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VfGH vom 16.06.1987, G141/86

VfGH vom 16.06.1987, G141/86

Sammlungsnummer

11369

Leitsatz

Individualantrag auf Aufhebung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 idF BGBl. 372/1986 (betreffend das Verbot der Abgabe von Wein ua. in Tetrapacks) - unmittelbare Betroffenheit des Erstantragstellers (Weinhauer und -händler); Provokation eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 65 Abs 1 Z 1 nicht zumutbar;

Zulässigkeit des Antrages; § 4 Abs 3 verbietet nicht, Verpackungsmaterial aller Art zu produzieren und zu verkaufen;

lediglich faktische (wirtschaftliche) Reflexwirkungen; keine Antragslegitimation der zweitantragstellenden Gesellschaft (Hersteller von Verpackungsmaterial); deshalb auch Rechtseingriff bei dem drittantragstellenden Gesellschaftsführer der Gesellschaft ausgeschlossen; Zurückweisung des Antrags in diesem Umfang

(unter angemessener Strafsanktion stehendes) Verbot, Wein etwa in Tetrapacks und Dosen an den Verbraucher abzugeben, sachlich gerechtfertigt; Strafsanktion des § 65 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 3 WeinG stellt systemimmanente Fortentwicklung der zum Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes zu Art 5 MRK geltenden Verwaltungsstrafvorschriften des LMG 1951 und des UWG 1923 dar - vom österreichischen Vorbehalt zu Art 5 MRK erfaßt; §§4 Abs 3 und 65 Abs 1 Z 1 werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben

Individualantrag auf Feststellung, daß § 4 Abs 3 WeinG in der Stammfassung verfassungswidrig war; jedenfalls schon dadurch, daß die novellierte Bestimmung nicht aufgehoben wird, keine rechtliche Betroffenheit der Antragsteller durch die Bestimmung in der Stammfassung; Zurückweisung des Antrags

Spruch

1.) Der Antrag festzustellen, daß § 4 Abs 3 des WeinG 1985 in der Stammfassung verfassungswidrig war, wird zurückgewiesen.

2.) Auch die weiteren Anträge, soweit sie von der zweitantragstellenden Gesellschaft und vom Drittantragsteller eingebracht wurden, werden zurückgewiesen.

3.) Der auf Aufhebung von Stellen des Weingesetzes 1985 in der Fassung der Nov. BGBl. 372/1986 gerichtete Antrag des Erstantragstellers wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Rechtslage

1.a) Das Weingesetz 1985, BGBl. 444/1985 in der Stammfassung, bestimmte im § 4 Abs 3:

"(3) Wein darf nur in Glasflaschen (im folgenden Flaschen genannt) abgefüllt an den Letztverbraucher abgegeben werden, es sei denn, daß der Wein am Ort der Verabreichung sofort genossen werden soll."

§ 65 Abs 1 Z 1 des WeinG 1985 id Stammfassung stellte die Verletzung des § 4 Abs 3 unter Verwaltungsstrafsanktion (Geld bis zu S 12.000,-- oder Arrest bis zu einer Woche).

b) Die RV zum WeinG 1985 id Stammfassung (693 BlgNR, XVI. GP) erläutert § 4 Abs 3 wie folgt:

"Wein soll in Zukunft mehr als bisher als Qualitätsprodukt hervorgehoben werden. Aus diesem Grund und auch aus Gründen des Umweltschutzes soll Wein an den Letztverbraucher nur mehr in Glasflaschen, nicht aber in anderen Verpackungsformen, wie Tetrapack oder Aluminiumdosen, abgegeben werden."

2.a) Mit BG vom , BGBl. 372 (in Kraft getreten mit ) wurde u.a. das WeinG 1985 novelliert.

§ 4 Abs 3 lautet nunmehr:

"(3) Wein darf nur in Glasflaschen (im folgenden Flaschen genannt), in Holzfässern oder in Sinterkeramikgefäßen an den Verbraucher abgegeben werden, es sei denn, daß der Wein am Ort der Verabreichung sofort genossen werden soll."

Die dazugehörende Strafbestimmung des § 65 Abs 1 Z 1 lautet jetzt:

"§65. (1) Wer

1. Wein entgegen § 4 Abs 3 an den Verbraucher abgibt,

.......

begeht, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu S 12.000,-- oder mit Arrest bis zu einer Woche zu bestrafen."

b) Die RV, die den soeben wiedergegebenen Text des § 4 Abs 3 vorschlug, (973 BlgNR, XVI. GP) erläuterte diese Bestimmung wie folgt:

"Durch das Weingesetz 1985 sollte Wein als Qualitätsprodukt besonders hervorgehoben werden. Aus diesem Grund und auch aus Gründen des Umweltschutzes wurde normiert, daß Wein an den Verbraucher nur mehr in Glasflaschen abgegeben werden darf. Unter Beibehaltung dieser Gesichtspunkte soll nunmehr auch die Abgabe von Wein in Sinterkeramikgefäßen und in Holzfässern zugelassen werden. Bei beiden Verpackungsformen handelt es sich um solche, die einerseits das angestrebte Image des Weines als hochwertiges Qualitätsprodukt betonen, andererseits wegen der Wiederverwendbarkeit die Umwelt nicht belasten."

II. Die Anträge samt Begründung

1.a) R A, Weinhauer und -händler (Erstantragsteller), die T Gesellschaft mbH (Zweitantragstellerin) und deren Geschäftsführer C. R H (Drittantragsteller) begehren mit den auf Art 140 Abs 1 letzter Satz) B-VG gestützten Anträgen,

§ 4 Abs 3 und § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 idF der Nov. BGBl. 372/1986 als verfassungswidrig aufzuheben und

festzustellen, daß § 4 Abs 3 WeinG 1985 (id Stf.) bis verfassungswidrig war.

Außerdem wird der Zuspruch von Kosten verlangt.

b) Zur Zulässigkeit der Anträge (insbesondere zur Antragslegitimation) wird ausgeführt:

"Der Erstantragsteller ist, wie bereits aus der Bezeichnung hervorgeht, ein Unternehmer, der sich mit dem Verkauf (Abgabe) von Wein, unter anderem an Letztverbraucher, befaßt.

Vor Inkrafttreten des WeinG 1985, im Jahr 1984 hatte ich eine Verpackungsanlage aufgestellt und 3 Millionen Liter Wein/anno in Kartonverpackung abgepackt. Von diesem Wein wurden 10-15 % von mir selbst im Detailhandel vertrieben. Die Verpackungsanlage erforderte Investitionen von 1,7 Millionen Schilling und eine jährliche Miete von S 60.000,--. Bei Inkrafttreten des WeinG, das ist im allgemeinen , bei der hier maßgeblichen Bestimmung aber erst , hatte ich für den Verkauf an Letztverbraucher einen durchschnittlichen Lagerbestand an Wein in 1 Liter umfaßenden Umhüllungen aus beschichtetem Papier auf Lager und zwar zum erstgenannten Zeitpunkt im Umfang von etwa 100 Hektoliter.

Jedenfalls der Detailverkauf von derart abgepacktem Wein ist seit unmöglich.

Durch das BG vom (betreffend hier: Änderung des WeinG 1985) erhält § 4 Abs 3 nunmehr folgende Fassung:

'(3) Wein darf nur in Glasflaschen (im folgenden Flaschen genannt), in Holzfässern oder in Sinterkeramikgefäßen an den Verbraucher abgegeben werden, es sei denn, daß der Wein am Ort der Verabreichung sofort genossen werden soll'.

Diese Norm trat an Stelle der ursprünglichen Bestimmung, in der von einer Abgabe in Holzfässern oder Sinterkeramikgefäßen noch nicht die Rede war, überdies nur die Abgabe an den Letztverbraucher dieser Regelung unterworfen war; sie trat mangels abweichender Anordnung am in Kraft, sodaß die Abgabe von Wein in Sintergefäßen und Holzfässern an Letztverbraucher zwischen dem und dem verboten war. Im übrigen war aber die Abgabe in anderen Umhüllungen als in Glasflaschen ab verboten. Gem § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 begeht, wer Wein entgegen § 4 Abs 3 nicht in Glasflaschen abgefüllt abgibt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis S 12.000,-- oder mit Arrest bis zu einer Woche zu bestrafen. Die Strafbestimmung ist durch die WeinG-Nov. 1986 inhaltlich nicht geändert worden, wenngleich ArtII Z 52 die Worte 'nicht in Glasflaschen abgefüllt' aufgehoben hat, um der Änderung des § 4 Abs 3 gerecht zu werden.

Der Zweitantragsteller ist eine Gesellschaft mit dem satzungsmäßigen Zweck der Erzeugung und des Handels von Verpackungsmaterial, mit dem Sitz in W.

Dementsprechend verfügt sie auch über eine Gewerbeberechtigung gem. § 103 b) Z 30 GewO.

Im Jahre 1984 (also im letzten Jahr, das in bezug auf die Verpackung von Wein vom WeinG 1985 völlig unberührt geblieben war) betrug der Umsatz am derartigen Verpackungsmaterial, das an Winzergenossenschaften, Weinhändler etc. geliefert wurde, 40 Millionen Schilling.

Im Jahre 1985 sank der einschlägige Umsatz im Hinblick auf die vorauseilende Berücksichtigung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 um 20 %.

Beweis: Satzung des Zweitantragstellers, Gewerbescheine

Der Drittantragsteller ist das zur Vertretung des Zweitantragstellers nach außen berufene Organ. Im Hinblick auf § 9 VStG wäre der Drittantragsteller der bei Übertretung des § 4 Abs 3 WeinG mit Verwaltungstrafe zu belegende Organwalter. Der Zweitantragsteller würde gem. § 9 Abs 7 VStG für eine derartige Strafe haften.

Infolge der oben dargestellten Lage der Antragsteller sind wir durch die angefochtene Bestimmung des WeinG, ohne daß es zur Erlassung einer gerichtlichen Entscheidung oder zur Erlassung eines Bescheides kommen kann, in unserem Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) durch den - wie zu zeigen sein wird verfassungswidrigen Inhalt der Bestimmung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 - sowohl in seiner ursprünglichen als auch in der Fassung der Nov. 1986/372 - verletzt und sind die Antragsteller, ohne daß es zur Erlassung eines Bescheides oder eines gerichtlichen Aktes kommen könnte, in ihrem Recht auf Erwerbsfreiheit beeinträchtigt, weil die Gesetzesbestimmung für sie unmittelbar wirksam ist bzw. gewesen ist.

Nach der ständigen Judikatur des VfGH ist für die Zulässigkeit des sog. Individualantrags nach § 139 bzw. 140 B-VG Voraussetzung, daß das Gesetz (die Verordnung) in die Rechtssphäre des Anfechtungswerbers eingreift und diese - im Falle der Verfassungswidrigkeit (Gesetzeswidrigkeit) des Gesetzes (der Verordnung) - verletzt (VfGH Slg. 8009/1977, 8784/1980).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist es keinem Rechtsunterworfenen zuzumuten, in Verletzung einer - wenn auch gesetzwidrigen (verfassungswidrigen) - Vorschrift zu handeln und dadurch eine Strafsanktion, sei es auch nur eine verwaltungsbehördliche, hervorzurufen (VfGH Slg. 9826/1983, 9253/1981, 8396/1978).

Die Anfechtungswerber sind durch die hier angefochtene Gesetzesbestimmung unmittelbar in ihrer rechtlichen Position, die ihnen aufgrund des Art 6 StGG iVm §§5,6,103 GewO bzw. aufgrund von Art 6 (Art18) StGG iVm § 39 GewO als Geschäftsführer bzw. unmittelbar aufgrund des § 2 GewO, zukommt, verletzt."

c) Ihre Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen führen die Antragsteller so aus:

"1. § 4 Abs 3 WeinG verstößt sowohl in seiner ursprünglichen als auch in seiner jetzt anwendbaren Fassung gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz.

Der Gleichheitssatz erfordert, daß tatsächlich Gleiches gleich und tatsächlich Ungleiches ungleich behandelt wird. Daraus läßt sich ableiten, daß nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen getroffen werden dürfen und daß eine sachlich nicht gerechtfertigte Rechtsregel Art 7 B-VG widerspricht (VfGH Slg. 10064/1984, 10084/1984, Korinek, FS Melichar 1983, 39ff, Öhlinger ebenda 140ff, Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes5, 395ff, alle samt weiteren Judikaturnachweisen).

Aus den Normen des § 4 Abs 3 iVm mit § 65 WeinG läßt sich ableiten, daß das Inverkehrbringen von Wein an Letztverbraucher, von hier irrelevantem Fall der Abgabe zum unmittelbaren Konsum an Ort und Stelle abgesehen, nur in Glasflaschen und ab nur in Glasflaschen, Holzfässern oder Sinterkeramikgefäßen erfolgen darf. Es erhebt sich sohin die Frage, was eine Regelung sachlich rechtfertigt, die die Abgabe an Letztverbraucher nur in Verpackungen erlaubt, die vorhin angeführt wurden, während alle anderen Verpackungen, darunter auch die vom Erstbeschwerdeführer jahrelang anstandsfrei verwendeten, vom Zweitbeschwerdeführer erzeugten, Verpackungen, zur Abgabe des Weins an die Letztverbraucher bei sonstiger Verwaltungsstrafe nicht verwendet werden dürfen.

2. Für die Frage der Sachgerechtigkeit der Regelung des § 4 Abs 3 WeinG ist also maßgeblich, ob die Verpackung in bezug auf Wein aus sachlichen Gründen nur in Glasflaschen, Holzfässern und Sinterkeramikgefäßen erfolgen darf. Beigefügt sei, daß die Verpackung in Holzfässern nun ab sehr großen Volumen tatsächlich üblich sein dürfte, während Sinterkeramikgefäße im Tatsächlichen eher bedeutungslos sein dürften.

Dabei kann der Bundesgesetzgeber im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Kompetenzen und des ihm zustehenden rechtspolitischen Spielraums sicher verschiedene Zielsetzungen verfolgen, wobei allerdings ein Mittel, das zur Erreichung des angestrebten Ziels keinesfalls hinreichend ist, dazu führt, daß die Regelung dem Gleichheitssatz widerspricht (VfGH 8457/1978).

Um diese Mittel-Zweck-Relation zu überprüfen ist es notwendig, die Gesetzesmaterialien zu untersuchen, um festzustellen, welche Zielsetzungen der Gesetzgeber mit einer bestimmten Regelung überhaupt verbunden hat. Zu § 4 Abs 3 WeinG 1985 wird in den Erl. zu RV (693 BlgNR. 16. GP 38) ausgeführt, daß der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift einerseits Wein in Zukunft mehr als bisher als Qualitätsprodukt hervorheben will, andererseits dem 'Umweltschutz' dienen will. In den Erl. zur WeinG-Nov. (973 BlgNR. 16. GP, 12) wird neuerlich auf diese früher zum Ausdruck gebrachte Zielsetzung verwiesen und ausgeführt, daß unter Beibehaltung dieser Gesichtspunkte nunmehr auch die Abgabe in Sinterkeramikgefäßen und in Holzfässern zugelassen werden soll, weil bei beiden Verpackungsformen es sich um solche handelt, die einerseits das angestrebte 'Image' des Weins als hochwertiges Qualitätsprodukt betonen, andererseits wegen der Wiederverwertbarkeit die Umwelt nicht belasten.

3. Bei der Frage, ob dies zutrifft, geht es also darum, ob die Verschiedenheit der objektiven Lebensverhältnisse (Korinek, 45), die ausschließlich eine differenzierende Regelung sachlich rechtfertigen können, vorliegt.

Was die Qualitätsfrage betrifft, ist zunächst ganz offenkundig, daß die Frage, ob ein Qualitätsprodukt vorliegt oder nicht, nicht davon abhängig sein kann, welche Verpackung der Wein hat.

Tatsächlich gibt es natürlich Wein von unterschiedlichster Qualität, nämlich einfachen Tischwein, Qualitätswein, Prädikatswein etc. Dieser unterschiedlichen Tatsachensituation tragen auch die §§28-30 WeinG Rechnung, wobei sowohl der Zeitpunkt des Inverkehrsbringens als auch die Größe der Behältnisse (§28 Abs 4) und auch bestimmte Arten der Verpackung beim Export von Prädikatsweinen (potentiell auch beim Qualitätswein) bestimmt werden. Insbesondere ist auch aus der Festlegung der allein zulässigen unterschiedlichen Gefäßgrößen keineswegs abzuleiten, daß Wein zwingend und ausnahmslos in den von § 4 Abs 3 WeinG zulässigen Verpackungsarten abgegeben werden kann. So gesehen liegt in § 4 Abs 3 WeinG und in § 28 Abs 4 WeinG aber ein Widerspruch. Während § 28 Abs 4 WeinG davon ausgeht, daß Tafelund Landwein am Rauminhalt der Verpackung, nämlich Mengen bis zu 1/4 Liter oder von mindestens 1 Liter oder einem Vielfachen eines Liters erkennbar ist und die höherwertigen Weinsorten dadurch zu erkennen sind, daß sie in Gefäßen mit Volumsinhalten von mehr als 1/4 bis zu 1 Liter (wohl tatsächlich in Flaschen zu 0,7 bzw. 0,75 Liter oder der Hälfte dieses Maßes) abgegeben werden, weil sie nur so abgefüllt werden dürfen, wovon nur für gewisse Schilchersorten und für Bergwein Ausnahmen gemacht werden (§33 Abs 8 und 10 WeinG), wird die auf diese Weise den höherwertigen Weinsorten (potentiell) vorbehaltene Flaschenabfüllung im Export (§29 Abs 2, § 30 Abs 4 WeinG) dadurch, daß sie als einer der (wenigen zulässigen Verpackungsart) für Wein schlechthin vorgesehen ist, nichtmehr als besondere Qualitätskennzeichnung in Betracht kommen.

Der Gesetzgeber verwischt geradezu dadurch, daß er in § 4 Abs 3 WeinG Glasflaschen, Holzfässer und Sinterkeramikgefäße zwingend vorschreibt im inländischen Verkehr (für den Export vgl. § 30 Abs 3 und § 29 Abs 2 WeinG) die naturnotwendigerweise gegebenen Qualitätsunterschiede von Wein, weil insbesondere auch der Absatz von Landwein und Tafelwein in anderen Verpackungsformen gar nicht zulässig ist. Eine Regelung, die im inländischen Verkehr mit Wein an den (Letzt)Verbraucher eine Differenzierung zwar durch bestimmte Volumsinhalte vorschreibt, aber andererseits durch den Ausschluß von anderen Verpackungsarten als den in § 4 Abs 3 WeinG genannten schlechterdings, ausnahmslos und zwingend jede Anpassung der Verpackung an die Weinqualität in einer anderen Weise als durch das zulässige Volumen ausschließt, verstößt jedoch gegen den Gleichheitssatz (VfGH Slg. 10155/1984), weil es die Kenntlichmachung der Unterschiede im Tatsächlichen nur in der Volumsgröße, nicht aber durch die Zulassung anderen Verpackungsmaterials als Glas, Sinterkeramik, Holzfässer, für Tafel- und Landwein ermöglicht. Die Regelung ist also sachlich nicht gerechtfertigt, soweit das Qualitätsargument herangezogen wird und daher insbesondere wegen des unbedingten und rigiden Verbots (vgl. , Anw 1985/473) ein Verstoß gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz. Natürlich könnte der Gesetzgeber eine Regelung des Verpackungsmaterials überhaupt unterlassen. Wenn aber das Verpackungsmaterial für die Qualität in ebensolcher Weise wie der Volumsinhalt des Verpackungsmaterials maßgeblich sein soll, dann ist der Ausschluß anderen als des vorhin genannten Verpackungsmaterials aus dem Gesichtspunkt des Bewußtseins der besonderen Qualität sachlich nicht gerechtfertigt, weil wesentlichen Unterschieden im Tatsachenbereich nicht durch entsprechend unterschiedliche Regelungen Rechnung getragen wird (VfGH Slg. 8217/1972, 8806/1980, 10155/1984).

4. Man könnte gegen diese Überlegungen einwenden, daß die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG Wein, im Gegensatz zu allen übrigen Getränken, als 'besonderes' Getränk hervorhebt. Dieser Einwand hätte aber nur dann seine Richtigkeit, wenn nur besondere oder besonders hochwertige oder teuere Getränke auf diese Weise in den Verkehr gelangen. Dies trifft aber nicht zu, weil auch Bier, Mineralwasser und Fruchtsäfte überwiegend in Glasflaschen abgegeben werden. Die Verbrauchererwartung ist ja selbst bei den höherwertigen Produkten einer Produktgruppe nicht mit Absolutheit auf die Glasflasche konzentriert wie z.B. die Abgabe der sog. 'Baby-Milch' im gleichen Verpackungsmaterial wie die übrige Milch zeigt.

Ebensowenig läßt sich behaupten, daß Wein, der nach den Vorschriften, die vor Erlassung des WeinG 1985 galten, in den Verkehr gelangte, ein qualitativ wesentlich anderes Produkt sei als Wein, der nach dem WeinG 1985 (sei es in der Stammfassung oder idF der Nov. 1986/372) in den Verkehr gelangte. Auch im Zuge der als 'Weinskandal' bekannten Ereignisse spielte die Verpackung des Weins bei der Abgabe an den Letztverbraucher keine, wie immer geartete Rolle, sodaß nicht angenommen werden kann, daß der Letztverbraucher aus der Art der Verpackung des Weins irgendwelche Schlüsse auf eine qualitativ entsprechende oder qualitativ unzulässige Beschaffenheit des Weins zieht. Jedenfalls waren auch Flaschenweine von diesen Vorkommnissen berührt und wurde in der Presse ausdrücklich vor Flaschenweinen mit bestimmter Bezeichnung und deren Genuß gewarnt. Es kann daher auch nicht als Hebung des Qualitätsstandards und daraus erfließende sachliche Konsequenz angesehen werden, wenn § 4 Abs 3 WeinG ursprünglich andere als Glasflaschenverpackung von Wein, nunmehr andere als diese, Holzfässerverpackungen oder Sinterkeramikverpackungen für unzulässig erklärt.

5. Die zweite Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit der Erlassung des § 4 Abs 3 WeinG verfolgte, ist die Zielsetzung des Umweltschutzes. Es müßte also gefragt werden, ob die ausschließlich zulässigen Glasflaschen diesen Zielen besser entsprechen. Ob dieses Ziel erreicht wird, kann freilich nicht an Hand aller möglicher Verpackungssysteme geprüft werden, sondern an Hand des Verpackungssystems, das in den Erläuterungen 693 BlgNR., 16 GP, 38, ausdrücklich genannt wurde, nämlich dem unter den Namen 'Tetrapack' bekannten Kartonverpackungen. Es wird zwar eine Gegenüberstellung von Glasflasche und Kartonverpackung vorgenommen, ohne freilich einer näheren Begründung dafür, warum die Glasflasche vorgezogen wird. Ebenso fehlt in den Erl. zur Nov. BGBl. 1986/155 eine nähere Auseinandersetzung, warum die durch § 4 Abs 3 der WeinG-Nov. für zulässig erklärte Verpackungsform, gegenüber dem Kartonverpackungssystem vorzuziehen sein soll. Es wird dort lediglich gesagt, daß die Wiederverwendbarkeit der Verpackung Holzfässer und Sinterkeramikgefäße keine Belastung der Umwelt nach sich ziehe.

Geht man zunächst von der Glasflasche als Verpackungsform aus, so ist zu erkennen, daß die Glasflasche sowohl in Form der sog. Einweg- als auch der sog. Mehrwegflasche bekannt ist. Die Einwegflasche kann nur als vom Standpunkt der Umweltbelastung schlechteste Lösung angesehen werden, was wohl keiner weiteren Begründung bedarf.

6. Geht man vom System der Mehrwegflasche aus, so ist dem Gesetzgeber sicher zuzugeben, daß die Mehrwegflasche wiederverwendbar ist. Es ist aber die Frage, ob diese Wiederverwendbarkeit allein schon eine geringe Umweltbelastung indiziert. Es ist offenkundig, daß auch eine Mehrwegflasche, die wegen der anderen Vertriebsstruktur wohl kaum die Zahl der Wiederverwendungen von Bierflaschen erreichen wird, jedenfalls einer Reinigung bedarf. Diese Reinigung ist zweifellos energieaufwendig und muß mit Hilfe von Reinigungsmitteln vorgenommen werden. Der Einsatz von Reinigungsmitteln belastet den Wasserhaushalt, sodaß allenfalls größere Kanaleinrichtungen und Kläranlagen vorhanden sein müssen, was z.B. auch dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Gesetzgeber verschiedener Landesgesetze, die mit dieser Frage befaßt sind, den erhöhten Aufwand für derartige Sonderanlagen durch erhöhte Gebühren - in sachlich wohl gerechtfertigter Weise - abgelten lassen (vgl. z.B. § 5 Abs 2 Z 2 litj des Burgenländischen KanalabgabeG, LGBl 1984/41).

Darüberhinaus besteht ein erheblicher Unterschied der Transportmöglichkeit. Nicht nur das erhöhte Eigengewicht des Verpackungsmaterials (Glas gegenüber der Kartonverpackung), sondern auch die Volumsverluste, die dadurch entstehen, daß Flaschen jedenfalls nur in Rundform, Kartons aber in Quader- oder Würfelform aufgepackt werden können, führen dazu, daß allein der Transport des Weins erheblich größere Belastungen der Umwelt durch den Energieeinsatz in Verbrennungskraftmaschinen, der entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten in PKW oder KKW erfolgt (Abgabe an den Verbraucher oder bei Zulieferung durch den Weinproduzenten auch in LKW) durch die höhere Last und geringere Transportkapazität bedingt, entwickelt.

Die in diesem und im vorigen Punkt angestellten Erwägungen gelten auch in der Relation Kartonverpackung Holz-/Keramikverpackung.

7. Wenngleich sich die Zielsetzungen des Gesetzgebers insofern nicht als Rechtfertigung für die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG heranziehen lasssen, weil selbst, wenn man ein subjektives Bemühen des Gesetzgebers nach einer Sachlichkeit der Regelung anerkennt, eben der objektive Gehalt derartige Sachlichkeit nicht erkennen läßt, weil die angestrebten Ziele durch die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG in keiner Weise erreicht werden können (VfGH Slg. 8457/1978, 9287/1981, 10.090/1984), kann man auch die Frage stellen, ob nicht andere Gesichtspunkte die Sachlichkeit der Regelung des § 4 Abs 3 erweisen.

In Lehre und Judikatur wird stets betont, daß bei der Prüfung der 'Sachlichkeit' von Gesetzen stets auch die Relation der geprüften Norm zu anderen, ähnliche Sachverhalte regelnde Normen zu beachten ist (Korinek, 44, Walter, Gleichheitsgrundsatz und Schadenersatzrecht, ZVR 1979, 38). Regelungen, die in ähnlichen Sachverhalten regelnden Normen keine Entsprechung finden, also gewissermaßen besondere Ausnahmeregelungen darstellen und Regelungen, die von anderen Regelungen vergleichbarer Sachverhalte völlig abweichen, müssen in höherem Maße ihre 'sachliche Rechtfertigung' aufweisen, als bei Beibehaltung des bisher bestehenden Regelungsmusters.

In der Folge ist daher zu fragen, ob in Rechtsvorschriften, die 'ähnliche' Rechtsgebiete regeln wie das WeinG 1985, eine dem § 4 Abs 3 WeinG 1985 vergleichbare Regelung aufweisen, ob also Verpackungsvorschriften bestimmte Verpackungsarten zulassen und andere mögliche oder übliche Verpackungen bei Strafe verbieten. Heranzuziehen ist hiebei das LMG 1975, das Bundesgrundsatzgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte (BGBl 1958/272 samt Ausführungsgesetzen), das UWG und das Arzneimittelgesetz.

Hält man sich das dem WeinG nähest verwandte LMG 1975 vor Augen, so ist auf die Regel des § 10 Abs 1 Z 7 LMG zu verweisen, wonach durch V des BMGU angeordnet werden kann, daß bestimmte Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe nur in bestimmten Verpackungen oder Gebinden in Verkehr gebracht werden dürfen. Eine solche Regelung darf aber nur dann getroffen werden, wenn dies zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten ist. Damit zeigt sich bereits eine ganz wesentliche Unterscheidung. Während das WeinG alle denkmöglichen Verpackungen in § 4 Abs 3 auf drei reduziert, läßt das LMG grundsätzlich alle Möglichkeiten offen. Nur wenn dies im Sinne der von LMG normierten Zielsetzung erforderlich ist, kann für bestimmte Produkte durch V eine beschränkende Regelung vorgesehen werden. Diese könnte für ein bestimmtes Produkt eine bestimmte Verpackung zwingend vorschreiben (z.B. für die Sicherung der Qualität Kartonverpackung für 'Baby-Milch'), jedoch nur in der Zielsetzung des LMG. Eine derartige Einschränkung für bestimmte Weine wäre dann, wenn die vom WeinG vorausgesetzte Zielsetzung, Gesundheitsschutz, Schutz der Qualität oder Verhinderung der Täuschung der Verbraucher gegeben ist. Ein derartiges Ziel zu erreichen, ist die einschränkende Regelung des § 4 Abs 3 WeinG objektiv nicht in der Lage bzw. handelt es sich dabei auch gar nicht um den Zweck der vorgedachten Regelung. Sie unterscheidet sich grundsätzlich vom Regelungssystem des LMG 1975 und ein Vergleich zwischen dem LMG 1975 und dem WeinG 1985 läßt damit keinen Anhaltspunkt für eine sachliche Rechtfertigung des § 4 Abs 3 WeinG erkennen.

Das BG über natürliche Heilvorkommen trifft über die Art der zulässigen Verpackung keine Regelung, § 10 Abs 3 sieht vor, daß die 'zum Versand gelangenden Flaschen und Abpackungen' in bestimmter Weise zu kennzeichnen sind; die Landesausführungsgesetze haben diese Vorschrift im wesentlichen übernommen (dazu Walter, in Rechtsvorschriften zum Umweltschutz und Raumordnung, Band I, Ö 25-0-01, 3,26). Die Gesetzgebung geht in diesem Bereich offenbar davon aus, daß jede mögliche Verpackung zulässig ist, die besondere Erwähnung der 'Flaschen' stellt auf den praktischen Regelfall ab; aus der nachfolgenden Wendung 'und Abpackung' ist zu erkennen, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß auch andere - und zwar irgendwelche und keineswegs bestimmte - 'Abpackungen' zum Versand gelangen. § 10 Abs 3 des erwähnten Gesetzes regelt auch ebensowenig wie die Ausführungsgesetze die Zulässigkeit von 'Abpackungen' von Heilwässern, sondern deren Kennzeichnung. Auch aus dem Regelungssystem des BG über Heilvorkommen, kann daher bei einem Normvergleich kein Argument für die sachliche Rechtfertigung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 gewonnen werden.

Das UWG sieht in § 32 Abs 1 (idF UWG-Nov. 1980, BGBl 120) vor, daß mit V ua angeordnet werden kann, daß bestimmte Waren 'nur in vorgeschriebenen ...Verpackungen' in Verkehr gesetzt werden dürfen. Obwohl § 32 selbst keine näheren Determinanten enthält, ist bei Beachtung des Gebotes 'verfassungskonformer Interpretation' (vgl. dazu Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht5 48f und die dort zit Jud) anzunehmen, daß eine solche V nur erlassen werden darf, wenn dies i.S. der Zielsetzungen des UWG ist, insbesondere also zur Hintanhaltung von Irreführung und Täuschung des Konsumenten. Das UWG enthält damit eine Zielsetzung, die auch das WeinG 1985 mit § 4 Abs 3 verwirklichen wollte. Nur besteht auch hier ein entscheidender Unterschied: das UWG läßt zunächst einmal jede Verpackung zu; nur wenn dies zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes erforderlich ist, kann für bestimmte Waren eine bestimmte Verpackung vorgeschrieben werden. Die Verpackung soll den Konsumenten nicht täuschen dürfen, sondern - so könnte man es formulieren - dem Inhalt entsprechen. Es liegt also eine Konkretisierung des allgemeinen Gebots des § 2 (bzw. § 6a) UWG vor (vgl. Koppensteiner, Wettbewerbsrecht, 1981, 335ff). Es wurde bereits ausführlich dargetan, daß die undifferenzierte Regelung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 diesem Ziel nicht nur nicht gerecht zu werden vermag, sondern diesem Ziel geradezu zuwiderläuft; die Regelung, daß die Weine höchst unterschiedlicher Qualität unterschiedslos alle anderen Verpackungen als Glasflaschen, Sinterkeramikgefäßen und Holzfässern bei Strafe verboten sind, ist nicht nur ungeeignet, die Absicht des Gesetzgebers (vgl. EB 693 BlgNR, 16. GP, 38) zu verwirklichen, sondern auch im Hinblick auf das UWG geradezu systemwidrig. Der zentrale Unterschied der beiden Regelungssysteme besteht - es sei nochmals wiederholt - darin, daß das UWG grundsätzlich alle Verpackungen zuläßt und nur eine eingeschränkte 'Mißbrauchsregelung' enthält, während das WeinG 1985 ein - noch dazu ungeeignetes - undifferenziertes 'Verbotsprinzip' mit einer einzigen in der Realität bedeutenden Ausnahme - der Glasflasche - normiert, während die sonstigen zwei Ausnahmen ohnedies eher dekorativen Charakter haben. Es erweist sich somit, daß auch aus dem Regelungssystem des UWG keine sachliche Rechtfertigung der undifferenzierten Regelung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 ableitbar ist.

Zuletzt ist noch das Arzneimittelrecht zu erwähnen. Das ArzneimittelG (BGBl 1983/185) verfolgt zum Teil ähnliche Ziele wie das WeinG 1985; Arzneimittel sollen qualitativ unbedenklich sein und es soll eine ausreichende Information des Verbrauchers erfolgen. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß gerade bei Arzneimitteln die Verpackung, insbesondere soweit sie mit dem Arzneimittel in Berührung kommt, eine besondere Rolle spielt. Dies kommt z.B. in § 15 Abs 1 Z 14 AMG, aber auch in anderen Bestimmungen des AMG (§§22ff) und der Arzneispezialitätenverordnung (BGBl 1985/82; vgl. insbesondere § 43) zum Ausdruck; nirgendwo findet sich im AMG aber eine Bestimmung, die für ein bestimmtes Arzneimittel eine bestimmte Art der Verpackung vorschreibt. Das AMG, in dessen Anwendungsbereich die Sicherung der Qualität und der Schutz vor Irreführung eine geradezu überragende Bedeutung hat, sieht davon ab, bestimmte Verpackungen ausdrücklich bei Strafe zu verbieten oder bloß eine bestimmte Art der Verpackung als zulässig zu erklären, sondern läßt grundsätzlich alle Verpackungsarten zu und sieht nur Beschränkungsmöglichkeiten aus bestimmten Gründen, insbesondere aus denen der Arzneimittelsicherheit, vor; auch nach dem AMG gilt sohin in gewisser Weise ein 'Mißbrauchsprinzip'. Eine vergleichende Betrachtung muß auch hier zum Ergebnis kommen, daß die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 über das Ziel schießt und den rechtspolitischen Gestaltungsrahmen des Gesetzgebers geradezu exzessiv überschreitet (vgl. dazu z.B. 5854/1968, 5862/1968, 9583/1982).

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 keine Entsprechung in den Rechtsvorschriften verwandter Rechtsgebiete hat. Diese Rechtsvorschriften schützen zumindest ebenso bedeutende und differenziert zu betrachtende Rechtsgüter wie das WeinG. Sie begnügen sich aber mit Vorschriften, die im lediglich geringeren Umfang Einschränkungen vornehmen und sind insgesamt an einem Mißbrauchsverbot orientiert. Demgegenüber normiert § 4 Abs 3 WeinG 1985 auch in der Fassung der Nov. 1986/372 ein rigoroses Verbotsprinzip. ES kann also der Normvergleich keine sachliche Rechtfertigung der Bestimmung liefern. Vielmehr ergibt sich aus ihm, daß die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG so auffallend (exzessiv) abweichend ist, daß die Gleichheitswidrigkeit des § 4 Abs 3 WeinG unter dem Aspekt des Art 7 B-VG offenkundig ist.

8. Versucht man aus den globalen Zielsetzungen des WeinG (vgl. Erl. zu RV 693 16. GP, 37, AB ebenda 694/1) Zielsetzungen zu finden, so wird als Schwerpunkt die Bezeichnungswahrheit und die Verbesserung der Information des Konsumenten durch vermerkte Deklarationen auf dem Etikett als eine solche Zielsetzung angegeben. Daran hat auch die Nov. 1986/372 nichts geändert.

Was die Bezeichnungswahrheit und die vermehrte Deklaration anlangt ist offenkundig, daß die Glasflasche oder auch das Sinterkeramikgefäß oder das Weinfaß weder die einzige Möglichkeit ist, diese Zielsetzung zu erreichen. Es liegt auf der Hand, daß auf der Kartonverpackung jedenfalls gegenüber der Glasflasche mehr Informationen enthalten sein können als auf dem Etikett. Ähnliches muß auch für die anderen Verpackungen gelten, die ja deswegen, weil sie wiederholt verwendet werden, notwendigerweise ein Minus an Informationen aufweisen müßten und solche Informationen jeweils nur durch Etiketten erfolgen könnten.

Daß die Zielsetzung der Bezeichnungswahrheit durch das Verbot anderer Verpackungen als Glasflaschen, Sinterkeramikgefäßen und Weinfaß bestens oder auch nur annähernd oder ausschließlich erreicht werden kann, erscheint fraglich. Manipulationen an Weinen, die in Flaschen abgefüllt sind, sind jedenfalls nicht wesentlich schwerer durchzuführen als Manipulationen an einem in einer Kartonverpackung enthaltenen Wein. Darüberhinaus ist aber bei der Kartonverpackung eine wesentlich effektivere Kontrolle möglich, als bei der Glasflasche. Dies gilt auch für den Abfüllvorgang, der maschinell bei der Kartonverpackung jedenfalls in Vergleich zur Glasflaschenabfüllung (das gilt sinngemäß auch für die Abfüllung in Sinterkeramikgefäßen und in etwa kleinen Fässern) sehr große Mengen erfassen wird. Durch eine Kontrolle während des Abfüllvorganges kann bei Kartonverpackungen eine Manipulation weitgehend ausgeschlossen werden, da jede Manipulation nur unter Verletzung der Unversehrtheit der Verpackung möglich ist. Bei den anderen Verpackungen, die von § 4 Abs 3 WeinG ausdrücklich für zulässig erklärt werden, ist eine solche Manipulation nach einer kontrollierten Abfüllung relativ einfach möglich.

Es zeigt sich, daß § 4 Abs 3 WeinG auch durch die vom Gesetzgeber gewählten generellen Zielsetzungen des Gesetzes keine sachliche Rechtfertigung erhält. Das in dieser Bestimmung normierte Gebot der Verwendung von Flaschen, Sinterkeramikgefäßen und Fässern bei Abgabe an den Letztverbraucher steht zu diesen Zielsetzungen mit einem 'gegenläufigen' Sinne; es vermag kein relevantes Ziel des Gesetzes besser oder auch nur gleich gut zu verwirklichen wie die bei Strafe verbotene hier als Vergleich herangezogene Kartonpackung, sodaß der Verstoß gegen Art 7 B-VG offenkundig ist.

9. Schließlich stellt § 4 Abs 3 WeinG 1985 in Zusammenhang mit § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 idGF auch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention dar. Nach der erwähnten Strafbestimmung, die ihren materiellen Gehalt aus § 4 Abs 3 WeinG bezieht, begeht derjenige, der Wein entgegen § 4 Abs 3 an den Verbraucher abgibt, (subsidiär) eine Verwaltungsübertretung und ist von Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu 12.000,-- öS oder mit Arrest bis zu einer Woche zu bestrafen. Gem. Art 5 MRK dürfen Freiheitsstrafen nur durch Gerichte verhängt werden. Österreich hat mittelbar zu dieser Bestimmung einen Vorbehalt gemacht, wonach die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1950 vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges unberührt bleiben. Dieser Vorbehalt kann sich nach durchaus auch herrschender Auffassung ((Schantl-Welan, Betrachtungen über die Judikatur des VfGH zur Menschenrechtskonvention, sng 1968, ÖJZ 1970, 620 ff, Kopetzki in Ermacora, ua, Die Europäische Menschenrechtskonvention, 1983, 277ff, Walter Mayer, 442 ff, EKMR (in den Fällen 2432/65 Coll D 22,124 und 3932/69 Coll D 37,10 und vom , EuGRZ 1984,75)) nur auf Verwaltungsvorschriften beziehen, die im Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehalts am bereits bestanden. Es mag zutreffen, daß davon insofern eine Ausnahme eintritt, als die entsprechende Verwaltungsvorschrift später erlassen wurde, aber bereits in ihrem Westentlichen bestanden hat und die Tatbilder des alten Rechts den Tatbildern des neuen Rechts gleichen, sie also nicht ausweiten.

Es war jedoch eine dem § 4 Abs 3 WeinG 1985

entsprechende Norm dem Vorläufer dieses Gesetzes, welches am in Geltung stand, dem WeinG 1929, BGBl 328 fremd, in dem eine derartige Strafdrohung eben nicht enthalten war. Durch die nunmehr eingefügte Strafdrohung mit Freiheitsstrafe, ohne daß es eines richterlichen Ausspruches zur Verhängung der Strafe bedürfte, wird sohin Art 5 MRK verletzt."

2.a) Die Bundesregierung begehrt in ihrer Äußerung alle Anträge mangels Legitimation, jenen des Erstantragstellers auch mangels ausreichender Begründung zurückzuweisen; hilfsweise begehrt sie, die Anträge abzuweisen. Für den Fall der Aufhebung wird beantragt, gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

b) Die Zulässigkeit der Anträge wird von der Bundesregierung mit den nachstehenden Argumenten in Zweifel gezogen:

"Wie der VfGH - beginnend mit VfSlg. 8009/1977 - in ständiger Judikatur zu Recht erkennt, setzt die Antragslegitimation nach Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG idF BGBl. Nr. 302/1975 nicht nur voraus, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie erfordert auch, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende und unabdingbare Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt, und - im Fall der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und rechtlich geschützte Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein 'unmittelbarer' Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit der angefochtenen generellen Norm zugefügten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht (s. z.B. VfSlg. 10251/1984).

Die vom VfGH geforderten Voraussetzungen sind nach Ansicht der Bundesregierung im vorliegenden Fall nicht gegeben.

2. Nach Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG bildet eine Voraussetzung eines sogenannten Individualantrages auf Gesetzesprüfung, daß das Gesetz - ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für die anfechtende Person wirksam geworden ist; grundsätzlich das Gleiche gilt gemäß dem kraft des letzten Satzteiles in Art 140 Abs 1 B-VG sinngemäß heranzuziehenden Art 89 Abs 3 B-VG, welcher von der - außer Kraft getretenen - anzuwendenden Rechtsvorschrift spricht (vgl. VfSlg. 9868/1983). Die Antragsteller behaupten aber nicht, daß § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 in der Stammfassung anzuwenden wäre. Diese Bestimmung wäre denkmöglicherweise im Zeitpunkt der Antragstellung nur in einem Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden, wenn die Straftatbestände gemäß § 65 Abs 1 Z 1 des Weingesetzes 1985 vor dem verwirklicht worden wären und ein Verwaltungsstrafverfahren bereits anhängig wäre, was aber von den Antragstellern nicht behauptet wird.

In diesem Sinne wäre der Antrag aller drei Antragsteller, soweit er sich auf § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 in der Stammfassung bezieht, zurückzuweisen.

3. Beim Zweit- und Drittantragsteller ist offensichtlich kein Eingriff in ihre Rechtssphäre durch die angefochtenen Bestimmungen (weder in der Stammfassung noch in der geltenden Fassung) gegeben. Dies ist schon daraus ersichtlich, daß sich die angefochtenen Bestimmungen des Weingesetzes 1985 nicht an 'Kartonagewarenerzeuger' (§103 Abs 1 litb Z 30 der Gewerbeordnung 1973) richten. Durch § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 (sowohl in der geltenden als auch in der Stammfassung) wird das Recht, Verpackungsmaterial zu erzeugen und mit diesem zu handeln, in keiner Weise berührt. Der Zweitantragsteller behauptet insbesondere nicht, er sei mit der Abfüllung und mit dem Verkauf von Wein befaßt gewesen. Statt dessen wird lediglich die vage Behauptung aufgestellt, im Jahre 1985 sei der 'einschlägige Umsatz im Hinblick auf die vorauseilende Berücksichtigung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 um 20%' gesunken. Dabei kann der Antragsteller naturgemäß keinen Zusammenhang zwischen der angefochtenen Bestimmung und dem Umsatzrückgang herstellen. Dies wäre auch nicht möglich, da der Umsatz von vielfältigen wirtschaftlichen Faktoren abhängt und niemals mit Bestimmtheit auf nur einen Umstand zurückführbar ist. So könnte etwa der Umsatzrückgang ebenso mit der Änderung äußerer Bedingungen (Auftreten zusätzlicher Konkurrenten) als auch mit wirtschaftlichen Fehlern des Unternehmers erklärt werden. Die Behauptung des Bf. ist jedenfalls völlig ungeeignet, die Berührung der Rechtssphäre einer Person darzulegen.

Im Hinblick darauf, daß die Antragslegitimation des Drittantragstellers eine abgeleitete ist, braucht hierauf nicht gesondert eingegangen zu werden.

Die Auffassung der Bundesregierung stützt sich insbesondere auf das Erkenntnis des VfGH VfSlg. 8060/1977, in dem der VfGH zu einem durchaus vergleichbaren Fall festgestellt hat, daß anfechtungsberechtigt nur ein Rechtsträger sein kann, 'an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat)'. Auch im vorliegenden Fall kann das Verbot der Verwendung etwa von Kartonageverpackungen für Wein den Zweitantragsteller wirtschaftlich treffen, 'es besteht jedoch keine Norm, die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde'. Weder das Eigentums- oder ein sonstiges Recht des Antragstellers in bezug auf die Gewerbeausübung, noch eine gewerberechtliche oder weinrechtliche Vorschrift räumt dem Zweitantragsteller eine Rechtsposition ein, die durch § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 berührt würde. Keine Vorschrift gibt dem Zweitantragsteller einen Anspruch darauf, daß Weinabfüller Kartonageverpackungen von ihm bestellen oder kaufen. Sollten überhaupt Wirkungen des § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 beim Zweitantragsteller nachweisbar sein, so wären das bloße faktische Reflexwirkungen der insoweit an andere Personen gerichteten Norm. Damit ist aber eine Antragslegitimation des Zweitantragstellers nicht gegeben.

4. Ähnliche Argumente lassen sich in bezug auf den Erstantragsteller entwickeln. Wie oben ausgeführt, ist grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betreffenden Person nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit verletzt. Durch die angefochtenen Bestimmungen ist aber dem Erstantragsteller nicht verboten, in anderen als in § 4 Abs 3 leg.cit. angeführten Verpackungen Wein abzufüllen und abzugeben. Er darf zwar keinen Wein in Verbundkartons an Konsumenten abgeben, er darf aber mit derselben Verpackung etwa Zwischenhändler oder Gastgewerbetreibende beliefern. Da aber auch beim Erstantragsteller 'keine Norm' besteht, 'die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde', wird klar, daß auch der Erstantragsteller nicht in seiner Rechtssphäre verletzt ist. Die angefochtenen Bestimmungen haben unter Umständen wirtschaftliche Auswirkungen, die ihn - als bloß faktische Wirkungen - zur Anfechtung nicht berechtigen.

. . .

Zusammenfassend meint deshalb die Bundesregierung, daß auch der Antrag des Erstantragstellers zurückzuweisen ist."

c) Zur Sache selbst führt die Bundesregierung aus:

"1. Die Antragsteller behaupten, durch die angefochtenen Bestimmungen sei ihr Recht auf Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) verletzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH setzt eine Verletzung dieses Grundsrechtes voraus, daß einem Staatsbürger durch verwaltungsbehördlichen Bescheid der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbstätigkeit untersagt wird (vgl. VfSlg. 1372/1931, 1494/1932, 3404/1958, 4940/1965, 5305/1966, 9169/1981 und 9238/1981). Eine unmittelbar wirkende gesetzliche Vorschrift müßte ähnliche Wirkungen entfalten, um den Art 6 StGG zu verletzen. Im vorliegenden Fall trifft dies aber offensichtlich nicht zu. Die angefochtene Bestimmung negiert das Recht der freien Erwerbsbetätigung in keiner Weise, da sie - wie oben ausgeführt - nur die Abgabe von Wein an den Verbraucher in bestimmten Verpackungen untersagt. Damit haben aber die angefochtenen Bestimmungen 'nur die faktische Ausübung eines Erwerbszweiges zum Gegenstand' sodaß im Sinne der Judikatur des VfGH gegen solche Maßnahmen Art 6 StGG keinen Schutz gewährt.

2. Diese Argumente gelten auch hinsichtlich der in Art 18 StGG gewährten Freiheit der Berufswahl und der Berufsausbildung. Die freie Ausübung eines gewählten Berufes ist nämlich nicht Gegenstand des Grundrechtes nach Art 18 StGG (vgl. etwa VfSlg. 6305/1970 und 4019/1961).

3. Weiters wird behauptet, daß die angefochtenen Bestimmungen die Antragsteller auch 'in ihrer rechtlichen Position, die ihnen ...... unmittelbar aufgrund des § 2 GewO, zukommt' verletzen. Auf dieses Argument braucht jedoch schon deshalb nicht näher eingegangen werden, weil § 2 der Gewerbeordnung 1973 niemandem ein Recht einräumt, weil diese Bestimmung nur den Geltungsbereich der Gewerbeordnung absteckt und einige Begriffe definiert.

4. Unter Pkt. 'II. Zur Sache' der Anfechtung wird behauptet, § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 verstöße gegen den Gleichheitssatz.

Dabei wird zwischen der Stammfassung dieser Bestimmung und ihrer Fassung nach dem BG BGBl. Nr. 372/1986 nicht unterschieden, da sich die Bedenken der Antragsteller offenbar gleichermaßen gegen beide Fassungen richten. In diesem Sinne wird auch die Bundesregierung bei ihren folgenden Ausführungen nicht zwischen den beiden Fassungen unterscheiden, da sich einerseits wie oben dargestellt - die Einwände der Antragsteller gleichermaßen gegen beide Fassungen richten und andererseits die Unterschiede zwischen den beiden Fassungen im Hinblick auf die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken nicht relevant sind.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die in den Erläuterungen zu einem Gesetzentwurf ausformulierten Motive und Ziele des Gesetzgebers nicht mit der sachlichen Rechtfertigung einer Regelung verwechselt werden dürfen. So hat der VfGH etwa im Erkenntnis Slg. 6541/1971 folgendes ausgeführt:

'Es kommt nicht darauf an, ob mit der Regelung der optimale Weg beschritten wird, um zu diesen Zielen zu gelangen (dies ist Sache des Gesetzgebers), sondern nur darauf, daß die in den hier angewandten Bestimmungen liegende Differenzierung nicht sachfremd ist.'

Ähnlich wird im Erkenntnis Slg. 7885/1976 argumentiert:

'Der Umstand aber, daß eine gesetzliche Regelung unzweckmäßig ist, würde sie für sich allein niemals mit einer Verfassungswidrigkeit aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes belasten.'

Diese Judikatur wurde im Erkenntnis VfSlg. 8457/1978 weiter präzisiert, indem der VfGH festgestellt hat, daß er dem Gesetzgeber nur dann entgegentreten kann, wenn er bei der Bestimmung der einzusetzenden Mittel die ihm von Verfassungswegen gesetzten Schranken überschreitet und hinzufügte, 'das ist insbesondere dann der Fall, wenn er das sich aus dem Gleichheitsgebot ergebende Sachlichkeitsgebot verletzt, wenn er also beispielsweise zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen.'

Die angefochtenen Bestimmungen wären also nur dann gleichheitswidrig, wenn sie zur Erreichung der in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (693 Blg.NR XVI. GP, 38) zum Ausdruck gebrachten Ziele völlig ungeeignet wären. Daß die gewählten Mittel völlig ungeeignet sind, können aber die Antragsteller nicht darlegen.

5. Aus der Behauptung, es sei offenkundig, daß die Frage, ob ein Qualitätsprodukt vorliegt oder nicht, nicht davon abhängig sein kann, welche Verpackung der Wein hat, geht hervor, daß die Antragsteller die Erläuterungen zu § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 mißverstanden haben. Durch diese Verpackungsvorschrift sollte nämlich nicht garantiert werden, daß der Wein eine bestimmte Qualität aufweist. (Dies wird durch verschiedene andere Bestimmungen des Weingesetzes hinreichend gesichert.) Die Motive des Gesetzgebers beim § 4 Abs 3 leg.cit. sind andere: Die Glasflasche als zweifellos 'edlere' Verpackung soll dem Wein sein durch den Weinskandal verlorenes Ansehen zumindest zum Teil wiedergeben. Der Gesetzgeber ist dabei davon ausgegangen, daß die Verpackung in Glasflaschen eher in der Lage sein wird, den Wein als hochwertiges Naturprodukt erscheinen zu lassen, andere Verpackungsarten, wie etwa Verbundkartons oder Aluminiumdosen, würden hingegen den Eindruck eines qualitativ minderwertigen Massenprodukts vermitteln. Daß diese Überlegung nicht unsachlich ist, ist schon daran ersichtlich, daß etwa weder der Cognac noch der Champagner aber auch keine hochwertigen ausländischen Weine in Aludosen oder in Verbundkartons verpackt angeboten werden.

Die diesbezüglichen Ausführungen der Antragsteller gehen also ins Leere. Insbesondere sind die Ausführungen auf Seite 7 des Antrages, mit denen ein Widerspruch zwischen § 4 Abs 3 und § 28 Abs 4 des Weingesetzes 1985 erwiesen werden soll, der Bundesregierung - schon wegen der Zusammenhangslosigkeit des Textes - unverständlich. An manchen Stellen scheinen jedenfalls die Antragsteller Normativität und Faktizität zu vermengen (vgl. etwa den Satz 'Insbesondere ist auch ..... abgegeben werden kann.' auf S. 7 des Antrages).

Die Bundesregierung weist nachdrücklich darauf hin, daß mit § 4 Abs 3 leg.cit. die Qualitätsunterschiede von Wein nicht verwischt werden können, zumal - wie oben ausgeführt - diese Bestimmung nicht auf Qualitätsunterschiede innerhalb der Produktgruppe Wein abstellt, sondern den Wein 'in Zukunft mehr als bisher als Qualitätsprodukt' hervorheben soll.

Unter Pkt. 4 auf Seite 8 des Antrages gehen im übrigen auch die Antragsteller offenbar von diesem - richtigen Verständnis des § 4 Abs 3 leg.cit. aus. Allerdings sind auch die hier angeführten Bedenken gegen diese Bestimmung nicht stichhaltig. Es ist zwar den Antragstellern zuzubilligen, daß nicht nur 'besondere oder besonders hochwertige oder teuere Getränke' in Flaschen angeboten werden. Es trifft alllerdings auch die umgekehrte Aussage zu, daß nämlich in Metalldosen oder Verbundkartons eben kaum hochwertige oder teuere Getränke angeboten werden. Das Argument, daß die sogenannte 'Baby-Milch' im gleichen Verpackungsmaterial wie die übrige Milch angeboten wird, scheint eher den Standpunkt der Bundesregierung zu untermauern, denn die im § 4 Abs 3 leg.cit. getroffene Regelung gilt ja ebenfalls für alle Qualitätsstufen des Weines, sodaß jeder Wein - auch Tafel- oder Landwein - vor allem in Glasflaschen angeboten werden soll. Das Beispiel mit der 'Baby-Milch' zeigt, daß auch bei identischem Verpackungsmaterial noch Qualitätsunterschiede im Rahmen einer Produktgruppe (durch andere Mittel als die Verpackung) dem Konsumenten signalisiert werden können. Damit ist aber das Argument, durch die zwingende Vorschreibung des Verpackungsmaterials verwische der Gesetzgeber die naturnotwendigerweise gegebenen Qualitätsunterschiede, nicht länger haltbar.

Zusammenfassend stellt daher zu diesem Punkt die Bundesregierung fest, daß der Gesetzgeber mit § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 keine Regelung getroffen hat, die völlig ungeeignet wäre, den Wein als Qualitätsprodukt hervorzuheben.

6. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage war der Umweltschutz die zweite Zielsetzung des § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985.

Nach Angaben des österreichischen Institutes für Verpackung (vgl. ALBER, Verpackungsverbrauch in Österreich, hrsg. vom Institut für Wirtschaft und Umwelt des Österreichischen Arbeiterkammertages, 1985, S. 23) wurde im Jahr 1982 in Österreich etwa 96% des Weines in Glasflaschen in Verkehr gebracht. Der Anteil an Einwegflaschen betrug dabei nur etwa 10%. Etwa 86% des Weines wurde also in Mehrwegflaschen in Verkehr gebracht. Daß diese Verpackungsform die umweltfreundlichste ist, ist eine allgemein bekannte und kaum ernsthaft in Frage zu stellende Tatsache (vgl. ALBER, Ökobilanzen von Verpackungssystemen:

Theoretische Grundlagen, hrsg. vom Institut für Wirtschaft und Umwelt des Österreichischen Arbeiterkammertages, 1985). Die von den Antragstellern angeführten Belastungen der Umwelt durch die notwendige mehrmalige Reinigung von Mehrwegflaschen und durch den höheren Energieeinsatz beim Transport sind gemessen an den durch die Papier(Karton)produktion verursachten Umweltverunreinigungen und an den für die Aluminiumherstellung notwendigen großen Energiemengen umweltpolitisch unbedeutend.

Zur Behauptung der Antragsteller, die Einwegflasche könne vom Standpunkt der Umweltbelastung nur als schlechteste Lösung angesehen werden, weist die Bundesregierung zunächst auf die obigen Daten hin, nach denen nur etwa 10% des Weines in Einwegflaschen in Verkehr gebracht wird. Weiters ist zu bedenken, daß die Einwegflaschen - im Gegensatz zu Verbundkartons und Aluminiumdosen - infolge der mittlerweile flächendeckenden Sammlung in speziellen Containern, in den meisten Fällen nicht mit dem Hausmüll entsorgt werden müssen. Infolge der stetig steigenden Recyklierungsraten kann also auch die Einwegflasche nicht mehr als Umweltbelastung angesehen werden.

7. Unter Pkt. 7 (Seite 10) des Antrages führen die Antragsteller verschiedene andere bundesgesetzliche Vorschriften an, mit der Absicht, aus der Unterschiedlichkeit der dort getroffenen Regelungen die Unsachlichkeit des § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 abzuleiten.

Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß aus der Unterschiedlichkeit der Regelungen in den angeführten Gesetzen nichts gewonnen werden kann, da diese jeweils eigene, materienspezifische Ziele verfolgen und damit auch nicht die Unsachlichkeit des § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 begründen können. Das Bestehen gravierender Unterschiede kann jedenfalls ebensogut auch die Unsachlichkeit oder Unzweckmäßigkeit der anderen, von den Antragstellern zitierten Vorschriften begründen.

Die Antragsteller versuchen, grundsätzliche Unterschiede zwischen der angefochtenen Bestimmung und ähnlichen Vorschriften im Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 86, bzw. im BG gegen den unlauteren Wettbewerb 1984, BGBl. Nr. 448, nachzuweisen. Bei näherer Untersuchung muß freilich ein solcher Versuch scheitern.

§ 10 Abs 1 Z 7 des Lebensmittelgesetzes 1975 und § 32 Abs 1 Z 1 UWG weisen eine frappierende strukturelle Identität mit § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 auf. Alle drei Bestimmungen sehen vor, daß bestimmte Produkte (Wein; Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe; Waren) nur in bestimmten Verpackungen bzw. nur in vorgeschriebenen Verpackungen abgegeben, in Verkehr gebracht bzw. in Verkehr gesetzt werden dürfen. Daß im Weingesetz sowohl die Produkte als auch die Verpackungen ausdrücklich angeführt werden, kann wohl nicht gegen, sondern nur für diese Bestimmung sprechen: Der Umstand, daß hier der Gesetzgeber die Regelung selbst konkretisiert und dies nicht dem Verordnungsgeber überlassen hat, spricht im Hinblick auf Art 18 B-VG eher für diese Regelung. (Im übrigen hat der Verordnungsgeber von der im Lebensmittelgesetz 1975 enthaltenen Ermächtigung im Österreichischen Lebensmittelbuch Gebrauch gemacht und für Mineralwasser vorgesehen, daß es nur in Glasflaschen abgefüllt werden darf!) Weiters weist die Bundesregierung darauf hin, daß § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 selbstverständlich - wie das Lebensmittelgesetz 1975 und das BG gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - auch die Hintanhaltung der Irreführung oder Täuschung des Konsumenten bezweckt, zumal der Verbraucher bei einer Glasflasche - im Gegensatz zu Verbundkartons - leichter feststellen kann, ob der Inhalt etwa trüb (und damit verdorben) ist.

8. Unter Pkt. 9 des Antrages wird behauptet, § 4 Abs 1 iVm § 65 Abs 1 Z 1 des Weingesetzes 1985 stelle auch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention dar. Aus den weiteren Ausführungen geht hervor, daß die Antragsteller in diesen Bestimmungen einen Verstoß gegen Art 5 EMRK zu sehen glauben.

Es sei vorausgeschickt, daß § 4 Abs 3 des Weingesetzes 1985 auf keinen Fall gegen Art 5 EMRK verstoßen kann, da diese Bestimmung eine bloße Verbotsnorm darstellt. Diesbezügliche Vorwürfe könnten sich denkmöglicherweise nur gegen § 65 Abs 1 Z 1 leg.cit. richten.

Art 5 Abs 1 EMRK zählt taxativ jene Voraussetzungen auf, unter denen einer Person die Freiheit entzogen werden darf. Aus dieser Bestimmung ergibt sich weiters, daß die Verhängung von Freiheitsstrafen durch Verwaltungsbehörden - und damit gesetzliche Bestimmungen, die solches vorsehen - nicht zulässig sind. Der anläßlich der Ratifikation seitens Österreichs zu dieser Bestimmung abgegebene Vorbehalt gemäß Art 64 EMRK sieht vor, daß 'die Bestimmungen des Art 5 der Konvention mit der Maßgabe angewendet werden, daß die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen nachprüfenden Kontrolle durch den VfGH oder den VwGH unberührt bleiben.'

Dieser Vorbehalt erfaßt zunächst alle Freiheitsstrafen, die nach dem VStG 1950 zu verhängen sind. Da das VStG 1950 das Strafmittel des Arrests nur allgemein regelt, hinsichtlich der einzelnen Straftatbestände aber auf die Verwaltungsvorschriften verweist, deckt der Vorbehalt über diesen Verweis auch alle Normen des materiellen Verwaltungsrechts, die nach dem VStG 1950 zu vollziehende Verwaltungsfreiheitsstrafen vorsehen. Dabei erfaßt der Vorbehalt seinem Sinn nach jedenfalls auch Gesetze, die zwar nach Erklärung des Vorbehaltes () erlassen wurden, wenn sie keine nachträgliche Erweiterung jenes materiell-rechtlichen Bereiches bewirken, der durch die Abgabe des Vorbehaltes ausgeschlossen werden sollte. (Vgl. VfSlg. 8234/1978 unter Hinweis auf eine einschlägige Entscheidung der Europäischen Menschenrechtskommission und Kopetzki, Art 5 und 6 EMRK und das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht, EuGRZ 1983, 176.) Aus diesen Ausführungen folgt, daß die Schaffung von Straftatbeständen, die mit Freiheitsentzug bedroht werden, nur dann zulässig ist, wenn gleichartige, mit Freiheitsstrafe bedrohte Straftatbestände bereits in Verwaltungsvorschriften enthalten waren, die vor dem erlassen worden sind. Es ist also unerheblich, ob im Weingesetz 1929, BGBl. Nr. 328, eine dem § 65 Abs 1 Z 1 des Weingesetzes 1985 entsprechende Strafdrohung vorgesehen war. Sowohl § 6 Z 1 in Verbindung mit § 10 des Lebensmittelgesetzes 1951, BGBl. Nr. 239, als auch § 32 Abs 2 in Verbindung mit § 33 Abs 1 des BG gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl. Nr. 531/1923 haben Arreststrafen für Verstöße gegen Verpackungsvorschriften enthalten. Damit ist aber klar, daß § 65 Abs 1 Z 1 des Weingesetzes 1985 'keine nachträgliche Erweiterung jenes materiell-rechtlichen Bereiches bewirkt, der durch die Abgabe des Vorbehaltes ausgeschlossen werden sollte' (vgl. VfSlg. 8234/1978), und zwar schon deshalb nicht, weil Wein zu den vom Lebensmittelgesetz 1951 grundsätzlich erfaßten 'Lebensmitteln (Nahrungs- und Genußmitteln)' (vgl. § 1 leg.cit.) gehört."

3.a) Auf diese Äußerung der Bundesregierung replizierten die Antragsteller. Sie halten ihre Anträge aufrecht.

b) Zu den Prozeßvoraussetzungen führen sie aus:

Der Erstantragsteller betreibe u.a. Kleinhandel mit Wein; außerdem sei er Weinhauer. Würde er den Vorschlägen der Bundesregierung folgen, wie er den vorhandenen Vorrat von Wein, der in Tetrapacks abgefüllt sei, verwenden solle, mache er sich strafbar.

Die Zweitantragstellerin produziere Verpackungsmaterial, auf dem der Inhalt der Flüssigkeit, die in die Kartons abgefüllt wird, in der Praxis bereits stets aufgedruckt sei. Der zweitantragstellenden Gesellschaft werde unter Strafsanktion (§7 VStG, § 65 Abs 1) verboten, derartige Kartonagen zu erzeugen; der Geschäftsführer der Gesellschaft (der Drittantragsteller) wäre bei Verletzung des Verbotes im Hinblick auf § 9 VStG zu bestrafen.

Die Antragslegitimation bezüglich des § 4 Abs 3 WeinG 1985 id Stammfassung sei deshalb gegeben, weil dem Art 140 Abs 6 B-VG zufolge im Falle der Aufhebung des § 4 Abs 3 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 die Vorgängerbestimmung grundsätzlich wieder in Kraft treten würde. Auf einen anderslautenden Ausspruch des VfGH hätten die Antragsteller keinen Anspruch.

c) In der Sache selbst erwidern die Antragsteller der Bundesregierung:

"Die Ausführungen der Bundesregierung gehen im Schwerpunkt dahin, die in der Beschwerde aufgezeigte Gleichheitswidrigkeit der Regelung des § 4 Abs 3 WeinG als nicht gegeben hinzustellen.

Zunächst wird ganz allgemein behauptet, daß neben den in den Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Kriterien, welche die Sachlichkeit der Regelung rechtfertigen sollen, noch andere Ziele vom Gesetzgeber angestrebt wurden, welche eine solche sachliche Rechtfertigung darstellen könnten. Dies ist in dieser allgemeinen Form sicher vertretbar, jedoch vermag die Bundesregierung - wie das bezügliche Schweigen ergibt - solche, möglicherweise rechtfertigende sachliche Gesichtspunkte nicht darzulegen.

Was nun die in den Erläuterungen selbst vorgegebenen Ziele, zu deren Erreichung die Bestimmung des § 4 Abs 3 WeinG geschaffen wurde, betrifft, so ergibt sich auch aus den Argumenten der Bundesregierung die Ungeeignetheit dieser Regelung. Die Argumente der Bundesregierung beruhen auf der petitio principii, daß die Glasflasche die 'edlere' Verpackung sein soll. Für diese Behauptung vermag die Bundesregierung nur das Argument der 'Zweifellosigkeit' angeben, wobei aber völlig übersehen wird, daß sehr hochwertige Flüssigkeiten und Lebensmittel in Metallbehältnissen aufbewahrt werden (z.B. Tee, auf die widersprechenden Ausführungen zur Glasflasche - vgl. S 10 - sei am Rande verwiesen). Gerade der in der Anfechtung dargelegte Wertungswiderspruch zwischen § 4 Abs 3 WeinG und § 28 Abs 4 WeinG ist evident. Wenn Qualitätsabstufungen beim Wein bestehen, so sind diese durch die unterschiedlichen Verpackungsgrößen signalisiert. Diese unterschiedlichen Qualitätsstufen könnten durchaus auch dadurch zum Ausdruck kommen, daß etwa ein einfacher Tischwein oder Landwein in Kartonverpackungen abgegeben werden darf, höherwertiger Wein aber nicht. Der Umstand, daß sämtliche Weinarten gem. § 4 Abs 3 WeinG nur in Glasflaschen, Sinterkeramikgefäßen und Holzfässern abgegeben werden dürfen, schließt aber geradezu eine von der Qualität her gebotene Differenzierung zwischen verschiedenen Weinarten aus. Gerade unter diesem Aspekt scheint die Regelung des § 4 Abs 3 WeinG geradezu auf eine Täuschung des Verbrauchers abzuzielen, weil die vom § 28 Abs 4 WeinG sonst anerkannten Unterschiede zwischen einzelnen Weinqualitäten nicht durch unterschiedliches Verpackungsmaterial zum Ausdruck gebracht werden dürfen. Was den Vorwurf der Bundesregierung betrifft, daß im Antrag Normativität und Faktizität vermengt werden, so scheint dabei übersehen zu werden, daß Erwägungen zu Regelungen, die aufgrund des Gleichheitssatzes auf ihre Sachgerechtheit überprüft werden, selbstverständlich immer von den tatsächlichen Lebensverhältnissen auszugehen haben, wozu auf die umfangreiche Jud. und Lit. auf S. 5 und 6 der Anfechtung verwiesen wird.

Geradezu gegen den Standpunkt der Bundesregierung sprechen die Ausführungen auf S. 11 über die Verpackungsusancen nach den Erhebungen Albers. Nach den Ausführungen der Bundesregierung werden 86 % des Weins in Mehrwegflaschen in Verkehr gebracht, 10 % in Einwegflaschen und ein Restprozentsatz (offenbar 4 %) in anderen Verpackungsformen. Wenn nun tatsächlich das Ziel die Verminderung der Umweltbelastung durch das WeinG erreicht werden sollte - es stellt sich die Frage, ob eine derartige Regelung überhaupt unter dem Gesichtspunkt des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG in die Bundeskompetenz fällt - so hätte eine solche umweltentlastende Regelung zweifellos an der Einwegflasche anknüpfen müssen, die auch nach Ansicht der Bundesregierung die maximale Umweltbelastung nach sich zieht. Statt dessen hat der Gesetzgeber in gleichheitswidriger Weise eine Verpackung für Wein untersagt, die zweifellos überhaupt nicht oder jedenfalls ungleich geringer umweltbelastend ist als die Einwegflasche. Dabei muß noch darauf hingewiesen werden, daß die von der Bundesregierung im Schriftsatz erwähnten Recyclingraten an den angegebenen Prozentsätzen kaum etwas ändern könne, da selbst dort, wo dieses Recycling organisiert ist, bestenfalls eine Quote von 10 % an Rücklauf erwartet werden kann.

Bei den folgenden Ausführungen in der Äußerung der Bundesregierung, die darzutun versuchen, daß bei einem Vergleich zwischen § 4 Abs 3 WeinG und dem LMG und dem UWG keine Gleichheitswidrigkeit (solches war voraussetzungsmäßig nicht Untersuchungsgegenstand) zu Tage träte, versucht die Bundesregierung zunächst das Legalitätsprinzip ins Spiel zu bringen. Dabei wird außer Acht gelassen, daß der Antrag als mögliche Sachgerechtigkeitspunkte Regelungen in verwandten Rechtsgebieten untersucht und festgestellt hat, daß diese solche Gesichtspunkte für § 4 Abs 3 WeinG nicht bieten. Die Regelung wurde aber von den Antragstellern nicht deswegen angefochten, weil sie keine hinreichende inhaltliche Bestimmung darstellt, sondern deswegen, weil sie gleichheitswidrig ist. Die Regelungen des LMG bzw. des § 32 UWG sind nämlich durch das G ganz auf die Zielsetzungen des Lebensmittelrechts bzw. des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ausgerichtet. Teils ergibt sich dies unmittelbar aus dem Wortlaut des LMG, teils ist die Verordnungsermächtigung im § 32 UWG verfassungskonform nur in dem Sinne zu verstehen, daß gerade jene Verpackungen verboten werden können, welche geeignet sind, eine Täuschung des Konsumenten hervorzurufen.

Überdies ist gerade diese Regelung dadurch gekennzeichnet, daß sie an sich alle Verpackungen zuläßt und nur in einem gewissen Bereich Verbote ermöglicht, die eben den vorhin angeführten Zielsetzungen entsprechen müssen. Das Gebot im LMG hat den Zielsetzungen des LMG zu entsprechen und ist auch dem LMG inhärent.

Der Umstand, daß in einem Fall der Verordnungsgeber im Jahre 1935 den Verkehr von Mineralwasser an die Verwendung der Verpackungsform Glasflasche geknüpft hat (BGBl. 526) und diese Regelung durch die Übergangsbestimmung des LMG 1975 aufrecht blieb, spricht keinesfalls gegen diese These. Zunächst widerlegt die Bundesregierung damit ihre eigene Behauptung, daß die Glasflasche nach der Auffassung des Publikums besonders qualitativ hochwertige Getränke enthalte. Mineralwasser ist nämlich bekanntlich das billigste Getränk überhaupt, sodaß die besondere Qualität des glasverpackten Wassers offenbar dem Publikum völlig unbekannt ist, weil anderenfalls ein höherer Preis bezahlt würde.

Darüberhinaus wird übersehen, daß die Bindung an die Verpackungsform 'Glasflasche' noch auf einer anderen gesetzlichen Grundlage beruhte und damals wesentlich die Verhinderung von Gesundheitsschäden zum Gegenstand hatte, welche dadurch eintreten könne, daß Mineralwasser mit einem höheren als dem atmosphärischen Druck abgefüllt und abgegeben wird, was aber beim Wein bekanntlich nicht der Fall ist.

Den übrigen Argumenten, die nachgewiesen haben, daß verwandte, wenngleich einen anderen Geltungsbereich aufweisende Regelungen keine dem § 4 Abs 3 WeinG vergleichbare, von der Zielsetzung des G gar nicht erklärbare Einschränkungen enthalten, hat die Bundesregierung nichts entgegenzusetzen gewußt.

Zu den Ausführungen der Bundesregierung über die angebliche EMRK-Konformität des § 65 Abs 1 Z 1 WeinG genügt es darauf hinzuweisen, daß die Strafbestimmungen des LMG 1951 samt WeinG 1929 für ein derartiges Verbot, wie es jetzt § 4 Abs 3 WeinG kennt, keine Strafnorm vorsah. Allfällige Blankettstrafnormen, die das Tatbild in dem die Strafbarkeit anordnenden Gesetz nicht vollständig enthalten, müssen außer Betracht bleiben, weil sie eben irgendein Verhalten, nicht aber das gegenständliche, unter Strafe stellen. Anderenfalls würde ja ArtVII EGVG jede durch Verwaltungsbehörden anzuordnende Freiheitsstrafe mit der EMRK vereinbar machen. Überdies hat das WeinG 1961 in Verwaltungsstrafsachen die Klarheiten gebracht, daß nur in den Fällen des § 51 Abs 2 lita - j WeinG 1961 gewisse Zuwiderhandlungen auch nach dem LMG 1951 für strafbar erklärt wurden und die Strafbestimmungen des LMG vorgehen, sofern eine strengere Strafe dafür vorgesehen war. Im übrigen war die Regelung des WeinG gegenüber dem LMG abschließend, wobei die höhere Strafdrohung (S 15.000,--) tatsächlich die Anwendung des § 10 LMG (hier bezogen auf § 6 Z 1 LMG 1951) ausschloß. Der Vorbehalt zur EMRK ließ zwar Bestimmungen des österr. Verwaltungsstrafrechts und die dort vorgesehenen freiheitsentziehenden Maßnahmen unberührt. Hat jedoch der österr. Gesetzgeber in der Folge derartige Strafvorschriften beseitigt (hier: dadurch, daß er die Anwendung des LMG auf Wein, abgesehen von dem Spezialfall des § 51 Abs 2 und den hier nicht interessierenden Fall des § 45 Abs 1 und durch § 80 LMG 1975 gänzlich ausschloß), so kann er keinesfalls EMRK-konform nicht später wieder zu dem System zurückkehren, das im Jahre 1958 bestanden hat.

Dazu kommt noch, daß der Vorbehalt in der entsprechenden Rangordnung im Stufenbau der Rechtsordnung erst durch das BVG 1964/59 eingeführt wurde, also zu einem Zeitpunkt, wo die Unanwendbarkeit sämtlicher Bestimmungen des LMG mit Ausnahme der vorhin erwähnten bereits der österr. Rechtsordnung immanent war. Damit war festgestellt, daß abgesehen von den Fällen einer Idealkonkurrenz von § 51 Abs 2 WeinG 1961 mit Vorschriften des LMG 1951, bei denen kraft der Anordnung des § 51 Abs 2 WeinG eine strengere Verwaltungsstrafe nach dem LMG die einzelnen Straftatbestände des § 51 Abs 2 WeinG 1961 verdrängte, Verwaltungsstrafen nach dem LMG wegen der Unanwendbarkeit desselben auf Wein nicht vorgesehen waren. Dementsprechend hat auch das LMG 1975 den Vorrang des WeinG festgeschrieben (§80 LMG 1975).

Genau dasselbe gilt für die Bestimmung des § 32 UWG. Auch diesbezüglich fehlte es im Zeitpunkt der völkerrechtlichen Bindung Österreichs an einer Strafnorm, die die Art der Abfüllung des Weins in irgendeiner Form regelte (§32 UWG)."

III. Zum Antrag auf Aufhebung von Bestimmungen des WeinG idF

der Nov. 1986

A.

Zu den Prozeßvoraussetzungen hat der VfGH erwogen:

1. Nach den unwidersprochen gebliebenen Antragsbehauptungen ist der Erstantragsteller Weinhauer; er betreibt auch den Klein- und Großhandel mit Wein. Seit dem Jahre 1984 füllte er Wein in einer eigenen Anlage in Kartons (Tetrapacks) ab und verkaufte diesen so verpackten Wein (auch) an Letztverbraucher. Er hatte auch bei Inkrafttreten des WeinG 1985 einen größeren Lagerbestand an derart verpacktem Wein.

Mit § 4 Abs 3 WeinG 1985 (idF der Nov. 1986) wird ihm unter Strafsanktion (§65 Abs 1 Z 1 leg.cit.) verboten, solchen in Kartons verpackten Wein weiterhin an Verbraucher abzugeben. Dieses Verbot trifft den Erstantragteller unmittelbar, ohne daß es noch eines rechtskonkretisierenden Aktes bedürfte.

Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann der VfGH nicht finden, daß dem Erstantragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung stünde, um die durch die behauptete Rechtswidrigkeit des Gesetzes bewirkte Rechtsverletzung abzuwehren. Es wäre dem Erstantragsteller nicht zumutbar, durch Verstoß gegen § 4 Abs 3 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 65 Abs 1 Z 1 leg.cit. zu provozieren, um auf diese Art einen der Anfechtung zugänglichen Bescheid zu erwirken (vgl. zB VfSlg. 9253/1981).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag des Erstantragstellers, § 4 Abs 3 und § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 aufzuheben, zulässig.

2. Anders verhält es sich mit den Anträgen der zweitantragstellenden Gesellschaft - die Verpackungsmaterial (Kartons) für Flüssigkeiten erzeugt - und des Drittantragstellers - des Geschäftsführers der Gesellschaft.

§ 4 Abs 3 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 verbietet ihnen nämlich nicht, (nach wie vor) Verpackungsmaterial aller Art zu produzieren und zu verkaufen.

Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist, daß die angefochtene Norm nicht bloß faktische Wirkungen zeitigt, sondern die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt, also in deren Rechtssphäre eingreift und diese im Falle ihrer Rechtswidrigkeit verletzt. Anfechtungsberechtigter ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (vgl. zB VfSlg. 8009/1977, 8060/1977).

Im vorliegenden Fall ist nun zwar nicht zu verkennen, daß das an Weinhändler und Weinproduzenten gerichtete Verbot, in Kartons abgefüllten Wein zu verkaufen, die antragstellende Gesellschaft wirtschaftlich wesentlich härter trifft, als einen beliebigen anderen Erzeuger von Verpackungsmaterial. § 4 Abs 3 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 hat wohl zur Folge, daß Kartons mit Aufschriften, die als (vorgesehenen) Inhalt Wein angeben, im Inland kaum abgesetzt werden können; dies aber weist nur auf die besondere Betroffenheit der Gesellschaft hin. Es besteht jedoch keine Norm, die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde. Weder das Eigentums- oder ein sonstiges Recht der antragstellenden Gesellschaft in Bezug auf die Ausübung ihres Gewerbes, noch eine sonstige Vorschrift räumen ihr eine Rechtsposition ein, die durch die angefochtene Gesetzesbestimmung berührt würde (vgl. zB VfSlg. 8060/1977).

Die von der Gesellschaft behaupteten - und allein zu untersuchenden (vgl. zB VfSlg. 10177/1984) - Rechtswirkungen erweisen sich bloß als faktische (wirtschaftliche) Reflexwirkungen der insoweit an andere Personen gerichteten Norm (vgl. zB VfSlg. 8060/1977, 9570/1982).

Der Drittantragsteller leitet seine Betroffenheit in Rechten ausschließlich daraus ab, daß die Gesellschaft, deren Geschäftsführer er ist, in ihren Rechten beeinträchtigt sei. Da nun aber - wie soeben dargetan - die angefochtenen Gesetzesbestimmungen nicht unmittelbar in ihre Rechte iS des Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG eingreifen, ist es ausgeschlossen, daß ein derartiger Eingriff beim Drittantragsteller vorliegt.

Der von der zweitantragstellenden Gesellschaft und der vom Drittantragsteller eingebrachte Antrag, bestimmte Stellen des WeinG 1985 idF der Nov. 1986 als verfassungswidrig aufzuheben, war daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.

B.

Zum (zulässigen) Antrag des Erstantragstellers, § 4 Abs 3 und § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 idF der Nov. 1986

aufzuheben, hat der VfGH erwogen:

1.a) Der Antragsteller behauptet, diese Bestimmungen verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz; die Regelung sei nicht sachgerecht. Insbesondere sei das darin ausgesprochene Verbot nicht geeignet, die angestrebten Ziele zu erreichen. Auf vergleichbaren Gebieten sei eine gleichartige Regelung unterblieben.

b) aa) Der Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG) richtet sich auch an den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg. 8457/1978, 10064/1984, 10084/1984).

Dem (einfachen) Gesetzgeber ist es aber von Verfassungs wegen - außer im Falle eines Exzesses - durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. zB VfSlg. 7864/1976, 7996/1977). Ob eine Regelung zweckmäßig ist oder gar, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschritten wird, sind Fragen, die nicht vom VfGH unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes zu beurteilen sind (vgl. zB VfSlg. 6541/1971, 7885/1976).

Im Erkenntnis VfSlg. 8457/1978 formulierte der VfGH diese Gedanken folgendermaßen:

"Diese Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers besteht sowohl in Ansehung der angestrebten Ziele als auch bezüglich der Auswahl der zur Zielerreichung einzusetzenden Mittel.

Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber frei, zu entscheiden, welche Instrumente er - unter Berücksichtigung allfälliger erwünschter oder in Kauf genommener Nebenwirkungen in der jeweils gegebenen Situation zur Zielerreichung geeignet erachtet und welches unter mehreren möglichen Mitteln er auswählt und einsetzt. Der VfGH kann dem Gesetzgeber nur dann entgegentreten, wenn er bei der Bestimmung der einzusetzenden Mittel die ihm von Verfassungs wegen gesetzten Schranken überschreitet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er das sich aus dem Gleichheitsgebot ergebende Sachlichkeitsgebot verletzt, wenn er also beispielsweise zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen."

bb) Aus den oben (I.1.b und I.2.b) wiedergegebenen Regierungsvorlagen geht hervor, daß das Verbot, Wein etwa in Tetrapacks und Dosen an den Verbraucher abzugeben, darauf abzielt, einerseits "das angestrebte Image des Weines als hochwertiges Qualitätsprodukt zu betonen", andererseits die Umwelt möglichst gering zu belasten.

Beide Ziele sind sinnvoll; auch der Antragsteller bezweifelt dies nicht. Der erstgenannte Gesetzeszweck ist schon deshalb besonders einsichtig, weil aufgrund des sogenannten "Weinskandals" das Ansehen des österreichischen Weines im In- und Ausland ganz wesentlich gelitten hatte, ein Umstand, von dem zu erwarten war, daß er wirtschaftspolitisch in mehrfacher Hinsicht schwerwiegende negative Folgen haben werde, die es abzuwehren galt.

Jedenfalls im Inland war es bis vor kurzem unüblich, Wein in anderen Gefäßen als den im § 4 Abs 3 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 angeführten an die Verbraucher abzugeben. Der Gesetzgeber konnte davon ausgehen, die Konsumenten würden gleichgültig ob zu Recht oder zu Unrecht - annehmen, daß (österreichischer) Wein (anders als etwa Milch, bei der eine Abgabe in Kartons seit Jahren die Regel ist) der etwa in Tetrapacks, Plastikflaschen oder Aluminiumdosen abgefüllt ist, eher minderwertig sei.

Die Verpackung hat bei den meisten Waren Einfluß auf den Verkaufserfolg. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß dies auch beim Wein so sei. Er konnte annehmen, daß sich für die Absatzchancen des österreichischen Weines im Inland das Gebot, Wein in Glasflaschen usw. abzugeben, auf den Verkaufserfolg günstig auswirken werde; sei doch zu erwarten, daß eine solche Abfüllung - im Gegensatz zu anderer Verpackung - von den Konsumenten als Hinweis auf guten Wein gedeutet werde.

Wenngleich das Verbot, Wein in anderen Gefäßen als in Glasflaschen abzugeben, nur für den Verkauf im Inland gilt, konnte der Gesetzgeber eine ähnliche günstige Auswirkung auch für österreichischen Wein, der in Glasflaschen abgefüllt exportiert wird, prognostizieren. Dabei ist für den Absatz im Ausland auch die Überlegung maßgebend, daß wegen der relativ nur kleinen Weinbaugebiete, die Österreich aufweist, für den Export vor allem Qualitätswein in Betracht kommt, der auf der ganzen Welt in der Regel in Flaschen verkauft wird.

Die getroffene Regelung stellt keine Überreaktion des Gesetzgebers auf den sogenannten "Weinskandal" dar; ist das Anliegen, das Ansehen des österreichischen Weines im In- und Ausland zu fördern, doch volkswirtschaftlich so bedeutsam, daß die mit dem getroffenen Verbot verbundenen Beschwernisse vertretbar und adäquat sind.

Der Antragsteller meint, das System des WeinG 1985 idF der Nov. 1986, wie es sich aus § 28 Abs 4 ergebe, erfordere, daß aus der Art der Verpackung auf die Qualität des Weines geschlossen werden könne; es müßte daher für den billigsten Wein eine besondere Verpackung, etwa Kartons, geradezu geboten werden. Diese Ansicht ist verfehlt; der Gesetzgeber ist von verfassungswegen nämlich nicht verhalten, für alle Qualitätsstufen eine besondere Form der Kennzeichnung etwa deshalb vorzuschreiben, weil er für einige Qualitätsstufen solche Anordnungen getroffen hat.

Der Gesetzgeber konnte schließlich vernünftigerweise auch prognostizieren, daß die getroffene Regelung dem Umweltschutz dienen werde. Immerhin werden Tetrapacks, Plastikflaschen und Aluminiumdosen nur einmal verwendet; dies kann - da es in Österreich für diese Materialien (noch) kein funktionierendes Recycling-System gibt - zu einer Vermehrung des Mülls führen. Dazu kommt, daß die Regelung auch dazu dienen kann, den Bedarf an Rohstoffen zu verringern.

Unter diesen Umständen ist das verfügte, unter angemessener - Strafsanktion stehende Gebot, Wein nur in bestimmten Gefäßen abzugeben, eine sachgerechte Norm. Wenngleich es auch weitere und andere Methoden geben mag, auf dem Gebiet der Weinwirtschaft die erwähnten Ziele anzustreben, und wenngleich auf anderen Gebieten gleiche oder ähnliche Maßnahmen dem Anstreben dieser Ziele dienen könnten, bewirkt dies nicht die Gleichheitswidrigkeit der zur Prüfung beantragten Vorschriften des WeinG 1985 idF der Nov. 1986. Der Gesetzgeber ist nämlich nicht verhalten, alle nur denkbaren Mittel zur Erreichung eines Zieles einzusetzen; noch weniger ist er verhalten, dies gleichzeitig zu tun. Es lag unter den geschilderten Umständen nahe, jedenfalls einmal das in Rede stehende Verbot für die Verpackung von Wein zu erlassen, zumal die Produzenten und Konsumenten an die nunmehr verbotenen Verpackungsarten noch gar nicht gewöhnt waren, also die für sie allenfalls negativen Folgen mit relativ wenig Schwierigkeiten und Härten von vornherein abgestellt werden konnten, was auf anderen Gebieten nicht so einfach sein mag.

2.a) Der Antragsteller behauptet weiters, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen gegen Art 5 MRK verstießen. Die im § 65 Abs 1 WeinG 1985 vorgesehene Freiheitsstrafe, die von den Bezirksverwaltungsbehörden (also von Verwaltungsbehörden) zu verhängen ist, sei durch den österreichischen Vorbehalt zu Art 5 MRK nicht gedeckt.

b) Dem Art 5 MRK zufolge dürfen Freiheitsstrafen nur durch "Tribunale", nicht aber durch weisungsgebundene Verwaltungsbehörden (etwa durch Bezirksverwaltungsbehörden) ausgesprochen werden.

Österreich hat jedoch gemäß Art 64 MRK unter Pkt. 1 den Vorbehalt erklärt, daß

"die Bestimmungen des Artikels 5 der Konvention mit der Maßgabe angewendet werden, daß die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 172/1950, vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges unter der in der österreichischen Bundesverfassung vorgesehenen nachprüfenden Kontrolle durch den VwGH oder den VfGH unberührt bleiben."

c) Zu den in den Verwaltungsverfahrensgesetzen vorgesehenen Maßnahmen des Freiheitsentzuges gehört auch das Strafmittel des Arrestes, gleichgültig, für welche Verwaltungsübertretung die Arreststrafe im einzelnen in den Verwaltungsvorschriften (§10 Abs 1 VStG) vorgesehen ist; ein Vorbehalt ausschließlich zugunsten der wenigen, in den Verwaltungsverfahrensgesetzen selbst (d.h. tatbestandsmäßig) vorgesehenen Fälle der Verhängung von Freiheitsstrafen wäre sinnlos (siehe VfSlg. 3806/1960).

Der Vorbehalt deckt nicht bloß die Verhängung von Freiheitsstrafen, sondern auch von Geldstrafen durch Verwaltungsbehörden, gleichgültig, welche materiellen Verwaltungsvorschriften iS des § 10 VStG den Tatbestand enthalten (vgl. zB VfSlg. 8234/1978, 10291/1984).

Für alle diese Verfahren schließt der Vorbehalt auch die Anwendung des Art 6 MRK aus (siehe zB VfSlg. 5021/1965, 8234/1978, 8685/1979, 8930/1980, 10291/1984; vgl. auch zB EKMR

v. Beschwerde Nr. 8998/1980, EuGRZ 1984, S 74 ff.).

d) Der Vorbehalt umfaßt seinem Sinn nach zumindest auch jene Gesetze, die zwar nach Erklärung des Vorbehaltes erlassen wurden, die aber keine nachträgliche Erweiterung jenes materiellrechtlichen Bereiches bewirken, der durch die Abgabe des Vorbehaltes ausgeschlossen werden sollte (vgl. zB VfSlg. 8234/1978, 8428/1978, 10291/1984).

Vom Vorbehalt sind daher Gesetze auch dann gedeckt, wenn gleichartige Straftatbestände bereits in Verwaltungsvorschriften enthalten waren, die vor dem erlassen wurden; dies gilt etwa für die StVO 1960 und das KFG 1967 (siehe zB VfSlg. 8234/1978, 10291/1984; vgl. auch zB EKMR vom , a. a.O.).

Nun sah - wie der Antragsteller zutreffend ausführt das zum Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes geltende Weingesetz 1929, BGBl. 328, eine dem § 65 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 3 WeinG 1985 entsprechende Strafdrohung nicht vor. Wein zählte aber ungeachtet des Bestehens eines eigenen Weingesetzes (1929) - zu den "Lebensmitteln (Nahrungs- und Genußmitteln)" iS des § 1 des damals geltenden Lebensmittelgesetzes 1951, BGBl. 239; dessen § 10 hatte u.a. das Zuwiderhandeln gegen Verordnungen, mit denen aufgrund des § 6 Z 1 bestimmte Arten der Verpackung von Lebensmitteln verboten oder beschränkt worden waren, zur Übertretung erklärt, die von der Bezirksverwaltungsbehörde (auch mit Arrest) zu ahnden war.

Tatsächlich wurden aufgrund des § 6 Abs 1 LMG 1951 (dieses stellt eine Wiederverlautbarung des Lebensmittelgesetzes RGBl. 89/1897 dar) mehrere Verordnungen erlassen, so die V BGBl. 528/1921, betreffend das Verbot der Versendung von Milch in unplombierten Kannen, und die V BGBl. 526/1935, mit der verboten wurde, zum Verkauf als Lebensmittel bestimmte Mineralwässer in anderen Behältnissen als in den zur Abgabe an Verbraucher dienenden verschlossenen Glasflaschen zu versenden.

Auch das zum erwähnten Zeitpunkt in Kraft gestandene BG vom , BGBl. 531, gegen den unlauteren Wettbewerb, sah eine ähnliche Verwaltungsstrafnorm vor: § 33 dieses Gesetzes hatte u.a. das Zuwiderhandeln gegen Verordnungen, mit denen aufgrund des § 32 Abs 1 und 2 Anordnungen über die Verpackung von Waren (zu denen auch Wein zu rechnen war) getroffen worden waren, unter Verwaltungsstrafsanktion (auch Arrest) gestellt.

Gestützt auf § 32 UWG 1923 ergingen mehrere Verordnungen, so die V BGBl. 249/1925, wonach bestimmte Waldsamenarten nur in geschlossenen handelsüblichen Packungen unter bestimmten Bezeichnungen gewerbsmäßig verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden durften, sowie die V BGBl. 152/1953, mit der verfügt wurde, daß gebrannte geistige Getränke in geschlossenen Gefäßen nur unter Ersichtlichmachung der örtlichen Herkunft gewerbsmäßig verkauft, feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden durften.

§ 65 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 3 WeinG 1985 stellt sich als systemimmanente Fortentwicklung dieser zum Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes geltenden Verwaltungsstrafvorschriften des LMG 1951 und des UWG 1923 dar. Der materiellrechtliche Inhalt dieser seinerzeitigen verwaltungsstrafgesetzlichen Bestimmungen deckt sich nämlich - unabhängig davon ob entsprechende Durchführungsverordnungen erlassen worden waren oder nicht - mit jenem der angefochtenen Strafbestimmungen des WeinG 1985, mag auch der Zweck des LMG 1951 und des UWG 1923 sowie jener der darauf gegründeten Verordnungen (vornehmlich) ein anderer als der des WeinG 1985 gewesen sein.

Die erwähnten Vorschriften des WeinG 1985 sind also entgegen der Meinung des Antragstellers - vom österreichischen Vorbehalt zu Art 5 MRK erfaßt.

3. Die vom Erstantragsteller vorgebrachten Bedenken sind daher insgesamt nicht gerechtfertigt.

Sein Antrag, § 4 Abs 3 und § 65 Abs 1 Z 1 WeinG 1985 idF der Nov. 1986 aufzuheben, war sohin abzuweisen.

IV. Zum Antrag auf Feststellung, daß § 4 Abs 3 WeinG id

Stammfassung verfassungswidrig war

§ 4 Abs 3 WeinG 1985 id Stammfassung ist mit außer Kraft getreten.

Aus Art 140 Abs 1 letzter Halbsatz iVm Art 140 Abs 4 und Art 89 Abs 3 B-VG ergibt sich, daß auch in solchen Fällen ein sogenannter Individualantrag zulässig ist, sofern nur die allgemein für einen derartigen Antrag erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Eine dieser Voraussetzungen ist, daß das angefochtene Gesetz selbst - behaupteterweise und auch tatsächlich - rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigt (vgl. zB VfSlg. 10251/1984).

Die Antragsteller bringen in dieser Hinsicht lediglich vor, daß § 4 Abs 3 WeinG 1985 id Stammfassung (allenfalls) wieder in Kraft träte, wenn der VfGH aufgrund des vorliegenden Antrages die Nachfolgebestimmung aufheben würde.

Die Antragsteller sind schon deshalb durch die Bestimmung des - inzwischen außer Kraft getretenen - § 4 Abs 3 WeinG 1985 id Stammfassung nicht in ihrer Rechtssphäre betroffen, weil der VfGH den Antrag, § 4 Abs 3 idF der Nov. 1986 aufzuheben, abgewiesen hat (s.o. III.B.).

Der auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs 3 WeinG 1985 id Stammfassung gerichtete Antrag war demnach mangels Legitimation aller drei Antragsteller zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 9868/1983).