VfGH vom 25.09.1996, g149/96

VfGH vom 25.09.1996, g149/96

Sammlungsnummer

14591

Leitsatz

Zulässigkeit von Individualanträgen auf Aufhebung der Bestimmung des GehG 1956 über den Aufschub der Vorrückung bei Einleitung eines Disziplinarverfahrens, soweit diese Bestimmung für oberösterreichische Statutargemeindebeamte in Geltung steht; sachliche Rechtfertigung des Abweichens vom Besoldungssystem im Wege einer solchen vorläufigen Maßnahme im Fall einer möglichen Disziplinarstrafe aufgrund des negativen Einflusses einer solchen auf die Vorrückung; kein Schutz des Eigentumsrechts für finanzielle Ansprüche von Beamten gegen den Dienstgeber aufgrund deren öffentlich-rechtlicher Natur

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Antragsteller steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Linz. Mit Beschluß der Disziplinarkommission beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz vom wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dieses Verfahren ruht derzeit, weil beim Landesgericht Linz gegen den Beamten ein Strafverfahren anhängig ist.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom wurde gemäß dem (als o.ö. Landesgesetz geltenden) § 9 Abs 1 Z 1 des Gehaltsgesetzes 1956 - s. hiezu unten, Pkt. I.3 - die am fällige Vorrückung in die nächsthöhere Gehaltsstufe der Dienstklasse VIII der Verwendungsgruppe A bis zum Abschluß des gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens aufgeschoben. Dieser Bescheid wurde über Berufung des Beamten mit Bescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates vom ersatzlos aufgehoben: Das Gesetz sehe vor, daß der Aufschub der Vorrückung bereits ex lege eintrete. Eine rechtsgestaltende Wirkung könne dem Bescheid des Magistrates daher nicht zukommen. Auch rechtsfeststellender Charakter könne ihm nicht zugebilligt werden, da ein Feststellungsbescheid weder gesetzlich vorgesehen noch erforderlich gewesen sei. Dem Bescheid des Magistrates fehle sohin jede normative Aussage.

Der vom Beamten an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, mit datierte, auf Art 140 Abs 1 B-VG gegründete Antrag, "§9 Abs 1 Zif. 1 Gehaltsgesetz 1956 in der für Oberösterreich geltenden Fassung LGBl. 1956/8 § 1 Abs 1 litf" als verfassungswidrig aufzuheben, wurde mit Beschluß vom , G283/94 u.a. Zl., aus formalen Gründen zurückgewiesen.

2. Nunmehr bringt der Beamte neuerlich einen auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten, näher begründeten (s.u. I.4) Antrag ein. Diesmal begehrt er,

"der Verfassungsgerichtshof möge § 9 Abs 1 Z 1 GG (BG vom , BGBl. Nr. 54), soweit diese Bestimmung zufolge O.ö. LGBl. 8/1956 iVm § 2 Abs 1 des O.ö. Statutargemeinden-Beamtengesetzes als landesgesetzliche Vorschrift für (oberösterreichische) Statutargemeindebeamte in Geltung steht, als verfassungswidrig aufheben, dem Antragsteller den Ersatz der Kosten im Sinne des § 27 letzter Satz VerfGG zusprechen und der Antragsgegnerin zum Ersatz auflegen."

3. Die maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

a)aa) Gehaltsgesetz 1956 (GG), BGBl. 54/1956 (sowie zahlreiche Novellen):

Gemäß § 8 Abs 1 GG rückt der Beamte (soweit das GG nichts anderes bestimmt) nach jeweils zwei Jahren in die nächsthöhere für ihn vorgesehene Gehaltsstufe vor.

Die §§9 und 10 GG laute(te)n auszugsweise:

"§9. (1) Die Vorrückung wird aufgeschoben

1. durch Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beamten bis zum Abschluß des Verfahrens;

2. ...

(2) Ist der Aufschiebungsgrund weggefallen, so ist die Vorrückung rückwirkend zu vollziehen; die zufolge der Aufschiebung zurückbehaltenen Teile des Monatsbezuges und allfälliger Sonderzahlungen sind nachzuzahlen. Dies gilt jedoch nur soweit, als nicht die Vorrückung nach § 10 gehemmt ist oder nach § 11 eingestellt wird."

"§10. (1) Die Vorrückung wird gehemmt

1. durch ein auf Ausschließung von der Vorrückung oder auf Minderung der Bezüge lautendes Disziplinarerkenntnis für die im Erkenntnis bestimmte Zeit von dem der Einleitung des Disziplinarverfahrens nächstfolgenden 1. Jänner oder 1. Juli an;

2. ..."

Durch ArtI Z 3 und 4 der 31. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. 662/1977, wurde § 9 GG aufgehoben (und § 10 GG neu gefaßt).

bb) Geltung des GG für Landes- und Statutargemeinde-Beamte in Oberösterreich:

Landesbeamte:

Für Oberösterreich wurde mit LGBl. 27/1954 das Landesbeamtengesetz erlassen.

Mit Landesgesetz LGBl. 8/1956 ("3. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz") wurde normiert, daß (unter anderem) das Gehaltsgesetz 1956 für das Dienstverhältnis der Landesbeamten "sinngemäß als landesgesetzliche Vorschrift" gilt (§1 Abs 1 litf des LGBl. 8/1956). (Durch ArtII Z 1 des Zweiten O.ö. Dienstrechtsänderungsgesetzes 1996, LGBl. 83/1996, erhielt das gemäß LGBl. 8/1956 als landesgesetzliche Vorschrift geltende Gehaltsgesetz 1956 in der als Landesgesetz geltenden Fassung die Bezeichnung "O.ö. Landes-Gehaltsgesetz".)

Mit Landesgesetz LGBl. 68/1981 erging die "20. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz", die festlegt, daß u.a. auch näher bezeichnete Bestimmungen der 31. Gehaltsgesetz-Novelle für Landesbeamte "sinngemäß als landesgesetzliche Vorschriften gelten" (s. ArtI Abs 1 Z 13 des LGBl. 68/1981). Die Aufhebung des § 9 GG wurde dabei (ebenso wie die Neufassung des § 10 GG) jedoch nicht übernommen.

Mit trat (mit Ausnahme einzelner Bestimmungen) das O.ö. Landesbeamtengesetz 1993 - O.ö. LBG, LGBl. 11/1994, in Kraft. Auf die Geltung des Gehaltsgesetzes 1956 als landesgesetzliche Vorschrift (im bisherigen Umfang) wirkte sich das nicht aus (s. § 154 Abs 4 Z 1 litb O.ö. LBG).

Beamte von Statutargemeinden:

Das O.ö. Statutargemeinden-Beamtengesetz, LGBl. 37/1956, (zuletzt geändert durch LGBl. 35/1984), regelt seinem § 1 zufolge das Dienstverhältnis der Beamten der oberösterreichischen Städte mit eigenem Statut. Gem. § 2 Abs 1 leg. cit. finden auf diese Dienstverhältnisse (soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt) "die Landesgesetze und die als Gesetze des Landes geltenden sonstigen Vorschriften sinngemäße Anwendung, die das Dienstrecht (einschließlich Besoldungs- bzw. Pensionsrecht) der Landesbeamten regeln".

b) Zusammengefaßt bedeutet dies:

Auf die Beamten der oberösterreichischen Städte mit eigenem Statut ist (nach wie vor) u.a. der gemäß § 154 Abs 4 Z 1 litb des O.ö. Landesbeamtengesetzes 1993 (§1 Abs 1 litf der 3. Ergänzung zum LandesbeamtenG, LGBl. 8/1956) iVm § 2 Abs 1 des O.ö. Statutargemeinden-Beamtengesetzes als Landesrecht in Geltung stehende § 9 Abs 1 Z 1 GG idF vor der 31. Gehaltsgesetz-Novelle anzuwenden.

4.a) Der Antragsteller führt zur Zulässigkeit des Antrages - nach einer Wiedergabe der Vorjudikatur des Verfassungsgerichtshofes - aus:

"Gegenständlich ist die eintretende Wirkung der Aufschiebung einer Vorrückung im Gesetz selbst vorgesehen und tritt ein ohne jeden weiteren rechtskonkretisierenden Akt. Wenngleich die Möglichkeit der Wirkung (gemeint wohl: Erwirkung) eines Feststellungsbescheides besteht, kann dies gegenständlich die Zulässigkeit eines Individualantrages nach Art 140 Abs 1 3. Satz B-VG nicht beseitigen, da der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin bestehen würde (besteht), damit ein Mittel zu gewinnen, ob im Zuge einer Bescheidbeschwerde die verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen wären (VfSlg. 10842/1986, 11402/1987, 12227/1989 und NV)."

b) In der Sache schildert der Antragsteller zunächst die grundsätzliche Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheitsgrundsatz und anschließend die maßgebende Rechtslage (s. hiezu oben I.3). Sodann fährt er fort:

"Nach Auffassung des Antragstellers steht die Nichtaufhebung des § 9 Abs 1 Z 1 Gehaltsgesetz 1956 für die Landesbeamten in Oberösterreich und damit auch für die Beamten der Statutargemeinden mit dem Gleichheitsgrundsatz und mit der Bestimmung des § 2 Abs 2 LBG 1954 im Widerspruch.

Nach Auffassung des Antragstellers werden durch die gegenständliche Norm verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte verletzt und zwar, auf Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz (Art7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG) sowie Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 Abs 1 MRK) und das Recht auf den (einen) gesetzlichen Richter (§90 B-VG).

Der Antragsteller ist aber auch der Auffassung, daß auch aus anderen Gründen die gegenständliche Norm verfassungswidrig ist. Es bedarf keiner Diskussion, daß die Bestimmung des § 9 Abs 1 Z 1 Gehaltsgesetz 1956 in der angefochtenen Fassung für die Oö. Statutargemeindebeamten eine 'Auswirkung' des Disziplinarverfahrens ist.

Grundsätzlich kann als allgemeiner Rechtsgrundsatz (der unter anderem im § 121 BDG seinen Niederschlag gefunden hat) gelten, daß eine Dienstpflichtverletzung über die Disziplinarstrafe hinaus keine weiteren Nachteile für den Beamten haben darf. Davon sind unbenommen dienstrechtliche Konsequenzen wie etwa eine Verwendungsänderung oder Versetzung, sofern die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Weiters ist allen Disziplinargesetzen bzw. Regelungen zu entnehmen die Folge einer vorläufigen oder endgültigen Suspendierung.

Die Suspendierung ist zweifelsfrei eine sichernde Maßnahme.

Es ist allerdings allen Strafgesetzen (und das Disziplinarrecht auch der Beamten ist einem Strafrecht nicht unähnlich), insbesondere von den Sanktionsfolgen gemein, daß sichernde Maßnahmen nur im unbedingt notwendigen Ausmaß getroffen werden dürfen. Als hervorragendstes Beispiel können dafür die Bestimmungen der §§177 ff StPO (Untersuchungshaft) herangezogen werden. Wenn der Sicherungszweck auch anderweitig erreicht werden kann, ist beispielsweise eine Untersuchungshaft unzulässig (§180 Abs 5 StPO).

Auch die Maßnahme der Suspendierung ist nur soweit zulässig, als anderweitig die Interessen des Dienstbetriebes nicht gewahrt werden können.

Nach Meinung des Antragstellers hat die Aufschiebung der Vorrückung zweifelsfrei unmittelbar finanzielle Konsequenzen, da er nicht in die nächste Gehaltsstufe seiner Dienstklasse VIII aufsteigt. Dieser Aufschub der Vorrückung ist nach Auffassung des Antragstellers ein Vorgriff und ersichtlich als eine 'sichernde Maßnahme' für die Disziplinarstrafe von der Vorrückung in höhere Bezüge auf die Dauer von höchstens 3 Jahren (§70 Abs 1 litb O.ö. StGBG, in Verbindung mit § 10 Gehaltsgesetz in der für Oberösterreich geltenden landesgesetzlichen Fassung) gedacht.

Die, durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens, von Gesetz wegen eintretende, Folge, daß die Vorrückung vorläufig ausgeschlossen wird bis zum Abschluß des Disziplinarverfahrens, hat aber nicht nur einen Vorgriff auf die später möglicherweise eintretende Strafe zur Folge, sondern kann auch zur 'Doppelbestrafung' führen, da die gemäß § 9 aufgeschobene Vorrückung im Sinne des § 11 Abs 1 eingestellt wird, nämlich nicht mehr vollzogen wird, wenn unter anderem der Beamte entlassen wird, über den Beamten die Disziplinarstrafe der Versetzung in den Ruhestand verhängt wird oder der Beamte während des laufenden Disziplinarverfahrens austritt.

In den Fällen des § 11 Abs 1 Z 1 und 2 führt dies entgegen den Bestimmungen des O.ö. StGBG tatsächlich zu einer Doppelbestrafung, obwohl nur eine einzige Strafe vorgesehen ist, im Fall des § 11 Abs 1 Z 3 zu einer Strafe ohne Disziplinarerkenntnis.

Nach Auffassung des Antragstellers ist daher diese 'Sicherungsmaßnahme' der Ausschließung von der Vorrückung in der derzeit geltenden Form unzulässig. Man könnte freilich auch der Auffassung sein, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch die spätere Strafe (Geldstrafe) zu sichern ist, wenn beispielsweise Befürchtungen der Uneinbringlichkeit vorliegen.

Derartige Kriterien sind aber im Gesetz nicht vorgesehen, sondern wird quasi die Strafe der Ausschließung von der Vorrückung vorläufig durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung ohne jede Möglichkeit der Ausnahme verhängt. Jedes Disziplinarverfahren, unabhängig von der Schwere des Verdachtes, führt zur sofortigen Vorrückungssperre, wobei es teilweise eine rein zufällige Zeitfrage ist, ob diese Sperre überhaupt eintritt.

Wird ein Disziplinarverfahren bspw. am eingeleitet und wäre am eine Vorrückung 'fällig', ist diese gehemmt. Wird aber das Disziplinarverfahren am eingeleitet und vor dem beendet, tritt diese Sperre überhaupt nicht ein. Daß der bloße (zeitliche) Zufall diese Regelung eintreten läßt oder nicht, macht sie gleichfalls unsachlich. Die Abhängigkeit dieser Regelung vom zeitlichen Zufall wurde auch vom Amt der OÖ. Landesregierung in seiner Stellungnahme zu G283/94 (ON 5) teilweise ausdrücklich zugestanden.

Auch dies widerspricht den Bestimmungen des Disziplinarverfahrens, unter anderem denen des O.ö. StGBG.

Überdies ist ausdrücklich hervorzuheben, daß eine Vorrückung ansonsten nur bei minder entsprechender oder nicht entsprechender Gesamtbeurteilung vorgesehen ist, wobei hier die Hemmung der Vorrückung erst mit Rechtskraft der Gesamtbeurteilung anfällt.

Demzufolge vermeint der Antragsteller, daß die gegenständliche Bestimmung des § 9 Abs 1 Z 1 GG 1956, soweit diese Bestimmung zufolge LGBl. 8/1956 § 1 Abs 1 lit (f) iVm § 2 (1) Oö. Statutargemeindebeamtengesetz in Geltung steht, verfassungswidrig ist und das Grundrecht des Antragstellers auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit seines Eigentumsrechtes und auch auf seinen gesetzlichen Richter verletzt, da diese Rechtsfolge in Form einer 'vorläufigen' Strafe ohne eine anfechtbare Behördenentscheidung ergeht."

5. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete aufgrund ihres am in kollegialer Sitzung gefaßten Beschlusses eine Äußerung.

Sie bezweifelt zunächst die Zulässigkeit des Antrages. Sie meint - unter Hinweis auf Vorjudikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 7172/1973, 10200/1984) -, daß der Einschreiter die Möglichkeit hätte, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, daß für ihn also (außer dem Individualantrag) ein anderer zumutbarer Weg bestünde, um die behauptete Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Außerdem würden die indirekt auf das Homogenitätsgebot (Art21 Abs 1 und 4 B-VG) gegründeten Bedenken - in Widerspruch zur Judikatur (VfSlg. 8594/1979, 11607/1988) - nicht ausgeführt.

Die Landesregierung stellt demnach den Primärantrag, den Antrag des Einschreiters mangels Legitimation zurückzuweisen.

In eventu beantragt die Oberösterreichische Landesregierung, den Individualantrag als unbegründet abzuweisen. Sie führt dazu aus:

"1. Behaupteter Widerspruch zu § 2 Abs 2 des Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 27/1954:

§ 2 Abs 2 des Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 27/1954, (gemäß

§154 Abs 4 Z 1 lita des O.ö. Landesbeamtengesetzes 1993, LGBl.

Nr. 11/1994, nach wie vor in Kraft) bestimmt, daß im Fall einer Änderung der für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs(Pensions)rechtes im Zeitpunkt des Beschlusses des Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 27/1954, maßgebenden Bundesgesetze und der als Gesetze des Bundes in diesem Zeitpunkt geltenden sonstigen Vorschriften, eine sinngemäße, die Landesbeamten zumindest nicht schlechter stellende Regelung durch Landesgesetz getroffen werden wird.

Wenn der Antragsteller behauptet, daß dieses 'Versprechen' bzw. diese 'generelle Zusage an die Beamten' des Landesgesetzgebers durch die Nichtaufhebung des § 9 des Gehaltsgesetzes 1956 nicht eingehalten wurde und daraus ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz abgeleitet werden kann, so ist diese Argumentation aus zwei Gründen verfehlt:

§ 2 Abs 2 des Landesbeamtengesetzes ist weder eine Grundsatzbestimmung oder eine höherrangige (Verfassungs)Norm, sondern lediglich eine einfachgesetzliche Programmbestimmung, der durch einfaches Gesetz derogiert werden könnte. Insofern liegt keine verfassungsrechtliche Frage vor.

Überdies besteht der vom Antragsteller behauptete Widerspruch nicht: § 2 Abs 2 des Landesbeamtengesetzes bezweckt, daß das Dienstrecht der Landesbeamten insgesamt betrachtet nicht schlechter sein darf als das jeweilige Dienstrecht des Bundes. Die Zielsetzung dieser Programmbestimmung liegt also nicht darin, daß jede einzelne Bestimmung der dienstrechtlichen Landesvorschriften mit den entsprechenden einzelnen Bestimmungen der Dienstrechtsgesetze des Bundes ident ist oder gar eine Besserstellung bewirken muß. Entscheidend ist vielmehr, daß die Landesbeamten nach einer Gesamtabwägung Bundesdienstrecht - Landesdienstrecht nicht schlechter gestellt sind als die Bundesbeamten. Ein Gesamtvergleich der beiden Dienstrechte zeigt, daß eine dienst- und besoldungsrechtliche Schlechterstellung der Landesbeamten gegenüber den Bundesbeamten nicht vorliegt.

2. Zum Homogenitätsprinzip:

Sofern der Antragsteller mit seinem Vorbringen

(indirekt) einen Verstoß gegen das Homogenitätsprinzip behaupten sollte, wird - abgesehen von der bereits ausgeführten Unzulässigkeit des Vorbringens mangels Darlegung der Bedenken - vorsichtshalber folgendes ausgeführt:

Aus Art 21 Abs 1 zweiter Satz in Verbindung mit Abs 4 B-VG ergibt sich, daß das Bundesdienstrecht nicht Maßstab für das Dienstrecht der Länder schlechthin ist, sondern nur insoweit, als es die Freizügigkeit des Dienstwechsels betrifft. Damit ist es den Ländern verwehrt, solche dienstrechtlichen Regelungen zu schaffen, die einen Dienstwechsel zwischen den Gebietskörperschaften wesentlich erschweren. Bei einem Vergleich der betreffenden Regelungen darf aber nicht ausschließlich auf formale oder punktuelle Kriterien abgestellt werden, sondern es muß die im Falle eines Wechsels prognostizierte vergleichbare Gesamtsituation zugrunde gelegt werden; es kommt damit auf die materielle Vergleichbarkeit an (VfSlg. 11151/1986; Pernthaler-Weber, Landeskompetenzen und bundesstaatliches Homogenitätsprinzip im Dienstrecht, FS Schnorr, 1988, Seite 557ff, 575f).

Um den Dienstwechsel tatsächlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu ermöglichen, müssen die auf die Besoldung bezüglichen Regelungen der verschiedenen Gesetzgeber im wesentlichen denselben Grundsätzen folgen. Damit wird deutlich, daß sich die 'Homogenität' nur auf jene Bereiche bezieht, die die wirtschaftliche Seite des Dienstwechsels betreffen; dies sind insbesondere die Bestimmungen über die Besoldung einschließlich des Zulagenwesens, die Regelungen über die Verwendungsgruppen, Dienstklasseneinteilung, Zeitvorrückung, das Pensionsalter und dgl.

Andere Regelungsbereiche des Dienstrechts, wie z.B. über das Disziplinarrecht, die auf den Dienstwechsel keinen - wirtschaftlichen - Einfluß haben, sind von der Homogenität nicht erfaßt. Wie der Antragsteller richtig ausführt (...) ist § 9 Abs 1 Z 1 Gehaltsgesetz 1956 eine 'Auswirkung' des Disziplinarverfahrens. Auch wenn diese Bestimmung daher materiell dem Disziplinarrecht zuzuordnen ist, so wurde diese Regelung aus systematischen Gründen, vor allem wegen ihrer besoldungsrechtlichen Nebenwirkungen, nicht im Landesbeamtengesetz, sondern im Gehaltsgesetz getroffen. Da aber die in Rede stehende Bestimmung damit nicht dem Homogenitätsprinzip unterworfen ist, ist der Landesgesetzgeber insoferne bei der Ausgestaltung dieser dienstrechtlichen Bestimmung frei.

Selbst wenn sich das Homogenitätsprinzip auch auf das Disziplinarverfahren erstrecken würde, darf - wie bereits ausgeführt - bei einem allfälligen Vergleich nicht jede einzelne Bestimmung des Landesdienstrechts der korrespondierenden Bestimmung des Bundesdienstrechts gegenübergestellt werden; es ist vielmehr auf die im Falle eines Wechsels prognostizierte vergleichbare Gesamtsituation abzustellen. Auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 11151/1986) bedeutet nämlich das Homogenitätsprinzip keine Verpflichtung zur inhaltlich identen Übernahme des Bundesdienstrechts, sondern lediglich eine Bindung des Landesgesetzgebers an bestimmte Strukturprinzipien des Bundesdienstrechts. Verfassungsmäßige Voraussetzung für einen (jedenfalls) nicht wesentlich behinderten Dienstwechsel ist demnach eine prinzipielle Übereinstimmung mit dem Bundesdienstrecht in den Grundsätzen. Die vorliegende Abweichung vom Bundesdienstrecht ändert nichts an der prinzipiellen Übereinstimmung der Strukturprinzipien des O.ö. Landesdienstrechts mit dem Bundesdienstrecht. Darüber hinaus sind einzelne Abweichungen der Auswirkungen von Disziplinarstrafen, die keine wesentlichen besoldungsrechtlichen Schlechterstellungen bewirken, auch kein Kriterium, das als wesentliche Beeinträchtigung des Dienstwechsels verstanden werden kann. Derartige Schlechterstellungen werden von der gegenständlichen Regelung auch nicht herbeigeführt.


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-
Kommt es im Disziplinarverfahren zu keiner Verhängung einer Disziplinarstrafe, wird die Vorrückung rückwirkend vollzogen;


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-
wird über einen Landesbeamten eine Geldbuße bzw. Geldstrafe verhängt, so wird - unbeschadet von der Geldstrafe oder Geldbuße
-
die Vorrückung rückwirkend vollzogen;


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-
wird ein auf Ausschließung von der Vorrückung oder auf Minderung der Bezüge lautendes Disziplinarerkenntnis verhängt, so wird gemäß § 10 Abs 1 Z 1 Gehaltsgesetz 1956 die (vorerst aufgeschobene) Vorrückung für die im Erkenntnis bestimmte Zeit gehemmt;


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-
wird die Disziplinarstrafe der Versetzung in den Ruhestand oder der Entlassung verhängt, so wird die (vorläufig aufgeschobene) Vorrückung gemäß § 11 Abs 1 Gehaltsgesetz 1956 eingestellt, also nicht mehr vollzogen.

Sämtliche dargestellten Auswirkungen des Disziplinarverfahrens bezwecken primär nicht eine unterschiedliche besoldungsrechtliche Stellung der dem Landesdienstrecht unterworfenen Beamten gegenüber den Bundesbeamten, sondern sind lediglich besoldungsrechtliche Reflexwirkungen eines in Einzelheiten anders gestalteten Disziplinarrechts. In den meisten angeführten Fällen ergibt sich auch keine besoldungsrechtliche Schlechterstellung gegenüber Bundesbeamten. Es ist dem Antragsteller zwar zuzugestehen, daß im Fall der Disziplinarstrafe der Versetzung in den Ruhestand bzw. der Entlassung aufgrund der Einstellung der Vorrückung gemäß § 11 Abs 1 sich eine gewisse finanzielle Schlechterstellung ergeben könnte; dies käme aber nur dann zum Tragen, wenn aufgrund der Vorrückung nach § 8 Gehaltsgesetz 1956 der fragliche Vorrückungstermin genau in den Zeitraum des Disziplinarverfahrens fallen würde. Aufgrund dieser möglichen Auswirkung im Einzelfall kann aber nicht die Unzulässigkeit des gesamten Regelungssystems abgeleitet werden.

In keinem Fall wird somit der Dienstwechsel dermaßen (wesentlich) behindert, daß - im Fall der Anwendbarkeit des Homogenitätsprinzips auf das Disziplinarverfahren - ein Verstoß gegen Art 21 Abs 1 und Abs 4 B-VG vorliegt.

3. Zur sachlichen Rechtfertigung der Norm:

Die vom Antragsteller behauptete Gleichheitswidrigkeit der Norm würde nur dann vorliegen, wenn der Landesgesetzgeber eine Norm erlassen hätte, die eine unsachliche Differenzierung herbeiführen würde. Abgesehen von dem bereits unter II.2. behandelten Vergleich mit dem Bundesdienstrecht kann entgegen der Meinung des Antragstellers das Disziplinarrecht öffentlich Bediensteter aufgrund der Verschiedenheit der Regelungssysteme nicht undifferenziert mit den Bestimmungen der Strafprozeßordnung verglichen werden.

Der Landesgesetzgeber ist außerdem verfassungsrechtlich nicht dazu verhalten, das Dienst-, Besoldungs- und Disziplinarrecht starr und unverrückbar zu gestalten; es ist ihm auch nicht verwehrt, auf besondere Umstände Bedacht zu nehmen. Die vom Landesgesetzgeber getroffene Regelung steht in engem Zusammenhang mit dem dem Beamtenbesoldungsrecht innewohnenden System der Zeitvorrückung, wonach gemäß § 8 des Gehaltsgesetzes 1956 jeder Beamte grundsätzlich nach zwei Jahren in eine höhere Gehaltsstufe vorrückt, ohne daß es eines Ersuchens des Beamten oder eines Rechtsaktes der Dienstbehörde im Einzelfall bedarf. Zum Unterschied vom Recht diverser anderer Dienstnehmer ist daher auch kein jährliches 'Ersuchen um Gehaltserhöhung' und ein diesbezügliches Herantreten an den Dienstgeber durch den Beamten erforderlich. Insofern kann dieses System auch als vorweggenommener Vertrauensvorschuß betrachtet werden, der aus Gründen der administrativen Vereinfachung pauschal für alle Beamten ausgesprochen wurde. Wenn sich der Gesetzgeber aber einer derartigen Regelungstechnik bedient, muß es ihm auch zustehen, in den Fällen, in denen sich das vorerst pauschal vorweggenommene Vertrauen nicht von vornherein als begründet erweist, eine individuelle Regelung vorzusehen. Hält es der Landesgesetzgeber in diesem Zusammenhang für zweckmäßig, daß nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens bis zu dessen Abschluß der Beamte vorläufig nicht vorrücken soll, so ist dies aus den dargelegten Erwägungen nicht unsachlich.

Die Einleitung des Disziplinarverfahrens erfolgt nicht etwa leichtfertig oder hängt gar von Zufälligkeiten ab, ein solcher Einleitungsbeschluß wird vielmehr nach einem gesetzlich geregelten Verfahren durch eine Disziplinarkommission gefaßt (§84 Statutargemeinden-Beamtengesetz). Zur Vermeidung jeder unsachlichen Auswirkung ist überdies gesetzlich vorgesehen, daß dann, wenn der Aufschiebungsgrund weggefallen ist, die Vorrückung rückwirkend zu vollziehen und die zufolge der Aufschiebung zurückbehaltenen Teile des Monatsbezuges und allfälliger Sonderzahlungen nachzuzahlen sind (§9 Abs 2 Gehaltsgesetz 1956).

4. Zur Unverletzlichkeit des Eigentums und zum Recht auf den gesetzlichen Richter:

Die gegenständliche Bestimmung würde nur dann das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzen, wenn eine Enteignung oder Eigentumsbeschränkung vorliegen würde. Abgesehen davon, daß nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur Privatrechte den Schutz des Art 5 StGG genießen und damit Ansprüche, die im öffentlichen Recht ihre Grundlage haben, wie z.B. Gehalts- und Ruhegenußansprüche öffentlich-rechtlicher Bediensteter nicht unter diesen Eigentumsbegriff fallen (z.B. VfSlg. 7808/1972, 7267/1974), liegt eine Verletzung des Grundrechts schon deswegen nicht vor, weil das Institut des Eigentums schlechthin durch die bloß materielle Auswirkung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens nicht berührt wird. Im übrigen legt der Antragsteller entgegen § 62 Abs 1 VerfGG 1953 die seiner Ansicht nach gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung aus dem Titel der Verletzung des Grundrechtes auf Eigentum sprechenden Bedenken nicht dar.

Auch die Begründung der Behauptung der Verletzung im Recht auf den gesetzlichen Richter erschöpft sich in dem Argument, daß diese Rechtsfolge in Form einer 'vorläufigen' Strafe ohne anfechtbare Behördenentscheidung ergehe. Das Recht auf den gesetzlichen Richter wäre insbesondere dann verletzt, wenn die Behördenzuständigkeit im Gesetz nicht exakt festgelegt ist (z.B. VfSlg. 9937/1984, 10311/1984). Die Zuständigkeit der jeweiligen Dienstrechtsbehörde ist aber in den Dienstrechtsgesetzen des Landes Oberösterreich eindeutig geregelt (vgl. z.B. § 116 Statutargemeinden-Beamtengesetz). Weiters trifft die Argumentation des Antragstellers, daß keine anfechtbare Behördenentscheidung ergeht, insofern nicht zu, als jedenfalls ein (anfechtbarer) Feststellungsbescheid der Dienstbehörde erwirkt werden könnte. Im übrigen wäre dem Gesetzgeber aufgrund des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch nicht die Normierung von Rechtsfolgen verwehrt, die ohne Dazwischentreten einer behördlichen Entscheidung entstehen, sondern sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.a) Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art 140 Abs 1 (letzter Satz) B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13765/1994).

b) Hier liegt ein solcher Eingriff vor:

Das Gesetz selbst verfügt eindeutig - ohne das Dazwischentreten eines Bescheides vorzusehen -, daß durch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens die Vorrückung bis zu dessen Abschluß aufgeschoben wird. Im Hinblick auf den oben zu I.1 geschilderten Sachverhalt steht fest, daß die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers durch das Gesetz aktuell beeinträchtigt werden. Ein anderer Weg zur Abwehr des Eingriffs steht nicht zur Verfügung, weil es dem Antragsteller nicht möglich ist, einen Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, um solcherart seine verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen oder herantragen zu lassen. Der von der Oberösterreichischen Landesregierung erhobene Einwand, der Antrag sei deshalb nicht zulässig, weil der Beschwerdeführer die Möglichkeit habe, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, ist unzutreffend: Der Vorrückungsaufschub ist durch das Gesetz klar angeordnet. Der einzige Zweck eines Feststellungsbescheides - sofern er überhaupt zulässig wäre - bestünde daher darin, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen die bekämpfte gesetzliche Bestimmung bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. In einem solchen Fall aber ist die Zulässigkeit eines (Individual-)Antrages nach Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG nicht ausgeschlossen (s. etwa VfSlg. 10842/1986, 11402/1987, 12227/1989, 13738/1994).

Eine Anfechtung des das Disziplinarverfahren einleitenden Beschlusses der Disziplinarkommission (vgl. hiezu z.B. VfSlg. 10997/1986, 13650/1993) würde nicht das Ziel erreichen, den Vorrückungsaufschub zu bekämpfen, weil dieser nicht der normative Inhalt des Einleitungsbeschlusses ist.

c) Der Anfechtungsumfang wird zutreffend umschrieben (vgl. z. B. VfSlg. 10091/1984, 11155/1986, 11271/1987, 11384/1987, 12323/1990, 12332/1990, 12573/1990).

Die im vorliegenden Antrag gewählte Formulierung gewährleistet für den Fall des Zutreffens der vorgebrachten Bedenken die geringstmögliche Änderung am bestehenden Gesetzesinhalt, beschränkte sich die Aufhebung doch auf die Beamten der oberösterreichischen Statutargemeinden (vgl. u.a.Zl., S 5f.).

d) Da eine Verletzung des Homogenitätsprinzips nicht behauptet wird, geht der Vorwurf der Landesregierung, es fehle in dieser Hinsicht eine Begründung, ins Leere.

e) Der vorliegende Individualantrag ist, weil auch sonst alle Prozeßvoraussetzungen vorliegen, zulässig.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher in der Sache zu entscheiden.

2.a) Der Vorwurf des Antragstellers geht im wesentlichen dahin, daß die mit der bekämpften Gesetzesstelle vorgesehene Ausschließung von der Vorrückung nur als "Sicherungsmaßnahme" für eine möglicherweise später verhängte Disziplinarstrafe verstanden werden könne und eine solche - ausnahmslos vorzunehmende - Maßnahme sachlich nicht begründbar sei (Näheres s.o. I.4.b).

b) Dieser Vorwurf ist unberechtigt:

aa) Zunächst ist festzuhalten, daß der Bundesgesetzgeber (für seinen Bereich) § 9 GG im Jahre 1977 mit der 31. GG-Novelle offenkundig nicht etwa deswegen aufgehoben hat, weil er diese Bestimmung als verfassungswidrig erachtet hätte, sondern deshalb, weil mit dem Beamten-Dienstrechtsgesetz BGBl. 329/1977 (nunmehr Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979) ein neues Disziplinarrecht eingeführt wurde, in dem die Diszplinarstrafe der Hemmung bzw. Einstellung der Vorrückung nicht mehr aufscheint. (In diesem Sinne auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der 31. GG-Novelle, BlgNR 673 14.GP, S 22.)

Der - wie dargetan - im Dienstrecht der oberösterreichischen Statutargemeinde-Beamten noch immer vorgesehene Aufschub der Vorrückung in eine höhere Gehaltsstufe infolge Einleitung eines Disziplinarverfahrens stellt - wovon auch der Antragsteller ausgeht - keine Strafe dar (vgl. VfSlg. 12652/1991). Diese Maßnahme ist nicht endgültig. Dem § 9 Abs 2 GG (der im erwähnten Bereich nach wie vor gilt) zufolge ist die Vorrückung rückwirkend zu vollziehen, wenn der Aufschiebungsgrund weggefallen ist, sofern nicht die Vorrückung nach § 10 gehemmt oder nach § 11 eingestellt wird.

Die Einleitung eines Diszplinarverfahrens erfolgt nach § 84 Abs 3 und 6 des O.ö. Statutargemeinden-Beamtengesetzes nur aufgrund eines Beschlusses der Disziplinarkommission. Dagegen ist zwar kein ordentliches Rechtsmittel zulässig (§84 Abs 8 leg. cit.), jedoch die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof. Damit ist gewährleistet, daß die an die Einleitung des Disziplinarverfahrens geknüpfte Rechtsfolge - nämlich der Aufschub der Vorrückung - in der Regel nur dann eintritt, wenn der gegen den Beamten geäußerte Verdacht wohlbegründet ist.

Die Vorrückung bewirkt eine - von Gesetzes wegen eintretende - Gehaltserhöhung. Der Verfassungsgerichtshof hält es für sachlich gerechtfertigt, von diesem im Gesetz vorgesehenen Besoldungssystem im Wege einer vorläufigen Maßnahme für den Fall abzuweichen, daß mit einer Disziplinarstrafe zu rechnen ist, die negativen Einfluß auf die Vorrückung hat. Eine solche vorläufige Maßnahme dient nämlich u.a. dazu, eine Rückforderung zu viel ausbezahlter Bezüge zu vermeiden, welche sonst im Fall der Verhängung einer entsprechenden Disziplinarstrafe vorzunehmen wäre.

Die in Ansehung des Gleichheitsgrundsatzes vorgebrachten Bedenken treffen daher nicht zu.

bb) Wenn der Antragsteller vorbringt, das Gesetz verstoße auch gegen das in der Verfassung verankerte Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, so ist er - abgesehen davon, daß es sich nach der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bei finanziellen Ansprüchen eines Beamten gegen seinen Dienstgeber um solche nach öffentlichem Recht handelt und diese daher nicht vom Schutz des Art 5 StGG erfaßt werden (vgl. z.B. VfSlg. 10508/1985, 11693/1988, S 491; 12180/1989, S 247; 12652/1991, S 244; 13221/1992, S 357) - zur Widerlegung seiner Behauptung auf die Ausführungen in der vorstehenden sublit. aa zu verweisen.

cc) Die Behauptung des Antragstellers, die angefochtene Gesetzesbestimmung verletze auch das "Grundrecht auf den gesetzlichen Richter", weil "diese Rechtsfolge (des Aufschubs der Vorrückung) in Form einer 'vorläufigen' Strafe ohne eine anfechtbare Behördenentscheidung ergeht", ist nicht recht verständlich. Im übrigen wurde die Prämisse des Antragstellers in der vorstehenden sublit. aa als unzutreffend qualifiziert.

dd) Der Verfassungsgerichtshof teilt also insgesamt die vom Antragsteller ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmung vorgebrachten Bedenken nicht.

Auf die von der O.ö. Landesregierung aufgeworfene Frage, ob das "Homogenitätsprinzip" (Art21 Abs 1 und 4 B-VG) verletzt wurde, war nicht einzugehen, weil der Antrag in dieser Hinsicht keine Bedenken enthält.

Der Antrag war sohin abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.