VfGH vom 04.12.2008, g15/08
Sammlungsnummer
18637
Leitsatz
Aufhebung einer Verordnungsermächtigung in der Rechtsanwaltsordnung betreffend die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot; wesentliche Eingriffsbefugnisse auch in die Rechte und Pflichten Dritter; Aufhebung der darauf gestützten Verordnungsbestimmungen nach Wegfall der gesetzlichen Grundlage
Spruch
I. § 37 Abs 1 Z 2b der Rechtsanwaltsordnung vom 6. Juli 1868, RGBl. Nr. 96, idF BGBl. I Nr. 93/2003, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
II. Als gesetzwidrig werden aufgehoben
1. § 9b der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter 1977 (RL-BA 1977), kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom bzw. , sowie
2. das Statut der Treuhand-Revision der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, in der 10. Revisionsfassung vom .
Die Aufhebungen treten mit in Kraft.
Die Bundesministerin für Justiz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B147/06 eine Beschwerde
gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich (im Folgenden: RAK NÖ) vom anhängig, mit dem unter anderem die "Beschwerde/Vorstellung" gegen den Bestellungsbeschluss eines anderen Rechtsanwaltes betreffend die Durchführung einer Revision beim Beschwerdeführer zurückgewiesen wurde.
2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs 1 Z 2b der Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) und der Gesetzmäßigkeit des § 9b der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: RL-BA 1977) sowie des Punktes 15.2 des Statutes der Treuhand-Revision der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, in der
10. Revisionsfassung vom , (im Folgenden: Statut) entstanden. Der Gerichtshof leitete daher mit Beschluss vom von Amts wegen ein Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren hinsichtlich der genannten Bestimmungen ein.
II. Zur Rechtslage:
1. Die maßgebliche Bestimmung der RAO lautet auszugsweise (der in Prüfung gezogene Teil der Bestimmung ist hervorgehoben):
"§37. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag kann Richtlinien erlassen
1. zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs;
2. zur Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts;
2a. für die Ausübung der Tätigkeit eines mittlerweiligen Stellvertreters, insbesondere über seine Rechte und Pflichten dem Rechtsanwalt, dem ehemaligen Rechtsanwalt oder dessen Rechtsnachfolger gegenüber sowie über seine Entlohnung, zur Wahrung der Interessen der betroffenen Parteien und über die Führung der Kanzlei;
2b. für die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten, sowie für die Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten dienen und die auch mittels automationsunterstütztem Datenverkehr geführt werden können;
3. für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern, im besonderen über Art, Umfang und Gegenstand von Ausbildungsveranstaltungen, an denen der Rechtsanwaltsanwärter als Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung teilzunehmen hat, sowie für die Anrechenbarkeit ihrer praktischen Verwendung; in den Richtlinien kann den Rechtsanwaltsanwärtern auch die Möglichkeit eingeräumt werden, an einem Teil der Ausbildungsveranstaltungen erst nach Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung und vor Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte teilzunehmen;
4. für die von den Rechtsanwälten für ihre Leistungen zu vereinbarenden Entlohnungen;
5. für die Vergabe von Standesauszeichnungen;
6. zur Festlegung der Verpflichtung nach § 9 Abs 1a.
(2) Die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien sind im Internet auf der Homepage des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (http://www.rechtsanwaelte.at) dauerhaft bereitzustellen."
Die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO wurde mit dem Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999, BGBl. I 71, in die RAO eingefügt; die Absatzbezeichnung erhielt sie mit BGBl. I 93/2003.
2. Die Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (im Folgenden: ÖRAK) hat bei ihren Tagungen am bzw. unter anderem die folgenden - in Prüfung gezogenen - Ergänzungen der - als Verordnung zu qualifizierenden (vgl. VfSlg. 9470/1982; s. auch VfSlg. 15.584/1999) - RL-BA 1977 beschlossen:
"§9b. (1) Die Rechtsanwaltskammern haben bis Einrichtungen zu schaffen, die der Sicherung und Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von vertraglich übernommenen Treuhandschaften, in deren Rahmen der Rechtsanwalt den Auftrag zur Verwahrung und späteren Ausfolgung eines bei ihm hinterlegten Geldbetrages für den Fall des Eintrittes einer oder mehrerer Bedingungen an einen oder mehrere, ihm als begünstigte genannte Dritte übernimmt und durchführt, dienen.
Von dem vorstehend definierten Begriff jedenfalls nicht umfasst sind
a) Treuhanderläge, die den Betrag von Euro 40.000,- nicht überschreiten,
b) Treuhanderläge, die für die Entrichtung von Gerichtsgebühren oder von Steuern oder Abgaben gewidmet sind, sowie
c) die Entgegennahme von Geldbeträgen im Rahmen einer Forderungsbetreibung oder Prozessführung und
d) die Verwaltung von Vermögen und die Tätigkeit als Ausgleichs- oder Masseverwalter.
(2) Diese Einrichtungen können auch mittels automationsunterstütztem Datenverkehr geführt werden und haben jedenfalls vorzusehen, dass
a) der Rechtsanwalt eine übernommene Treuhandschaft selbständig ausüben können muss,
b) dem Rechtsanwalt die Übernahme von Bürgschaften, Darlehens- und Kreditgewährungen in diesem Zusammenhang untersagt ist,
c) der Treuhandauftrag schriftlich abzuschließen ist,
d) der Rechtsanwalt Beginn und Beendigung der Treuhandschaft der Einrichtung zu melden hat,
e) der Rechtsanwalt das treuhandanderkontoführende Kreditinstitut zu ermächtigen und zu beauftragen hat, Duplikate der Kontoauszüge und der Überweisungsträger an den/die Treugeber zu übermitteln,
f) der Rechtsanwalt sich anteilig an der Prämie einer von seiner Rechtsanwaltskammer abgeschlossenen Vertrauensschadensversicherung zu beteiligen hat und
g) der Rechtsanwalt verpflichtet ist, der Einrichtung die Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von ihm übernommenen Treuhandschaft zu ermöglichen, daran mitzuwirken und sich von seinem Auftraggeber in diesem Umfang von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden zu lassen.
Darüber hinaus können diese Einrichtung vorsehen, dass
h) der in Abs 1 lita) festgesetzte Höchstbetrag jener Treuhanderläge, die nicht von dem in Abs 1 definierten Begriff umfasst sind, in geringerer Höhe festgesetzt wird;
i) der Rechtsanwalt auch laufende Verfügungen über den Treuhanderlag der Einrichtung zu melden hat;
j) der Rechtsanwalt das treuhandanderkontoführende Kreditinstitut zu ermächtigen und zu beauftragen hat, Duplikate der Kontoauszüge und der Überweisungsträger auch an Begünstigte und an die Einrichtung zu übermitteln und
k) der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seinem Klienten bzw. dem Treugeber die Statuten bzw. Bestimmungen der Einrichtungen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.
(3) Ein Rechtsanwalt, der Treuhandschaften im Sinne des Abs 1 übernimmt und durchführt, hat diese ausschließlich nach Maßgabe der Bestimmungen der von seiner Rechtsanwaltskammer geschaffenen Einrichtung zu übernehmen und durchzuführen.
(4) Diese Verpflichtung des Rechtsanwaltes gemäß Abs 3 entfällt dann, wenn der Treugeber des Rechtsanwaltes diesem gegenüber die Abwicklung der Treuhandschaft im Rahmen der geschaffenen Einrichtung ausdrücklich und schriftlich ablehnt, obwohl ihm nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde, dass sohin die Kontrolle der Abwicklung der Treuhandschaft durch die Einrichtung sowie ein allenfalls bestehender Versicherungsschutz entfällt."
3. Das Statut lautet auszugsweise (die in Prüfung gezogenen Teile sind hervorgehoben):
"Erster Abschnitt
Grundlagen
1. Richtlinie
Nach § 9b Abs 1 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter (RL-BA) sind von den Rechtsanwaltskammern Einrichtungen zu schaffen, die der Überwachung und Sicherung der Pflichten des Rechtsanwaltes, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von vertraglich übernommenen Treuhandschaften dienen.
2. Umsetzung
In Erfüllung dieser Verpflichtung ist bei der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich die
'Treuhand-Revision der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich'
eingerichtet.
3. Inhalt
Das vorliegende Statut regelt Einrichtung und Aufgaben der Treuhand-Revision sowie die Rechte und Pflichten der diesem Statut unterliegenden Rechtsanwälte.
4. Einfluss auf sonstige Verpflichtungen
Durch dieses Statut werden die den Rechtsanwalt treffenden sonstigen gesetzlichen, vertraglichen und standesrechtlichen Verpflichtungen weder aufgehoben noch eingeschränkt; dies gilt insbesondere für die Absprachen in der Treuhandvereinbarung."
"Vierter Abschnitt
Die Treuhand-Revision
...
15. Kontrolle
15.1 Aufgaben
Die Kontrollaufgaben der Treuhand-Revision bestehen in der Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, die unter dieses Statut fallen. Die Kontrolle wird durch die Revisionsbeauftragten ausgeübt.
Die Kontrolltätigkeit umfasst sowohl stichprobenartige Prüfungen ohne konkreten Anlass gemäß Richtlinien des Ausschusses oder infolge besonderer Aufträge desselben als auch Kontrollen bei Verdacht von Pflichtverletzungen. Der Prüfungsauftrag an die Revisionsbeauftragten ergeht durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich.
Die Kontrolle ist von den Revisionsbeauftragten - außer bei Gefahr in Verzug - zumindest 24 Stunden vorher anzukündigen. Sie ist nur während der Kanzleiöffnungszeiten des zu überprüfenden Rechtsanwalts durchzuführen, es sei denn, es besteht der dringende Verdacht einer Pflichtverletzung oder die Überprüfung kann während der Kanzleiöffnungszeiten nicht zu Ende geführt werden.
15.2 Duldungs- und Mitwirkungspflichten des Rechtsanwalts
Der Rechtsanwalt hat die Überprüfung in seinen Kanzleiräumlichkeiten zu gestatten.
Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, über alle diesem Statut unterliegenden Treuhandschaften die von den Revisionsbeauftragten gewünschten Auskünfte zu erteilen. Er hat ihnen Einsicht in alle die Treuhandschaft betreffenden Unterlagen, insbesondere in das von ihm geführte Treuhandverzeichnis, die Handakte, den Kontoverfügungsauftrag, den Kontoeröffnungsantrag und alle Bankbelege der Treuhandkonten zu gewähren und über Verlangen Kopien davon anzufertigen und zu übergeben.
Die Überprüfung kann auch durch die Abforderung der Übersendung von Kopien der bezeichneten Unterlagen, insbesondere per Fax oder Mail an die Treuhand-Revision der Kammer erfolgen.
Der Rechtsanwalt hat dafür Sorge zu tragen, dass seine Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten auch dann erfüllt werden, wenn er persönlich an der Anwesenheit verhindert ist. Abgeschlossene Treuhandschaften unterliegen nur dann der verpflichtenden Kontrolle, wenn der Abschlusserklärung keine Bestätigung der Treugeber angeschlossen war."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit erwogen:
1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss zur Präjudizialität des Punktes 15.2 des Statutes ausgeführt:
"Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurückgewiesen.
Die belangte Behörde dürfte zwar bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides den in Prüfung gezogenen Punkt 15.2 des Statutes nicht angewendet haben, das allein schließt jedoch nicht aus, dass der Verfassungsgerichtshof bei Überprüfung des angefochtenen Bescheides die in Prüfung gezogene Regelung anzuwenden hätte. Denn eine Norm ist vom Verfassungsgerichtshof auch dann anzuwenden und damit präjudiziell, wenn sie von der Behörde richtigerweise anzuwenden gewesen wäre (vgl. VfSlg. 10.617/1985, 11.752/1988, 15.204/1998, 16.452/2002). Dies scheint im vorliegenden Verfahren zuzutreffen:
Aus Punkt 15.2 des Statutes ergibt sich, dass den Beschwerdeführer durch die Bestellung eines Revisors bestimmte Duldungs- und Mitwirkungspflichten treffen. Da diese Bestimmung die Rechtsstellung des Beschwerdeführers näher gestaltet, nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Vorstellung den in Prüfung gezogenen Teil des Statutes anzuwenden gehabt hätte. Der Verfassungsgerichtshof geht darüber hinaus davon aus, dass auch er die in Prüfung gezogene Bestimmung des Statutes bei seiner Entscheidung über die vorliegende Beschwerde anzuwenden hätte."
1.2. Die Bundesregierung führt diesbezüglich aus (die Äußerung der Bundesministerin für Justiz ist weitgehend inhaltsgleich):
"3. Nach Ansicht der Bundesregierung ist die Zurückweisung der 'Beschwerde/Vorstellung' durch die belangte Behörde im Ausgangsverfahren zu Unrecht erfolgt.
Die Bestellung und Beauftragung des Revisors erfolgt unter Anwendung von Punkt 15.1 des Statuts der Treuhand-Revision, der dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer die Befugnis zuweist, Prüfungsaufträge zu erteilen. Diese Prüfungsaufträge bestehen nach Abs 1 in der Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Überwachung und Durchführung von Treuhandschaften, die unter das Statut fallen. Je nach Prüfungsauftrag hat der Revisionsbeauftragte seine Kontrolle entweder durch stichprobenartige Prüfungen ohne konkreten Anlass oder infolge besonderer Aufträge des Ausschusses oder bei Verdacht von Pflichtverletzungen auszuüben. Die Kontrolle ist - außer bei Gefahr im Verzug - zumindest 24 Stunden vorher anzukündigen, ist während der Kanzleiöffnungszeiten durchzuführen und erfolgt in der Kanzlei des Rechtsanwalts.
Nach Punkt 2.0 und 2.1 der Revisions-Ordnung THB/Anderkonten erfolgt die Bestellung der Revisionsbeauftragten im Bestellungsbeschluss in der Regel bis zum Ende des auf die Bestellung folgenden Kalenderjahrs; aus besonderen Gründen auch für Einzelfälle. Nach Punkt 2.3 hat der Revisionsbeauftragte nur im Rahmen des ihm vom Ausschuss erteilten (allgemeinen oder eingeschränkten) Revisionsauftrags tätig zu werden. Davon ausgehend wird der Revisionsbeauftragte hoheitlich (mit Bescheid) bestellt und in Ausübung seiner Kontrolltätigkeit als Organ der Rechtsanwaltskammer auch hoheitlich tätig. Der vom Prüfauftrag betroffene Rechtsanwalt kann sich dagegen daher nicht im Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten (mit Unterlassungsklage) zur Wehr setzen, sondern ist auf die Beseitigung von Schäden nach dem AHG beschränkt. Dem Revisor werden durch den Bestellungsbeschluss auch Befugnisse eingeräumt, die in verfassungsrechtlich geschützte Rechte des betroffenen Rechtsanwalts eingreifen (Hausrecht, Art 8 EMRK).
Dem Beschwerdeführer kommt daher schon aus diesem Grund in einem solchen Verfahren Parteistellung auch in Ansehung des verfahrenseinleitenden Beschlusses zu. Als solcher ist ein konkreter Prüfauftrag, der in Ansehung seiner Person erteilt wird, jedenfalls zu verstehen. Als Partei im materiellen Sinn kommt ihm aber auch in Ansehung des im Bestellungsbeschluss enthaltenen Prüfauftrags (seiner Berechtigung, seines Inhalts und Umfangs) Rechtsmittellegitimation zu.
4. Die Begründung, dass es dem Beschwerdeführer an der Parteistellung im betreffenden Bestellungsverfahren mangle, ist daher - im Hinblick auf Punkt 15.1 des Statuts der Treuhand-Revision und Punkt 2.0, 2.1. und 2.3 der Revisions-Ordnung THB/Anderkonten, der Gebühren-Richtlinie für Revision - nicht tragfähig.
Daraus folgt aber, dass es zur Begründung der Parteistellung und damit zur Klärung der Frage der Richtigkeit des Zurückweisungsbescheids der belangten Behörde im Ausgangsverfahren auf Punkt 15.2. des Status der Treuhand-Revision nicht ankommen dürfte und diese Bestimmung daher weder von der belangten Behörde anzuwenden gewesen noch vom Verfassungsgerichtshof anzuwenden sein dürfte.
Diese Bestimmung kommt vielmehr erst bei Ausübung der Revision zum Tragen: Konkrete Duldungs- und Mitwirkungspflichten können sich nämlich letztlich jeweils nur im Rahmen der konkreten Prüfung durch den einmal bestellten Revisionsbeauftragten ergeben.
Pkt. 15.2 des Statuts der Treuhand-Revision dürfte daher nicht präjudiziell sein."
1.3. Der Verfassungsgerichtshof bleibt aus folgenden Überlegungen bei seiner im Prüfungsbeschluss vertretenen Auffassung:
Wie bereits im Prüfungsbeschluss ausgeführt, wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Beschluss auf Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Durchführung einer Revision auf Grund der mangelnden Parteistellung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Da der von der RAK NÖ bestellte Revisor bereits auf Grund des Bestellungsbeschlusses eine konkrete Revision durchführen kann, die der zu Revidierende gemäß Punkt 15.2 des Statutes zu dulden bzw. an der er mitzuwirken hat, ist die in Prüfung gezogene Bestimmung des Statutes - entgegen der Auffassung der Bundesregierung - präjudiziell.
2.1. Zur Präjudizialität des § 9b RL-BA 1977 hat der Verfassungsgerichtshof vorläufig ausgeführt:
"Bei der Prüfung der Frage, ob Punkt 15.2 des Statutes seinerseits gesetzmäßig ist, hat der Verfassungsgerichtshof auch den ersten Satz des § 9b Abs 1 RL-BA 1977 anzuwenden. Insoweit scheint daher diese Bestimmung im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls präjudiziell iSd Art 139 Abs 1 B-VG zu sein.
Dieser erste Satz dürfte mit den übrigen Vorschriften des § 9b RL-BA 1977 derart in untrennbarem Zusammenhang stehen, dass für den Fall der Aufhebung bloß des ersten Satzes der Verordnungsvorschrift ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben wäre (vgl. etwa VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003). Im Hinblick darauf wird § 9b RL-BA 1977 in seiner Gesamtheit in Prüfung gezogen."
2.2. Die Bundesregierung bezweifelt - ebenso wie die Bundesministerin für Justiz - auf Grund der von ihr angenommenen mangelnden Präjudizialität des Punktes 15.2 des Statutes auch die Zulässigkeit des zu § 9b RL-BA 1977 eingeleiteten Verordnungsprüfungsverfahrens und führt weitergehend aus:
"Hinzu tritt, dass die vom Verfassungsgerichtshof als präjudiziell angesehene Bestimmung des Pkt 15.2. des Statuts der Treuhand-Revision ihre Grundlage nicht im ganzen § 9b RL-BA 1977 haben dürfte, sondern lediglich in Abs 2 litg dieser Bestimmung, weil nur dieser Teil der Bestimmung die Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung von Treuhandschaften zum Gegenstand hat. Es dürfte daher auch unter Zugrundelegung der vorläufigen Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs nicht der ganze § 9b präjudiziell zu sein, sondern nur § 9b Abs 2 litg. Dies mag auf die Zulässigkeit der Prüfung der gesetzlichen Grundlage des § 37 Abs 1 Z 2b RAO keinen Einfluss haben, wohl aber auf die inhaltliche Beurteilung seiner Verfassungsmäßigkeit ...
Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass die angefochtene Bestimmung nicht präjudiziell und die Prozessvoraussetzungen daher im vorliegenden Fall nicht gegeben sein dürften."
2.3. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sind keine Umstände hervorgekommen, die gegen die Annahme der Präjudizialität des § 9b RL-BA 1977 sprechen.
Soweit die Bundesregierung vorbringt, dass ausschließlich § 9b Abs 2 litg RL-BA 1977 als Grundlage für Punkt 15.2 des Statutes heranzuziehen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass § 9b Abs 2 litg RL-BA 1977 auf die in Abs 1 leg.cit. geregelte "Einrichtung", die der Sicherung und Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von vertraglich übernommenen Treuhandschaften dient, Bezug nimmt. Zwischen der Organisationsregelung des § 9b Abs 1 RL-BA 1977 und den Aufgabenregelungen in Abs 2 bis 4 leg.cit. besteht ein untrennbarer Zusammenhang, weshalb der gesamte § 9b RL-BA 1977 präjudiziell ist.
3.1. Schließlich ist der Verfassungsgerichtshof vorläufig von der Präjudizialität des § 37 Abs 1 Z 2b RAO ausgegangen, weil er bei Prüfung des Punktes 15.2 des Statutes und des § 9b RL-BA 1977 auf ihre Gesetzmäßigkeit auch die Bestimmung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO anzuwenden hätte.
3.2. Die Bundesregierung bezweifelt auf Grund der von ihr angenommenen mangelnden Präjudizialität des Punktes 15.2 des Statutes auch die Zulässigkeit des zu § 37 Abs 1 Z 2b RAO eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens.
3.3. Wie bereits dargestellt, teilt der Verfassungsgerichtshof die von der Bundesregierung vertretene Auffassung der mangelnden Präjudizialität des Punktes 15.2 des Statutes und des § 9b RL-BA 1977 nicht. Es sind keine Umstände hervorgekommen, die gegen die Annahme der Präjudizialität des § 37 Abs 1 Z 2b RAO sprechen.
4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen gegeben sind, erweisen sich die Normprüfungsverfahren als zulässig.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hegte in mehrfacher Hinsicht
Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen:
1.1. Im Hinblick auf einen möglichen Widerspruch des § 37
Abs1 Z 2b RAO zu Art 18 B-VG führte er aus:
"Das in Art 18 B-VG zum Ausdruck kommende Legalitätsprinzip verlangt unter anderem die ausreichende Determinierung des Inhalts einer Verordnung durch das Gesetz. Damit eine Verordnung als ausreichend determiniert angesehen werden kann, muss ihr Inhalt im Gesetz hinreichend bestimmt sein, d.h. es müssen schon aus dem Gesetz selbst alle wesentlichen Merkmale der Verordnungsregelung ersehen werden können (vgl. zB VfSlg. 2294/1952, 4662/1964, 7945/1976, 10.899/1986, 11.938/1988); eine Verordnung hat nur zu präzisieren, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: VfSlg. 7945/1976, 9226/1981 ua.). Auch Organe der Selbstverwaltungskörper sind zur Erlassung von Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" iSd Art 18 Abs 2 B-VG befugt (vgl. VfSlg. 3993/1961, 4886/1964, 13.464/1993, 16.206/2001, 17.476/2005; vgl. explizit ablehnend zum Gedanken eines 'gelockerten Legalitätsprinzipes' für autonome Satzungen bereits VfSlg. 7903/1976).
Im vorliegenden Zusammenhang scheint es der Gesetzgeber nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes unterlassen zu haben, nähere Regelungen darüber zu treffen, welche konkreten Pflichten, insbesondere welche Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten die Rechtsanwälte bei der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften treffen. Der Gesetzgeber dürfte die diesbezüglichen Regelungen zur Gänze den Verordnungsgebern überlassen haben. Die Ermächtigung in § 37 Abs 1 Z 2b RAO scheint somit gegen das aus Art 18 B-VG abzuleitende Determinierungsgebot zu verstoßen."
1.2. Im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung hatte der Verfassungsgerichtshof vorläufig folgende Bedenken gegen § 37 Abs 1 Z 2b
RAO:
"Die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen sind auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und sachlich gerechtfertigt sind. Die Einräumung einer Ermächtigung in § 37 Abs 1 Z 2b RAO, wonach 'der Österreichische Rechtsanwaltskammertag
... Richtlinien erlassen [kann] ... für die Festlegung von Pflichten
im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten' scheint nach der vorläufigen Ansicht des Gerichtshofes vor dem Hintergrund der gesetzlichen Voraussetzungen des Art 6 StGG, unter denen die Ausübung des Berufes des Rechtsanwaltes aus im öffentlichen Interesse gelegenen Gründen beschränkt werden darf, nicht hinreichend definiert zu sein. Es scheint nicht bloß um die Anordnung beruflicher Verhaltensregeln zu gehen, sondern es dürften mit der Kontrolle der Treuhandschaft auch intensive Grundrechtseingriffe (Art6 StGG und Art 8 EMRK) verbunden sein. Es ist vorläufig davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, will er den Anforderungen des Art 6 StGG entsprechen, selbst die 'gesetzlichen Bedingungen' zu benennen hat, unter denen die Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften auf Grund der Verordnungen zulässig sind."
1.3. In Bezug auf die Gesetzmäßigkeit des § 9b RL-BA 1977 und des Punktes 15.2 des Statutes hegte der Verfassungsgerichtshof vorläufig folgendes Bedenken:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9535/1982) hätte die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, dass die Verordnung der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt.
Sollten daher die dargelegten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs 1 Z 2b RAO zutreffen, so dürfte - da diese Bestimmung nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sowohl für § 9b RL-BA 1977 als auch für das Statut die gesetzliche Grundlage darstellen dürfte - die Verordnungsbestimmung des § 9b RL-BA 1977 und in der Folge auch Punkt
15.2 des Statutes der notwendigen gesetzlichen Grundlage iSd Art 18 B-VG entbehren und wären somit gesetzwidrig.
Im Verordnungsprüfungsverfahren wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob im Falle des Zutreffens der Bedenken gegen die gesetzliche Grundlage der Verordnungen im Hinblick auf das Statut nach Art 139 Abs 3 lita B-VG vorzugehen wäre."
2. Die Bundesregierung hat im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung abgegeben, in der sie den Antrag stellt, § 37 Abs 1 Z 2b RAO nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung beantragt sie, für das Außer-Kraft-Treten eine Frist von 18 Monaten zu bestimmen. Im Hinblick auf die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken führt sie aus:
"1.1. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 37 Abs 1 Z 2b RAO aufgrund eines Widerspruchs zu Art 18 B-VG
1.1.1. Die Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften zählt zweifellos zu einer der Kernaufgaben der Rechtsanwaltschaft. Nicht nur bezogen auf Treuhandabwicklungen, sondern ganz allgemein gehört der korrekte Umgang mit Klientengeldern zu den vornehmsten Pflichten des Rechtsanwalts. Demgemäß haben Verstöße gegen diese Verpflichtung auch schon zur Strafe der Streichung von der Liste der Rechtsanwälte und damit zu einem Berufsverbot geführt (OBDK , 5 Bkd 1/91); die Vertrauenswürdigkeit und Korrektheit in finanziellen Belangen sind eine Voraussetzung für den Berufszugang überhaupt (zur Eintragung als Rechtsanwalt nach § 5 Abs 2 RAO, Rechtsprechung in Standessachen: AnwBl 1978, 515).
Entsprechend der die Rechtsanwaltskammern nach § 23 Abs 2 RAO treffenden Verpflichtung, insbesondere auch für die Wahrung der Ehre, des Ansehens, der Rechte und der Unabhängigkeit sowie der Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstands Sorge zu tragen, wurden von den österreichischen Rechtsanwaltskammern ab dem Jahr 1995 Einrichtungen zur Absicherung von Treuhandschaften beschlossen und eingerichtet. Mit diesen wurde Rechtsanwälten, die sich regelmäßig mit der Abwicklung von Treuhandschaften befassen, die Möglichkeit eröffnet, sich freiwillig einer Kontrolle durch die jeweils zuständige Rechtsanwaltskammer zu unterwerfen. Ab diesem Zeitpunkt wurde der überwiegende Teil der Treuhandschaften über die Treuhand-Einrichtungen, und somit unter der Kontrolle der jeweiligen Rechtsanwaltskammer abgewickelt. Weiters wurden von den österreichischen Rechtsanwaltskammern Notfallfonds (heute regelmäßig in Form von Vertrauensschadenversicherungen) eingerichtet, aus deren Mitteln allfällige Schäden aufgrund fehlerhafter Abwicklung von Treuhandschaften abgedeckt werden können (vgl. Hochegger, Die Treuhand-Einrichtungen der österreichischen Rechtsanwaltskammern, immolex 2002, 23).
1.1.2. Aufgrund der eminenten Bedeutung, die die ordnungsgemäße Durchführung von Treuhandschaften für die Klienten und das Ansehen des Anwaltsstands in der Öffentlichkeit hat, gleichzeitig aber auch zur Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die gesamte Rechtsanwaltschaft, wurde mit dem durch das Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999, BGBl. I Nr. 71/1999, neu eingefügten § 37 (Abs1) Z 2b RAO eine entsprechende Richtlinienkompetenz des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags vorgesehen. Dieser kann danach 'Richtlinien erlassen für die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten, sowie für die Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten dienen und die auch mittels automationsunterstützem Datenverkehr geführt werden können'.
Bei den auf der Grundlage des § 37 Abs 1 RAO zu erlassenden Richtlinien handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs um Verordnungen gem. Art 139 B-VG (VfSlg. 16.092/2001), die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag als Verordnungsgeber im Rahmen der beruflichen Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft erlassen werden. Richtig ist, dass auch im Bereich der Selbstverwaltung den Vorgaben des Art 18 B-VG zu entsprechen ist und damit auch eine ausreichende Determinierung des Inhalts einer Verordnung durch das Gesetz zu erfolgen hat. Dieses 'Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhalts durch das Gesetz' kann aber nicht soweit gehen, dass das Verwaltungshandeln bis in jedes Detail gesetzlich vorherbestimmt sein muss. Dies hat gerade im Bereich der Selbstverwaltung zu gelten, weil die insoweit eingeräumte Autonomie ansonsten nur eine leere Hülle wäre.
1.1.3. Bei der Einführung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO hatte der Gesetzgeber auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass von den Kammern bereits funktionierende (freiwillige) Treuhand-Einrichtungen eingerichtet und damit im Zusammenhang auch verschiedenste Pflichten der Rechtsanwälte normiert waren, dies in unterschiedlicher Ausprägung im Bereich der einzelnen Länderkammern. Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang ferner, dass das Institut der Treuhandschaft nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist und daher im Rechtsleben in den verschiedensten Ausformungen vorkommt (vgl. dazu Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I 218). Gerade unter Berücksichtigung dieser Umstände hat der Gesetzgeber des Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetzes 1999 bei der Fassung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO hinreichend bestimmte und klare Determinanten für die danach vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu erlassenden Richtlinien vorgegeben. Normiert wird, welche Pflichten (insbesondere Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten) und Einrichtungen (zur Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten) im Richtlinienweg festgelegt werden können, deren Zweck und Umfang sich - wie im Berufsrecht üblich - aus den Bestimmungen des II. Abschnitts der RAO sowie dem DSt 1990 ergeben (vgl. VfSlg. 16.482/2002 betr. § 18 RL-BA).
1.1.4. Nach § 10 Abs 2 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, durch Redlichkeit (auch und besonders in seiner finanziellen Gebarung mit Fremdgeldern) und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren.
Nach § 1 Abs 1 DSt 1990 begeht ein Rechtsanwalt, der schuldhaft die Pflichten seines Berufs verletzt oder durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt, ein Disziplinarvergehen. Spiegelbildlich dazu obliegt der Rechtsanwaltskammer nach § 23 Abs 2 letzter Satz RAO im Rahmen ihres Wirkungsbereichs die Wahrung der Ehre, des Ansehens der Rechte und der Unabhängigkeit sowie die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstandes.
Diese den Verordnungsgeber bei Erlassung von Verordnungen nach § 37 Abs 1 RAO determinierenden Gesetzesbegriffe sind einer Auslegung zugänglich, allenfalls auch unter Heranziehung gefestigter Standesauffassungen (vgl. VfSlg. 11.776/1988).
Eine noch weitergehende inhaltliche Ausgestaltung und Präzisierung der Determinanten des § 37 Abs 1 Z 2b RAO würde im Ergebnis eine exakte und abschließende inhaltliche Regelung aller den Rechtsanwalt bei einer konkreten Treuhandabwicklung treffenden Pflichten und Kontrolleinrichtungen bedingen; das kann aber im Hinblick auf die Wahrung der Würde, der Ehre und das Ansehen des Standes nicht Aufgabe einer Berufsordnung sein. Dies wäre angesichts der Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten von Treuhandschaften letztlich wohl auch gar nicht möglich, würde tief in die berufliche Selbstverwaltung eingreifen und diese bis auf ein für die Unabhängigkeit unzumutbares Minimum beschneiden.
Zudem ist im Bereich des rechtsanwaltlichen Berufsrechts keine so weitgehende gesetzliche Vorherbestimmung erforderlich wie in Bereichen, in denen eine exaktere Determinierung möglich ist und in denen das Rechtschutzbedürfnis (wie etwa im Strafrecht, Sozialversicherungsrecht oder im Steuerrecht) eine besonders genaue gesetzliche Determinierung verlangt (in diesem Sinn für den Bereich des Wirtschaftsrechts VfSlg. 15.468/1999). Insoweit ist ein dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquater Determinierungsgrad erforderlich (VfSlg. 13.785/1994), gleichzeitig aber auch ausreichend. Dieser notwendige Determinierungsgrad wird durch § 37 Abs 1 Z 2b RAO aber jedenfalls erreicht.
1.1.5. Übersehen werden darf dabei auch nicht, dass (auch) der Inhalt der Verordnungsermächtigung des § 37 Abs 1 Z 1, 2 und 2a RAO seine weitere nähere gesetzliche Determinierung durch die Bestimmungen des II. Abschnitts der RAO sowie durch das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter erfährt, was bislang in anderen Fällen für ausreichend erachtet wurde (vgl. dazu VfSlg. 12.467/1990, 16.482/2002 und 16.807/2003). Im Gesamtgefüge der dabei zu betrachtenden Rechtsnormen liegt aber jedenfalls eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die geprüften Verordnungsbestimmungen vor:
Nach § 1 Abs 1 DSt begeht ein Rechtsanwalt, der 'schuldhaft die Pflichten seines Berufes verletzt oder inner- oder außerhalb seines Berufes durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt', ein Disziplinarvergehen.
Nach § 19 Absla DSt kann der Disziplinarrat 'gegen einen Rechtsanwalt die einstweiligen Maßnahmen der Überwachung der Kanzleiführung durch den Ausschuss oder der vorläufigen Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft beschließen, wenn vom Ausschuss unter Vorlage der betreffenden Unterlagen bestimmte Tatsachen angezeigt werden, aufgrund derer der Verdacht eines Disziplinarvergehens und die dringende Besorgnis besteht, dass die weitere Berufsausübung zu einer erheblichen Beeinträchtigung anvertrauten fremden Vermögens, insbesondere im Zusammenhang mit der Fremdgeldgebarung des Rechtsanwalts, führen könnte.'
Diese gesetzliche Sonderregelung für bestimmte einstweilige Maßnahmen im Zusammenhang mit einer drohenden Fremdgeldgefährdung (siehe dazu auch die Ausführungen zu § 10 Abs 2 RAO unter Punkt 1.1.4 oben) setzt demgemäß voraus, dass sich der Ausschuss entsprechende und ausreichende Unterlagen beschaffen kann, um dem Disziplinarrat im Weg des Kammeranwalts das Vorliegen der unmittelbar drohenden Gefahr nachweisen zu können (so auch ausdrücklich die ErläutRV 1638 BlgNR 20. GP). Solche Informationen werden aber insbesondere im Rahmen der Durchführung einer Treuhand-Revision zu erlangen sein; deren Prüfzweck auch gerade dahin zu bestehen hat, derartige Unregelmäßigkeiten aufzuzeigen.
1.1.6. Die den Verordnungsgeber bei Erlassung der Richtlinien insoweit durch die im Gesetz normierten Berufspflichten und Prüfaufgaben der Kammer insgesamt determinierenden Gesetzesbegriffe sind somit jedenfalls einer Auslegung zugänglich, allenfalls unter Heranziehung gefestigter Standesauffassungen (vgl. VfSlg. 11.776/1988), allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und gefestigten Gewohnheiten des Rechtsanwaltsstandes für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs (VfSlg. 15.584/1999). Diese in ihrer Gesamtheit im Sinn des Art 18 B-VG gesetzlich hinreichend festgelegten Determinanten ermöglichen auch eine Überprüfung der die Berufspflichten näher konkretisierenden Vorschriften des § 9b RL-BA 1977 bzw. des Punktes 15.2 (15.1) des Statuts der Treuhand-Revision, die in Ansehung der notwendigen Verfahrensgarantien jedenfalls verfassungskonform auszulegen sind. Daraus ergibt sich aber sowohl die Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs 1 Z 2b RAO als auch die Gesetzmäßigkeit des § 9b RL-BA 1977 und von Pkt. 15.2 (15.1) des Statuts.
1.1.7. Unter der oben ... ausgeführten Annahme, dass nicht
der gesamte § 9b RL-BA 1977 gesetzliche Grundlage des Pkt. 15.2. des Statuts der Treuhand-Revision ist, sondern nur § 9b Abs 2 litg, stellt sich auch die Beurteilung von § 37 Abs 1 Z 2b RAO im Lichte des Art 18 B-VG in einem geänderten Licht dar. Diese Bestimmung enthält nämlich eine - allenfalls auch im Zusammenhang mit den anderen oben genannten Regelungen der RAO - eindeutige Grundlage an den Verordnungsgesetzgeber, Regelungen über die 'Sicherung und Überwachung der Erfüllung' dieser Treuhandpflichten zu treffen. Ein anderer Inhalt als ein solcher, der die 'Sicherung und Überwachung der Erfüllung' der Treuhandpflichten zum Gegenstand hat, ist aber weder § 9b Abs 2 litg RL-BA 1977 noch Pkt. 15.2. des Statuts der Treuhand-Revision zu entnehmen.
1.2. Zur Frage des Vorliegens eines Eingriffs in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gem. Art 6 StGG durch die Regelung des § 37 Abs 1 Z 2b
RAO
Zu diesem Punkt darf zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf das oben zu Punkt 1.1. Gesagte verwiesen werden.
Ergänzend darf Folgendes ausgeführt werden:
Art 6 StGG garantiert jeder inländischen - natürlichen oder juristischen - Person das Recht auf freie Erwerbstätigkeit. Das Recht erfasst dabei sowohl den Erwerbsantritt wie auch die Erwerbsausübung (VfSlg. 11.558/1987). Gleichzeitig erlaubt aber der in Art 6 StGG vorgesehene Gesetzesvorbehalt dem einfachen Gesetzgeber, Beschränkungen der Erwerbsfreiheit anzuordnen. Eine Beschränkung ist aber nur dann zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse geboten ist (VfSlg. 11.483/1987, 12.236/1989, 14.409/1996). Bei der Entscheidung, welche öffentlichen Interessen er verfolgt, hat der Gesetzgeber einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (VfSlg. 11.483/1987), wobei der Spielraum des Gesetzgebers bei einer Beschränkung des Erwerbsantritts enger ist als bei Regelungen über die Berufsausübung (Mayer, BVG4 Art 6 StGG III.1).
Die bereits dargelegte eminente Bedeutung der Festlegung von Rechten und Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften und die besondere Funktion, die dem Anwaltstand ganz generell in einem Rechtsstaat zukommt und die nur durch ein besonderes Vertrauen der Bevölkerung sowohl in den einzelnen Rechtsanwalt als auch in den gesamten Berufsstand gesichert werden kann, begründen das für eine Einschränkung der Erwerbstätigkeit erforderliche hinreichende öffentliche Interesse und auch die ausreichende sachliche Rechtfertigung der in Frage stehenden Regelung zur Überwachung der Fremdgeldgebarung (vgl. auch VfSlg. 11.302/1987). Die in Prüfung gezogene Bestimmung erweist sich auch insoweit als angemessen, als letztlich keine Alternativen bestehen, die den angestrebten Zweck in einer gleich wirksamen Weise erreichen ließen (VfSlg. 11.483/1987, 12.492/1990, 15.672/1999). Nach Ansicht der Bundesregierung liegt daher durch § 37 Abs 1 Z 2b RAO auch kein unerlaubter Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gem. Art 6 StGG vor."
3. Die Bundesministerin für Justiz erstattete in den Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie den Antrag stellt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Verordnungen nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Die gegen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vorgebrachten Erwägungen gleichen weitgehend den in der Äußerung der Bundesregierung wiedergegebenen.
4. Der ÖRAK erstattete auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes ebenfalls eine Äußerung, in der er den im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken entgegentritt und Folgendes ausführt:
"1) In seinem Beschluss sieht der VfGH die Regelung des § 37 Abs 1 Z 2b als mit dem Determinierungsgebot des Art 18 B-VG unvereinbar an. Dabei greift der VfGH an keiner Stelle den Aspekt auf, dass bestimmte standesrechtliche Standards als Maßstab heranzuziehen sind und damit die Verordnungsgebung determinieren.
Der Gesetzgeber konnte daher bei Schaffung der Regelung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO an derartige standesrechtlich gesicherte inhaltliche Vorgaben anknüpfen und diese als impliziten Maßstab voraussetzen. Es ist daher gar nicht erforderlich auf Aspekte der finalen Determinierung, wie sie vom VfGH in ständiger Rechtsprechung entwickelt worden sind, Bedacht zu nehmen, sondern es genügt, die interpretatorischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, auf deren Grundlage die in Prüfung gezogene Bestimmung erlassen wurde, wobei auch auf den Hintergrund und Kontext der Norm Bedacht zu nehmen ist. Der Gesetzgeber konnte daher an den gesicherten Bestand an standesrechtlichen Vorgaben mit der Wendung 'Festlegung von Pflichten' anknüpfen, ohne diese im Einzelnen zu wiederholen. Gleichermaßen ist auch die 'Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten' durch das in jahrzehntelanger Praxis entwickelte Standesrecht geprägt. Dabei obliegt es zweifellos dem Gesetzgeber zu beurteilen, ob die entsprechenden standesrechtlich entwickelten Vorgaben in rechtsstaatlicher Hinsicht als ausreichend zu qualifizieren sind oder nicht (zB VfSlg 9593/1975, 541f).
2) Dass mit der Umsetzung der standesrechtlichen Regelungen Eingriffe in die Grundrechte der Standesmitglieder verbunden sind, versteht sich von selbst.
Aufgrund der spezifischen Ausbildung von Rechtsanwälten ist jedoch davon auszugehen, dass sie mit den entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut sind und ihnen daher auch die 'gesetzlichen Bedingungen' bekannt sind, unter denen sie ihre berufliche Tätigkeit entfalten. Dabei räumt der VfGH dem Gesetzgeber einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum dafür ein, welche öffentlichen Interessen im Rahmen der Beschränkungen der Erwerbsfreiheit vorgenommen werden dürfen (zB VfSlg 11483/1987). Gleichermaßen unterscheidet der VfGH danach, ob es sich um Beschränkungen über den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit oder um deren Ausübung handelt, wobei bei letzterem dem Gesetzgeber ein größerer Gestaltungsspielraum offen steht (zB VfSlg 12660/1988). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EGMR ebenso wie des VfGH zu Art 8 EMRK (zB EGMR , EuGRZ 1979, 386; , ÖJZ 1990, 564; , ÖJZ 1996,75).
3) Dabei ist davon auszugehen, dass durch das standesrechtlich geprägte Verständnis dessen, unter welchen Voraussetzungen Treuhandschaften auszuüben sind, diese Vorgaben auch ausreichend zugänglich und hinreichend präzise formuliert sind. Jedenfalls wird jede Person, die beabsichtigt, als Rechtsanwalt tätig zu sein, mit diesen Vorgaben bereits im Rahmen ihrer Ausbildung vertraut gemacht. Daher sind auch alle wesentlichen Merkmale der Verordnungsregelung durch die Anknüpfung des Gesetzgebers an die 'Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften' für Rechtsanwälte - wie den Beschwerdeführer - hinreichend bestimmt, um das Verhalten danach ausrichten zu können.
4) Das gilt insbesondere auch für die mit der Wahrnehmung einer Treuhandschaft verbundenen Pflichten, nämlich die 'Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten' die Rechtsanwälte bei der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften treffen. Der Gesetzgeber hat die Festlegung dieser Pflichten nicht dem Verordnungsgeber überlassen, sondern konnte bei Schaffung seiner Regelung auf dem standesrechtlich gesicherten Pflichtenkatalog aufbauen.
5) Die nachfolgende Erlassung der einschlägigen Richtlinien bedeutet daher nichts anderes als die verordnungsförmige Zusammenführung der einschlägigen standesrechtlichen Vorgaben. Das gilt weiters für das Statut der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, das in Umsetzung dieser Vorgaben erlassen wurde.
Nach Ansicht des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages erweisen sich daher die Bedenken aus der Sicht des Art 18 B-VG gegenüber § 37 Abs 1 Z 2b RAO als nicht gerechtfertigt und entbehren daher auch die darauf gestützten Verordnungsregelungen keiner dem Art 18 B-VG entsprechenden gesetzlichen Grundlage."
5. In der vom Ausschuss der RAK NÖ abgegebenen Äußerung wird für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen eine "ausreichende Frist" für das Außer-Kraft-Treten beantragt.
6. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken haben sich als zutreffend erwiesen:
6.1.1. Das in Art 18 B-VG zum Ausdruck kommende Legalitätsprinzip verlangt u.a. die ausreichende Determinierung des Inhalts einer Verordnung durch das Gesetz. Damit eine Verordnung als ausreichend determiniert angesehen werden kann, muss ihr Inhalt im Gesetz hinreichend bestimmt sein, d.h. es müssen schon aus dem Gesetz selbst alle wesentlichen Merkmale der Verordnungsregelung ersehen werden können (vgl. zB VfSlg. 2294/1952, 4662/1964, 7945/1976, 10.899/1986, 11.938/1988); eine Verordnung hat nur zu präzisieren, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: VfSlg. 7945/1976, 9226/1981 ua.). Daran ändert für den hier vorliegenden Zusammenhang auch Art 120b Abs 1 B-VG nichts.
§ 37 Abs 1 Z 2b RAO normiert, dass "der Österreichische
Rechtsanwaltskammertag ... Richtlinien erlassen [kann] für die
Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten, sowie für die Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten dienen und die auch mittels automationsunterstütztem Datenverkehr geführt werden können".
Der Bundesregierung ist insoweit zuzustimmen, als der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den Verordnungsermächtigungen in § 37 Abs 1 Z 1, 2 und 2a RAO von einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage iSd Art 18 B-VG ausgegangen ist (vgl. VfSlg. 16.482/2002, 16.807/2003). Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch insofern von den, den zitierten Verfahren zugrunde liegenden Fällen, als § 37 Abs 1 Z 2b RAO nicht nur Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften vorsieht, sondern auch wesentliche Eingriffsbefugnisse verleiht. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes greift die Verordnungsermächtigung des § 37 Abs 1 Z 2b RAO nicht nur in die Rechtsstellung des einzelnen Rechtsanwaltes, sondern auch wesentlich in die Rechte und Pflichten Dritter ein.
Darüber hinaus bestehen - entgegen der Auffassung der Bundesregierung - weder allgemeine gesetzliche Regelungen noch gefestigte Standesauffassungen, die eine hinreichend verlässliche Auslegung dieser Verordnungsermächtigung erlauben würden. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die Formulierung "Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten dienen" im Lichte des Art 18 B-VG mangels ausreichender Determinierung verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat es unterlassen, nähere Regelungen darüber zu treffen, über welche rechtlichen Mittel die in § 37 Abs 1 Z 2b RAO vorgesehenen "Einrichtungen" verfügen müssen und in welchem Umfang Eingriffe zulässig sind. Er hat die diesbezüglichen Regelungen - im Widerspruch zu Art 18 B-VG iVm Art 120b Abs 1 B-VG - zur Gänze den Verordnungsgebern |berlassen.
6.1.2. § 37 Abs 1 Z 2b RAO war daher - wegen des untrennbaren Zusammenhanges in seiner Gesamtheit - als verfassungswidrig aufzuheben. Auf die weiteren im Prüfungsbeschluss formulierten Bedenken war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen.
6.2.1. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9535/1982) hat die Verfassungswidrigkeit jener Gesetzesbestimmung, die die Verordnung trägt, zur Folge, dass die Verordnung der erforderlichen gesetzlichen Deckung entbehrt.
6.2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat gemäß Art 139 Abs 3 lita B-VG "die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben", wenn er zu der Auffassung gelangt, dass diese der gesetzlichen Grundlage entbehrt und die Aufhebung der ganzen Verordnung offensichtlich den rechtlichen Interessen der Partei nicht zuwiderläuft. Diese Voraussetzungen sind für das Statut im vorliegenden Fall gegeben.
V. 1. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten des
§37 Abs 1 Z 2b RAO gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.
Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Verordnungsstellen gründet sich auf Art 139 Abs 5 letzter Satz B-VG.
Die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen erfließt aus Art 139 Abs 5 erster Satz B-VG und § 60 Abs 2 VfGG.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.