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VfGH vom 23.06.2005, g150/04

VfGH vom 23.06.2005, g150/04

Sammlungsnummer

17603

Leitsatz

Keine Verletzung des finanzverfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebotes der gleich gebliebenen Begrenzung des Erstattungsanspruchs der Träger der Sozialhilfe bei Heimunterbringung auf 80 Prozent des Anspruchs auf Pflegegeld trotz Kürzung des Anspruchs von - in teilweise öffentlich finanzierter Pflege untergebrachter - Personen auf Taschengeld von 20 Prozent auf 10 Prozent durch das Strukturanpassungsgesetz 1996; angemessener Interessenausgleich dieser finanzausgleichsrechtlichen Regelungen in der betreffenden Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zwischen Bund und Ländern; Pflegetaschengeld nicht relevant für Sozialhilfe

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Oö. Landesregierung stellt mit Beschluss vom die auf Art 140 Abs 1 B-VG bzw. Art 138a Abs 1 B-VG gestützten Anträge,


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die Wortfolge ", höchstens jedoch bis zu 80 v.H.," in § 13 Abs 1 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993 idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, als verfassungswidrig aufzuheben und


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festzustellen, dass der Bund seine aus Art 1 Abs 1, 2 und 4 sowie Art 15 der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl. Nr. 866/1993, folgenden Verpflichtungen nicht erfüllt hat.


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2. Die Rechtslage stellt sich dar wie folgt:

2.1. Das Bundesgesetz, mit dem ein Pflegegeld eingeführt wird (Bundespflegegeldgesetz - BPGG), BGBl. Nr. 110/1993 (ausgegeben am ), räumt dem in § 3 umschriebenen Personenkreis einen Anspruch auf Pflegegeld ein. Dieses Pflegegeld dient dem Zweck, "in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten" (§1). Der Aufwand für das Bundespflegegeld ist vom Bund zu tragen (§23).

Das Bundespflegegeld trat mit an die Stelle aller bisherigen - bundesgesetzlich geregelten - pflegebezogenen Geldleistungen (vgl. § 38 BPGG), insbesondere des zuletzt für das Kalenderjahr 1993 mit höchstens ATS 3028,-- (vgl. § 2 Z 17 der Kundmachung BGBl. Nr. 854/1992) bzw. ATS 6056,-- festgesetzten Hilflosenzuschusses für Bezieher einer Pension oder einer Vollrente (§105a ASVG aF).

Die im vorliegenden Fall strittige Bestimmung des § 13 BPGG lautete idF des Stammgesetzes samt Überschrift wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Ersatzansprüche des Trägers der Sozialhilfe

§13. (1) Wird eine pflegebedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers

1. in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim,

2. in einer Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie oder in einer ähnlichen Einrichtung,

3. außerhalb einer der in Z 1 und 2 angeführten Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes,

4. auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege, einer kirchlichen oder an deren karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle oder

5. in einer Krankenanstalt, sofern der Aufenthalt nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist (Asylierung),

stationär gepflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Im Fall der Z 5 erfolgt der Anspruchsübergang höchstens für die Dauer von drei Monaten. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld. Übersteigt die Summe aus Taschengeld und übergehendem Anspruch die gebührende Pflegegeldleistung, so ist der übergehende Anspruch entsprechend zu kürzen.

(2) Der Anspruchsübergang tritt mit dem auf das Einlangen der Verständigung beim Entscheidungsträger folgenden Monat ein.

(3) Abs 1 ist nur anzuwenden, wenn und insoweit die Verpflegskosten nicht auf Grund anderer bundesgesetzlicher Ersatzansprüche der Kostenträger gedeckt sind.

(4) Hat der Entscheidungsträger Pflegegelder angewiesen, die gemäß Abs 1 und 2 nicht mehr auszuzahlen waren, so sind diese Pflegegelder auf das Taschengeld oder auf künftig auszuzahlendes Pflegegeld anzurechnen."

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des BPGG heißt es dazu (776 BlgNR XVIII. GP, 28):

"Diese Regelungen entsprechen gleichlautenden Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze. ..."

§ 13 Abs 1 letzter Satz BPGG geht auf einen in den Ausschussberatungen angenommenen Abänderungsantrag zurück; begründend wird dazu Folgendes ausgeführt (908 BlgNR XVIII. GP, 5):

"Nachdem das Taschengeld in Höhe von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3 zu leisten ist, könnte es nach der Regierungsvorlage in den Stufen 1 und 2 dazu kommen, daß insgesamt mehr als das gebührende Pflegegeld zu leisten wäre. Die Ergänzung soll dies verhindern und stellt gleichzeitig klar, daß ein allfälliger Differenzbetrag zu Lasten des übergehenden Anspruches geht."

Mit Art 21 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wurde § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG wie folgt neu gefasst:

"Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld."

§ 13 Abs 1 BPGG idF dieses Bundesgesetzes ist mit in Kraft getreten (§49 Abs 1 BPGG idF BGBl. I Nr. 111/1998); § 47 Abs 3 BPGG trifft dazu folgende Übergangsbestimmung:

"(3) ... § 13 Abs 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl.

Nr. 201/1996 [ist] nicht anzuwenden, wenn ... der Anspruchsübergang

bereits vor dem erfolgt [ist]."

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strukturanpassungsgesetzes 1996 begründen diese Kürzung wie folgt (72 BlgNR XX. GP, 233):

"Die Erfahrungen bei der Durchführung des Bundespflegegeldgesetzes haben gezeigt, daß die pflegebedürftige Person im Falle einer Heimunterbringung grundsätzlich nur mehr sehr geringe Kosten für pflegebedingte Mehraufwendungen hat. Das Taschengeld soll daher künftig zur Vermeidung von Doppelversorgungen auf 10 vH der Stufe 3 (monatlich 569 S)

gekürzt werden.

Diese Regelung soll jedoch nicht für jene Fälle gelten, in denen der Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG bereits vor Inkrafttreten der gegenständlichen Novelle erfolgt ist."

2.2. Die am geschlossene Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl. Nr. 866/1993, verpflichtet den Bund und die Länder, "im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich zugeordneten Kompetenzbereiche ein umfassendes Pflegeleistungssystem an Geld- und Sachleistungen zu schaffen" (Art1 Abs 2).

Gemäß Art 1 Abs 1 kommen die Vertragsparteien überein, "auf der Grundlage der bundesstaatlichen Struktur Österreichs die Vorsorge für pflegebedürftige Personen bundesweit nach gleichen Zielsetzungen und Grundsätzen zu regeln". Unter "gleichen Voraussetzungen" sind "gleiche Leistungen" als "Mindeststandard" zu sichern (Art1 Abs 4).

Art 2 lautet samt Überschrift:

"Artikel 2

Geldleistungen

(1) Zur teilweisen Abdeckung des Mehraufwandes an Hilfe und Betreuung sichern die Vertragsparteien Pflegegeld zu, das nach dem Bedarf abgestuft ist.

(2) Die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld des Bundes werden mit dem Bundespflegegeldgesetz geregelt. Die Länder verpflichten sich, bis Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen und bis spätestens in Kraft zu setzen.

(3) Die Gewährung des Pflegegeldes nach dem Bundespflegegeldgesetz geht der Gewährung nach landesgesetzlichen Vorschriften vor.

(4) Das Pflegegeld ist mit Wirkung vom und mit Wirkung vom mit dem Anpassungsfaktor gemäß § 108f des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu vervielfachen.

(5) Auf die Gewährung des Pflegegeldes besteht unabhängig von Einkommen und Vermögen ein Rechtsanspruch.

(6) Die Länder werden Vereinbarungen gemäß Artikel 15a B-VG treffen, um bei Wohnsitzwechsel des Anspruchsberechtigten zwischen den Ländern Unterbrechungen bei der Auszahlung des Pflegegeldes zu vermeiden."

Art 15 trifft über die "Durchführung" dieser Vereinbarung folgende Bestimmung:

"Die Vertragsparteien verpflichten sich, die in ihre Kompetenzbereiche fallenden gesetzlichen Regelungen, die zur Durchführung dieser Vereinbarung erforderlich sind, zu treffen."

3.1. Die antragstellende Landesregierung erhebt gegen die vorhin genannte Wortfolge in § 13 Abs 1 BPGG zunächst Bedenken aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes:

"... Wird eine Person stationär gepflegt und erfolgt dies auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers, geht der Anspruch dieser Person auf Pflegegeld gemäß § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 % (des Pflegegeldes) auf den jeweiligen Kostenträger über. Abzüglich der dem Pflegebedürftigen als Taschengeld verbleibenden 10 % des Pflegegeldes (allerdings nur der Stufe 3) ruht der Anspruch, er wird also vom Bund nicht ausbezahlt.

Diesem Fall ist jener Fall entgegenzustellen, in dem eine Person ebenfalls stationär gepflegt wird, für ihre stationäre Pflege in einem Alten- oder Pflegeheim in finanzieller Hinsicht jedoch selbst aufkommt (dies schließt auch die Pflege in einem privaten Heim ein, das somit nicht von einem Träger sozialer Hilfe betrieben wird). Aus den Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes ergibt sich, dass in diesem Fall des sogenannten 'Selbstzahlers' das Pflegegeld dieser Person in voller Höhe ausbezahlt wird, da § 13 Bundespflegegeldgesetz nicht zur Anwendung gelangt und somit weder ein Anspruchsübergang noch ein Ruhen im Sinn des § 13 Bundespflegegeldgesetz eintritt; es gibt darüber hinaus hinsichtlich des Pflegegeldes auch keine 'Taschengeldregelung'.

...

Bezüglich der beiden oben dargestellten Fallgruppen ist festzustellen, dass - abgesehen von der unterschiedlichen finanziellen Situation - keinerlei Unterschied in der pflegerischen Situation und den jeweils erbrachten pflegerischen Leistungen besteht. In faktischer Hinsicht sind die beiden geschilderten Fallgruppen daher als vollkommen gleichartig anzusehen. Dennoch kommt es zu einer unterschiedlichen Behandlung insofern, als das gebührende Bundespflegegeld im einen Fall in der entsprechenden Pflegegeldstufe zur Gänze geleistet wird, im anderen Fall jedoch nur 80 % der jeweiligen Pflegegeldstufe plus 10 % der Pflegegeldstufe 3 (als Taschengeld für den Betroffenen) zur Auszahlung kommen; in diesem Fall verbleibt somit jedenfalls ein Restbetrag, den weder der Pflegebedürftige selbst noch der Kostenträger erhält, sondern der vom Bund einbehalten wird.

Unabhängig von der differierenden Regelung in Bezug auf den Anspruchsübergang und die Auszahlung des Taschengeldes führt dies in weiterer Konsequenz auch zu einer unterschiedlichen Auswirkung im Hinblick auf die dem Kostenträger gebührenden Verpflegskosten. Diese sind im Fall des 'Selbstzahlers' jedenfalls abgedeckt. Im anderen Fall trifft dies jedoch nur dann zu, wenn dem Pflegebedürftigen Pflegegeld in einer solchen Höhe zusteht, dass die Verpflegskosten maximal 80 % des Pflegegeldes betragen. Wenn die Höhe der Verpflegskosten den Betrag von 80 % des gebührenden Pflegegeldes übersteigt, erhält der Kostenträger nur diese 80 % des Pflegegeldes, 10 % von Stufe 3 erhält die pflegebedürftige Person. Der Rest des Pflegegeldes kommt auch dann nicht dem Kostenträger, der den Aufwand der Pflege zu tragen hat, zu Gute, wenn die volle Höhe des Pflegegeldes geringer ist als die Höhe der Verpflegskosten. Dabei ist in diesem Zusammenhang aber generell nicht in Abrede zu stellen, dass im vorliegenden Regelungskomplex die Zuerkennung von Taschengeld an sich durchaus sachlich gerechtfertigt sein mag.

...

Eine sachliche Begründung für die unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Höhe des zur Auszahlung kommenden Pflegegeldes einerseits jenes Falles, in dem eine Person stationär gepflegt wird und dies auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers erfolgt und andererseits jenes Falles, in dem eine Person eine vollkommen idente stationäre Pflege erfährt, lediglich für diese stationäre Pflege in finanzieller Hinsicht selbst aufkommt, kann jedoch nicht erblickt werden. Weder die weiteren Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes noch insbesondere die ... Erläuterungen vermögen eine diesbezügliche sachliche Begründung darzulegen.

Die sachliche Rechtfertigung kann jedoch auch nicht in dem einzigen tatsächlich vorliegenden Unterschied, nämlich der Kostentragung bzw. Kostenbeteiligung durch das Land, eine Gemeinde oder einen Sozialhilfeträger einerseits und der Kostentragung durch die zu pflegende Person selbst andererseits, gesehen werden, da es im vorliegenden Zusammenhang allein darauf ankommt, dass für jeweils vollkommen gleiche Leistungen im Rahmen der stationären Pflege auch gleiche Ansprüche in Bezug auf die jeweils zustehenden Leistungen auf Bundespflegegeld gegeben sein müssen. ...

...

Festzuhalten ist nunmehr, dass § 11 Abs 1 Oö. Pflegegeldgesetz - im Gegensatz zu § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz - keine prozentuelle Begrenzung hinsichtlich des Übergangs des Anspruchs auf Pflegegeld normiert, sodass daher im Ergebnis immer der gesamte Anspruch auf Auszahlung des Pflegegeldes bestehen bleibt ...; im Gegensatz zum Bund behält das Land nicht 10 % des Pflegegeldes ein, sondern zahlt zur Gänze 100 % - davon 10 % Taschengeld - aus.

...

... Die bereits genannte Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG bestimmt in ihrem Art 1 Abs 1, dass die Vertragsparteien übereinkommen, auf der Grundlage der bundesstaatlichen Struktur Österreichs die Vorsorge für pflegebedürftige Personen bundesweit nach gleichen Zielsetzungen und Grundsätzen zu regeln. Art 1 Abs 2 normiert, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich zugeordneten Kompetenzbereiche ein umfassendes Pflegeleistungssystem an Geld- und Sachleistungen zu schaffen. Art 1 Abs 4 wiederum bestimmt, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Leistungen als Mindeststandard gesichert werden.

... Es ist zwar zu betonen, dass der Verfassungsgerichtshof - unter Berufung auf das bundesstaatliche Prinzip - judiziert, dass unterschiedliche Regelungen vom Bundesgesetzgeber einerseits und von den Landesgesetzgebern andererseits keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken begegnen (vgl. z.B. VfSlg. 8161/1977, 9116/1981), es wäre jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass beide Bestimmungen auf Grundlage derselben - den Bund wie auch die Länder in gleicher Weise bindenden - Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG erlassen wurden, schon allein im Sinn des verfassungsrechtlichen Erfordernisses der allgemeinen Sachlichkeit von Rechtsnormen eine spezielle Rechtfertigung erforderlich, warum der Bundesgesetzgeber mit der Bestimmung des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz - im Unterschied etwa zu § 11 Abs 1 Oö. Pflegegeldgesetz - den vollständigen Anspruch auf Pflegegeld verwehrt und somit den im Art 1 der genannten Vereinbarung grundgelegten Verpflichtungen nicht in vollem Ausmaß nachkommt. Eine derartige sachliche Rechtfertigung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich. Darüber hinaus steht § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz auch nicht im Einklang mit der im § 1 Bundespflegegeldgesetz grundgelegten Zweckwidmung des Pflegegeldes. Eine diesbezügliche sachliche Rechtfertigung ist jedoch - wie bereits dargelegt wurde - nicht zu erblicken.

... Auch ein Vergleich mit der Bestimmung des § 11 Abs 1 Oö. Pflegegeldgesetz unter zusätzlicher Berücksichtigung insbesondere des Art 1 der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VO über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen unterstreicht daher die der angefochtenen Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz innewohnende Verfassungswidrigkeit.

... Im Zuge der Darlegung der Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz ist weiters auch dem Umstand Beachtung zu schenken, dass nicht nur in den bereits aufgezeigten Fällen der stationären Pflege durch 'Selbstzahler' (sowie etwa auch den sich aus § 11 Abs 1 Oö. Pflegegeldgesetz ergebenden - landesgesetzlichen - Ansprüchen), sondern auch in sämtlichen Fällen, in denen im Rahmen von nicht-stationärer Pflege Ansprüche auf Bundespflegegeld bestehen, diese in keinem Fall einer vergleichbaren Beschränkung unterliegen, sondern immer im vollen jeweiligen Ausmaß auch tatsächlich zur Auszahlung gelangen.

Es ist in diesem Zusammenhang zwar anzuerkennen, dass die Fälle der nicht-stationären Pflege mit jenen der stationären Pflege nicht vorbehaltlos verglichen werden können; die bereits aufgezeigte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zum verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz würde jedoch - ebenfalls auch im Hinblick auf die allen Regelungen zum Pflegegeld zu Grunde liegende Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, insbesondere deren Art 1 - eine sachliche Rechtfertigung jedenfalls auch dahingehend erfordern, dass der Bund in einem einzigen Fall, nämlich jenem des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz, eine Einbehaltung von Teilen des Pflegegeldes verbunden mit einer nicht vollständig zweckgerichteten Verwendung des Pflegegeldes normiert. Auch eine derartige sachliche Rechtfertigung ist jedoch in keiner Weise ersichtlich. ..."

Die antragstellende Landesregierung behauptet weiters einen Verstoß gegen § 4 F-VG 1948 (bzw. - auch unter diesem Gesichtspunkt - gegen das Gleichheitsgebot):

"... Wie bereits ausgeführt wurde, basieren die Regelungen bezüglich des Pflegegeldes sowohl des Bundes als auch der Länder auf der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, LGBl. Nr. 129/l993 (bzw. BGBl. Nr. 866/1993). Gemäß Art 1 Abs 1 dieser Vereinbarung kommen die Vertragsparteien überein, auf der Grundlage der bundesstaatlichen Struktur Österreichs die Vorsorge für pflegebedürftige Personen bundesweit nach gleichen Zielsetzungen und Grundsätzen zu regeln. Art 1 Abs 2 normiert, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich zugeordneten Kompetenzbereiche ein umfassendes Pflegeleistungssystem an Geld- und Sachleistungen zu schaffen. Art 1 Abs 4 bestimmt, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Leistungen als Mindeststandard gesichert werden. Art 2 Abs 2 wiederum normiert, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld des Bundes mit dem Bundespflegegeldgesetz geregelt werden und die Länder sich verpflichten, bis Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen.

Diese gleichen Grundsätze und Zielsetzungen spiegeln sich daher in den sich - zum Teil sogar wortgleich - entsprechenden Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes und der entsprechenden Landesgesetze (wie auch des Oö. Pflegegeldgesetzes) wider. ...

... Durch die im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 vorgenommene Reduzierung des Taschengeldes von 20 % auf 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 - bei gleichzeitiger Beibehaltung der Begrenzung des Übergangs des Pflegegeldanspruchs von 80 % - ist der Bundesgesetzgeber jedoch einseitig von dem durch die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG intendierten und bis zu diesem Zeitpunkt auch im Rahmen des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz verwirklichten Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf die Kostentragung bei stationärer Pflege von Bundespflegegeldbeziehern im Rahmen der im § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz genannten Einrichtungen abgegangen. Mag die Reduktion der Höhe des Taschengeldes von 20 % auf 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 aus den sich aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996 (72 BlgNR 20. GP, S. 239) ergebenden Gründen auch sachlich gerechtfertigt sein (für den Bereich des Landes Oberösterreich auch nachvollzogen durch die bereits zitierte Novelle zum Oö. Pflegegeldgesetz, LGBl. Nr. 75/1996), so ist - im Sinn der obigen Ausführungen - die gleichzeitige Beibehaltung der Begrenzung des Übergangs des Anspruchs auf Pflegegeld mit 80 %, die im Ergebnis bewirkt, dass die restlichen 10 % des Pflegegeldanspruchs nicht nur - wie bereits aufgezeigt wurde - nicht zur Auszahlung gelangen, sondern darüber hinaus auch nicht auf den jeweiligen Kostenträger übergehen, jedoch weder aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht im Hinblick auf § 4 F-VG noch unter dem Blickwinkel des durch Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes verkörperten allgemeinen Sachlichkeitsgebots sachlich zu rechtfertigen:

... Abweichende Kostentragungsregelungen im Sinn des § 2 F-VG sind zwar gemäß dieser Bestimmung durch die zuständige Gesetzgebung zulässig, solche Regelungen müssen jedoch im Hinblick sowohl auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz als auch auf den speziellen finanzverfassungsrechtlichen Gleichheitssatz des § 4 F-VG sachgerecht sein, finden somit dort ihre inhaltlichen Schranken (vgl. z.B. VfSlg. 15.039/1997; sh. auch Ruppe, § 2 F-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz. 33).

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass jedenfalls auch Vereinbarungen nach Art 15a B-VG die Grundlage für finanzverfassungsrechtliche Betrachtungen im Hinblick auf die §§2 und 4 F-VG bilden können. So führt etwa Ruppe (a.a.O., Rz. 34), aus, wenn es nach § 2 F-VG zulässig sei, durch einen (einseitigen) Akt der Gesetzgebung Kosten auf eine andere Gebietskörperschaft ohne deren Zustimmung und vielleicht gegen deren Willen abzuwälzen, solange die Grenze des § 4 F-VG nicht verletzt sei, dann müsste eine nach Art 15a B-VG getroffene staatsrechtliche, von den gesetzgebenden Organen der beteiligten Körperschaften genehmigte Vereinbarung über die Kostentragung, die in der Regel schon wegen ihres Vereinbarungscharakters zu einer nach § 4 F-VG finanzausgleichsrechtlich sachgerechten Kostenanlastung führen werde, umso eher zulässig sein. Diese Überlegungen müssen jedoch umgekehrt um so mehr auch für jenen Fall Geltung beanspruchen können, in dem im Rahmen einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG die Grundlagen für die Verteilung der finanziellen Belastungen getroffen werden (von der dann - wie im vorliegenden Fall - einseitig durch eine bundesgesetzliche Regelung abgegangen wird). Auch Ruppe (a.a.O.) betont - unter Verweis etwa auf die Erkenntnisse VfSlg. 14.945/1997 und 15.309/1998 - dass auch der Verfassungsgerichtshof Vereinbarungen gemäß Art 15a B-VG als taugliche und somit finanzausgleichsrechtlich maßgebliche Kostentragungsregelungen anzusehen scheint. Ruppe (a.a.O., Rz. 22 f) stellt weiters fest, dass bei einer kooperativen Lösung von Finanzierungsfragen in der Regel davon ausgegangen werden könne, dass mit dem Finanzierungsschlüssel zugleich zum Ausdruck gebracht werde, in welchem Ausmaß die beteiligten Gebietskörperschaften die Gemeinschaftsaufgabe als 'ihre' Aufgabe im Sinn des § 2 F-VG betrachten würden. Davon abweichende Regelungen würden jedoch nach der Judikatur des § 4 F-VG einer strengen Prüfung auf hinreichende sachliche Gründe unterliegen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 4 F-VG in seiner Judikatur auch als Konkretisierung des Gleichheitsgrundsatzes und damit als Ausdruck des Sachlichkeitsgebots für den Bereich des Finanzausgleichs eingestuft (vgl. etwa VfSlg. 9280/1981, 10.633/1985, 15.039/1997). Auf Grund der bisherigen Ausführungen ergibt sich jedoch in eindeutiger Weise, dass die im Rahmen der angefochtenen Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz vorgenommene Beschränkung des Übergangs des Anspruchs auf Pflegegeld auf 80 % und den durch die vorgenommene Reduktion des Taschengeldes von 20 % auf 10 % der Pflegestufe 3 bewirkten Nichtübergang der restlichen 10 % auf den jeweiligen Kostenträger - ausgehend von der sowohl dieser Regelung als auch allen gleichgelagerten landesrechtlichen Regelungen zugrunde liegenden Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen - mit dem durch § 4 F-VG konkretisierten finanzverfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebot nicht im Einklang steht und somit auch aus diesem Grund verfassungswidrig ist.

In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass das Bundespflegegeldgesetz in seiner Stammfassung und mit ihm das System des § 13 Abs 1 (80 % Anspruchsübergang und 20 % Taschengeld, zusammen jedenfalls 100 %) bereits am mit BGBl. Nr. 110/1993 im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde. Demgegenüber wurde die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen erst am mit BGBl. Nr. 866/1993 im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Nicht zuletzt auf Grund dieses zeitlichen Zusammenfallens ist daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass die genannte Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG mit dem ihr innewohnenden finanziellen Ausgleich auch nur im Sinn des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz und des darin zum Ausdruck kommenden Systems, jedenfalls immer 100 % des Pflegegeldes zweckgerichtet zu verwenden, verstanden werden kann. Um so mehr ist dann aber bei einer Reduktion des Taschengeldes von 20 % auf 10 % die logische Konsequenz, die restlichen 90 % auf den jeweiligen Kostenträger übergehen zu lassen, um wiederum die umfassende zweckgerichtete Verwendung des gesamten Bundespflegegeldes auf der Basis der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen zu gewährleisten.

... Darüber hinaus ist festzustellen, dass die angefochtene Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz - aus den eben angeführten Gründen - auch mit den sich aus dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot des Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG ergebenden Anforderungen an gesetzliche Bestimmungen nicht im Einklang steht ..., weil auch ganz allgemein keine sachliche Rechtfertigung dafür erblickt werden kann, dass der Bundesgesetzgeber durch die vorgenommene Einbehaltung des Restbetrags von 10 %, der somit nicht dem jeweiligen Kostenträger zur Verfügung gestellt wird, die Intentionen und Normierungen der genannten Vereinbarung nach Art 15a B-VG konterkariert.

... Der Verfassungsgerichtshof hat im bereits zitierten Erkenntnis VfSlg. 15.281/1998 - im Zusammenhang mit der dort erfolgten Prüfung einer Bestimmung des Salzburger Sozialhilfegesetzes und unter Einbeziehung und Zitierung des § 13 Bundespflegegeldgesetz unter den dort relevanten Gesichtspunkten - in eindeutiger Weise zum Ausdruck gebracht, dass auch § 13 Bundespflegegeldgesetz Teil des Interessenausgleichs ist (bzw. zu sein hat), der durch die genannte Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG zum Ausdruck kommt. Das einseitige Abweichen des Bundes von diesem durch die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG vorgesehenen und akkordierten Interessenausgleich ohne ersichtliche sachliche Rechtfertigung verstößt jedoch aus den aufgezeigten Gründen sowohl gegen die finanzverfassungsgesetzliche Norm des § 4 F-VG als auch gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot, das sich in den Bestimmungen des Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG manifestiert, sodass sich die angefochtene Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz daher auch aus diesen aufgezeigten Gründen als verfassungswidrig erweist."

3.2. Den Vorwurf, der Bund habe seine aus der Vereinbarung BGBl. Nr. 866/1993 folgenden Verpflichtungen nicht erfüllt, begründet die Landesregierung wie folgt:

"... Im Zuge der ... Anfechtung der Wortfolge 'höchstens jedoch bis zu 80 v.H.,' im § 13 Abs 1 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wurde nicht nur die Gleichheitswidrigkeit dieser Wortfolge dargelegt, sondern es wurde darüber hinaus auch mehrfach und in ausführlicher Weise aufgezeigt, dass die den Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens bildende Vorschrift des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz unter anderem auch nicht im Einklang mit den - bereits mehrfach dargestellten - im Art 1 Abs 1, 2 und 4 der Vereinbarung über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl. Nr. 866/1993, festgelegten Verpflichtungen steht ... Für das im Rahmen dieses Schriftsatzes ebenfalls eingeleitete Verfahren gemäß Art 138a Abs 1 B-VG resultiert daraus - unter zusätzlicher Berücksichtigung des Art 16 der genannten Vereinbarung, wonach eine Abänderung dieser Vereinbarung eben nur schriftlich im Einvernehmen der Vertragsparteien möglich ist - aber bereits in logischer Konsequenz, dass die Tatsache, dass die im Rahmen des Gesetzesprüfungsantrags angefochtene Wortfolge des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz mit den angeführten Bestimmungen des Art 1 der genannten Vereinbarung nicht im Einklang steht, zugleich auch bedeutet, dass der Bund seinen aus diesen Bestimmungen der Vereinbarung folgenden Verpflichtungen diesbezüglich nicht nachgekommen ist. Die Begrenzung des Übergangs des Anspruchs auf Pflegegeld auf den jeweiligen Kostenträger auf das Höchstausmaß von 80 % im § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz sowie - abzüglich des Taschengeldes in Höhe von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 - die damit verbundene zweckwidrige Einbehaltung des restlichen Teils des Pflegegeldes durch den Bund konterkariert eben in eindeutiger Weise [die] vereinbarten gleichen Zielsetzungen und Grundsätz[e], [die] Verpflichtung zur Schaffung eines umfassenden Pflegeleistungssystems auch an Geldleistungen sowie [das] Erfordernis, dass gleiche Voraussetzungen auch gleiche Leistungen zur Folge haben müssen.

Da Art 15 der Vereinbarung die Verpflichtung zur Erlassung entsprechender gesetzlicher Regelungen 'in Durchführung dieser Vereinbarung' - und somit insbesondere eben auch ausnahmslos unter Beachtung der durch Art 1 Abs 1, 2 und 4 der Vereinbarung festgelegten Erfordernisse - normiert, wurde seitens des Bundes - wiederum im Hinblick auf die im Rahmen des Gesetzesprüfungsantrags bekämpfte Bestimmung des § 13 Abs 1 Bundespflegegeldgesetz - daher auch die aus Art 15 der gegenständlichen Vereinbarung folgende Verpflichtung nicht erfüllt."

4. Die Bundesregierung erstattete eine schriftliche Äußerung; darin verteidigt sie die angefochtene Gesetzesstelle und beantragt die Abweisung beider Anträge (Hervorhebungen wie im Original):

"I. Zur Entstehungsgeschichte und zum Hintergrund des § 13 BPGG und der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen

...

... § 13 Abs 1 BPGG sah bereits in seiner Stammfassung (BGBl. Nr. 110/1993) vor, dass der auf den Sozialhilfeträger als Kostenträger einer stationären Unterbringung im Sinne des § 13 Abs 1 BPGG übergehende Anteil mit höchstens 80 vH des Pflegegeldanspruches begrenzt war. Für den betroffenen pflegebedürftigen Menschen war ein pauschaliertes Taschengeld (damals in Höhe von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3) vorgesehen, und eine allfällige Differenz zwischen der Summe aus Anspruchsübergang und Taschengeld zum jeweils zuerkannten Pflegegeldanspruch ruhte (sog. Differenzruhen).

... Es ist bereits in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Kompetenzdeckungsklausel des Art 1 BPGG Grundlage für das BPGG war und nicht die Vereinbarung selbst. Die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gem. Art. l5a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl. Nr. 866/1993, wurde im Rahmen der Tagung der Landeshauptmännerkonferenz am , also nach der Kundmachung des Bundespflegegeldgesetzes im Bundesgesetzblatt, vom damals zuständigen Bundesminister Hesoun und den Landeshauptmännern unterzeichnet und zehn Monate nach der Kundmachung des Bundespflegegeldgesetzes, nämlich am , kundgemacht; sie trat mit in Kraft. Diese Vereinbarung bildete einen ausverhandelten Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern in Angelegenheiten der Pflegevorsorge. Teil dieses mit den Ländern vereinbarten Interessenausgleiches war selbstverständlich auch das mit den Ländern akkordierte und zu diesem Zeitpunkt bereits kundgemachte und in Kraft getretene Bundespflegegeldgesetz, und damit auch die Bestimmung des § 13 Abs 1 BPGG.

Diese Ansicht dürfte auch der Verfassungsgerichtshof vertreten, wenn er in seinem Erkenntnis VfSlg 15.281/1998 Folgendes festhält:

'... das Konzept der Pflegevorsorge, wie es dem Bundespflegegeldgesetz zu Grunde liegt und durch die Landesgesetzgebung im Rahmen ihrer Kompetenz ergänzt wird, wurde in dem bereits erwähnten Gliedstaatsvertrag, BGBl. Nr. 866/1993, gemäß Art 15a B-VG zwischen Bund und Ländern vereinbart und dieser Vereinbarung ist das bereits im Bundesgesetzblatt publizierte Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, (daher auch dessen § 13) ausdrücklich zu Grunde gelegt worden. Im Hinblick darauf, dass sich die Länder in dieser Vereinbarung auch verpflichtet haben, Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen (Art2 Abs 2 zweiter Satz der Vereinbarung BGBl. Nr. 866/1993), besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass in dieser Übereinkunft zwischen Bund und Ländern ein angemessener Interessenausgleich zum Ausdruck kommt und daher im Besonderen § 13 BPGG Teil dieses Interessenausgleichs ist.'

... Die antragstellende Oberösterreichische Landesregierung

dürfte - soweit aus dem Antrag ersichtlich - diesem Ergebnis auch

beipflichten, ist jedoch offenkundig der Ansicht, dass durch die mit

dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, erfolgte Änderung

in § 13 Abs 1 BPGG der Bund den Boden der genannten Vereinbarung und

damit in Verbindung den mit dieser verfolgten Interessenausgleich

einseitig verlassen habe ... Die Bundesregierung tritt dieser Ansicht

aus folgenden Überlegungen entgegen:

... Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 wurde § 13 Abs 1

BPGG insofern geändert, als die im dritten Satz der Bestimmung vorgesehene Taschengeldhöhe von 20 % auf 10 % reduziert wurde. Die mit dem gegenständlichen Antrag angefochtene Anspruchsübergangsregelung blieb hingegen unverändert. Nun könnte bereits vor diesem Hintergrund davon ausgegangen werden, dass angesichts der Unverändertheit der angefochtenen Wortfolge nicht davon die Rede sein kann, dass der Bund einseitig gegen die Vereinbarung verstoßen hat, was im Übrigen auch durch entsprechende Änderungen in Bezug auf die Taschengeldhöhe in den Landesgesetzen evident wird (vgl. auch den im Antrag erwähnten § 11 OÖ PGG in der Fassung des Landesgesetzes L[GB]l. Nr. 75/1996).

Aber auch aus den durch die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 verfolgten Zielsetzungen und faktischen Auswirkungen (allfällige nachteilige Folgen für die Länder) wird ersichtlich, dass die von de[r] Antragsteller[in] vorgebrachten Argumente ins Leere gehen.

... Insbesondere an der Kostentragungskonstellation, wie sie durch § 13 Abs 1 BPGG in der Stammfassung in Akkordanz mit den Ländern geschaffen wurde, hat sich auch durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 dem Grundsatzkonzept nach nichts geändert, sodass durch den Bund der Grundsatz pacta sunt servanda gewahrt und gegen den im Jahr 1993 vereinbarten Interessenausgleich zwischen Bund und Ländern nicht verstoßen wurde. Zu einer Verschlechterung in der Rechtsposition kam es vielmehr bei den pflegebedürftigen Personen, die in den Anwendungsbereich des § 13 Abs 1 BPGG fallen insoweit, als die Taschengeldhöhe mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 von 20 % auf nunmehr ab 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 gekürzt wurde. Der Bundesgesetzgeber hat jedoch zur Vermeidung von Härten eine Übergangsbestimmung in § 47 Abs 3 BPGG aufgenommen, nach der nur in jenen Fällen die Neuregelung des § 13 Abs 1 BPGG anzuwenden ist, wenn der Anspruchsübergang nicht vor dem geltend gemacht wurde. Wurde der Anspruchsübergang vor dem geltend gemacht, so gebührte noch das höhere Taschengeld von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3. Sachlich wurde die Änderung in § 13 Abs 1 BPGG damit begründet, dass die Erfahrungen bei der Durchführung des BPGG gezeigt haben, dass die pflegebedürftige Person im Falle einer Heimunterbringung grundsätzlich nur mehr sehr geringe Kosten für pflegebedingte Mehraufwendungen hat und das Taschengeld daher zur Vermeidung von Doppelversorgungen auf 10 vH der Pflegegeldstufe 3 gekürzt werden sollte (vgl. RV 72 BlgNR XX. GP., 239).

... Weiters ist noch auf zwei Aspekte hinzuweisen, die die

Position der unveränderten Kostentragung zwischen dem Bund und den Ländern erhellen.

... Erstens geht die Oberösterreichische Landesregierung von

einem inhaltlich unrichtigen Konzept des § 13 Abs 1 BPGG aus ..., nämlich dass § 13 Abs 1 BPGG in seiner Stammfassung eine Teilung, 80 % Anspruchsübergang und 20 % Taschengeld, zusammen jedenfalls 100 % des jeweiligen zuerkannten Pflegegeldanspruches normiert hätte. In § 13 Abs 1 BPGG (sowohl in der Stammfassung als auch nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996) bezieht sich lediglich der mit 80 vH begrenzte Anspruchsübergang zu Gunsten eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers auf den jeweiligen konkret zuerkannten Pflegegeldanspruch. Die Taschengeldregelung in § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG legt hingegen einen pauschalierten Betrag von 20 vH (Stammfassung) bzw. von 10 vH (idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996) des Pflegegeldes der Stufe drei (also ATS 1138 (20 %) bzw. ATS 569 = € 41,40 (10 %) Fixbetrag) unabhängig davon, welche Pflegegeldstufe konkret zuerkannt wurde, fest. Dementsprechend irrt die Oberösterreichische Landesregierung auch, wenn sie in ihrem Gesetzesprüfungsantrag ... davon ausgeht, dass der gem. § 13 Abs 1 vierter Satz BPGG ruhende Differenzbetrag stets 10 % des jeweils zuerkannten Pflegegeldanspruches ausmache; vielmehr ist von unterschiedlich hohen Ruhensbeträgen je konkret zuerkannter Pflegegeldstufe auszugehen.

... Zweitens ist noch darauf hinzuweisen, dass es durch die Änderung der Taschengeldhöhe von 20 auf 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 im Bereich des Anspruchsüberganges auf die kostentragenden Länder, Gemeinden und Sozialhilfeträger sogar zu einer Verbesserung für die Länder gekommen ist, da es bei Beziehern eines Pflegegeldes der Stufe 2 nach der alten Rechtslage (Taschengeld von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3) regelmäßig zur Anwendung von § 13 Abs 1 letzter Satz BPGG zu Lasten der Sozialhilfeträger gekommen ist, also zu einer Kürzung des Anspruchsüberganges, da die Summe aus 80 vH des Pflegegeldanspruches und des Taschengeldes in Höhe von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3 betraglich über die zuerkannte Pflegegeldstufe 2 hinausgegangen ist. Bei Anwendung der Rechtslage idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (Taschengeld von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3) fand die Summe aus 80 % des Pflegegeldanspruches (Anspruchsübergang) und des Taschengeldes in Höhe von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 hingegen betraglich Deckung im zuerkannten Pflegegeld der Stufe 2, sodass es zu keiner Kürzung des Anspruchsüberganges der Sozialhilfeträger mehr kommt, was folglich Mehreinnahmen der Länder im Wege des Anspruchsüberganges nach § 13 Abs 1 BPGG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 mit sich bringt.

... Nach den Berechnungen der zuständigen Fachsektion des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz haben die Länder dadurch jährlich Mehreinnahmen von rd. € 9 Mio. lukrieren können, wie sich auch aus nachfolgenden

Beispielen ergibt:

Beispiel:

a) Berechnung nach § 13 Abs 1 BPGG in der Stammfassung:

Stufenbetrag monatlich € 268,00

(davon 80 % wären € 214,40)

davon übergehender Betrag an den Kostenträger € 185,30

Taschengeld in Höhe von 20 % des Pflegegeldes

der Stufe 3 € 82,70

verbleibt ein Ruhensbetrag von € 0

Bei diesem Beispiel kommt der letzte Satz des § 13 Abs 1 BPGG zur Anwendung: Übersteigt die Summe aus Taschengeld (hier € 82,70) und übergehendem Anspruch (hier € 214,40) die gebührende Pflegegeldleistung (hier € 268,--), so ist der übergehende Anspruch entsprechend zu kürzen (ergibt hier € 185,30). Der Anspruchsübergang der Sozialhilfeträger wurde sohin bei Beziehern eines Pflegegeldes der Stufe 2 nach § 13 Abs 1 BPGG in seiner Stammfassung gekürzt.

b) Berechnung nach § 13 Abs 1 BPGG idF des Strukturanpassungsgesetz 1996:

Stufenbetrag monatlich € 268,00

davon übergehender Betrag an den Kostenträger

in Höhe von 80 % € 214,40

Taschengeld in Höhe von 10 % des Pflegegeldes

der Stufe 3 € 41,40

verbleibt ein Ruhensbetrag von € 12,20

Durch die Kürzung der Taschengeldhöhe von 20 auf 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kommt es nun auch bei Beziehern eines Pflegegeldes der Stufe 2 bei Anwendung von § 13 Abs 1 BPGG zu keiner Kürzung des Anspruchsüberganges der Sozialhilfeträger mehr, da die Summe aus Anspruchsübergang (diesfalls € 214,40) und Taschengeld (diesfalls € 41,40) - insg. also € 255,80 - im Stufenbetrag des Pflegegeldes der Stufe 2 (€ 268) Deckung findet.

Bei Beziehern von Pflegegeld der Stufen 3 bis 7 hat sich durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 für die Länder nichts geändert; ebenso ist es für die Länder bei Beziehern eines Pflegegeldes der Stufe 1 durch die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 gleichzeitig erfolgte Kürzung der Betragshöhe der Stufe 1 zu keiner Änderung gekommen.

... Zusammenfassend ist daher aus Sicht der Bundesregierung festzuhalten, dass sich die Kostentragung seit dem Inkrafttreten des BPGG nicht geändert hat, was insbesondere - wie gerade nachgewiesen wurde - auch angesichts des Strukturanpassungsgesetzes 1996 gilt, welches für die Länder sogar Mehreinnahmen nach sich zog. Der Bund hat daher auch nicht die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen verletzt.

II. Zu den Bedenken im Hinblick auf die genannte Wortfolge in § 13 Abs 1 BPGG

...

... Nach Ansicht der Bundesregierung kann für die durch § 13 Abs 1 BPGG bewirkte Differenzierung eine sachliche Begründung gegeben werden, die sich auch aus Unterschieden im Tatsächlichen ergibt. Es ist festzuhalten, dass eine gleichheitsrechtliche Beurteilung zwei Aspekte zu beachten hat. Einerseits den jeweiligen Träger der Einrichtung, andererseits die Situation des stationär betreuten Pflegegeldbeziehers selbst.

... Eingangs ist anzumerken, dass es sich bei den sog. Selbstzahlern um eine Marginalgröße im Verhältnis zu jenen stationär gepflegten Pflegegeldbeziehern handelt, denen diese Pflege primär im Wege der Kostentragung aus öffentlichen Mitteln - Sozialhilfe und Pflegegeldanspruchsübergang - gewährleistet wird.

... Mit § 13 Abs 1 BPGG wurde auch das Ziel verfolgt, jenen Personen, die mangels ausreichender eigener Einkünfte und mangels ausreichendem eigenem Vermögen eine stationäre Pflege nicht als sog. Selbstzahler bestreiten können, diese allenfalls notwendige stationäre Pflege in einer der in § 13 Abs 1 Z 1 bis 5 leg.cit. genannten Einrichtungen unter erheblichem Einsatz öffentlicher Mittel zu gewährleisten. Entstehungsgeschichtlich bildete dabei, wie bereits ausgeführt wurde, die Aufnahme eines Anspruchsüberganges auf die kostentragenden Sozialhilfeträger einen Eckpunkt in den Verhandlungen mit den Ländern über die auf Grundlage des BPGG geschlossene Vereinbarung gem. Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen.

Da § 13 Abs 1 BPGG einen Personenkreis betrifft, der in hohem Maße von öffentlichen Mitteln abhängt, erschien es auch sachlich gerechtfertigt, im Sinne des Interessenausgleichs zwischen den diese öffentlichen Mittel bereitstellenden Gebietskörperschaften Bund und Länder und im Sinne der Wahrung des umfassenden österreichischen Pflegevorsorgesystems unter möglichster Schonung des öffentlichen Haushaltes eine entsprechende spezielle Regelung in Form des § 13 Abs 1 BPGG (Stammfassung) zu normieren, die überdies auch noch eine zusätzliche Schutznorm zu Gunsten der betroffenen pflegebedürftigen Personen (Taschengeldregelung) enthält.

Auch die bis zum Inkrafttreten des Bundespflegegeldgesetzes mit Wirkung vom geltende, den Hilflosenzuschuss betreffende Rechtslage sah einen Anspruchsübergang in der Höhe von maximal 80 % der gebührenden Leistung vor. In den Sozialversicherungsgesetzen sind ebenso gleichartige Anspruchsübergänge bis zur Höhe von maximal 80 % der Pensionsleistung normiert (vgl. etwa § 324 Abs 3 ASVG).

Es zeigt sich also, dass nur bei den in § 13 Abs 1 BPGG genannten Einrichtungen die Pflege unter Einsatz erheblicher öffentlicher Mittel erfolgt, was bereits eine sachliche Rechtfertigung darstellt, denn nur in Bezug auf 'öffentliche' Träger kann der mit der Vereinbarung nach Art 15a B-VG verfolgte Interessensausgleich zum Tragen kommen.

... [Zu] den Argumenten der Oberösterreichischen Landesregierung in Bezug auf die Position der Pflegebedürftigen, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen, ist auf Folgendes hinzuweisen.

Zu dem in § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG normierten pauschalierten Taschengeld wird auch in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes - siehe etwa - davon ausgegangen, dass stationäre Pflege gem. § 13 BPGG so zu verstehen ist, dass in der betreffenden Einrichtung grundsätzlich eine umfassende Bedarfsdeckung in den Bereichen Betreuung und Hilfe im Sinne des § 4 BPGG bzw. im Sinne der §§1 Abs 2 und 2 Abs 2 EinstV gewährleistet sein muss. Eine stationäre Pflege im Sinne des § 13 Abs 1 BPGG liegt nach dieser Judikatur dann nicht vor, wenn diese Bedarfsdeckung nicht wenigstens im Grundsatz bzw. für den Regelfall erfüllt ist.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass pflegebedürftige Personen über die stationäre Pflege hinaus nur in geringem Maße durch die stationäre Pflege nicht abgedeckte Bedürfnisse zu bedecken haben. In diesem Sinne ist diese Norm des § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG quasi als Schutznorm zur Sicherung der über die in der stationären Einrichtung bereits weitestgehend abgedeckten Pflegebedürfnisse hinausgehenden Bedürfnisse zu verstehen.

Dabei ist auch zu beachten, dass jenen pflegebedürftigen Personen, die in den Anwendungsbereich des § 13 Abs 1 BPGG fallen, oftmals auf Grund des durch § 13 Abs 1 dritter Satz leg. cit. sichergestellten Taschengeldes, das ja nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - siehe etwa die Erkenntnisse vom , GZ VwGH 2001/11/0034; , GZ VwGH 99/11/0332; u.a. - und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 15.281/1998) dem Pflegebedürftigen zur freien Verfügung verbleiben muss, mehr finanzieller Spielraum zur Bedeckung für die über die in der Einrichtung abgedeckten Pflegebedürfnisse hinausgehenden Bedürfnisse verbleibt als den sog. Selbstzahlern, für die eine vergleichbare Schutznorm nicht besteht. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass stationär auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, eines Sozialhilfeträgers oder einer Gemeinde gepflegten Pflegegeldbeziehern außerdem ein Taschengeld aus dem Pensionsanspruch in Höhe von 20 % sowie die Sonderzahlungen zur Pension zur freien Verfügung verbleiben.

...

... Zusammenfassend ist daher zu diesem Punkt festzuhalten, dass eine sachliche Rechtfertigung in der Trägerstruktur für die stationäre Pflege liegt, die einerseits von der öffentlichen Hand getragen wird, andererseits von Privaten. In Bezug auf die öffentliche Hand stellt der genannte Interessenausgleich eine sachliche Rechtfertigung dar.

Im Hinblick auf den Pflegling führt aber § 13 Abs 1 BPGG dazu, dass Personen, die nicht Selbstzahler sind, wie die angeführten Beispiele gezeigt haben, durchaus mehr an verfügbaren Einkommen behalten, als dies bei Selbstzahlern der Fall ist.

... Weiters versucht die Oberösterreichische Landesregierung die Unsachlichkeit der Regelung mit dem Argument zu belegen, dass aus der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen in Verbindung mit dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot nur Regelungen wie jene des § 11 OÖ PGG (keine Anspruchskürzung) verfassungskonform erscheinen.

Dazu ist zunächst auf die Ausführungen unter Pkt. I zu verweisen, in welchen dargelegt wurde, dass § 13 BPGG der Vereinbarung entspricht. Im Übrigen macht die Oberösterreichische Landesregierung § 11 OÖ PGG zum Maßstab ihrer gleichheitsrechtlichen Prüfung. Es könnte aber auch § 9 Abs 1 Tiroler PGG herangezogen werden können, der eine Anspruchsübergangsregelung wie § 13 BPGG vorsieht. Daraus zeigt sich, dass die Vereinbarung eine gewisse Bandbreite zulässt, ohne dass bereits die Existenz unterschiedlicher Regelungen zu einer Verfassungswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeitsgebotes führen würde und der Ansatz der Oberösterreichischen Landesregierung keine taugliche Basis für eine gleichheitsrechtliche Prüfung darstellt.

... Letztlich macht die Oberösterreichische Landesregierung noch Bedenken aus gleichheitsrechtlicher Sicht in Verbindung mit dem aus § 4 F-VG erfließenden Sachlichkeitsgebot geltend.

...

Dazu ist nochmals darauf hinzuweisen, dass § 13 BPGG der Vereinbarung nach Art 15a B-VG zu Grunde gelegt wurde (vgl. VfSlg. 15.281/1998) und daher isoliert betrachtet in der Stammfassung keine Verletzung der Vereinbarung darstellt.

Aber auch die Ansicht der Oberösterreichischen Landesregierung, dass der Bund durch die im Strukturanpassungsgesetz 1996 festgesetzte Kürzung des Taschengeldes von 20 % auf 10 % der Pflegestufe 3 unter gleichzeitiger Beibehaltung der Begrenzung des Übergangs des Pflegegeldanspruchs von 80 % gegen das Sachlichkeitsgebot des § 4 F-VG verstoßen hat, ist verfehlt.

Durch die Kürzung des Taschengeldes von 20 % auf 10 % der Pflegestufe 3 hat sich an der Kostentragungskonstellation, wie sie durch § 13 Abs 1 BPGG geregelt wurde, dem Grundsatzkonzept nach nichts geändert.

Da das Strukturanpassungsgesetz 1996 der im Jahr 1993 abgeschlossenen Art 15a-Vereinbarung nicht widerspricht, ist der Bund von dem in dieser Vereinbarung enthaltenen Interessenausgleich nicht abgegangen. Der Anspruchsübergang auf den kostentragenden Sozialhilfeträger blieb weiterhin mit höchstens 80 % normiert, die Länder haben dadurch sogar Mehreinnahmen von jährlich € 9 Mio. ...

Somit ist es durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, mit dem eine Kürzung des Taschengeldes von 20 % auf 10 % der Pflegestufe 3 normiert wurde, zu keiner einseitigen Änderung der Vereinbarung und somit auch zu keinem finanziellen Verlust für eine Gebietskörperschaft gekommen, sodass der Hinweis der Oberösterreichischen Landesregierung auf die Verletzung des Sachlichkeitsgebotes des § 4 F-VG verfehlt ist.

Zusammenfassend ist die Bundesregierung daher der Ansicht, dass § 13 Abs 1 BPGG dem Gleichheitssatz entspricht.

III. Zur Frage der Erfüllung der Verpflichtungen des Bundes aus der Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen

... Es wurde bereits unter Pkt. I ausführlich dargelegt, dass eine Verletzung der Vereinbarung durch den Bund nicht erfolgt ist und insbesondere durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 keine Veränderung der Kostenstruktur erfolgt ist.

... Weiters ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

Das Land Oberösterreich verkennt, dass die Regelung des Artikel 1 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen (BGBl. Nr. 866/1993) hinsichtlich der Geldleistungen nur in Zusammenhang mit der Regelung des Artikel 2 gesehen werden kann.

Art 1 Abs 4 der Vereinbarung normiert zwar, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Leistungen als Mindeststandard gesichert werden ..., sodass sich daraus schon klar ergibt, dass abweichende Regelungen grundsätzlich zulässig sind. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt im Falle der Regelung des § 11 Abs 1 OÖ Pflegegeldgesetz eine derartige weiter gehende Leistung vor. Maßgeblicher Mindeststandard für die Erbringung von Geldleistungen sind jedenfalls die Regelungen wie sie im Bundespflegegeldgesetz enthalten sind.

So regelt Art 2 Abs 2 der Vereinbarung auch ausdrücklich, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld des Bundes mit dem Bundespflegegeldgesetz geregelt werden. Die Länder haben sich gemäß Art 2 Abs 2 der Vereinbarung verpflichtet, ihre Landesgesetze und Verordnungen hinsichtlich der Geldleistungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen.

Dies ist auch durch die Erlassung von weitgehend gleich lautenden Pflegegeldgesetzen der Länder in der Folge geschehen.

Dass etwa das Land Oberösterreich im Falle der Regelung des § 11 Abs 1 OÖ Pflegegeldgesetz noch weiter gehende Leistungen geregelt hat, die den Kostenträger besser stellen als in der vergleichbaren Bundesregelung des § 13 Abs 1 BPGG, ist nach den ... Erläuterungen zu Art 1 Abs 4 der Vereinbarung nicht ausgeschlossen (das Land Tirol hingegen hat - wie bereits erwähnt - den Anspruchsübergang im Ausmaß von 'höchstens jedoch bis zu 80 vH des Pflegegeldes' vergleichbar der Bundesregelung im § 9 Abs 1 des Tiroler Pflegegeldgesetzes übernommen).

Auch die Erläuterungen zu Art 2 der Vereinbarung weisen ausdrücklich darauf hin, dass zwar das Pflegegeld von Bund und Ländern nach gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen geleistet wird, es dazu jedoch nicht erforderlich ist, dass die Länder vollkommen idente Bestimmungen zum BPGG erlassen. Die Homogenität zwischen dem BPGG und den Landespflegegeldgesetzen ist nach wie vor gewahrt (so auch Pfeil, Bundespflegegeldgesetz, Wien 1996, 24)."

5. Der Verfassungsgerichtshof hat auch die Regierungen der übrigen an der vorliegenden Vereinbarung beteiligten Länder eingeladen, Äußerungen zum Gegenstand beider Verfahren zu erstatten. Dieser Einladung sind nur die Regierungen Kärntens, Salzburgs und Wiens gefolgt: Während die beiden letztgenannten Landesregierungen lediglich erklärten, sich der Auffassung der Oö. Landesregierung anzuschließen, brachte die Kärntner Landesregierung einen Schriftsatz ein, in dem sie das Vorbringen der antragstellenden Landesregierung hinsichtlich der auf den Gleichheitssatz und auf finanzverfassungsrechtliche Gesichtspunkte gegründeten Bedenken - diese zum Teil paraphrasierend - unterstützt und auch die Auffassung teilt, dass aus diesen Gründen eine Verletzung der Bund-Länder-Vereinbarung vorliege.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit beider Verfahren:

1. Gemäß Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes ua. auf Antrag einer Landesregierung.

Gemäß Art 138a Abs 1 B-VG stellt der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Bundesregierung oder einer "beteiligten Landesregierung" fest, ob eine Vereinbarung iS des Art 15a Abs 1 B-VG vorliegt und ob von einem Land oder vom Bund die aus einer solchen Vereinbarung folgenden Verpflichtungen, soweit es sich nicht um vermögensrechtliche Ansprüche handelt, erfüllt worden sind. Das Land Oberösterreich ist Partei der im vorliegenden Fall maßgebenden Vereinbarung; die Oö. Landesregierung ist daher befugt, eine Feststellung iS des Art 138a Abs 1 B-VG zu begehren.

2. Die Zulässigkeit beider Anträge ist im Verfahren weder bestritten worden, noch sind beim Verfassungsgerichtshof Zweifel am Vorliegen der Prozessvoraussetzungen entstanden. Die antragstellende Landesregierung hat insbesondere sowohl die gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle ins Treffen geführten Bedenken als auch den dem Bund angelasteten Verstoß gegen die in Rede stehende Vereinbarung hinreichend deutlich und konkret dargelegt (vgl. § 62 Abs 1 bzw. § 56a Abs 3 VfGG).

Die Verfahren erweisen sich daher insgesamt als zulässig.

B. In der Sache:

1. Zum Gesetzesprüfungsantrag (G150/04):

1.1. Die antragstellende Landesregierung bezweifelt ausdrücklich nicht die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG idF des Art 21 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, mit welchem für die Fälle der Unterbringung von Personen, die Pflegegeld beziehen, eine Neuregelung des diesen Personen während der Unterbringung verbleibenden Pflegetaschengeldes vorgenommen worden und der Anspruch auf dieses Taschengeld von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 auf 10 vH Pflegegeldes der Stufe 3 herabgesetzt worden ist. Die Landesregierung meint aber der Sache nach, dass mit dem Inkrafttreten dieser Neuregelung jene Bestimmung verfassungswidrig geworden sei, nach welcher in diesem Fall (weiterhin nur) höchstens 80 vH des Pflegegeldes der jeweiligen Pflegegeldstufe auf den jeweiligen Kostenträger, insbesondere Sozialhilfeträger, übergehen.

Sie gibt auf das Wesentliche zusammengefasst zwei Gründe für die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung an: Sie sei einerseits "an sich" gleichheitswidrig, wenn man eine unter zumindest teilweiser Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers stationär gepflegte Person mit einem "Selbstzahler" (ersichtlich gemeint: alle übrigen Pflegegeldbezieher nach dem BPGG) vergleiche, der 100 vH seines Pflegegeldes erhalte. Die angefochtene Regelung verstoße andererseits aber auch gegen die von der Landesregierung dargelegten - oben wiedergegebenen - finanzverfassungs- bzw. im Verfassungsrang stehenden finanzausgleichsrechtlichen Grundsätze.

1.1.1. Soweit die Oö. Landesregierung die Verfassungswidrigkeit der insgesamt niedrigeren Leistungsgewährung des Bundes an Pflegebedürftige in teilweise öffentlich finanzierter stationärer Pflege aus dem vorstehend genannten Vergleich mit einem "Selbstzahler" ableiten möchte, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich diese rechnerische Differenz nicht aus der angefochtenen Bestimmung allein, sondern nur aus dem Zusammenwirken der nicht angefochtenen "Taschengeldregelung" mit dem angefochtenen Teil des § 13 Abs 1 BPGG ergeben könnte. Da diese beiden Regelungen aus der Sicht der behaupteten verfassungsrechtlichen Anforderung, beiden verglichenen Fallgruppen (direkt oder indirekt) jeweils gleich hohe Ansprüche auf Pflegegeld zukommen zu lassen, in untrennbarem Zusammenhang stehen, ist es dem Verfassungsgerichtshof auf Grund des insoweit zu engen Umfangs der Anfechtung verwehrt, auf dieses Bedenken einzugehen.

1.1.2. Soweit die Oö. Landesregierung die Gleichheitswidrigkeit allein der angefochtenen Wortfolge darüber hinaus aus der in der Bund-Länder-Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Zweckwidmung des Pflegegeldes, einem "umfassenden Pflegeleistungssystem an Geld- und Sachleistungen" zu dienen, ableiten möchte und - gleichsam zur Illustration - auf die Parallelregelung des Oö. Pflegegeldgesetzes hinweist, die eine Beschränkung des Anspruchsüberganges auf 80 vH nicht vorsehe, so übersieht sie, dass die angegriffene Regelung nicht das System der Zweckwidmung des Pflegegeldes in Frage stellt, sondern lediglich die dem Land (der Gemeinde, dem Sozialhilfeträger) als Träger von Pflegeeinrichtungen zufließenden Bundesmittel wie schon im Stammgesetz mit 80 vH des Pflegegeldes begrenzt. Dies wäre verfassungsrechtlich nur dann bedenklich, wenn der Bund damit finanzverfassungsrechtliche Grundsätze verletzt hätte, wie dies die antragstellende Landesregierung ebenfalls behauptet.

1.2. Der Verfassungsgerichtshof teilt aber auch diese - aus der Sicht der Finanzverfassung erhobenen - Bedenken nicht:

1.2.1. Die angegriffene Regelung, wonach im Falle der Unterbringung einer pflegebedürftigen Person in einer unter Heranziehung von Mitteln der Sozialhilfe betriebenen Pflegeeinrichtung ein Pflegegeldanteil vom Bund an das Land zu gewähren ist, ist hinsichtlich dieser Vollzugsaufgaben finanzausgleichsrechtlicher Natur (vgl. zur Anwendung finanzausgleichsrechtlicher Grundsätze auch auf Normen außerhalb des FAG zB VfSlg. 12.832/1991; zur Entwicklung dieser Grundsätze vgl. ua VfSlg. 14.168/1995, 15.681/1999 und 16.849/2003).

1.2.2. Das Konzept der Pflegevorsorge, wie es dem BPGG zugrunde liegt und durch die Landesgesetzgebung im Rahmen ihrer Kompetenz ergänzt wird, ist in dem oben erwähnten Bund-Länder-Vertrag, BGBl. Nr. 866/1993, vereinbart worden; diesem Gliedstaatsvertrag lag das (im Zeitpunkt seines Abschlusses schon im Bundesgesetzblatt verlautbarte) BPGG, daher auch dessen § 13, zugrunde, sodass davon auszugehen ist, dass die in dem genannten Bund-Länder-Vertrag getroffenen Vereinbarungen unter Einbeziehung des BPGG paktiert worden sind. Im Hinblick darauf, dass sich die Länder in dieser Vereinbarung (Art2 Abs 2 zweiter Satz) verpflichtet haben, Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen, besteht jedoch kein Anlass daran zu zweifeln, dass in dieser Übereinkunft zwischen Bund und Ländern ein angemessener Interessenausgleich zum Ausdruck kommt und daher § 13 BPGG Teil dieses Interessenausgleiches ist (so ausdrücklich VfSlg. 15.281/1998, S 196).

1.2.3. Auch die Oö. Landesregierung geht in ihrer - oben wiedergegebenen - Antragsbegründung ausdrücklich davon aus, dass der Bund-Länder-Vereinbarung das im Zeitpunkt ihres Zustandekommens bereits kundgemachte Bundespflegegeldgesetz, insbesondere dessen § 13, zugrunde lag. Sie leitet auch aus diesem Umstand ihre Prämisse ab, die Bestimmung des § 13 Abs 1 BPGG (idF des Stammgesetzes) habe das "System" erkennen lassen, "jedenfalls immer 100 % des Pflegegeldes zweckgerichtet zu verwenden"; von diesem "System" sei der Bund nun einseitig abgegangen, weil mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 das der pflegebedürftigen Person im Fall des § 13 Abs 1 BPGG zu belassende Taschengeld von 20 vH auf 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 reduziert, nicht aber auch gleichzeitig das Ausmaß des auf den Kostenträger übergehenden Pflegegeldanspruches entsprechend (dh. von 80 auf 90 vH) erhöht worden sei. Die angefochtene Gesetzesstelle verstoße daher - so die Landesregierung - sowohl gegen § 4 F-VG 1948 als auch gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Sachlichkeitsgebot.

a) Mit diesem Vorbringen übersieht die Oö. Landesregierung aber, dass dem Bundespflegegeldgesetz und der auf diesem Gesetz beruhenden Bund-Länder-Vereinbarung ein System, stets "100 vH des Pflegegeldes zweckgerichtet zu verwenden", nicht zugrunde lag. Das im § 13 Abs 1 BPGG in der Stammfassung vorgesehene Taschengeld von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 ließ auf Grund der Kürzungsregelung des letzten Satzes des § 13 Abs 1 BPGG in den Pflegegeldstufen 1 und 2 sogar weniger als 80 vH des Pflegegeldes übergehen, teilte (nur) in der Stufe 3 den Anspruch zwischen pflegebedürftiger Person und Rechtsträger im Verhältnis 20:80 und ließ in den Pflegegeldstufen 4 bis 7 das Bundespflegegeld im Ausmaß der Differenz zwischen dem vollen Pflegegeld und der Summe aus dem Taschengeld von 20 vH der Stufe 3 und 80 vH des jeweils bezogenen Pflegegeldes ruhen. Aus dem Umstand, dass der Pflegegeldanspruch gemäß § 13 Abs 1 erster Satz BPGG nur "bis zur Höhe der Verpflegskosten" auf den Kostenträger übergehen kann, ergibt sich ferner, dass das Pflegegeld in manchen Fällen in noch weitergehendem Umfang ruhen kann, nämlich dann, wenn die tatsächlichen Verpflegskosten das Höchstausmaß des Anspruchsüberganges von 80 vH des zuerkannten Pflegegeldes nicht erreichen.

b) Die Bestimmung des § 13 BPGG hatte also schon in ihrer Stammfassung vorgesehen, dass im Falle der Unterbringung einer pflegebedürftigen Person in einer Pflegeeinrichtung unter finanzieller Beteiligung eines anderen Rechtsträgers zumindest in den Pflegegeldstufen 4 bis 7 ein Teil des Pflegegeldes weder an den Anspruchsberechtigten noch an den die Unterbringung finanzierenden Träger zur Auszahlung gelangen, sondern ruhen sollte. Von einem vereinbarten "Finanzierungsschlüssel" kann daher angesichts dieser der Bund-Länder-Vereinbarung zugrunde gelegten Rechtslage nur insoweit gesprochen werden, als den Ländern, Gemeinden und Sozialhilfeträgern im Falle einer von ihnen zumindest mitfinanzierten stationären Pflege - zusätzlich zu den ihnen allenfalls aus der Legalzession gemäß § 324 Abs 3 ASVG zukommenden Mitteln - aus dem Pflegegeldanspruch nach dem BPGG im Wege der Legalzession ein Betrag bis zur Höhe der tatsächlichen Pflegegebühren, höchstens aber von 80 vH des jeweiligen Pflegegeldes (in den Stufen 1 und 2 nach Maßgabe des Taschengeldes entsprechend weniger) zufließen sollte.

1.2.4. Lässt sich also aus der Systematik des § 13 BPGG ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Taschengeldanspruch und dem Ausmaß des Anspruchsüberganges nicht ableiten, so wurde auch in der Bund-Länder-Vereinbarung selbst kein solcher Zusammenhang hergestellt. Ein solcher ergibt sich auch nicht unter Einbeziehung spezifisch sozialhilferechtlicher Gesichtspunkte: Die von den Ländern mit dem Bund paktierte Taschengeldregelung bewirkte nämlich, dass es den Ländern von Vornherein verwehrt war, dieses Pflegetaschengeld in den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff einzubeziehen (VfSlg. 15.281/1998). Das Pflegetaschengeld war daher für Grund und Höhe eines Sozialhilfeanspruchs stets irrelevant. Stand aber das Pflegetaschengeld von Vornherein zur Finanzierung der vom Land zu erbringenden Pflegeleistungen auch nicht teilweise zur Verfügung, dann hat die vom Bund im Jahr 1996 vorgenommene Reduzierung dieser Leistung nicht bewirkt, dass nunmehr mehr Personen als früher sozialhilferechtliche Leistungen in Anspruch nehmen könnten. Auch insoweit hat der Bund daher die den Ländern zukommenden Lasten nicht vergrößert.

1.2.5. Den Ländern sind aber auch sonst weder zusätzliche Lasten erwachsen (solche werden von der antragstellenden Landesregierung auch nicht behauptet), die dem Bund auf Grund der Änderung des § 13 Abs 1 dritter Satz BPGG im gegebenen Zusammenhang zurechenbar wären, noch wurden die den Ländern im gegebenen Zusammenhang im Wege des Rechtsübergangs zufließenden Mittel geschmälert.

1.2.6. Schließlich hat die Oö. Landesregierung auch sonst nicht dargetan, dass die Geschäftsgrundlage der Bund-Länder-Vereinbarung in einer Weise betroffen wäre, die den Bund zu einer Erhöhung der den Ländern (Gemeinden, Sozialhilfeträgern) im Wege der Legalzession zufließenden Mittel hätte veranlassen müssen. Weder behauptet sie eine Abrede, bei jeglicher Veränderung der Höhe des Pflegegeldes in erneute Verhandlungen zu treten, noch vermag der Umstand allein, dass sich der Bund durch die Reduktion des Pflegetaschengeldes (ebenso wie im Übrigen die Länder, welche diese Maßnahme nachvollzogen haben) Mittel "erspart" hat, der Bund-Länder-Vereinbarung die Geschäftsgrundlage zu entziehen: Der Bund war aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht daher auch nicht verpflichtet, entweder zu seiner gesetzgeberischen Maßnahme eine erneute vertragliche Zustimmung der Länder einzuholen oder diese am "Ertrag" einer Sparmaßnahme anteilig partizipieren zu lassen.

Es kann also insgesamt nicht gesagt werden, dass der Bund "die artikulierte Interessenlage" der Länder "geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet" oder das mit der Bund-Länder-Vereinbarung letztlich kreierte finanzausgleichsrechtliche System der Erbringung pflegebezogener Geldleistungen "schwerwiegend gestört" hätte (vgl. zu diesem Maßstab VfSlg. 14.186/1995 unter Hinweis auf VfSlg. 12.505/1990 und VfSlg. 12.784/1991; siehe auch VfSlg. 15.861/1999).

1.2.7. Der Bund hat daher durch die Kürzung des Pflegetaschengeldes im Strukturanpassungsgesetz 1996 bei gleichzeitiger Beibehaltung des höchstens 80%igen Anspruchsüberganges für den Fall der Unterbringung in einer teilweise landesfinanzierten Pflegeeinrichtung das finanzverfassungsrechtliche Sachlichkeitsgebot nicht verletzt.

2. Zum Feststellungsantrag nach Art 138a Abs 1 B-VG (F2/04):

Nach dem vorhin Gesagten ist auch nicht erkennbar, dass der Bund seine aus Art 15 iVm Art 1 Abs 1, 2 und 4 der Vereinbarung BGBl. Nr. 866/1993 folgenden Verpflichtungen nicht erfüllt hätte, und zwar weder durch die - der genannten Vereinbarung sogar zeitlich vorangehende - Regelung der Legalzession in § 13 Abs 1 BPGG noch durch deren unveränderte Beibehaltung im Strukturanpassungsgesetz 1996. Bund und Länder sind in diesem Gliedstaatsvertrag zwar übereingekommen, ein "umfassendes" Pflegeleistungssystem zu schaffen und unter gleichen Voraussetzungen gleiche Leistungen als "Mindeststandard" zu gewähren; wie sich jedoch insbesondere aus Art 2 Abs 2 ergibt, lag diesem Vertrag das im Zeitpunkt seines Abschlusses bereits kundgemachte BPGG (daher auch dessen § 13) zugrunde. Davon, dass § 13 BPGG (idF des Stammgesetzes) gegen die genannte Bund-Länder-Vereinbarung verstoßen hätte, kann daher von Vornherein nicht die Rede sein. Nichts anderes kann aber für § 13 BPGG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 gelten, hat doch dieses Gesetz das allein strittige Ausmaß des Anspruchsüberganges unverändert gelassen.

3. Beide Anträge erweisen sich somit als unbegründet; sie waren daher abzuweisen.

C. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.