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VfGH vom 16.06.2009, g156/08

VfGH vom 16.06.2009, g156/08

Sammlungsnummer

18775

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der im AuslBG vorgesehenen Mindeststrafe wegen Nichtmitwirkung eines mutmaßlichen ausländischen Arbeitnehmers an der Feststellung seiner Identität; Anhebung der Mindeststrafe durch die Novelle 2007 aus spezial- und generalpräventiven Gründen zur effizienten Bekämpfung der illegalen Ausländerbeschäftigung; Möglichkeit der Verhängung auch geringerer Strafen vorgesehen

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg (in Folge:

UVS Salzburg) sind zwei Berufungsverfahren gegen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung bzw. Zell am See anhängig, mit denen über die Berufungswerber gemäß § 26 Abs 4a iVm § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG Verwaltungsstrafen verhängt wurden, weil sie an der Feststellung ihrer Identität nicht mitgewirkt bzw. versucht hätten, ihre Identität zu verschleiern.

2. Aus Anlass dieser Verfahren stellte der UVS Salzburg gemäß Art 129a Abs 3 iVm Art 89 Abs 2 und Art 140 Abs 1 B-VG zwei gleich lautende Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge "in § 28 Abs 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG, BGBl Nr. 218, 1975, in der Fassung BGBl I Nr. 78/2007 die Wortfolge 'von 2.500 Euro' als verfassungswidrig aufheben."

II. Die angefochtene Bestimmung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:

Ein Arbeitgeber darf einen Ausländer u.a. nur dann beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde (§3 Abs 1 AuslBG).

§ 26 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975, idF BGBl. I 78/2007 lautet:

"Überwachung, Auskunfts- und Meldepflicht

§26. (1) - (3) [...]

(4) Die Organe der Abgabenbehörden sind im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit nach diesem Bundesgesetz befugt, die Identität von Personen festzustellen sowie Fahrzeuge und sonstige Beförderungsmittel anzuhalten und zu überprüfen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden. Die Organe der Abgabenbehörden sind, wenn wegen Gefahr im Verzug das Einschreiten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht abgewartet werden kann, auch ermächtigt, Ausländer für die Fremdenpolizeibehörde festzunehmen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass diese Ausländer im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben oder ausüben wollen, ohne dazu berechtigt zu sein, und sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Den Organen der Abgabenbehörden kommen dabei die im § 35 VStG geregelten Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu. Die Ausländer sind unverzüglich der Fremdenpolizeibehörde oder der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle zu übergeben.

(4a) Die Feststellung der Identität ist das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift eines Menschen in dessen Anwesenheit. Sie hat mit der vom Anlass gebotenen Verlässlichkeit zu erfolgen. Menschen, deren Identität festgestellt werden soll, sind hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken und die unmittelbare Durchsetzung der Identitätsfeststellung zu dulden.

(5) [...]"

Die Strafbestimmung des § 28 Abs 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975, idF BGBl. I 78/2007, lautet (der angefochtene Teil ist hervorgehoben):

"§28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1. [...]

2. wer,

a) entgegen § 3 Abs 4 einen Ausländer beschäftigt, ohne die Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen,

b) entgegen dem § 18 Abs 5 und 6 die Arbeitsleistungen eines Ausländers in Anspruch nimmt, ohne die Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice rechtzeitig anzuzeigen,

c) seinen Verpflichtungen gemäß § 26 Abs 1 nicht nachkommt oder

d) entgegen § 26 Abs 2 den im § 26 Abs 1 genannten Behörden und Rechtsträgern den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen, auswärtigen Arbeitsstellen und Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer oder das Befahren von Privatstraßen nicht gewährt,

e) entgegen dem § 26 Abs 3 die Durchführung der Amtshandlung beeinträchtigt, oder

f) entgegen dem § 26 Abs 4 und 4a die Durchführung der Amtshandlungen beeinträchtigt

mit Geldstrafe von 150 Euro bis 5 000 Euro, im Fall der litc bis f mit Geldstrafe von 2 500 Euro bis 8 000 Euro;

[...]"

III. 1. Der UVS Salzburg legt die Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung wie folgt dar:

"Die angefochtene Wortfolge verstößt gegen das aus Art 7 B-VG abzuleitende Sachlichkeitsgebot der Gesetzgebung. Der Gesetzgeber darf demnach seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschreiten (vgl ua).

Im vorliegenden Zusammenhang ist dem antragstellenden Senat durchaus bewusst, dass mit der illegalen Ausländerbeschäftigung erhebliche sozialschädliche Folgen verbunden sind, die regelmäßig einhergehen mit bedeutenden wirtschaftlichen Vorteilen für den außerhalb der Rechtslage agierenden Arbeitgeber (unlautere Konkurrenzierung anderer Gewerbetreibender, Beschäftigung von Ausländern zu ungesetzlichen Bedingungen, Hinterziehung von Steuern und Abgaben und Vereitelung der Bewirtschaftung des Arbeitsmarktes). Diese Ausgangslage hat den Gesetzgeber veranlasst, drakonische Strafen für den Fall der Missachtung der diesbezüglichen Bestimmungen vorzusehen. In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken geäußert gegen die Anhebung der Mindeststrafen im AuslBG mit Novelle BGBl I Nr. 126/2002 (vgl und G206/07).

Die gleichen Überlegungen gelten auch für Strafbestimmungen, welche die Vereitelung einer effektiven Beschäftigungskontrolle zum Gegenstand haben. Hier ist jedoch zu bedenken, dass die Strafbestimmungen des § 28 Abs 1 AuslBG als Täter grundsätzlich den Arbeitgeber, dessen Beauftragte oder den Inanspruchnehmer von Arbeitsleistungen vor Augen haben mit deren typischer Interessen- und Wirtschaftslage. Einen Fremdkörper bildet allerdings das Tatbild gemäß § 26 Abs 4 und 4a iVm § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG, welches die Nichtmitwirkung eines mutmaßlich ausländischen Arbeitnehmers an der Feststellung seiner Identität zum Gegenstand hat. Ein solcher befindet sich typischerweise in einer erheblich ungünstigeren persönlichen und wirtschaftlichen Situation als ein Arbeitgeber. Regelmäßig treibt den Ausländer eine wirtschaftliche, soziale oder persönliche Zwangslage in ungesetzliche Arbeitsbedingungen, weil anders das eigene Auskommen bzw das der Familie nicht gesichert werden kann.

Die meist prekäre Lage ausländischer Arbeiter bestätigt die tägliche Erfahrung im Umgang mit Strafverfahren nach dem AuslBG, nach der die illegale Ausländerbeschäftigung überwiegend im Bereich des unteren bzw. untersten Lohnsegmentes stattfindet (zB Bauarbeiter, Reinigungskräfte, Servierkräfte und sonstige Hilfsarbeiter). Auch der vorliegende Fall betrifft einen arbeitslosen Pensionsvorschussbezieher, der offenbar damals nebenbei 'gepfuscht hat'. Obwohl dieses Verhalten durchaus als verwerflich anzusehen ist, können die mit der Behinderung der Identitätsfeststellung verbundenen schädlichen Folgen nicht so schwer eingestuft werden, dass eine Mindeststrafe von € 2.500, die beim 'durchschnittlichen' Täter dem Mehrfachen des Netto-Monatslohnes entspricht, vertretbar erscheint. Sogar unter Berücksichtigung der erheblichen wirtschaftlichen Vorteile, welche die illegale Beschäftigung für den ausländischen Arbeitnehmer hat (meist gibt es keinen anderen legalen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt), erscheint diese Mindeststrafe als unverhältnismäßig. Hinzu kommt, dass das Tatbild der 'Beeinträchtigung der Amtshandlung' einen weiten Spielraum lässt, der auch minderschwere und fahrlässige Tatformen umfasst, die im Zuge der Identitätsfeststellung auftreten können (vom Versuch, sich der Kontrolle durch Flucht zu unterziehen, bis zur versehentlichen Falschangabe bei Namens- oder Adressbestandteilen). Hier ist das Missverhältnis der Strafdrohung noch deutlicher. Die §§19, 20 und 21 VStG bieten in diesem Zusammenhang keine ausreichende Handhabe, im Durchschnittsfall auch nur eine halbwegs angemessene Bestrafung vorzunehmen.

Die Wortfolge 'von 2.500 Euro' in § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG ist daher als gleichheitswidrig aufzuheben.

Der Anfechtungsantrag ist so gefasst, dass mit der Aufhebung die kleinstmögliche Sinnänderung des verbleibenden Gesetzestextes verbunden ist und die litc bis f des § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG weiterhin anwendbar sind."

2. Die Bundesregierung äußert sich wie folgt zu den vorgebrachten Bedenken:

"I.

Zur Rechtslage und zu den Prozessvoraussetzungen:

1. Die Bundesregierung verweist eingangs auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, derzufolge sich der Gerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg. 12.592/1990, 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.050/1995 und 14.466/1996). Der Verfassungsgerichtshof beurteilt ausschließlich, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung der Anträge dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (vgl. zB VfSlg. 13.704/1994 und 14.466/1996). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der vom Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) Salzburg vorgetragenen Bedenken.

2. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die angefochtene Bestimmung präjudiziell und die Prozessvoraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind.

II.

Zu den vorgebrachten Bedenken:

1. Im Anlassverfahren ist über einen ausländischen Arbeitnehmer gemäß § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG die Mindeststrafe in Höhe von 2 500 Euro verhängt worden, weil er an der Feststellung seiner Identität nicht mitgewirkt bzw. seine Identität durch Angabe von falschen Personendaten zu verschleiern versucht hat. Nach Auffassung des UVS Salzburg gibt es keine Möglichkeit für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG, weil auf Grund des aktenkundigen Vorsatzes kein geringfügiges Verschulden in Verbindung mit unbedeutenden Folgen der Tat vorliege.

Der UVS Salzburg beantragt nun, in § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. I Nr. 78/2007, die Wortfolge 'von 2 500 Euro' als verfassungswidrig aufzuheben. Er stützt seine Bedenken im Wesentlichen darauf, dass - im Unterschied zu den anderen Straftatbeständen des § 28 Abs 1 AuslBG - das Tatbild gemäß § 26 Abs 4 und 4a iVm. § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG auch den mutmaßlichen ausländischen Arbeitnehmer bei Nichtmitwirkung an der Feststellung seiner Identität treffe. Dieser befinde sich aber typischerweise in einer erheblich ungünstigeren persönlichen und wirtschaftlichen Situation als ein Arbeitgeber. Nach Auffassung des UVS Salzburg könnten die mit der Behinderung der Identitätsfeststellung verbundenen schädlichen Folgen nicht so schwer eingestuft werden, dass eine Mindeststrafe von 2 500 Euro, die beim 'durchschnittlichen' Täter (gemeint ist wohl der illegal beschäftigte Ausländer) dem Mehrfachen des Netto-Monatslohnes entspricht, vertretbar erscheint. Die vorgesehene Mindeststrafe erscheine auch unter Berücksichtigung der erheblichen wirtschaftlichen Vorteile der illegalen Beschäftigung für den ausländischen Arbeitnehmer unverhältnismäßig. Die §§19, 20 und 21 VStG böten keine ausreichende Handhabe, im Durchschnittsfall auch nur eine halbwegs angemessene Bestrafung vorzunehmen.

Aus diesen Gründen erachtet der UVS die beanstandete Mindeststrafe als gleichheitswidrig.

2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere für unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg. 9901/1983 zur Strafe des Verfalls), mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (vgl. ua. und VfSlg. 10.904/1986; ähnlich bereits VfSlg. 10.597/1985.

Der Verfassungsgerichtshof hat außerdem ausgesprochen, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpöne, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg. 12.151/1989). Dagegen sei es nicht unsachlich, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiere (VfSlg. 7967/1976), welcher nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne. Im Erkenntnis VfSlg. 15.677/1999 hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Strafdrohung (20 000 S) noch keine betragsmäßige Höhe erreicht hätte, die mit den hergebrachten der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar wäre.

Im Erkenntnis VfSlg. 13.790/1994 hielt der Verfassungsgerichtshof die Strafsätze des § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG idF BGBl. Nr. 231/1988 von (damals) 5 000 S bis zu 60 000 S für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer sowie im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10 000 S bis zu 120 000 S und - bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern - für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer von 10 000 S bis zu 120 000 S für verfassungsrechtlich unbedenklich. Er hielt fest, dass der Gesetzgeber bei der Festsetzung der Strafdrohung für Verwaltungsübertretungen dieser Art, insbesondere für Fälle einer lang andauernden Fortsetzung oder wiederholten Begehung der Straftat, den möglichen wirtschaftlichen Nutzen in Betracht ziehen dürfe, den der Täter durch das verbotene Verhalten erziele. Andernfalls könne es bei ausreichend hohem wirtschaftlichem Interesse dazu kommen, dass der Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert werde, und die Strafdrohung ihren Zweck verfehle. Der Verfassungsgerichtshof konnte nicht erkennen, dass das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Vorschriften über die Kontrolle der Ausländerbeschäftigung Strafen dieser Höhe nicht rechtfertigen würde. Von einem Exzess könne in Ansehung der Strafsätze angesichts des möglichen Nutzens einer länger dauernden Beschäftigung und im Hinblick darauf, dass im einzelnen Strafsatz auch sehr lange Zeit hindurch fortgesetzte Straftaten erfasst werden müssen, nicht die Rede sein.

Im Erkenntnis 15.600/1999 hat der Verfassungsgerichtshof zur Höhe der Mindeststrafe in § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG in der Fassung des Antimissbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995 Folgendes ausgeführt:

'Der Vergleich der auch für § 28 Abs 1 Z 2 litc geltenden Mindeststrafe von 30.000 S mit der Mindeststrafe für verbotene Beschäftigung von Ausländern zeigt keine Unsachlichkeit der Regelung auf. Es besteht wohl ein gewisser sachlicher (Mittel-Ziel-)Zusammenhang zwischen dem Interesse an der Kontrolle des Arbeitsmarktes in bezug auf die Ausländerbeschäftigung und dem Interesse am Unterbleiben unerwünschter Beschäftigung von Ausländern. Das Interesse an der Kontrolle erschöpft sich aber nicht im Interesse an der Verhinderung illegaler Beschäftigung. Wenn der Gesetzgeber die Kontrolle höher bewertet oder stärker gefährdet sieht, kann ihm schon deshalb nicht entgegengetreten werden, weil ihre Vereitelung das Verschleiern auch der unberechtigten Beschäftigung mehrerer Ausländer und die Wiederholung unberechtigter Beschäftigung ermöglicht.'

3. Der Gesetzgeber hat die nun angefochtene Mindeststrafe zuletzt mit dem Konjunkturbelebungsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 68, von 2 180 auf 2 500 Euro angehoben. Im Bericht des Wirtschaftsausschusses (1039 BlgNR 21. GP) wird dies mit spezial- und generalpräventiven Anforderungen an eine effizientere Strafverfolgung begründet. Weiters wird in den Erläuterungen zum gleichzeitig geänderten § 26 Abs 4 und 4a festgehalten, dass für eine effiziente Bekämpfung der illegalen Ausländerbeschäftigung die Identitätsfeststellung für alle damit im Zusammenhang stehenden behördlichen Maßnahmen und Verfahren unverzichtbar sei.

Mit dem auf Basis eines Initiativantrages beschlossenen Antimissbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, war zuvor die Mindeststrafe von 2000 auf 30 000 Schilling angehoben worden, wobei in den Gesetzesmaterialen dazu keine näheren Erläuterungen zu finden sind. Offensichtliches Ziel für die deutliche Erhöhung der Mindeststrafe für alle Straftatbestände des § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG, die sich im Wesentlichen auf die Beeinträchtigung bzw. Verhinderung ordnungsgemäßer Kontrollen beziehen, war jedoch, wie sich schon aus der programmatischen Bezeichnung der Gesetzesinitiative ableiten lässt, die Verschärfung von Maßnahmen gegen illegale Ausländerbeschäftigung und die Sicherstellung eines rechtlichen Rahmens für eine effiziente Kontrolltätigkeit. Aus general- und spezialpräventiven Erwägungen sollte mit einer hohen Mindeststrafe verhindert werden, dass Personen, die einen wesentlichen Beitrag bei der Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung leisten können (und dazu gehören auch die illegal beschäftigten Ausländer selbst), die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG vereiteln können, indem sie die Feststellung des für die Strafverfolgung wesentlichen Sachverhalts im Zuge einer Kontrolle nicht zulassen oder behindern.

4. Der Zweck der Strafnorm des § 28 Abs 1 Z 2 litc bis f AuslBG liegt letztlich - ebenso wie jener der Strafnorm des § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG - darin, das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Steuern, Abgaben und Beiträgen zur Sozialversicherung bei der Beschäftigung von Ausländern durchzusetzen, einen geordneten Arbeitsmarkt sicherzustellen, die legalen Beschäftigungschancen inländischer und integrierter ausländischer Arbeitnehmer zu wahren (Arbeitsmarktprüfung, Ersatzkraftstellung) und ausländische Arbeitnehmer vor ausbeuterischen Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie Arbeitgeber vor unlauterem Wettbewerb durch Pfuscher und Lohndumping durch in- und ausländische Unternehmen zu schützen (vgl. auch das bereits zitierte Erkenntnis VfSlg. 15.600/1999 zur Höhe der Mindeststrafe in § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG in der Fassung des Antimissbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995). Auch der Verwaltungsgerichtshof hält in seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass die illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften auf gesamtwirtschaftlicher Ebene zu volkswirtschaftlichen Schäden durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zur Sozialversicherung und zu einer Wettbewerbsverzerrung führt (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/09/0022).

Nach Ansicht der Bundesregierung steht das Gewicht der nun bekämpften Mindeststrafdrohung - auch insoweit, als sie auf Arbeitnehmer anzuwenden ist - nicht außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten, soeben beschriebenen Ziele. Dabei ist auch die große Bedeutung der Identitätsfeststellung für eine wirksame Bekämpfung der illegalen Ausländerbeschäftigung ins Kalkül zu ziehen; auf diese Bedeutung und auf die entscheidende Rolle der Arbeitnehmer bei der Identitätsfeststellung ist es zurückzuführen, dass sich die Strafdrohung des § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG überhaupt an die ausländischen Arbeitnehmer und nicht - wie fast alle anderen Strafdrohungen des AuslBG - nur an Arbeitgeber und deren Beauftragte bzw. 'Inanspruchnehmer' richtet.

5. Ergänzend zu diesen Erwägungen ist darauf hinzuweisen, dass die §§20 und 21 VStG den Strafbehörden entgegen der Auffassung des UVS Salzburg - auch im Anlassfall - sehr wohl einen ausreichenden Spielraum einräumen, um eine geringere als die gesetzlich vorgesehene oder gar keine Strafe zu verhängen. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis G24/07 ua. vom - zu den Mindeststrafen des § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG - ausdrücklich festgehalten, dass die §§20 und 21 VStG geeignet sind, die Verhängung verfassungswidriger, weil überschießender Strafen gegenüber Privaten abzuwenden. Diese Auffassung kann im gegebenen Zusammenhang umso mehr auch bei der Verhängung von Strafen gegenüber ausländischen Arbeitnehmern gelten. Auch im Anlassfall bestehen entgegen der Ansicht des UVS Salzburg durchaus Anhaltspunkte zumindest für eine außerordentliche Milderung der Strafe.

Nach Ansicht der Bundesregierung lässt die angefochtene Bestimmung in Verbindung mit den Möglichkeiten des VStG eine angemessene, mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz in Einklang stehende Differenzierung bei der Strafbemessung zu.

Nicht zuletzt ist anzumerken, dass die im § 28 Abs 1 Z 2 AuslBG angefochtene Mindeststrafe auch für die Straftatbestände der litc, d und e der Ziffer 2 gilt und eine ersatzlose Aufhebung dieser Mindeststrafe daher über die aus Sicht des UVS Salzburg als notwendig erachtete Differenzierung im Fall der Tatbegehung durch einen ausländischen Arbeitnehmer (litf iVm. § 26 Abs 4a AuslBG) weit hinaus ginge.

6. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit der Wortfolge 'von 2 500 Euro' in § 28 Abs 1 Z 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, idF BGBl. I Nr. 78/2007 nicht gegeben ist."

3. Die beteiligten Parteien haben sich im verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Anträge erwogen:

1. In den Anträgen werden vom UVS Salzburg Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Mindeststrafe wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes erhoben.

1.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere für unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg. 9901/1983 zur Strafe des Verfalls), mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (VfSlg. 10.904/1986, ähnlich bereits VfSlg. 10.597/1985).

1.2. In Fortführung dieser Rechtsprechung sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpöne, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg. 12.151/1989). Dagegen sei es nicht unsachlich, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiere (VfSlg. 7967/1976), welcher nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne. Im Erkenntnis VfSlg. 15.677/1999 hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass diese Strafdrohung noch keine betragsmäßige Höhe erreicht hätte, die mit den hergebrachten der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar wäre.

1.3. Im Erkenntnis VfSlg. 18.219/2007 sprach der Verfassungsgerichtshof in Fortführung seiner Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 13.790/1994) zu § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG aus, dass das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Vorschriften über die Kontrolle der Ausländerbeschäftigung Strafen dieser Höhe rechtfertige und die §§20 und 21 VStG geeignet sind, die Verhängung verfassungswidriger, weil |berschießender Strafen gegenüber Privaten abzuwenden.

2. Der UVS Salzburg bringt vor, dass die Strafbestimmung des § 28 Abs 1 Z 2 litf iVm § 26 Abs 4 und 4a AuslBG - anders als die restliche Bestimmung des § 28 Abs 1 AuslBG, die den Arbeitgeber, dessen Beauftragte oder den Inanspruchnehmer von Leistungen als Normadressat vorsieht - die Nichtmitwirkung eines mutmaßlich ausländischen Arbeitnehmers an der Feststellung seiner Identität unter Strafe stellt, der sich typischerweise in einer erheblich ungünstigeren persönlichen und wirtschaftlichen Situation befindet als sein Arbeitgeber. Die damit verbundenen schädlichen Folgen können nicht so schwer eingestuft werden, dass eine Mindeststrafe von € 2.500 vertretbar scheint.

2.1. Bereits im Erkenntnis VfSlg. 15.600/1999 stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass der Vergleich der für Übertretungen gemäß § 28 Abs 1 Z 2 litc AuslBG idF BGBl. 895/1995 vorgesehenen Mindeststrafe von (damals) S 30.000 mit der Mindeststrafe für verbotene Beschäftigung von Ausländern keine Unsachlichkeit der Regelung aufzeige: Die Rechtfertigung der Verpflichtung der Arbeitgeber bzw. der Ausländer selbst zur Auskunftserteilung an die Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die Träger der Krankenversicherung und an die Abgabenbehörden besteht darin, dass ein gewisser sachlicher (Mittel-Ziel-)Zusammenhang zwischen dem Interesse an der Kontrolle des Arbeitsmarktes in Bezug auf die Ausländerbeschäftigung und dem Interesse am Unterbleiben unerwünschter Beschäftigung von Ausländern gegeben ist. Das Interesse an der Kontrolle erschöpft sich aber nicht im Interesse an der Verhinderung illegaler Beschäftigung. Wenn der Gesetzgeber die Kontrolle höher bewertet oder stärker gefährdet sieht, kann ihm schon deshalb nicht entgegengetreten werden, weil ihre Vereitelung das Verschleiern auch der unberechtigten Beschäftigung mehrerer Ausländer und die Wiederholung unberechtigter Beschäftigung ermöglicht (s. VfSlg. 15.600/1999, S 237).

2.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Grund, von seiner Rechtsprechung abzugehen. Die zuletzt erfolgte Anhebung der Mindeststrafe durch BGBl. I 68/2002 auf den nun vom antragstellenden UVS Salzburg als verfassungswidrig erachteten Betrag von € 2.500 wurde mit spezial- und generalpräventiven Anforderungen an eine effizientere Strafverfolgung begründet; für eine effiziente Bekämpfung der illegalen Ausländerbeschäftigung ist die Identitätsfeststellung für alle damit im Zusammenhang stehenden behördlichen Maßnahmen und Verfahren unverzichtbar (vgl. AB 1039 BlgNR 21. GP, 2 f.). Diese Anhebung erfolgte jedoch nicht in einem Ausmaß, dass das Gewicht der Mindeststrafdrohungen nunmehr außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten Ziele stünde. Auch vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass sich die tatsächlichen Umstände in den letzten Jahren derart geändert hätten, dass die mit der Mindeststrafdrohung verfolgten Ziele nicht mehr erreicht werden könnten.

3. Der UVS Salzburg bringt weiters vor, dass das Tatbild "Beeinträchtigung der Amtshandlung" in § 28 Abs 1 Z 2 litf AuslBG einen weiten Spielraum zulasse, der auch minder schwere und fahrlässige Tatformen umfasse, für die das Missverhältnis zwischen Strafdrohung und Schwere der Tat bei einer Mindeststrafe von € 2.500 noch deutlicher sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber in den §§20 und 21 VStG die Möglichkeit eröffnet hat, unter bestimmten Voraussetzungen trotz Mindeststrafe eine geringere als diese oder gar keine Strafe zu verhängen. Der antragstellende UVS Salzburg führt auch nicht näher aus, warum diese Bestimmungen keine ausreichende Handhabe bieten sollen, "im Durchschnittsfall auch nur eine halbwegs angemessene Bestrafung vorzunehmen". So wird gerade in dem vom UVS Salzburg angeführten Fall der versehentlich falschen Angabe von Adressbestandteilen - ein tatbildmäßiges Verhalten vorausgesetzt - die Anwendung des § 21 VStG in Betracht kommen.

4. Die Anträge sind daher abzuweisen.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG

ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.