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VfGH vom 09.10.2001, g148/01

VfGH vom 09.10.2001, g148/01

Sammlungsnummer

16316

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der Regelung des Wr Nationalparkgesetzes über eine Bewilligungspflicht bestimmter Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes angesichts des gänzlichen Ausschlusses eines Entschädigungsanspruches für solche Eigentumsbeschränkungen

Spruch

§7 Abs 2 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz), LGBl. für Wien Nr. 37/1996, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Landeshauptmann von Wien ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B983/98 eine Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Magistrat der Stadt Wien wies mit Bescheid vom gemäß § 7 Abs 2 und 3 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz, LGBl. für Wien Nr. 37/1996) den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Errichtung einer Umschlaganlage für Zement und Sand mit der Begründung ab, dass durch die Schallimmissionen insbesondere dämmerungs- und nachtaktive Tierarten empfindlich gestört würden, das Naturerlebnis für die Erholungssuchenden durch die Schallimmissionen beeinträchtigt werde und durch die Russimmissionen mit nachteiligen Auswirkungen auf die Pflanzenwelt zu rechnen sei.

Der Berufungssenat der Stadt Wien wies die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft mit dem bekämpften Bescheid vom als unbegründet ab. Aufgrund der vorliegenden Gutachten des Berufungsverfahrens sei zwar eine Beeinträchtigung der für das Gebiet der Donau-Auen charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt im Sinne des § 1 Abs 1 Z 3 Wiener Nationalparkgesetz durch die gegenständliche Anlage nicht zu befürchten, jedoch durch die zu erwartenden Schallimmissionen der Anlage eine Gefährdung des Naturerlebnisses (des Erholungswertes) der Besucher des Nationalparks im Sinne des § 1 Abs 1 Z 5 Wiener Nationalparkgesetz.

2. Die §§1, 4, 6, 7, 12 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz, im Folgenden Wr NatParkG), LGBl. für Wien Nr. 37/1996 (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben) lauten:

"Zielsetzungen

§1. (1) Dieses Gesetz hat zum Ziel,

1. das Gebiet der Donau-Auen in den Katastralgemeinden Aspern, Eßling, Landjägermeisteramt und Kaiserebersdorf Herrschaft im

22. Wiener Gemeindebezirk (Obere und Untere Lobau) in seiner Schönheit und Ursprünglichkeit zu erhalten;

2. im Nationalparkgebiet den Ablauf des natürlichen Kreislaufes der Lebewesen und Elemente sicherzustellen;

3. die für das Gebiet der Donau-Auen charakteristische Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihres Lebensraumes zu bewahren und zu fördern;

4. die darin enthaltenen historisch bedeutsamen Objekte, Kulturgüter und sonstige landschaftsgestaltenden Erscheinungsformen in ihrem Bestand zu sichern sowie den Grundwasserkörper unter anderem für die darin enthaltenen Reserven an hochwertigem Trinkwasser für Zeiten des Wassermangels zu sichern;

5. Besuchern ein Naturerlebnis zu ermöglichen und

6. im Rahmen der Nationalparkverwaltung sonstige ökologisch bedeutsame Vorhaben umzusetzen.

(2) Der Nationalpark Donau-Auen soll so eingerichtet werden, daß die internationale Anerkennung im Sinne der Richtlinien der Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature and Natural Ressources - IUCN) für Nationalparks, Stand 1994, und die Akzeptanz durch die betroffene Bevölkerung auf Dauer erreicht und erhalten wird.

(3) Die Bundeshauptstadt Wien hat als Trägerin von Privatrechten auf die Zielsetzungen gemäß Abs 1 und 2 Bedacht zu nehmen.

(...)

Nationalparkgebiet

§4. (1) Das Gebiet des Nationalparks Donau-Auen hat nach Maßgabe der örtlichen naturräumlichen Voraussetzungen mit Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. für Wien Nr. 32/1978, zu Vollnaturschutzgebieten und Teilnaturschutzgebieten erklärte Gebiete und daran angrenzende Flächen sowie die Uferbereiche und die Fließwasserstrecke der Donau zu enthalten, mit dem Ziel, die gesamten Donau-Auen auf einem möglichst hohen Schutzniveau zu erhalten. Der genaue Grenzverlauf ist durch Verordnung der Landesregierung festzulegen.

(2) Vor Erlassung einer Verordnung nach Abs 1 sind die Wirtschaftskammer Wien, die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, die Wiener Landwirtschaftskammer, der Landesjagdbeirat, der Fischereibeirat, die Wiener Umweltanwaltschaft sowie der Bund und das Land Niederösterreich zu hören.

(...)

Eingriffsverbote

§6. (1) Im Nationalparkgebiet (§4 Abs 1) sind sämtliche Eingriffe in die Natur verboten, soferne nicht ein Fall des Abs 3 oder eine Bewilligung gemäß § 7 vorliegt.

(2) Ausnahmen vom Verbot gemäß Abs 1 bestehen für:

1. die Nationalparkverwaltung (§15) zur Erfüllung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben, insbesondere in Erfüllung der Naturraumpläne (§5 Abs 5), der Managementpläne (§5 Abs 7) und der Kennzeichnung des Nationalparkes (§10) sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Besucher,

2. die Durchführung der jagd- und fischereilichen Managementpläne (§8 Abs 3 und 4),

3. Besucher zum Begehen der entsprechend gekennzeichneten Wege sowie zum Baden an den hiefür ausgewiesenen Badeplätzen. Unzulässig ist dabei jedenfalls die Mitnahme und das Verwenden von Fahrrädern (ausgenommen auf besonders gekennzeichneten Wegen), Rollerskatern, Booten, Surfbrettern, Eislaufschuhen sowie die Mitnahme von nicht an der Leine geführten Hunden und das Erregen von den Naturraum beeinträchtigendem Lärm,

4. die Erhaltung und Wartung von bestehenden Versorgungseinrichtungen und kulturhistorisch bedeutsamen Objekten,

5. Maßnahmen zur Wiederherstellung des früheren Zustandes (§§7 und 20) und

6. Maßnahmen in Außenzonen zur Erfüllung der in der Verordnung gemäß § 5 Abs 2 umschriebenen Zwecke,

wobei in allen Fällen der natürliche Lebensraum nicht über das unbedingt erforderliche Ausmaß hinaus verändert werden darf.

(3) Bis zum Inkrafttreten von Naturraumplänen (§5 Abs 5) bzw. von Managementplänen (§5 Abs 7) dürfen in Naturzonen bzw. in Naturzonen mit Managementmaßnahmen nur Maßnahmen durchgeführt werden, die den Zielsetzungen des Nationalparks oder der jeweiligen Zone nicht zuwiderlaufen. Bis zum Inkrafttreten der jagd- und fischereilichen Managementpläne (§8 Abs 3) ist das Jagen und Fischen nur im Rahmen des § 8 Abs 1 gestattet.

Bewilligungspflichtige Maßnahmen

§7. (1) Die Durchführung von Maßnahmen, die nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben können, insbesondere die Errichtung oder Inbetriebnahme von mobilen oder stationären Anlagen oder sonstige Tätigkeiten im Gebiet des Nationalparkes Donau-Auen (§4 Abs 1), bedarf einer Bewilligung der Behörde.

(2) In Abs 1 angeführte Maßnahmen unterliegen auch außerhalb des Nationalparkgebietes (§4 Abs 1) der Bewilligungspflicht, wenn bei Durchführung der Maßnahme eine unmittelbare, nachteilige Auswirkung auf das Nationalparkgebiet (§4 Abs 1) zu erwarten ist.

(3) Die Bewilligung nach Abs 1 und 2 ist zu versagen, wenn die beabsichtigte Maßnahme die Zielsetzungen des Nationalparks oder einer einzelnen Zone (§5), die gemäß § 5 Abs 5 erlassenen Naturraumpläne, die gemäß § 5 Abs 7 erlassenen Managementpläne und die gemäß § 8 Abs 3 und 4 erlassenen jagd- und fischereilichen Managementpläne gefährdet und nicht durch Vorschreibung entsprechender Vorkehrungen eine Beeinträchtigung weitgehend ausgeschlossen werden kann.

(4) Soweit Maßnahmen gemäß Abs 1 und 2 auch einer Bewilligungspflicht nach anderen Landesgesetzen unterliegen, ist vor der Erteilung einer derartigen Bewilligung die Bewilligung nach Abs 1 und 2 zu erwirken. Die Bewilligungen nach Abs 1 und 2 ersetzen die naturschutzbehördliche Bewilligung.

(5) In Verfahren gemäß Abs 1 bis 3 haben Parteistellung

1. der Antragsteller,

2. die von der Maßnahme betroffenen Grundeigentümer, Jagdausübungs- und Fischereiberechtigten,

3. die Nationalparkverwaltung (§15) zur Wahrung der Zielsetzungen des § 1 Abs 1 und

4. die Wiener Umweltanwaltschaft.

Der Wiener Umweltanwaltschaft kommt darüber hinaus das Recht zu, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

(...)

Entschädigungen

§12. (1) Hat die Einbeziehung eines Grundstückes in das Nationalparkgebiet (§4) eine Ertragsminderung dieses Grundstückes oder eine Erschwerung der Wirtschaftsführung zur Folge, so hat der Eigentümer oder sonstige Verfügungsberechtigte gegenüber dem Land Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (§365 ABGB).

(2) Eine Entschädigung gebührt auch für die Einschränkung der Jagd und Fischerei auf den Nationalparkflächen.

(3) Die Entschädigungsgrundsätze des § 57 Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der jeweils geltenden Fassung, finden auf Entschädigungen gemäß Abs 1 und 2 sinngemäß Anwendung."

3. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am gemäß Art 140 Abs 1 B-VG beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs 2 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz), LGBl. für Wien Nr. 37/1996, von Amts wegen zu prüfen.

4. In seinem Einleitungsbeschluss ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass die Beschwerde zulässig ist und er bei seiner Entscheidung darüber § 7 Abs 2 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wr NatParkG), LGBl. für Wien Nr. 37/1996, anzuwenden hätte.

5. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken wie folgt dar:

"(...) Gemäß § 7 Abs 1 Wr NatParkG bedarf die Durchführung von Maßnahmen, die nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben können, insbesondere die Errichtung oder Inbetriebnahme von mobilen oder stationären Anlagen oder sonstiger Tätigkeiten im Gebiet des Nationalparkes Donau-Auen einer Bewilligung der Behörde. Gemäß Abs 2 dieser Bestimmung unterliegen die in Abs 1 angeführten Maßnahmen auch außerhalb des Nationalparkgebietes (§4 Abs 1) der Bewilligungspflicht, wenn bei Durchführung der Maßnahme eine unmittelbare, nachteilige Auswirkung auf das Nationalparkgebiet (§4 Abs 1) zu erwarten ist. Gemäß § 12 Abs 1 Wr NatParkG hat der Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte der im Nationalpark gelegenen Grundstücke, wenn die Einbeziehung des Grundstückes in das Nationalparkgebiet eine Ertragsminderung oder eine Erschwerung der Wirtschaftsführung zur Folge hat, gegenüber dem Land einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (§365 ABGB).

(...) In den Erläuternden Bemerkungen zum Wiener Nationalparkgesetz heißt es zu § 7 Abs 1 und Abs 2 Wr NatParkG:

'zu § 7 Abs 1:

Bewilligungspflichtig sind alle Maßnahmen, die nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben können. Alleine die abstrakte Möglichkeit einer nachteiligen Auswirkung reicht daher aus, um eine Bewilligungspflicht gemäß dieser Bestimmung zu begründen.

In Abs 3 wird hiezu klargestellt, daß die Bewilligung dann zu versagen ist, wenn die Zielsetzungen des § 1 gefährdet sind.

Daher kann auch eine an sich als Eingriff in die Natur (§6 Abs 1) verbotene Maßnahme dann bewilligt werden, wenn eine Beeinträchtigung der im § 1 Abs 1 genannten Zielsetzungen nicht zu erwarten ist.

Als Maßstab dient hier die jeweilige Zone, d.h. eine Maßnahme wird in der Naturzone anders zu beurteilen sein als z.B. in der Verwaltungszone. Dies deshalb, da sich die Ziele des Nationalparks auch in der Zonierung widerspiegeln.

zu § 7 Abs 2:

Auch für das Vorliegen einer Genehmigungspflicht gemäß Abs 2 ist erforderlich, dass nachteilige Auswirkungen möglich sind. Diese müssen freilich unmittelbar auf das Nationalparkgebiet (zB. durch direkte Emissionen) wirken.'

(...) Die Normierung einer Bewilligungspflicht sowohl für Maßnahmen im Nationalparkgebiet, die nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben können, als auch für Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes, wenn bei ihrer Durchführung unmittelbare, nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet zu erwarten sind, scheint keine Enteignung sondern eine Eigentumsbeschränkung darzustellen.

(...) Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur, VfSlg. 9189/1981, 12.227/1989, 12.998/1992) gilt der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art 5 StGG ebenso für Eigentumsbeschränkungen, auf die sich allerdings auch der im zweiten Absatz des Art 1 des 1. ZP EMRK ausdrücklich formulierte Gesetzesvorbehalt erstreckt: Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg. 9189/1981), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. VfSlg. 9911/1983, 11.402/1987, 12.227/1989) und nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg. 13.964/1994).

Die Eigentumsbeschränkung der Grundstückseigentümer in Form einer Bewilligungspflicht gemäß § 7 Wr NatParkG scheint als zur Verwirklichung der im § 1 Abs 1 normierten Ziele erforderlich anzusehen und damit im öffentlichen Interesse gelegen zu sein. Sie scheint - im Hinblick auf die Bewilligungskriterien im § 7 Abs 3 Wr NatParkG - auch nicht unverhältnismäßig zu sein. Dies scheint auch für die Verwirklichung des Zieles gemäß § 1 Abs 1 Z 5 Wr NatParkG (den Besuchern ein Naturerlebnis zu ermöglichen) zuzutreffen.

(...) Es kann dahingestellt bleiben, ob für Eigentumsbeschränkungen der hier vorliegenden Intensität eine Entschädigungspflicht von Verfassungs wegen besteht. Jedenfalls scheint es der Gleichheitssatz zu verbieten, für gleichartige Eigentumsbeschränkungen in einem Fall eine Entschädigung vorzusehen und in einem anderen Fall eine solche auszuschließen.

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die Eigentumsbeschränkungen innerhalb und außerhalb des Nationalparkgebietes gleichartig sind.

Die Voraussetzungen für die Bewilligungspflicht einer Maßnahme, insbesondere für die Errichtung einer Anlage scheinen zwar unterschiedlich geregelt. Innerhalb des Nationalparkgebietes bedarf die Errichtung einer Anlage dann einer Bewilligung, wenn sie nachteilige Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet haben kann (§7 Abs 1 Wr NatParkG). Außerhalb des Nationalparkgebietes ist die Errichtung einer Anlage bewilligungspflichtig, wenn eine unmittelbare, nachteilige Auswirkung auf das Nationalparkgebiet zu erwarten ist (§7 Abs 2 Wr NatParkG). Die Bewilligungsvoraussetzungen scheinen jedoch im § 7 Abs 3 Wr NatParkG für Anlagen innerhalb und außerhalb des Nationalparkgebietes gleich geregelt. Wenn beispielsweise eine Anlage durch die von ihr ausgehenden Lärmemissionen die Zielsetzung des § 1 Abs 1 Z 5 Wr NatParkG (den Besuchern ein Naturerlebnis zu ermöglichen) gefährdet, und eine Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung entsprechender Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden könnte, so wäre die Bewilligung zu versagen, gleichgültig, ob sich die Anlage innerhalb oder außerhalb des Nationalparkgebiets befindet. Eine Bewilligung wäre nur dann zu erteilen, wenn zB durch lärmpegelmindernde Maßnahmen sichergestellt werden könnte, dass eine Gefährdung der oben angeführten Art nicht zu erwarten ist. Derartige zusätzliche Vorkehrungen, die erforderlich wären, um eine Anlage bewilligungsfähig zu machen, scheinen eine Erschwerung der Wirtschaftsführung im Sinne des § 12 Abs 1 Wr NatParkG zu sein.

Während § 12 Abs 1 Wr NatParkG im Falle einer Erschwerung der Wirtschaftsführung im Nationalparkgebiet für den Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigten gegenüber dem Land Wien einen Anspruch auf angemessene Entschädigung (§365 ABGB) vorsieht, scheint ein solcher Entschädigungsanspruch für eine Erschwerung der Wirtschaftsführung von gemäß § 7 Abs 2 Wr NatParkG bewilligungspflichtigen Anlagen außerhalb des Nationalparkgebietes nicht eingeräumt zu sein.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass § 12 einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für eine Erschwerung der Wirtschaftsführung unabhängig davon einräumt, ob diese Erschwerung zum Zeitpunkt der Einbeziehung eines Grundstückes in das Nationalparkgebiet (§4) oder auch in einem späteren Zeitpunkt durch Verweigerung der Bewilligung zur Errichtung oder Inbetriebnahme einer Anlage (§7) entstanden ist.

(...) Ungeachtet der Frage, ob der beschwerdeführenden Gesellschaft konkret ein Entschädigungsanspruch zusteht, hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die im § 7 Abs 2 Wr NatParkG verfügte Eigentumsbeschränkung infolge des gemäß § 12 Abs 1 Wr NatParkG ausgeschlossenen Entschädigungsanspruches dem Gleichheitssatz widerspricht. Angesichts der Kleinräumigkeit des Gebietes und der Vorhersehbarkeit der Interessenkonflikte zwischen dem Nationalparkgebiet und dem angrenzenden Ölhafen scheint nicht bloß ein Härtefall vorzuliegen.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass der Sitz der Gleichheitswidrigkeit in der Kombination von Eigentumsbeschränkung von Grundflächen außerhalb des Nationalparks und Ausschluss der für Eigentumsbeschränkungen im Nationalpark vorgesehenen Entschädigungsregelungen liegt. Die Verfassungswidrigkeit scheint dadurch beseitigt, wenn der Eigentumseingriff, der nicht entschädigt wird, aufgehoben wird.

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird schließlich auch in Betracht zu ziehen sein, ob die Regelung des § 12 Wr NatParkG - die zwar primär auf den Ausgleich von Ertragsminderungen und Erschwerungen der Wirtschaftsführung von Grundstücken im Nationalparkgebiet abzielt - verfassungskonform in dem Sinne zu interpretieren ist, dass sie auch auf Ertragsminderungen und Erschwerungen der Wirtschaftsführung infolge der Bewilligungspflicht von Anlagen auf Grundstücken außerhalb des Nationalparkgebietes anzuwenden ist."

6. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufheben und für den Fall der Aufhebung gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen, um allenfalls erforderliche legistische Vorkehrungen zu ermöglichen. Sie führte zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes aus,

"dass nur für gleichartige Eigentumsbeschränkungen gleichartige Entschädigungsansprüche vorgesehen werden müssen. Im Falle einer Eigentumsbeschränkung außerhalb des Wiener Nationalparkgebietes durch das Wiener Nationalparkgesetz liegt jedoch im Vergleich zu Eigentumsbeschränkungen innerhalb des Nationalparkgebietes ein Unterschied im Tatsächlichen vor, der eine gleichartige Regelung der Entschädigungsansprüche nicht geboten erscheinen lässt.

Eingriffe in die Wirtschaftsführung im Nationalparkgebiet sind ungleich schwerer als außerhalb des Gebietes zu werten, da im Gebiet des Nationalparks Naturraumpläne gemäß § 5 Abs 4 Wiener Nationalparkgesetz bzw. Managementpläne für Naturzonen mit Managementmaßnahmen gemäß § 5 Abs 7 Wiener Nationalparkgesetz zu beachten sind und diese Pläne detailliert festlegen (werden), welche Wirtschaftsformen überhaupt zulässig sind und welche Renaturierungsmaßnahmen zu setzen sind.

Darüber hinaus besteht schon dadurch ein Unterschied, dass bei Grundstücken außerhalb des Nationalparkgebietes lediglich für Emissionen, das heißt also für Beeinträchtigungen, die außerhalb des Grundstückes stattfinden, eine Bewilligung erforderlich sein kann, während innerhalb des Nationalparkgebietes zusätzlich jede Maßnahme auf dem Grundstück selbst zu einer Bewilligungspflicht und damit zu einer Beschränkung des Eigentums führen kann.

Weiters ergibt sich aus der Tatsache, dass der Bewilligungstatbestand des § 7 Abs 2 Wiener Nationalparkgesetz für Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes die Möglichkeit einer unmittelbaren nachteiligen Auswirkung auf das Nationalparkgebiet erfordert im Vergleich zum strengeren Erfordernis einer nachteiligen Auswirkung innerhalb des Nationalparkgebietes, ein Unterschied, der die tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Bewilligungsverfahrens, aber auch das Bewilligungsverfahren selbst betrifft.

Es kann also z.B. nicht der Fall eintreten, dass die gleiche bewilligungspflichtige Maßnahme in und außerhalb des Nationalparkgebietes gleich behandelt wird, da durch das Erfordernis der unmittelbaren Wirkung von Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes auf das Nationalparkgebiet ein anderer, weniger strenger, Prüfungsmaßstab besteht. So ist auch bei der Vorschreibung entsprechender Vorkehrungen in einem Fall außerhalb des Nationalparkgebietes zusätzlich auf die unmittelbare Wirkung der Beeinträchtigung abzustellen, während darauf im anderen Fall innerhalb des Nationalparkgebietes kein Bezug genommen werden braucht.

Auf Grund der unterschiedlichen Strenge der Bewilligungsvoraussetzungen erscheint eine differenzierte Regelung der Entschädigung für eine diesbezügliche Beeinträchtigung des Eigentums gerechtfertigt.

Darüber hinaus unterliegen Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes im Falle der Aufhebung des § 7 Abs 2 Wiener Nationalparkgesetz wieder anderen, allgemeinen Bewilligungstatbeständen z.B. des Wiener Naturschutzgesetzes. Diese Regelung sieht jedoch keine Entschädigung für Beeinträchtigungen der Wirtschaftsführung vor, wodurch die vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen Bedenken hinsichtlich der Ungleichbehandlung in der Entschädigungsfrage durch Aufhebung des § 7 Abs 2 Wiener Nationalparkgesetz nicht ausgeräumt werden könnten."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die vorläufigen Annahmen, dass das Beschwerdeverfahren, das Anlass zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens gegeben hat, zulässig ist und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die Beschwerde § 7 Abs 2 Wr NatParkG anzuwenden hätte, haben sich als zutreffend erwiesen.

2. Auch die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung treffen zu:

Die Wiener Landesregierung ist der Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass § 12 Wr NatParkG einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für eine Erschwerung der Wirtschaftsführung unabhängig davon einräumt, ob diese Erschwerung zum Zeitpunkt der Einbeziehung eines Grundstückes in das Nationalparkgebiet (§4 Wr NatParkG) oder auch in einem späteren Zeitpunkt durch Verweigerung der Bewilligung zur Errichtung oder Inbetriebnahme einer Anlage (§7 Wr NatParkG) entstanden ist, nicht entgegengetreten. Auch sonst haben sich im Gesetzesprüfungsverfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Entschädigungsanspruch des § 12 Wr NatParkG auf die Erschwerung der Wirtschaftsführung beschränkt ist, die durch die Einbeziehung eines Grundstückes in das Nationalparkgebiet entstanden ist. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Anspruch auf angemessene Entschädigung gemäß § 12 Wr NatParkG in Folge einer Verweigerung der Bewilligung zur Errichtung oder Inbetriebnahme einer Anlage (§7 Wr NatParkG) auch nach Einbeziehung eines Grundstückes in das Nationalparkgebiet entstehen kann.

Die Wiener Landesregierung versucht darzutun, dass innerhalb (§7 Abs 1 Wr NatParkG) und außerhalb (§7 Abs 2 Wr NatParkG) des Nationalparkgebietes - im Hinblick auf die Bewilligungskriterien in § 7 Abs 3 Wr NatParkG - grundsätzlich keine gleichartigen Eigentumsbeschränkungen in Form einer Bewilligungspflicht gemäß § 7 Wr NatParkG vorliegen können. Es ist der Wiener Landesregierung zuzugeben, dass die Eingriffe außerhalb des Nationalparkgebietes andersartig sein können als jene innerhalb des Nationalparkgebietes. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes geht jedoch dahin, dass die Eingriffe außerhalb des Nationalparkgebietes auch dann nicht entschädigt werden, wenn sie den Eingriffen innerhalb des Nationalparkgebietes gleichen. Dazu hat die Wiener Landesregierung nichts vorgebracht.

Das Argument der Wiener Landesregierung, dass die Eigentumsbeschränkungen in Form eines Eingriffes in die Wirtschaftsführung im Nationalparkgebiet intensiver seien als für Maßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes, scheint dem Verfassungsgerichtshof nicht schlüssig zu sein. In beiden Fällen darf im Extremfall eine beabsichtigte Maßnahme nicht durchgeführt werden; in einem Fall verhindert das Gesetz in Verbindung mit einem Naturraumplan, einem Managementplan oder einer Zonenfestlegung eine landwirtschaftliche Nutzung in Form eines nicht zulässigen Ackerbaus innerhalb des Nationalparks; im anderen Fall kann die Nutzung eines Industriegebietes außerhalb des Nationalparkgebietes durch Errichtung einer emissionsträchtigen, im Industriegebiet sonst aber zulässigen Anlage unzulässig sein; in beiden Fällen kann es zu einer Eigentumsbeschränkung kommen, die eine sinnvolle Nutzung (der landwirtschaftlichen Flächen für den Ackerbau und der Industriegebiete zur Errichtung und zum Betrieb emissionsträchtiger Industrieanlagen) unmöglich macht. Obwohl die Voraussetzungen für das Verbot der Nutzung innerhalb und außerhalb des Nationalparkgebietes unterschiedlich geregelt sind, kann es in beiden Fällen zum - vom Effekt her - als gleichwertig zu beurteilenden Nutzungsverbot eines Grundstückes kommen.

Daher liegt im gänzlichen Ausschluss eines Entschädigungsanspruches etwa für das Verbot, ein Industriegebiet außerhalb des Nationalparkgebietes durch die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zu nutzen, eine unsachliche Differenzierung gegenüber etwa dem entschädigungspflichtigen Verbot, eine Fläche innerhalb des Nationalparkgebietes landwirtschaftlich zu nutzen. Dass es je nach der Art der Nutzung zu einem unterschiedlichen Ausmaß der Eigentumsbeschränkungen kommen kann, rechtfertigt nicht den gänzlichen Verlust des Entschädigungsanspruches, sondern nur eine differenzierte Bemessung der Entschädigung.

Die Landesregierung führt weiters zur sachlichen Rechtfertigung der differenzierten Entschädigungsregelung ins Treffen, dass innerhalb des Nationalparkgebietes alle Maßnahmen, die nachteilige Auswirkungen für das Nationalparkgebiet haben können, bewilligungspflichtig seien, während außerhalb des Nationalparkgebietes der Bewilligungstatbestand des § 7 Abs 2 Wr NatParkG die Möglichkeit einer unmittelbaren nachteiligen Auswirkung auf das Nationalparkgebiet erfordert. Auch aus diesem Argument ist für die Sachlichkeit der in Prüfung gezogenen Regelung nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, dass es für die Frage der Sachlichkeit der Entschädigungsregelung nicht auf die Frage der Bewilligungspflicht allein, sondern auch auf die Art und Intensität der Eigentumsbeschränkung ankommt, hat der Gesetzgeber mit der Einschränkung auf "unmittelbare" Auswirkungen auf das Nationalparkgebiet lediglich zum Ausdruck gebracht, dass nicht jede von einer Anlage außerhalb des Nationalparkgebietes ausgehende Emission, die mittelbar auch das Nationalparkgebiet betrifft, zur Bewilligungspflicht führt.

Der Verfassungsgerichtshof hat es im Prüfungsbeschluss offen gelassen, ob die Regelung des § 12 Wr NatParkG - die zwar primär auf den Ausgleich von Ertragsminderungen und Erschwerungen der Wirtschaftsführung von Grundstücken im Nationalparkgebiet abzielt - verfassungskonform in dem Sinne interpretiert werden kann, dass sie auch auf Ertragsminderungen und Erschwerungen der Wirtschaftsführung infolge der Bewilligungspflicht von Anlagen auf Grundstücken außerhalb des Nationalparkgebietes anzuwenden ist. Die Wiener Landesregierung hat sich dazu nicht geäußert, jedoch insgesamt die Gleichwertigkeit der Eigentumsbeschränkung und damit die Anwendbarkeit des § 12 Wr NatParkG für Grundstücke außerhalb des Nationalparkgebietes verneint. Auch sonst hat das Gesetzesprüfungsverfahren keine Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer verfassungskonformen Interpretation des § 12 Wr NatParkG ergeben.

Dass in anderen Gesetzen - wie zB im Wiener NaturschutzG - Eigentumsbeschränkungen ohne Entschädigung vorgesehen sind, vermag die unsachliche Differenzierung der Entschädigungsregelung im Wr NatParkG nicht zu rechtfertigen.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt schließlich dabei, dass der Sitz der Gleichheitswidrigkeit im § 7 Abs 2 NatParkG liegt, weil in dieser Bestimmung Bewilligungspflichten hinsichtlich bestimmter Maßnahmen geregelt sind, wobei die dadurch bewirkten Eigentumsbeschränkungen im Gegensatz zu jenen innerhalb des Nationalparkes - nicht entschädigt werden. Bemerkt wird, dass die Verfassungswidrigkeit dadurch beseitigt werden könnte, dass die aufgehobene Bestimmung unter gleichzeitiger Erlassung einer Entschädigungsregelung wieder eingeführt wird.

3. Um allfällige legistische Vorkehrungen zu ermöglichen, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten der als verfassungswidrig erkannten Gesetzesbestimmung den Ablauf des bestimmt.

Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz

B-VG.

4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Wien zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung ergibt sich aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.