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VfGH vom 06.03.1996, g160/94

VfGH vom 06.03.1996, g160/94

Sammlungsnummer

14457

Leitsatz

Zurückweisung von Anträgen des Verwaltungsgerichtshofs auf Prüfung nicht gehörig kundgemachter Verordnungen mangels Präjudizialität; keine Anwendung solcher Verordnungen durch die Gerichte; Abweisung von Anträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des Stmk AbfallwirtschaftsG betreffend die Umlegung der Kosten für den Aufwand eines Abfallwirtschaftsverbandes auf die Gemeinden; keine finanzverfassungsrechtliche Unzulässigkeit kosten- und aufwandsabhängiger Beiträge von Mitgliedsgemeinden an einen Gemeindeverband

Spruch

I. Die Verordnungsprüfungsanträge werden zurückgewiesen.

II. Die Gesetzesprüfungsanträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof stellte den Antrag

a) gemäß Art 140 Abs 1 B-VG "§17 Abs 5, § 17 b Abs 2 zweiter Satz und die Worte 'Kostenersätze und' in § 17 b Abs 3 des Stmk. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, Wiederverlautbarung, LGBl. Nr. 5/1991, (StAWG), als verfassungswidrig aufzuheben", und

b) gemäß Art 139 Abs 1 B-VG "die Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung, beschlossen in der Verbandsversammlung vom , als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu § 8 Abs 2 zweiter Satz und Abs 3 bis 6 der Satzungen als gesetzwidrig aufzuheben".

Diese Bestimmungen lauten in ihrem Zusammenhang:

a) StAWG:

"§17

Abfallwirtschaftsverbände

(1) ...

(2) ...

(3) ...

(4) ...

(5) Die zur Deckung des Aufwandes der Abfallwirtschaftsverbände auf die verbandsangehörigen Gemeinden umzulegenden Kosten sind nach dem Abfallaufkommen der Mitgliedsgemeinden festzulegen.

§17 b

Vermögenswirtschaft und Verbandshaushalt

(1) ...

(2) Zur Deckung der Ausgaben des Abfallwirtschaftsverbandes sind zunächst dessen eigene Einnahmen heranzuziehen. Für den durch diese Einnahmen nicht zu deckenden Abgang haben die Verbandsangehörigen Gemeinden Kostenersatz zu leisten (§17 Abs 5). Für die Benützung der Einrichtungen, Anlagen und Anstalten können durch Verordnung Beiträge festgesetzt werden. Diese Beiträge müssen kostendeckend sein und dürfen das Erfordernis für die Errichtung, Erhaltung und den Betrieb der Einrichtungen nicht übersteigen.

(3) Näheres über Kostenersätze und Beiträge sowie deren Vorschreibung hat die Satzung, die von der Verbandsversammlung zu beschließen ist, zu regeln."

b) Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung:

"§8

Vermögenswirtschaft und Verbandshaushalt

(1) ...

(2) Zur Deckung des Aufwandes des Müllwirtschaftsverbandes sind zunächst dessen eigene Einnahmen heranzuziehen. Der durch diese Einnahmen nicht zu deckende Aufwand kann, mit Ausnahme jener Aufwendungen, die dem Müllwirtschaftsverband durch die Besorgung der unter § 2 Ziff. 6 der Satzungen angeführten Aufgaben (die Besorgung der öffentlichen Müllabfuhr, soweit diese von den Gemeinden dem Müllwirtschaftsverband übertragen wurde) erwachsen, auf die verbandsangehörigen Gemeinden umgelegt werden (§17 Abs 4). Für die Benützung der Einrichtungen, Anlagen und Anstalten können durch Verordnung Beiträge festgesetzt werden. Diese Beiträge müssen kostendeckend sein und dürfen das Erfordernis für die Errichtung, Erhaltung und den Betrieb der Einrichtungen nicht übersteigen.

(3) Die zur Deckung des Aufwandes der Müllwirtschaftsverbände auf die verbandsangehörigen Gemeinden umzulegenden Kosten sind nach dem Müllaufkommen der Mitgliedsgemeinden festzulegen.

(4) Die Kosten des Verbandes umfassen folgende Komponenten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Personal- und Sachaufwand der Geschäftsstelle;
-
Aufwand für sonstige Tätigkeiten des Verbandes.

(5) Die Kostenersätze sind der einzelnen Gemeinde jährlich vorzuschreiben und sind in 12 Teilbeträgen bis zum 10. eines jeden Monates zu bezahlen.

(6) Die Kosten für die Durchführung der Beratungs- und Informationstätigkeit durch Abfallberater des Müllwirtschaftsverbandes sind nur von jenen Gemeinden anteilsmäßig zu tragen, in denen sie tätig sind.

Der Einsatz der Abfallberater darf nur in jenen Gemeinden unterbleiben, die selbst über eine ausreichende Abfallberatung in ihrem Gemeindegebiet verfügen."

1.1. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen bringt der Verwaltungsgerichtshof vor:

Mit Bescheiden vom sowie vom habe der Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung den beim Verwaltungsgerichtshof beschwerdeführenden Gemeinden "gemäß § 17 Abs 5 des Stmk. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 in Verbindung mit § 8 Abs 2 der Satzungen des Müllwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung (seit Z. 2 des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 68/1990: Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung)" für das Jahr 1991 einen Kostenersatz in bestimmter Höhe für durch eigene Einnahmen nicht gedeckte Ausgaben für den Aufwand des Abfallwirtschaftsverbandes vorgeschrieben. Der Kostenersatz sei mit der Beschlußfassung des Voranschlages 1991 von der Mitgliederversammlung des Abfallwirtschaftsverbandes in der Sitzung vom genehmigt worden. In der genannten Sitzung habe die Verbandsversammlung zur Deckung des Aufwandes des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung den Kostenersatz ab mit S 20,-- pro Tonne anfallenden Müll festgelegt. Die dagegen von den beschwerdeführenden Gemeinden erhobenen Berufungen wies die Steiermärkische Landesregierung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof führt weiters aus, daß Grundlage für die vorliegende Vorschreibung von Kostenersatz - ungeachtet des Umstandes, daß die Behörden in ihren Bescheiden nur § 8 Abs 2 der Satzungen angeführt hätten - § 8 Abs 2 zweiter Satz und Abs 3 bis 6 der Satzungen sei. Diese Bestimmungen der angeführten Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung hätten ihrerseits ihre gesetzliche Grundlage in § 17 Abs 5,§ 17 b Abs 2 zweiter Satz StAWG und den Worten "Kostenersätze und" im § 17 b Abs 3 StAWG. Auch die genannten gesetzlichen Bestimmungen des StAWG seien daher in den zugrundeliegenden Bescheidbeschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof präjudiziell.

1.2. Zu den Bedenken betreffend § 17 Abs 5,§ 17 b Abs 2 zweiter Satz StAWG und der Worte "Kostenersätze und" des § 17 b Abs 3 StAWG führt der Verwaltungsgerichtshof aus:

Strittig sei, ob der Abfallwirtschaftsverband zulässigerweise einen Kostenersatz gegenüber einer verbandsangehörigen Gemeinde bescheidmäßig vorschreiben durfte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes weisen die gesetzlichen Anordnungen des § 17 Abs 5 StAWG und § 17 b Abs 2 StAWG in die Richtung, daß der Gesetzgeber eine bescheidmäßige Festlegung dieses Kostenersatzes vorgesehen hat. § 17 Abs 3 leg.cit. spreche überdies von der Vorschreibung von Kostenersätzen, die durch die von der Verbandsversammlung zu beschließende Satzung näher zu regeln ist. Auch § 8 Abs 3 der Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung, sehe - wie § 17 Abs 5 StAWG - vor, daß die auf die verbandsangehörigen Gemeinden umzulegenden Kosten, die durch eigene Einnahmen nicht gedeckt sind, nach dem Müllaufkommen der Mitgliedsgemeinden festzulegen sind. § 8 Abs 5 der Satzungen ordne überdies an, daß die Kostenersätze jährlich vorzuschreiben und in zwölf Teilbeträgen bis zum zehnten eines jeden Monats zu bezahlen sind. Die genannten Bestimmungen des StAWG und der im vorliegenden Fall relevanten Satzungen sprächen dafür, daß der Gesetzgeber eine bescheidmäßige Vorschreibung der auf die verbandsangehörigen Gemeinden umzulegenden Kosten von Abfallwirtschaftsverbänden vorgesehen hat. Die genannten Formulierungen böten keine Grundlage für eine Deutung dahin, daß die danach zu bestimmenden Kosten auf Grund einer privatrechtlichen Grundlage festzulegen sind.

Eine solche Kostenvorschreibung falle nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes "- entgegen der tatsächlichen Vorgangsweise im vorliegenden Fall (Verbandsobmann in erster Instanz - Steiermärkische Landesregierung als Berufungsinstanz) - gemäß § 30 StAWG in die Zuständigkeit der Landesregierung". Das StAWG sehe "nur für im § 6 Abs 1 leg.cit. angeführte Angelegenheiten ('Sammlung und Abfuhr des in einem Gemeindegebiet anfallenden Abfalls gemäß § 2 Abs 3 Z. 1') eine von § 30 leg.cit. abweichende Regelung dahin vor, daß diese im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde durchzuführen sind, die gemäß § 6 Abs 2 leg.cit. zum Teil (Verwertung und Entsorgung dieses Abfalls) auf die gemäß § 17 StAWG gebildeten Abfallwirtschaftsverbände übertragen wurden".

Im § 3 Abs 2 letzter Satz Finanzverfassungsgesetz, BGBl. 45/1948, (F-VG 1948), sei vorgesehen, daß, "soweit Gemeindeverbände am Tag des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes bestehen, die Landesgesetzgebung die Umlegung ihres Bedarfes regelt". Von dieser Verfassungsbestimmung seien nur Gemeindeverbände erfaßt, die "im Zeitpunkt des Inkrafttretens des F-VG 1948 ()" bestanden haben. Diese Verfassungsbestimmung treffe keine Regelung für später entstandene Gemeindeverbände, insbesondere solche, die gemäß Art 116 a B-VG geschaffen wurden. Auf Grund dieser Anordnung des F-VG 1948 werde in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, "daß eine Regelung der Umlegung des Bedarfes eines Gemeindeverbandes auf die verbandsangehörigen Gemeinden für später entstandene Gemeindeverbände verfassungsrechtlich unzulässig sei". Die einzige Ausnahme ergebe sich "gemäß der Verfassungsbestimmung des ArtII Abs 2 Bundesverfassungsgesetz-Novelle über das Schulwesen, BGBl. Nr. 215/1962, nach der für die Gemeindeverbände dieses Bereiches eine Sonderregelung getroffen wurde". Dort sei ausdrücklich angeordnet worden, "daß die 'Bestimmungen des § 3 Abs 2 letzter Satz des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ... der Umlegung des Bedarfes der im Abs 1 angeführten Gemeindeverbände nicht' entgegenstehen".

Der in der Literatur teilweise vertretenen gegenteiligen Auffassung könne nicht gefolgt werden. Die Argumentation, daß das F-VG 1948 nur vereinzelt Vorschriften für Gemeindeverbände enthalte und keine erschöpfende Regelung in diesem Zusammenhang treffe, könne nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht für eine Regelung gelten, die - wie die in Frage stehende Kostenersatzregelung - inhaltlich eine Bedarfsumlegungsregelung darstelle, für die § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 nur für bestimmte Verbände ausdrücklich eine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers vorsehe. Bestätigt werde dieses Ergebnis auch durch den Umstand, "daß in den Erläuterungen zur Gemeinderechtsnovelle 1962 (639 Blg.NR. IX. GP, S 15) zu Art 116 Abs 4 B-VG, in dem die Schaffung von Gemeindeverbänden vorgesehen war, ausgeführt wurde, daß im 'Hinblick auf die Bestimmung des § 3 Abs 2 des Finanzverfassungsgesetzes 1948 ... solche aufgrund dieser Verfassungsvorschrift errichtete Verbände von der Bedarfsumlegung ausgeschlossen' seien". Diese zu Art 116 Abs 4 B-VG in der Fassung der B-VG-Novelle 1962 getroffene Aussage habe auch zu der durch Art 116 a B-VG nunmehr für die Gemeindeverbände geschaffenen Rechtslage Gültigkeit.

Die in § 17 Abs 5,§ 17 b Abs 2 zweiter Satz und Abs 3 StAWG und § 8 Abs 2 bis 6 der angeführten Satzungen vorgesehene Vorschreibung von Kosten des Gemeindeverbandes gegenüber den verbandsangehörigen Gemeinden stelle eine solche Bedarfsumlegungsregelung im Sinne des § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 dar. Danach sei aber der Landesgesetzgeber zu einer solchen Regelung nur dann ermächtigt, wenn es sich um am Tage des Inkrafttretens des F-VG 1948 bestehende Gemeindeverbände handelt. Um derartige Gemeindeverbände handle es sich im vorliegenden Fall nicht. Der Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung sei "durch § 17 Stmk. Müllwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 7/1988 (in Kraft getreten am )" geschaffen worden. Aus § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 müsse aber abgeleitet werden, daß der Landesgesetzgeber außerhalb dieses Bereiches keine Kompetenz für eine solche gesetzliche Regelung besitzt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes seien daher die im Antrag angeführten gesetzlichen Bestimmungen bzw. Teile von diesen wegen Verstoßes gegen § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 als verfassungswidrig aufzuheben.

1.3. Zur Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen der Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung vom führt der Verwaltungsgerichtshof aus:

Gemäß § 92 der gemäß § 17 c Abs 1 StAWG sinngemäß anzuwendenden Steiermärkische Gemeindeordnung 1967, LGBl. 115/1967, (Stmk. Gemeindeordnung 1967), seien Verordnungen der Gemeinde binnen zwei Wochen nach der Beschlußfassung durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Die Kundmachungsfrist betrage zwei Wochen. Bei sinngemäßer Anwendung des § 92 der Stmk. Gemeindeordnung 1967 für Verordnungen eines Abfallwirtschaftsverbandes müsse davon ausgegangen werden, daß die Kundmachung einer Verordnung des Abfallwirtschaftsverbandes an der Amtstafel des Abfallwirtschaftsverbandes zu erfolgen hat. Nach Mitteilung des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung seien die in Frage stehenden Satzungen "zwar an der Amtstafel der Sitzgemeinde des Verbandes Feldkirchen in der Zeit vom bis kundgemacht (worden), eine Kundmachung an einer Amtstafel des Abfallwirtschaftverbandes" sei nicht erfolgt, da es keine solche Amtstafel gebe. Es liege somit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keine gesetzmäßige Kundmachung der angeführten Satzungen vor, weshalb ihre Aufhebung zur Gänze beantragt werde.

2. Die Steiermärkische Landesregierung beantragte in ihrer Äußerung, dem vorliegenden Antrag keine Folge zu geben.

2.1. In einer Expertenkonferenz vom sei die vom Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hinsichtlich der Finanzierung von Gemeindeverbänden dargelegte Rechtsansicht "von allen Teilnehmern ohne Einwand zur Kenntnis genommen" worden.

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst habe die Auffassung vertreten, daß eine "Auslegung des § 3 Abs 2 F-VG 1948 im Zusammenhalt mit den darauf Bezug nehmenden Bestimmungen der Gemeindeverfassungsgesetznovelle 1962 und der Schulverfassungsnovellen 1962 und 1975 zwingend dazu führe, daß eine Umlagenregelung (im Sinne von im vorhinein zu leistenden Beiträgen der Mitgliedsgemeinden) für nicht übergeleitete Gemeindeverbände ausgeschlossen sei. Zur Regelung eines allfälligen Kostenersatzes (Abdeckung des anderweitig nicht gedeckten Verbandsaufwandes im nachhinein) durch die Verbandsgemeinden sei hingegen der Organisationsgesetzgeber zuständig."

Nach dieser Ansicht bestehe das Wesen der Umlage darin, daß den Mitgliedern einer Körperschaft öffentlichen Rechts eine bestimmte Beitragszahlung zur Abdeckung von Kosten vorgeschrieben werde, bevor diese Kosten entstünden und von der Körperschaft bezahlt würden, ja sogar unabhängig davon, ob bestimmte Kosten, zu deren Abdeckung die Mittel aus der Umlage grundsätzlich dienen sollen, in einem konkreten Fall entstanden seien. Nur diese Art von Vorschreibungen sei von der Regelung des § 3 Abs 2 F-VG 1948 erfaßt.

Diese Rechtsansicht sei für die Schaffung nicht nur der angefochtenen Bestimmungen des StAWG, sondern auch der einschlägigen gemeindeverbandsrechtlichen Regelungen der anderen Bundesländer maßgeblich gewesen. Bei den in Prüfung gezogenen Bestimmungen des StAWG handle es sich "eindeutig nur um einen Kostenersatz durch die Verbandsgemeinden im Sinne von Abdeckung des anderweitig nicht gedeckten Verbandsaufwandes im nachhinein".

Im Gegensatz zu diesem "nachträglichen Kostenersatz" handle es sich bei einer Umlage gemäß § 3 Abs 2 F-VG 1948 "um eine echte Abgabe im finanzverfassungsrechtlichen Sinn, die in Form von im vorhinein zu leistenden Beträgen nach einem der Höhe nach fixierten bestimmten Satz (z.B. bei der Landesumlage höchstens 8,3 % der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben) und einer bestimmten Verteilung (bei der Landesumlage nach dem Verhältnis der Finanzkraft der Gemeinden auf Grund der Bestimmungen des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes) zu leisten ist, unabhängig von einer Leistung desjenigen, der die Umlage erhebt".

2.2. Nach Auffassung der Steiermärkischen Landesregierung ist die gewählte Form der Kundmachung in Anlehnung an die Stmk. Gemeindeordnung 1967 ausreichend. Neben dieser Kundmachung an der Amtstafel sei sämtlichen Bürgermeistern der in der Verbandsversammlung vertretenen Gemeinden eine Ausfertigung der Satzungen übermittelt worden.

3. Der Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung brachte im wesentlichen vor:

3.1. Die von der Verbandsversammlung am beschlossenen Satzungen seien "vom Abfallwirtschaftsverband (ursprünglich Müllwirtschaftsverband) an der Amtstafel im Marktgemeindeamt Feldkirchen, als Sitz des Abfallwirtschaftsverbandes, in der Zeit vom bis ordnungsgemäß kundgemacht" worden. Diese Amtstafel, welche sich neben anderen in den Amtsräumen des Marktgemeindeamtes Feldkirchen befinde, werde vom Abfallwirtschaftsverband für seine Kundmachungen und Anschläge im Rahmen seiner Tätigkeit genutzt. Von der Marktgemeinde Feldkirchen seien "die Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung in der Zeit vom bis kundgemacht" worden. Die Kundmachung der Satzungen sei auch noch in anderen verbandsangehörigen Gemeinden erfolgt.

3.2. Die Vorschreibung der "Kostenersätze für Aufwände" an die beschwerdeführenden Gemeinden und die übrigen verbandsangehörigen Gemeinden diene dazu, die Kosten für Personal- und Sachaufwand der Geschäftsstelle und der Abfallberater, sowie die Tätigkeiten des Obmannes zu decken. Grundlage für die Vorschreibung der Kostenersätze für Aufwände, sei das Müllaufkommen der Mitgliedsgemeinden.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Zur Zulässigkeit der Verordnungsprüfungsanträge:

Gemäß Art 89 Abs 1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen den Gerichten nicht zu. Daraus ist abzuleiten, daß nur gehörig kundgemachte Verordnungen von den Gerichten anzuwenden sind. Voraussetzung einer Anfechtung einer Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 in Verbindung mit Art 139 Abs 1 B-VG "aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit" ist aber deren Anwendung durch das Gericht. Nimmt ein Gericht eine fehlerhafte, daher rechtswidrige Kundmachung einer Verordnung an, so wird damit implizit die Anwendung der Verordnung durch das Gericht, damit aber weiter die Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 und 139 Abs 1 B-VG ausgeschlossen.

Ungeachtet des Umstandes, daß der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf Art 139 Abs 3 litc B-VG verhalten ist, Verordnungen auch auf ihre Kundmachung zu überprüfen und im Falle der gesetzwidrigen Kundmachung aufzuheben, ist es allen sonstigen Gerichten von Verfassungs wegen verwehrt, die Aufhebung einer Verordnung aus dem Grunde der gesetzwidrigen Kundmachung (, welche der nicht "gehörigen" Kundmachung im Sinne des Art 89 Abs 1 B-VG gleichkommt,) beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

Dem entspricht die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur (vgl. insbesondere VwSlg. 9283A/1977; 9932A/1979; 12192A/1986; 12656A/1988; sowie das bereits zitierte Erkenntnis VwSlg. 13954A/1993 zu nicht gehörig kundgemachten Satzungen eines - niederösterreichischen - Abfallwirtschaftsverbandes) in Übereinstimmung mit der Lehre (Walter, Die Neuregelung der Verordnungs- und Gesetzesprüfung, in: Neuerungen im Verfassungsrecht, 1976, 79 ff., 84; Morscher, JBl 1977, 662 (Erkenntnisbesprechung); Pichler, Wer hat die Kundmachung von Verordnungen zu prüfen?, JBl 1978, 561 ff) vertretene Rechtsansicht, derzufolge Gerichte - mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes (vgl. Art 139 Abs 3 litc B-VG) - davon auszugehen haben, daß nicht gehörig kundgemachte Verordnungen keinerlei Rechtswirkungen entfalten, und daß diese sohin von den Gerichten auch ohne Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof von vornherein nicht anzuwenden sind.

Hat der Verwaltungsgerichtshof in den ihm vorliegenden Anlaßfällen die Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung auf Grund der von ihm behaupteten fehlerhaften Kundmachung der Satzungen aber von vornherein nicht anzuwenden, so ist sein Antrag an den Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 89 Abs 2 B-VG in Verbindung mit Art 139 Abs 1 B-VG die Satzungen aufzuheben, schon mit Rücksicht auf jene Behauptung unzulässig.

Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, die Satzungen des Abfallwirtschaftsverbandes Graz und Graz-Umgebung vom zur Gänze, in eventu einzelne Bestimmungen dieser Satzungen als gesetzwidrig aufzuheben, war sohin zurückzuweisen.

1.2. Zur Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsanträge:

Die Präjudizialität der von ihm kraft Art 140 B-VG wegen Verfassungswidrigkeit angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen der §§17 Abs 5, § 17 b Abs 2 zweiter Satz und der Worte "Kostenersätze und" in § 17 b Abs 3 des StAWG begründet der Verwaltungsgerichtshof für die bei ihm anhängigen Anlaßbeschwerdefälle lediglich unter Hinweis darauf, daß die Vorschriften des § 8 Abs 2 zweiter Satz und Abs 3 bis 6 der Satzungen ihre gesetzliche Grundlage in den angeführten Bestimmungen des StAWG besitzen. Zwar kann dieses Argument mangels Zulässigkeit des die Satzungen betreffenden Prüfungsantrages des Verwaltungsgerichtshofes (s.o. 1.1.) noch keine hinreichende Begründung für die Annahme liefern, daß der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die Anlaßbeschwerdefälle die von ihm beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Vorschriften des StAWG anzuwenden hat. Gleichwohl ist es keinesfalls denkunmöglich, daß der Verwaltungsgerichtshof die bei ihm angefochtenen Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung, mit denen die Vorschreibung von Kostenersätzen für den Abfallwirtschaftsverband Graz und Graz-Umgebung unter Anwendung des § 17 Abs 5 StAWG (, der die Festlegung der Kostenbeiträge nach dem Abfallaufkommen der Mitgliedsgemeinden vorsieht), ferner des § 17 b Abs 2 zweiter Satz StAWG (, der die Leistung des Kostenersatzes durch die verbandsangehörigen Gemeinden für den anderweitig nicht gedeckten Abgang vorsieht,) sowie schließlich des § 17 b Abs 3 StAWG zu überprüfen hat, zumal der Verwaltungsgerichtshof (jedenfalls in seinen Prüfungsanträgen) gerade aus den angeführten Gesetzesbestimmungen entnimmt, daß der Gesetzgeber "eine bescheidmäßige Festlegung dieses Kostenersatzes vorgesehen hat".

Die Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes sind sohin zulässig.

2. Die Gesetzesprüfungsanträge sind jedoch in der Sache nicht berechtigt:

§ 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 besagt entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß kosten- und aufwandsabhängige Beiträge von Mitgliedsgemeinden an Gemeindeverbände im Sinne des Art 116 a B-VG verfassungsrechtlich unzulässig sind.

§ 3 Abs 2 F-VG 1948 lautet:

"(2) Die Länder sind berechtigt, durch Landesgesetze ihren durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf auf die Städte mit eigenem Statut, die Gemeinden oder gegebenenfalls die Gemeindeverbände umzulegen. Durch Bundesgesetz kann ein Höchstausmaß der Landesumlage festgesetzt werden. Soweit Gemeindeverbände am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes bestehen, regelt die Landesgesetzgebung die Umlegung ihres Bedarfes."

Wie die Entstehungsgeschichte dieser Verfassungsvorschrift zeigt (vgl. diese bei Pfaundler, Die Finanzausgleichsgesetzgebung 1948/58, 1958, 8 ff), war mit dem Ausdruck "soweit" bezweckt, "eine klare Antwort auf die offene Frage nach dem rechtlichen Bestand solcher Gemeindeverbände zu vermeiden", sodaß damit lediglich die tatsächlich bestehenden Bezirksfürsorgeverbände in ihrer Finanzierung gesichert werden sollten, ohne diesen "mit einem solchen Hinweis eine verfassungsrechtliche Grundlage zu geben" (Pfaundler, aaO, 11). Dabei ging aber, wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum F-VG 1948 (510 BlgNR 5. GP, 5), zu entnehmen ist, der Verfassungsgesetzgeber sogar davon aus, daß "für die Gemeindeverbände ... dem Wesen dieser Körperschaften entsprechend nur die Umlegung als Mittel der Deckung ihres Finanzbedarfes in Frage kommen (soll)". Auch der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 2759/1954 und 3076/1956) vertrat die Meinung, daß mit der Bestimmung des § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 "der Verfassungsgesetzgeber die Finanzierung der weiter fortbestehenden Aufgabe (der Bezirksfürsorgeverbände) rechtlich einwandfrei ermöglichen" wollte. § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 ist demgemäß schon auf Grund seiner historischen Bedeutung nicht dahin zu verstehen, daß er bestimmte Gemeindeverbände von einer Bedarfsumlegung ausschließen will; die Verfassungsvorschrift ermächtigte vielmehr den Landesgesetzgeber, die Bedarfsumlegung für die seinerzeit in ihrer rechtlichen Existenz umstrittenen Bezirksfürsorgeverbände zu regeln. Nur für die seinerzeit verfassungsrechtlich nicht eindeutig einzuordnenden Bezirksfürsorgeverbände bedurfte es jedoch dieser besonderen finanzverfassungsrechtlichen Grundlage. Für Gemeinde(zweck)verbände nach Art 116 a B-VG ist damit keine (finanz-)verfassungsrechtliche Festlegung erfolgt.

Ein Verbot, Gemeindeverbände, - wie sie vom Verfassungsgesetzgeber erst im Jahre 1962 durch das Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl. 205, in einem neuen Art 116 Abs 4 B-VG vorgesehen wurden und nunmehr (seit dem Bundesverfassungsgesetz vom , BGBl. 490,) in Art 116 a B-VG näher geregelt sind -, durch verpflichtende Kostenbeiträge ihrer Mitgliedsgemeinden zu finanzieren, läßt sich daher der Finanzverfassung im allgemeinen, dem § 3 Abs 2 letzter Satz F-VG 1948 im besonderen nicht entnehmen. Das F-VG 1948 enthält sich vielmehr von vornherein der Stellungnahme zu "neuen" Gemeindeverbänden, indem es sie im wesentlichen nicht in seinen sachlichen Geltungsbereich einbezieht, soweit sie nicht - wie in den §§11 Abs 3, 12 Abs 2 und 14 Abs 2 F-VG 1948 - wegen des jeweils gegebenen sachlichen Zusammenhangs mit der Finanzgebarung von Bund, Ländern und Gemeinden erwähnt werden mußten. Das F-VG 1948 bildet eben entsprechend seinem Titel ausschließlich die verfassungsrechtliche Grundlage für "die Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den übrigen Gebietskörperschaften". Es besagt - abgesehen von den im Zeitpunkt seines Inkrafttretens existierenden und als "Gemeindeverbände" bezeichneten Bezirksfürsorgeverbänden - für die zu jenem Zeitpunkt unbekannten und in ihrer Existenz, Zahl und Aufgabenstellung bundesländerweise unterschiedlich eingerichteten, auf Art 116 a B-VG gestützten Gemeinde(zweck)verbände, die finanzverfassungsrechtlich keine Gebietskörperschaften sind, hinsichtlich ihrer finanziellen Grundlagen genausowenig wie für sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. auch Pfaundler, aaO, 7). Die auf Art 116 a Abs 4 B-VG gestützten Gemeindeverbände unterliegen bei der Regelung der Aufbringung ihrer Finanzmittel nicht der Finanz-Verfassungsgesetzgebung nach Art 13 B-VG in Verbindung mit dem F-VG 1948. Unterliegt die Finanzierung der Gemeindeverbände nach Art 116 a Abs 4 B-VG aber nicht dem finanzverfassungsrechtlichen Regime des Art 13 B-VG in Verbindung mit dem F-VG 1948, so ist der nach Art 116 a Abs 4 und 5 B-VG zuständige Gesetzgeber nicht gehindert, im Rahmen der allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorschriften, etwa des Gleichheitssatzes, vorzusehen, daß die den Gemeindeverbänden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsenden Kosten auf die Mitgliedsgemeinden des Gemeindeverbandes umgelegt werden.

Angesichts dieses Auslegungsergebnisses verkennen die vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Erläuterungen zur Gemeindeverfassungsnovelle 1962 (639 BlgNR 9. GP, 15), auf die sich auch die vom Verwaltungsgerichtshof für seine Rechtsmeinung ins Treffen geführte Literatur stützt, die Rechtslage, wenn darin ausgeführt wird:

"Im Hinblick auf die Bestimmung des § 3 Abs 2 des Finanzverfassungsgesetzes sind solche auf Grund dieser Verfassungsvorschrift errichteten Verbände von der Bedarfsumlegung ausgeschlossen."

Diese Rechtsmeinung widerspricht dem entstehungszeitlichen Sinn des § 3 Abs 2 F-VG 1948 und kann mangels Aufnahme in das Bundesverfassungsrecht keine Verbindlichkeit beanspruchen.

Hätte der Verfassungsgesetzgeber zusätzlich zu der im § 3 Abs 2 F-VG 1948 ausgesprochenen Ermächtigung zur Bedarfsumlegung der als Gemeindeverbände eingerichteten Bezirksfürsorgeverbände auf ihre Mitgliedsgemeinden ein Verbot sonstiger (Gemeindeverbands-)Umlagen aussprechen wollen, so hätte er dies ausdrücklich getan. Kein solches Verbot kann jedenfalls der Verfassungsbestimmung des ArtII Abs 2 der Bundesverfassungsgesetz-Novelle über das Schulwesen, BGBl. 215/1962, entnommen werden, wenn darin - offenbar wegen der fehlsamen Erläuterungen zur Gemeindeverfassungsnovelle -, ausgeführt wird, daß die "Bestimmungen des § 3 Abs 2 letzter Satz des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45 ... der Umlegung des Bedarfes der im Abs 1 angeführten Gemeindeverbände nicht" entgegenstehen.

Da sohin die durch § 3 Abs 2 F-VG 1948 ausgesprochene finanzverfassungsrechtliche Ermächtigung der Landesgesetzgebung zur Regelung der Umlegung des Bedarfes von Gemeindeverbänden, die am Tage des Inkrafttretens des F-VG 1948 bereits bestanden, über die Zulässigkeit einer Finanzierung der Tätigkeit von Gemeindeverbänden nach Art 116 a B-VG durch zwangsweise Kostenbeiträge der Mitgliedsgemeinden schweigt und diese insbesondere nicht verbietet, erweisen sich die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen § 17 Abs 5,§ 17 b Abs 2 zweiter Satz und die Worte "Kostenersätze und" in § 17 b Abs 3 StAWG als nicht berechtigt. Die Gesetzesprüfungsanträge waren daher abzuweisen.

3. Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.