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VfGH vom 01.12.1986, g16/86

VfGH vom 01.12.1986, g16/86

Sammlungsnummer

11141

Leitsatz

Tir. GVG 1983; ausführliche historische Darstellung der kompetenzrechtlichen Zuordnung von Liegenschaftsteilungsbeschränkungen anhand der Rechtslage, von Gesetzesmaterialien sowie von Literatur; kompetenzrechtliche Einheit von Teilungsbeschränkungen mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr; da die Beschränkungen des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs in die Zuständigkeit der Länder fallen, zwingen der historische Zusammenhang, die gemeinsame Zielsetzung und der Größenschluß aus der Art des Eingriffes in die zivilrechtlichen Verhältnisse zur Annahme, daß Teilungsbeschränkungen für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke in die Zuständigkeit der Länder fallen; § 3 Abs 1 litj wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben

Spruch

§3 Abs 1 litj des Grundverkehrsgesetzes 1983 (GVG 1983), Anlage zur Kundmachung der Tir. Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tir. Nr. 69/1983, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das Tir. Grundverkehrsgesetz 1983, Anlage zur Kundmachung der Tir. Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. 69/1983 (GVG 1983), beschränkt in § 3 Abs 1 die Teilung von Grundstücken folgendermaßen:

"Der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, soweit im Abs 2 nicht anderes bestimmt ist,

a) jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb;

...

j) jede Teilung von Grundstücken, durch die neue Grundparzellen entstehen sollen, sofern hiezu nicht gleichzeitig die Zustimmung nach lita erforderlich ist."

Den Bestimmungen des Gesetzes unterliegen land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (§1 Abs 1 Z 1 leg. cit.), anderer Grund und Boden nur in dem für die Anwendung der litj des § 3 Abs 1 nicht in Betracht kommenden Fall des Rechtserwerbes durch Ausländer (§1 Abs 1 Z 2 GVG 1983).

Keiner Zustimmung bedürfen die Abschreibung geringwertiger Trennstücke und die Verbücherung von Straßen-, Wege-, Eisenbahn- und Wasserbauanlagen nach dem LiegenschaftsteilungsG, BGBl. 3/1930 idF BGBl. 91/1976, wenn kein neuer Grundbuchskörper gebildet und das Eigentum nicht auf Ausländer übertragen werden soll (§3 Abs 2 liti GVG 1983), und Parzellenteilungen, die von den zuständigen Vermessungsbehörden im Rahmen des Feldvergleiches von Amts wegen oder von den Agrarbehörden im Zuge einer agrarischen Operation vorgenommen werden (litj).

Während die Zustimmung zum Rechtserwerb grundsätzlich nur erteilt werden darf, wenn er weder dem Öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem Öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht (§4 Abs 1 GVG 1983), darf nach § 6 Abs 4 des Gesetzes

"die Zustimmung zur Teilung von Grundstücken (§3 Abs 1 litj) ... dann nicht erteilt werden, wenn der Teilung erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstehen, insbesondere wenn Grundstücke kulturwidrig kleinen Ausmaßes entstehen würden."

Die wiedergegebenen Bestimmungen über die Teilung von Grundstücken wurden mit der Grundverkehrsnovelle vom , LGBl. 36, als § 3 Abs 1 litf und § 6 Abs 3 in das Grundverkehrsgesetz aufgenommen und erhielten die gegenwärtige Stellung durch die Wiederverlautbarung 1970, von wo sie in das GVG 1983 übergingen. Die Regelung entstammt dem § 8 des Tir. Höfegesetzes, LGBl. 47/1900 idF der Gesetze LGBl. 16/1928 und 38/1934, den ArtIII der GVG-Nov. 1962 aufgehoben hatte. In den Materialien zu dieser Nov. findet sich hiezu folgende Begründung:

"... Es wurde auch versucht, bei der Ausarbeitung der Novelle zumindest im geringen Umfang eine Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen. Bei Grundstücksteilungen ist nach der derzeitigen Rechtslage zumeist sowohl eine Genehmigung nach § 8 des Tir. Höfegesetzes als auch eine Zustimmung nach dem Grundverkehrsgesetz erforderlich. Das Erfordernis einer Genehmigung nach § 8 des Tir. Höfegesetzes (und die damit verbundene Notwendigkeit doppelter Eingaben und doppelter Auslagen an Stempelgebühren) soll nunmehr entfallen. Bei Grundstücksteilungen wird nur noch die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde einzuholen sein."

II. Beim VfGH sind zu B291/83 und B382/84 Beschwerden gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung anhängig, die Parzellenteilungen gemäß § 3 Abs 1 litj iVm. § 6 Abs 4 GVG 1970 bzw. 1983 die Zustimmung verweigern.

a) Der zu B291/83 angefochtene Bescheid begründet die Verweigerung der Zustimmung wie folgt:

"Der ... beantragten Parzellenteilung stehen landeskulturelle Bedenken, dh. das Öffentliche Interesse an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes und eines leistungsfähigen Bauernstandes entgegen. Es steht unbestritten fest, daß auf der neuzubildenden Grundparzelle ein Austragshaus mit Bewilligung der Baubehörde errichtet wurde. Diese Bewilligung stützt sich ua. auf die Bestimmung des § 15 Abs 2 TROG., wonach im Freiland lediglich die Errichtung von Bauten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einschließlich der zu diesen Betrieben gehörenden Wohnungen und Wohnräume zulässig ist. Damit steht aber eindeutig fest, daß hier ein zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehöriges Wohnobjekt geschaffen wurde. Für dieses Objekt soll nunmehr eine eigene Liegenschaft ausgewiesen werden, wobei seitens des Antragstellers weder im Antrag noch in der Berufung ein Grund angegeben wurde. Durch die Neuschaffung einer Liegenschaft würde damit aber die Parzelle samt dem landwirtschaftlichen Wohnobjekt aus dem Verband des Landwirtschaftsbetriebes herausgelöst werden und damit, wie von der Erstbehörde aufgezeigt, die Möglichkeit der unbeschränkten Weitergabe an landwirtschafts- und familienfremde Erwerber (ausgenommen Ausländer) eröffnet werden. ... Dem § 1 Abs 4 ist aber zu entnehmen, daß Eintragungen in das Grundbuch, die einen Rechtserwerb iS des § 3 Abs 1 zum Gegenstand haben, nur bewilligt werden dürfen, wenn hiefür die grundverkehrsbehördliche Zustimmung oder eine Bestätigung, daß das Grundstück nicht den Bestimmungen des GVG. unterliegt, vorliegt. Jedoch kann nach dieser Gesetzesstelle von einer Bestätigung abgesehen werden, wenn der Rechtserwerber eine schriftliche Erklärung vorlegt, daß er nicht dem Personenkreis, die die österr. Staatsangehörigkeit nicht aufweisen, angehört. Die Erfahrung hat gezeigt, daß Eigentumserwerbe an Liegenschaften, die mit einem Wohnobjekt verbaut sind, im Grundbuch ohne Entscheidung bzw. Bestätigung der Grundverkehrsbehörde einverleibt werden, wenn die Erklärung, der Rechtserwerber sei Österreicher, vorliegt. Da überdies eine Löschung solcher widerrechtlicher Eintragungen nur befristet und beschränkt möglich ist (nur 3 Jahre ab Eintragung bzw. wenn keine gutgläubigen Erwerbe bücherlicher Rechte durch Dritte vorliegen) würde die Genehmigung der Parzellenteilung im vorliegenden Fall eine Vorstufe zur Verwendung des Objektes für landwirtschaftsfremde Personen bzw. für landwirtschaftsfremden Gebrauch darstellen. Damit kommt aber der gegenständlichen Entscheidung spezial- wie auch vor allem generalpräventive Bedeutung zu, da eine Genehmigung hier zahlreiche Beispielsfolgen auslösen und die künftige Umgehung des GVG. möglich machen würde. Neben der Umgehung des GVG. würde aber auch eine Umgehung des Tir. Raumordnungsgesetzes aufgezeigt werden, da auf diese Weise eine durch das Gesetz verbotene Bauführung im Freiland wiederum ermöglicht würde."

Der zu B382/84 in Beschwerde gezogene Bescheid führt aus:

"Die neu zu bildende Parzelle ist Teil des Landwirtschaftsbetriebes des Antragstellers, der einen geschlossenen Hof iS des Tir. Höfegesetzes darstellt. Auf der neu zu bildenden Parzelle soll nunmehr die Hofstelle neu errichtet werden bzw. wurde sie teilweise bereits errichtet. Diese Hofstelle ist Zentrum des Landwirtschaftsbetriebes und überdies iS des § 1 des Tir. Höfegesetzes unabdingbare rechtliche Voraussetzung für den weiteren Bestand des geschlossenen Hofes. Nach dieser Gesetzesstelle ist nämlich ein geschlossener Hof ein solcher Landwirtschaftsbetrieb, der ua. mit einem Wohnhaus versehen ist. Im Fall der Genehmigung der Neubildung der gegenständlichen Grundparzelle für die Hofstelle des geschlossenen Hofes würden daher nach Ansicht der Berufungsbehörde die vom Landesgrundverkehrsreferenten in seiner Berufung angezogenen landeskulturellen Bedenken zum Tragen kommen. Dies ergibt sich ja auch aus einer Stellungnahme des Antragstellers, worin festgestellt wird, daß die Neubildung der Parzelle insofern einen Vorteil darstelle, da bei allfälligen Grundverkäufen um die Hofstelle der Nachweis entfalle, daß des geförderte Objekt nicht auf diesen Parzellen stehe. Daraus kann aber geschlossen werden, daß es durchaus Absicht des Antragstellers sein kann, im Bannkreis der Hofstelle Grundverkäufe durchzuführen. Solche Grundverkäufe im Bereich der Hofstelle gefährden aber auf weite Sicht die Funktionsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebes und insbesondere der Hofstelle als Wirtschaftszentrum dieses Betriebes. Damit sind aber die in § 6 Abs 4 angeführten landeskulturellen Interessen jedenfalls beeinträchtigt. Wenn, wie angegeben, der Antragsteller die Absicht hat, auch künftighin den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb ordnungsgemäß zu führen, ist eine Parzellenteilung, wie sie hier vorgenommen werden soll, ohne rechtlichen Gehalt bzw. liegt dafür eine Notwendigkeit nicht vor; beabsichtigt er aber künftighin, Grundverkäufe im Bereich der gegenständlichen Parzellen durchzuführen, so stellt die hier vorzunehmende Parzellenteilung eine wesentliche Erleichterung dar und ist damit Vorstufe für allenfalls künftighin ins Auge gefaßte Schmälerungen der Betriebsgrundlage und Produktionsbasis des geschlossenen Hofes. Überdies konnte ja festgestellt werden, daß der Hauptgrund der beabsichtigten Parzellenteilung darin gelegen ist, daß die Kreditbesicherung nur auf dieser Parzelle erfolgen soll und somit der übrige land- und forstwirtschaftliche Grundstücksbereich freigehalten werden könnte. Diese Absicht wurde aber erhebungsgemäß vom Kreditgeber nicht gebilligt und ist die Kreditbesicherung auf dem gesamten geschlossenen Hof längst durchgeführt, sodaß auch dieser rein private vom Antragsteller angestrebte Grund weggefallen ist. Sohin ist die Berufungsbehörde der Ansicht, daß die gegenständliche Parzellenteilung den im § 4 Abs 1 normierten land- und forstwirtschaftlichen Schutzinteressen an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes und eines leistungsfähigen Bauernstandes widerspricht."

b) Aus Anlaß dieser Beschwerden hat der VfGH Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs 1 litj GVG 1983 eingeleitet. Er hat das Bedenken geäußert, daß der Landesgesetzgeber zur Erlassung dieser Regelung nicht zuständig war und dies im Prüfungsbeschluß wie folgt begründet:

"Der VfGH geht davon aus, daß Grundstücksteilungen Angelegenheiten sind, die nicht unter Art 15 Abs 1 B-VG fallen, sondern nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG dem Zivilrechtswesen zugehören. Daran dürfte sich auch dann nichts ändern, wenn die Teilung land- und forstwirtschaftliche Grundstücke betrifft und zur Schaffung neuer Grundstücke führt.

Im Kompetenzfeststellungserkenntnis KII-1/54 vom - VfSlg. 2658/1954 - hat der VfGH folgenden Rechtssatz ausgesprochen:

1. Die Regelung des Verkehrs mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken (Grundverkehrsrecht) steht nach dem gegenwärtigen Stande der Kompetenzverteilung gemäß Art 15 Abs 1 B.-VG. in Gesetzgebung und Vollziehung den Ländern zu.

2. Die Länder sind aufgrund des Art 15 Abs 9 B.-VG. befugt, auch die zur Regelung der Materie unerläßlichen Bestimmungen auf dem Gebiete des Straf- und Zivilrechtes, einschließlich des Verfahrensrechtes zu treffen. Eine Betrauung der Gerichte mit der gesamten Vollziehung des Landesgesetzes ist aber unzulässig.'

Wie ArtVII der B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444, bestimmt, sind Regelungen, durch die der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterworfen wird, der Landesgesetzgebung vorbehalten. Am Inhalt der Regelung, wie er bis zur B-VG-Novelle 1974 aus dem Rechtssatz zu ermitteln war, hat sich durch diese Verfassungsbestimmung, wie der VfGH in VfSlg. 7838/1976 aussprach, nichts verändert.

Der VfGH vermeint vorläufig, daß Vorschriften über bloße, einer Zustimmung nach § 3 Abs 1 lita GVG 1983 nicht bedürftige Grundstücksteilungen nicht als Regelungen des Verkehrs mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken zu werten sind. Bei Grundstücksteilungen dürfte es sich selbst unter Berücksichtigung einer intrasystematischen Weiterentwicklung keinesfalls um Angelegenheiten des Grundverkehrs handeln, sodaß der Landesgesetzgeber zur Erlassung der in Prüfung gezogenen Regelung nur unter den Voraussetzungen des Art 15 Abs 9 B-VG zuständig wäre. Selbst wenn man unterstellt, daß Grundstücksteilungen, die zur Schaffung neuer Grundstücke führen, eine Vorstufe für Transaktionen bilden könnten, die auf eine Umgehung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht abzielen, vermeint der VfGH vorläufig, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung schon auf Grund ihrer generellen Fassung für die Regelung des Grundverkehrsrechtes nicht unerläßlich im Sinne des Art 15 Abs 9 B-VG ist."

Die Tir. Landesregierung räumt in ihrer Äußerung ein, daß Vorschriften über bloße, einer Zustimmung nach § 3 Abs 1 lita GVG 1983 nicht bedürftige Grundstücksteilungen keine Regelungen des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken seien, will jedoch die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht dem Kompetenztatbestand "Zivilrechtswesen" (Art10 Abs 1 Z 6 B-VG) zuordnen:

"... Die im § 3 Abs 1 litj und im § 6 Abs 4 GVG 1983 vorgesehene Genehmigungspflicht der Teilung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke dient dem Schutz des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes. Ein wirtschaftlich gesunder land- und forstwirtschaftlicher Grundbesitz setzt jedoch voraus, daß nicht zu kleine land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen entstehen. Die Schaffung von unwirtschaftlich kleinen Grundstücken sollte wegen des Arbeitskräftemangels in der Landwirtschaft und wegen des notwendigen Maschineneinsatzes möglichst verhindert werden. Es liegt daher zweifellos im Interesse an der Erhaltung der Weiträumigkeit der landwirtschaftlichen Besitzstruktur, außerhalb des Baugebietes großflächige Parzellen zu erhalten und des Entstehen von Klein- und Kleinstparzellen zu vermeiden.

Dieser Gesichtspunkt der Teilung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken hat jedoch mit 'Zivilrecht' nichts zu tun. Vielmehr ist die in Prüfung gezogene Regelung des Grundverkehrsgesetzes 1983 als eine Bestimmung zum Schutz von Kulturflächen - somit von land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen - anzusehen. Denn der Kulturflächenschutz umfaßt nicht nur Bewirtschaftungspflichten und das Verbot der Kulturumwandlung, sondern auch das Verbot der Teilung von Grundstücken. Solche Teilungsbewilligungen sind auch in verschiedenen Gesetzen der Länder vorgesehen, so im § 1 Abs 2 und 3 des NÖ. Gesetzes betreffend landwirtschaftliche Kulturflächen, LGBl. 6145, im § 1 des Bgl. Gesetzes über die Teilung von Grundstücken, LGBl. 56/1933, idF der Gesetze LGBl. 10/1937 und 5/1962 sowie im § 1 des Vlbg. Grundteilungsgesetzes, LGBl. 46/1968.

Diese Regelungen betreffend den Schutz land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vor Zersplitterung sind nicht dem Kompetenztatbestand 'Zivilrechtswesen' oder sonst einem Kompetenztatbestand des Art 10 - der die Gesetzgebung dem Bund vorbehält - zuzuordnen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine in Gesetzgebung und Vollziehung in die Kompetenz der Länder fallende Angelegenheit des Art 15 Abs 1 B-VG.

Auch aus der Tatsache, daß in Tir. die Bestimmungen über die Teilung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke in das Grundverkehrsgesetz aufgenommen wurden und diese Bestimmungen von den Grundverkehrsbehörden zu vollziehen sind, kann nicht geschlossen werden, daß es sich bei der in Prüfung gezogenen Bestimmung um eine Regelung handelt, die dem Kompetenztatbestand 'Zivilrechtswesen' unterliegt. Es steht dem jeweiligen Gesetzgeber frei, Regelungen in einem eigenen Gesetz - im vorliegenden Fall in einem Grundteilungsgesetz oder Kulturflächenschutzgesetz - zu erlassen oder entsprechende Bestimmungen in ein Gesetz einzufügen, das in der Hauptsache andere Gegenstände regelt, in das aber die Regelung zweckmäßigerweise aufgenommen werden kann. In Tir. hat der Gesetzgeber den Weg gewählt, Grundteilungsbestimmungen in das Grundverkehrsgesetz aufzunehmen. Dies erscheint auch zweckmäßig, weil eine gewisse Nähe der Regelung über die Teilung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zum Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nicht übersehen werden kann. Der VfGH hat in seinem Beschluß selbst darauf hingewiesen, daß Grundstücksteilungen, die zur Schaffung neuer Grundstücke führen, eine Vorstufe für Transaktionen bilden könnten, die auf eine Umgehung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht abzielen. Diese vom VfGH angedeutete enge Beziehung zwischen Grundverkehr und Teilung von Grundstücken ist - wie die Praxis zeigt - tatsächlich gegeben. Daher erscheint die Regelung dieser Materie im Grundverkehrsgesetz zweckmäßig und gerechtfertigt, obwohl sich die Regelung nicht auf den Kompetenztatbestand 'Grundverkehr' (ArtVII der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974) stützt.

Auch die Betrauung der Grundverkehrsbehörden mit der Vollziehung der Grundteilungsvorschriften erscheint durchaus zulässig. Auf Grund von Art 133 Z 4 B-VG ist den Ländern die Möglichkeit eröffnet, für den Bereich ihrer Gesetzgebung durch Landesgesetz Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag einzurichten. Die Verwaltung des Landes kann in Angelegenheiten des Art 15 Abs 1 B-VG durch solche Sonderverwaltungsbehörden geführt werden. Die Landesgrundverkehrsbehörde ist eine Behörde im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG (VfSlg. 7538/1975). Ihre Zusammensetzung entspricht auch dem Art 6 Abs 1 MRK (VfSlg. 7284/1974; siehe auch Pernthaler, Die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung, Bd. 4, S 68 ff.). Es steht daher dem Landesgesetzgeber frei, dieser Verwaltungsbehörde des Landes auch andere Aufgaben als jene der Vollziehung des Grundverkehrsrechts zu übertragen. Im vorliegenden Fall wurde durch die Aufnahme der Teilungsbestimmungen in das Grundverkehrsgesetz eine dem Land nach Art 15 Abs 1 B-VG obliegende Angelegenheit der Vollziehung durch die Grundverkehrsbehörden, somit in zweiter Instanz einer Behörde im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG, übertragen. Dies ist zulässig, obwohl es sich nicht um eine auf den Kompetenztatbestand Grundverkehr gestützte Regelung handelt, weil, wie dargelegt, auch die Angelegenheit des Schutzes von Kulturflächen vor Zersplitterung in Gesetzgebung und Vollziehung in die Zuständigkeit der Länder fällt."

Abschließend stellt die Landesregierung den Antrag, die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben und für den Fall der Aufhebung eine Frist von einem Jahr für das Außerkrafttreten zu bestimmen.

Der Bf. des Anlaßverfahrens B291/83 spricht sich für die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung aus.

III. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig.

Die Verfahren haben nichts ergeben, was daran zweifeln ließe, daß die in Prüfung gezogene Regelung in den Anlaßbeschwerdefällen angewendet wurde, sodaß der Bestimmung iS des Art 140 Abs 1 B-VG Präjudizialität zukommt. Das Vorliegen der übrigen Prozeßvoraussetzungen ergibt sich bereits aus dem Erk. des ua., das bereits die Anlaßfälle für das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren betroffen hat.

IV. Die Bedenken des VfGH sind jedoch nicht begründet. § 3 Abs 1 litj GVG 1983 ist nicht aus den vom VfGH in Erwägung gezogenen Gründen verfassungswidrig.

1. Grundstücke (Parzellen) sind nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung die im Grund(steuer)kataster oder - seit dem VermessungsG 1969, BGBl. 306/1988 idF - im Grenzkataster mit besonderen Nummern bezeichneten Teile der Erdoberfläche; aus einem oder mehreren Grundstücken besteht der Grundbuchskörper (§5 Abs 1 Allgemeines GrundbuchsanlegungsG, BGBl. 2/1930 idgF, § 30 LiegenschaftsteilungsG, BGBl. 3/1930 idgF, § 7a Abs 1 VermessungsG). Jeder Grundbuchskörper ist als Ganzes zu behandeln; sein Umfang kann nur durch die grundbücherliche Ab- und Zuschreibung von einzelnen Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen geändert werden (§3 GrundbuchsG, BGBl. 39/1955 idgF); das Gutsbestandsblatt hat die Bestandteile des Grundbuchskörpers anzugeben (§7 Abs 1 Allgemeines GrundbuchsanlegungsG). Regelungen über die grundbücherliche Teilung von Grundstücken sowie die Ab- und Zuschreibung einzelner Bestandteile des Grundbuchskörpers trifft insbesondere das LiegenschaftsteilungsG.

Die Anlegung des Grundkatasters geschah aufgrund des § 9 des Grundsteuerpatentes 1817, PGS Bd. 45, 391, wonach für jede Gemeinde eine eigene Mappe zu verfassen war, in welcher "jede einzelne inner derselben gelegene Grundfläche nach Verschiedenheit der Cultursgattung, der Person des Eigenthümers, der natürlichen oder künstlichen Begränzung, in der topographischen Lage, Figur, und in dem angenommenen Maßstabe bildlich dargestellt ist"; die nähere Ausführung war in einer Instruktion aus 1824 geregelt (für die in Betracht kommenden Kulturgattungen wurde § 16 des Grundsteuerregelungsgesetzes, RGBl. 88/1869, maßgeblich). Das Gesetz über die Evidenzhaltung des Grundsteuerkatasters, RGBl. 83/1883, sah vor, daß Kataster und Grundbücher in steter Übereinstimmung zu erhalten waren (§11), und gleiches gilt jetzt für Grenzkataster und Grundbuch (§45 Abs 1 VermessungsG), doch werden nunmehr Grundstücke - abgesehen von der Neuanlegung des Grundbuchs - nur mehr durch Grundbuchsbeschluß neu gebildet oder gelöscht (§7a Abs 2 VermessungsG).

Grundbuchskörper sind die Einheiten des Liegenschaftsrechts. Die Bildung solcher Einheiten ist eine Angelegenheit des Zivilrechtswesens. Es geht dabei um die Frage, was "Sache" iS des § 285 ABGB und damit Gegenstand des Privatrechtsverkehrs ist (vgl. §§297 und 415 ff. ABGB). In die Zuständigkeit des Bundes nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG fallen daher auch Vorschriften über die zweckmäßige Gestaltung und Gliederung der Grundbuchskörper. Der Zivilrechtsgesetzgeber kann dabei an den auf die Kulturgattung abstellenden Grundkataster anknüpfen und auch Mindestgrößen von Grundstücken festlegen. Indem er freilich Grundbuchskörper aus Grundstücken bildet, macht er sie zum möglichen Ansatzpunkt weiterer Maßnahmen gegen eine Verkleinerung der wirtschaftlichen Einheiten.

Liegenschaftsteilungsbeschränkungen sind nicht nach Art von Teilungsbeschränkungen für Fahrnis gegen ein tatsächliches Geschehen gerichtet. Da die Figuration von Grundbuchskörpern und Grundstücken nicht die unmittelbare Folge ihrer natürlichen Beschaffenheit ist, sondern durch die Rechtsordnung erst festgelegt werden muß, sind Gegenstand von Teilungsbeschränkungen nicht der tatsächliche Umgang mit Grund und Boden, sondern diejenigen Rechtsakte, die eine Veränderung festgelegter rechtlicher Einheiten (Untereinheiten) bewirken. Solche Beschränkungen greifen daher notwendig in die Regelung dieser rechtlichen Vorgänge ein. Ihre kompetenzrechtliche Zuordnung ist infolgedessen zweifelhaft.

2. Zu welcher Materie Teilungsbeschränkungen der in Prüfung stehenden Art gehören, war schon in der Monarchie umstritten und ist auch während der folgenden Zeit nicht zureichend klargestellt worden.

a) Die aus der Zeit des Absolutismus stammenden Beschränkungen der Teilbarkeit von Grundstücken, insbesondere aufgrund des Grundzerstückelungspatentes 1770, wurden nach Gewährleistung der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs durch Art 6 StaatsgrundG 1867 in den meisten Kronländern auf dem Gebiet des heutigen Österreich schon 1868 durch Landesgesetz über die Freiheit des Verkehrs mit Grund und Boden beseitigt.

In diesen weitgehend übereinstimmenden - bei Mayrhofer, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, 5. Auflage hg. von Pace, VI, 60 f. nachgewiesenen - Landesgesetzen wurde (§1)

"die bei einigen Gattungen des Grundbesitzes infolge politischer

Gesetze und Verordnungen bestehende Untheilbarkeit ... aufgehoben"

und jeder Eigentümer für befugt erklärt (§2),

"über seinen Grundbesitz ... im ganzen oder in beliebigen

Abtheilungen zu verfügen, ohne hiezu der Bewilligung der politischen Behörde zu bedürfen".

Ausdrücklich unberührt gelassen wurden (§4)

"die in den Gesetzen des Privatrechtes begründeten Beschränkungen des freien Verfügungsrechtes mit Grund und Boden, die im § 21 des Forstgesetzes ... und im § 31 des Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungspatentes ... vorgezeichneten Beschränkungen, sowie die in

den Gemeindegesetzen enthaltenen Einschränkungen des Verfügungsrechtes mit Gemeindeeigenthum" (sowie) "Vorschriften, welche die Evidenzhaltung des Grundbesitzes zum Behufe der Besteuerung bezwecken".

Allerdings forderte das Vbg. Gesetz (LGBl. 46/1868) in § 2 weiterhin

"zu jeder Theilung eines derzeit in dem Steuercataster unter einer besonderen Nummer vorkommenden Grundstückes ... die Zustimmung des Ausschusses jener Gemeinde, in welcher das Grundstück gelegen ist, im Falle der Verweigerung dieser Zustimmung aber die Zustimmung des Landesausschusses ...",

und gab in § 4 die Teilung (iS des § 2 der vorgenannten Gesetze) nur mit Vorbehalt dieser Beschränkung frei.

Für Tirol wurde ein Gesetz über die Freiteilbarkeit gar nicht erlassen.

Mit Reichsgesetz vom 27. Juni 1868, RGBl. 79, waren kurz vorher "die im § 761 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches erwähnten, in politischen Gesetzen enthaltenen Anordnungen, welche die Vererbung von Bauerngütern betreffen", für jene Länder, "in welchen die Theilung von Bauerngütern gesetzlich nicht mehr beschränkt" war oder - nach den genannten Gesetzen - sein würde, außer Wirksamkeit gesetzt worden.

Die damalige Kompetenzlage war dadurch gekennzeichnet, daß das (Staatsgrund)Gesetz über die Reichsvertretung, RGBl. 141/1867, den Wirkungskreis des Reichsrates in § 11 auf "alle Angelegenheiten" erstreckte, "welche sich auf Rechte, Pflichten und Interessen beziehen, die allen im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern gemeinschaftlich sind" und - "daher" - neben der Strafjustiz- und der Polizeistraf- auch die "Civilrechtsgesetzgebung, mit Ausschluß der Gesetzgebung über die innere Einrichtung der öffentlichen Bücher und über solche Gegenstände, welche auf Grund der Landesordnungen und dieses Grundgesetzes in den Wirkungskreis der Landtage gehören", ausdrücklich zu diesem Wirkungskreis zählte (litk), während § 12 alle übrigen Gegenstände der Gesetzgebung den Landtagen zuwies, und die Landesordnungen ihrerseits vielfach Angelegenheiten der Landeskultur den Landtagen vorbehalten hatten. Dieses System ließ der Staatspraxis einen großen Spielraum. Bernatzik (Die österreichischen Verfassungsgesetze, 2. Auflage, 1911, 410 f.) qualifizierte es als unklar und widerspruchsvoll, weil es die ausdrückliche Aufzählung der Reichskompetenzen unter Vorbehalt der Landeskompetenz für die anderen Gegenstände einerseits mit einer allgemeinen und vagen Generalklausel zugunsten der Reichskompetenz andererseits verband.

b) Zu politischen Auseinandersetzungen über die Kompetenzabgrenzung kam es bei der Wiedereinführung besonderer Erbteilungsvorschriften durch das Gesetz vom 1. April 1889, RGBl. 52, "für landwirtschaftliche, mit einem Wohnhause versehene Besitzungen (Höfe) mittlerer Größe". Welche Höfe als solche mittlerer Größe zu gelten hatten und welche Liegenschaften und Nutzungsrechte bei der Entscheidung darüber als Hofbestandteile anzusehen waren, sollte nach § 1 des Reichsgesetzes die Landesgesetzgebung bestimmen. § 16 sagte schließlich:

"Wenn die Landesgesetzgebung für Höfe der in § 1 bezeichneten Art Beschränkungen der freien Theilbarkeit festsetzt oder Bestimmungen erläßt, wonach derartige Höfe von Personen, in deren Eigenthum solche Höfe oder größere landwirtschaftliche Besitzungen bereite stehen, gar nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen oder Beschränkungen erworben werden sollen, so haben die Bestimmungen dieses Gesetzes mit der Maßgabe Anwendung zu finden, daß der Eigentümer des Hofes in seiner Disposition über denselben durch die landesgesetzlichen Vorschriften der bezeichneten Art beschränkt ist".

Dazu hatte der Bericht des Ausschusses des Abgeordnetenhauses für landwirtschaftliche Erbtheilungsvorschriften (554 der Beilagen, X. Session) ua. ausgeführt:

"In formeller Hinsicht wurde ... von der Minorität des Ausschusses bestritten, daß die eventuelle Schaffung gesetzlicher Bestimmungen, durch welche eine Beschränkung oder Aufhebung der freien Theilbarkeit des Grund und Bodens eingeführt werden könnte, in die Competenz der Landtage gehöre, indem nach § 11 des Gesetzes vom 21. December 1867, Nr. 141 R.G.Bl., die Gesetzgebung hierüber dem Reichsrathe zustehe, wenn auch sachlich der Gedanke ganz richtig sei, daß der Reichsrath nicht dazu berufen erscheine, diesfalls bei der zu großen Verschiedenheit der Länder Detailbestimmungen für die einzelnen Länder zu erlassen.

Diese Bestimmungen seien jedoch privatrechtlicher Natur, wenn sie auch einen socialen wirtschaftlichen, also auch einen landesculturellen Effect haben, weshalb die Landtage diesfalls gesetzliche Bestimmungen nur im Delegationswege treffen könnten.

...

Die Majorität des Ausschusses hingegen konnte diese Bedenken nicht

theilen ... und war dabei von folgenden Erwägungen geleitet.

Was ... die Frage der Competenz betrifft, so unterliegt es keinem

Zweifel, daß zur Erlassung von gesetzlichen Bestimmungen

privatrechtlicher Natur ... nur der Reichsrath berufen erscheine,

daher auch in diesem Gesetze, soweit solche Fragen zur Sprache kamen, entweder die Bestimmung sofort getroffen, oder die Entscheidung hierüber ausdrücklich den Landtagen nur überlassen wurde.

Dagegen scheint es ebenso unzweifelhaft, daß auf Grund einer richtigen Interpretation des § 11, Absatz k) des Gesetzes vom 21. December 1867 ... die Frage einer Beschränkung der freien Theilbarkeit der landwirthschaftlichen Besitzungen in die Competenz der Landtage verwiesen werden muß.

Denn durch die in dem citirten § 11 angerufenen Landesordnungen ist die Gesetzgebung in landesculturellen Angelegenheiten den Landtagen überlassen.

Die Gesetze über die freie Theilbarkeit oder Untheilbarkeit von Bauerngütern sind aber immer als politische und niemals als Justizgesetze angesehen und behandelt worden, wie auch schon aus dem § 761 a.b.G.B. hervorleuchtet, welcher ausdrücklich erklärte, daß die Abweichungen von der gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter in den politischen Gesetzen enthalten seien.

Bei der Einführung der Freitheilbarkeit und Aufhebung der besonderen gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter in den Jahren 1868 und 1869 ging man von derselben Anschauung aus und hat diese Angelegenheit in einer Art und Weise behandelt, welche geradezu einen Präcedenzfall für die heutige Frage bildet.

Während nämlich die Entscheidung der Frage über freie Theilbarkeit oder Untheilbarkeit gänzlich der Competenz der Landtage anheimgestellt wurde, beschränkte sich das Reichsgesetz vom 27. Juni 1868 ... blos darauf, zu bestimmen, daß, im Falle die Landtage die freie Theilbarkeit einführen, und nur dort wo sie dieselbe einführen, auch die von dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche abweichenden erbrechtlichen Bestimmungen außer Wirksamkeit zu treten haben.

Ganz derselbe Vorgang wurde in Rücksicht auf diese Frage auch in diesem Gesetzentwurfe eingehalten."

In der Beratung des Plenums ergab sich allerdings ein sehr viel differenzierteres Bild. Auch die Befürworter der Regelung waren sich nicht darüber einig, warum und mit welcher Bedeutung das Reichsgesetz auf Landesgesetze verweisen sollte.

Zunächst hatte der Berichterstatter der Minorität, Ritter von Chlumecky, neuerlich ein Zusammenwirken von Reich und Ländern gefordert. Die Landesgesetzgebung könne Gesetze über die Freiteilbarkeit allein nicht erlassen. Ein solches Gesetz enthalte nicht nur sehr wesentliche Änderungen der Bestimmungen des ABGB, sondern müsse auch die Grundbuchsordnung abändern, um überhaupt wirksam zu sein. Das Jahr 1868 habe gerade kein Präjudiz iS des Entwurfes geschaffen (Sten. Prot. über die Sitzungen des Abgeordnetenhauses 268. Sitzung der X. Session am 28. November 1888, 9864; Hervorhebung im Original):

"... Insoweit diese Patente erbrechtliche Bestimmungen, also privatrechtliche Bestimmungen enthielten, wurden sie durch das Reichsgesetz vom Jahre 1868 aufgehoben, es blieben also lediglich die Beschränkung der Freitheilbarkeit durch die Bestimmungen, ein Hof nicht unter 40 Metzen getheilt werden dürfe u.d.gl. Ich gebe zu, daß dies landesculturelle Bestimmungen sind, und es war daher vollkommen richtig, dieselben durch die Landtage aufheben zu lassen. Heute aber, wo sie aufgehoben sind, kann man unmöglich mit einem Ausspruch, das Gut soll mindestens 40 Metzen groß sein oder dergleichen, irgend einen Effect erzielen, es müssen vielmehr die daraus folgenden erbrechtlichen und privatrechtlichen Bestimmungen, die Folgen bezüglich der Eintragung in das öffentliche Buch genau normiert werden ...

... Ich glaube also, daß es ganz unmöglich ist, Theilungsbeschränkungen oder Rückenbesitzbeschränkungen durch die Landtage allein auszusprechen. Ich glaube, daß die wesentlichsten Bestimmungen auch bezüglich solcher Eigenthumsbeschränkungen genau so wie beim Erbrechte durch die Reichsgesetzgebung zu fassen sind, wobei ich selbstverständlich, soweit die Fragen landescultureller Natur sind, die Mitwirkung der Landtage gleichfalls für unerläßlich ansehe. Es ist das eben eine Frage, welche nur durch Cooperation der Landtage und des Reichsrathes gelöst werden kann".

Der Abgeordnete Steinwender deutete die Absicht der Vorschrift dahin, "daß die Reichsgesetzgebung bei dieser Gelegenheit sich principiell für Beschränkungen der Freitheilbarkeit ausspreche" (aaO 9881), während Dr. Pattai meinte, wenn man es 1868 gestattet habe, daß die Landtage die einschlägigen Gesetze aufheben, so habe man hiermit auch gestattet, daß sie diese Materie regeln dürfen; mit dem Ordnen dieser Materie sei offenbar auch das Recht verbunden, ähnliche Gesetze wieder einzuführen (Sitzung vom 30. November, aaO 9898). Ackerbauminister Graf Falkenhayn berief sich auf einen Satz aus der Darstellung des Berichterstatters des Jahres 1868, wonach das Besitzhäufungs- und das Zerstückelungsverbot "gegenüber dem verfassungsmäßigen Gesetzgebungsrechte der Landtage ... in Landescultursachen ebensowenig als gegenüber dem freiheitlichen Geiste unserer Staatsgrundgesetze mehr haltbar seien" und deshalb die "Behebung dieser justizgesetzlichen Schranken" (des § 761 ABGB) notwendig (gewesen) sei (Sitzung vom 1. Dezember, aaO 9930). Ritter von Madeyski bestritt, daß der Reichsrat in § 16 eine Kompetenz an die Landtage übertrage. Wenn man zwischen der Unteilbarkeit von Höfen mittlerer Größe einerseits und der privatrechtlichen Beschränkung der Dispositionsfähigkeit im Hinblick auf diese Unteilbarkeit andererseits unterscheide und die erste Frage als eine Landeskulturangelegenheit in die Kompetenz der Landtage, die zweite als zivilrechtliche vor den Reichsrat gehörend ansehe (aaO 9937),

"Ja, wie denkt man sich dann ein Landesgesetz, das sich stricte nur auf die Regelung der ersten Frage beschränken würde? Ein solches würde etwa folgendermaßen lauten: ... § 1. Höfe bestimmter Größe sind untheilbar. - Aus! Ja, ich wäre wirklich in der größten Verlegenheit, wem ich die Ausführung eines solchen Gesetzes überweisen sollte. Am ehesten dem Unterrichtsminister (Heiterkeit), denn es handelt sich da doch nur um eine akademische Lösung einer rein wissenschaftlichen Frage. Auch die Verfassung vom Jahre 1867 konnte eine solche Regelung denn doch nicht im Sinne gehabt haben".

Das Vbg. Gesetz habe (in seinem § 4) offenbar eine privatrechtliche Beschränkung als Folge der Unteilbarkeit verfügt. In wirtschaftlicher und sozialer Beziehung sei natürlich ein großer Unterschied, ob es sich um die Unteilbarkeit einer Parzelle handelt, wie sie im Kataster steht, oder um die Unteilbarkeit eines größeren Parzellenkomplexes, zB wie in diesem Gesetze um die Unteilbarkeit eines Bauernhofes; aber juristisch sei das völlig gleichgültig. Wenn eine Liegenschaft für unteilbar erklärt werde, so handle es sich immer in erster Linie um die privatrechtliche Frage: Soll die Dispositionsfähigkeit beschränkt werden oder nicht? Diese sei nun aber durch § 4 (des Landesgesetzes) beschränkt worden, weshalb neben dem Innen- auch der Justizminister in § 6 mit dem Vollzug betraut worden sei (aaO 9937). Zwar habe seinerzeit das Herrenhaus eine in das Zivil- oder Strafrecht einschneidende Kompetenz der Landtage abgelehnt, wie die Rede des Justizministers und eine Äußerung des Berichterstatters des Herrenhauses für das Staatsgrundgesetz über die Reichsvertretung zeige, der gemeint habe (aaO 9938):

"Da nämlich in den Landesordnungen Angelegenheiten der Landescultur den Landtagen vorbehalten sind, so könnte folgerichtig die Gesetzgebung bezüglich des Realcredits, der Theilbarkeit u.s.w. u. s.w. die ganze Agrargesetzgebung in civil- und strafrechtlicher Beziehung als sämmtlich in das Gebiet der Landescultur gehörig von den Landtagen in Anspruch genommen werden."

Das Abgeordnetenhaus habe nur aber gerade dieses Gesetz (als Staatsgrundgesetz) restituiert. Straf-, Polizei- und Zivilrecht seien dem Reichsrat eben ausdrücklich mit Ausnahme derjenigen Angelegenheiten vorbehalten worden, welche landesordnungsgemäß den Landtagen zufallen, und dazu gehörten eben die Landeskulturangelegenheiten.

Vor der Abstimmung äußerte Präsident Dr. Smolka die Überzeugung, die in Rede stehenden Beschränkungen hätten "einen entschieden landesculturellen ... Charakter", und fügte bei (aaO 9961):

"Wenn schon historisch die ganze Frage der Theilbarkeit und Erwerbung von Bauerngütern trotz ihres civilrechtlichen Wesens überwiegend als eine politische behandelt wird, so beweisen die nach den Staatsgrundgesetzen erlassenen Gesetze, daß diese Frage durch die ersteren keineswegs ausschließlich geregelt wurde.

...

Sollte durch die Erlassung eventueller Landesgesetze aufgrund des § 16 eine Änderung des Reichsgesetzes über die Grundbuchsordnung nothwendig werden, dann gehört dieselbe naturgemäß vor das Forum des Reichsrathes".

§16 wurde schließlich in namentlicher Abstimmung mit 164 gegen 132 Stimmen angenommen.

Auch der Bericht der zur Vorberatung der Gesetzesvorlage eingesetzten Kommission des Herrenhauses war der Meinung, daß der "deklaratorische Inhalt" des § 16 die der Landesgesetzgebung überlassene Frage der Beschränkung der Teilbarkeit landwirtschaftlicher Besitzungen mittlerer Größe behandle und "mit Rücksicht auf die bestehende Competenz der Landtage in dieser Frage" keiner weiteren Behandlung bedürfe (322 der Beilagen, X. Session, 5). In der Beratung dieses Hauses bezeichnete Freiherr v. Hye die Erklärung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, es handle sich zunächst um eine landeskulturelle Frage, als richtig, und beschränkte sich auf die Behauptung eines Verstoßes gegen Art 6 StGG. Und der Präsident Graf Trauttmansdorff stellte sich ausdrücklich auf jenen Standpunkt, der vom Abgeordnetenhaus eingenommen und von dessen Präsidenten abgegeben wurde (Sten. Prot. über die Sitzungen des Herrenhauses 64. Sitzung vom 2. März 1889, 829 f.).

Insgesamt zeigen diese Äußerungen, daß neben der von einer beachtlichen Minderheit bekämpften umfassenden Zuordnung zur Materie der Landeskultur auch noch andere Vorstellungen eine Rolle spielten, wobei die Modelle von der Forderung nach einem Zusammenwirken von Reichs- und Landesgesetzgebung über die Feststellung des Vorliegens einer solchen (eben wegen der Reichsgesetze von 1868 und 1889) oder die Zugehörigkeit von Teilen des Zivilrechts zur Kompetenz der Länder (als Bestandteil der Landeskultur oder auch nach Art der späteren lex Starzynski) bis hin zu Versuchen reichen, die zivilrechtliche Seite der Regelung überhaupt zu leugnen oder außer Acht zu lassen.

c) Im Sinne dieses Reichsrahmengesetzes aus 1889 wurde in Tirol das in Geltung gebliebene Grundzerstückelungspatent von 1770 durch das Höfegesetz, LGBl. 47/1900, abgelöst. In diesem Landesgesetz wurden aber nicht nur Veränderungen am Bestand und Umfang geschlossener Höfe der behördlichen Bewilligung unterworfen. Vielmehr wurde in § 8 auch folgendes bestimmt:

"In der freien Verfügung über Liegenschaften, die nicht zu einem geschlossenen Hofe gehören (walzende Grundstücke), ist der Eigentümer in der Regel nicht beschränkt.

Nur wenn durch die beabsichtigte Theilung eines solchen Grundstückes neue walzende Parzellen entstehen sollen, bedarf die Theilung der Bewilligung der Höfebehörde.

Die Bewilligung ist zu ertheilen, wenn das abzutrennende Stück als Baugrund oder zu gewerblichen Zwecken verwendet werden soll, oder wenn für die Theilung die im § 6 angeführten Gründe vorliegen.

In anderen Fällen kann die Bewilligung versagt werden, wenn der Theilung erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstehen, namentlich wenn Grundstücke von kulturwidrig kleinem Ausmaße entstehen würden".

Der angezogene § 6 erlaubte die Bewilligung (zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes), wenn die Abtrennung zum Zwecke der Herstellung, Umlegung oder Erweiterung von Straßen oder Wegen, zu Bach- oder Flußregulierungen, Entsumpfungen oder anderen im öffentlichen oder Gemeindeinteresse gelegenen Kulturmaßnahmen als notwendig oder nützlich erschien.

Nach teilweiser Verdrängung durch das deutsche ReichserbhofG wurde das Tir. HöfeG durch das BG BGBl. 85/1947, das allerdings wegen der im BVG BGBl. 82/1947 geschaffenen besonderen Zuständigkeit des Bundes zur Ausführung des Gesetzes über die Aufhebung des Erbhofrechts und des Landbewirtschaftungsrechts insgesamt auch Angelegenheiten der Landesgesetzgebung mit der Folge regeln konnte, daß diese Regelungen in jedem Lande als landesgesetzliche Bestimmungen galten, wieder in Kraft gesetzt.

In Vbg. hatte § 39 des Landesgesetzes 18/1900, betreffend die Anlegung von Grundbüchern und die innere Einrichtung derselben, den Vorbehalt der Zustimmung der Gemeindevertretung (für Äcker, Wiesen, Alpen und Waldungen) aus dem Gesetz LGBl. 46/1868 übernommen (eine Regelung, die später in § 1 des GrundteilungsG, LGBl. 46/1968, Eingang gefunden hat und sich heute in § 34 RaumplanungsG, LGBl. 15/1973, findet).

Die Liegenschaftsteilungsgesetze RGBl. 18/1869 und BGBl. 3/1930 haben die in anderen Gesetzen enthaltenen Vorschriften, wonach die Teilung von Grundstücken nicht oder nur unter gewissen Bedingungen zulässig ist, ausdrücklich unberührt gelassen (§§16 bzw. 37). Auch das GrundverkehrsG, StGBl. 583/1919, sprach nach dem Vorbild der Kaiserlichen Verordnung über die Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, RGBl. 234/1915 (§17), aus, daß "landesgesetzliche Bestimmungen über die Beschränkung der freien Teilbarkeit von Höfen oder anderen landwirtschaftlichen Besitzungen ... durch dieses Gesetz nicht berührt" werden (§24).

Schließlich ermächtigte ArtV der aufgrund des sog. Kriegswirtschaftlichen ErmächtigungsG ergangenen Verordnung der Bundesregierung über die Anlegung neuer Grundbücher und über Grundsätze für die Teilung von Grundstücken im Bgld., BGBl. 113/1933, die burgenländische Landesgesetzgebung zu bestimmen, daß der land- und forstwirtschaftlichen Kultur gewidmete Grundstücke ohne Genehmigung der Agrarbehörde nicht unter ein bestimmtes Ausmaß, das noch eine zweckmäßige Benützung gestattet, geteilt werden dürfen (diese Bestimmung wurde idF des BG betreffend die Teilung von Grundstücken im Bgld., BGBl. 349/1936, nochmals als § 51 in den Text des wiederverlautbarten Flurverfassungs-GrundsatzG 1951, BGBl. 103, aufgenommen). Das von der Tir. Landesregierung im vorliegenden Verfahren angezogene burgenländische Gesetz LGBl. 56/1933 ist nach seiner Präambel in Ausführung dieses Grundsatzes ergangen.

d) Systematische Darstellungen der maßgebenden Zeit erweisen sich vor diesem Hintergrund als nicht aussagekräftig. So bringt zwar Mayrhofer's Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst, 5. Auflage hg. von Pace, im VI. Band (1900) "Die administrativen Vorschriften betr. den Verkehr mit Grund und Boden" als II. Abschnitt des 16. Hauptstückes "Das Landesculturwesen", faßt aber im Unterabschnitt über "Vorschriften betreffend den freien Erwerb von Grundbesitz und die Freitheilbarkeit der Grundbesitzungen" das Rahmengesetz aus 1889 mit den offenkundig zivilrechtlichen Vorschriften des LiegenschaftsteilungsG 1869 und den dazugehörigen Sonderbestimmungen für die Abtrennung von Grundstücken zu Zwecken öffentlicher Straßen, Wege und Wasseranlagen, RGBl. 126/1894, zusammen (62 ff., 68 ff., 72 ff.).

Ulbrich, Lehrbuch des österreichischen Verwaltungsrechtes (1904), führt demgemäß im Hauptstück "Landeskulturverwaltung" (467 ff.) einleitend aus, auf dem Gebiete der Landeskultur trete

"eine Verwebung privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Bestimmungen entgegen. Privatrechtsnormen bilden das besondere Privatrecht der Landwirtschaft, das einen Komplex privatrechtlicher Sonderbestimmungen zugunsten der Landwirtschaft mit sozialpolitischer und volkswirtschaftlicher Tendenz aufweist; ...

Das Verwaltungsrecht der Landeskultur betrifft insbesondere die hoheitlichen Eingriffsakte in das Privatvermögen behufs Förderung der Landeskultur und die polizeilichen Zwangsbefugnisse behufs ihres Schutzes",

teilt dann das Agrarrecht in das besondere Privatrecht der Landwirtschaft (A), die Grundbesitzreformen (B) und die agrarischen Operationen der Gegenwart (C) und bringt das Höferecht (§232) vor dem Meliorationskreditrecht (RGBl. 116/1884 und 144/1896) als ersten Abschnitt des Teiles A (besonderes Privatrecht der Landwirtschaft), wobei er die Geschichte der Teilbarkeitsbeschränkungen schildert und § 16 des Gesetzes aus 1889 als Ermächtigung der Landesgesetzgebung deutet, Beschränkungen der Freiteilbarkeit festzusetzen (470).

Schiff, Anerbenrecht und Höferecht, Österreichisches Staatswörterbuch 2 I (1905), 100 ff. (106), hielt die Beschränkungen des § 8 des Tir. Gesetzes (offenbar ausgehend von einer Reichskompetenz) für verfassungswidrig,

"denn die im Reichsgesetze enthaltene Übertragung der Kompetenz für Teilbarkeitsbeschränkungen vom Reiche auf das Land bezieht sich ausdrücklich nur auf die geschlossenen Höfe (§16 G.1 IV 89, R. 52)."

Auch Gumplowicz, Das Österreichische Staatsrecht (1907), meint zum "neuen Höferecht" - seinem Musterbeispiel für die Technik des Rahmengesetzes (125) -, daß eine große Anzahl von Bestimmungen "den Landesgesetzgebungen überlassen" und "die reichsrätliche Gesetzgebung ... ziemlich erfolglos geblieben" sei (444). Herrnritt, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechtes (1909), merkt an, daß mitunter "ein Reichsgesetz für gewisse Fragen die Landesgesetzgebung delegiert", verweist dazu auf das Gesetz von 1889 und fügt bei, die Verfassungsmäßigkeit einer derartigen "Delegierung" sei höchst zweifelhaft (201 Note 9).

Tezner, Die Volksvertretung (1912), führt im gleichen Sinne aus (280 f., Hervorhebung im Original):

"... infolge der Zuständigkeit des Reichsrates für die Zivilrechtsgesetzgebung können agrarpolitische Aktionen, welche Änderungen des allgemeinen Privatrechts, insbesondere des sog.

Sachenrechts und des Erbrechts zur Voraussetzung haben, nicht ohne

Reichsgesetz vor sich gehen. In solchen Fällen wird den historischen

und territorialen Verschiedenheiten der Länder dadurch Rechnung

getragen, daß die agrarische Reform, soweit sie privatrechtlicher

Natur ist, durch Reichsgesetz in Umrissen vorgezeichnet und ihre

praktische Durchführung davon abhängig gemacht, daß die durch diese

Bedingung hiezu ermächtigte Landesgesetzgebung zum weiteren

Ausbau ... schreiten will. Über die Zulässigkeit dieser

Überweisung ... hat man sich keine Gedanken gemacht. Das ist dann ein

Fall eines nur bedingten Rahmengesetzes. ... Ein Beispiel eines

bedingten Rahmengesetzes bildet das Gesetz vom 1. April 1889, R. 52, betreffend die Einführung besonderer Erbteilungsvorschriften für landwirtschaftliche Besitzungen mittlerer Größe ...

Die Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung auf dem Gebiete des

Agrarwesens greift eben überall durch, wo agrarpolitische Zwecke ohne

die Ausübung der reichsrätlichen Zuständigkeit nicht mehr erreicht

werden können. Nur die Reichsgesetzgebung kann ... die Erhaltung von

Latifundien sichern oder durch Beschränkungen der toten Hand ...

übermäßige Ausdehnung verhüten. Die Unteilbarkeit des

landwirtschaftlichen Eigentums ... ist ... durch Reichsgesetz dauernd

aufgehoben erklärt worden",

und in Hanausek's Studien zur Privatrechtspolitik (Frauen als Zeugen, Grundstückrecht, Testamentsformen, 1918) werden bei Besprechung der "grundverkehrsrechtlichen Normen unseres Höferechtes" (14 ff.) neben dem Tir. Gesetz die steirischen und Sbg. Entwürfe erörtert und abschließend so gewürdigt (23 f.):

"Die Höferechtsgesetzgebung ist ein lehrreiches Beispiel der Schwierigkeiten, welche in Österreich durch die Teilung der gesetzgebenden Gewalt zwischen dem Reichsrat und den Landtagen entstehen. Zum Wirkungskreis des Reichsrates gehört die Zivilgesetzgebung ... In den Wirkungskreis der Landtage aber gehören alle Anordnungen in betreff der Landeskultur. Das Problem wurde dadurch gelöst, daß ein höferechtliches Reichsrahmengesetz geschaffen wurde, die näheren Bestimmungen aber über das Höferecht der Landesgesetzgebung überlassen wurden. Das gesamte Höferecht hätte meines Erachtens, da dasselbe doch zweifellos zur Zivilrechtsgesetzgebung gehört und in keiner Landesordnung die Regelung des Höferechtes dem Landtage vorbehalten war, durch die Reichsgesetzgebung geschehen können. Man hat es vorgezogen, diesen natürlichen Weg nicht zu gehen, und so sind wir denn zu dem merkwürdigen Ergebnis gekommen, daß wir zur Zeit, also nach mehr als 28 Jahren, in Kronländern, für welche ein Höferechtsgesetz ein dringendstes Bedürfnis wäre, ein Höferechtsgesetz nicht haben."

Adamovich nennt im Grundriß des österreichischen Staatsrechts (1. Auflage 1927, 442, und sämtliche Auflagen in der Ersten Republik) für das Anerben- und Höferecht - wie übrigens auch für das Grundverkehrsrecht - die Kompetenz "Zivilrechtswesen" und legt dar, daß sowohl das Rahmengesetz 1889 als auch die auf seiner Grundlage erlassenen Landesgesetze als BG weitergelten und die Einrichtungen des Anerben- und Höferechts in anderen Ländern nur mehr durch BG eingeführt werden können.

Zessner-Spitzenberg Österreichisches Agrarrecht (1930) meint lapidar (8), Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung sei von den agrarrechtlich bedeutsamen Materien

"alles reine Zivilrechtswesen, insbesondere derzeit Grundverkehrsbeschränkungen, landwirtschaftlicher Pächterschutz, landwirtschaftliches Sondererbrecht, landwirtschaftliches Höferecht und Anerbenrecht; ..."

Noch 1948 fügt Webhofer in seiner Ausgabe des Tir. Höfegesetzes der Feststellung, das Reichsgesetz sei der "verfassungsrechtliche Angelpunkt für die Neufassung des Agrarrechtsstoffes" der Patente von 1770 und 1795 gewesen, einen Hinweis auf den kompetenzrechtlichen Streit bei (21):

"Die Frage, ob das Höferecht reichs- oder landesgesetzlich zu regeln, zur Beschließung des Höfegesetzes also der Reichsrat oder der Landtag zuständig sei, hat mehr als einmal das Verhältnis der Vertretungskörper von Staat und Land gestört. Die Förderalisten vertraten den Standpunkt der Länderautonomie. Für sie war das Höfegesetz eine Angelegenheit der Landeskultur, die nach § 18 der Landesordnung vom 26. Feber 1861, R. 20, in den selbständigen Wirkungskreis des Landtages gehörte. Die Zentralisten hingegen bejahten wegen der ins Privatrecht einschneidenden Beschränkungen der Freiteilbarkeit und des vom Erbrecht des ABGB. abweichenden Sonderrechts des Anerben die Zuständigkeit des Reichsrats, dem durch die Dezemberverfassung 1867 die Zivilrechtsgesetzgebung ausdrücklich vorbehalten war (R. 141, § 11k). Der Zwiespalt wurde von Regierung und Landtag einvernehmlich bereinigt. Die Unstimmigkeit und der Meinungsaustausch darüber bis zur schließlichen Lösung (Reichsrahmengesetz und ausführendes Landesgesetz, mit dessen Erlaß jenes erst in Wirksamkeit tritt, § 17 RG.) waren aber mit schuld, daß sich das Werk der Höfegesetzgebung von 1896 bis 1900 verzögerte. Die Frage der Zuständigkeit (Reichsrahmengesetz und ausführendes Landesgesetz oder Landesgesetz allein) hat auch noch später, nämlich bei Beratung über die RV eines Höfegesetzes für Stmk., die Öffentlichkeit neuerdings beschäftigt."

und bemerkt zum II. Abschnitt des Gesetzes (28), es enthalte "ein Grundverkehrsrecht, und zwar in den §§2 - 7 Freiteilbarkeitsbeschränkungen für Höfe (Höferecht im engeren Sinn) und in § 8 Freiteilbarkeitsbeschränkungen für walzende Grundstücke".

3. Bei dieser Sachlage kann der VfGH nicht aus der bloßen Existenz einschlägiger Vorschriften landesgesetzlicher Herkunft im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzbestimmungen des B-VG schon auf die Nichtzugehörigkeit dieser Vorschriften zur Materie des Zivilrechtswesens schließen. Die Meinungsverschiedenheiten im Gesetzgebungsprozeß 1888/89 und die literarischen Stellungnahmen der folgenden Zeit lassen nicht annehmen, daß ganz allgemein und insgesamt Grundteilungsbeschränkungen als bloße Angelegenheit der Landeskultur gegolten haben. Die Äußerungen über eine beschränkte Zuständigkeit der Länder auf dem Gebiet des Straf- und des Zivilrechts stimmen auch nicht mit der Rechtslage überein, die später Art 15 Abs 5 (jetzt Abs 9) B-VG in dieser Frage geschaffen hat (vgl. VfSlg. 558/1926, 2452/1952, 8989/1980, 9580/1982 417 ff.). Schließlich waren auch jeweils Reichsgesetze ergangen, die dem Landesgesetzgeber zumindest die Bereitschaft des Zivilrechtsgesetzgebers angezeigt hatten, die zur Verwirklichung von Landesinteressen gesetzten Maßnahmen im Bereich des Zivilrechtes zu berücksichtigen. Die Bezugnahme der Reichsgesetze von 1868 und von 1889 auf landesrechtliche Regelungen über die Frage der Freiteilbarkeit konnte durchaus als ein Zusammenwirken der beiden Gesetzgeber nach dem Muster des Anerbenrechtes gedeutet werden (wobei sich der Zivilrechtsgesetzgeber hier eben darauf beschränkt hätte, die Berücksichtigung landeskultureller Interessen durch Hinweis auf landesgesetzliche Teilungsbeschränkungen auszusprechen). So wäre auch zu verstehen, daß das Schrifttum die Angelegenheit ungeachtet des Vorliegens landesgesetzlicher Vorschriften mit zunehmender Deutlichkeit zum Zivilrechtswesen zählte und daß Webhofer das Reichsrahmengesetz 1889 als den "verfassungsrechtlichen Angelpunkt für die Neufassung des Agrarrechtsstoffes" gewertet hat. Verläßlichen Anhaltspunkt im Selbstverständnis der Staatspraxis hat freilich auch diese Auffassung keinen. Zu groß ist die Kluft zwischen diesen Lehrmeinungen und dem Ausschußbericht des Jahres 1888.

Deshalb scheint eine historische Betrachtung keine Abweichung von den Grundsätzen nahezulegen, die der VfGH in seinen Erk. zu den landwirtschaftlichen Pachtverhältnissen (VfSlg. 558/1926), zum Anerbenrecht (VfSlg. 2452/1952) und zum Wohnsiedlungsrecht (VfSlg. 9580/1982) für die Trennung von Materienrecht und Zivilrecht entwickelt hat. Das würde zum Ergebnis führen, daß ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesgesetzgebung erforderlich ist.

Doch zeigt das Reichsgesetz von 1889 und seine Entstehungsgeschichte einen anderen wichtigen Gesichtspunkt auf, dem nach Ansicht des Gerichtshofs im Hinblick auf die derzeitige Verfassungslage entscheidende Bedeutung für die Lösung der Kompetenzfrage zukommt. Im § 16 dieses Gesetzes waren neben Beschränkungen der freien Teilbarkeit nämlich auch Bestimmungen vorgesehen, wonach geschlossene Höfe von Personen, die schon solche Höfe oder größere landwirtschaftliche Besitzungen haben, nicht oder nur beschränkt erworben werden sollen. Bestimmungen dieser Art sind reine Verkehrsbeschränkungen, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen 1915 und 1919 allgemein eingeführt wurden und heute als Regelung des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs iS des Rechtssatzes VfSlg. 2658/1954 und des ArtVII der B-VG-Nov. 1974 gemäß Art 15 Abs 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder fallen. Die Annahme des Prüfungsbeschlusses, daß Grundteilungsbeschränkungen selbst keine Regelung des Grundverkehrs und zur Regelung dieser Materie auch nicht unerläßlich sind, wird damit nicht zweifelhaft. Aber sie verliert an argumentativem Wert. Wurden nämlich Beschränkungen der Teilbarkeit von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken und Maßnahmen des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs im Gesetzgebungsverfahren als zusammengehörige Materie behandelt und wurden die Erörterungen über die Kompetenz zur Erlassung des gesamten Vorschriftenkomplexes ungeteilt angestellt, so können auch bei Auslegung der Kompetenzartikel der Bundesverfassung solche Teilungsbeschränkungen nicht isoliert gesehen werden. Sie bilden vielmehr kompetenzrechtlich eine Einheit mit dem land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr.

Dieser historische Befund wird durch systematische und teleologische Überlegungen gestützt: Beschränkungen der Freiteilbarkeit haben einen noch engeren Bezug zur Landeskultur als Maßnahmen des Grundverkehrs, weil sie als solche nur auf die technischen Voraussetzungen des Grundverkehrs einwirken und den Grundverkehr nur mittelbar beschränken, während das eigentliche Grundverkehrsrecht unmittelbar eingreift. Der Unterschied ändert an der - strukturell gesehen - zivilrechtlichen Natur der Teilungsbeschränkungen als Regeln über die Bildung zivilrechtlicher Einheiten zwar nichts; die Ausgrenzung von Grundstücken bleibt das rechtstechnische Mittel zum Aufbau der Grundbuchskörper als der Einheiten des privaten Liegenschaftsverkehrs, und Beschränkungen im Umgang mit Grund und Boden selbst, die nicht dem Zivilrecht angehören würden (VfSlg. 9580/1982 415), gehen von Maßnahmen dieser Art nicht aus. Aber was für das eigentliche Grundverkehrsrecht gilt, muß umso mehr für die Teilungsbeschränkungen gelten. Die Anlaßfälle des vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahrens illustrieren treffend den vom Tir. Landesgesetzgeber in der Grundverkehrsnovelle 1962 wahrgenommenen Sachzusammenhang. Das eigentliche Ziel der höferechtlichen Teilungsbeschränkungen besteht wie im Grundverkehrsrecht in der (vorbeugenden) "Überwachung des Grundverkehrs" (so die Rubrik des zweiten Abschnittes des GVG 1983) im Interesse der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

Daß auch die Erhaltung einzelner ("walzender") land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke bestimmter Größe der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlichen gesunden mittleren und kleineren landwirtschaftlichen Grundbesitzes dient, ist nicht zweifelhaft.

Hat aber der VfGH aufgrund des Rechtssatzes VfSlg. 2658/1954 und des ArtVII der B-VG-Nov. 1974 davon auszugehen, daß die Beschränkungen des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs in die Zuständigkeit der Länder fallen (vgl. VfSlg. 9580/1982 407), so zwingen der historische Zusammenhang, die gemeinsame Zielsetzung und der Größenschluß aus der Art des Eingriffs in die zivilrechtlichen Verhältnisse zur Annahme, daß Teilungsbeschränkungen für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zu dem genannten Zweck ebenso wie der land- und forstwirtschaftliche Grundverkehr mit Einschluß ihrer sonst zivilrechtlichen Seite nach Art 15 Abs 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder fallen.

Mit diesem Urteil findet sich der VfGH im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Einschätzung älterer Autoren bis hin zu Webhofer, die in den höferechtlichen Verfügungsbeschränkungen "Grundverkehrsrecht" gesehen haben und mit der letzten kompetenzrechtlichen Zuordnung von Adamovich im Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts,

5. Auflage, II (1953), 131, wo das Höferecht (im Gegensatz zum Anerbenrecht und damals noch - anders als das Grundverkehrsrecht selbst) schon unter Art 15 B-VG gezogen wird.

Diese Zuordnung schließt nicht aus, daß auch unter den Gesichtspunkten anderer Kompetenztatbestände wie etwa des Bergrechts, des Forstrechts oder der Bodenreform Grundstücksteilungen an behördliche Genehmigungen gebunden werden oder daß ähnliche Regelungen auch noch unter anderen - etwa baurechtlichen - Gesichtspunkten aus dem Zivilrechtswesen herausfallen.

§3 Abs 1 litj GVG 1983 ist im Ergebnis nicht als verfassungswidrig aufzuheben.