zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 06.10.1997, G1393/95

VfGH vom 06.10.1997, G1393/95

Sammlungsnummer

14957

Leitsatz

Kein Ausschluß der Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates gegen Entscheidungen über Anträge auf Zahlungserleichterungen im Zuge der Vollstreckung von Geldstrafen aufgrund verfassungskonformer Gesetzesauslegung; lediglich Ausschluß eines administrativen Instanzenzuges; Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates von Verfassungs wegen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung

Spruch

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu G1393/95, G10/96, G57/96, G58/96, G261/97, G290/97 und G334/97 Verfahren über Anträge des Verwaltungsgerichtshofes anhängig, mit denen gemäß Art 140 Abs 1 B-VG begehrt wird, "im § 54c VStG die Wortfolge 'oder auf Zahlungserleichterungen (§54b Abs 3)' als verfassungswidrig aufzuheben". In sämtlichen Anlaßfällen wurde den Beschwerdeführern die Bewilligung der Teilzahlung einer über sie verhängten Geldstrafe gemäß § 54b Abs 3 VStG verweigert.

1.2. Der antragstellende VwGH beruft sich zur Begründung der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung jeweils darauf, daß für die Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde ua. die Prozeßvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges zu prüfen sei. Dabei sei jeweils zu ermitteln, ob § 54c VStG der Anrufbarkeit des zuständigen unabhängigen Verwaltungssenates entgegenstünde und so die Zuständigkeit des VwGH begründe.

1.3. § 54c VStG lautet (die Wortfolge, deren Aufhebung beantragt wurde, ist hervorgehoben):

"Gegen die Entscheidung über Anträge auf Aufschub oder Unterbrechung des Strafvollzuges (§54a) oder auf Zahlungserleichterungen (§54b Abs 3) ist kein Rechtsmittel zulässig."

§54b Abs 3 VStG lautet:

"Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen."

1.4. Der VwGH hegt gegen die genannte Wendung in § 54c VStG jeweils folgende verfassungsrechtliche Bedenken: Die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen sei in Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG (idF der Novelle BGBl. Nr. 685/1988) verfassungsgesetzlich festgelegt, demzufolge die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes, entscheiden. Einfachgesetzliche Bestimmungen, die diese Zuständigkeit einschränken, seien verfassungswidrig.

Der Begriff "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" und somit auch die besagte Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate umfasse nicht nur das Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des II. Teiles des VStG, sondern auch Strafvollstreckungs (Vollzugs-)angelegenheiten nach dem III. Teil des VStG. Es fehlten Hinweise, daß der Gesetzgeber der B-VG-Novelle 1988 von einem anderen, Entscheidungen nach dem III. Teil des VStG ausschließenden Verständnis des Begriffes "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" ausgegangen wäre. Auch würde der mit dieser Novelle ua. verfolgte Zweck der Entlastung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen ein solches Verständnis sprechen, da "(d)amit ... bei Beschwerden in Angelegenheiten nach dem III. Teil des VStG, da sie sich nicht gegen den Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates richten, eine Ablehnung von vornherein ausgeschlossen (wäre), obwohl gerade derartige Angelegenheiten hiefür im besonderen Maße in Betracht kommen". Es sei auch sonst kein Motiv ersichtlich, "das dem Verfassungsgesetzgeber hätte Anlaß geben können, Angelegenheiten nach dem III. Teil des VStG von der Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate als 'erster Rechtsschutzebene' auszunehmen und insoweit weiterhin Rechtsschutz ausschließlich durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu gewähren". Der VwGH gehe daher davon aus, daß auch die besagten Angelegenheiten unter den Begriff "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" zu subsumieren seien und damit in die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate fielen.

Die verfassungsgesetzlich vorgegebene Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in derartigen Verfahren werde durch die einfachgesetzliche Bestimmung des § 54c VStG ausgeschlossen. Diese in § 54c VStG normierte Unzulässigkeit eines Rechtsmittels habe die unmittelbare Anrufbarkeit der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Folge.

Eine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmung des § 54c VStG dahingehend, daß sie der Anrufung der unabhängigen Verwaltungssenate nicht entgegenstehe, erscheine im Hinblick auf die Bestimmungen des VStG, die ausdrücklich eine Berufung gegen erstinstanzliche Entscheidungen vorsehen (§§37 Abs 3, 39 Abs 6, 51 Abs 1 und 56 Abs 3), nicht möglich. Der VwGH stellt daher den Antrag, die genannte Wortfolge im § 54c VStG als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Bundesregierung hat in den Verfahren jeweils eine Äußerung erstattet. In diesen tritt die Bundesregierung den Prämissen des VwGH entgegen, daß nämlich die in § 54c VStG genannten Angelegenheiten zu "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG gehörten, und daß es von Verfassungs wegen geboten sei, daß der Bundesgesetzgeber bei allen Bescheiden, die in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen ergehen, nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges ein Rechtsmittel an den unabhängigen Verwaltungssenat vorsehe.

2.1. Unter Berufung auf die Verfassungsentwicklung vertritt die Bundesregierung folgende Auffassung:

"Entgegen der vom Verwaltungsgerichtshof im oben wiedergegebenen Erkenntnis vertretenen Auffassung hat der Verfassungsgesetzgeber ... den Begriff 'Verwaltungsstrafsachen' im Jahr 1984 in einer Bedeutung verwendet, die in einem entscheidenden Punkt vom historischen Begriffsverständnis abweicht; es wäre daher durchaus denkbar, daß dieser Begriff auch in anderer Hinsicht eine Bedeutungsänderung erfahren hat.

Die Vollstreckung der Strafbescheide (Straferkenntnisse und behördlichen Strafverfügungen) war ursprünglich in § 53 VStG 1925 geregelt. Nach § 53 Abs 2 erster Satz VStG 1925 konnte die Behörde auf Ansuchen des Verurteilten bei Vorliegen triftiger Gründe einen angemessenen Strafaufschub bewilligen oder die Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen gestatten. Gegen die Entscheidung über ein Gesuch um Strafaufschub oder um Bewilligung zur Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen war nach § 53 Abs 3 VStG 1925 - also bereits nach der Stammfassung des VStG - kein Rechtsmittel zulässig.

Sowohl die systematische Stellung des § 53 im mit 'Verwaltungsstrafverfahren' überschriebenen II. Teil des VStG 1925 als auch das historische Vorbild der Strafprozeßordnung 1873 (vgl. das '(v)on der Vollstreckung der Urtheile' handelnde XXIII. Hauptstück der StPO 1873, RGBl. Nr. 119) sprechen zunächst dafür, die darin geregelten Angelegenheiten der '(Straf-) Vollstreckung' in kompetenzrechtlicher Hinsicht zu den 'Angelegenheiten ... des Verwaltungsstrafverfahrens' im Sinne des Art 11 Abs 2 B-VG zu zählen. Daraus könnte man wie der Verwaltungsgerichtshof den Schluß ziehen, daß Angelegenheiten der Strafvollstreckung zu den 'Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen' im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG gehören. Gegen diese an der Systematik der Stammfassung des VStG orientierte Auffassung kann allerdings folgendes eingewendet werden:

Bereits im Jahre 1925 hatte der Verfassungsgesetzgeber mit Art 131 Abs 1 B-VG die Schaffung einer Beschwerdemöglichkeit gegen im Verwaltungsstrafverfahren ergangene Berufungsbescheide vor Augen. Die Strafvollstreckung wäre durch die B-VG-Novelle 1925 also von vornherein nicht berührt worden.

Auch die B-VG-Novelle 1929 verstand unter der 'Rechtsprechung oberster Instanz in Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen' (in 'Verwaltungsstrafsachen') wesentlich die Strafkompetenz ('Strafgewalt') der Berufungsbehörde nach § 51 (und § 56) VStG 1925 (vgl. das MRProt. Nr. 589, Neck - Peball, 270 f). ... An die Schaffung einer Kompetenz der Verwaltungsstrafsenate, über Gesuche auf Strafaufschub oder Bewilligung zur Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen nach § 53 Abs 3 VStG 1925 zu entscheiden, war in diesem Zusammenhang nicht gedacht: Gegenstand der Auseinandersetzung waren die politisch bedeutsamen Fragen der Zuständigkeit zur Entscheidung im eigentlichen Strafverfahren und der Handhabung des Gnadenrechtes, nicht die eher bedeutungslosen Modalitäten der Vollstreckung bereits rechtskräftiger Straferkenntnisse.

Dasselbe Verständnis des Begriffes 'Verwaltungsstrafsachen' liegt anscheinend der B-VG-Novelle 1984 zugrunde. Der Ausschluß der Säumnisbeschwerde nach Art 132 B-VG wird nämlich mit der ex lege eintretenden Aufhebung des Berufungsbescheides nach § 51 Abs 5 (jetzt: Abs 7) VStG begründet (vgl. die AB 345 und 347 BlgNR 16. GP).

Schließlich verweist auch die der B-VG-Novelle 1988 zugrundeliegende Regierungsvorlage (RV 132 BlgNR 17. GP) nicht nur wiederholt auf die in Aussicht genommene Funktion der unabhängigen Verwaltungsstrafbehörden als Berufungsbehörden. In der Regierungsvorlage wird auch die Notwendigkeit betont, mit der Entscheidung in Verwaltungsstrafsachen 'Tribunale' zu betrauen. Da Angelegenheiten der Strafvollstreckung im Sinne des III. Teils des VStG aber unzweifelhaft nicht zu den 'strafrechtlichen Anklagen' im Sinne des Art 6 MRK gehören, bestand auch keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit zur Einrichtung von 'Tribunalen' zur Entscheidung in diesen Angelegenheiten; eine solche wurde daher im Jahr 1988 auch nicht in Aussicht genommen.

Wenn und weil sich sämtliche dieser späteren Verfassungsänderungen auf das Berufungsverfahren beziehen, in den Angelegenheiten der Strafvollstreckung aber zu keiner Zeit die Möglichkeit bestand, Berufung zu erheben, liegt nahe, daß Angelegenheiten der Strafvollstreckung keine 'Verwaltungsstrafsachen' im Sinne des Art 11 Abs 5 B-VG sind:

Unter der 'Verwaltungsstrafsache' ist nach dieser Auslegung nur das auf Grund des VStG durchgeführte eigentliche Strafverfahren (das Strafverfahren im engeren Sinn), nicht auch die anschließende Strafvollstreckung (den Strafvollzug) zu verstehen.

Diese einschränkende Auslegung des Begriffes 'Verwaltungsstrafsachen' entspricht nicht nur der Entstehungsgeschichte der B-VG-Novellen 1925 und 1929, sondern auch der damaligen einfachgesetzlichen Rechtslage. ...

Selbst wenn man diese Auffassung jedoch nicht teilt und annimmt, daß Angelegenheiten der Strafvollstreckung ursprünglich 'Verfahren ... wegen Verwaltungsübertretungen' ('Verwaltungsstrafsachen') darstellten, ist damit noch nicht erwiesen, daß dies auch für den gleichen Begriff in Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG zutrifft.

Zum Zeitpunkt der B-VG-Novelle 1984 dürfte der Verfassungsgesetzgeber nämlich den historisch vorgefundenen Begriff 'Verwaltungsstrafsachen' nicht mehr strikt in der eigentlichen Bedeutung verstanden haben. Dies zeigt schon die im historischen Kontext unnötige Bezugnahme auf die 'Finanzstrafsachen des Bundes' in Art 132 B-VG.

Es fällt auf, daß der gleichzeitig mit der B-VG-Novelle 1984 eingeführte einfachgesetzliche Ersatz für den Säumnisschutz in 'Verwaltungsstrafsachen' - die Regelung des § 51 Abs 5 (jetzt: Abs 7) VStG - ganz auf die (Sach-) Entscheidung der Berufungsbehörde über die Berufung gegen ein Straferkenntnis zugeschnitten ist. Dies deutet darauf hin, daß der Verfassungsgesetzgeber spätestens im Jahr 1984 die 'Verwaltungsstrafsachen' mit dem eigentlichen Strafverfahren gleichgesetzt und diesen Begriff in der dargelegten, eingeschränkten Bedeutung verwendet hat. Hiefür spricht auch, daß andernfalls durch die B-VG-Novelle 1984 der verfassungsrechtliche Säumnisschutz in Angelegenheiten der Strafvollstreckung ersatzlos beseitigt worden wäre, was dem Verfassungsgesetzgeber nicht unterstellt werden kann und auch bislang, soweit ersichtlich, in der Lehre nicht vertreten worden ist.

Es dürften daher die besseren Gründe für die Annahme sprechen, daß eine Entscheidung über ein Gesuch um Strafaufschub oder um Bewilligung zur Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen gemäß § 53 Abs 2 VStG 1950 keine 'Verwaltungsstrafsache' im Sinne des Art 132 B-VG idF der B-VG-Novelle 1984 darstellt. Damit dürfte aber auch die Annahme naheliegen, daß solche Angelegenheiten keine 'Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen' im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG darstellen".

2.2. Zum behaupteten verfassungsrechtlichen Gebot, in allen Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen ein Rechtsmittel an den unabhängigen Verwaltungssenat vorzusehen, weist die Bundesregierung in ihrer Äußerung auf die Entstehungsgeschichte der B-VG-Novelle 1988 hin. Die Formulierung des neuen Art 129a Abs 1 B-VG sei aus den Art 130 Abs 1, 131a und 144 Abs 1 B-VG idF vor der B-VG-Novelle 1988, welche ihrerseits auf die B-VG-Novelle 1975 zurückgeht, übernommen worden. Die in den Art 130 Abs 1 und 131a B-VG idF der Novelle 1975 enthaltenen Zuständigkeitsregelungen seien ebenso wie ihre Vorgängerbestimmungen stets als Generalklauseln verstanden worden. Würde man diesen Gedanken auf die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG übertragen, so wäre daraus der Schluß zu ziehen, daß der unabhängige Verwaltungssenat von Verfassungs wegen über alle in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen ergehenden Bescheide zu erkennen hätte und einfachgesetzliche Bestimmungen, die eine Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates gegen in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen ergehenden Bescheide ausschließen, verfassungswidrig wären.

Diese Verfassungswidrigkeit würde nicht nur § 54c VStG treffen. Dies würde etwa bedeuten, daß der Gesetzgeber gegen Ladungsbescheide etc. im Bereich des AVG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise eine sofortige Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes vorsehen könne, wohingegen ihm dies im Verwaltungsstrafverfahren von Verfassungs wegen verwehrt sei. "Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der B-VG-Novelle 1988 dürften vielmehr die besseren Gründe (für) die Annahme sprechen, daß der Verfassungsgesetzgeber die Kompetenz der unabhängigen Verwaltungssenate nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG - anders als jene nach Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG - nicht im dargelegten Sinn verstanden hat." Zwar könnten nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG auch verfahrensrechtliche Bescheide bei den unabhängigen Verwaltungssenaten angefochten werden, trotzdem dürfte aber der Verfassungsgesetzgeber Rechtsmittelausschlüsse in bestimmtem Umfang für zulässig angesehen haben.

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bleibe es - von verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Schaffung eines Instanzenzuges abgesehen - dem einfachen Gesetzgeber überlassen, ob überhaupt ein administrativer Instanzenzug eingerichtet wird. Zwar könne die Anordnung des Einleitungssatzes des Art 129a Abs 1 B-VG, wonach die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen erkennen, auch in dem Sinn ausgelegt werden, daß diese Behörden in allen Verwaltungsstrafsachen als oberste Instanz zu entscheiden haben. Zwingend sei diese Auslegung vor dem Hintergrund von Lehre und Rechtsprechung jedoch nicht.

"Wenn der Verfassungsgesetzgeber die Absicht hatte, nach dem Muster des Art 11 Abs 5 B-VG ... unabhängige Verwaltungsstrafbehörden zur 'Rechtsprechung (in) oberster Instanz' einzurichten, wobei diese 'grundsätzlich als Berufungsbehörden' fungieren sollten ..., so liegt nahe, daß er auch Rechtsmittelausschlüsse - zumindest in dem in AVG und VStG vorgefundenen Umfang - stillschweigend akzeptiert hat. Es könnte allerdings auch die Auffassung vertreten werden, daß der Verfassungsgesetzgeber die Möglichkeit, in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen durch einfaches Gesetz ein Rechtsmittel an den unabhängigen Verwaltungssenat auszuschließen, zwar umfänglich beschränken, aber nicht generell ausschließen wollte."

Der einfache Gesetzgeber dürfte dabei zwar nicht so weit gehen, den unabhängigen Verwaltungssenat als oberste Instanz in Verwaltungsstrafsachen geradezu auszuschließen, dies dürfte aber bei einem Rechtsmittelausschluß in Angelegenheiten der Strafvollstreckung nicht der Fall sein. Dafür sprechen Gründe der Verfahrensökonomie, aber auch ein Interesse an der Gleichbehandlung von im allgemeinen Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsstrafverfahren ergehenden verfahrensrechtlichen Bescheiden (nach § 19 Abs 4 und § 72 Abs 4 AVG). Die Annahme, daß der einfache Gesetzgeber durch die B-VG-Novelle 1988 von Verfassungs wegen zu einer Verlängerung des Instanzenzuges in diesen Angelegenheiten verpflichtet werden sollte, wäre wenig plausibel. "Die Schaffung einer Zuständigkeit nach dem System der Generalklausel (Entscheidung über alle aufgrund des VStG ergehenden Bescheide) lag nie in der Absicht des Verfassungsgesetzgebers."

Wenn man sich vor Augen halte, daß die unabhängigen Verwaltungssenate keine echten Verwaltungsgerichte, sondern Verwaltungsbehörden sind, so erscheine es überdies als systemwidrig, wenn bei einem im Verwaltungsstrafverfahren ergehenden Ladungsbescheid vor Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ein oder mehrere Instanzen ausgeschöpft werden müßten, wohingegen Ladungsbescheide aller anderen Verwaltungsbehörden, die das AVG anzuwenden haben, unmittelbar bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden können.

Überdies bestehe die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 54c VStG. "Eine - am bereits bestehende und daher der Zustimmung nach Art 129a Abs 2 B-VG nicht unterliegende - Beschränkung des Instanzenzuges in 'Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen' auf eine einzige Administrativinstanz hat zur Folge, daß mit der Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz zugleich der administrative Instanzenzug im Sinne des Einleitungssatzes des Art 129a Abs 1 B-VG erschöpft ist." Eine sinngemäße Auslegung des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG erscheine vertretbar, wonach gegen die Entscheidung der letzten Administrativinstanz, bei Ausschluß eines administrativen Instanzenzuges wie in § 54c VStG also schon gegen die Entscheidung der ersten Instanz, unmittelbar aufgrund des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG der unabhängige Verwaltungssenat angerufen werden könne.

Die Bundesregierung beantragt daher, die Anträge abzuweisen.

Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

3. Der VwGH nahm zur Äußerung der Bundesregierung dahin Stellung, daß es die Ausführungen der Bundesregierung lediglich als möglich erscheinen ließen, daß der Gesetzgeber der B-VG-Novelle 1988 von einem anderen, Entscheidungen nach dem III. Teil des VStG ausschließenden Verständnis des Begriffes "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" ausgegangen sein könnte. Vor allem spreche die mit der besagten Novelle beabsichtigte Entlastung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts für eine Auslegung im Sinne des VwGH. Der VwGH habe von vornherein die Auffassung geteilt, daß es keiner einfachgesetzlichen Anordnung eines Rechtsmittels an den unabhängigen Verwaltungssenat bedürfe - die Anrufbarkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen ergebe sich bereits aus dem ersten Satz des Art 129a Abs 1 B-VG -, jedoch sei es dem einfachen Bundesgesetzgeber verwehrt, die verfassungsgesetzlich vorgesehene Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates auszuschließen.

4. In dem zu G10/96 anhängigen Verfahren erstattete der mitbeteiligte Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg eine Äußerung, in welcher festgestellt wird, daß in verfahrensökonomischer und rechtspolitischer Hinsicht § 54c VStG durchaus in Frage zu stellen sei, da die Dazwischenschaltung eines Instanzenzuges im Lichte des jeweiligen Berufungsvorbringens die Möglichkeit mit sich brächte, die Thematik aufgrund des Berufungsvorbringens in einer Berufungsentscheidung gezielter abzuhandeln. Sollten die vom VwGH vorgebrachten Bedenken zutreffen, dann wären auch andere Bestimmungen des VStG, die einen Rechtsmittelzug ausschließen, verfassungsrechtlich bedenklich.

5. In dem zu G57/96 anhängigen Verfahren erstattete der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Äußerung, in welcher er sich den vom VwGH dargelegten Bedenken anschließt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Beim VwGH sind zu den Zlen. 94/11/0179, 95/17/0185, 95/17/0400, 95/02/0125, 94/03/0140, 96/17/0458, 96/17/0436, 97/02/0080, Beschwerden gegen Bescheide anhängig, mit denen die vor dem VwGH belangten Behörden die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gemäß § 54b Abs 3 VStG für eine über die jeweiligen Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe verweigerten. Der VwGH geht davon aus, daß er für die Beurteilung der Zulässigkeit der bei ihm anhängigen Beschwerden die Prozeßvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges zu prüfen hat und diese davon abhängt, daß mit dem Rechtsmittelausschluß bei Entscheidungen über Anträge auf Zahlungserleichterungen gemäß § 54c VStG auch die Anrufung des zuständigen unabhängigen Verwaltungssenates verwehrt ist. Der Verfassungsgerichtshof folgt diesen Überlegungen des VwGH, denen zufolge die Wortfolge "oder auf Zahlungserleichterungen (§54b Abs 3)" in § 54c VStG für den VwGH in den angeführten Beschwerdefällen präjudiziell ist.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge des VwGH zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof ist jedoch der Auffassung, daß § 54c VStG auf der Grundlage der vom VwGH angestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen, die der Verfassungsgerichtshof teilt, einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist:

a. Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG zufolge erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Die Bundesregierung ist entgegen dem VwGH der Meinung, daß die Entscheidung über Anträge auf Zahlungserleichterungen gemäß § 54b Abs 3 VStG nicht "im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG ergeht und daher diese die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate begründende Norm auf Entscheidungen gemäß § 54b Abs 3 VStG keine Anwendung findet. Der Verfassungsgerichtshof vermag der Bundesregierung bei ihrer Auslegung des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG nicht zu folgen.

Der Gerichtshof ist vorerst der Auffassung, daß der von der Bundesregierung sehr ausführlich dargestellten Entstehungsgeschichte der verfassungsrechtlichen Vorschriften über die Zuständigkeit für Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen bzw. Verwaltungsstrafsachen für die Zugehörigkeit der in § 54b Abs 3 VStG geregelten Entscheidung über Anträge auf Zahlungserleichterungen bei Geldstrafen keine diesbezügliche besondere Regelungsabsicht des Verfassungsgesetzgebers entnommen werden kann. Er geht jedoch davon aus, daß für den Verfassungsgesetzgeber - ohne nähere Problematisierung - die Strafvollstreckung - und damit auch die Entscheidung über Erleichterungen beim Strafvollzug - jedenfalls Teil des Verwaltungsstrafverfahrens und damit auch des Verfahrens über Verwaltungsübertretungen war und ist.

Mangels einer im Zuge der Verfassungsentwicklung stattgefundenen Auseinandersetzung über die Zugehörigkeit der Entscheidung über Anträge auf Zahlungserleichterungen zum Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen erscheinen dem Verfassungsgerichtshof Sinn und Zweck der mit Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG angestrebten Verankerung der Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate für das vorliegende Problem von entscheidender Bedeutung: wie nämlich der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13987/1994 in anderem Zusammenhang für die Funktion und dementsprechende Interpretation des die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate regelnden Art 129a Abs 1 B-VG dargetan hat, ist diese Verfassungsvorschrift dahin zu verstehen, daß die unabhängigen Verwaltungssenate in Verwaltungsstrafsachen (mit Ausnahme der Finanzstrafsachen des Bundes) einen umfassenden Rechtsschutzauftrag wahrzunehmen haben. Dieser schließt es aus, der vom einfachen Bundesgesetzgeber erst mit BGBl. Nr. 516/1987 getroffenen Unterscheidung des im II. Teil des VStG geregelten "Verwaltungsstrafverfahrens" von der im III. Teil des VStG geregelten "Strafvollstreckung" folgend den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Rechtsschutzes "in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" gemäß Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG lediglich Entscheidungen im "Verwaltungsstrafverfahren" im engeren Sinn des II. Teils des VStG zu beziehen und die Strafvollstreckung nach dem III. Teil des VStG vom "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG schlechthin auszunehmen. Vielmehr ist, wie der VwGH in seinen Prüfungsanträgen richtig sieht, nicht nur das Verfahren zur Schaffung eines Straferkenntnisses, sondern auch das behördliche Verfahren zu dessen Vollstreckung ein "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen", weil auch und gerade die Vollstreckungsmaßnahme die Verwirklichung der für Verwaltungsübertretungen vorgesehenen Sanktion bedeutet und daher das darauf bezügliche Verfahren "wegen Verwaltungsübertretungen" geführt wird.

b. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinen Zurückweisungsbeschlüssen VfSlg. 13454/1993, vom , B1752/93, und vom , B1286/93, zur Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG dargetan hat, ergibt sich diese Zuständigkeit von Verfassungs wegen auch ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers; ja die entsprechende Rechtsschutzbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenates besteht von Verfassungs wegen sogar gegen Entscheidungen von Administrativbehörden, die vom Gesetzgeber als "endgültig" bezeichnet wurden:

Der Verfassungsgerichtshof sprach in VfSlg. 13179/1992 gemäß Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG nach Aufhebung des § 51 Abs 1 VStG idF BGBl. Nr. 52/1991 (bzw. BGBl. Nr. 358/1990) wegen Verfassungswidrigkeit aus, daß frühere gesetzliche Bestimmungen (das war § 51 Abs 1 VStG idF BGBl. Nr. 172/1950) wieder in Wirksamkeit traten. Dieser Fassung des § 51 Abs 1 VStG 1950 zufolge stand dem Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren das Recht der Berufung an die im Instanzenzug sachlich übergeordnete Behörde zu. Entscheidungen solcher Behörden waren - dem Wortlaut des Gesetzes (§51 Abs 1 zweiter Satz VStG 1950) zufolge - "in allen Fällen endgültig". Im Licht des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG, demzufolge die unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges erkennen, sofern ein solcher (wie in den genannten Fällen nach § 51 Abs 1 VStG 1950) in Betracht kommt, schloß der Verfassungsgerichtshof in den angeführten Beschlüssen, daß bereits aufgrund der geschilderten Verfassungslage "gegen die Entscheidung der Berufungsbehörde ein Rechtsmittel an den unabhängigen Verwaltungssenat zulässig" ist. Ausdrücklich führte der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13454/1993 aus:

"Dem steht auch der zweite Satz des § 51 Abs 1 VStG 1950 nicht entgegen, weil sich dieser Satz nur mit dem administrativen Instanzenzug beschäftigt und daher weder die Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts noch jene der unabhängigen Verwaltungssenate ausschließt."

Im gleichen Sinne ist auch § 54c VStG "im Licht des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG" (so die angeführten Beschlüsse zu § 51 Abs 1 VStG 1950) auszulegen: wenn diese Vorschrift gegen die Entscheidung über Anträge auf Zahlungserleichterungen nach § 54b Abs 3 VStG "kein Rechtsmittel (für) zulässig" erklärt, so ist damit lediglich der Ausschluß der administrativen Rechtsmittel gemeint, die zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stehen (vgl. VfSlg. 13489/1993, 14109/1995 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur), ohne daß dadurch der verfassungsrechtlich vorgesehene Rechtsschutz durch die unabhängigen Verwaltungssenate in Verwaltungsstrafsachen, zu denen auch Entscheidungen nach § 54c VStG zählen (vgl. oben a.), beseitigt wird.

Kraft Art 129a Abs 2 B-VG ist es auch verfassungsrechtlich unbedenklich, daß Entscheidungen erster Instanz über Anträge auf Zahlungserleichterungen gemäß § 54c VStG unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden. Weil ferner § 54c VStG zum Zeitpunkt der Begründung der entsprechenden Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate durch die B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685, (das war der ) bereits gehörig kundgemacht war und in kraft stand, bedurfte die unmittelbare Anfechtbarkeit der Entscheidungen erster Instanz gemäß § 54c VStG beim unabhängigen Verwaltungssenat keiner besonderen, der Verfassungsnorm zufolge auf die Kundmachung entsprechender Bundesgesetze bezogener "Zustimmung der beteiligten Länder" gemäß Art 129a Abs 2 zweiter Satz B-VG.

c. Wenn der VwGH in seinem Anfechtungsbeschluß die vom Verfassungsgerichtshof vertretene Auslegung der Regelung des § 54c VStG "dahin, daß sie der Anrufung der unabhängigen Verwaltungssenate nicht entgegensteht," "im Hinblick auf die Bestimmungen des VStG, die ausdrücklich eine Berufung gegen erstinstanzliche Entscheidungen vorsehen (§§37 Abs 3, 39 Abs 6, 51 Abs 1 und 56 Abs 3)" für "nicht möglich" ansieht, kann ihm der Verfassungsgerichtshof nicht folgen.

Wie der VwGH selbst nämlich in seiner Stellungnahme vom richtig betont, bedarf es einer einfachgesetzlichen Anordnung in allen unter Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG zu subsumierenden Fällen für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den unabhängigen Verwaltungssenat schon deswegen nicht, "weil sich die Anrufbarkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen bereits aus dem ersten Satz des Art 129a Abs 1 B-VG ergibt". (Vgl. auch die oben zitierten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13454/1993; vom , B1752/93, und vom , B1286/93). Die vom VwGH herangezogenen Vorschriften des VStG, die eine Berufung gegen erstinstanzliche Entscheidungen zum Gegenstand haben, sind demgemäß auch - anders als der VwGH offenbar meint - nicht dahin zu verstehen, daß sie die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates gegen Entscheidungen in Verwaltungsstrafverfahren zulassen oder einräumen: § 37 Abs 3 VStG hat vielmehr den normativen Sinn, die aufschiebende Wirkung bei Berufungen gegen Bescheide nach § 37 Abs 1 und 2 VStG auszuschließen. Dies gilt auch gemäß § 39 Abs 6 VStG für Berufungen gegen Bescheide, mit denen eine Beschlagnahme angeordnet wird. § 51 Abs 1 VStG, auf den im übrigen § 39 Abs 6 VStG verweist, bewirkt einesteils die durch Art 129a Abs 2 B-VG vorgesehene, dem Gesetzgeber überlassene, unmittelbare Anfechtbarkeit von Entscheidungen erster Instanz beim unabhängigen Verwaltungssenat und regelt im übrigen dessen örtliche Zuständigkeit. § 56 Abs 3 VStG regelt das Berufungsrecht des Privatanklägers und beinhaltet ferner ebenso wie § 51 Abs 1 VStG die unmittelbare Anfechtbarkeit der Entscheidungen erster Instanz beim unabhängigen Verwaltungssenat.

Es kann sohin keine Rede sein, daß der Wendung "kein Rechtsmittel zulässig" im § 54c VStG "die gleiche Bedeutung beigemessen (wird) wie jenen Regelungen, die ausdrücklich eine Berufung vorsehen", wie der VwGH meint. Vielmehr liegt allen genannten Regelungen des VStG die verfassungsrechtliche Vorschrift des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG zugrunde, derzufolge gegenüber allen rechtskraftfähigen Entscheidungen in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen der Rechtszug an den unabhängigen Verwaltungssenat eröffnet ist. Daß die unmittelbare Anfechtbarkeit von Entscheidungen erster Instanz gemäß § 54c VStG durch den ausdrücklichen Ausschluß sonstiger administrativer Rechtsmittel, bei Verwaltungsstraferkenntnissen nach § 51 Abs 1 VStG aber durch die nähere Bezeichnung des Rechtsmittels an den unabhängigen Verwaltungssenat bewirkt wird, zeugt zwar nicht gerade von einer das Verständnis des Gesetzes erleichternden, einheitlichen Gesetzessprache. Schon mit Rücksicht auf den, auch nach Erlassung der B-VG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 685, unverändert gebliebenen Wortlaut des § 54c VStG idF BGBl. 516/1987, der seinerseits § 53 Abs 3 VStG 1950 wörtlich übernahm, wäre es jedoch nicht gerechtfertigt, die fehlende Systematik der Gesetzessprache dahin zu deuten, daß durch § 54c VStG der verfassungswidrige Ausschluß eines Rechtsmittels an den unabhängigen Verwaltungssenat gegen Entscheidungen über Anträge auf Zahlungserleichterungen verfügt würde.

§ 54c VStG ist vielmehr verfassungskonform in Übereinstimmung mit Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG dahin zu verstehen, daß dadurch lediglich ein administrativer Instanzenzug (im Sinne des Einleitungssatzes der genannten Verfassungsvorschrift), nicht aber die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates gegen Entscheidungen über Anträge auf Zahlungserleichterungen ausgeschlossen wird.

Den Anträgen des VwGH auf Aufhebung der Wortfolge "oder auf Zahlungserleichterungen (§54b Abs 3 VStG)" in § 54c VStG war demgemäß keine Folge zu geben.

3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG vom Verfassungsgerichtshof ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.