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VfGH vom 16.10.1985, g159/85

VfGH vom 16.10.1985, g159/85

Sammlungsnummer

10633

Leitsatz

F-AG; die FinanzausgleichsGe 1948 bis 1985 berücksichtigen entgegen dem Gebot des § 4 F-VG 1948 nicht die besonderen Belastungen, die den Städten mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörde (Krems und Waidhofen an der Ybbs) durch die von ihnen zu tragenden Kosten für die Besorgung der dem Bund obliegenden Aufgaben auf dem Gebiete des öffentlichen Sicherheitswesens (Art10 Abs 1 Z 7 B-VG) und der Angelegenheiten des Kraftfahrwesens (Art10 Abs 1 Z 9 B-VG) erwachsen; Bedachtnahme auf diese Sachverhalte in Form einer unmittelbar anwendbaren, spezifischen gesetzlichen Regelung ist geboten

Spruch

1. Verfassungwidrig waren:

§4 Finanzausgleichsgesetz 1948, BGBl. 46/1948,

§4 Finanzausgleichsgesetz 1950, BGBl. 36/1950 sowohl in der

Stammfassung als auch idF der Finanzausgleichsnov. 1952, BGBl. 18/1952,

§4 Finanzausgleichsgesetz 1953, BGBl. 225/1952 in der Stammfassung

sowie § 4 und § 13 Abs 4 dieses Gesetzes idF der Finanzausgleichsnov.

1955, BGBl. 9/1955,

§4 und § 13 Abs 4 Finanzausgleichsgesetz 1956, BGBl. 153/1955,

§4 und § 13 Abs 4 und 5 Finanzausgleichsgesetz 1959, BGBl. 97/1959

sowohl in der Stammfassung als auch idF der Finanzausgleichsnov.

1964, BGBl. 263/1963,

§§9, 17 und 18 Finanzausgleichsgesetz 1967, BGBl. 2/1967,

§§8, 17 und 18 Finanzausgleichsgesetz 1973, BGBl. 445/1972, und schließlich

§§8, 20 und 21 Finanzausgleichsgesetz 1979, BGBl. 673/1978, in der Stammfassung sowie § 8 dieses Gesetzes idF der Finanzausgleichsgesetznov. 1981, BGBl. 569/1981.

2. § 8 Finanzausgleichsgesetz 1985, BGBl. 544/1984, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im BGBl. verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Beim VfGH ist zu A5/83 eine Klage der Stadtgemeinde Krems anhängig.

Die Stadtgemeinde Krems besorgt als Stadt mit eigenem Statut (Art116 Abs 3 B-VG und § 1 Abs 1 Kremser Stadtrecht 1977, Nö. LGBl. 1010-4) neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch jene der Bezirksverwaltung (Art116 Abs 3 letzter Satz B-VG und § 1 Abs 2 Kremser Stadtrecht 1977). Da in der Stadtgemeinde Krems eine Bundespolizeibehörde nicht errichtet (V der Bundesregierung BGBl. 690/1976) ist, vollziehen ihre Organe daher ua. auch die im § 3 der V BGBl.74/1946 angeführten, nach Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG dem Bund obliegenden Aufgaben auf dem Gebiete des öffentlichen Sicherheitswesens (s. § 15 Abs 2 BehÜG) sowie die Angelegenheiten des Kraftfahrwesens (Art10 Abs 1 Z 9 B-VG).

Die Stadtgemeinde Krems enthält vom Bund neben den Zuwendungen aus dem Finanzausgleich keine gesonderten Geldleistungen für diese Tätigkeiten. Mit der erwähnten Klage wird der Ersatz der durch diese Tätigkeiten erwachsenden Aufwendungen für den Zeitraum vom bis begehrt.

Die klagende Partei regt der Sache nach an, von amtswegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs 3 dritter Satz des FAG 1979 einzuleiten.

b) Bei der Beurteilung des VfGH über die vorliegende Klage sind Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der §§8, 20 und 21 FAG 1979, BGBl. 673/1978, sowie der Vorgänger dieser Bestimmung entstanden.

Der VfGH beschloß aus Anlaß dieser Klage, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von amtswegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

des § 4 Finanzausgleichsgesetz 1948, BGBl. 46/1948,

des § 4 Finanzausgleichsgesetz 1950, BGBl. 36/1950 in der Stammfassung und idF der Finanzausgleichsnov. 1952, BGBl. 18/1952,

des § 4 Finanzausgleichsgesetz 1953, BGBl. 225/1952 in der Stammfassung sowie des § 4 und des § 13 Abs 4 dieses Gesetzes idF der Finanzausgleichsnov. 1955, BGBl. 9/1955,

des § 4 und des § 13 Abs 4 Finanzausgleichsgesetz 1956, BGBl. 153/1955,

des § 4 und des § 13 Abs 4 und 5 Finanzausgleichsgesetz 1959, BGBl. 97/1959 in der Stammfassung und idF der Finanzausgleichsnov. 1964, BGBl. 263/1963,

des § 9 sowie der §§17 und 18 Finanzausgleichsgesetz 1967, BGBl. 2/1967,

des § 8 sowie der §§17 und 18 Finanzausgleichsgesetz 1973, BGBl. 445/1972, und

des § 8 sowie der §§20 und 21 Finanzausgleichsgesetz 1979, BGBl. 673/1978,

einzuleiten (G44/85).

2. a) Weiters sind beim VfGH zu A15/83, A59/83, A6/84, A7/84, A8/84 (Klagebegehren ab ), A54/83 (Klagebegehren ab ), A19/83, A22/83, A23/83, A30/83, A36/83 (Klagebegehren vom bis ) elf Klagen mit folgenden Vorbringen anhängig:

Die klagenden Parteien erhalten jährliche Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem sogenannten abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§8 Abs 3, § 10 Abs 2 FAG 1979), der von der "Volkszahl" ausgehe. Diese "Volkszahl" bestimme sich nach dem vom Statistischen Zentralamt aufgrund der letzten Volkszählung (1981) festgestellten Ergebnis, das mit dem Beginn des dem Zählungsstichtag nächstfolgenden Kalenderjahres (das ist 1982) wirke. In einer Kundmachung des Statistischen Zentralamtes (zur Volkszählung 1981) vom Feber 1983 seien die "Volkszahlen" der klagenden Gemeinden mit einer zu niedrigen Zahl genannt. Unter Zugrundelegung der richtigen "Volkszahlen" hätten sich für die klagenden Gemeinden Ertragsanteile ergeben, welche höher seien als die tatsächlich berechneten und überwiesenen.

Die klagenden Gemeinden begehren entweder, die beklagten Parteien seien schuldig, die Ertragsanteile der klagenden Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben ab einem gewissen Zeitpunkt ( bzw. ) unter Zugrundelegung der richtigen "Volkszahlen" zu berechnen oder die beklagten Parteien seien schuldig, die Ertragsanteile der klagenden Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben für das Jahr 1983 unter Zugrundelegung einer bestimmten Gemeindezahl, welche sich gemäß § 8 FAG 1979 durch Vervielfältigung der Volkszahlen mit einem bestimmten Vervielfältigungsfaktor ergeben, zu berechnen und den nach Abzug der bereits überwiesenen Ertragsanteile verbleibenden Restbetrag zu bezahlen.

b) Aus Anlaß dieser Klagen beschloß der VfGH gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von amtswegen Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

aa) des § 8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, sowohl in der Stammfassung als auch idF des BG vom , BGBl. 569/1981, sowie des § 8 Finanzausgleichsgesetz 1985, BGBl. 544/1984, (A15/83 (G159/85), A50/83 (G158/85), A6/84 (G132/85), A7/84 (G133/85), A8/84 (G135/85))

bb) des § 8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, idF des BG vom , BGBl. 569/1981, sowie des § 8 Finanzausgleichsgesetz 1985, BGBl. 544/1984, (A54/83 (G136/85))

cc) des § 8 FAG 1979, BGBl. 673/1978, idF BGBl. 569/1981, (A19/83 (G162/85), A22/83 (G138/85), A23/83 (G150/85), A30/83 (G137/85), A36/83 (G145/85))

einzuleiten.

3. a) Schließlich sind beim VfGH zu den Zahlen A16/83 und A8/85 Klagen der Gemeinden G bzw. W gegen die Bundesländer NÖ bzw. Vbg. mit folgendem Inhalt anhängig:

Die klagenden Parteien erhalten jährliche Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem sogenannten abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der von der "Volkszahl" ausgehe. Die klagenden Gemeinden machen geltend, der im § 8 Abs 3 FAG 1979 bzw. FAG 1985 vorgesehene abgestufte Bevölkerungsschlüssel sei verfassungswidrig.

aa) Zu A16/83 wird folgendes Urteil begehrt:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin für die Jahre 1980, 1981 und 1982 den Differenzbetrag zwischen den auf der Grundlage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (§8 Abs 3 Satz 3 FAG 1979) der Klägerin ausbezahlten Ertragsanteilen an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben einerseits und jenen Beträgen, die sich bei Zugrundelegung der einfachen Volkszahl ergeben würden, andererseits zu bezahlen."

bb) Zu A8/85 wird folgendes Urteil begehrt:

"Die beklagte Partei ist schuldig, die Ertragsanteile der klagenden Partei aus dem FAG 1985, mit Wirkung vom (also rückwirkend), so zu berechnen, wie sie sich nach Wegfall des Satzes 'Für die Gemeinden, die auf Grund des Gebietsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 110/1954, an das Bundesland Niederösterreich rückgegliedert worden sind, ist in jedem Falle der für die Stadt Wien geltende Vervielfältiger anzuwenden' im § 8 Abs 3 FAG 1985 ergeben und den Differenzbetrag gegenüber den Ertragsanteilsberechnungen für vergangene Zeiträume binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang samt 4% Zinsen an die Klägerin zu bezahlen, zu Handen des Klagsvertreters, und die hinkünftig fälligen Beträge jeweils am 10. des Folgemonats."

b) Der VfGH hat aus Anlaß dieser Klagen gemäß Art 140 B-VG amtswegige Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit

aa) des § 8 FAG 1979, BGBl. 673/1978 sowohl in der Stammfassung als auch idF des BG vom , BGBl. 569/1981 (A16/83 (G134/85)) und

bb) des § 8 FAG 1985, BGBl. 544/1984, (A8/85 (G161/85)) eingeleitet.

II. 1. Der VfGH begründet den zu A5/83 gefaßten Einleitungsbeschluß (s. oben I.1.b) - nach einer Darstellung des Sachverhaltes - wie folgt:

"1. Der VfGH geht vorläufig davon aus, daß die vorliegende Klage zulässig ist (vgl. hiezu VfSlg. 9507/1982).

Es scheint, daß die Klage nicht etwa wegen entschiedener Sache deshalb zurückzuweisen ist, weil über eine ähnliche Klage der Stadtgemeinde Krems mit dem soeben zitierten hg. Erkenntnis (ablehnend) entschieden wurde. Damals war die Klage nämlich auf § 2 F-VG 1948 gestützt, während die nun vorliegende Klage auf einen anderen Rechtsgrund, nämlich auf § 4 F-VG 1948 gegründet wird.

Der VfGH wird daher - wie er vorläufig annimmt - über die Klage in der Sache zu entscheiden und dabei die in Betracht kommenden finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden haben. Welche hievon präjudiziell sind, wird unter Z 3 erörtert werden.

2. a) Der VfGH hat im Erk. VfSlg. 9280/1981 (S 327) dargetan, daß die Gemeinde iS des Art 118 Abs 2 und 3 B-VG nicht die konkrete, im Einzelfall zuständige Gemeinde, sondern die abstrakte Gemeinde, also die Gemeinde schlechthin ist. Die für alle Gemeinden geltende gleiche Umschreibung des Wirkungsbereiches sagt aber nichts über den tatsächlichen Umfang der zu besorgenden Aufgaben aus. Dies gilt sowohl für die behördlichen wie für die nichtbehördlichen Aufgaben. Wie sich aus Art 118 Abs 7 B-VG ergibt, rechnet der Verfassungsgesetzgeber damit, daß sogar die den Gemeinden gesetzlich zugewiesenen behörlichen Aufgaben für eine kleine Gemeinde zu große sein können, weshalb er die Möglichkeit vorsieht, die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches auf staatliche Behörden zu übertragen. Andererseits haben dem Art 116 Abs 3 B-VG zufolge Städte mit eigenem Statut neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen. Der Umfang der von den Gemeinden iS des Art 116 Abs 2 B-VG als selbständiger Wirkungskörper zu besorgenden Aufgaben ist überhaupt nicht näher umschrieben.

Den Unterschieden im Umfang der tatsächlich zu besorgenden Aufgaben trägt § 4 F-VG 1948 insofern Rechnung, als danach der zuständige Gesetzgeber, bei Regelung des von den Gebietskörperschaften zu tragenden Aufwandes und der Bundesgesetzgeber bei der Regelung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge sowie bei der Gewährung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung und unter Bedachtnahme darauf, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden, vorzugehen hat. Der für alle Gemeinden gleich umschriebene Wirkungsbereich bildet zwar die Grundlage für die von den Gemeinden zu besorgenden Aufgaben, die in dieser Weise umschriebene abstrakte Gemeinde kann aber keinen Maßstab für die zur Besorgung dieser Aufgaben zu erschließenden Mittel bieten. Es darf auch nicht übersehen werden, daß die Erschließung finanzieller Mittel für die Gemeinden ihrerseits eine Rückwirkung auf den Umfang der von den Gemeinden tatsächlich besorgten Aufgaben hat und insofern auch dem Gesetzgeber - im Rahmen der Verfassungsordnung - ein Instrument zu rechtspolitischen Gestaltungen in die Hand gegeben ist.

Die Regelung des Finanzausgleiches stellt - wie der VfGH im selbsen Erkenntnis (S 334) dargetan hat - das Ergebnis rechtspolitischer - hier finanzpolitischer - Überlegungen dar, bei denen der Gesetzgeber zwar an die Bestimmungen des F-VG 1948 gebunden ist, die ihm aber durch das verfassungsgesetzliche Gleichheitsgebot nicht verwehrt sind, solange er sich im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen bewegt und keinen Exzeß begeht.

Der VfGH nahm unter dem Gesichtspunkt des damaligen Falles nicht an, daß § 8 Abs 3 FAG 1973 (diese Bestimmung gleicht dem § 8 Abs 3 FAG 1979) gegen dieses Verfassungsgebot verstieße.

b) Ausgehend von der im Erk. VfSlg. 9507/1982 vertretenen Ansicht - von der abzurücken der VfGH vorerst keinen Anlaß findet - ergibt sich, daß die klagende Stadtgemeinde Krems bestimmte Verwaltungsaufgaben aus dem Bereich der Bundesvollziehung im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen hat und daß der dadurch entstehende Personal- und Amtssachaufwand dem § 2 F-VG zufolge endgültig von ihr getragen werden muß, da hier gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

Nun scheint aber der den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz konkretisierende § 4 F-VG 1948 insbesondere zu gebieten, bei Regelung des Finanzausgleiches in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung unter der Bedachtnahme darauf, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden, vorzugehen, also etwa darauf Bedacht zu nehmen, ob bestimmte Gruppen von Gemeinden im Durchschnitt höhere Lasten zu tragen haben als andere Gruppen von Gemeinden; dies insbesondere dann, wenn es sich bei diesen Aufgaben um solche handelt, deren Umfang nicht vom Belieben der Gemeinde abhängt, sondern die ihr als behördliche Aufgaben von Gesetzes wegen als zwingend zu besorgen übertragen sind.

Jene Verwaltungsaufgaben aus dem Bereich der Bundesvollziehung, für deren Besorgung die klagende Stadtgemeinde Krems Ersatz begehrt, sind ihr von Gesetzes wegen überantwortet. Sie ist verpflichtet, sie zu erfüllen, wobei es unerheblich ist, ob es die Stadt Krems angestrebt hat, ein eigenes Statut zu bekommen und damit verpflichtet zu sein, auch die Aufgaben der Bezirksverwaltung zu übernehmen.

Die Besorgung der Aufgaben der Bezirksverwaltung neben jenen der Gemeindeverwaltung bewirkt zwar offenbar zusätzliche Kosten. Da aber die Gemeinden mit eigenem Statut - unabhängig von ihrer Einwohnerzahl - bei der Bildung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels iS des § 8 Abs 3 FAG 1979 (und der vergleichbaren vorangegangenen finanzausgleichsrechtlichen Vorschriften) begünstigt werden (die Volkszahl ist bei ihnen mindestens mit 2 zu vervielfachen), findet im Durchschnitt ein gewisser Ausgleich statt. Vor allem aber ist zu beachten, daß ein beträchtlicher Teil der bezirksverwaltungsbehördlichen Agenden in Gemeinden, in denen eine Bundespolizeibehörde besteht, von dieser geführt wird, sodaß dort die Kosten nicht die Gemeinde, sondern den Bund belasten. Unter all diesen Voraussetzungen scheint im gegebenen Zusammenhang die finanzausgleichsrechtliche Regelung für jene Städte mit eigenem Statut, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, verfassungsrechtlich unbedenklich zu sein.

Von dieser Gruppe der Städte mit eigenem Statut scheint sich jedoch deutlich und typisch jene der Gruppe von Städten mit eigenem Statut abzuheben, die über keine Bundespolizeibehörde verfügen. Daß dies nicht der Fall ist, ist vom Willen der Gemeinde nicht beeinflußbar. Die letztgenannte Gruppe - die zwar zahlenmäßig klein ist (es handelt sich nur um die klagende Stadtgemeinde Krems und um die Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs) - ist anscheinend gegenüber den anderen Städten mit eigenem Statut typischerweise mit wesentlich höheren Kosten belastet. Der VfGH nimmt vorläufig an, daß das - bisher unwidersprochen gebliebene - als konkretes Beispiel für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes allenfalls relevante Zahlenmaterial über die Kostenbelastung der Stadtgemeinde Krems und anderer vergleichbarer Städte, wie es in der Replik der Klägerin dargestellt wird, zutrifft und die in dieser Hinsicht anders lautende Schilderung des Bundesministers für Finanzen ins rechte Licht rückt.

Der Finanzausgleichsgesetzgeber hat aber bei der generellen Regelung der Besteuerungsrechte, Abgabenerträge, Finanzzuweisungen und Finanzzuschüsse die offenbar typische höhere Belastung der zuletzt erwähnten Gruppe von Städten mit eigenem Statut nicht berücksichtigt. Damit scheint der Finanzausgleichsgesetzgeber nicht mehr im Rahmen seiner rechtspolitischen Überlegungen gehandelt, sondern einen Exzeß begangen und gegen das - nur eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches darstellende - Gebot des § 4 F-VG 1948 verstoßen zu haben, wonach die in den vorangehenden §§2 und 3 vorgesehene Regelung in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat.

Anders als bei zweifellos (auch) sonst bestehenden Unterschieden in der faktischen Belastung der einzelnen Gemeinden scheint es sich hier um Lasten zu handeln, die typisch und unvermeidlich aufgrund gesetzlicher, die Aufgaben zwischen Gebietskörperschaften festlegender Bestimmungen (die also unmittelbar die Lasten der öffentlichen Verwaltung verteilen) entstehen und die daher jedenfalls gemäß § 4 F-VG bei Regelung des Finanzausgleiches berücksichtigt werden müssen.

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu untersuchen sein, ob etwa die in den FAG 1947 bis 1967 enthaltenen Regelungen über den 'Polizeikostenbeitrag' (den die Gemeinden, in denen eine Bundespolizeibehörde bestand, für die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei an den Bund zu leisten hatten), den zu bezahlen sich die Gemeinde Krems mangels Bestehens einer solchen Behörde ersparte, einen Ausgleich der in Rede stehenden Belastungen mit sich gebracht haben.

3. Diese vorläufig angenommene Verfassungswidrigkeit scheint ihren Sitz im § 8 und in den §§20, 21 FAG 1979 sowie in deren Vorgängern zu haben, die für den vom Klagebegehren erfaßten Zeitraum (jenen seit ) gegolten haben. Dem § 4 iVm § 3 F-VG zufolge steht es nämlich anscheinend dem Finanzausgleichsgesetzgeber frei, ob er seiner Pflicht, auf die Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung Rücksicht zu nehmen, dadurch nachkommt, daß er etwa die Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden (zB § 8 FAG 1979) oder etwa die Finanzzuweisungen (zB § 20 FAG 1979) oder etwa die Finanzzuschüsse (zB § 21 FAG 1979) entsprechend regelt. Alle derartigen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen hätten daher Gelegenheit geboten, auf die besondere Belastung der Städte mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörden Bedacht zu nehmen."

2. In den weiteren Einleitungsbeschl. (s. oben I.2. und 3.) führte der VfGH aus, daß die damit in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen (nämlich des § 8 FAG 1979 in der Stammfassung, des § 8 FAG 1979 idF der Nov. BGBl. 569/1981 oder auch des § 8 FAG 1985) deshalb jeweils präjudiziell sein dürften, weil sie die hauptsächliche Grundlage der einzelnen - auf verschiedene Zeiträume bezogenen - Klagsansprüche zu sein schienen.

Die Bedenken des VfGH waren - soweit sie sich gegen § 8 FAG 1979 in der Stammfassung wendeten - dieselben, und - soweit sie sich gegen dessen Nachfolgebestimmungen richteten - sinngemäß die gleichen, die der Gerichtshof im zitierten, zu A5/83 gefaßten Prüfungsbeschl. gegen diese Vorschrift geäußert hatte.

III. 1. a) Die Bundesregierung erstattete in dem zu G44/85 (Anlaßfall: A5/83) protokollierten Gesetzesprüfungsverfahren folgende Äußerung:

"I.

A. Zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen

Nach Auffassung des VfGH hat es der Verfassungsgesetzgeber gemäß § 4 F-VG 1948 dem einfachen Gesetzgeber freigestellt, ob er seiner Pflicht, auf die Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung Rücksicht zu nehmen, dadurch nachkommt, daß er etwa die Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden (z.B. § 8 FAG 1979) oder etwa die Finanzzuweisungen (z.B. § 20 FAG 1979) oder etwa die Finanzzuschüsse (z.B. § 21 FAG 1979) entsprechend regelt.

Auf dem Boden dieser Auffassung ergibt sich jedoch die Notwendigkeit zu untersuchen, ob alle Bestandteile der vom VfGH in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Hinblick auf die von ihm geäußerten Bedenken auch tatsächlich als präjudiziell angesehen werden können. Nach Auffassung der Bundesregierung wird im gegenständlichen Verfahren etwa nur eine Präjudizialität des § 8 Abs 3 FAG 1979 (sowie entsprechender Vorgängerbestimmungen) anzunehmen sein, da nur diese Bestimmung - nämlich im Zusammenhang mit dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel - Städte mit eigenem Statut besonders berücksichtigt.

Hinsichtlich der Finanzzuweisungen und Zuschüsse erscheint es gleichfalls geboten, den für das Anlaßverfahren präjudiziellen Regelungsbereich näher einzugrenzen. Als präjudiziell in diesem Sinne stellen sich daher nach Ansicht der Bundesregierung


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-
beispielsweise bezogen auf das Finanzausgleichsgesetz 1979


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
hinsichtlich der Finanzzuweisungen nur der (auf Gemeinden Bezug nehmende) § 20 Abs 2 und 3, hinsichtlich der Gewährung von Zuschüssen nur der (auf Gemeinden Bezug nehmende) § 21 Abs 1 dar.

B. Zur Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Lichte des § 4 F-VG 1948

1. Die Bedenken des VfGH

Der VfGH meint, der den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz konkretisierende § 4 F-VG 1948 scheine insbesondere zu gebieten, bei Regelung des Finanzausgleiches in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung unter Bedachtnahme darauf, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden, vorzugehen, also etwa darauf Bedacht zu nehmen, ob bestimmte Gruppen von Gemeinden im Durchschnitt höhere Lasten zu tragen haben, als andere Gruppen von Gemeinden; dies insbesondere dann, wenn es sich bei diesen Aufgaben um solche handle, deren Umfang nicht vom Belieben der Gemeinde abhänge, sondern die ihr als behördliche Aufgaben von Gesetzes wegen als zwingend zu besorgen übertragen seien. Jene Gruppen von Städten mit eigenem Statut, die über keine Bundespolizeibehörde verfügen, sei anscheinend gegenüber den anderen Städten mit eigenen Statut typischerweise mit wesentlich höheren Kosten belastet. Der Finanzausgleichsgesetzgeber habe aber bei der generellen Regelung der Besteuerungsrechte, Abgabenerträge, Finanzzuweisungen und Finanzzuschüsse die offenbar typische höhere Belastung der zuletzt erwähnten Gruppe von Städten mit eigenem Statut nicht berücksichtigt. Damit scheine der Finanzausgleichsgesetzgeber nicht mehr im Rahmen seiner rechtspolitischen Überlegungen gehandelt, sondern einen Exzeß begangen und gegen das - nur eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches darstellende - Gebot des § 4 F-VG 1948 verstoßen zu haben, wonach die in den vorangehenden §§2 und 3 vorgesehene Regelung in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen hat. Anders als bei zweifellos (auch) sonst bestehenden Unterschieden in der faktischen Belastung der einzelnen Gemeinden scheine es sich hier um Lasten zu handeln, die typisch und unvermeidlich auf Grund gesetzlicher, die Aufgaben zwischen Gebietskörperschaften festlegender Bestimmungen (die also unmittelbar die Lasten der öffentlichen Verwaltung verteilen) entstünden und die daher jedenfalls gemäß § 4 F-VG bei Regelung des Finanzausgleiches berücksichtigt werden müßten.

2. Zum Regelungsgehalt des § 4 F-VG 1948

2.1. § 4 F-VG 1948 als spezieller Gleichheitssatz

§4 F-VG 1948 lautet: 'Die in den §§2 und 3 vorgesehene Regelung hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden.'

§4 F-VG 1948 stellt als 'spezieller Gleichheitssatz' - wie der VfGH bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 9280/1981 und auch im gegenständlichen Unterbrechungsbeschluß festgestellt hat - 'nur eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches' dar. § 4 F-VG 1948 ist insoferne - ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses von Ländern und Gemeinden § 8 Abs 2 zweiter Satz F-VG 1948 - Ausdruck eines allgemeinen Sachlichkeitsgebotes (Gerechtigkeitsgebotes) im Bereich des finanzausgleichsrechtlichen Regelungssystems.

Wie der VfGH ebenso bereits in seinem oz Erkenntnis festgestellt hat, stellt 'die Regelung des Finanzausgleichs ... das Ergebnis rechtspolitischer - hier finanzpolitischer - Überlegungen dar, bei denen der Gesetzgeber zwar an die Bestimmungen des F-VG 1948 gebunden ist, die ihm aber durch das verfassungsgesetzliche Gleichheitsgebot nicht verwehrt sind, solange er sich im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen bewegt und keinen Exzeß begeht'. Gerade hinsichtlich der von der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya im damaligen Verfahren relevierten Frage, inwieweit im Rahmen des Systems des abgestuften Bevölkerungsschlüssels das Fixieren des Verteilungskriteriums (Volkszahl) auf ein Jahrzehnt bzw. die mehrjährige Geltungsdauer des FAG 1973 dem Sinn des § 4 F-VG 1948 widersprächen, hat der VfGH festgestellt, daß der Gesetzgeber diesbezüglich bei der Regelung des § 8 Abs 3 erster und zweiter Satz FAG 1973 im Rahmen rechtspolitischer Überlegungen gehandelt habe, die - außer im Falle eines im gegebenen Zusammenhang tatsächlich nicht vorliegenden Exzesses - nicht am Gleichheitssatz gemessen werden könnten und nicht der Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterlägen.

Es stellt sich somit nunmehr die Frage, ob der vom VfGH im gegenständlichen Verfahren G44/85 aufgezeigte, am Anlaßfall orientierte Prüfungsgesichtspunkt die Gleichheitswidrigkeit der in Prüfung gezogenen finanzausgleichsgesetzlichen Bestimmungen im Lichte des § 4 F-VG 1948 zur Folge hat. Dabei hat der VfGH - wie bereits erwähnt - vorläufig den Umstand als maßgeblich angenommen, daß es sich im vorliegenden Zusammenhang um Kostenbelastungen von Gemeinden handelt, die typisch und unvermeidlich aufgrund gesetzlicher, die Aufgaben zwischen Gebietskörperschaften festlegender Bestimmungen (die also unmittelbar die Lasten der öffentlichen Verwaltung verteilen) entstehen und daher jedenfalls gemäß § 4 F-VG 1948 berücksichtigt werden müssen.

2.2. Spezielle Sachlichkeitskriterien des § 4 F-VG 1948

Nach § 4 F-VG 1948 bestimmt sich die Sachlichkeit der in den §§2 und 3 F-VG 1948 vorgesehenen Regelung nach zwei verschiedenen Sachlichkeitskriterien: Einerseits hat sie 'in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung' zu erfolgen (Lastenadäquanz), andererseits hat sie 'darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden' (Leistungsfähigkeit). Bezugspunkt dieser speziellen Sachlichkeitskriterien ist das gesamte finanzausgleichsrechtliche Regelungssystem (arg.: 'die in den §§2 und 3 vorgesehene Regelung'), soweit es von den §§2 und 3 des Finanzverfassungsgesetzes erfaßt wird. Nicht nur im Verhältnis zwischen dem Bund und den übrigen Gebietskörperschaften, sondern auch im Verhältnis zwischen Ländern und Gemeinden, das auch hinsichtlich der Landesumlage in § 3 Abs 2 F-VG 1948 ausdrücklich angesprochen wird, haben daher diese speziellen Sachlichkeitskriterien des § 4 F-VG 1948 - Lastenadäquanz und Leistungsfähigkeit - Anwendung zu finden.

Nun kann aber das Kriterium 'Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung' angesichts der Komplexität des vom Finanzverfassungsgesetzgeber vorgegebenen Finanzausgleichssystems wohl keineswegs so verstanden werden, daß jede einzelne Verwaltungsagende durch den Finanzausgleichsgesetzgeber jeder zu beteilenden Gebietskörperschaft jeweils ausdrücklich abgegolten werden müßte. Zwar werden gesetzliche Pflichtaufgaben regelmäßig im Rahmen des Finanzausgleichs zu berücksichtigen sein, aus § 4 F-VG 1948 wird aber nicht hinsichtlich jeder einzelnen im Bereich gesetzlicher Pflichtaufgaben wahrzunehmenden Verwaltungsagende ein Gebot zur exakten finanzausgleichsmäßigen Aufwandsvergütung abgeleitet werden können. Vielmehr muß auch hier - durchaus im Sinne der Judikatur des VfGH - davon ausgegangen werden, daß der Finanzverfassungsgesetzgeber - unter Beachtung des allgemeinen Exzeßverbotes - ein an rechtspolitischen, nämlich finanzpolitischen Gesichtspunkten orientiertes und entsprechend flexibles Finanzausgleichssystem zwischen den Gebietskörperschaften zu erstellen hat, da starre, kasuistische Detail- bzw. Einzelfallbestimmungen nach der Konzeption des F-VG 1948 auch hinsichtlich einer Regelung 'in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung' dem finanzverfassungsrechtlich angelegten System des Finanzausgleichs fremd sind.' Dies wird im übrigen insbesondere dadurch unterstrichen, daß durch § 12 F-VG 1948 der Finanzverfassungsgesetzgeber selbst den einfachen Bundesgesetzgeber zu einer - andernfalls gänzlich systemwidrigen und überflüssigen - generell-abstrakten 'Härteausgleichsregelung' ermächtigt und dadurch dem speziellen Gleichheitsgehalt des § 4 F-VG 1948 eine besondere Prägung verliehen hat (zum Verhältnis des § 12 zu § 4 F-VG 1948 vgl. die Ausführungen unter Pkt. 4).

3. Gleichheitskonformität der finanzausgleichsrechtlichen Verteilung von Erträgen der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die Gemeinden

3.1. Zur Sonderstellung der Städte mit eigenem Statut im Rahmen der Ertragsverteilung

Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich vorerst die allgemeine Frage nach der sachlichen Rechtfertigung jener in Prüfung stehenden Regelungen, welche die Städte mit eigenem Statut betreffen, gegenüber den vergleichbaren, für andere Gemeinden geltenden Regelungen. Somit ist zunächst zu prüfen, ob und inwieweit überhaupt die rechtliche Notwendigkeit besteht, Städten mit eigenem Statut im Rahmen der Regelung des Finanzausgleiches zusätzliche Mittel zur Bewältigung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben (Art116 Abs 3 letzter Satz B-VG) zur Verfügung zu stellen.

Zunächst zu den Städten mit eigenem Statut mit weniger als 20.000 Einwohnern: Hier sei beispielsweise auf Waidhofen an der Ybbs verwiesen. Die Stadtgemeinde Waidhofen/Ybbs wies zum Zeitpunkt der Volkszählung 1981 einen Bevölkerungsstand von 11. 325 Einwohnern auf (Statistisches Handbuch für die Republik Österreich, 1984, Seite 24). Die Sonderstellung dieser Gemeinde gemäß Art 116 Abs 3 letzter Satz B-VG, nämlich der Umstand, daß diese Gemeinde neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die der Bezirksverwaltung zu besorgen hat, erscheint bereits durch die Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels (§8 Abs 3 FAG 1979 sowie die entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) abgegolten. Denn die genannte Stadtgemeinde gerät allein wegen ihrer besonderen Rechtsstellung als Stadt mit eigenem Statut in den Genuß eines höheren Bevölkerungsschlüssels als er ansonsten nach den jeweils einschlägigen Finanzausgleichsregelungen den Gemeinden bis zu 20.000 Einwohner zustünde. Bereits durch diese außerordentliche Vergünstigung kann der aus ihrer Sonderstellung erwachsende Mehraufwand der Gemeinde Waidhofen/Ybbs grundsätzlich als abgegolten angesehen werden.

Für jene Städte mit eigenem Statut, die zwischen 20.000 und 50.000 Einwohner aufweisen, sei hier als Beispiel die Stadtgemeinde Wiener Neustadt (35.006 Einwohner nach der Volkszählung 1981, Statistisches Handbuch für die Republik Österreich 1984, Seite 24). Bei den Städten mit eigenem Statut dieser Größenordnung geht der Finanzausgleichsgesetzgeber offenbar davon aus, daß bereits allein aufgrund der allgemeinen Einstufung von Gemeinden dieser Größenordnung nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel auch dem aufgrund dieser Bevölkerungszahl und ihrer Sonderstellung gemäß Art 116 Abs 3 letzter Satz B-VG erhöhten Aufgabenfall grundsätzlich in ausreichendem Ausmaß Rechnung getragen ist.

Hinsichtlich der Städte mit eigenem Statut mit über 50.000 Einwohnern (zB die Stadtgemeinde Salzburg mit 139.426 Einwohnern nach der Volkszählung 1981, Statistisches Handbuch für die Republik Österreich, 1984, Seite 24) ließ sich der Finanzausgleichsgesetzgeber offenbar seit jeher von der Überlegung leiten, daß diese Gruppe von Städten mit eigenem Statut ohnedies durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel am stärksten begünstigt wird, sich also daher eine besondere Berücksichtigung bei der Verteilung der Erträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben schon allein wegen dieser besonderen Begünstigung erübrige.

3.2. Zur Frage der Gleichbehandlung der Städte mit eigenem Statut im Rahmen der Ertragsverteilung

3.2.1. Allgemeines

Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die Verteilung der Abgabenerträge der gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüsseln (§8 Abs 3 FAG 1979 und gleichartige Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) insoferne zu einer Ungleichgewichtigkeit bei der Tragung der Lasten der öffentlichen Verwaltung führen könnte, als die finanzielle Belastung innerhalb der Gruppe der Städte mit eigenem Statut je nachdem unterschiedlich sein kann, ob in diesen Städten eine Bundespolizeibehörde besteht, die jene Agenden, welche ansonsten durch eine Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgen sind, wahrnimmt.

Nun könnte zunächst behauptet werden, die in diesem Zusammenhang in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen seien alleine insoferne wegen Verstoßes gegen § 4 F-VG 1948 verfassungswidrig, als sie nicht ausdrücklich auf die abstrakte Gruppe der Städte mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörden durch Abgeltung der für sie dadurch erwachsenden Mehrbelastungen Bedacht nehmen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß diese Behauptung in Wahrheit nur dann gerechtfertigt wäre, wenn die in Rede stehende finanzausgleichsgesetzliche Regelung auch zu einer tatsächlichen Ungleichbehandlung dieser Gruppe von Städten mit eigenem Statut, die seit jeher lediglich zwei Gemeinden, nämlich die Stadtgemeinde Krems und die Stadtgemeinde Waidhofen/Ybbs umfaßt, führen würde. Dabei muß für die Feststellung einer tatsächlichen Ungleichbehandlung im vorliegenden Zusammenhang von jenen Sachverhalten ausgegangen werden, die durch die in Prüfung gezogenen Regelungen unter dem Aspekt mangelnder Berücksichtigung von 'Polizeiverwaltungskosten' überhaupt betroffen werden konnten.

3.2.2. Der Fall Waidhofen/Ybbs

Von den beiden genannten Gemeinden weist Waidhofen an der Ybbs eine Bevölkerung von weniger als 20.000 Einwohnern auf. Diese Stadtgemeinde gerät damit allein wegen ihrer besonderen Rechtsstellung als Stadt mit eigenem Statut in den Genuß eines höheren Bevölkerungsschlüssels, als er ansonsten nach den einschlägigen Finanzausgleichsbestimmungen, wie etwa § 8 Abs 3 FAG 1979, den Gemeinden bis 20.000 Einwohnern zustünde. Nach Ansicht der Bundesregierung kann aber allein durch diese außerordentliche Vergünstigung der aus ihrer Sonderstellung gemäß Art 116 Abs 3 letzter Satz B-VG bedingte Mehraufwand einschließlich des aus dem Fehlen einer Bundespolizeibehörde erwachsenden Mehraufwandes der Gemeinde Waidhofen/Ybbs als tatsächlich abgegolten angesehen werden, so daß keinesfalls von einer finanzausgleichsgesetzlichen Nichtberücksichtigung und auch nicht von einer dadurch bedingten tatsächlichen Ungleichbehandlung dieser Stadt mit eigenem Statut gesprochen werden kann.

3.2.3. Der Fall Krems an der Donau

Eine 'abstrakte Gruppe' von Städten mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörden, die über 20.000 Einwohner aufweisen, hat der Finanzausgleichsgesetzgeber nicht durch eine gleichartige Regelung berücksichtigt. Eine genaue Betrachtung zeigt allerdings, daß während des gesamten prüfungsgegenständlichen Zeitraumes lediglich die Stadtgemeinde Krems die besonderen Merkmale dieser 'Gruppe' erfüllt.

Vorausgeschickt sei, daß den folgenden Überlegungen der Einfachheit halber die von der Stadt Krems an der Donau geltend gemachten Polizeikosten - ohne daß dies ihre berechnungsmäßige Anerkennung in der behaupteten Höhe bedeuten würde - zugrundegelegt werden. Zur vorläufigen Annahme des VfGH, der Bund habe durch die Nichtberücksichtigung der höheren Belastung der Städte mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörden einen Exzeß begangen und damit gegen das Gebot des § 4 F-VG 1948 verstoßen, wird zunächst auf die angeschlossenen Tabellen verwiesen. Daraus ist nämlich ersichtlich, daß die von der Stadt Krems an der Donau eingeklagten Polizeikosten im Verhältnis zu den Abgabeneinnahmen allein bzw. den Abgabeneinnahmen unter Einbeziehung der Bedarfszuweisungen eine marginale Größe ausmachen und sich zwischen 1,96% und 2,27% bewegen. Durch den Umstand allein, daß die Polizeikosten im Verhältnis zu den Abgabeneinnahmen unter Einbeziehung der Bedarfszuweisungen im Schnitt der von der Bundesregierung untersuchten Jahre 1972 bis 1978 2,09% betragen, kann wohl die Annahme einer finanzausgleichsgesetzlich bedingten tatsächlichen Ungleichbehandlung der Stadt Krems an der Donau als widerlegt angesehen werden, da bei diesen Größenordnungen wohl nicht von einem 'Exzeß' gesprochen werden kann (Tabelle I).

Aus der Darstellung der Abgabeneinnahmen (ohne Gebühren für die Benützung der Gemeindeeinrichtungen und -anlagen und ohne Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern) der Stadt Krems an der Donau und der nach der jeweiligen Einwohnerzahl nächsten 15 Gemeinden - jedoch ohne die betreffenden Gemeinden des Landes Vorarlberg (Dornbirn, Bregenz und Feldkirch), die wegen des erheblichen West-Ost-Gefälles in bezug auf die Finanzkraft der Gemeinden für einen Vergleich mit der Stadt Krems nicht geeignet erscheinen - zeigt sich, daß Krems unter Berücksichtigung der Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse des Bundes sowie der Bedarfszuweisungen des Landes Niederösterreich im Jahre 1978 (Grundlage: FAG 1973) über eine Finanzkraft von 5.643,60 S je Einwohner verfügte. Krems lag damit über dem Durchschnitt (5.528 S) der genannten vergleichbaren Gemeinden und wurde nur von den drei wesentlich größeren Industriestädten St. Pölten, Wels und Steyr sowie von der Kurstadt Baden übertroffen (Tabelle II). Läßt man jedoch bei Baden die Spielbankabgabe wegen ihres besonderen Charakters unberücksichtigt, liegt Krems mit Baden nahezu gleich.

In der Tabelle III wird die Finanzkraft der gleichen Gemeinden je Einwohner für das Jahr 1979 (Grundlage: FAG 1979) dargestellt, wobei sich ein ähnliches Bild zeigt: Die Stadtgemeinde Krems liegt über dem Durchschnitt der vergleichbaren Gemeinden und wird nur von Wels, Steyr und Baden (hier nur bei Berücksichtigung der Spielbankabgabe) sowie Traun überholt.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden:

Die Kosten der Stadt Krems an der Donau für die Besorgung polizeilicher Angelegenheiten machen unter Berücksichtigung der Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse des Bundes und der Bedarfszuweisungen des Landes rund 2% der Abgabeneinnahmen aus.

Die Stadtgemeinde Krems war in den Jahren 1978 und 1979 hinsichtlich ihrer Finanzkraft je Einwohner günstiger gestellt, als der Großteil der Gemeinden vergleichbarer Größenordnung.

3.2.4. Gleichheitskonformität der finanzausgleichsgesetzlichen Regelung der Besteuerungsrechte oder der Abgabenerträge

Die Bundesregierung geht davon aus, daß bei der gleichheitsrechtlichen Beurteilung der in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen dem Umstand eine besondere Bedeutung zukommt, daß die Stadt Krems aufgrund des geschilderten, seit 1948 unveränderten Sachverhaltes als Stadt mit eigenem Statut mit mehr als 20.000 Einwohnern und ohne Bundespolizeibehörde einen besonderen Einzelfall darstellt und nicht etwa einen Unterfall einer nach abstrakt typisierenden Merkmalen zu unterscheidenden Gruppe bildet. Daher meint die Bundesregierung, daß es auch nicht Aufgabe der notwendigerweise generellen Regelung der Besteuerungsrechte oder der Abgabenerträge sein kann und konnte, diesen Sonderfall einer ausdrücklichen generellen Regelung zu unterwerfen. Eine allein auf diesen Umstand gegründete Verfassungswidrigkeit etwa des § 8 Abs 3 FAG 1979 (oder vergleichbarer Vorläuferbestimmungen) scheidet somit nach Ansicht der Bundesregierung und wohl auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB das Erkenntnis vom , G34/83-10) aus.

Angesichts des dargestellten einzelfallspezifischen Sachverhaltes erschiene auch ein allfälliger Vorwurf verfehlt, der Finanzausgleichsgesetzgeber hätte die besondere abstrakte Merkmalskonstellation der Städte mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörden in einer dem § 4 F-VG 1948 widersprechenden Weise systematisch so vernachlässigt, daß in vorhersehbarer Weise eine dem Gebot des § 4 F-VG 1948 entsprechende Regelung gemäß den §§2 und 3 F-VG 1948 in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung unterblieben sei. Im Hinblick auf den tatsächlichen Sachverhalt wäre nämlich eine auf die konkreten Umstände der Stadt Krems bezogene Regelung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge im Rahmen des diesbezüglichen allgemeinen Regelungssystems systemwidrig und daher nicht am Platz. Nicht zuletzt ergibt sich aus der geschilderten und seit 1948 unveränderten Sachlage, daß es sich hier nicht um eine durch den Finanzausgleichsgesetzgeber bewußt in Kauf genommene und daher verfassungswidrige Ungleichbehandlung, sondern höchstens - im Hinblick auf das System des abgestuften Bevölkerungsschlüssels - um einen - tatsächlich vereinzelten - Härtefall handelt (vgl. auch dazu das oz Erkenntnis des ).

Insbesondere ist jedoch im vorliegenden Zusammenhang zu beachten, daß der Finanzverfassungsgesetzgeber selbst Härtefälle im Bereich der Verteilung von Abgabenertragsanteilen nicht ausschließt. Dies ergibt sich eindeutig aus der Formulierung des § 12 Abs 1 F-VG 1948. Wie anders wäre es sonst zu erklären, daß der Finanzverfassungsgesetzgeber in § 12 Abs 1 letzter Satz F-VG 1948 ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, Bedarfszuweisungen unter anderem zum Ausgleich von Härten zu gewähren, 'die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben'. Damit wird hinreichend deutlich, daß der Finanzverfassungsgesetzgeber von vornherein damit gerechnet hat, daß die Verteilung von Abgabenertragsanteilen zu Härten führen kann oder sogar muß, die einer besonderen nachträglichen Korrektur bedürfen.

Auch dies beweist, daß die vom VfGH in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen, die sich - wie vor allem jene des abgestuften Bevölkerungsschlüssels - auf die Verteilung von Abgabenertragsanteilen beziehen, somit unter den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Gesichtspunkten - wie bereits dargelegt - keinesfalls als gleichheitswidrig angesehen werden können (zum besonderen Verhältnis des § 12 zu § 4 F-VG 1948 vgl. die Ausführungen unter Pkt. 4).

Es bleibt somit nunmehr lediglich zu prüfen, ob ein sich für die Stadt Krems möglicherweise ergebender Härtefall nicht eine ausdrückliche Berücksichtigung im Rahmen der Finanzzuweisungen und Zuschüsse erforderlich gemacht hätte.

4. Gleichheitskonformität der finanzausgleichsgesetzlichen Regelung von Finanzzuweisungen und Zuschüssen

4.1. Zum allgemeinen System des Finanzausgleichs

Die in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Regelungen beruhen durchwegs auf einem gleichartigen Grundkonzept: Demnach werden die Vorschriften über die generelle Regelung der Besteuerungsrechte und der Abgabenerträge durch ausgleichende Bestimmungen betreffend Zuweisungen (zB § 10 Abs 1 letzter Satz und § 20 FAG 1979 und entsprechende Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) und Zuschüsse (§21 FAG 1979 und entsprechende Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) ergänzt. Im Rahmen dieses Regelungssystems nimmt die gemeindebezogene Bedarfszuweisung als zweckspezifisches Ausgleichsinstrument im Sinne des § 12 Abs 1 F-VG 1948 eine besondere Stellung ein.

4.2. Die gemeindebezogene Bedarfszuweisung (zB § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979) im allgemeinen System des Finanzausgleichs

Hinsichtlich der Möglichkeit einer Berücksichtigung der kostenmäßigen Mehrbelastung der Stadt Krems im Rahmen der Finanzzuweisungen und Zuschüsse ist von folgenden - aus dem gesamten finanzausgleichsrechtlichen System ableitbaren - Überlegungen auszugehen:

Sämtliche in Rede stehende Finanzausgleichsgesetze sehen das Institut der Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände vor (z.B. § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 und entsprechende Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze). Das Institut der Bedarfszuweisung stellt ein wesentliches Instrument des Finanzausgleichs dar und ist daher für die Beantwortung der Frage, ob eine § 4 F-VG 1948 entsprechende Regelung betreffend die Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung getroffen wurde, in gleicher Weise miteinzubeziehen wie die jeweils einschlägigen Bestimmungen über Finanzzuweisungen und Zuschüsse.

Es handelt sich bei § 10 Abs 1 letzter Satz des Finanzausgleichsgesetzes 1979 (ebenso wie bei den entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) um eine wesentliche, das System der Regelung der Besteuerungsrechte, Abgabenerträge, Finanzzuweisungen und Zuschüsse ergänzende Bestimmung: Sie versetzt die Länder in die Lage, den Gemeinden entsprechende finanzielle Mittel zur Herstellung eines durch die generellen Verteilungskriterien nicht erreichbaren gerechten Finanzausgleiches zur Verfügung zu stellen.

Nach Ermittlung der den Gemeinden länderweise zukommenden Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind nämlich beispielsweise gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 13,5 v.H. auszuscheiden und den Ländern zu überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel). Nach Auffassung der Bundesregierung stellt diese Bestimmung zusammen mit den Aufteilungsvorschriften des § 8 und den Finanzzuweisungen und Zweckzuschüssen gemäß den §§20 und 21 FAG 1979 - von den finanzpolitischen Überlegungen des Finanzausgleichsgesetzgebers her gesehen - eine Einheit dar. Diese Bestimmung (bzw. die entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) darf daher bei der Beurteilung der Frage, ob durch das Finanzausgleichsgesetz 1979 (bzw. frühere Finanzausgleichsgesetze) dem Grundsatz des § 4 F-VG 1948 Rechnung getragen wurde, nach Ansicht der Bundesregierung keinesfalls außer Acht gelassen werden.

4.3. Die Funktion von Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüssen unter den Gleichheitsanforderungen des Finanzverfassungsrechts

a) Mit der Gewährung von Bedarfszuweisungen müssen gemäß § 12 F-VG 1948 folgende Zwecke verfolgt werden:

Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt.

Ausgleich von Härten, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.

Diese Zwecksetzungen zielen primär auf die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde ab (§4 zweiter Halbsatz F-VG 1948).

Weiters können Bedarfszuweisungen zur Bedeckung außergewöhnlicher Erfordernisse gewährt werden. Hiemit ist vorwiegend - wie im vorliegenden Fall - die Lastenverteilung (§4 erster Halbsatz F-VG 1948) angesprochen: bestimmte - außergewöhnliche - Aufgaben bedingen Ausgaben, welche finanziell gedeckt werden müssen (bzw. sollen).

b) Die Gewährung von Zweckzuschüssen knüpft jedenfalls an die Aufgabenerfüllung an; meist wird sogar die Erfüllung einer Pflichtaufgabe der Anlaß für den Transfer sein. Auch die Gewährung von Zweckzuschüssen hat somit notwenig die Lastenverteilung im Sinne einer Lastenadäquanz im Blickpunkt und dient damit der Anpassung der Finanzströme an die Lastenverteilung (vgl. § 4 erster Halbsatz F-VG 1948).

c) Gemäß § 13 F-VG 1948 kann die Gewährung von Bedarfszuweisungen (und zwar ohne Einschränkung auf einen bestimmten der drei Anlässe einer Gewährung) und Zweckzuschüssen an Bedingungen geknüpft werden, die der Erhaltung oder Herstellung des Gleichgewichtes im Haushalt der empfangenden Gebietskörperschaft dienen oder mit dem Zuschußzweck zusammenhängen. Auch in dieser Bestimmung drückt sich die Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit und Leistungsverteilung aus.

Die in den §§12 und 13 F-VG 1948 genannten Voraussetzungen bzw. Steuerungsinstrumente für die Gewährung von Bedarfszuweisungen und Zweckzuschüssen erweisen sich somit als Konkretisierungen und Operationalisierungen der Sachlichkeitsgebote des § 4 und des § 8 Abs 2 zweiter Satz F-VG 1948. Die im F-VG 1948 normierten Sachlichkeitsgebote sind daher nicht nur in seinen §§4 und 8 Abs 2, sondern implizit auch in den §§12 und 13 enthalten. Die allgemeinen Gerechtigkeitsgebote gemäß § 4 und § 8 Abs 2 F-VG 1948 beziehen sich somit in erster Linie auf den 'primären Finanzausgleich' (Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenrechte sowie Regelung der Umlagen). Zugleich wurden aber vom Finanzverfassungsgesetzgeber im III. Abschnitt des F-VG diverse Transfermöglichkeiten bereitgestellt, die ausschließlich auf bestimmte Aspekte der Lastenverteilung (außergewöhnliche Erfordernisse, gesetzlich geregelte Verwaltungsaufgaben) bzw. auf die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit hin konzipiert sind. Damit hat der Finanzverfassungsgesetzgeber offenbar erkannt, daß der gesetzlich vorgesehene primäre Finanzausgleich korrekturbedrüftig sein kann oder auch muß, indem er selbst die Gebote des § 4 und § 8 Abs 2 zweiter Satz FVG 1948 unter Umständen - etwa aufgrund seines generell-abstrakten Regelungscharakters - noch nicht vollständig erfüllt.

Wenn auch die vorerwähnten Sachlichkeitsgebote nach Durchführung des primären Finanzausgleiches und der Verteilung der Schlüsselzuweisungen noch nicht vollständig erfüllt sein müssen, so muß ihnen doch zweifelsohne vom Finanzausgleichsgesetzgeber soweit Rechnung getragen werden, daß mit den durch die anderen gesetzlich vorzusehenden Verteilungsinstrumente (Zweckzuschüsse und Bedarfszuweisungen) bereitgestellten Mitteln den von verfassungs wegen noch zu leistende Ausgleich auch tatsächlich bewältigt werden kann. Es kommt somit auf das Verhältnis der Finanzmassen an, die im Wege der beiden Verteilungssysteme auf die Gebietskörperschaften aufgeteilt werden.

Die genannten Transfermöglichkeiten sind gesetzlich so einzusetzen, daß sie der Erreichung der Ziele Leistungsfähigkeit und Lastenadäquanz dienen, also zu ihrer Erreichung beitragen. Als das im Hinblick auf seine Anwendbarkeit wichtigste der drei Instrumente - Bedarfszuweisungen, Schlüsselzuweisung und Zweckzuschüsse - ist hiebei die Bedarfszuweisung anzusehen, da sie gleichsam als 'letztes' Verteilungsinstrument (nach Zuweisung der Mittel durch den primären und teilweise auch sekundären Finanzausgleich) zur 'Finalisierung', und zwar im Hinblick auf beide Teilziele (Leistungsfähigkeit und Lastenadäquanz), dienen kann.

Nach Ansicht der Bundesregierung sind an dieser Stelle die mit dem F-VG 1948 verbundenen Intentionen des Finanzverfassungsgesetzgebers bezüglich der grundsätzlichen Neueinführung zweier Verteilungssysteme (Abgaben- und Dotationssystem) in den österreichischen Finanzausgleich hervorzuheben:

Gemäß den Erläuterungen zu § 3 F-VG 1948 sollte der Bund bei Aufteilung der Mittel auf Länder und Gemeinden vorwiegend das Abgabenteilungssystem anwenden; den Finanzzuweisungen des Bundes sollte nur eine ergänzende Rolle zukommen. Die Erläuterungen zu § 12 F-VG 1948 lassen zwar eine solche Vorrangstellung des Abgabenteilungssystems nicht erkennen, überlassen es aber jedenfalls der einfachen Bundesgesetzgebung, in welcher Weise die beiden Systeme miteinander verbunden werden sollen.

Wie bereits erwähnt, muß die Verknüpfung der beiden Systeme zu einem Gesamtsystem jedenfalls so erfolgen, daß die aufgrund dieser Verteilungsvorschriften tätig werdenden Gebietskörperschaften die dargelegten Sachlichkeitsgebote auch tatsächlich erfüllen können. Kennzeichnend für alle Finanzausgleichsgesetze seit 1948 ist es nun, daß stets beide Systeme zur Anwendung kommen und daß bei der Aufteilung der Mittel auf die Gemeinden - in Anlehnung an die grundsätzliche Gemeinderechtskompetenz der Länder (Art115 Abs 2 B-VG) - ein beachtlicher Teil der für die Gemeinden bestimmten Mittel durch die Länder in Form von Bedarfszuweisung zu vergeben ist, so daß hiemit den Ländern bei der Erfüllung der finanzverfassungsgesetzlichen Sachlichkeitsgebote eine bedeutende Rolle zukommt.

d) Das Instrument der Bedarfszuweisung ist - wie erwähnt - von allen Instrumenten des F-VG 1948 am flexibelsten. Es kann sowohl bei der Finanzierung besonderer Aufgaben ('außergewöhnliche Erfordernisse') als auch zum Ausgleich von Härten eingesetzt werden und darüber hinaus mit entsprechenden Bedingungen verknüpft werden. Zudem steht es hinsichtlich seiner Verwendung durch die Länder nicht unter Gesetzesvorbehalt.

Der Bund hat demgemäß zur näheren Bestimmung der Verteilung der den Ländern gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (und entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichgesetze) überwiesenen Ertragsanteile an die Gemeinden lediglich das Verteilungsinstrument, nämlich die Bedarfszuweisung, festgelegt. Hiemit sind die in den §§12 und 13 F-VG 1948 festgelegten allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung dieses Instruments Bestandteil des in § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (und entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) verfügten Verteilungsvorganges. Hiedurch erscheint eine Verteilung der gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (und entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) den Ländern überwiesenen Mittel als Korrektur und Ergänzung der übrigen Unterverteilung, in Anpassung an die Lastenverteilung und unter Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht nur möglich, sondern - im Hinblick auf die in den §§12 und 13 F-VG 1948 beschriebenen Anwendungsvoraussetzungen des Instrumentes 'Bedarfszuweisungen' - auch geboten, was der seitens des Bundes mit dieser Konstruktion der Unterverteilung jedenfalls verfolgten Absicht entspricht, die Ziele der Bedarfsgerechtigkeit und der Zweckmäßigkeit gleichermaßen zu verwirklichen.

Die Handhabung des Verteilungsinstruments 'Bedarfszuweisung' erfolgt im selbständigen Wirkungsbereich der Länder und ist somit der Kontrolle des Bundes entzogen. Der Bund hat daher auch keinen Einfluß auf die tatsächliche Verwendung der Mittel und auf die Form der Verteilung (direkte Verteilung an die Gemeinden durch die Landesregierung oder Zwischenschaltung dritter, von Land und Gemeinden verschiedener Personen, z.B. Gemeindeinvestitionsfonds).

4.4. Die Bedarfszuweisung als Instrument des fallspezifischen Härteausgleichs für die verfahrensgegenständliche Fragestellung

Auf den im gegenständlichen Verfahren relevanten Sachverhalt bezogen, ist in diesem Zusammenhang folgendes festzuhalten:

Es trifft zu, daß in zwei Städten mit eigenem Statut keine Bundespolizeibehörden errichtet wurden (Krems an der Donau und Waidhofen an der Ybbs). Da es dem Bundesgesetzgeber bei einer Anzahl von 2300 Gemeinden nicht möglich ist, eine dem § 4 F-VG 1948 entsprechende gesetzliche Regelung für jede einzelne Gemeinde in Übereinstimmung mit den in den verschiedenen Gemeinden jeweils zu tragenden Lasten der öffentlichen Verwaltung und unter Bedachtnahme auf die für jede Gemeinde unterschiedlichen Grenzen der Leistungsfähigkeit vorzunehmen, hat er im § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (sowie in entsprechenden Bestimmungen vorangegangener Finanzausgleichsgesetze seit 1948) den Ländern ein Instrumentarium in die Hand gegeben, um die durch das jeweilige Finanzausgleichsgesetz naturgemäß bedingten geringfügigen Ungleichgewichte auszugleichen. Gemäß § 10 Abs 1 FAG 1979 (sowie entsprechender Bestimmungen vorangegangener Finanzausgleichsgesetze) werden nämlich zum Zwecke der Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben mit Ausnahme der Spielbankabgabe zunächst - nach Ausscheiden der auf Wien als Gemeinde entfallenden Quote - die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im § 8 Abs 2 angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt. Von den so länderweise errechneten Beträgen sind 13,5 v. H. auszuscheiden und den Ländern zu überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Lebensmittel). Aus diesem Titel stand etwa 1983 den Ländern insgesamt ein Betrag von 3,1 Mrd S zur Gewährung von Bedarfszuweisungen an die Gemeinden, dem Land Niederösterreich ein Betrag von rund 700 Mill. S zur Verfügung. Gemäß § 12 F-VG 1948 können Bedarfszuweisungen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben.

Die Bundesregierung sieht sohin gerade in diesen Bestimmungen (§10 FAG 1979 und entsprechende Bestimmungen vorangegangener Finanzausgleichsgesetze, jeweils in Verbindung mit § 12 F-VG 1948) jenes Instrumentarium, das durch den Bund als Finanzausgleichsgesetzgeber geschaffen wurde, um im Finanzausgleich eine gewisse 'Feinsteuerung' hinsichtlich der Mittelvergabe an die Gemeinden durch die Länder vorzunehmen.

In seinem Erkenntnis VfSlg. 9280/1981 hat der VfGH unter anderem ausgeführt: '13,5% der auf die Gemeinden länderweise aufgeteilten Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben werden vorweg (als zweckgebundene Landesmittel) für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände ausgeschieden (§10 Abs 1 FAG 1973); derartige Bedarfszuweisungen können gemäß § 12 Abs 1 und § 13 F-VG 1948 - auch unter Bedingungen - zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Ausgleich von Härten gewährt werden, die sich bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder Schlüsselzuweisungen ergeben'. Der VfGH hat somit in einem tragenden Bestandteil der Begründung für die Verfassungsmäßigkeit des abgestuften Bevölkerungsschlüssels im Rahmen des finanzausgleichsrechtlichen Gesamtsystems gerade die 'Bedarfszuweisungsmittel' als ergänzendes Instrumentarium zum Ausgleich von Härten, die sich bei der Aufteilung von Ertragsanteilen an Gemeinden ergeben können, ausdrücklich anerkannt. Es ist somit nach Ansicht der Bundesregierung davon auszugehen, daß im vorliegenden Fall, bei einer dem § 12 F-VG 1948 entsprechenden Handhabung der 'Bedarfszuweisungsmittel' nach § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (bzw. den entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) eine dem § 4 F-VG 1948 widersprechende Mehrbelastung der Stadt Krems an der Donau schon durch die genannten Bestimmungen der Finanzausgleichsgesetze hintangehalten werden konnte.

C. Zusammenfassung

1. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß die allgemeine Regelung betreffend die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge gemäß § 8 FAG 1979 (sowie entsprechender Bestimmungen früher Finanzausgleichsgesetze) für Städte mit eigenem Statut nicht darauf Bedacht nimmt, ob diese polizeiliche Aufgaben selbst wahrnehmen oder nicht. Dementsprechend haben sich die bei den beiden Städten mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörde durch die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben aufgetretenen verwaltungsmäßigen Mehraufwendungen unvermeidlich aufgrund gesetzlicher, die Aufgaben zwischen Gebietskörperschaften festlegender Bestimmungen (die also unmittelbar die Lasten der öffentlichen Verwaltung verteilen) ergeben.

2.1. Zwar treffen auf die Stadt Krems die 'gruppenspezifischen' Merkmale jener Städte mit eigenem Statut zu, in denen keine Bundespolizeibehörde besteht. Dennoch darf dies nicht über den Umstand hinwegtäuschen, daß es sich hier in Wahrheit, was die Frage der Belastung durch Verwaltungsaufwand anlangt, um einen einmaligen Sonderfall handelt. Denn die hier gleichfalls mangels eigener Bundespolizeibehörde in Betracht kommende Stadtgemeinde Waidhofen/Ybbs gelangt durch eine besondere Begünstigung im Rahmen des angestuften Bevölkerungsschlüssels in den Genuß einer besonderen finanziellen Begünstigung: Hier findet nämlich - anders als für die übrigen Gemeinden bis zu 20.000 Einwohner - ein erhöhter Vervielfältigungsfaktor gemäß § 8 Abs 3 des Finanzausgleichsgesetzes 1979 (bzw. entsprechender vorangegangener Regelungen) Anwendung. Der rechtspolitische (finanzpolitische) Handlungsspielraum, den § 4 F-VG 1948 gewährt, kann diesfalls nach Ansicht der Bundesregierung keinesfalls als verletzt angesehen werden.

2.2. Da die Stadt Krems nun tatsächlich seit jeher im Hinblick auf die Kostentragung für den Verwaltungsaufwand in den sonst Bundespolizeibehörden zugewiesenen Angelegenheiten einen Sonderfall darstellt, so mußte auch dem Finanzausgleichsgesetzgeber des Jahres 1948 und der Folgejahre das vorliegende Problem zutreffenderweise nicht als Ungleichbehandlung einer Gruppe von Gemeinden, sondern äußerstenfalls als - unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse - geringfügige, im Rahmen des jeweiligen Finanzausgleichs jedoch korrigierbare Härte für eine einzelne Stadtgemeinde erscheinen.

Den Umstand, daß hier in Wahrheit im Lichte des durch § 4 F-VG 1948 konkretisierten allgemeinen Gleichheitssatzes lediglich eine übr den Einzelfall nicht hinausreichende, durchaus geringfügige 'Härte' vorlag, stellen die im Anhang enthaltenen Tabellen sowie die Erläuterungen hiezu unter Pkt. B. 3.2.3. nach Auffassung der Bundesregierung deutlich unter Beweis.

3. Bereits der den Gleichheitssatz konkretisierende § 4 F-VG 1948 schließt offenbar auch bei einer allgemeinen Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge gemäß § 8 FAG 1979 (sowie entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) die Entstehung von Härten nicht aus. Dies ergibt sich insbesondere aus § 12 Abs 1 letzter Satz F-VG 1948. Daß somit die generelle Regelung des § 8 FAG 1979 (sowie entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) den Einzelfall einer polizeikostenmäßigen Mehrbelastung von Krems an der Donau unberücksichtigt läßt, kann folglich für sich allein noch nicht zur Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung (bzw. entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) führen. Es ist damit nämlich dem Finanzausgleichsgesetzgeber von verfassungswegen lediglich aufgetragen, im Wege von Zuweisungen und/oder Zuschüssen gemäß § 12 F-VG 1948 für eine Abgeltung der entsprechenden Mehrbelastung zu sorgen.

4.1. Als Korrekturinstrumente für die sich aufgrund der allgemeinen Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge gemäß § 8 FAG 1979 (bzw. entsprechender Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) im Hinblick auf die besonderen, durch gesetzliche Pflichtaufgaben ergebenden Mehrbelastungen kommen - im Sinne des § 12 F-VG 1948 - grundsätzlich die Finanzzuweisungen nach § 20 FAG 1979 (bzw. entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) und/oder die Zuschüsse nach § 21 FAG 1979 (bzw. entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) in Frage, im vorliegenden Zusammenhang ist aber nur die Bedarfszuweisung nach § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (bzw. entsprechenden Bestimmungen früherer Finanzausgleichsgesetze) als das maßgebliche Korrektiv anzusehen. Denn der Finanzausgleichsgesetzgeber hat gerade für derartige Fälle, in denen das Finanzausgleichsgesetz selbst zu Ungleichgewichtigkeiten bei der Verteilung von Abgabenertragsanteilen führt, von der durch den VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 9280/1981 ausdrücklich anerkannten Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Ländern Mittel aus den länderweisen Summen der Gemeindeanteile zur Ausschüttung von Bedarfszuweisungen an die Gemeinden zur Verfügung zu stellen (vgl. z.B. § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979). Dies auch mit gutem Grund, da zweifellos auf Landesebene ein Einblick in die einzelfallspezifischen Besonderheiten kommunaler Haushalte eher möglich und somit die Behebung allfälliger Mehrbelastungen der Stadt Krems durch eine ausgleichende Landesmaßnahme zweckmäßiger ist als im Rahmen des seinem System nach nicht einzelfallspezifisch konzipierten Finanzausgleichsgesetzes.

4.2. Auch wenn sich das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot gemäß § 4 F-VG 1948 hinsichtlich der Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge sowie hinsichtlich der Finanzzuweisungen und der Zweckzuschüsse zunächst nur an den Bundesgesetzgeber wendet, ist die vom Finanzausgleichsgesetzgeber beispielsweise in § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (sowie in entsprechenden Bestimmungen vorangegangener Finanzausgleichsgesetze) verankerte Bedarfszuweisung durchaus geeignet, dem Sachlichkeitsgebot des § 4 F-VG 1948 zu entsprechen. Wie dargelegt, sind nämlich die Länder bei der Gewährung von Bedarfszuweisungen in gleicher Weise wie der Bund an die dem besonderen Sachlichkeitsgebot des § 4 F-VG 1948 entsprechende Regelung des § 12 Abs 1 F-VG 1948 gebunden. Da der Bundesgesetzgeber wohl davon auszugehen hat, daß auch die für die Gewährung von Bedarfszuweisungen zuständigen Landesorgane gemäß dem zwingenden Verfassungsgebot des § 12 F-VG 1948 handeln werden, ergibt sich folgendes Bild:

Die der Stadt Krems aus dem Umstand, daß in ihrem örtlichen Wirkungsbereich keine Bundespolizeibehörde eingerichtet ist, erwachsende, wenn auch marginale Mehrbelastung durch polizeilichen Verwaltungsaufwand war jedenfalls im Rahmen der Unterverteilung gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (bzw. entsprechender Regelungen früher Finanzausgleichsgesetze) in verfassungskonformer Weise abzugelten. Denn die in den §§12 und 13 F-VG 1948 festgelegten allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung von Bedarfszuweisungen im Rahmen der sogenannten Unterverteilung gebieten jedenfalls eine Anpassung an die jeweils bestehende Lastenverteilung.

4.3. Durch das Instrument der Bedarfszuweisung gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (bzw. entsprechender Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) wird daher die vom System der allgemeinen Verteilung der Abgabenerträge und Besteuerungsrechte (vergleiche zB § 8 FAG 1979 und vergleichbare Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze), der sonstigen Finanzzuweisungen (vergleiche zB § 20 FAG 1979 und vergleichbare Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) und der Zuschüsse (vergleiche zB § 21 FAG 1979 und entsprechende Regelungen früherer Finanzausgleichsgesetze) scheinbar hinterlassene Lücke in der Abgeltung verwaltungsgemäßer Mehrbelastungen der Gemeinde Krems an der Donau als Stadt mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörde geschlossen.

5. Die vom VfGH in Prüfung gezogenen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen stehen daher in Wahrheit nur in einem scheinbaren Widerspruch zum Verfassungsgebot des § 4 erster Halbsatz F-VG 1948 (Gebot der Lastenadäquanz). Bedenkt man die durch den Finanzausgleichsgesetzgeber im Anschluß an das allgemeine Verfahren der Aufteilung gemeinschaftlicher Bundesabgaben in Übereinstimmung mit den dem besonderen Sachlichkeitsgebot des § 4 F-VG 1948 entsprechenden finanzverfassungsrechtlichen Regelungen der §§12 und 13 F-VG 1948 wahrzunehmenden Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände, so kann diesbezüglich an der Sachlichkeit des seit 1948 vom einfachen Bundesgesetzgeber getroffenen Finanzausgleichssystems nach Ansicht der Bundesregierung überhaupt kein Zweifel bestehen. Dem Finanzausgleichsgesetzgeber ist im Lichte der vom VfGH bezüglich der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen relevierten Bedenken somit keine Gleichheitsverletzung, geschweige denn ein Exzeß vorzuwerfen.

An dieser Rechtslage vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß sich die von der Stadt Krems im Anlaßfall geltend gemachten verwaltungsmäßigen Mehraufwendungen unvermeidlich aufgrund gesetzlicher, die Aufgaben zwischen Gebietskörperschaften festlegender Bestimmungen (die also unmittelbar die Lasten der öffentlichen Verwaltung verteilen) ergeben haben, da sämtliche Finanzausgleichsgesetze seit dem Jahre 1948 in gleichheitskonformer Weise einen Ausgleich dieser aufwandsmäßigen Mehrbelastung durch Bedarfszuweisungen ermöglicht haben."

b) Die Bundesregierung beantragte auszusprechen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht verfassungswidrig waren.

c) Sie teilte schließlich mit, daß diese Äußerung auch für alle künftigen sachverhaltsgleichen Verfahren zur Prüfung derselben Gesetzesbestimmungen gelte.

2. Offenbar aus diesem Grunde gab die Bundesregierung in den weiteren Gesetzesprüfungsverfahren keine Stellungnahmen ab.

IV. Der VfGH hat erwogen:

A. Zu den Prozeßvoraussetzungen

1. a) Die zu A5/83 erhobene, den Ersatz von besonderen für Polizeiverwaltungsaufgaben erwachsenden Aufwendungen betreffende Klage der Stadtgemeinde Krems gegen den Bund (s. oben I.1.a) ist zulässig (vgl. hiezu zB VfSlg. 9507/1982). Sie ist nicht etwa wegen entschiedener Sache deshalb zurückzuweisen, weil über eine ähnliche Klage der Stadtgemeinde Krems mit Erk. VfSlg. 9507/1982 (ablehnend) entschieden wurde; der geltend gemachte Rechtsgrund ist nämlich in beiden Fällen ein verschiedener: damals wurde die Klage auf § 2 F-VG 1948, nunmehr wird sie auf § 4 F-VG 1948 gestützt.

Der VfGH wird daher über die Klage in der Sache selbst zu entscheiden haben. Er hätte dabei die in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden, die den Finanzausgleich für jenen Zeitraum ( bis ) regelten, für den die Stadtgemeinde Krems vom Bund auf den Ersatz von Polizeiverwaltungskosten bezogene Leistungen begehrt, das sind die Finanzausgleichsgesetze 1948 bis 1979 (die näheren Zitate s. I.1.b).

Präjudiziell in der Bedeutung des Art 140 Abs 1 B-VG sind jene einzelnen Vorschriften dieser Finanzausgleichsgesetze, die - als Minimum - wegzudenken sind, um eine Rechtslage herzustellen, auf die die im Prüfungsbeschluß (s. oben I.1.b) geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht mehr zutreffen; mit anderen Worten: jene einzelnen finanzausgleichsgesetzlichen Regelungen, die aufzuheben wären, um - falls die geltend gemachten Bedenken zutreffen - eine bereinigte Rechtslage herzustellen.

Die Bedenken des VfGH bestanden hier darin, daß der Finanzausgleichsgesetzgeber seiner aus § 4 F-VG 1948 erfließenden Pflicht, auf die Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung Rücksicht zu nehmen, in Ansehung der Städte mit eigenem Statut, in denen keine Bundespolizeibehörde besteht, nicht nachgekommen sei. Dem Finanzausgleichsgesetzgeber steht nun aber gemäß § 4 iVm. 3 F-VG 1948 die Entscheidung frei, auf welche Weise er im Rahmen des von ihm gewählten Systems dieser Pflicht genügt; ob er also - bezogen auf das FAG 1979 - im Rahmen der Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden (§8) oder der Regelung der Finanzzuweisungen (§20) oder jener der Finanzzuschüsse (§21) auf die (angenommene) besondere Belastung der erwähnten Städte Bedacht nimmt.

Alle diese Bestimmungen des FAG 1979 (und ihre Vorgänger) hätten sohin - gleicherweise - dem Finanzausgleichsgesetzgeber die Möglichkeit geboten, eine dem Gebot des § 4 F-VG 1948 entsprechende Lösung zu treffen. Dem widerspricht auch die Bundesregierung nicht; sie meint im Abschn. A ihrer Äußerung (s. oben III.1.a) nur, daß die Präjudizialität auf einzelne Abs. der §§8, 20 und 21 FAG 1979 beschränkt sei, nämlich auf jene Stellen, die sich im besonderen mit den Gemeinden beschäftigten. Damit ist sie deshalb nicht im Recht, weil keineswegs als ausgemacht gelten kann, daß die vermißte, der Besonderheit der erwähnten Städte gedenkende Regelung gerade und nur in den von der Bundesregierung angeführten Abs. Platz fände. Gleiches gilt für die Vorgängervorschriften.

Die zu A5/83 in Prüfung gezogenen bundesgesetzlichen Vorschriften sind also durchwegs präjudiziell.

b) Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das aus Anlaß dieses Klageverfahrens zu G44/85 eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. a) aa) Die zu A15, 19, 22, 23, 30, 36, 50, 54/83 und zu A6, 7, 8/84 erhobenen - (wegen angeblich unrichtiger Volkszahlen) zu gering berechnete Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben betreffenden - Klagen mehrerer Gemeinden gegen das Land NÖ (s. oben I.2.) sind zulässig:

Nach Art 137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Obwohl die klagenden Gemeinden keine ziffernmäßig bestimmte Summe einklagen, betreffen die vorliegenden Klagen einen vermögensrechtlichen Anspruch iS des Art 137 B-VG, weil die Feststellung der Verpflichtung des Landes NÖ zur Berechnung der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben nach einem bestimmten Modus begehrt wurde (§38 VerfGG). Ein solcher gegen ein Bundesland gerichteter Anspruch ist - wie es Art 137 B-VG fordert - weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch verwaltungsbehördlichen Bescheid zu erledigen (vgl. VfSlg. 7644/1975).

Der VfGH wird daher über alle diese Klagen in der Sache selbst zu entscheiden haben.

bb) Hiebei wird für ihn - vorausgesetzt, daß er nicht gemäß Art 140 B-VG Gesetzesvorschriften aufhebt - folgende Rechtslage maßgebend sein:

Die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben sind nach den Bestimmungen des § 10 (Abs1 bis 4) FAG 1979 und des (bis auf Abs 4 Z 3 inhaltsgleichen) § 10 FAG 1985, BGBl. 544/1984 - in Kraft getreten am - zu ermitteln. Zufolge Abs 1 des § 10 FAG 1979 (FAG 1985) werden zum Zweck der Ermittlung dieser Anteile (Mit Ausnahme der Spielbankabgabe) zunächst - nach Ausscheidung der auf Wien als Gemeinde entfallenden Quote - die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im § 8 Abs 2 FAG 1979 (FAG 1985) angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt. Von den so länderweise errechneten Beträgen sind 13,5 vH auszuscheiden und (vom Bund) den Ländern zu überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel). Nach Abs 2 leg. cit. haben die Länder die restlichen 86,5 vH als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die einzelnen Gemeinden nach folgendem Schlüssel aufzuteilen: Vorerst erhalten jene Gemeinden, deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreichte, 30 vH des Unterschiedsbetrages zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft. Die verbleibenden Ertragsanteile sind nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel (§8 Abs 3 dritter Satz FAG 1979 (FAG 1985)) auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen.

Aus all dem ergibt sich, daß die sogenannte Unterverteilung der verbleibenden 86,5 vH der Ertragsanteile ausschließlich den Ländern obliegt: Wenngleich das FAG 1979 (FAG 1985) die Überweisung dieser Beträge an die Länder nicht ausdrücklich anordnet, folgt aus der Regelung des § 10 FAG 1979 (FAG 1985) in ihrer Gesamtheit zwingend, daß der Bund die in Rede stehenden Gelder den Ländern zur Verteilung zur Verfügung stellen muß. Damit wird zugleich den Gemeinden ein Rechtsanspruch darauf eingeräumt, daß ihnen das Land die gemäß den Vorschriften des § 10 Abs 2 FAG 1979 (FAG 1985) ermittelten Ertragsanteile tatsächlich überweist (vgl. VfSlg. 7644/1975).

Wie der VfGH bereits in seinem Erk. VfSlg. 9598/1982 darlegte, handelt es sich bei einer (im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu publizierenden) Kundmachung des Statistischen Zentralamtes gemäß § 7 Abs 2 Volkszählungsgesetz 1980 (über die "Bürgerzahl") um eine V in der Bedeutung des Art 139 B-VG. Nun ist das Verfahren zur Berechnung der - hier der Höhe nach strittigen - Ertragsanteile im FAG 1979 (FAG 1985) geregelt. Dazu ordnet § 8 Abs 3 FAG 1979 (FAG 1985) an, daß sich das - für die Berechnung bedeutsame - Schlüsselelement "Volkszahl" nach dem vom Statistischen Zentralamt aufgrund der letzten Volkszählung festgestellten Ergebnis bestimmt, das mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres (hier: 1982) wirkt.

cc) Daraus folgt, daß § 8 FAG 1979 in der Stammfassung oder auch § 8 FAG 1979 idF der Nov. BGBl. 569/1981 oder auch § 8 FAG 1985 (je nachdem, auf welchen Zeitpunkt sich das jeweilige Klagebegehren bezieht) als hauptsächliche Grundlage der Klagebegehren präjudiziell ist, und zwar (aus den im vorletzten Abs. der vorstehenden Z 1 lita angeführten Gründen) jeweils zur Gänze.

b) Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, sind die zu G132, 133, 135, 136, 137, 138, 145, 150, 158, 159, 162/85 eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

3. a) aa) Die zu A16/83 und A8/85 von der Gemeinde Gablitz gegen das Land NÖ und von der Gemeinde Wolfurt gegen das Land Vbg. (wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit des in den maßgebenden FAG vorgesehenen Bevölkerungsschlüssels) eingebrachten Klagen (s. oben I.3.a) sind zulässig. Auf die obigen Ausführungen (IV.A.2.a.aa) wird hingewiesen.

Der VfGH wird also auch diesfalls in der Sache zu entscheiden haben.

bb) Zur maßgebenden Rechtslage und zur Frage, welche Bestimmungen präjudiziell sind, wird auf IV.A.2.a.bb und cc verwiesen.

b) Da weiters die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind auch die zu G134/85 und G161/85 eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

B. Zur Sache selbst

1. Folgender, im Einleitungsbeschluß A5/83 angenommener Sachverhalt steht fest:

Die Stadtgemeinde Krems besorgt als Stadt mit eigenem Statut (Art116 Abs 3 B-VG und § 1 Abs 1 Kremser Stadtrecht 1977, Nö. LGBl. 1010-3) neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch jene der Bezirksverwaltung (Art116 Abs 3 letzter Satz B-VG und § 1 Abs 2 Kremser Stadtrecht 1977).

In Krems ist eine Bundespolizeibehörde nicht errichtet (V der Bundesregierung BGBl. 690/1976). Die Organe der Stadtgemeinde Krems besorgen daher ua. auch die im § 3 der V BGBl. 74/1946 angeführten, nach Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG dem Bund obliegenden Aufgaben auf dem Gebiete des öffentlichen Sicherheitswesens (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, die über den Umfang der örtlichen Sicherheitspolizei hinausgeht, ferner Paßwesen, Meldewesen, Fremdenpolizei, Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesen sowie Schießwesen, Pressewesen, Vereins- und Versammlungsangelegenheiten) sowie die Angelegenheiten des Kraftfahrwesens (Art10 Abs 1 Z 9 B-VG).

Die Stadtgemeinde Krems erhält vom Bund neben den Zuwendungen aus dem Finanzausgleich keine gesonderten Geldleistungen für diese Tätigkeiten.

Gleiches gilt für die Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs, sonst aber für keine andere Gemeinde.

2. § 4 F-VG 1948 lautet: "Die in den §§2 und 3 vorgesehene Regelung hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten werden."

§4 F-VG 1948 stellt als "spezieller Gleichheitssatz" - wie der VfGH bereits in seinem Erk. VfSlg. 9280/1981 festgestellt hat - "nur eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes für das Gebiet des Finanzausgleiches" dar. § 4 F-VG 1948 ist insoferne - ebenso wie hinsichtlich des Verhältnisses von Ländern und Gemeinden § 8 Abs 2 zweiter Satz F-VG 1948 - Ausdruck eines allgemeinen Sachlichkeitsgebotes (Gerechtigkeitsgebotes) im Bereich des finanzausgleichsrechtlichen Regelungssystems.

Wie der VfGH bereits in seinem oz. Erk. festgestellt hat, stellt "die Regelung des Finanzausgleichs ... das Ergebnis rechtspolitischer - hier finanzpolitischer - Überlegungen dar, bei denen der Gesetzgeber zwar an die Bestimmungen des F-VG 1948 gebunden ist, die ihm aber durch das verfassungsgesetzliche Gleichheitsgebot nicht verwehrt sind, solange er sich im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen bewegt und keinen Exzeß begeht."

Die Frage ist nun, ob sich der Finanzausgleichsgesetzgeber (noch) im Rahmen seines finanzpolitischen Gestaltungsfreiraumes bewegt und damit gleichheitssatzgemäß gehandelt hat, wenn er der besonderen "Polizeiverwaltungskosten" (wie die Kosten für die Besorgung der in der verstehenden Z 1 angeführten Aufgaben künftig kurz bezeichnet werden) nicht gedacht hat, die jene Städte mit eigenem Statut, in denen keine Bundespolizeibehörde eingerichtet ist (künftig: Stadt ohne Bundespolizei) treffen; diese Polizeiverwaltungskosten haben die erwähnten Städte nach § 2 F-VG 1948 endgültig selbst zu tragen (s. VfSlg. 9507/1982).

Dem § 4 iVm. den §§2 und 3 F-VG 1948 zufolge hat der Finanzausgleichsgesetzgeber die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge sowie der Finanzzuweisungen und Finanzzuschüsse in Übereinstimmung mit den Lasten der öffentlichen Verwaltung zu regeln. Das kann nach dem offenkundigen Sinn dieser Bestimmung zwar nicht bedeuten, daß jede überdurchschnittliche finanzielle Last, die eine einzelne Gemeinde oder eine Gruppe von Gemeinden trifft, schon zu einer (ausdrücklichen) Berücksichtigung im Finanzausgleichsgesetz zwingen würde. Jedenfalls aber dann, wenn bestimmte Gemeinden bzw. Gruppen von Gemeinden, die aufgrund der positiven Rechtsordnung als mit besonderen Agenden betraut definierbar sind und die sich deshalb von anderen Gemeinden bzw. Gruppen von Gemeinden typischerweise durch eine höhere Kostenbelastung unterscheiden, ist der Finanzausgleichsgesetzgeber gemäß § 4 F-VG 1948 verhalten, für sie eine Regelung zu treffen. (Welcher Art diese Regelung zu sein hat, wird noch näher zu erörtern sein - s. unter IV.B.3.b).

3. Gegen diese grundsätzliche Ausgangsposition, die der VfGH (als vorläufige Annahme) im Einleitungsbeschluß vertrat, wendete die Bundesregierung in ihrer Äußerung (III.1.a) an sich nichts ein. Sie macht jedoch der Sache nach geltend, daß trotz Zutreffens dieser prinzipiellen Prämissen die im hg. Einleitungsbeschluß A5/83 geäußerten Bedenken (II.1.) im Ergebnis nicht zuträfen. Ihre Einwände - die sinngemäß auch für die übrigen Gesetzesprüfungsverfahren gelten (III.1.c und III.2.) - fußen auf folgender Begründungslinie:

Die beiden einzigen in Betracht kommenden Städte (Waidhofen an der Ybbs und Krems) seien durch die Polizeiverwaltungskosten nur unwesentlich belastet; diese Mehrbelastung sei (weitgehend) ohnehin durch andere Umstände ausgeglichen. Es handle sich um eine einmalige Sonderkonstellation, die allenfalls als Härtefall vernachlässigt werden könnte. Jedenfalls aber böten die im § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (und in den vergleichbaren früheren Bestimmungen) vorgesehenen Bedarfszuweisungen ein ausreichendes Korrekturinstrument, allfällige im Einzelfall auftretende Härten auszugleichen.

Diese Einwände vermögen nicht, die Bedenken des VfGH zu entkräften:

a) aa) Für die Stadt Waidhofen an der Ybbs trifft wohl zu, daß sie als Stadt mit eigenem Statut, die weniger als 20000 Einwohner hat, durch die Regelung des § 8 Abs 3 FAG 1979 begünstigt wird, da ihr nicht der nach ihrer tatsächlichen Einwohnerzahl von 11330 bestimmte Bevölkerungsschlüssel (12/3), sondern jener für Gemeinden mit mehr als 20000 Einwohnern und eben für Städte mit eigenem Statut mit höchstens 50000 Einwohnern vorgesehene höhere Bevölkerungsschlüssel

(2) gebührt. Diese Vergünstigung soll aber offenkundig nur die Mehrkosten abgelten, die der Stadtgemeinde Waidhofen an der Ybbs daraus erwachsen, daß sie als Stadt mit eigenem Statut auch die Kosten der Bezirksverwaltung zu tragen hat. Diese Begünstigung steht aber allen kleineren Gemeinden zu, die Städte mit eigenem Statut sind (so auch Eisenstadt mit 10150 Einwohnern, Rust mit 1702 Einwohnern), obgleich dort eine Bundespolizeibehörde besteht. Gegenüber diesen Städten ist also Waidhofen an der Ybbs benachteiligt; ihre spezifische Mehrbelastung aufgrund der sie treffenden Polizeiverwaltungskosten ist nicht abgegolten.

bb) Was die Stadtgemeinde Krems anlangt, meint die Bundesregierung, daß die Polizeiverwaltungskosten nur eine marginale Größe ausmachten. Außerdem verfügte Krems über eine überdurchschnittliche Finanzkraft.

Diese Argumentation ist verfehlt. Der dargestellten rechtsstrukturellen, ausgabenrelevanten Verschiedenheit hat nämlich der Finanzausgleichsgesetzgeber jedenfalls Rechnung zu tragen; hiebei ist die prozentuelle oder die absolute Höhe der Polizeiverwaltungskosten nicht von Bedeutung. Ob die Gemeinde an sich finanzkräftig ist, kann hier nicht ausschlaggebend sein, geht es doch im gegebenen Zusammenhang darum, ob die Kosten der öffentlichen Verwaltung finanzausgleichsrechtlich beachtet wurden (also um die "Lastenadäquanz"), nicht aber darum, ob die Leistungsfähigkeit der Gemeinde überschritten wurde.

cc) Damit steht fest, daß die Statutargemeinden ohne Bundespolizei besondere "Lasten der öffentlichen Verwaltung", nämlich Polizeiverwaltungskosten, zu tragen haben, auf die gemäß § 4 F-VG 1948 im Rahmen des Finanzausgleiches Bedacht zu nehmen ist. Das räumt letztendlich auch die Bundesregierung ein.

b) Die Frage - und das ist die in diesen Gesetzesprüfungsverfahren essentielle -, die es noch zu klären gilt, ist, auf welche Weise diese Bedachtnahme verfassungskonform erfolgen kann.

Die Bundesregierung verweist auf § 12 Abs 1 letzter Satz F-VG 1948, der tatsächlich voraussetzt, daß sich auch bei einer dem § 4 F-VG 1948 an sich entsprechenden Verteilung von Abgabenertragsanteilen und Schlüsselzuweisungen Härten ergeben können; solche Härten sind durch Bedarfszuweisungen auszugleichen. § 10 Abs 1 letzter Satz FAG 1979 (ebenso gleichartige Vorgänger- und Nachfolgebestimmungen) sieht (sehen) denn auch auf finanzausgleichsgesetzlicher Ebene derartige Bedarfszuweisungen der Länder an die Gemeinden vor.

Solche Bedarfszuweisungen dienen aber nur der "Feinsteuerung" (wie dies die Bundesregierung zutreffend ausdrückt), nämlich dazu, in Einzelfällen auftretende Härten zu beseitigen, die dem Finanzausgleichsgesetzgeber bei der generellen Regelung im Detail nicht bekannt sein konnten, sondern deren Ausgleich er in einer generalklauselartigen Regelung der Vollziehung überlassen muß. Auf Sachverhalte, deren zu gedenken dem Gesetzgeber ohne weiteres möglich ist, hat er aber - dies ergibt bereits eine am System des F-VG 1948 orientierte Interpretation, die das auch für den Finanzausgleich geltende Gesetzesstaatsprinzip (Art18 B-VG) berücksichtigt - in Form einer unmittelbar anwendbaren, spezifischen gesetzlichen Regelung Bedacht zu nehmen.

Dies gilt jedenfalls für die Aufbauorganisation der Gebietskörperschaften, soweit sie iS des § 4 F-VG 1948 lastenrelevant ist. Sie ist - durch Gesetz oder Rechtsverordnung geregelt - dem Finanzausgleichsgesetzgeber als Sachverhaltselement vorgegeben; sie ist ihm sowohl gruppenweise als auch namentlich bekannt; er hat sie als Komplex zu betrachten. Unerheblich ist, ob alle, mehrere oder ganz wenige Gemeinden - etwa hier nur zwei - mit bestimmten, kostenrelevanten Aufgaben betraut sind. Es stellt lediglich eine Frage legistischer Zweckmäßigkeit (nicht aber ein verfassungsrechtliches Problem) dar, ob der Finanzausgleichsgesetzgeber die betroffenen Gemeinden gruppenweise (Städte mit eigenem Statut ohne Bundespolizei) oder namentlich (Krems und Waidhofen an der Ybbs) benennt.

Im übrigen verfehlte eine andere Auslegung den Sinn des F-VG; würde sie doch im Anlaßfall dazu führen, daß etwa die Stadtgemeinde Krems gegen das Land NÖ einen - im übrigen bisher nie erfüllten - Anspruch auf Bedarfszuweisungen wegen besonderer Kosten geltend machen müßte, die den Bund treffen würden, wenn in Krems eine Bundespolizeibehörde bestünde; im wirtschaftlichen Effekt hätten also die übrigen Gemeinden diese Kosten zu tragen.

c) aa) Zusammenfassend ergibt sich, daß die Finanzausgleichsgesetze 1948 bis 1985 entgegen dem Gebot des § 4 F-VG 1948 jedenfalls nicht direkt die besonderen Lasten berücksichtig(t)en, die den Städten mit eigenem Statut ohne Bundespolizeibehörde aufgrund der von ihnen zu tragenden Polizeiverwaltungskosten erwachsen.

bb) Die im Einleitungsbeschluß A5/83 erwähnten "Polizeikostenbeiträge" (die die Gemeinden, in denen eine Bundespolizeibehörde bestand, für die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei an den Bund zu leisten hatten), die zu bezahlen sich die Gemeinden Krems und Waidhofen an der Ybbs mangels Bestehens einer solchen Behörde ersparten, bilden keinen Ausgleich für die in Rede stehende Belastung. Diese Polizeikostenbeiträge waren nämlich für die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei (eine Aufgabe, die an sich den Gemeinden obliegt) zu bezahlen, also grob gesprochen dafür, daß sich die Gemeinde das Aufstellen eines eigenen Gemeindewachkörpers erspart hatte. Die Kosten derartiger exekutiver Aufgaben sind aber etwa ganz anderes als die Polizeiverwaltungskosten.

cc) Weder die Äußerung der Bundesregierung noch sonstige Überlegungen waren geeignet, die in den Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken zu zerstreuen.

4. a) Der (noch in Kraft stehende) § 8 FAG 1985 war daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Die weiteren auf die Aufhebung bezughabenden Aussprüche gründen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.

b) Die übrigen in Prüfung gezogenen gesetzlichen Bestimmungen (nämlich solche der FAG 1948 bis 1979) sind bereits außer Kraft getreten. Der VfGH hatte sich deshalb gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auf den Ausspruch zu beschränken, daß sie verfassungswidrig waren.