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VfGH vom 27.02.1997, G1399/95

VfGH vom 27.02.1997, G1399/95

Sammlungsnummer

14767

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Regelung des Sbg SozialhilfeG über die Berechnung des Kostenbeitrags der Stadt Salzburg zu den vom Land zu tragenden Kosten der Sozialhilfe mangels hinreichender inhaltlicher Determinierung

Spruch

Die Sätze 3 und 4 des § 40 Abs 4 des Salzburger Sozialhilfegesetzes idF LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 waren verfassungswidrig.

Die Bestimmung ist auch auf jene Tatbestände nicht mehr anzuwenden, die dem bei der Salzburger Landesregierung anhängigen Verfahren bezüglich des von der Stadtgemeinde Salzburg für das Rechnungsjahr 1994 im Rahmen der sozialen Wohlfahrt zu leistenden Beitrages zugrundeliegen.

Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B623/95 und B666/95 zwei Beschwerden der Stadtgemeinde Salzburg gegen jeweils einen Bescheid der Salzburger Landesregierung anhängig, mit welchen der beschwerdeführenden Gemeinde aufgetragen wurde, für das Rechnungsjahr 1992 S 83.271.340,-- und für das Rechnungsjahr 1993

S 100.610.276,-- binnen 14 Tagen ab Zustellung des jeweiligen Bescheides mittels beigeschlossener Zahlscheine auf ein näher bezeichnetes Konto abzustatten.

Die bescheiderlassende Behörde stützte sich dabei auf die §§58 ff AVG, § 40 Salzburger Sozialhilfegesetz (im folgenden: SSHG), § 16 Salzburger Behindertengesetz und § 6 Salzburger Pflegegeldgesetz.

2. Bei der Behandlung dieser Beschwerden sind Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des dritten und vierten Satzes des § 40 Abs 4 SSHG idF LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 entstanden. Der Gerichtshof hat daher beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Gesetzesbestimmungen einzuleiten.

3. Die in Prüfung gezogenen Vorschriften stehen in folgendem normativen Zusammenhang:

3.1. Das SSHG, LGBl. für Salzburg Nr. 19/1975, dient nach seinem § 1 dazu, jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen. Zur Verwirklichung dieser Zielsetzung wird unter anderem eine - im dritten Abschnitt des Gesetzes näher geregelte - "Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes" gewährt, auf die jeder "Hilfesuchende" einen Rechtsanspruch hat (§5 leg.cit.).

3.2. Die Tragung der Kosten der Sozialhilfe ist im § 40 leg.cit. geregelt.

3.2.1. § 40 Abs 4 SSHG in seiner ursprünglichen Fassung lautete wie folgt:

"(4) Zu den vom Land zu tragenden Kosten der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes einschließlich des Aufwandes für das bei den Bezirkshauptmannschaften mit der Sozialhilfe befaßte Personal haben die Gemeinden dem Land jährlich einen Beitrag in der Höhe von 80 v. H. zu leisten. Der Kostenbeitrag ist für die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe der abgestuften Bevölkerung (§8 Abs 3 des Finanzausgleichgesetzes 1973), wobei für die Stadt Salzburg ein Vervielfältigungsfaktor von 3,5 anzuwenden ist, zu ermitteln."

3.2.2. Durch die Novelle LGBl. für Salzburg Nr. 19/1984 erhielt diese Bestimmung folgende Fassung:

"(4) Zu den vom Land zu tragenden Kosten der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes einschließlich des Aufwandes für das bei den Bezirkshauptmannschaften mit der Sozialhilfe befaßte Personal haben die Gemeinden dem Land jährlich einen Beitrag in der Höhe von 65 v. H. zu leisten. Der Kostenbeitrag ist für die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe der abgestuften Bevölkerung (§8 Abs 3 des Finanzausgleichsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 673/1978) zu ermitteln. Für die Stadt Salzburg ist hiebei ein Vervielfältigungsfaktor anzuwenden, der von der Landesregierung auf Grund der Unterlagen des Landes-Rechnungsabschlusses des vorvergangenen Jahres festzusetzen ist. Der Vervielfältigungsfaktor ist auf zwei Dezimalstellen genau zu ermitteln; der verbleibende Rest ist auf- oder abzurunden."

Der Antrag, der zur Änderung des § 40 Abs 4 SSHG durch diese Novelle führte, wurde wie folgt begründet (74 Blg. StenProt Sbg LT, 5. Session der 8. GP):

"Der im Salzburger Sozialhilfegesetz festgelegte Vervielfältigungsfaktor von 3,5 für die Stadt Salzburg beruht auf der Grundlage, daß in den Jahren 1969 bis 1971 das Verhältnis der Sozialhilfeaufwendungen zwischen der Stadt Salzburg und den übrigen Gemeinden des Landes 55,2 % : 44,8 % betragen hat. Die Entwicklung in den Jahren 1975 bis 1982 hat gezeigt, daß mit Ausnahme des Jahres 1977 der Nettoaufwand der Stadt nicht 55,2 % betrug, sondern lediglich knapp über 50 % lag und in den Jahren 1981 und 1982 sogar der Aufwand der übrigen Gemeinden den der Stadt Salzburg übertraf. Dies führte 1982 zu einer Aufteilung von 51,28 % Bezirksaufwand gegenüber 48,72 % Stadtaufwand. Nach den Jahresvoranschlägen für die Jahre 1983 und 1984 bleibt die Tendenz zu Lasten der Stadtgemeinde gleich.

Um den Deckungsbeitrag der Stadtgemeinde und der übrigen Gemeinden für die Sozialhilfeaufwendungen auszugleichen, wäre ein Vervielfältigungsfaktor anzustreben, der dem Verhältnis der Sozialhilfeaufwendung entspricht. Für das Jahr 1984 beträgt der Faktor 2,80. Dies ist einer Aufstellung über die Entwicklung des Sozialhilfepflichtaufwandes in den Jahren 1975 bis 1982 zu entnehmen."

Der Verfassungs- und Verwaltungsausschuß des Salzburger Landtages äußerte sich dazu wie folgt (104 Blg. StenProt Sbg LT, 5. Session der 8. GP):

"Die vorliegende Novellierung des Salzburger Sozialhilfegesetzes betrifft eine Belastungsverschiebung im Bereich des Kostenersatzes der Gemeinden für Pflichtleistungen des Sozialhilfeträgers. Diesen Aufwand haben die Gemeinden miteinander nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel im Sinne des Finanzausgleichsgesetzes 1979 zu tragen, wobei allerdings der für die Stadt Salzburg anzuwendende Vervielfältiger seit der Geltung des Sozialhilfegesetzes auf Grund des damals festgestellten einschlägigen Fürsorgeaufwandes 3,5 beträgt. Er wird durch die Novellierung neu bestimmt und zwar so, daß er dem jeweiligen jahreweisen tatsächlichen Aufwand auf der Grundlage des Rechnungsergebnisses des Landes für das vorvergangene Jahr entspricht. Praktisch bedeutet das z.B. für das Jahr 1984 eine Herabsetzung des Vervielfältigers auf ca. 2,8."

3.2.3. Seit der Novelle LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 lautet § 40 Abs 4 SSHG - die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben - wie folgt:

"(4) Zu den vom Land zu tragenden Kosten der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes einschließlich des Aufwandes für das bei den Bezirkshauptmannschaften mit der Sozialhilfe befaßte Personal und jener Kosten für den sozialen Dienst nach § 22 Abs 2 letzter Satz, die vorwiegend bei der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes wirksam werden haben die Gemeinden dem Land jährlich einen Beitrag in der Höhe von 65 v. H. zu leisten. Der Kostenbeitrag ist für die einzelnen Gemeinden nach Maßgabe der abgestuften Bevölkerung (§8 Abs 3 des Finanzausgleichsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 673/1978) zu ermitteln. Für die Stadt Salzburg ist hiebei ein Vervielfältigungsfaktor anzuwenden, der von der Landesregierung auf Grund der Unterlagen des Landes-Rechnungsabschlusses des vorvergangenen Jahres festzusetzen ist. Der Vervielfältigungsfaktor ist auf zwei Dezimalstellen genau zu ermitteln; der verbleibende Rest ist auf- oder abzurunden."

Diese Fassung ist gemäß ArtII Abs 1 leg.cit. mit in Kraft getreten.

3.2.4. Wie sich aus ArtII Abs 6 des LGBl. für Salzburg Nr. 28/1995 ergibt, ist § 40 Abs 4 SSHG idF LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 mit Ablauf des außer Kraft getreten.

4. Der Verfassungsgerichtshof ging bei Einleitung der Gesetzesprüfungsverfahren davon aus, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei Erlassung der angefochtenen Bescheide angewendet wurden und daß auch er sie bei der Entscheidung über die an ihn gerichteten Beschwerden anzuwenden hätte.

5. Seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogenen Sätze 3 und 4 des § 40 Abs 4 SSHG formulierte der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß wie folgt:

"... Gemäß Art 18 Abs 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Dies bedeutet, daß alle vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe so beschaffen sein müssen, daß sie einen der Vollziehung fähigen Inhalt umschreiben (VfSlg. 8209/1977, 10296/1984, 12133/1989).

... Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, daß der für die Ermittlung eines Vervielfältigungsfaktors vorgesehene Berechnungsmodus in einer Weise im Gesetz vorgesehen sein muß, die es den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts ermöglicht, die in Anwendung des Gesetzes erlassenen individuellen Verwaltungsakte auf ihre Übereinstimmung mit der entsprechenden gesetzlichen Norm zu überprüfen (vgl. zB VfSlg. 10158/1984, 11937/1988).

... Die in Prüfung gezogene Regelung entspricht diesen Anforderungen offenbar nicht. Sie ordnet lediglich an, daß der Vervielfältigungsfaktor von der Landesregierung aufgrund der Unterlagen des Landes-Rechnungsabschlusses des vorvergangenen Jahres festzusetzen ist. Was 'festzusetzen' bedeutet, ob nur damit ausgesagt werden soll, daß der Vervielfältigungsfaktor zu errechnen ist oder ob er von der Salzburger Landesregierung normativ festzulegen ist und ob dies durch einen bekämpfbaren Bescheid oder durch eine Verordnung zu erfolgen habe, bleibt unklar und damit unbestimmt. In welcher Weise die Unterlagen des Landes-Rechnungsabschlusses des vorvergangenen Jahres zur Festsetzung des Vervielfältigungsfaktors heranzuziehen sind, maW nach welchen Kriterien der Vervielfältigungsfaktor zu ermitteln ist, wird im Gesetz anscheinend ebenfalls nicht geregelt.

Die belangte Behörde meint in ihrer Gegenschrift, daß sich aus den von ihr dargelegten Überlegungen 'ganz klar' ergibt, daß nur eine Möglichkeit der Berechnung des Kostenbeitrages der Beschwerdeführerin gemäß § 40 Abs 4 SSHG bestehe; der Vervielfältigungsfaktor sei aus der Gleichung Prozentsatz der Ausgaben der Landgemeinden : Prozentsatz der Ausgaben der Stadtgemeinde = Summe der abgestuften Bevölkerung des Landes :

der Summe der fiktiven abgestuften Bevölkerung der Stadt, die eine Beteiligung der Stadt im Ausmaß ihrer tatsächlichen Kosten garantieren soll (= X), und aus der Division von X durch die Einwohnerzahl der Stadt Salzburg zu ermitteln.

Der Verfassungsgerichtshof vermag vorläufig nicht zu erkennen, daß diese Berechnung des Vervielfältigungsfaktors - die unter dem Aspekt des Art 18 B-VG wegen der gehäuften Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe ebenfalls bedenklich erscheint - aus der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung abzuleiten ist; vielmehr scheint sich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien (Nr. 74 und 104 Blg StenProt 5. Session, 8. GP) zu ergeben, daß bei der Schaffung dieser Bestimmung an eine bestimmte Berechnungsmethode gedacht wurde. Die in Prüfung gezogene Bestimmung erscheint somit mangels ausreichender inhaltlicher Determinierung verfassungswidrig zu sein.

Darüber hinaus hegt der Verfassungsgerichtshof das zusätzliche Bedenken, daß die letzten beiden Sätze des § 40 Abs 4 SSHG dem Gleichheitssatz nicht entsprechen. Durch die genannte Bestimmung wird für die Stadt Salzburg hinsichtlich des von ihr zu leistenden Kostenbeitrages im Vergleich zu den anderen Gemeinden eine Sonderregelung getroffen, obwohl die Sonderstellung der Stadt Salzburg als Ballungsraum an sich bereits durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel (zweiter Satz des § 40 Abs 4 SSHG) berücksichtigt wäre. Die in Prüfung gezogene Bestimmung scheint einen darüber hinausgehenden Regelungsinhalt zu besitzen, der die Stadt Salzburg gegenüber den übrigen Gemeinden unterschiedlich stellen dürfte und für den der Verfassungsgerichtshof eine sachliche Rechtfertigung vorläufig nicht zu erkennen vermag; dies auch im Hinblick auf die scheinbare Unbestimmtheit der in Prüfung gezogenen Bestimmung."

6. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes beitritt. Nach ihrer Ansicht verstoßen die in Prüfung gezogenen Vorschriften sowohl gegen das verfassungsrechtliche Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Gesetzen (Art18 B-VG) als auch gegen den Gleichheitssatz (Art7 B-VG).

6.1. Zum angenommenen Verstoß gegen Art 18 B-VG wird im wesentlichen vorgebracht:

"Wie auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Unterbrechungsbeschluß vom ausführt, ist zunächst formalrechtlich unklar, in welcher Rechtsform der für die Berechnung des städtischen Anteiles heranzuziehende Vervielfältigungsfaktor von der Salzburger Landesregierung festzulegen ist, weil diesbezüglich der Gesetzgeber überhaupt keine Aussage macht. Nach ha. Auffassung bestehen zumindest drei Möglichkeiten der Festlegung: zunächst einerseits als eine bloße Berechnung (d.h. als bloße Tatbestandsfestlegung) und anderseits in normativer Form, d.h. als normative Festlegung. Wenn - wovon in verfassungskonformer Interpretation aus Rechtsstaatlichkeitserwägungen auszugehen ist - eine normative Festlegung zu erfolgen hat, sind wiederum zwei Verwaltungsakte der Erledigung denkbar, nämlich in Form eines Bescheides oder einer Verordnung. Dabei ist zu beachten, daß diese Festlegung auch Auswirkungen auf die Vorschreibung des Anteiles der übrigen 118 Gemeinden des Bundeslandes Salzburg hat, weil die Festlegung der Höhe des Anteiles der Stadtgemeinde Salzburg die Höhe des von den übrigen Gemeinden des Bundeslandes zu leistenden Beitrages bedingt: Eine hohe Beitragsleistung für die Stadt führt zu geringeren Verpflichtungen der übrigen Gemeinden, während umgekehrt eine niedrige Beitragsvorschreibung für die Stadtgemeinde Salzburg die Verpflichtungen der übrigen Gemeinden erhöht. ... Die mangelnde Normierung, in welcher Form der Vervielfältigungsfaktor festzulegen ist, ist bereits ein Element der Unbestimmtheit dieser gesetzlichen Regelung.

Darüberhinaus führen die in § 40 Abs 4 SHG verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe dazu, daß die Berechnung der Beitragsvorschreibung auch inhaltlich nicht nachvollziehbar ist. Weil das Gesetz keinerlei Anhaltspunkte festlegt, nach welchen Kriterien bzw. welcher Methode der Vervielfältigungsfaktor festzulegen ist, ist diese gesetzliche Regelung völlig undeterminiert und damit nicht in einer für den Normadressaten nachprüfbaren Art vollziehbar. Die sich durch die mangelnde normative Determinierung ergebende Unklarheit der gesetzlichen Regelung ist letztlich sicherlich auch ein Grund für die in den letzten Jahren ständigen Rechtsauseinandersetzungen zwischen der Stadtgemeinde Salzburg und der Salzburger Landesregierung und dafür, daß Land und Stadtgemeinde jeweils von verschiedenen Daten ausgehen und damit bereits unklar ist, welche Zahlen überhaupt der Berechnung zugrunde zu legen sind. So können z.B. die von Seiten des Amtes der Salzburger Landesregierung in den Gegenschriften der Beschwerdeverfahren angeführten Zahlen über den Nettoaufwand im Bereich der Sozialhilfe von 1984 bis 1992 (S. 12 der Gegenschriften) von der Rechnungsstelle der zuständigen Magistratsabteilung nicht nachvollzogen werden, da zum einen ha. keine Daten über die Landes-Rechnungsabschlüsse aus der Sozialhilfe für die Jahre 1984 bis 1987 vorliegen, zum anderen beinahe jedes Jahr nach Einführung der EDV in der Stadt Salzburg (beginnend mit 1989) Buchungsdifferenzen zwischen dem Amt der Landesregierung und dem Magistrat bestanden ...

Das Dilemma der Nichtnachvollziehbarkeit diverser Rechnungsgrößen ('gravierende Datenprobleme') behinderte sogar eine im Jahre 1994 vom Amt der Salzburger Landesregierung in Auftrag gegebene Studie von Univ.-Prof. Dr. Manfried Gantner, über 'Finanzwissenschaftliche Analyse des Salzburger Sozialhilfegesetzes - mit besonderer Berücksichtigung der Kostenverteilung gemäß § 40 SbgSHG'. ...

...

Die auf Seite 7 bis 14 der ... Gegenschriften der Salzburger Landesregierung im Beschwerdeverfahren enthaltenen extrem umfangreichen Ausführungen und Berechnungserklärungen belegen nach ha. Auffassung mehr als eindeutig, daß die Berechnung des die Stadtgemeinde Salzburg betreffenden Kostenanteiles nicht nur - wie die belangte Behörde meint - 'auf den ersten Blick kompliziert wirkt', sondern es sicherlich sämtlichen nachprüfenden Organen und staatlichen Einrichtungen letztlich unmöglich ist, die in Anwendung des Gesetzes erlassenen individuellen Vorschreibungen auf ihre Übereinstimmung mit der gesetzlichen Norm zu überprüfen, weil eben die gesetzliche Norm keinerlei bestimmte Anhaltspunkte für die Art der Berechnung hergibt.

Soweit in diesem Zusammenhang die Salzburger Landesregierung vermeint, die Stadtgemeinde wäre als Normadressat anders zu beurteilen, als eine 'normale' physische Person als Normunterworfener, da sich letztere regelmäßig nicht eines fachlich hochrangigen Expertenapparates in Form von Bediensteten bedienen könnte, wie dies bei einem Magistrat der Fall ist, verkennt sie völlig die Rechtslage: es kommt nicht darauf an, ob ein Rechtsunterworfener in concreto kraft subtiler Sachkenntnis und außerordentlichen methodischen Fähigkeiten bzw. einer gewissen Lust zum Lösen von 'Denksport-Aufgaben' eine behördliche Entscheidung nachzuvollziehen in der Lage ist, sondern darauf, daß die Norm für den Durchschnittsbürger und für die zur Nachkontrolle berufenen staatlichen Instanzen verständlich sein muß. In der Argumentation übersieht die Landesregierung insbesondere, daß - wie vorhin ausgeführt - auch die übrigen Gemeinden des Landes Salzburg (einschließlich der Kleinstgemeinden) von der Festlegung des städtischen Vervielfältigungsfaktors betroffen sind und sich die Gemeinden sicherlich keiner 'fachlich hochrangigen Expertenapparate in Form von Bediensteten' bedienen können. Dies verdeutlicht in bester Weise, daß die Regelung für alle Gemeinden - auch für jene ohne Expertenapparat - verständlich sein muß."

6.2. Die Stadtgemeinde Salzburg vertritt in ihrer Äußerung weiters mit näherer Begründung die Auffassung, daß selbst eine aufwandsadäquate Belastung sachlich nicht gerechtfertigt sei, weil die Funktion der Stadtgemeinde Salzburg als Zentral- und damit als Ballungsraum von Verfassungs wegen zu berücksichtigen sei.

6.3. Sie bringt weiters vor, daß sie mit Schreiben der Salzburger Landesregierung vom aufgefordert worden sei, für das Rechnungsjahr 1994 für die soziale Wohlfahrt einen Betrag in Höhe von S 124.546.289,-- mittels beigeschlossenem Erlagschein bis zum auf ein näher bezeichnetes Konto zu überweisen. Auch dieses Schreiben stütze sich u.a. auf § 40 Abs 4 SSHG. Die Stadtgemeinde Salzburg habe die Salzburger Landesregierung bereits mit Schreiben vom um bescheidmäßige Vorschreibung ersucht, um gegebenenfalls auch diese Beitragsvorschreibung zu einem Anlaßfall im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in dem damals erwarteten und nunmehr tatsächlich anhängig gemachten Gesetzesprüfungsverfahren machen zu können. Die Salzburger Landesregierung habe jedoch eine bescheidmäßige Vorschreibung bisher nicht vorgenommen. Von der zuständigen Dienststelle des Amtes der Salzburger Landesregierung sei in Erfahrung gebracht worden, daß die Salzburger Landesregierung beabsichtige, mit der Erlassung eines Bescheides bis zum Ausgang des gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahrens zuzuwarten. Vor dem Hintergrund der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu Anlaßfällen bedeute dies, daß der Stadtgemeinde Salzburg die Möglichkeit genommen werde, die Beitragsvorschreibung für das Rechnungsjahr 1994 zu einem Anlaßfall im gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahren zu machen. Um einen damit scheinbar bewußt herbeigeführten Rechtsnachteil zu vermeiden, ersucht die Stadtgemeinde Salzburg daher den Verfassungsgerichtshof, im Falle einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen die Anwendung der aufgehobenen Gesetzesbestimmungen für die Beitragsvorschreibung für das Rechnungsjahr 1994 ausdrücklich auszuschließen. Nur dadurch erscheine es möglich, daß die Beitragsvorschreibung für das Kalenderjahr 1994 nicht nach den als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen vorgenommen wird.

7. Die Salzburger Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Vorschriften nicht bestreitet, wohl aber deren inhaltliche Verfassungswidrigkeit.

7.1. Nach Ansicht der Salzburger Landesregierung verstoßen die in Prüfung gezogenen Vorschriften nicht gegen Art 18 B-VG. Diese Rechtsansicht wird wie folgt begründet:

"Die Bestimmung des § 40 Abs 4 SSHG bezieht sich ausschließlich auf das Land Salzburg und die Gemeinden des Bundeslandes Salzburg, zwischen welchen die Kostentragung in bezug auf die Sozialhilfe geregelt werden soll. Die in Prüfung gezogenen beiden Sätze daraus betreffen allein die Kostenaufteilung zwischen der Stadtgemeinde Salzburg und den übrigen Gemeinden. Die in Prüfung gezogene Norm hatte folglich in hohem Maß finanzausgleichsrechtlichen Charakter. Dieser erhellt schon aus der Tatsache, daß der Sozialhilfevollzug ohne die Beiträge der Gemeinden unmöglich zu finanzieren wäre: Im Jahre 1992 betrug der Sozialhilfeaufwand als Basis für die Berechnung nach § 40 Abs 4 SSHG rund 519 Mio S, wovon auf das Land 35 % (rund 181,6 Mio S) und auf die Gemeinden 65 % (rund 337 Mio S), davon auf die Stadtgemeinde rund 194 Mio S, entfielen. Im Vergleich dazu betrug im selben Jahr das Volumen des gesamten ordentlichen Haushaltes des Landes Salzburg rund 14,5 Mrd S.

Bestimmungen finanzausgleichsrechtlicher Art sind regelmäßig das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den betroffenen Gebietskörperschaften. Auch vor der Beschlußfassung der in Prüfung gezogenen Norm wurden entsprechende Verhandlungen zwischen den betroffenen Gebietskörperschaften gepflogen. Die Bestimmung wurde in der Folge deshalb nicht präziser gefaßt, um durch eine flexible Formulierung die Anpassung und Entwicklung der Kostenaufteilung offenhalten zu können. Tatsächlich war der Stadtgemeinde Salzburg der Modus der Berechnung auf Grund der in Prüfung gezogenen Bestimmungen stets klar. Die Stadtgemeinde Salzburg war auch die längste Zeit mit der Aufteilung nach dem nunmehr in Zweifel gezogenen Schlüssel einverstanden.

...

Regelungen finanzausgleichsrechtlicher Natur sind in dem Bestreben, den verschiedenen Interessen bestmöglich gerecht zu werden, in aller Regel so gestaltet, daß sogar ein mit der Materie vertrauter Fachmann höchstwahrscheinlich zumindest Mühe hat, die konkreten Beträge auch nur einigermaßen zu ermitteln. Vergleichsweise sei hier nur auf die §§7, 8, 10 und 21 des Finanzausgleichsgesetzes 1993 hingewiesen. Wenn sich die Verhandlungspartner einer Regelung finanzausgleichsrechtlicher Natur über die dort vorzusehenden Berechnungsmethoden im Zuge der Verhandlungen und Absprachen vollständige Klarheit verschafft haben und diese Verhandlungspartner zudem die einzigen Normadressaten der in Frage stehenden Bestimmung sind, läßt sich bei Heranziehung der diesbezüglichen Gesprächsergebnisse und der sich darauf beziehenden Schriftstücke durchaus feststellen, was im konkreten Fall Rechtens ist. Schöpft man also auch diese Informationsmöglichkeiten aus, scheinen durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen die im Art 18 B-VG statuierten, rechtsstaatlichen Erfordernisse gewahrt, zumal die in Frage kommenden Normadressaten über den Regelungsinhalt hinreichend im Bilde sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, daß die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit des dritten und vierten Satzes der Bestimmung des § 40 Abs 4 SSHG in der Fassung der Gesetze LGBl Nr 19/1984 und 108/1986 den landesinternen Finanzausgleich zum Nachteil des Landes völlig aus dem Gleichgewicht bringen würde, da jener Betrag, den die Stadtgemeinde Salzburg dann weniger zahlen müßte, auf die anderen Gemeinden nicht umgelegt bzw aufgeteilt werden könnte. Das Land Salzburg, das mit seinem fixen Kostenanteil von 35 % aus der Gestaltung des Aufteilungsschlüssels zwischen der Stadtgemeinde Salzburg und den Gemeinden niemals Begünstigter war und ist, hätte in diesem Fall für den Zeitraum vom bis einen Einnahmenentfall von rund 112 Mio S zu gewärtigen. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung würde das Land Salzburg, welches sich bei seiner Finanzplanung jedenfalls auf die Gültigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmung stützen durfte (vgl VfGH Erk G158/91), in schwere Finanzprobleme stürzen. ... Im Lichte dieser Ausführungen erscheint daher bei allen Erwägungen, die für die Annahme einer nicht dem Erfordernis des Art 18 B-VG genügenden Bestimmtheit sprechen mögen, das Resultat der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Norm wesentlich krassere Auswirkungen zu zeitigen, als die gegenteilige Feststellung es vermöchte. Der verbleibende Rest des § 40 Abs 4 SSHG in der Fassung LGBl Nr 19/1984 und 108/1986 würde eine vollständige Veränderung seiner Bedeutung erfahren (vgl VfSlg 12465, 13232)."

7.2. Die Salzburger Landesregierung vertritt weiters die Ansicht, daß die in Prüfung gezogenen Vorschriften auch nicht im Widerspruch zum Gleichheitssatz der Bundesverfassung stehen. Sie stellt daher den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß der dritte und vierte Satz des § 40 Abs 4 SSHG in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 19/1984 und 108/1986 nicht verfassungswidrig waren.

8. Der Verfassungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

8.1. Der Annahme des Einleitungsbeschlusses, daß die in Prüfung gezogenen Regelungen in den angefochtenen Bescheiden der beiden Anlaßverfahren angewendet worden sind und daß sie auch der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung über die an ihn gerichteten Beschwerden anzuwenden hätte, ist keine Partei der Prüfungsverfahren entgegengetreten. Es ist nichts hervorgekommen, was gegen die Präjudizialität, wie sie der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß angenommen hat, sprechen würde. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

8.2. Das vom Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß aufgeworfene Bedenken, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen stünden im Widerspruch zu Art 18 B-VG, konnte in den Gesetzesprüfungsverfahren nicht entkräftet werden, wie sich aus folgendem ergibt:

Zunächst ist festzuhalten, daß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bei der Auslegung von Vorschriften alle Interpretationsmethoden erschöpfend herangezogen werden müssen. Erst wenn auch nach Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden noch nicht beurteilt werden kann, wozu das Gesetz die Verwaltungsbehörde ermächtigt, verletzt die Regelung die in Art 18 B-VG enthaltenen rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl. VfSlg. 8395/1978 und die dort genannte Vorjudikatur sowie VfSlg. 11499/1987 und ua). Dies ist hier tatsächlich der Fall.

8.2.1. Die Salzburger Landesregierung führt in ihrer Äußerung, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen verteidigt, aus, daß § 40 Abs 4 SSHG finanzausgleichsrechtlichen Charakter habe. Die Bestimmung sei nicht präziser gefaßt worden, um durch eine "flexible Formulierung" die Anpassung und Entwicklung der Kostenaufteilung offenhalten zu können. Der Stadtgemeinde Salzburg sei aber der Modus der Berechnung aufgrund der in Prüfung gezogenen Bestimmungen tatsächlich stets klar gewesen. Sie sei auch die längste Zeit mit der Aufteilung nach dem nunmehr in Zweifel gezogenen Schlüssel einverstanden gewesen. Die Salzburger Landesregierung weist überdies darauf hin, daß die "Verhandlungspartner" die einzigen Normadressaten der in Frage stehenden Bestimmungen sind. Sie vertritt die Auffassung, daß bei Heranziehung bestimmter Gesprächsergebnisse und der sich darauf beziehenden Schriftstücke durchaus feststellbar sei, was im konkreten Fall rechtens ist. Bei Ausschöpfung dieser Informationsmöglichkeiten seien mit den in Prüfung gezogenen Bestimmungen die im Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse gewahrt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof wurde von den Vertretern der Salzburger Landesregierung ausgeführt, daß der Gesetzgeber mit der in Prüfung gezogenen Regelung das Ziel verfolgt habe, die Stadtgemeinde Salzburg mit dem tatsächlichen in ihrem Gebiet anfallenden Sozialhilfeaufwand zur Sicherung des Lebensbedarfes zu belasten. Aus der Festlegung des Faktors 2,8 für das Jahr 1984 im Ausschußbericht sei zu folgern, daß der Berechnung des Vervielfältigungsfaktors jener Rechnungsvorgang zugrundeliege, der bereits für die Berechnung des gesetzlichen Vervielfältigungsfaktors 3,5 in der Stammfassung des SSHG herangezogen wurde. Nach dieser Berechnungsmethode sei die Verwendung des Vervielfältigungsfaktors gar nicht notwendig, um den Anteil der Stadtgemeinde Salzburg zu berechnen. Die normative Aussage der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle liege (lediglich) darin, daß die Werte des zweitvorangegangenen Jahres als Berechnungsbasis fixiert werden.

Der Vervielfältigungsfaktor sei zwar errechnet und entsprechend dem Gesetz auf- oder abgerundet worden, für die konkrete Vorschreibung des Kostenanteiles sei er nach der verwendeten Berechnungsmethode jedoch belanglos geblieben.

8.2.2. Auch von den Vertretern der Stadtgemeinde Salzburg wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof die Ansicht vertreten, daß es die Absicht des Gesetzgebers war, die Stadtgemeinde Salzburg zu einer Kostenbeteiligung am Sozialhilfeaufwand nach Maßgabe der in ihrem Gebiet tatsächlich anfallenden Kosten zu verpflichten.

8.2.3. Der Verfassungsgerichtshof folgt dem Vorbringen der Salzburger Landesregierung insoweit, als sie die Ansicht vertritt, daß der Gesetzgeber bei Schaffung der in Prüfung gezogenen Regelung eine bestimmte historisch vorgefundene Berechnungsmethode, nämlich jene, die für die Berechnung des Vervielfältigungsfaktors in der Stammfassung des SSHG herangezogen wurde, vor Augen gehabt hat. Dies ergibt sich aus dem bereits zitierten Initiativantrag, der zur Neufassung des § 40 Abs 4 SSHG im Jahre 1984 führte, wo auf dieser Grundlage der Vervielfältigungsfaktor für das Jahr 1984 mit 2,80 berechnet wurde.

Damit können jedoch die vom Gerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken im Ergebnis nicht zerstreut werden:

8.2.3.1. Gemäß § 40 Abs 4 SSHG idF BGBl. Nr. 108/1986 haben die Gemeinden zu den vom Land zu tragenden Kosten der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes (einschließlich eines gesetzlich näher bezeichneten Aufwandes) jährlich einen Beitrag in der Höhe von 65 v.H. zu leisten. § 40 Abs 4 SSHG ordnet weiters an, daß der von den einzelnen Gemeinden zu leistende Kostenbeitrag nach Maßgabe der abgestuften Bevölkerung zu ermitteln ist. Nach der in Prüfung gezogenen Vorschrift ist für die Ermittlung des Kostenbeitrages der Stadtgemeinde Salzburg ein Vervielfältigungsfaktor anzuwenden, der von der Landesregierung aufgrund der Unterlagen des Landes-Rechnungsabschlusses des vorvergangenen Jahres festzusetzen ist. Aus dem Zusammenhang der Abs 2 und 3 des § 40 Abs 4 SSHG ergibt sich, wie mit dem Wort "hiebei" deutlich zum Ausdruck kommt, daß der Kostenbeitrag, den die Stadtgemeinde Salzburg zu leisten hat, nach Maßgabe der abgestuften Bevölkerung zu ermitteln ist, wobei jedoch ein Vervielfältigungsfaktor anzuwenden ist, der von dem im Finanzausgleichsgesetz festgelegten abgestuften Bevölkerungsschlüssel abweicht. Daraus ergibt sich, daß dem Vervielfältigungsfaktor bei der Ermittlung des von der Stadtgemeinde Salzburg zu tragenden Kostenanteiles jedenfalls eine Bedeutung zukommen muß. Diese Interpretation wird durch den letzten Satz des § 40 Abs 4 SSHG, wonach der Vervielfältigungsfaktor auf zwei Dezimalstellen genau zu ermitteln und der verbleibende Rest auf- oder abzurunden ist, bestätigt. Auch in den unter 3.2.2. wiedergegebenen Gesetzesmaterialien, wo davon die Rede ist, daß der Vervielfältiger "neu bestimmt" und "zB für das Jahr 1984 ... auf ca. 2,8 (herabgesetzt wird)", kommt eindeutig zum Ausdruck, daß auch nach der Gesetzesnovelle LGBl. für Salzburg Nr. 19/1984 (der späteren Novelle LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu) die von der Stadtgemeinde Salzburg zu tragenden Kosten weiterhin auf der Grundlage des Vervielfältigungsfaktors errechnet werden sollten.

8.2.3.2. Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung zweifelt der Verfassungsgerichtshof zwar nicht daran, daß es die subjektive Absicht des historischen Gesetzgebers des Jahres 1984 war, die Stadtgemeinde Salzburg im Bereich der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes jene Kosten tragen zu lassen, die in ihrem Gebiete tatsächlich entstanden sind. Zweck der Novelle war es, der Stadtgemeinde Salzburg in Zukunft alljährlich den tatsächlich entstandenen Aufwand anzulasten. Diese Zielsetzung kommt jedoch im beschlossenen Gesetzestext nicht zum Ausdruck:

Nach diesem ist für die Berechnung der von der Stadtgemeinde zu tragenden Kosten der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes (weiterhin) ein Vervielfältigungsfaktor anzuwenden. Diesem Vervielfältigungsfaktor, der ein Element eines abstrakten Schlüssels ist, muß aufgrund der Textierung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen bei der Berechnung des Kostenanteiles der Stadtgemeinde Salzburg Bedeutung zukommen; eine Interpretation, die dem Vervielfältigungsfaktor jede praktische Bedeutung nimmt, ist sowohl angesichts des in dieser Hinsicht klaren Wortlautes der in Prüfung gezogenen Bestimmung als auch - wie vorstehend dargetan - im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien nicht möglich. Dafür, daß für die Berechnung der von der Stadtgemeinde Salzburg zu tragenden Kosten die Anordnung, daß ein von der Landesregierung festzusetzender Vervielfältigungsfaktor anzuwenden ist, außeracht gelassen werden könnte und nur der tatsächliche Aufwand maßgeblich sein solle, findet sich im Gesetzestext kein Anhaltspunkt. Ebensowenig ist aber dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen, welche Kriterien für die Festsetzung des Vervielfältigungsfaktors durch die Landesregierung maßgeblich sind.

8.2.3.3. Die erkennbare Absicht des historischen Gesetzgebers, eine Kostenbeteiligung nach Maßgabe des tatsächlichen Aufwandes vorzusehen, und der Wortlaut des beschlossenen Gesetzestextes, der eine Berechnung des Anteiles der Stadtgemeinde Salzburg auf Basis eines von der Landesregierung festzusetzenden Vervielfältigungsfaktors anordnet, schließen einander aus und bewirken somit einen unauflösbaren Widerspruch. Angesichts der mangelnden inhaltlichen Determinierung (vgl. 8.2.3.2. letzter Satz) erweisen sich die in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Hinblick auf Art 18 B-VG somit als verfassungswidrig.

8.2.4. Die Salzburger Landesregierung gibt schließlich zu bedenken, daß eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften den landesinternen Finanzausgleich zum Nachteil des Landes völlig aus dem Gleichgewicht bringen würde. Weiters wird argumentiert, daß im Falle der Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen der verbleibende Rest des § 40 Abs 4 SSHG eine vollständige Veränderung seiner Bedeutung erfahren würde.

Auch dieses Vorbringen reicht offenkundig nicht hin, eine ausreichende Determinierung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen nachzuweisen. Selbst wenn das Vorbringen dahingehend zu verstehen sein sollte, daß mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften zwar die Verfassungswidrigkeit unter dem Aspekt des Art 18 B-VG beseitigt, jedoch gleichzeitig eine andere Verfassungswidrigkeit geschaffen würde, steht dies der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Vorschriften nicht entgegen: Die Beantwortung der Frage, ob § 40 Abs 4 SSHG durch die Feststellung der Verfassungswidrigkeit seiner in Prüfung genommenen Teile eine vollständige Bedeutungsveränderung im Hinblick auf den landesinternen Finanzausgleich erfährt, setzt nämlich voraus, daß die Kriterien, nach welchen der Kostenanteil der Stadtgemeinde Salzburg zu errechnen ist, zumindest in den wesentlichen Zügen aus dieser Bestimmung entnommen werden können. Daß dies anhand der in Prüfung gezogenen Vorschriften nicht möglich ist, wurde vorstehend dargetan. Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen vermag der Verfassungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, zu welcher Veränderung der Bedeutung des verbleibenden Teiles des § 40 Abs 4 SSHG die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen führt. Auch eine Bedachtnahme auf das Erkenntnis VfSlg. 12784/1991 vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da sich der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt von dem hier maßgeblichen schon insofern entscheidungswesentlich unterscheidet, als in den vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit des Gesetzes ein unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich beachtliches Vertrauen des Landes Salzburg auf die Rechtmäßigkeit der tatsächlich herangezogenen, in dieser Form aber aus den gesetzlichen Bestimmungen gerade nicht ableitbaren Berechnungsmethode nicht entstanden sein kann.

8.2.5. Das vom Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß erhobene Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen mangels hinreichender inhaltlicher Determinierung im Widerspruch zu Art 18 B-VG stehen, ist somit nicht widerlegt worden.

8.3. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das im Einleitungsbeschluß des Verfassungsgerichtshof weiters erhobene Bedenken, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen auch im Widerspruch zum Gleichheitsgebot der Bundesverfassung stehen, einzugehen.

8.4. Da § 40 Abs 4 SSHG idF LGBl. für Salzburg Nr. 108/1986 - wie sich aus ArtII Abs 6 des LGBl. für Salzburg Nr. 28/1995 ergibt - mit Ablauf des außer Kraft getreten ist, war auszusprechen, daß die in Prüfung gezogenen Sätze dieser Bestimmung verfassungswidrig waren.

8.5. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus beschlossen, von der ihm gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch auf das bei der Salzburger Landesregierung anhängige Verfahren auf bescheidmäßige Feststellung der Zahlungspflicht der Stadtgemeinde Salzburg für die gemäß § 40 Abs 4 SSHG idF LGBl. Nr. 108/1986 durchzuführende Beitragszahlung für das Jahr 1994 herbeizuführen. Wie von der beschwerdeführenden Stadtgemeinde unwidersprochen dargelegt wurde, ist der Antrag auf bescheidmäßige Festlegung des von ihr für 1994 gemäß den als verfassungswidrig festgestellten Vorschriften zu leistenden Beitrages seit Oktober 1995 bei der Salzburger Landesregierung anhängig, ohne daß diese darüber entschieden hätte. Der Verfassungsgerichtshof hat eine Erstreckung der Anlaßfallwirkung beschlossen, da die Stadtgemeinde Salzburg aufgrund der Rechtswirkungen dieses Erkenntnisses ansonsten keine Möglichkeit hätte, sich gegen die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten Gesetzesbestimmungen auf sie zur Wehr zu setzen.

8.6. Die Kundmachungsverpflichtung des Landeshauptmannes von Salzburg erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.