenten vor manipulierten oder sonstigen nicht mit dem TNRSG konformen Produkten geschützt werden sowie auch Jugendliche keinen widerrechtlichen Zugang zu Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen erlangen könnten.
4.3.9.In diesem Sinne habe auch der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom in der Rechtssache C-447/14, Pillbox 38, festgestellt, dass Art 20 Abs 6 iVm Art 18 Abs 5 TPD II, wonach die Mitgliedstaaten den grenzüberschreitenden Verkauf von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern im Fernabsatz an Verbraucher verbieten können, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Bezüglich der als weniger einschneidende Maßnahme vorgeschlagenen Einführung von spezifischen Altersgrenzen für den Konsum von elektronischen Zigaretten habe der Gerichtshof der Europäischen Union weiter ausgeführt, dass nicht nachgewiesen worden sei, "dass dies ein wirksames Mittel wäre, mit dem ein hoher Schutz der menschlichen Gesundheit, besonders für junge Menschen, sichergestellt werden kann, insbesondere angesichts des Umstands, dass eine solche Maßnahme im Rahmen eines grenzüberschreitenden Verkaufs im Fernabsatz leicht umgehbar ist" (vgl. Rz 127).
.Nach Auffassung der Bundesregierung treffe dies auch auf die österreichische Regelung des § 2a TNRSG zu. Die Ansicht der antragstellenden Gesellschaft, wonach diese Rechtsprechung nicht relevant sei, da in den Anwendungsbereich der TPD II ausschließlich nikotinhaltige elektronische Zigaretten und Liquids, nicht jedoch nikotinfreie Produkte fallen würden, sei unzutreffend. Nach Ansicht der Bundesregierung seien auf Grund der Formulierung "kann" in den Definitionen in Art 2 Z 16 und 17 TPD II auch nikotinfreie elektronische Zigaretten bzw. Nachfüllbehälter vom Anwendungsbereich der TPD II umfasst, weil diese ebenso mit nikotinhaltigen Liquids nachgefüllt werden könnten. Daher seien lediglich nikotinfreie Einwegprodukte nicht unmittelbar vom Anwendungsbereich der TPD II erfasst. Doch selbst wenn nikotinfreie elektronische Zigaretten und ihr Zubehör nicht vom Anwendungsbereich der TPD II erfasst sein sollten, könne nichts anderes gelten, da sowohl nikotinhaltige als auch nikotinfreie elektronische Zigaretten und deren Zubehör unter dem Gesichtspunkt des Gesundheits-, Konsumenten- und Jugendschutzes aus den genannten Gründen ein ähnliches Gefährdungspotential aufweisen würden und daher gleich zu behandeln seien.
.Zusammenfassend ist die Bundesregierung daher der Auffassung, dass das – von der antragstellenden Gesellschaft nicht beanstandete – Verbot des Versandhandels mit Tabakerzeugnissen ebenso wie das vorliegend zu prüfende Verbot des Versandhandels mit verwandten Erzeugnissen, wie der elektronischen Zigarette und deren Zubehör, nicht nur geeignet sondern auch erforderlich und verhältnismäßig sei.
.Dieselben Erwägungen seien der antragstellenden Gesellschaft auch im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit entgegenzuhalten.
4.4.Den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft im Hinblick auf den Gleichheitssatz in Bezug auf § 2a TNRSG tritt die Bundesregierung wie folgt entgegen:
4.4.1.Dem Vorbringen der mangelhaften Begründetheit der angefochtenen Wortfolge sei entgegenzuhalten, dass der Gleichheitssatz – abgesehen von speziellen Problemstellungen im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensschutz – weder einen Schutz vor (auch nachteiligen) Gesetzesänderungen biete, noch dem Gesetzgeber Grenzen auferlege, die ihn bei seiner Entscheidung über das "Ob" der Gesetzesänderung in irgendeiner Weise beschränken würden, sofern nur das Gesetz in der geänderten Fassung den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspreche. Es komme für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung insoweit auch nicht darauf an, ob die in den Materialien dafür ins Treffen geführten Argumente der Sache nach zutreffend seien bzw. ob sie – gemessen an den von der antragstellenden Gesellschaft vorgetragenen Bedenken – aus gesundheits-, jugendschutz- bzw. konsumentenschutzpolitischen Gründen stichhaltig seien (vgl. VfSlg 19.434/2011). Daher würden sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
4.4.2.In Bezug auf die behauptete (Un-)Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen verweist die Bundesregierung zunächst auf den der Gesetzgebung – innerhalb der Schranken der Verfassung (einschließlich des Gleichheitssatzes) – zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum. Innerhalb dieses Gestaltungsspielraumes sei es der Gesetzgebung von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ihre politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSlg 13.576/1993, 13.743/1994, 15.737/2000, 16.176/2001, 16.504/2002). Die Gesetzgebung könne im Rahmen dieses Spielraumes einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und dürfe bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl. VfSlg 13.497/1993, 15.850/2000, 16.048/2000, 17.315/2004, 17.816/2006, 19.722/2012, jeweils mwN) sowie auch Härtefälle in Kauf nehmen (vgl. VfSlg 16.771/2002, 19.031/2010, jeweils mwN). Schon aus den oben dargestellten schwerwiegenden öffentlichen Interessen dürfe die Gesetzgebung auf Grund ihres weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums sowie auf Grund des Vorsorgeprinzips elektronische Zigaretten samt Zubehör gleich behandeln wie Tabakerzeugnisse.
4.4.3.Zwar werde das eine Produkt zum einen verdampft und nicht verraucht, zum anderen enthalte es auch andere Inhaltsstoffe, es sei jedoch noch nicht nachgewiesen, ob der Konsum tatsächlich weniger gesundheitsschädlich sei. Beide Erzeugnisse würden in gleicher Art und Weise durch Einatmen in die Lunge verwendet, wodurch die Schadstoffe in den Körper aufgenommen und anschließend an die Umgebung abgegeben würden. Es sei richtig, dass elektronische Zigaretten grundsätzlich keinen Tabak beinhalten, dennoch enthielten sie toxische und krebserregende Inhaltsstoffe. Insbesondere nikotinhaltige elektronische Zigaretten könnten zu Abhängigkeiten führen. Zusätzlich werde das gleiche "Ritual" des Zu-Sich-Nehmens beim Rauchen sowie beim Dampfen ausgeführt. Insofern sei es für elektronische Zigaretten jedenfalls gesundheitspolitisch geboten, diese dem gleichen Regelungsregime wie jenem herkömmlicher Zigaretten zu unterwerfen, um dadurch einer gesellschaftspolitisch unerwünschten Renormalisierung des Rauchens entgegenzuwirken.
4.4.4.Zum Argument der unsachlichen Ungleichbehandlung von elektronischen Zigaretten im Vergleich mit anderer "Hardware" wie Pfeifen sei das Folgende anzumerken: Es sei zwar richtig, dass Pfeifen und Wasserpfeifen im Vergleich zu elektronischen Zigaretten unterschiedlich geregelt seien. Der Vergleich dieser Produkte sei jedoch insofern hinkend und nicht möglich, weil es dort einerseits keine Einweg-Produkte (mit jeweiligem Inhalt) gebe und andererseits die "Hardware" sowohl bei Pfeife als auch Wasserpfeife selbst keine Wärme-/Hitzequelle bilde. Außerdem würden weder die TPD II noch der Beschluss FCTC/COP6(9) für diese Produkte – im Gegensatz zu elektronischen Zigaretten – ein Werbe- und Sponsoringverbot vorgeben.
4.4.5.Das Verbot des Versandhandels bei gleichzeitiger Zulässigkeit des Nicht-Versandhandels erkläre sich primär im Lichte der Intention des Gesetzgebers, den Zugang zu diesen Produkten bzw. auch deren Verfügbarkeit nicht verbieten, sondern lediglich einschränken zu wollen. Im Übrigen sei zur Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen sinngemäß auf die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen der Erwerbsfreiheit verwiesen.
4.4.6.Im Hinblick auf das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft in Bezug auf den Vertrauensschutz verweist die Bundesregierung auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (jüngst in VfSlg 19.933/2014), der zufolge das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genieße (vgl. bereits VfSlg 16.687/2002 mwN). Vielmehr bleibe es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern (vgl. VfSlg 18.010/2006 mwN). Nur unter besonderen Umständen setze der Vertrauensschutz dem Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen. Solche besonderen Umstände würden in diesem Fall aber nicht vorliegen: Zum einen habe der Gesetzgeber keinerlei Regelungen getroffen, die die Normunterworfenen zu Dispositionen im Zusammenhang mit dem Versandhandel von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen veranlasst haben könnten. Er ordne auch nicht rückwirkend nachteilige Rechtsfolgen an. Zum anderen werde aus dem Vorbringen nicht ersichtlich, dass die antragstellende Gesellschaft die angeführten Aufwendungen nicht problemlos auch weiterhin für ihre Geschäftstätigkeit verwenden könne. So sei es der antragstellenden Gesellschaft nicht verwehrt, elektronische Zigaretten jeder Art im Einzelhandel, in Fachgeschäften, anzubieten und zu verkaufen. Sie sei daher weder dazu verpflichtet noch gezwungen gewesen, Miet-, Kauf- oder Lieferverträge zu beenden oder zusätzliche Mitarbeiter zu kündigen. Für sie werde lediglich ein Vertriebsweg geschlossen, auf dessen Bestand sie jedoch nicht vertrauen durfte, weshalb nicht von einem intensiven nachteiligen Eingriff in ihre Rechtsposition gesprochen werden könne. Zudem habe den betroffenen Kreisen angesichts der Arbeiten an der TPD II bewusst sein müssen, dass eine Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Zigaretten samt Zubehör bevorstehe. Überdies sei dem Gesetzgeber auch kein Vorwurf zu machen, wenn er auf Grund der schwerwiegenden öffentlichen Interessen keine Übergangsfrist vorgesehen hat.
4.5.Den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft im Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Legalitätsprinzip in Bezug auf § 10d Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 3 TNRSG, wonach es für Hersteller oder Importeure von Zigaretten keine gleichlautenden Informationspflichten gebe wie für Hersteller oder Importeure von elektronischen Zigaretten und die bekämpften Bestimmungen zu unbestimmt seien, tritt die Bundesregierung wie folgt entgegen:
4.5.1.Die Bundesregierung weist in diesem Zusammenhang zunächst darauf hin, dass, soweit elektronische Zigaretten und deren Zubehör vom Anwendungsbereich der TPD II erfasst sind, der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung des Art 20 TPD II durch das TNRSG auf Grund des Vollharmonisierungsprinzips keinen Umsetzungsspielraum gehabt und daher eine wortidente Umsetzung vorgenommen habe.
4.5.2.Im Übrigen habe der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-477/14, Pillbox 38, in Bezug auf die mit § 10d Abs 1 TNRSG wortgleiche Regelung des Art 20 Abs 7 TPD II festgestellt, dass "[…] die Daten, die die Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern nach Art 20 Abs 7 der Richtlinie 2014/40 vorlegen sollen, nämlich Daten über Verkaufsmengen, Art des Verkaufs, Präferenzen verschiedener Verbrauchergruppen und wichtigste Kategorien derzeitiger Nutzer sowie Zusammenfassungen aller diesbezüglich durchgeführten Marktstudien, sich unmittelbar auf ihre Geschäftstätigkeit beziehen, so dass sie am ehesten in der Lage sind, diese Daten vorzulegen. Zudem erscheint es, angesichts des offenkundigen Interesses dieser Daten für die Entwicklung von Geschäftsstrategien der Hersteller und Importeure dieser Produkte, wahrscheinlich, dass sie häufig von diesen selbst für eigene Zwecke gesammelt werden. Es ist daher nicht ersichtlich, dass durch diese Verpflichtung diesen Herstellern und Importeuren eine übermäßige Belastung auferlegt wird" (vgl. Rz 137 des Urteils).
4.5.3.Nach Ansicht der Bundesregierung müsse dies auch für alle nikotinfreien elektronischen Zigaretten und ihr Zubehör (Einwegprodukte) gelten, die nicht vom Anwendungsbereich der TPD II erfasst seien: Im Gegensatz zu den herkömmlichen Tabakerzeugnissen, die seit Jahrzehnten im Wesentlichen bereits hinsichtlich Toxizität, Suchtpotential etc. hinreichend erforscht seien, handle es sich bei nikotinhaltigen wie auch nikotinfreien elektronischen Zigaretten um erst in den letzten Jahren auf den Markt gekommene Produkte, die weitgehend ungeregelt und zumeist ohne jedwede Angaben zu Inhaltsstoffen, Nutzungs- und Gebrauchsinformationen etc., Hinweisen auf Gefährdungspotentiale und Risiken für die Konsumenten, und somit kaum erforscht, angeboten und vertrieben worden seien. Im Interesse der öffentlichen Gesundheit und sowohl aus gesundheits- als auch präventionspolitischen Gründen sei es erforderlich, ein Mindestmaß an wissenschaftlichen Informationen auch über nikotinfreie Produkte zusammengeführt zu generieren. Damit würden in Berücksichtigung der damit einhergehenden Produktsicherheits- und Qualitätssicherheitsaspekte verfügbare Unterlagen zur Rechtfertigung der Markteinführung derartiger Produkte den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt.
4.5.4.Durch die Einbeziehung dieses kleinen Restbereichs (von nicht unter die TPD II fallenden nikotinfreien Einwegprodukten) in § 10d TNRSG werde der antragstellenden Gesellschaft auch keine besondere Belastung auferlegt, da sie der Art nach bereits für sämtliche andere von ihr vertriebenen Produkte im Zusammenhang mit elektronischen Zigaretten schon auf Grund der unionsrechtlich gebotenen Regelungen die gleichen Pflichten treffen würden.
4.5.5.Hinsichtlich der Bestimmtheit der angefochtenen Regelungen sei auszuführen, dass der Wortlaut der angefochtenen Teile des § 10d dem Wortlaut der TPD II entspreche. Der nationale Gesetzgeber habe somit den – im systematischen Zusammenhang des § 10d klaren – Regelungsinhalt übernommen.
4.5.6.Die im TNRSG auch nikotinfreie elektronische Zigaretten mitumfassende Regelung diene dazu, Erfahrungen und Ergebnisse aus der Sicht der Hersteller, Importeure sowie Vertreiber gesammelt und möglichst strukturiert, aber so einfach wie möglich, dem zuständigen Bundesministerium bzw. der AGES GmbH zur Verfügung zu stellen. Dabei bleibe es den Verpflichteten überlassen, eine konkrete Ausgestaltung beschränkt auf die wesentlichste Erkenntnislage zu allfälligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder Gefährdungspotential, wie auch erkannte Qualitäts- und Sicherheitsmängel vorzunehmen. Der Gesetzgeber lasse den Herstellern, Importeuren und Vertreibern somit einen Spielraum bei der Einhaltung dieser Verpflichtung. Dies bewirke jedoch keinen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip.
5.Mit Replik vom trat die antragstellende Gesellschaft der Äußerung der Bundesregierung entgegen.
6.Sowohl von der antragstellenden Gesellschaft als auch von der Bundesregierung wurden mehrere Studien zur Untermauerung der jeweiligen Argumentation an den Verfassungsgerichtshof übermittelt.
IV.Erwägungen
1.Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1.Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
1.2.Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antrag-stellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
1.3.Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
1.4.Das Versandhandelsverbot mit (nikotinhaltigen und nikotinfreien) elektronischen Zigaretten sowie die Verpflichtungen im Hinblick auf die Sammlung und Aufbereitung von Informationen betreffen die antragstellende Gesellschaft als Betreiberin eines entsprechenden Onlineshops unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre. Der antragstellenden Gesellschaft steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, zumal es einem Normunterworfenen nicht zumutbar ist, ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren zu provozieren und in diesem die Verfassungswidrigkeit der Verbotsnorm einzuwenden (vgl. etwa VfSlg 14.260/1995, 17.731/2005).
1.5.Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehen-den Bestimmungen auch erfasst werden.
1.6.Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kommt Legaldefinitionen – wie die Bundesregierung an sich zu Recht hervorhebt – in der Regel keine eigenständige normative Bedeutung zu, weil eine solche grundsätzlich erst im Zusammenhang mit anderen Regelungen, die diesen Begriff verwenden, bewirkt wird (VfSlg 17.340/2004, 18.087/2007).
1.7.Die Annahme der Bundesregierung, ein solcher Zusammenhang bestehe zwischen den angefochtenen Begriffsbestimmungen und den anderen angefochtenen Bestimmungen nicht, trifft jedoch nicht zu: § 2a TNRSG normiert ein Versandhandelsverbot für Tabakerzeugnisse gemäß § 1 Z 1 sowie für verwandte Erzeugnisse gemäß § 1 Z 1e und verweist damit auf die entsprechende Begriffsbestimmung. § 1 Z 1e TNRSG wiederum enthält in seiner Definition eines verwandten Erzeugnisses nur allgemeine Bezeichnungen wie "jedes neuartige Tabakerzeugnis" oder die "elektronische Zigarette und deren Liquids"; letztere sind in den mitangefochtenen § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG näher definiert. Ein Zusammenhang zwischen dem angefochtenen Versandhandelsverbot in § 2a TNRSG und den angefochtenen Begriffsbestimmungen liegt daher vor.
1.8.Soweit die Bundesregierung vorbringt, dass der Antrag auf Aufhebung der Wortfolgen in § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG als unzulässig zurückzuweisen sei, da durch diese mehr aus dem Rechtsbestand entfernt würde, als zur Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit erforderlich sei, weil damit auch sämtliche andere Vorschriften des TNRSG nicht mehr auf nikotinfreie elektronische Zigaretten Anwendung finden würden, übersieht sie, dass eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig macht:
1.8.1.Während ein zu eng gewählter Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm zur Unzulässigkeit des Prüfungsantrages im Gesetzesprüfungsverfahren führt (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011), führt eine zu weite Fassung des Antrages – soweit die unmittelbare und aktuelle Betroffenheit durch alle vom Antrag erfassten Bestimmungen gegeben ist oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst – nicht zur Unzulässigkeit des Antrages. Sofern der Antrag in der Sache begründet ist, führt ein zu weiter Aufhebungsumfang im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. ua.; zu auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen von Gerichten, die, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im übrigen Teil abzuweisen sind, vgl. VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die den Antragsteller nicht unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre betreffen, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).
1.8.2.Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung mit ihren Bedenken ob der Zulässigkeit des Antrages nicht im Recht: Durch das in § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG normierte Versandhandelsverbot ist die antragstellende Gesellschaft unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre betroffen. Auch ein gegebenenfalls zu weiter Anfechtungsumfang führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrages.
1.9.Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag insgesamt als zulässig.
2.In der Sache
2.1.Der Antrag ist indes nicht begründet.
2.2.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.3.Die antragstellende Gesellschaft sieht sich durch die angefochtenen Bestimmungen in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf unternehmerische Freiheit (Art6 StGG, Art 16 GRC), auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK, Art 17 GRC) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) verletzt. Weiters behauptet sie die Verfassungswidrigkeit der Regelungen wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot für Gesetze (Art18 B-VG).
2.4.Zu den Bedenken im Hinblick auf die Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art 6 StGG und die unternehmerische Freiheit nach Art 16 GRC betreffend das Versandhandelsverbot in § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG:
2.4.1.Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.
2.4.2.Eine objektive Beschränkung der Erwerbsausübung durch Hürden, die der Betroffene nicht aus eigener Kraft überwinden kann, kann nur angemessen sein, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternativen bestehen, um den erstrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise zu erreichen (vgl. zum Erwerbsantritt VfSlg 11.483/1987). Es steht dem Gesetzgeber bei der Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002). Ein solch schwerer Eingriff ist daher nur dann angemessen, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternativen bestehen, um den erstrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise zu erreichen (vgl. zB VfSlg 11.483/1987, 12.009/1989, 13.023/1992).
2.4.3.Das angefochtene Verbot des Versandhandels mit E-Zigaretten und Liquids stellt einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Freiheit der Erwerbsbetätigung dar. Zwar wird durch die angefochtene Rechtsvorschrift des TNRSG der Versandhandel mit elektronischen Zigaretten und Liquids nicht zur Gänze untersagt, da der Versandhandel an Händler weiterhin möglich ist. Der bisher zulässige Versandhandel an Verbraucher wird jedoch vollständig untersagt und der Vertrieb an den Verbraucher dem Verkauf in einem Geschäftslokal vorbehalten. Die angefochtenen Bestimmungen beschränken daher das Recht der antragstellenden Gesellschaft, eine bereits ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit – den Versandhandel von (nikotinhaltigen und nikotinfreien) E-Zigaretten und Liquids an Verbraucher – auszuüben, und bewirken, dass die bisher über den Onlineshop durchgeführte Tätigkeit im Hinblick auf den Verbraucher mit einzustellen war.
2.4.4.Im Hinblick auf die Einbeziehung nikotinfreier Produkte in den Anwendungsbereich des TNRSG ist zunächst allgemein anzumerken, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, auch diese, weitgehend noch unerforschten Produkte, im Sinn des Vorsorgeprinzips, auf Grund potentieller gesundheitsschädigender Auswirkungen (durch die Inhalation einer Chemikalienmischung, insbesondere von Propylenglykol) in den Anwendungsbereich des TNRSG und des Versandhandelsverbots einzubeziehen.
2.4.5.Die TNRSG-Novelle 2016 verfolgte im Allgemeinen die Ziele, Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse durch die Verringerung ihrer Attraktivität nachhaltig zu reduzieren, verbesserte Kontrollen einzuführen sowie langfristig eine Entlastung des Gesundheitssystems durch den Rückgang von mit dem Konsum von Tabakerzeugnissen assoziierten Erkrankungen zu erreichen (RV 1056 BlgNR 25. GP, Vorblatt, 1). Das Versandhandelsverbot verfolgte den Ausführungen der Bundesregierung und der antragstellenden Gesellschaft entsprechend offensichtlich die Interessen des Gesundheits-, Konsumenten- und Jugendschutzes. Damit verfolgt das Versandhandelsverbot jedenfalls (schwerwiegende) im öffentlichen Interesse gelegene Ziele.
2.4.6.Das Versandhandelsverbot ist auch zur Zielerreichung geeignet:
2.4.6.1.Im Hinblick auf das Ziel des Gesundheitsschutzes ist das Versandhandelsverbot zur Zielerreichung deshalb als geeignet anzusehen, weil es jedenfalls dazu beiträgt, die allgemeine Verfügbarkeit von E-Zigaretten sowie den erleichterten Zugang zu diesen und damit gegebenenfalls auch ihre Attraktivität zu reduzieren. Zwar ist der antragstellenden Gesellschaft darin Recht zu geben, dass der Vertriebsweg die Produkteigenschaften sowie ein allfällig damit verbundenes Gesundheitsrisiko nicht zu verändern vermag und E-Zigaretten weiterhin in Einzelhandelsgeschäften erhältlich und damit verfügbar sind. Das Versandhandelsverbot führt jedoch dazu, dass E-Zigaretten und Zubehör nicht mehr von zu Hause aus bestellt und direkt nach Hause geliefert werden können, sondern dass für deren Kauf der (persönliche) Besuch einer Trafik oder eines Einzelhandelsgeschäfts erforderlich ist – ein Umstand, der in der Regel einen größeren Aufwand und eine höhere Überwindung erfordert. Damit werden die Verfügbarkeit von E-Zigaretten und der Zugang zu diesen eingeschränkt.
2.4.6.2.Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Zielsetzung wäre es zudem unsachlich, ein Versandhandelsverbot für Tabakerzeugnisse, nicht jedoch auch für die ähnlich gesundheitsgefährdenden verwandten Erzeugnisse vorzusehen. An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die E-Zigarette im Vergleich zur gewöhnlichen Tabakzigarette zumindest "weniger schädigende" Auswirkungen (beispielsweise mangels Aufnahme von Kohlenmonoxid und Teer) aufweist.
2.4.6.3.Im Hinblick auf den Konsumentenschutz (einschließlich der Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten) ist das Versandhandelsverbot zur Zielerreichung ebenfalls zumindest teilweise als geeignet anzusehen. Mit der Bundesregierung ist davon auszugehen, dass der (an sich unbeschränkte) Versandhandel über einen Onlineshop im Vergleich zum klassischen Einzelhandelsgeschäft mit einem höheren Manipulations- und Missbrauchsrisiko und mit faktisch schwieriger wahrzunehmenden behördlichen Kontrollmöglichkeiten verbunden ist. Die Möglichkeiten eines persönlichen Verkaufsgesprächs und einer entsprechend individuellen Beratung sind gerade im Hinblick auf Produkte, die ein gewisses Gesundheitsrisiko bergen, von Bedeutung.
2.4.6.4.Auch im Hinblick auf den Jugendschutz ist das Versandhandelsverbot als geeignet anzusehen. Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er davon ausgeht, dass die (leicht zugänglichen nikotinhaltigen oder nikotinfreien) E-Zigaretten den Einstieg von Jugendlichen in den herkömmlichen Tabakkonsum erleichtern würden und es durch diese (potentiell) zur Einübung des Rauchrituals kommen könnte, das einen wesentlichen Bestandteil der psychischen Abhängigkeit darstelle. Das Verbot des Versandhandels, der derzeit durch einen im Vergleich zum Vertrieb im Einzelhandelsgeschäft erleichterten, schwerer kontrollierbaren Zugang zu E-Zigaretten und der leichten Manipulierbarkeit von Altersangaben gekennzeichnet ist, ist daher vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung als geeignet anzusehen. Die von der antragstellenden Gesellschaft ins Treffen geführten Möglichkeiten einer Alterskontrolle im Versandhandel ändern nichts daran, dass der Versandhandel insoweit einem diesbezüglich höheren Manipulationsrisiko unterliegt als der persönliche Verkauf im Fachgeschäft durch einen verständigen Verkäufer.
2.4.6.5.Das gesetzliche Verbot des Versandhandels mit elektronischen Zigaretten und den für diese verwendeten Liquids an den Verbraucher ist angesichts des Gewichts der damit verfolgten Ziele des Gesetzes adäquat. Wenn der Gesetzgeber gesundheitliche Bedenken (Schutz der menschlichen Gesundheit und Raucherprävention) zum Anlass für die Erlassung eines Versandhandelsverbots nimmt, verfolgt er damit ein Ziel von erheblichem Gewicht. Das Gewicht dieser gesundheitspolitischen Zielsetzung verbunden mit Aspekten des Konsumenten- und Jugendschutzes überwiegt die Schwere des Eingriffs in die Rechte von Betreibern eines Onlineshops für elektronische Zigaretten gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass es diesen nach wie vor offen steht, E-Zigaretten weiterhin im Wege des Onlinehandels an Händler zu vertreiben und im Fall des beabsichtigten Verkaufs an Verbraucher ein Einzelhandelsgeschäft zu eröffnen. Daran vermag auch das Vorbringen der antragstellenden Gesellschaft nichts zu ändern, dass es zwischen den Vertriebssystemen Onlinehandel und Filialhandel erhebliche faktische Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf zeitliche und örtliche Einschränkungen beim Filialhandel, gebe. Der Eingriff erweist sich daher als verhältnismäßig.
2.5.Hinsichtlich der Bedenken der antragstellenden Gesellschaft im Hinblick auf die Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK und Art 17 GRC betreffend das Versandhandelsverbot in § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG ist – einen Eingriff vorausgesetzt – auf das zur Erwerbsausübungsfreiheit Gesagte zu verweisen.
2.6.Auch eine Prüfung des Versandhandelsverbot in § 2a iVm § 1 Z 1b, 1c und 1l TNRSG am Maßstab des Gleichheitssatzes führt zu keinem abweichenden Ergebnis:
2.6.1.Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichheitssatz weder einen Schutz vor (auch nachteiligen) Gesetzesänderungen bietet, noch dem Gesetzgeber Grenzen auferlegt, die ihn bei seiner Entscheidung über das "Ob" der Gesetzesänderung in irgendeiner Weise beschränken würden, sofern nur das Gesetz in der geänderten Fassung den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht. Es kommt für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung insoweit auch nicht darauf an, ob die in den Materialien dafür ins Treffen geführten Argumente der Sache nach zutreffen bzw. ob sie aus gesundheits-, jugendschutz- bzw. konsumentenschutzpolitischen Gründen stichhaltig sind (vgl. VfSlg 19.434/2011). Die von der antragstellenden Gesellschaft behaupteten Begründungsmängel bedürfen daher – dem Vorbringen der Bunderegierung entsprechend – keiner weitergehenden Prüfung.
2.6.2.Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).
2.6.3.Der Gesetzgeber handelt nicht unsachlich, wenn er den Versandhandel mit (nikotinhaltigen und nikotinfreien) E-Zigaretten und deren Zubehör an Verbraucher aus Gründen des Gesundheits-, Konsumenten- oder Jugendschutzes ebenso wie jenen mit Tabakerzeugnissen und anderen verwandten Erzeugnissen untersagt. Im Hinblick auf die mit E-Zigaretten verbundenen Gesundheitsrisiken liegt in der Gleichbehandlung mit Tabakerzeugnissen und anderen verwandten Erzeugnissen keine unsachliche Gleichbehandlung, auch wenn bei E-Zigaretten kein Verbrennungs-, sondern ein Verdampfungsvorgang stattfindet. Das auch bei E-Zigaretten gegebene Sucht- und Gesundheitsgefährdungspotential sowie deren besondere Attraktivität für Einsteiger rechtfertigen die Gleichbehandlung. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen von (nikotinfreien wie nikotinhaltigen) E-Zigaretten auf die menschliche Gesundheit mangels Langzeitstudien noch nicht abschätzbar sind. Schließlich liegt es im rechtspolitischen Gestaltungspielraum des Gesetzgebers, E-Zigaretten ebenso wie Tabakerzeugnisse und andere verwandte Erzeugnisse in das Versandhandelsverbot an Verbraucher einzubeziehen.
2.6.4.Auch in der unterschiedlichen Behandlung des Produktes E-Zigaretten einerseits und von Pfeifen andererseits sowie der unterschiedlichen Behandlung von Einzelhandel und Versandhandel vermag der Verfassungsgerichtshof keine unsachliche Ungleichbehandlung zu erkennen. Die entsprechende Regelung liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
2.6.5.Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber angesichts der von ihm verfolgten, im öffentlichen Interesse gelegenen Ziele (Rz 111) vor dem Hintergrund unionsrechtlicher Regelungen für Tabakerzeugnisse den Versandhandel mit E-Zigaretten einschränkt. An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis auf einen behaupteten Vertrauensschutz nichts zu ändern.
2.7.Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 B-VG gegen die Verpflichtung in § 10d Abs 1 Z 4 sowie Abs 3 TNRSG:
2.7.1.Die antragstellende Gesellschaft sieht den Gleichheitsgrundsatz durch den Umstand verletzt, dass Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten gemäß § 10d Abs 1 Z 4 TNRSG dazu verpflichtet sind, dem Bundesminister Zusammenfassungen aller durchgeführten Marktstudien, einschließlich einer englischen Übersetzung, jährlich vorzulegen. Eine solch umfassende Pflicht treffe nur Hersteller und Importeure von E-Zigaretten, nicht aber Hersteller und Importeure von (Tabak-)Zigaretten, die demgegenüber nur Marktstudien vorlegen müssten, die sie selbst anlässlich der Markteinführung anfertigen würden.
2.7.2.Auch in dieser Differenzierung ist keine unsachliche Ungleichbehandlung zu erblicken: Wie die Bundesregierung ausführt, werden Tabakerzeugnisse seit Jahrzehnten hinsichtlich Toxizität, Suchtpotential, Auswirkungen udgl. erforscht. Demgegenüber handelt es sich bei nikotinfreien und nikotinhaltigen E-Zigaretten um relativ neuartige Produkte, die erst seit wenigen Jahren auf dem Markt sind, deren Verkauf bisher kaum reglementiert war und deren (großteils synthetische) Inhaltsstoffe sowie deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Gefährdungspotentiale dementsprechend kaum erforscht sind. Es liegt im Interesse der öffentlichen Gesundheit und ist aus gesundheits- und präventionspolitischen Gründen erforderlich, ein Mindestmaß an wissenschaftlichen Informationen zu diesen Produkten für die zuständigen Behörden zu erlangen. Diese Unterschiede rechtfertigen die Ungleichbehandlung.
2.8.Die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft gegen § 10d Abs 1 Z 3 und Z 4 sowie Abs 3 TNRSG im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot für Gesetze treffen ebenso wenig zu:
2.8.1.Nach Ansicht der Bundesregierung diene die Regelung dazu, Erfahrungen und Ergebnisse aus Sicht der Hersteller, Importeure und Vertreiber gesammelt, strukturiert und so einfach wie möglich dem zuständigen Bundesministerium zur Verfügung zu stellen. Dabei bleibe es dem Verpflichteten überlassen, eine konkrete Ausgestaltung beschränkt auf die wesentlichste Erkenntnislage zu allfälligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder Gefährdungspotential wie auch erkannte Qualitäts- und Sicherheitsmängel vorzunehmen. Der Gesetzgeber lasse den Herstellern, Importeuren und Vertreibern somit einen Spielraum bei der Einhaltung dieser Verpflichtung, der jedoch keinen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip bewirke.
2.8.2.Mit dieser Ansicht ist die Bundesregierung im Recht. Der durch diese Formulierungen eingeräumte Spielraum lässt der Vollziehung ausreichend Raum, um auf die Besonderheiten des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. Die Regelung ist aber auch hinreichend klar, um die Ausübung dieses Spielraums im konkreten Einzelfall – vor dem Hintergrund ihrer Zielsetzungen – einer Überprüfung zu unterziehen.
2.8.3.Die angefochtenen Bestimmungen in § 10d Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 3 TNRSG richten sich zudem – schon dem Wortlaut nach – an eine kundige Personengruppe, an "Fachleute" des Sachgebiets (vgl. VfSlg 16.993/2003, 18.101/2007), nämlich an die Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten, von der angenommen werden muss, dass sie in der Lage ist, zu beurteilen, was unter der "Art des Verkaufs" zu verstehen sein wird oder wie ein "System zur Erhebung von Informationen über alle vermuteten schädlichen Auswirkungen dieser Erzeugnisse auf die menschliche Gesundheit" auszusehen hat. Die Regelungen sind mit den herkömmlichen Interpretationsmethoden, gerade auch vor dem Hintergrund der Zielsetzung des umfassenden und zentralen Gewinnens von Informationen über elektronische Zigaretten, einer Auslegung zugänglich und damit hinreichend bestimmt.
V.Ergebnis
1.Der Antrag wird abgewiesen.
2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2017:G164.2016 |
Schlagworte: | Gesundheitswesen, Tabak, Erwerbsausübungsfreiheit, Vertrauensschutz, Determinierungsgebot, Legalitätsprinzip, VfGH / Individualantrag |
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