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VfGH vom 13.06.2001, g141/00

VfGH vom 13.06.2001, g141/00

Sammlungsnummer

16189

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit auch der Neufassung der Bestimmung des Regionalradiogesetzes über die Einrichtung der Privatrundfunkbehörde wegen Überschreitung der bedingten und begrenzten verfassungsrechtlichen Ermächtigung zur Einrichtung kollegialer Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag trotz der durch die Novelle eingeführten Zulässigkeit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes; Eingriff in das prinzipielle Leitungs- und Weisungsrecht der obersten, parlamentarisch verantwortlichen Organe

Spruch

I. § 13 des Bundesgesetzes, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz - RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF der Z 3b. des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 160/1999, war verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Feststellung im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Das von der in den Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zlen. 2001/12/0010 und 2001/12/0011 beschwerdeführenden und im vorliegenden Verfahren mitbeteiligten Partei gestellte Kostenbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind vier (zu B1485/99, B475/00, B733/00 und B782/00 protokollierte) Beschwerdeverfahren gegen Bescheide anhängig, mit denen die Privatrundfunkbehörde beginnend ab dem über Anträge nach dem RRG abgesprochen hat.

Aus Anlaß der Beratung dieser Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof am von Amts wegen ein Verfahren gemäß Art 140 Abs 1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des § 13 des Bundesgesetzes, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz - RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, einzuleiten. Dieses Verfahren wurde zu den Zahlen G141-144/00 protokolliert.

2. Aus Anlaß zehn bei ihm anhängiger Beschwerdeverfahren gegen Bescheide der Privatrundfunkbehörde stellte der Verwaltungsgerichtshof - unter Bezugnahme auf den Einleitungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , B1485/99-7 ua. - gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Anträge, § 13 des Bundesgesetzes, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz - RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, als verfassungswidrig aufzuheben. Diese Anträge wurden beim Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen G13/01, G110/01 und G157-164/01 protokolliert. Ihnen liegen beim Verwaltungsgerichtshof die Verfahren mit den folgenden Geschäftszahlen zugrunde:

Zu G13/01: VwGH Zl. A2000/81 (früher: 99/12/0344),

zu G110/01: VwGH Zl. A2001/40 (früher: 2001/04/0031),

zu G157/01: VwGH Zl. A2001/0056 (früher: 2001/12/0015),

zu G158/01: VwGH Zl. A2001/0051 (früher: 2001/12/0010),

zu G159/01: VwGH Zl. A2001/0054 (früher: 2001/12/0013),

zu G160/01: VwGH Zl. A2001/0055 (früher: 2001/12/0014),

zu G161/01: VwGH Zl. A2001/0058 (früher: 2001/12/0017),

zu G162/01: VwGH Zl. A2001/0052 (früher: 2001/12/0011),

zu G163/01: VwGH Zl. A2001/0053 (früher: 2001/12/0012),

zu G164/01: VwGH Zl. A2001/0057 (früher: 2001/12/0016).

3. § 13 RRG, BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, lautet:

"Privatrundfunkbehörde

§13. (1) Als Privatrundfunkbehörde wird beim Bundeskanzleramt eine Kollegialbehörde mit zwölf Mitgliedern eingerichtet, die aus den gemäß Abs 4 bestellten Mitgliedern sowie dem richterlichen Mitglied besteht. Die Mitglieder haben sachkundig zu sein, wobei sie eine mindest fünfjährige Erfahrung im Medien- oder Verwaltungsbereich aufweisen müssen.

(2) Die Mitglieder der Privatrundfunkbehörde sind gemäß Art 20 Abs 2 B-VG bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden.

(3) Die Mitglieder der Privatrundfunkbehörde gemäß Abs 4 und das richterliche Mitglied ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Ihre Amtsperiode dauert fünf Jahre.

(4) Die Bundesregierung ist bei Erstellung ihrer Vorschläge an Besetzungsvorschläge gebunden, und zwar


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1.
für sechs Mitglieder an Vorschläge der im Hauptausschuß des Nationalrates vertretenen politischen Parteien, wobei die Verteilung der Anzahl der Mitglieder auf die politischen Parteien nach deren Stärkeverhältnis im Nationalrat auf Grund des Systems von d'Hondt zu ermitteln ist und jede im Hauptausschuß des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied vertreten sein muß,


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2.
für drei Mitglieder an einen einstimmig gefaßten Vorschlag der Landeshauptmännerkonferenz,


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3.
für ein Mitglied an einen Vorschlag des Österreichischen Gemeindebundes,


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4.
für ein Mitglied an einen Vorschlag des Österreichischen Städtebundes und

(5) Des weiteren ist entsprechend der Bestimmung der Abs 3 und 4 für jedes Mitglied ein Ersatzmitglied zu bestellen.

(6) Wenn die zur Erstattung von Vorschlägen für die Ernennung von Mitgliedern gemäß Abs 4 berechtigten Organe von diesem Recht keinen Gebrauch machen und keine Vorschläge erstatten, so bleiben bei einer Feststellung der Beschlußfähigkeit der Privatrundfunkbehörde die deswegen nicht bestellten Mitglieder außer Betracht.

(7) Der Privatrundfunkbehörde dürfen nicht angehören:

1. Personen, die nicht zum Nationalrat wählbar sind;


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2.
Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk stehen oder in einem Organ des Österreichischen Rundfunks tätig sind oder in einem Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnis zu einem Hörfunkveranstalter im Sinne dieses Bundesgesetzes oder zu einem Rundfunkveranstalter im Sinne des Privatrundfunkgesetzes, BGBl. I Nr. 42/1997, stehen;


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3.
Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung, Staatssekretäre, Volksanwälte sowie der Präsident des Rechnungshofes;


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4.
Personen, die bereits zweimal in unmittelbarer Aufeinanderfolge Mitglieder der Privatrundfunkbehörde waren;


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5.
Mitglieder der Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes;

6. Mitglieder des Hörfunkbeirates.

(8) Hat ein Mitglied der Privatrundfunkbehörde drei aufeinanderfolgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet, oder tritt bei einem Mitglied ein Ausschlußgrund gemäß Abs 7 nachträglich ein, so hat dies nach seiner Anhörung die Privatrundfunkbehörde durch Beschluß festzustellen. Diese Feststellung hat den Verlust der Mitgliedschaft zur Folge.

(9) Scheidet ein Mitglied oder Ersatzmitglied der Privatrundfunkbehörde vorzeitig aus, so ist an seiner Stelle für den noch verbleibenden Rest der Amtsdauer ein neues Mitglied bzw. Ersatzmitglied unter Bedachtnahme auf Abs 4 zu bestellen.

(10) Die Mitglieder der Privatrundfunkbehörde haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld, das von der Bundesregierung durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die Bedeutung und den Umfang der von der Privatrundfunkbehörde zu besorgenden Aufgaben festzusetzen ist.

(11) Die Privatrundfunkbehörde entscheidet in oberster Instanz. Ihre Entscheidungen unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Gegen die Entscheidung der Privatrundfunkbehörde ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig."

4. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken gegen die in Prüfung genommene Bestimmung im Einleitungsbeschluß folgendermaßen dar:

"(...)

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit ... Erkenntnis vom , G175-266/99, ausgesprochen, daß § 13 RRG, BGBl. 1993/506 sowohl idF BGBl. I 1997/41 als auch idF BGBl. I 1999/2, verfassungswidrig war.

Der Gerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis die Auffassung, daß § 13 RRG (idF BGBl. I 1997/41 sowie idF BGBl. I 1999/2) auch deshalb im Widerspruch zur Verfassung stand, weil der Gesetzgeber seine - wegen des aus den Art 1 iVm. Art 18 Abs 1, Art 20 Abs 1 sowie Art 129 ff. B-VG ableitbaren Charakters der Republik Österreich als rechtsstaatlicher Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem - bedingte und begrenzte Ermächtigung gemäß den Art 20 Abs 2 und Art 133 Z 4 B-VG, kollegiale Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag einzurichten, überschritten hatte. Dazu hatten ihn folgende Erwägungen veranlaßt:

'2.b. Bereits im Erkenntnis VfSlg. 11500/1987 hat der Verfassungsgerichtshof dargelegt, daß die in der Bundesverfassung als Möglichkeit vorgesehene Einrichtung von Kollegialbehörden im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG eine Ausnahme nicht nur von der Leitungsbefugnis der obersten Organe (Art20 Abs 1 B-VG), sondern auch vom System der nachprüfenden Kontrolle der Verwaltung des Bundes und der Länder durch den Verwaltungsgerichtshof darstellt. Der Verfassungsgerichtshof hat es als verfassungsrechtlich unzulässig erachtet, diese Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof in wesentlichen Teilen durch die Einrichtung solcher Kollegialorgane zu ersetzen.

In dem die Telekom-Control-Kommission betreffenden Erkenntnis vom , B1625/98, hat der Verfassungsgerichtshof ferner festgehalten, daß die Zahl solcher Kollegialbehörden im Bereich des Bundes neuerdings deutlich zunimmt, ebenso aber auch das Gewicht der von ihnen zu besorgenden Angelegenheiten. Dies werfe insbesondere dort staatsrechtliche Probleme auf, wo die Aufgabe der (unmittelbaren) Verwaltungsführung mit der Funktion der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zusammenfällt.

2.c. Der Verfassungsgerichtshof hat in dem zuletzt zitierten Erkenntnis die Einrichtung der Telekom-Control-Kommission als 'noch zulässig' erachtet; einerseits deshalb, weil es sich bei den Regulierungsaufgaben im Bereich der Telekommunikation um einen weitgehend neuen Verwaltungsbereich handelt, dessen Bewältigung nicht nur juristischen und wirtschaftlichen, sondern in hohem Maße auch technischen Sachverstand erfordert, anderseits, weil regelmäßig die Entscheidung über civil rights in jenem Sinn zu treffen ist, den der EGMR diesem Begriff des Art 6 EMRK beimißt. Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis ausgesprochen, daß es gemäß Art 5a Abs 3 der unmittelbar wirksamen Richtlinie 90/387/EWG ein wirksames (aufsteigendes) Rechtsmittel an eine unabhängige Stelle geben muß und daher der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts dahingehend durchzuschlagen hat, daß für den Anwendungsbereich der zitierten Richtlinie Art 133 Z 4 B-VG verdrängt wird und somit auch gegen Entscheidungen der Telekom-Control-Kommission als Regulierungsbehörde eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.

2.d. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist der Verfassungsgerichtshof weiterhin der Auffassung, daß die Einrichtung kollegialer Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag gemäß Art 20 Abs 2 und Art 133 Z 4 B-VG von Verfassungs wegen nur ausnahmsweise zulässig ist, weil diese im Hinblick auf die damit verbundene Durchbrechung der Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung und im Hinblick auf die dadurch bedingte Ausnahme von der parlamentarischen Kontrolle einer besonderen Rechtfertigung bedarf.

Diese Rechtfertigung kann entweder darin liegen, daß solche Behörden dem Bild des Verfassungsgesetzgebers im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG entsprechen, das heißt - wie der historische Befund zeigt (vgl. insbesondere § 3 litb des Gesetzes RGBl. 1876/36) -, daß solchen Behörden als Berufungs- und Beschwerdeinstanzen bloße Kontrollfunktionen anstelle der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof übertragen sind (vgl. zB die Berufungsinstanzen im Bereich der beruflichen Selbstverwaltung, insbesondere im Disziplinarrecht, die Personalvertretungs-Aufsichtskommission, die Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes, die Vergabekontrolleinrichtungen), oder auch darin, daß sie als Schieds- und Schlichtungsinstanzen eingerichtet sind (wie zB die Schlichtungsstellen nach § 144 ArbVG, die Bundesschiedskommission nach § 348 ASVG, die Schiedskommission im Krankenanstaltenrecht; vgl. dazu näher Grabenwarter/Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, ZfV 2000, 196 ff.), oder daß ihnen - wie zB den Grundverkehrsbehörden - auch Entscheidungen über civil rights übertragen sind, oder schließlich darin, daß - wie bei der Telekom-Control-Kommission - sich ihre Rechtfertigung aus dem Zusammenspiel von unterschiedlichem, aus der Materie resultierendem, insbesondere technischem Sachverstand ergibt.

Für die Rechtfertigung der Einrichtung der Privatrundfunkbehörde als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kein solches besonderes Kriterium vor, es ist auch keine andere Rechtfertigung erkennbar.

Der Privatrundfunkbehörde sind - wie sich aus § 17 RRG ergibt - in erster und letzter Instanz Aufgaben der Verwaltungsführung, nämlich die Vergabe von Privatrundfunklizenzen übertragen, das heißt eine Verwaltungsaufgabe im klassischen Sinn, wie sie die Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung einer unter Bewilligungsvorbehalt stehenden Tätigkeit darstellt. Es handelt sich dabei um einen Verwaltungsbereich, der nicht - so wie im Telekom-Bereich - aus ganz besonderen Gründen eine solche Einrichtung gerechtfertigt hat. Bei diesen Aufgaben handelt es sich nämlich - im Gegensatz zur Telekom-Control-Kommission - um keinen so weitgehend neuen Verwaltungsbereich (so war nach der gemäß ArtI Abs 1 Z 7 des Bundesgesetzes BGBl. 1972/267 als Bundesgesetz geltenden Rundfunkverordnung, BGBl. 1965/333 idF BGBl. 1977/345 und 1993/507, die Entscheidung über sog. aktiven Kabelrundfunk dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sowie den ihm unterstellten Fernmeldebehörden übertragen), der es zu rechtfertigen vermag, dessen Besorgung ausschließlich einer Kollegialbehörde gemäß Art 133 Z 4 B-VG zu übertragen.

Der Hinweis der Bundesregierung, daß in diesem Bereich in hohem Maße auch 'medienwissenschaftlicher Sachverstand' (ua. im Hinblick auf Auswahlentscheidungen gemäß § 20 RRG) erforderlich ist, ist nicht geeignet, die Einrichtung der Privatrundfunkbehörde als Kollegialbehörde im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG zu rechtfertigen. Abgesehen davon, daß gemäß § 13 RRG die Mitglieder der Privatrundfunkbehörde eine mindest fünfjährige Erfahrung im Medien- oder Verwaltungsbereich aufweisen müssen, also der von der Bundesregierung aufgezeigte 'medienwissenschaftliche Sachverstand' nicht das ausschließliche Ernennungserfordernis darstellt, handelt es sich bei der Beurteilung der Auswahlgrundsätze des § 20 RRG wohl eher - wie auch die zu B157/98, B235-241/98 und B1441/98 beschwerdeführende Partei zutreffend ausführt - um wirtschaftliche Kenntnisse und solche der regionalen Gegebenheiten, wobei letztere durch das Stellungnahmerecht der Länder (§16 RRG) ausreichend berücksichtigt sind und jedenfalls nicht die Einrichtung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag rechtfertigen.

Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß mit der Übertragung der Erteilung von Privatrundfunk(sende)lizenzen an die Privatrundfunkbehörde die Entscheidung über civil rights verbunden ist.

Durch die Übertragung eines - wie oben aufgezeigt - so wesentlichen Bereichs an Verwaltungstätigkeit wie der Vergabe von Privatrundfunkbewilligungen an eine Kollegialbehörde - wenn auch mit richterlichem Einschlag - wird, ohne daß eine besondere Rechtfertigung vorläge, das prinzipielle Leitungs- und Weisungsrecht der obersten, parlamentarisch verantwortlichen Organe im Kern angetastet.

§ 13 RRG, BGBl. 1993/506 idF BGBl. I 1997/41 und BGBl. I 1999/2, widerspricht daher der Verfassung, weil der Gesetzgeber seine - wegen des aus den Art 1 iVm. Art 18 Abs 1, 20 Abs 1 sowie 129 ff. B-VG ableitbaren Charakters der Republik Österreich als rechtsstaatlicher Demokratie mit parlamentarischem Regierungssystem - bedingte und begrenzte Ermächtigung gemäß der Art 20 Abs 2 und 133 Z 4 B-VG, kollegiale Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag einzurichten, überschritten hat.

...

Dadurch, daß der Gesetzgeber Aufgaben der Verwaltungsführung und Funktionen der Verwaltungskontrolle in einer einzigen Behörde zusammenfaßt, schließt er eine umfassende Kontrolle dieser Verwaltungstätigkeit in einem nicht mehr zu rechtfertigenden Ausmaß aus. Die Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof, der die Behörden im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG jedenfalls unterliegen, ist nämlich gegenüber Akten der Verwaltung in einem Maße eingeschränkt, daß sie eine rechtsstaatlich hinreichende Kontrolle für sich allein nicht zu verbürgen vermag, muß doch aus rechtsstaatlicher Sicht die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art18 B-VG) und nicht allein deren Grundrechtsmäßigkeit gewährleistet sein. Der Verfassungsgerichtshof ist daher der Auffassung, daß die in Prüfung gezogene Regelung mit dem Rechtsstaatsprinzip, dem - wie aus Art 129 B-VG deutlich hervorgeht - die Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung immanent ist, nicht vereinbar und daher verfassungswidrig ist.

Die von der Bundesregierung insgesamt vertretene Auffassung, sowohl der verfassungsgeschichtliche Befund als auch die bisherige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes legten nahe, daß der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 und die seitdem erfolgten Novellierungen der Art 20 bzw. 133 Z 4 B-VG dem einfachen Gesetzgeber ein Wahlrecht eingeräumt hätten, nach freiem Ermessen die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes durch Einrichtung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag auszuschließen, trifft nicht zu.

Behörden im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG waren stets eine Ausnahme, wie dies bereits alle Vorgängerregelungen seit 1876 dokumentieren. Sie alle waren und sind von der Vorstellung einer bestimmten organisatorischen Mindestqualität der entsprechend eingerichteten Behörden ausgegangen - und zwar über den reinen Wortlaut des Art 133 Z 4 B-VG hinaus - mit dem stets betonten und auch beabsichtigten Zweck einer ausreichenden Sicherung der rechtsstaatlich erforderlichen Verwaltungskontrolle. Dies darf aber nicht dazu führen, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, denen im wesentlichen Aufgaben der Verwaltungsführung und nicht der Verwaltungskontrolle - wie dies bei der Privatrundfunkbehörde der Fall ist - obliegen, eine Kontrolle durch einen verwaltungsinternen Instanzenzug bzw. durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließt. Eine solche Beseitigung von verwaltungsinternem und verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz bei Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag führt bei ihrer Einrichtung allein in oberster Instanz zu einem rechtsstaatlichen Mangel, der eine solche Konstruktion verfassungswidrig werden läßt.'

3.2. Wenn auch mit der bereits zitierten Novelle BGBl. I 1999/160 die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Entscheidung der Privatrundfunkbehörde für zulässig erklärt wurde, so hat der Verfassungsgerichtshof in Ansehung des bereits auszugsweise wiedergegebenen Erkenntnisses vom und der dort zitierten Judikatur neuerlich das Bedenken, daß die Privatrundfunkbehörde als gemäß Art 133 Z 4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde - selbst unter Berücksichtigung der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für Beschwerden gegen ihre Entscheidungen - dem B-VG widerspricht und daher die in diesem Erkenntnis dazu angestellten Erwägungen auch auf § 13 RRG idF BGBl. I 1999/160 zutreffen dürften. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich daher veranlaßt, die Verfassungsmäßigkeit des § 13 RRG idF BGBl. I 1999/160 von Amts wegen zu prüfen."

5. Die Bundesregierung erstattete in den Gesetzesprüfungsverfahren Äußerungen. Sie begehrt, der Verfassungsgerichtshof wolle § 13 RRG, BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, nicht als verfassungswidrig aufheben und führt aus:

"1.2. Die Bundesregierung übersieht nicht die bereits im Erkenntnis vom , G175-266/99 zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes. Sie hält es aber, nicht zuletzt im Lichte der stattgefundenen rechtswissenschaftlichen Diskussion für sinnvoll, die nachfolgenden, für die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Regelung sprechenden Argumente vorzubringen.

2.1. Die Bundesregierung stimmt mit dem Verfassungsgerichtshof darin überein, dass es sich bei der Privatrundfunkbehörde um eine sog 'Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag' handelt, für deren Tätigkeit es keine Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung (iSd Art 19 B-VG) gibt. Es trifft daher zu, dass die Verwaltung insoweit - entgegen Art 20 Abs 1 erster Satz B-VG - nicht 'unter der Leitung der obersten Organe des Bundes' geführt wird. Die Bedeutung dieser Verfassungsvorschrift reicht indes nur so weit, als nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist.

Bundesverfassungsgesetzlich anderes bestimmt wird - unter anderem - durch die Art 20 Abs 2 und 133 Z 4 B-VG. Die Verfassungsmäßigkeit der Privatrundfunkbehörde, deren Einrichtung sich offenkundig auf die beiden letztgenannten Verfassungsvorschriften stützt, hängt somit davon ab, ob der Gesetzgeber mit ihrer Schaffung die durch sie geschaffene Ermächtigung zur Einrichtung solcher Behörden nicht überschritten hat.

2.2. Es kann nicht ernsthaft behauptet werden, dass sich dem Wortlaut des Art 133 Z 4 B-VG eine Einschränkung der den einfachen Gesetzgebern erteilten Ermächtigung zur Schaffung von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag entnehmen lässt. Wenngleich zuzugeben ist, dass 'auch auf der Verfassungsebene eine reine Wortinterpretation nicht das einzige Mittel rechtsdogmatischer Auslegung darstellt' (Grabenwarter/Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag, ZfV 2000, 194 (196)), so darf - soll nicht das 'geltende Verfassungsrecht im Lichte ... rechtspolitische(r) Vorstellungen interpretativ (umgewandelt)' werden (so Pernthaler, Die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag (1977) 12 zu interpretativen Versuchen einer restriktiven Lesart des Art 133 Z 4 B-VG) - eine dem Wortlaut der Bundesverfassung nach unbeschränkte Ermächtigung der einfachen Gesetzgeber jedenfalls nicht leichtfertig in eine eng begrenzte Ausnahmeregelung umgedeutet werden. Vielmehr können nur gewichtige methodische Gründe eine solch restriktive, den Wortlaut gleichsam korrigierende Interpretation rechtfertigen.

3.1.1. In diesem Zusammenhang könnte zunächst erwogen werden, den in Art 20 Abs 1 B-VG verankerten Grundsatz der Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung in seinem Kern als Bestandteil der verfassungsrechtlichen Grundordnung anzusehen, der interpretativ für die Auslegung anderer Vorschriften des Bundesverfassungsrechts dergestalt heranzuziehen ist, dass diese - baugesetzkonform - restriktiv ausgelegt werden müssen. Eine auf diesem Gedanken aufbauende Argumentation erwiese sich (selbst unter der Annahme, dass der erwähnte Grundsatz in seinem Kern tatsächlich zur verfassungsrechtlichen Grundordnung zu rechnen wäre, was hier freilich nicht näher untersucht werden soll) indes aus folgenden Gründen als nicht überzeugend:

3.1.2. Die Bundesregierung geht zunächst weiterhin davon aus, dass ausschließlich die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bundesverfassung im November 1920 bestehende Verfassungsrechtslage für die Ermittlung des normativen Gehalts der durch Art 44 Abs 3 (bis : Art 44 Abs 2) B-VG konstituierten verfassungsrechtlichen Grundordnung maßgeblich ist: Ausgehend von der in der Lehre herrschenden Auffassung (vgl. zB Thienel, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht (1990) 56 bei FN 122), wonach die Grundprinzipien der Bundesverfassung nur durch Auslegung der Stammfassung der Bundesverfassung auf induktivem Wege abgeleitet werden können, ist es nämlich schlechthin ausgeschlossen, dass eine Regelung, die bereits zu diesem Zeitpunkt der Bundesverfassung angehörte, mit einem Grundprinzip im Widerspruch steht (in diesem Sinne auch VfSlg. 11.888/1988 und 12.223/1989, wo der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass der damalige Art 44 Abs 2 und heutige Art 44 Abs 3 B-VG 'niemals Maßstab für die Entstehung der Bundesverfassung' sein kann).

3.1.3. Gemäß Art 131 Z 3 B-VG 1920, StGBl. Nr. 450/1920 bzw. BGBl. Nr. 1/1920 waren von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ex constitutione die Angelegenheiten ausnahmslos ausgeschlossen, über die eine Kollegialbehörde zu entscheiden oder zu verfügen hat, der in erster oder höherer Instanz wenigstens ein Richter angehört. Eine Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers, in diesen Fällen die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorzusehen, gab es nicht.

Daraus folgt, dass welch gewichtige Bedeutung die in Art 20 Abs 1 erster Satz B-VG verankerte Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung im Gefüge der österreichischen Verfassungsrechtsordnung auch immer haben mag, sie jedenfalls nicht so groß sein kann, dass sie unter Berufung auf den Grundsatz der baugesetzkonformen Auslegung eine einschränkende Auslegung der durch Art 131 Z 3 B-VG 1920 den einfachen Gesetzgebern in der Stammfassung des B-VG eingeräumten (und nunmehr in Art 133 Z 4 B-VG verankerten) Befugnis zur Schaffung der darin genannten Behörden rechtfertigen würde (so im Ergebnis auch Pernthaler, Kollegialbehörden 35 ff, der zutreffend davon ausgeht, dass die in Rede stehende Verfassungsnorm - auch - 'das verfassungsrechtliche Demokratieprinzip selbst mitgeprägt hat').

3.1.4. Sinngemäß Gleiches gilt auch hinsichtlich der verfassungsrechtlich vorgesehenen parlamentarischen Kontrolle der obersten Organe der Vollziehung, die sich freilich von vornherein nur auf 'die Geschäftsführung der Bundesregierung' bezieht (vgl. zB Öhlinger, Verfassungsrecht4 (1999) Rz 471; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 (2000) Rz 502), unter die die Tätigkeit von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag offenkundig nicht subsumiert werden kann.

3.2. Eine den Wortlaut einschränkende restriktive Auslegung des Art 133 Z 4 B-VG kann freilich auch unter dem Aspekt einer historischen Interpretation oder unter Heranziehung des rechtsstaatlichen Systemgedankens der Bundesverfassung nicht gerechtfertigt werden:

3.2.1. Die Geschichte der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit zeigt, dass Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag bereits seit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine rechtliche Sonderstellung zukommt. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.172/1998 selbst festgestellt hat, sah schon das Gesetz über die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofes, RGBl. Nr. 36/1876, eine Ausnahme der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes bezüglich Entscheidungen vor, welche von einer aus Verwaltungsbeamten und Richtern zusammengesetzten Instanz geschöpft worden waren. Im Motivenbericht wird dies damit begründet, dass die 'hohe richterliche Stellung der entscheidenden Behörde solche Garantien richtiger Entscheidung darbietet, die selbst von einem Verwaltungsgerichtshof nicht stärker geboten werden können' (vgl. hiezu ausführlich Pernthaler, Kollegialbehörden 17 ff).

3.2.2. Die Sichtweise, dass eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag solche Garantien richtiger Entscheidung darbietet, die selbst von einem Verwaltungsgerichtshof nicht stärker geboten werden können, wurde - auf der Grundlage von in einem Zeitraum von immerhin mehr als 40 Jahren gemachten Erfahrungen - vom Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 übernommen. Wie bereits erwähnt, waren gemäß Art 131 Z 3 B-VG 1920, StGBl. Nr. 450/1920 bzw. BGBl. Nr. 1/1920 von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ex constitutione die Angelegenheiten ausnahmslos ausgeschlossen, über die eine Kollegialbehörde zu entscheiden oder zu verfügen hat, der in erster oder höherer Instanz wenigstens ein Richter angehört. Eine Ermächtigung des einfachen Gesetzgebers, in diesen Fällen die Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes vorzusehen, gab es selbst in den Fällen nicht, in denen ein Richter lediglich in erster, nicht aber auch in höherer Instanz einer solchen Kollegialbehörde angehörte. (Die Bezugnahme auf die erste Instanz im Text des Art 131 Z 3 B-VG 1920 zeigt im Übrigen, dass der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 es durchaus als zulässig erachtete, Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag auch in einziger Instanz mit Aufgaben der Verwaltungsführung zu betrauen).

3.2.3. In ihrem das Verständnis des historischen Verfassungsgesetzgebers widerspiegelnden Kommentar stellen Kelsen/ Froehlich/Merkel, Bundesverfassung 1920 (1922), 245 fest, dass dort, wo ein Richter derart im Rahmen einer kollegialen Verwaltungsbehörde beteiligt ist, 'eine Rechtskontrolle durch ein besonderes Verwaltungsgericht überflüssig ist.'

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 14.555/1996 Art 133 Z 4 B-VG daher mit Fug und Recht als 'den normativen Ausdruck dessen, dass nach Einschätzung des Verfassungsgesetzgebers die Möglichkeit der Anrufung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle an sich erübrigt' qualifiziert. Die Bundesregierung hält diese Formulierung für zutreffend; sie geht davon aus, dass der skizzierte historische Befund dazu zwingt, davon auszugehen, dass auch der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 bei der Schaffung des Art 131 Z 3 B-VG von der Auffassung geleitet wurde, dass Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag solche Garantien richtiger Entscheidungen darbieten, wie sie selbst von einem Verwaltungsgerichtshof nicht stärker geboten werden können. Somit ist davon auszugehen, dass Art 133 Z 4 B-VG (in den Worten des Verfassungsgerichtshofes) der 'normative Ausdruck dessen (ist), dass nach Einschätzung des Verfassungsgesetzgebers die Möglichkeit der Anrufung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle an sich erübrigt' (vgl. VfSlg. 14.555/1996).

3.2.4. Im Lichte dieser Erwägungen erweisen sich Verwaltungsgerichtshof und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag aus dem Blickwinkel des Rechtsschutzsystems der Bundesverfassung in verfassungsrechtlicher Hinsicht dem Grunde nach als rechtsstaatlich gleichwertig. Ausgehend davon erscheint es aber kaum erklärbar, warum die Einrichtung von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich sein könnte.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sich sowohl eine unter Berufung auf den rechtsstaatlichen Kontext des 6. Hauptstückes des B-VG als auch eine auf verfassungshistorischen Überlegungen aufbauende restriktive Auslegung des Art 133 Abs 4 B-VG als unzutreffend erweist.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G175-266/99, die Auffassung vertreten, dass die Einrichtung kollegialer Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag gemäß Art 20 Abs 2 und Art 133 Z 4 B-VG von verfassungs wegen nur ausnahmsweise zulässig ist, weil 'dies im Hinblick auf die damit verbundene Durchbrechung der Leitungs- und Weisungsbefugnis der obersten Organe der Vollziehung und im Hinblick auf die dadurch bedingte Ausnahme von der parlamentarischen Kontrolle einer besonderen Rechtfertigung bedarf.'

Diese Prämisse wird indes weder in dem in Rede stehenden Erkenntnis selbst noch in den dort zitierten Erkenntnissen VfSlg. 11.500/1987 und 15.427/1999 begründet. Nach Auffassung der Bundesregierung ist sie aus folgenden Gründen unzutreffend: Es trifft wohl zu, dass Art 20 Abs 1 erster (Satz) B-VG anordnet, dass nach den Bestimmungen der Gesetze auf Zeit gewählte Organe oder ernannte berufsmäßige Organe die Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder führen. Bundesverfassungsgesetzlich anderes bestimmt ist aber eben in Art 20 Abs 2 B-VG und Art 133 Z 4 B-VG. Eine im Lichte des Art 20 Abs 1 B-VG gebotene restriktive Interpretation der beiden letztgenannten Verfassungsvorschriften kann aber - wie vorstehend (3. 1.) dargelegt - weder mit einer Wortlautinterpretation, noch unter Berufung auf den Grundsatz einer baugesetzkonformen Auslegung noch mit verfassungshistorischen Argumenten gerechtfertigt werden. Auch eine sonstige Rechtfertigung ist nicht erkennbar. Die Bundesregierung vermag nicht zu ersehen, aus welcher anderen Verfassungsvorschrift das vom Verfassungsgerichtshof angenommene Erfordernis 'einer besonderen Rechtfertigung' hinsichtlich der Zulässigkeit der Einrichtungen von Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG zu entnehmen ist (idS auch Mayer, Möglichkeiten und Grenzen der Schaffung neuer unabhängiger Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG, in Holoubek/Lang, Senatsverfahren in Steuersachen (2001) (in Druck): 'Daß die Einrichtung solcher Behörden (im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG) einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, ist aus keiner Norm des positiven Rechts ableitbar und wird vom Verfassungsgerichtshof bloß behauptet.') Nur am Rande sei erwähnt, dass die vom Verfassungsgerichtshof angenommenen besonderen Rechtfertigungsgründe, die die Einrichtung einer solchen Behörde seines Erachtens im Lichte des Art 20 Abs 1 B-VG rechtfertigen sollen, weder mit dem Verfassungstext noch aus der Verfassungsstruktur heraus begründet werden (und sich nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht begründen lassen).

5.1. Im Lichte der unter 3.2. angestellten Überlegungen erweisen sich auch die Rechtsstaatsbedenken des Verfassungsgerichtshofes als unbegründet. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom , G175-266/99, mit dem Wortlaut des Art 133 Z 4 B-VG (aus dem Pernthaler in seiner grundlegenden Studie über die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag abgeleitet hat, dass 'von Verfassungswegen der Ausschluß der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gegen Entscheidungen der Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag die Regel, die Zulassung dieser Kontrolle dagegen die Ausnahmen sein soll' (aa0, 60)) nicht auseinander gesetzt hat. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in einer seit Jahrzehnten gefestigten ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, dass die Einrichtung einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag in einziger Instanz auch ohne Schaffung einer Beschwerdemöglichkeit an den Verwaltungsgerichtshof keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. zB VfSlg. 4819/1964, 4820/1964, 6092/1969, 13.012/1992 und zuletzt noch 14.109/1995). Es erscheint schwer vorstellbar, dass der Verfassungsgerichtshof und sämtliche Vertreter der Lehre die insoweit aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystem erfließenden grundlegenden verfassungsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Sicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, wie sie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G175-266/99, in Abkehr von dieser Rechtsprechung nunmehr unter Berufung auf Art 129 B-VG - der seinerseits erst 1946 aus dem Rechtsbestand der Verfassung des Jahres 1934 übernommen wurde - als bestehend erachtet, über Jahrzehnte gänzlich verkannt haben.

5.2. Aber selbst wenn man all diese gegen die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sprechenden Argumente nicht teilen wollte, so kann nicht übersehen werden, dass die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom angenommenen rechtsstaatlichen Grundsätze nicht die Verfassungswidrigkeit des § 13 RRG idF BGBl. I Nr. 160/1999 nach sich ziehen können, weil nunmehr eben die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist. Damit müsste nach Ansicht der Bundesregierung den Bedenken, dass 'eine umfassende Kontrolle (der) Verwaltungstätigkeit in einem nicht mehr zu rechtfertigenden Ausmaß ausgeschlossen ist,' von vornherein der Boden entzogen sein, weil eben - entgegen der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erachteten Rechtslage - eine 'Beseitigung von verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz' nicht mehr vorliegt und durch die Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nunmehr jedenfalls sichergestellt ist.

6. Die Bundesregierung ist daher zusammenfassend der Auffassung, dass die vom Verfassungsgerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 RRG idF BGBl. I Nr. 160/1999 in seinem Prüfungsbeschluss erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zutreffen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat die Gesetzesprüfungsverfahren gemäß § 35 Abs 1 VerfGG 1953 iVm. § 187 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

1. Die Gesetzesprüfungsverfahren sind zulässig.

Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die Annahme sprechen, daß die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den jeweils bei ihnen anhängigen Beschwerdeverfahren die wiedergegebene Gesetzesvorschrift anzuwenden hätten. Auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen liegen offenkundig vor.

2. Die im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken treffen zu.

Im Gesetzesprüfungsverfahren ist nichts hervorgekommen, das geeignet wäre, die im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit des § 13 RRG idF BGBl. I Nr. 160/1999 zu entkräften, insbesondere brachte die Bundesregierung keine - in der Sache - neuen, nicht schon in ihrer Äußerung im Verfahren G175-266/99 herangezogenen Argumente vor. Soweit die Bundesregierung - jüngste Literatur zitierend (vgl. Mayer, Möglichkeiten und Grenzen der Schaffung neuer unabhängiger Kollegialbehörden nach Art 133 Z 4 B-VG, in Holoubek/Lang, Senatsverfahren in Steuersachen (2001)) - in ihrer Äußerung ausführt, daß "aus keiner Norm des positiven Rechts ableitbar (sei) und (...) vom Verfassungsgerichtshof bloß behauptet (werde)", daß "die Einrichtung solcher Behörden (im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG) einer besonderen Rechtfertigung bedürfte", so ist ihr zu entgegnen, daß sich aus dem System des Bundesverfassungsrechts ergibt, daß das Leitungsrecht der obersten Organe die Regel ist und die Einrichtung der in Rede stehenden Behörden nur die Ausnahme sein kann. Eine Ausnahme liegt aber nur dann vor, wenn unter Verwaltungsbereichsaspekten ein besonderer Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Auch unter der Berücksichtigung, daß mit der Novellierung des § 13 RRG durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 160/1999, gegen Entscheidungen der Privatrundfunkbehörde die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig gemacht wurde, bleibt der Verfassungsgerichtshof bei seiner schon im Erkenntnis vom , G175-266/99, vertretenen Auffassung, daß die Privatrundfunkbehörde als gemäß Art 133 Z 4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde dem B-VG widerspricht, weil ihr als einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag in erster und letzter Instanz ein - wie oben aufgezeigt - so wesentlicher Bereich an Verwaltungstätigkeit wie der Vergabe von Privatrundfunkbewilligungen übertragen wurde, ohne daß dafür eine besondere Rechtfertigung vorlag. Das prinzipielle Leitungs- und Weisungsrecht der obersten, parlamentarisch verantwortlichen Organe wurde dadurch im Kern angetastet.

§ 13 RRG, BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, widerspricht sohin der Verfassung, weil der Gesetzgeber seine - wegen des aus den Art 1 iVm. Art 18 Abs 1 und 20 Abs 1 B-VG ableitbaren Charakters der Republik Österreich als parlamentarischer Demokratie - bedingte und begrenzte Ermächtigung gemäß der Art 20 Abs 2 und 133 Z 4 B-VG, kollegiale Verwaltungsbehörden mit richterlichem Einschlag einzurichten, überschritten hat.

3. Im Hinblick auf das am in Kraft getretene Privatradiogesetz (PrR-G, Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden, BGBl. I Nr. 20/2001) und das gleichzeitige Außerkrafttreten des RRG war gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auszusprechen, daß § 13 RRG, BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 160/1999, verfassungswidrig war (vgl. VfSlg. 4883/1984, 5996/1969, 8099/1077, 15203/1998).

4. Der von der in den Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zlen. 2001/12/0010 (A2001/0051) und 2001/12/0011 (A2001/0052) beschwerdeführenden und im vorliegenden Verfahren mitbeteiligten Partei beantragte Kostenersatz für die Erstattung einer Äußerung war nicht zuzusprechen, weil der Kostenersatz für Interventionen im amtswegig eingeleiteten Normprüfungsverfahren im Anlaßverfahren geltend zu machen ist.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VerfGG 1953 ohne Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung getroffen werden.