VfGH vom 28.06.2011, G141/10 ua
19426
Leitsatz
Abweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung der durch das Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 eingeführten Verjährungsbestimmung für Ausstattungsansprüche im ABGB; Regelung nicht unverhältnismäßig
Spruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.
1. Mit auf Art 140 B-VG gestützten Anträgen begehrt das Landesgericht St. Pölten die Aufhebung des § 1486 Z 7 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (in der Folge: ABGB) idF des Familienrechts-Änderungsgesetzes 2009 (in der Folge: FamRÄG 2009), BGBl. I 75/2009.
2. Die Anträge sind vor dem Hintergrund der folgenden Rechtslage zu beurteilen:
2.1. Die maßgeblichen die Verjährung regelnden Bestimmungen des ABGB idF des FamRÄG 2009, BGBl. I 75/2009, lauten wie folgt (die angefochtene Gesetzesstelle ist hervorgehoben):
"Verjährungsfrist. Allgemeine.
§ 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
...
§ 1480. Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen:
§ 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459) angeführten Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
...
Besondere Verjährungszeit
§ 1486. In drei Jahren sind verjährt: die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betriebe;
2. für Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur Erziehung oder zum Unterricht durch Personen, die sich damit befassen, oder in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte, Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte und aller anderen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellten Personen wegen Entlohnung ihrer Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie der Parteien wegen der Vorschüsse an diese Personen;
7. von Ausstattungen."
2.2. § 1486 Z 7 ABGB wurde mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 - FamRÄG 2009, BGBl. I 75/2009, eingefügt. Dieses lautet auszugsweise wie folgt (Hervorhebungen im Original):
"Artikel 1
Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2009, wird wie folgt geändert:
...
11. Die §§1220 bis 1223 lauten samt Überschrift:
'Ausstattung
§ 1220. Besitzt ein Kind kein eigenes, zu einer angemessenen Ausstattung hinlängliches Vermögen, so sind Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den Kindern oder Enkelkindern bei ihrer Verehelichung eine Ausstattung zu geben oder dazu verhältnismäßig beizutragen.
§ 1221. Berufen sich Eltern oder Großeltern auf ihr Unvermögen zur Bestellung einer angemessenen Ausstattung, so hat das Gericht auf Antrag des Ausstattungsberechtigten, jedoch ohne strenge Untersuchung des Vermögensstands, darüber zu entscheiden.
§ 1222. Wenn ein Kind ohne Wissen oder gegen den Willen seiner Eltern geheiratet hat und das Gericht die Ursache der Missbilligung begründet findet, sind die Eltern selbst in dem Falle, dass sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht schuldig, ihm eine Ausstattung zu geben.
§ 1223. Hat ein Kind seine Ausstattung schon erhalten und sie, wenn auch ohne sein Verschulden, verloren, so ist es nicht mehr - selbst nicht bei Eingehung einer weiteren Ehe - berechtigt, eine neue zu fordern.'
...
21. In § 1486 werden am Schluss der Z 6 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 7 angefügt:
'7. von Ausstattungen.'
...
Artikel 18
Übergangs- und Schlussbestimmungen
...
Inkrafttreten
§ 2. Dieses Bundesgesetz tritt mit in Kraft, sofern nichts anderes geregelt ist.
§ 3. ...
§ 4. Auf vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes
geschlossene Ehepakte sind die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden."
3. Den Gesetzesmaterialien zum - auf einen Initiativantrag zurückgehenden - FamRÄG 2009 ist hinsichtlich der Änderungen der §§1220 ff. und § 1486 Z 7 ABGB Folgendes zu entnehmen (673/A BlgNR 24. GP, 26 ff.):
"Das 28. Hauptstück regelt die Ehepakte und den Ausstattungsanspruch von Personen, die eine Ehe eingehen. Im Hinblick darauf, dass mit der Reform einige veraltete Vertragstypen beseitigt werden und nur noch die Gütergemeinschaft und der Erbvertrag als ausdrücklich geregelte Ehepakte im Gesetz belassen werden, erscheint es geboten, den Ausstattungsanspruch in die Überschrift des 28. Hauptstückes aufzunehmen.
...
Das ABGB umschreibt auch den Anspruch auf Ausstattung mit dem Ausdruck 'Heiratsgut'. Die Abschaffung des Heiratsgutes kann dazu benützt werden, die Terminologie des Gesetzes zu vereinheitlichen. Am Rechtsinstitut der Ausstattung soll festgehalten werden; seine Regelungen im 28. Hauptstück und im Erbrecht sollen bloß begrifflich bereinigt und sprachlich modernisiert werden. Die §§1220, 1222 und 1223 ABGB, die bisher nur die Ausstattung der Tochter oder Enkelin regeln, sollen geschlechtsneutral formuliert werden, sodass § 1231 ABGB über den inhaltsgleichen Ausstattungsanspruch des Sohnes oder Enkels aufgehoben werden kann. ...
...
Bislang war die Verjährung des mit der Eheschließung fälligen Ausstattungsanspruches gesetzlich nicht geregelt. Nach einer Lehrmeinung sollten der Anspruch an sich und die Zahlungspflicht auf Ausstattung gar nicht - unter Berufung auf § 1481 ABGB - verjähren (Hopf/Kathrein, Eherecht2, § 1220 ABGB, Anm 4). Das wurde vielfach kritisiert: ein Teil der Lehre trat für die Verjährung der Zahlungspflicht nach dreißig Jahren ein (M. Bydlinski in Rummel3, § 1220 Rz 3; Schauer, Heiratsgut herabgesetzt?, RdW 1987, 282), der andere Teil für die dreijährige Verjährung des konkret entstandenen Anspruches (B. Jud, Ausgewählte Fragen zu Heiratsgut und Ausstattung [§§1220, 1231 ABGB], NZ 1999, 37, 39, Koch in KBB2, §§1220-1221 Rz 7). Der Antrag folgt, insbesondere auf Grund der Nähe der Ausstattung zum Unterhaltsrecht und der Intention, rasch Rechtssicherheit zu schaffen, der letzteren Meinung."
4. Die vorliegenden Anträge werden aus Anlass von beim antragstellenden Gericht anhängigen Verfahren gestellt, welchen folgende Sachverhalte zugrunde liegen:
4.1. Im Ausgangsverfahren des zu G141/10 protokollierten Antrags des antragstellenden Gerichts behaupten die Antragsteller jenes Verfahrens, welche am die Ehe geschlossen haben, dass der Erstantragsteller von seiner Mutter, der Antragsgegnerin, keine angemessene Ausstattung erhalten habe. Der Antrag auf Leistung der Ausstattung wurde am beim Bezirksgericht St. Pölten eingebracht und von diesem mit Beschluss vom mit der Begründung abgewiesen, dass der Anspruch auf Ausstattung gemäß § 1486 Z 7 ABGB nach Ablauf von drei Jahren ab erfolgter Eheschließung verjährt sei.
4.2. Im Verfahren, das dem zu G142/10 protokollierten Antrag zugrunde liegt, behaupten die Antragsteller, welche am die Ehe geschlossen haben, dass die Erstantragstellerin von ihrer Mutter, der Antragsgegnerin, anlässlich der Eheschließung kein angemessenes Heiratsgut erhalten habe. Der Antrag auf Leistung des Heiratsgutes wurde am beim Bezirksgericht St. Pölten eingebracht und von diesem mit Beschluss vom (ebenfalls) mit der Begründung abgewiesen, dass "die von den Antragstellern offensichtlich gemeinte 'Ausstattung'" gemäß § 1486 Z 7 ABGB nach Ablauf von drei Jahren ab erfolgter Eheschließung verjährt sei.
4.3. Gegen diese Beschlüsse erhoben die jeweiligen Antragsteller Rekurs an das antragstellende Gericht.
5. Das antragstellende Gericht hegt das Bedenken, dass die angefochtene Gesetzesbestimmung gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie gegen den im Gleichheitssatz grundgelegten "Vertrauensgrundsatz" verstößt.
5.1. Zunächst erinnert das antragstellende Gericht an die - nach dem Geschlecht des Anspruchsberechtigten differenzierende - Rechtslage vor dem FamRÄG 2009. Der Ausstattungsanspruch sei durch das FamRÄG 2009 nunmehr unter der Überschrift "Ausstattung" einheitlich geregelt.
5.2. In der Folge bringt das antragstellende Gericht unter Bezugnahme auf die rechtswissenschaftliche Literatur vor, dass das ABGB bisher für Heiratsgut bzw. Ausstattung keine Verjährungsbestimmung enthielt. Die Rechtsprechung zu dieser Frage fasst das Gericht wie folgt zusammen:
"In der Rechtsprechung sind jedenfalls keine Stimmen bekannt, in denen für eine kurze Verjährungsfrist eingetreten worden wäre. In der Rechtsprechung wurde die Auffassung vertreten, die Unterlassung der Geltendmachung des Dotierungsanspruchs durch noch so lange Zeit während des Bestands der Ehe bedeute grundsätzlich keinen Verzicht (EvBl 1962/437 = JBl 1963,153 = EF 1.756; EF 43.505 = SZ 56/169 u. a.). Als Voraussetzung des Ausstattungs- oder Heiratsgutsanspruchs wurde stets nur angesehen, dass die Ehe noch aufrecht ist. Wurde bei erster Eheschließung kein Heiratsgut oder keine Ausstattung gewährt, bestand der Anspruch bei einer zweiten Eheschließung."
5.3. Den Erwägungen des Gesetzgebers des FamRÄG 2009 zufolge stehe dieser offenbar auf dem Standpunkt, nur eine Verdeutlichung vorgenommen und die bislang schon bestehende dreijährige Verjährungsfrist nunmehr auch gesetzlich verankert zu haben. Dies entspreche jedoch nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung.
Gemäß Art 18 Abs 2 des FamRÄG 2009 trete dieses Bundesgesetz mit in Kraft, sofern nichts Anderes geregelt sei; für die Bestimmungen über die Ausstattung sowie für die neu geschaffene Verjährungsbestimmung gebe es keine eigenen Übergangsbestimmungen.
5.4. Das antragstellende Gericht hegt das Bedenken, dass durch die Einführung der Verjährungsbestimmung ohne entsprechende Übergangsregelung in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums eingegriffen wird, da wohlerworbene Rechte mit In-Kraft-Treten des Gesetzes wegfallen würden. Durch das Fehlen von Übergangsbestimmungen werde auch der "Vertrauensgrundsatz" verletzt und werde Anspruchswerbern die Möglichkeit genommen, deren Ansprüche fristgerecht geltend zu machen.
6. Die Bundesregierung erstattete in beiden anhängigen Verfahren eine gleichlautende Äußerung, in der sie beantragt, die Anträge abzuweisen. Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen gesetzlichen Bestimmung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außer-Kraft-Treten eine Frist von sechs Monaten bestimmen, um die erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
6.1. Zunächst führt die Bundesregierung allgemein zu § 1486 Z 7 ABGB Folgendes aus:
"Bis zum Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmung war die Frage der Verjährung des Anspruches auf Heiratsgut beziehungsweise Ausstattung im ABGB nicht geregelt. Die Frage, ob beziehungsweise wann diese Ansprüche verjähren, war in der Lehre umstritten. Die in der Lehre und Rechtsprechung vertretenen Rechtsansichten werden im Antrag zutreffend zusammengefasst.
...
Der Gesetzgeber hat daher bei einer umfassenden Reform des im
28. Hauptstück des ABGB geregelten Ehegüterrechts auch die Verjährung des Ausstattungsanspruches einer eindeutigen Regelung zugeführt. Wie im erwähnten Initiativantrag ausgeführt wird, folgte dieser insbesondere auf Grund der Nähe der Ausstattung zum Unterhaltsrecht und der Intention, rasch Rechtssicherheit zu schaffen, der letzten der oben angeführten Meinungen.
Das antragstellende Gericht behauptet nicht die Verfassungswidrigkeit dieser Regelung als solcher, sondern sieht lediglich im Fehlen einer Übergangsbestimmung eine Verletzung der Eigentumsfreiheit und des Vertrauensschutzes."
6.2. Zum "behaupteten Verstoß gegen den Vertrauensschutz und die Eigentumsfreiheit" vertritt die Bundesregierung folgenden Standpunkt:
"... Der aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende
verfassungsrechtliche Vertrauensschutz verbürgt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einen Schutz vor rückwirkenden Gesetzen, einen Schutz von wohlerworbenen Rechtspositionen bzw. Anwartschaften und einen eng begrenzten Schutz von begründeten Erwartungshaltungen und damit einhergehenden faktisch getroffenen Dispositionen (...). Diesen verschiedenen Ausprägungen des Vertrauensschutzprinzips gemeinsam ist der Schutz von Vertrauenspositionen des Bürgers vor überraschenden und nicht vorhersehbaren Rechtsänderungen. Rechtspositionen, die auf privatrechtlicher Grundlage beruhen, sind nach der Rechtsprechung auch von der Eigentumsfreiheit umfasst. Die Prüfung an diesem Maßstab führt in der Regel zum selben Ergebnis (...).
...
... Aus Sicht der Bundesregierung setzt ein Eingriff in eine
verfassungsgesetzlich geschützte Vertrauensposition voraus, dass eine solche besteht.
Dies ist nach Ansicht der Bundesregierung nicht der Fall, da nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kein geschütztes Vertrauen bloß auf den unveränderten Fortbestand der Rechtslage besteht (vgl. etwa VfSlg. 13.657/1993). Nach der Rechtsprechung unterliegen dem Vertrauensschutz insbesondere Normen, die Lebenssachverhalte betreffen, denen längerfristigen Dispositionen zu Grunde liegen, wodurch eine bestimmte Erwartungshaltung geschaffen wurde.
Im gegenständlichen Fall ist nicht ersichtlich, worin die Erwartungshaltung in Bezug auf die Verjährung einer Ausstattung bestehen soll und vor allem welche längere Disposition dadurch verunmöglicht wurde.
Hinzu kommt, dass - wie bereits dargelegt - , die Frage der Verjährung des Anspruches auf Heiratsgut beziehungsweise Ausstattung vor dem Inkrafttreten des § 1486 Z 7 ABGB in der Lehre äußerst kontrovers beurteilt wurde; des Weiteren gibt es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage. Es bestand somit auch keine klare Rechtslage vor der Novelle.
... Der Regelungszweck des § 1486 Z 7 ABGB liegt, wie oben
ausgeführt, im Wesentlichen in der Schaffung rascher Rechtssicherheit für die beteiligten Personen. Das Vorsehen besonderer (langer) Übergangsfristen steht naturgemäß in einem Spannungsverhältnis zum Ziel, rasch Rechtssicherheit zu schaffen. Dieser Konflikt wurde dadurch gelöst, dass die Verjährungsregelung ab deren Inkrafttreten -
und zwar nicht nur für erst zukünftig entstehende Ansprüche auf Ausstattung - gilt, aber durch eine entsprechende Legisvakanz bis zum Inkrafttreten noch genügend Zeit zur Geltendmachung von Ausstattungsansprüchen aus länger als drei Jahre zurückliegenden Eheschließungen ermöglicht wurde: Das FamRÄG 2009 wurde mit BGBl. I Nr. 75/2009 am kundgemacht. Gemäß Art 18 § 2 tritt dieses Bundesgesetz mit in Kraft, sofern nichts anderes geregelt ist. Eine gesonderte Regelung für das Inkrafttreten des § 1486 Z 7 ABGB ist nicht vorgesehen, so dass diese Bestimmung am - also erst rund fünf Monate nach der Kundmachung - in Kraft getreten ist.
Diese Frist von rund fünf Monaten ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Interesse des Rechtsunterworfenen, einen Antrag so lange wie möglich stellen zu können, und dem Interesse an Rechtssicherheit. Sie steht auch nicht, worauf der Verfassungsgerichtshof bei der Bemessung von Fristen abstellt, jeglicher Erfahrung entgegen (zB VfSlg. 5484/1967, 9314/1982, 11.900/1988, 15.661/1999). Es bestand (abgesehen davon, dass nach der alten Rechtslage Ansprüche auf Heiratsgut oder Ausstattung bereits in der Vergangenheit hätten geltend gemacht werden können) ausreichend Zeit für die Rechtsunterworfenen, sich an die neue Regelung anzupassen und, sofern sie nach einer mehr als drei Jahre zurückliegenden Eheschließung den Ausstattungsanspruch geltend machen wollen, entsprechende Vorkehrungen zur zeitgerechten Antragstellung zu treffen. Während der Legisvakanz wäre es daher ohne weiteres möglich gewesen, Ansprüche auf Heiratsgut oder Ausstattung geltend zu machen, ohne dass dem die Verjährungsfrist des § 1486 Z 7 ABGB entgegen gestanden wäre. Die Ansicht, dass den Anspruchswerbern die Möglichkeit genommen worden sei, ihre Ansprüche fristgerecht geltend zu machen, kann daher nicht geteilt werden."
II.
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Anträge:
1.1. Gemäß Art 140 Abs 1 erster Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes u.a. auf Antrag des Obersten Gerichtshofes oder eines zur Entscheidung in zweiter Instanz berufenen Gerichtes. Diese Gerichte sind gemäß Art 89 Abs 2 zweiter Satz B-VG verpflichtet, einen solchen Prüfungsantrag zu stellen, wenn sie gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hegen.
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. In den vorliegenden Fällen ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Gesetzesstelle zweifeln ließe. Das antragstellende Gericht ist davon ausgegangen, dass eine Verkürzung der Verjährungsfrist stattgefunden hat. Diese Annahme ist zumindest denkmöglich, weshalb das Gericht in den bei ihm anhängigen Verfahren die angefochtene Bestimmung anzuwenden hatte und auch der Verfassungsgerichtshof diese anzuwenden hat. Auch die Bundesregierung bestreitet die Präjudizialität der Vorschrift nicht.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die vorliegenden Anträge werfen das Bedenken auf, dass die angefochtene Gesetzesbestimmung gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art 5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art 1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (vgl. VfSlg. 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. zB VfSlg. 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. etwa VfSlg. 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000).
2.3. Dem antragstellenden Gericht ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, dass eine Verkürzung der Verjährungsfrist - das Bestehen einer solchen vorausgesetzt - mit der Folge, dass Ansprüche, die von den Anspruchswerbern im Vertrauen auf das Bestehen einer längeren (zB dreißigjährigen) Verjährungsfrist noch nicht geltend gemacht wurden, bereits verjährt sind, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzen könnte.
Indes kann der Bestimmung des § 1486 Z 7 ABGB ein solcher Inhalt von vorneherein nicht unterstellt werden. Diese Vorschrift ist mangels ausdrücklicher abweichender gesetzlicher Regelung vielmehr dahingehend auszulegen, dass die mit dem FamRÄG 2009 eingeführte dreijährige Verjährungsfrist für Ausstattungen erst mit In-Kraft-Treten des FamRÄG 2009, somit am zu laufen begonnen hat.
Die Bedenken des antragstellenden Gerichts hinsichtlich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes beruhen sohin auf einer unzutreffenden Prämisse.
2.4. Eine solche Sichtweise entspricht der auf Abs 6 Satz 2 des Kundmachungspatents zum ABGB, JGS Nr. 946/1811, gestützten Rechtsprechung des OGH zum Beginn des Laufs der Verjährungsfrist. In seinem Urteil vom , 8 Ob 508/87, SZ 60/137, ging der OGH davon aus, dass "im Fall der Verkürzung einer bereits laufenden Verjährungsfrist durch ein neues Gesetz mangels abweichender gesetzlicher Regelung sich zwar die Länge der Verjährungsfrist nach dem neuen Gesetz bestimmt, diese (kürzere) Frist aber erst mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu laufen beginnt" (ebenso M. Bydlinski in Rummel, Kommentar zum ABGB3, Bd. II, 2002, § 1451 Rz 7; so auch ). In diesem Sinn sprach der OGH in seinem Beschluss vom , 5 Ob 311/04b, zur Frist für die nachträgliche schriftliche Genehmigung vollmachtslosen Handelns aus, dass es gemäß § 5 ABGB ausgeschlossen sei, dass der Fristenlauf vor In-Kraft-Treten der neuen Regelung begonnen und sogar geendet hätte.
2.5. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Gesetzgeber durch die Einführung einer Verjährungsfrist von drei Jahren, die erst mit In-Kraft-Treten des FamRÄG 2009, somit am , zu laufen begonnen hat, verbunden mit einer Legisvakanz von rund fünf Monaten im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums jedenfalls keine unverhältnismäßige Regelung getroffen hat; dies selbst dann, wenn man von der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung ausgeht, dass die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Ausstattungsanspruchs nach alter Rechtslage dreißig Jahre betragen hätte oder dass der Anspruch nicht verjährbar gewesen wäre.
III.
Die Anträge sind daher als unbegründet abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.