VfGH vom 06.03.2012, g135/11

VfGH vom 06.03.2012, g135/11

Sammlungsnummer

19626

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit einer Regelung über die Strafbarkeit des Mautprellens im Bundesstraßen-Mautgesetz; Regelung des äußeren Tatbestandes, nicht der Verantwortlichkeit des Fahrzeuglenkers; kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz und das Bestimmtheitsgebot

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Tirol (im Folgenden: UVS) ist ein Berufungsverfahren gegen den Verwaltungsstrafbescheid des Bezirkshauptmanns von Kufstein vom anhängig, mit dem dieser über den Lenker eines Sattelfahrzeugs gemäß § 20 Abs 2 iVm § 6 und § 7 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (im Folgenden: BStMG), BGBl. I 109/2002, in der Fassung BGBl. I 135/2008, als Bescheidadressaten eine Geldstrafe in Höhe von € 300,-

verhängt hatte, weil dieser die ihm obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung einer fahrleistungsabhängigen Maut verletzt hätte.

1.1. Der Bezirkshauptmann von Kufstein warf dem Fahrzeuglenker vor, er hätte am , um 05.56 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn, km 003,800 Richtungsfahrbahn: Zams, ein näher bestimmtes Sattelfahrzeug mit dem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass der Nachweis für die Zuordnung zu jener Tarifgruppe, die der deklarierten EURO-Emissionsklasse entspricht, nicht fristgerecht erbracht wurde, wodurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Er hätte dadurch § 20 Abs 2 iVm § 6 und § 7 Abs 2 BStMG verletzt.

1.2. Im Zuge des beim UVS durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergab sich als wesentliches Sachverhaltselement, dass zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung () die GO-BOX [Fahrzeuggerät; vgl. Teil A Punkt 1 der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen, Version 25 (im Folgenden: Mautordnung); vgl. §§14 ff BStMG] des mautpflichtigen Kraftfahrzeugs frei geschaltet war, diese aber zu einem späteren Zeitpunkt () rückwirkend gesperrt wurde. Diese Sperre erfolgte ausschließlich deswegen, weil der Zulassungsbesitzer (zugleich Dienstgeber des Fahrzeuglenkers) am eine Änderungsmeldung der Fahrzeugdaten vorgenommen hatte und die dadurch ausgelöste Frist zur Beibringung von geeigneten Nachweisdokumenten (EURO-Emissionsklassennachweis) ungenützt verstreichen ließ.

2. Aus diesem Anlass stellte der UVS den auf Art 140 B-VG gestützten Antrag, § 20 Abs 2 BStMG, BGBl. I 109/2002, in der Fassung BGBl. I 135/2008, aus folgenden Gründen als verfassungswidrig aufzuheben:

"1. Strafe für fremdes Verhalten:

Wie wiederholt vom VfGH klargestellt, ist der Grundsatz, dass strafrechtliche Verantwortlichkeit nur an eigenes Verhalten geknüpft sein darf, so selbstverständlich, dass er in den einschlägigen verfassungsrechtlichen Garantien (Art90 ff B-VG, Art 6 und Art 7 EMRK) unausgesprochen vorausgesetzt wird. (VfSlg. 15200)

Der Begriff der Strafe, ein Tadel für eine

schuldhafte Verletzung von Ver- oder Geboten der Rechtsordnung, setzt voraus, dass der Täter gegen eine ihn treffende Verhaltensnorm verstoßen hat.

§8 Abs 2 BStMG sieht zwar eine Verpflichtung des Lenkers zur Kontrolle der Funktionsfähigkeit des elektronischen Abbuchungsgerätes nach Abschluss einer Fahrt vor. Eine nähere Definition dieser Pflicht insbesondere in zeitlicher Hinsicht ist dem geltenden Gesetzestext nicht zu entnehmen.

In Teil B, Punkt 8 der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs wurde keine Bestimmung normiert, nach der den Lenker eine Verpflichtung trifft, dass der Nachweis der EURO-Emissionsklasse innerhalb der 14-tägigen Frist erfolgt bzw. die Kontrolle, dass diese erfolgt ist. Dies würde wohl auch an den tatsächlichen Gegebenheiten scheitern, da die Verantwortung für die korrekte Anmeldung des LKWs in die passende EURO-Emissionsklasse den Halter bzw. Zulassungsbesitzer trifft und nicht den oftmals in einem Angestelltenverhältnis befindlichen Lenker des LKWs.

Im vorliegenden Fall wurde aber der Lenker

offensichtlich für eine Unterlassung des Zulassungsbesitzers nach § 20 Abs 2 BStMG bestraft. Der Beschuldigte, der den LKW am in Betrieb nahm und dann auf der mautpflichtigen Inntalautobahn lenkte, verletzte die Mautpflicht erst dadurch, dass nachträglich der Zulassungsbesitzer den erforderlichen EURO-Emissionsklassen-Nachweis nicht fristgerecht erbrachte.

Der Beschuldigte wurde also bestraft, obwohl er zum angeblichen Tatzeitpunkt alle ihn aufgrund des BStMG und der Mautordnung treffenden Verpflichtungen erfüllt hatte. Eine Fehlverhalten des Beschuldigten liegt somit jedenfalls nicht vor.

Ist die Verwirklichung eines strafbaren Tatbestandes durch das Verhalten eines Menschen nicht vermeidbar, so darf für diesen Menschen auch keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet werden.

Noch klarer wird die Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs 2 BStMG, wenn man ihn im Zusammenhang mit § 19 Abs 4 BStMG betrachtet. Gemäß § 19 Abs 4 BStMG ist nämlich im Falle einer Nichtbetretung während des Mautvergehens nach § 20 Abs 2 BStMG die Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut an den Zulassungsbesitzer zu richten. Sollte der Zulassungsbesitzer dieser Aufforderung nicht nachkommen, muss sich aufgrund der nicht nachvollziehbaren Formulierung des § 20 Abs 2 BStMG das daran anschließende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Lenker richten.

In mehreren Erkenntnissen erklärte der VfGH eine

normierte strafrechtliche Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten als eine so schwerwiegende Verletzung verfassungsrechtlicher Grundsätze, dass sogar eine Fristsetzung gemäß Art 140 Abs 7 B-VG nicht in Betracht kam. ( ua.)

2. Klarheitsgebot:

Strafbestimmungen müssen inhaltlich derart gestaltet und bestimmt sein, dass der Einzelne - und zwar im Vorhinein - klar erkennen kann, durch welche Handlungen oder Unterlassungen er sich strafrechtlich verantwortlich macht. Genau diese Freiheit, nämlich den eigenen Freiraum zu erkennen, normiert Art 7 EMRK. Aus der Rsp des EGMR und des Bestimmtheitsgebotes aus Art 18 B-VG ergeben sich somit erhöhte Anforderungen an die hinreichende Determinierung von Strafbestimmungen. Klar erkennbar ist dies auch durch das ebenfalls in Art 7 EMRK enthaltene Analogieverbot, welches der Vollziehung jede extensive Auslegung untersagt.

Für den Beschuldigten war im vorliegenden Fall die Übertretung des § 20 Abs 2 BStMG aber keinesfalls zu keinem von ihm zu verantwortenden Zeitpunkt erkennbar. Einerseits hatte er alle (erkennbaren) ihn treffenden Kontrollpflichten aus § 8 BStMG und Teil B, Punkt 8 der Mautordnung erfüllt.

Andererseits handelte es sich um eine Fahrt innerhalb der 14-tägigen Nachbringungsfrist für den EURO-Emissionsklasse-Nachweis und somit ertönte auch nicht der vierfache kurze Signalton, der sonst in folgenden Fällen zur Information des Lenkers dient:

* Vom Kunden wurden die Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet,

* die GO-Box wurde aufgrund Rückrufes zum Austausch gesperrt,

* bei technischen Mängeln bzw. festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung oder

* bei Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse.

Dadurch wurde der Lenker nicht nur nicht auf eine

eventuelle Verletzung seiner Pflichten aufmerksam [ge]macht, sondern der einmalige Signalton beim Durchfahren jedes Abbuchungsportals bestätigte sogar, dass die Maut korrekt entrichtet wurde. Zusätzlich, da die Verpflichtung zur Erbringung des EURO-Emissionsklassen-Nachweises nicht den Lenker trifft, erlangte er sogar bis zur Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung keinerlei Kenntnis über eine angeblich von ihm begangene Verwaltungsübertretung.

Daher war dem Lenker die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung weder im Vorhinein, noch während der Begehung und sogar bis einige Wochen nachher nicht erkennbar.

3. Gleichheitsgrundsatz:

Der Gleichheitsgrundsatz bindet sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung. Nach ihm sind nur sachlich gerechtfertigte Differenzierungen erlaubt. An gleiche Tatbestände müssen also gleiche Rechtsfolgen geknüpft sein. Es ist also Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Wiederholt hat der VfGH erkannt, dass Unterschiede im Faktischen auch zu entsprechenden differenzierten Regelungen führen müssen. (VfSlg. 13965 ua.)

Dem widerspricht wohl eindeutig § 20 Abs 2 BStMG indem er eine fiktive Verantwortlichkeit des Lenkers vorsieht, ohne Rücksicht zu nehmen, wer der tatsächlich Handelnde ist; dies ist wohl unstrittig der Zulassungsbesitzer.

Es ist daher im gegenständlichen Fall wohl grob unverhältnismäßig und daher gleichheitswidrig, dass der Lenker die strafrechtliche Haftung für einen vorgeworfenen Sachverhalt zu tragen hätte, den er faktisch nicht beherrschen kann.

3. Antrag:

Aus den genannten Gründen stellt der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol daher den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge § 20 Abs 2 BStMG, BGBl. I Nr. 109/2002 idF BGBl. I. Nr. 135/2008, als verfassungswidrig aufheben." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung des Antrags des UVS mangels Präjudizialität, in eventu dessen Abweisung mangels Verfassungswidrigkeit des angefochtenen § 20 Abs 2 BStMG begehrt.

3.1. Zu den Prozessvoraussetzungen weist die Bundesregierung darauf hin, dass die Anwendung des § 20 Abs 2 BStMG im Anlassfall nicht in Betracht komme, weil die einschlägigen Bestimmungen der Mautordnung (Teil B Punkt 8.2.4), welche die Verpflichtungen des Fahrzeuglenkers normieren, nicht vorsähen, dass diesen die Pflicht treffe, den Nachweis der EURO-Emissionsklasse innerhalb der 14-tägigen Einmeldefrist zu übermitteln bzw. zu kontrollieren, ob eine derartige Übermittlung erfolgt wäre.

3.2. In der Sache hält die Bundesregierung dem Antrag des UVS Folgendes entgegen:

"II. Zu den vorgebrachten Bedenken

Die Bundesregierung verweist auf die ständige

Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach sich der Gerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg. 12.592/1990, 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.050/1995 und 14.466/1996). Der Verfassungsgerichtshof beurteilt ausschließlich, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung der Anträge dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (vgl. zB VfSlg. 13.704/1994 und 14.466/1996). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der vom UVS Tirol vorgetragenen Bedenken.

1. Zur angeblichen Verantwortlichkeit für fremdes

Verhalten und zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes

Nach Auffassung des UVS Tirol würde § 20 Abs 2 BStMG eine Verantwortlichkeit für fremdes Verhalten normieren: § 20 Abs 2 BStMG verletze Art 90 ff. B-VG, Art 6 sowie Art 7 EMRK. Zudem würde die Bestimmung dem Gleichheitsgebot widersprechen, da sie eine fiktive Verantwortlichkeit des Lenkers vorsähe, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, wer der tatsächlich Handelnde - damit ist wohl der Zulassungsbesitzer gemeint - sei.

Dagegen lässt sich einwenden, dass der UVS Tirol aus nicht nachvollziehbaren Gründen der fehlerhaften Gesetzesanwendung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein folgt. Tatsächlich hat die Bezirkshauptmannschaft Kufstein der Mautordnung und dem § 20 Abs 2 BStMG einen Regelungsinhalt unterstellt, der dieser Gesetzesbestimmung nicht zukommt. Aus dieser unrichtigen Gesetzesauslegung einer erstinstanzlichen Behörde kann sich aber keine Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs 2 BStMG ergeben. Demzufolge liegt im vorliegenden Fall ein Problem der Vollziehung - nicht aber der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes - vor.

Der Vollständigkeit halber sei nochmals auf Punkt I (zur mangelnden Präjudizialität) verwiesen: Nach § 20 Abs 2 BStMG ist ein Lenker nur zu bestrafen, wenn er sich nicht ordnungsgemäß verhält, genauer gesagt, wenn er die geschuldete Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet. Wenn allerdings kein Fehlverhalten des Lenkers vorliegt, ist dieser nicht zu bestrafen. § 20 Abs 2 BStMG sieht somit keine Verantwortlichkeit für ein fremdes Verhalten vor; es wird auch keine (angeblich gleichheitswidrige) fiktive Verantwortlichkeit des Lenkers normiert, ohne Rücksicht auf die tatsächlich handelnde Person - den Zulassungsbesitzer - zu nehmen.

Auf Seite 11 des Gesetzprüfungsantrages will der UVS Tirol ein weiteres Argument für die Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs 2 BStMG dadurch gewinnen, dass er ihn im Zusammenhang mit § 19 Abs 4 BStMG betrachtet. Die dort vorgesehene Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut an den Zulassungsbesitzer, wenn es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 BStMG zu keiner Betretung kommt, hat aber nicht den Zweck, einer Person die Möglichkeit zur Setzung eines Strafaufhebungsgrundes einzuräumen, die gar nicht Adressat der verwaltungsstrafrechtlichen Norm des § 20 Abs 2 BStMG ist. Sie dient vielmehr dazu, die Ersatzmautaufforderung wenigstens einer Person zukommen zu lassen, deren Name und Anschrift der ASFINAG bekannt ist (sei es im Zusammenhang mit der Anmeldung zum Mautsystem oder im Zusammenhang mit einer Auskunft aus der Zulassungsevidenz gemäß § 30 Abs 2 BStMG), und die in der Lage ist, dem Kraftfahrzeuglenker als Adressat der Norm des § 20 Abs 2 BStMG die Ersatzmautaufforderung weiterzuleiten. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung im Übrigen bereits als sachlich gerechtfertigt qualifiziert (vgl. etwa den Beschluss vom , mit welchem die Behandlung der Beschwerde B1648/06 abgelehnt wurde).

Da der Wortlaut des § 20 Abs 2 BStMG - aufgrund der

oben genannten Gründe - einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist, liegt nach Auffassung der Bundesregierung weder eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes noch des Grundsatzes, wonach strafrechtliche Verantwortlichkeit nur an eigenes Verhalten geknüpft sein darf, vor.

2. Zur behaupteten Verletzung des Klarheitsgebotes

Der UVS Tirol ortet in § 20 Abs 2 BStMG einen Verstoß gegen das Klarheitsgebot gemäß Art 7 EMRK bzw. Art 18 B-VG. Die Annahme der Verstoßes gegen das Klarheitsgebot beruht erneut (vgl. dazu auch näher Punkt I und Punkt II. 1.) auf der (irrigen) Annahme, dass im verfahrensgegenständlichem Fall der Kraftfahrzeuglenker zu bestrafen sei.

Dem lässt sich entgegenhalten, dass der Gesetzgeber in § 20 Abs 2 BStMG klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass Kraftfahrzeuglenker nur dann zu bestrafen sind, wenn sie eine Mautstrecke benützen, ohne 'die geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten' (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 20 Abs 2 BStMG, 1139 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP). Durch die Befolgung der sich aus § 8 BStMG und der Mautordnung ergebenden (Kontroll-)Pflichten gibt die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit, sich rechtskonform zu verhalten. Wie bereits unter Punkt I gezeigt wurde, hat der Kraftfahrzeuglenker keine der genannten Pflichten verletzt, weshalb auch keine Übertretung des § 20 Abs 2 BStMG erkennbar ist.

Nach Auffassung der Bundesregierung verstößt § 20 Abs 2 BStMG daher weder gegen den Gleichheitsgrundsatz, noch gegen das Bestimmtheitsgebot.

Zusammenfassend wird von der Bundesregierung die Ansicht vertreten, dass § 20 Abs 2 BStMG nicht verfassungswidrig ist." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

4. Eine Äußerung wurde weiters auch von dem im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 20 Abs 2 iVm § 6 und § 7 Abs 1 BStMG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 300,-

bestraften Fahrzeuglenker erstattet. Dieser führt als Gründe für eine Verfassungswidrigkeit des § 20 BStMG (Anm.: die gesamte Bestimmung des § 20 BStMG wird in der Äußerung als verfassungswidrig bezeichnet) wie der UVS den Widerspruch dieser Bestimmung zum Grundsatz der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nur für eigenes Verhalten und zum Klarheitsgebot im Sinne des Art 7 EMRK an. Darüber hinaus sei auch der Gleichheitssatz verletzt.

II. Rechtslage

1. Die relevanten Bestimmungen des BStMG, BGBl. I

109/2002, in der Fassung BGBl. I 135/2008, lauten:

"Mautschuldner

§4. Mautschuldner sind der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand.

Allgemeine Ausnahmen von der Mautpflicht

§5. (1) Von der Mautpflicht sind ausgenommen:

1. Fahrzeuge, an denen gemäß § 20 Abs 1 litd und Abs 5 Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267, Scheinwerfer oder Warnleuchten mit blauem Licht sichtbar angebracht sind;

2. Heeresfahrzeuge (§2 Z 38 Kraftfahrgesetz 1967);

3. Fahrzeuge, die im Rahmen des Übereinkommens

zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen ('PfP-SOFA', BGBl. III Nr. 136/1998) eingesetzt werden;

4. Fahrzeuge, die in Durchführung von Maßnahmen der Friedenssicherung im Rahmen einer internationalen Organisation, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa oder der Europäischen Union auf Grund eines Beschlusses im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eingesetzt werden.

(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft kann für Fahrten im Rahmen von humanitären Hilfstransporten in Notstandsfällen Fahrzeuge von der Mautpflicht ausnehmen. Die Regelung erfolgt anlassbezogen in der Mautordnung.

(3) Einnahmen, die der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft auf Grund einer Ausnahmeregelung gemäß Abs 2 entgehen, sind ihr vom Bund zu ersetzen, wenn die Ausnahmeregelung länger als 30 Tage gilt.

Mautpflicht

§6. Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut. Mehrspurige Kraftfahrzeuge, die noch nie zum Verkehr zugelassen waren und ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, unterliegen der fahrleistungsabhängigen Maut, sofern ihr Eigengewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt. Sofern kein Nachweis des Eigengewichtes erbracht wird, gelten diese Fahrzeuge als solche mit einem Eigengewicht von mehr als 3,5 Tonnen.

Mautentrichtung

§7. (1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener

Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

Pflichten der Fahrzeuglenker und Arbeitgeber

§8. (1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs 5 und 6 ermöglichen.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind in der Mautordnung zu treffen.

(4) Arbeitgeber haben die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, sofern sie diese zu Fahrten auf Mautstrecken veranlassen, über den ordnungsgemäßen Einsatz des Gerätes zur elektronischen Entrichtung der Maut zu informieren. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

[...]

Ersatzmaut

§19. (1) In der Mautordnung ist für den Fall der

nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 250 € einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(2) - (4) [...]

(5) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

Mautprellerei

§20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken

benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht."

2. Die hier relevanten Bestimmungen der Mautordnung, Version 25, welche unter anderem gemäß § 8 Abs 3 BStMG die Pflichten der Fahrzeuglenker regeln, lauten:

"Teil B - Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 t hzG (Fahrleistungsabhängige Maut)

8 PFLICHTEN DER KRAFTFAHRZEUGLENKER

8.1 Ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box

Die GO-Box ist ausschließlich in dem mit dem

angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug dauerhaft an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen (vergleiche Grafik 22). Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

Die Anbringung einer Split-GO-Box unterliegt eigenen Regeln, die aus der jeweiligen Betriebsanleitung zu entnehmen sind.

8.2 Ordnungsgemäße Bedienung der GO-Box

8.2.2 Deklarierung und Einstellung der Kategorie (ausgenommen bei Omnibussen sowie bei Wohnmobilen)

Bei Ausgabe der GO-Box wird eine Basiskategorie

entsprechend der vorhandenen Achsanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Kunden dar). Der Kraftfahrzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

Sollte ein Anhänger bzw. Sattelanhänger mitgeführt werden, muss der Kraftfahrzeuglenker die Kategorie des Kraftfahrzeuges vorschriftsmäßig umstellen. Für die Deklarierung der einzustellenden Kategorie ist die tatsächliche Achsanzahl des Zugfahrzeuges samt der Achsanzahl des (Sattel-)Anhängers und zwar unabhängig vom höchst zulässigen Gesamtgewicht des (Sattel-)Anhängers ausschlaggebend. Durch länger als zwei Sekunden dauerndes Drücken der Bedientaste wird die Kategorie angehoben (und beginnt nach der Kategorie 4 wieder bei der Grundkategorie). Nach der Umstellung informiert die jeweilige Leuchtanzeige (Kategorie 2 - 4) durch Blinken über die aktuell eingestellte Kategorie.

Sollte der Kunde fälschlicherweise eine höhere

Kategorie als die tatsächliche Kategorie des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges bzw. der Kraftfahrzeugkombination deklariert haben und somit bei der Fahrt ein unrichtiger Mauttarif verrechnet bzw. abgebucht worden sein, kann ASFINAG nach Darlegung der Gründe und unter Erbringung entsprechender Nachweise die zuviel bezahlte Maut rückvergüten. Das Ersuchen um Rückerstattung ist unter Vorlage der entsprechenden Nachweise innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, an dem zuviel Maut bezahlt wurde, direkt an die ASFINAG Maut Service GmbH (siehe Punkt 13) zu richten.

8.2.3 [...]

8.2.4 Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der GO-Box

8.2.4.1 Verhaltenspflichten der Kraftfahrzeuglenker

Kraftfahrzeuglenker haben sich gemäß § 8 Abs 2 BStMG vor, während und nach jeder Fahrt auf mautpflichtigen Strecken von der Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu überzeugen, etwaige Funktionsstörungen umgehend zu melden, die Anzahl der Achsen auf der GO-Box einzustellen sowie jene Nachweise gemäß Punkt 5.2.3 mitzuführen, die eine Überprüfung der Zuordnung einer EURO-Emissionsklasse zu einer Tarifgruppe erlaubt. Weiters sollten sie eine Abschirmverpackung im mautpflichtigen Kraftfahrzeug mitführen (siehe Punkt 3.3.3).

Der Kraftfahrzeuglenker ist verpflichtet, die im Zuge der Deklaration der EURO-Emissionsklasse gemäß Punkt 5.2 übergebene Fahrzeugdeklaration zu prüfen und im Kraftfahrzeug mitzuführen.

Im Falle des Verlustes oder Beschädigung der Fahrzeugdeklaration ist ein Nachdruck an jeder

GO VERTRIEBSSTELLE oder zentral via SelfCare Portal vorzunehmen. Im Falle von Datenänderungen, die insbesondere das Kraftfahrzeugkennzeichen, die hinterlegte EURO-Emissionsklasse oder die GO-Box Identifikationsnummer betreffen, ist eine neue

Fahrzeugdeklaration an der GO VERTRIEBSSTELLE

ausstellen zu lassen, die alte Fahrzeugdeklaration verliert damit ihre Gültigkeit. Die dabei einzuhaltende Vorgehensweise ist in Punkt 5.6.2 geregelt.

8.2.4.2 Vor der Fahrt

Vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes hat sich der Kunde über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

* Blinken sowohl die Leuchtanzeige 'Statusabfrage' als auch die Leuchtanzeige

* 'Achsanzahl' einmal kurz 'grün', bedeutet dies,

dass die technische Funktionstüchtigkeit grundsätzlich gegeben ist.

* Blinken die Leuchtanzeige 'Statusabfrage' zweimal kurz 'rot' und die Leuchtanzeige 'Achsanzahl' zweimal kurz 'grün', bedeutet dies, dass das Mautguthaben unter den fix eingestellten Grenzwert (EUR 30,00) gefallen ist (nur im Pre-Pay Verfahren). Der Kraftfahrzeuglenker hat im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen.

* Blinkt die Leuchtanzeige 'Statusabfrage' viermal kurz 'rot', bedeutet dies, dass keine Mautabbuchung möglich ist (z.B. weil die GO-Box nicht ordnungsgemäß funktioniert). Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall umgehend die nächstgelegene GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen oder von seiner Absicht, das mautpflichtige Straßennetz zu befahren, Abstand zu nehmen.

* Blinkt die Leuchtanzeige 'Statusabfrage' und die Leuchtanzeige 'Achsanzahl' nicht (kein Blinken), bedeutet dies, dass die GO-Box nicht funktionsfähig ist. Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall das Kraftfahrzeug vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit einer neuen funktionsfähigen GO-Box auszustatten (zum Austausch siehe Punkt 5.7.2).

Vor Fahrtantritt hat der Kraftfahrzeuglenker anhand der Fahrzeugdeklaration zu prüfen, ob

* das am Kraftfahrzeug angebrachte Kraftfahrzeugkennzeichen mit dem auf der Fahrzeugdeklaration angeführten behördlichen Kraftfahrzeugkennzeichen übereinstimmt sowie

* die GO-Box-Identifikationsnummer der mitgeführten GO-Box mit der auf der Fahrzeugdeklaration angeführten GO-Box-Identifikationsnummer übereinstimmt.

Im Falle der Nichtübereinstimmung der geprüften Daten hat der Kraftfahrzeuglenker die nächste GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen und auf der mitgeführten GO-Box eine entsprechende Datenänderung gemäß Punkt 5.6.2 zu veranlassen. Für die Benutzung der mautpflichtigen Strecken bis zur GO VERTRIEBSSTELLE ist der angefallene geschuldete Differenzbetrag gemäß Punkt 7 nachzuzahlen. Im Falle der Missachtung dieser Verpflichtung kann der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht werden.

8.2.4.3.1 Folgende Signale gelten als Information für den jeweiligen Kunden

* Ein kurzer Signal-Ton: Die Mautentrichtung wird auf Basis eingestellten Kategorie bestätigt.

* zwei kurze Signal-Töne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie zwar ordnungsgemäß stattgefunden, dessen ungeachtet, ist es jedoch notwendig, die nächst mögliche GO VERTRIEBSSTELLE aufsuchen. Dieses Informationssignal ertönt daher insbesondere in folgenden Fällen:

* das Mautguthaben (nur im Pre-Pay Verfahren) ist

unter den Grenzwert in Höhe EUR 30,00 gefallen (der Kunde hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen),

* das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay Verfahren),

* die Gültigkeitsdauer der GO-Box läuft innerhalb der nächsten zwei Monate ab oder

* es ist eine Änderung der auf der GO Box

gespeicherten Daten erforderlich.

8.2.4.3.2 Vom Kunden zu beachtendes akustisches

Signal

* Vier kurze Signal-Töne: Es hat keine

Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Kunden Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund Rückrufes der GO-Box zum Austausch, technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung oder Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse. In diesem Fall hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

8.2.4.3.3 Kein Signal Ton

Wenn kein Signal-Ton erfolgt, hat keine

Mautentrichtung stattgefunden. Es besteht keine Verpflichtung zur Nachzahlung der Maut im Sinne des Punktes 7.1, dies jedoch ausnahmslos nur unter Einhaltung aller nachfolgenden Bedingungen:

* Die GO-Box ist im Sinne von Punkt 8.1 ordnungsgemäß montiert.

* Im Zeitpunkt des Durchfahrens einer Mautabbuchungsstelle war für die GO-Box im Post-Pay Verfahren ein gültiges Zahlungsmittel hinterlegt bzw. im Pre-Pay Verfahren war die GO-Box mit einem ausreichenden Mautguthaben aufgeladen.

* Die Funktionsfähigkeit der GO-Box wurde im Sinne von Punkt 8.2.4.2 sowie Punkt 8.2.4.4 überprüft.

* Die Kategorie des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges ist im Sinne von Punkt 8.2.2 auf der GO-Box ordnungsgemäß eingestellt.

* Das Kennzeichen des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges wurde im Sinne von Punkt 5.6 korrekt zum System angemeldet.

Werden diese Bedingungen nicht alle gemeinsam

erfüllt, besteht die Verpflichtung zur Nachzahlung der Maut im Sinne von Punkt 7.1.

Zur Verifizierung der akustischen Anzeige kann die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut an jeder

GO VERTRIEBSSTELLE überprüft werden.

Kraftfahrzeuglenker mit einer Hörbeeinträchtigung

sind von den Mitwirkungspflichten nicht befreit. Sie sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut an den obgenannten Vertriebsstellen zu überprüfen (siehe auch Punkt 8.2.4.4). Der Kunde hat auch die Möglichkeit, sich zuerst an das ASFINAG SERVICE CENTER (siehe auch Punkt 5.3) zu wenden, um dort über die Funktionstüchtigkeit der Mautanlage informiert zu werden.

8.2.4.4 Nach der Fahrt

Nach der Fahrt auf mautpflichtigen Strecken hat der Kraftfahrzeuglenker neuerlich die Funktionsfähigkeit der GO-Box zu überprüfen und bei nicht mehr gegebener Funktionsfähigkeit der GO-Box (analog den Bestimmungen in Punkt 8.2.4.2) gegebenenfalls einen offenen Mautbetrag mittels Nachzahlung gemäß Punkt 7.1 zu begleichen. Ansonsten wird der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht.

[...]

10 MAUTPRELLEREI

10.1 Strafbarkeit des Mautprellens

Die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mautpflichtigen Kraftfahrzeugen im Sinne dieser Mautordnung Teil B, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, ist verboten. Kraftfahrzeuglenker, die gegen dieses Verbot verstoßen, begehen gemäß § 20 Abs 2 BStMG eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von EUR 300,00 bis EUR 3.000,00 (Diese geänderte Bestimmung ist auf Verwaltungsübertretungen anzuwenden, die nach dem In-Kraft-Treten der Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl. I Nr. 82/2007 begangen werden) bestraft wird.

Wird der Lenker eines mautpflichtigen Kraftfahrzeugs, das nicht mit einer GO-Box oder einem anderen zugelassenen Fahrzeuggerät ausgerüstet ist, auf dem mautpflichtigen Straßennetz betreten, so ist die mautpflichtige Straße umgehend über die nächstmögliche Abfahrt zu verlassen.

10.2 Unterbleiben der Bestrafung

Eine Bestrafung unterbleibt, wenn eine Ersatzmaut - wie nachfolgend beschrieben - bezahlt wird. Eine fristgerecht und ordnungsgemäß entrichtete Ersatzmaut ist nicht rückforderbar.

[...]"

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

1.2. Der UVS hat in dem dem Antrag zu Grunde

liegenden Fall über die Berufung eines Fahrzeuglenkers zu entscheiden, über welchen in erster Instanz gemäß § 20 Abs 2 iVm § 6 und § 7 Abs 1 BStMG eine Geldstrafe in Höhe von € 300,-

verhängt wurde, weil dieser die ihm obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung einer fahrleistungsabhängigen Maut verletzt hätte. In dem bei ihm anhängigen Verfahren hätte der UVS die von ihm angefochtene Bestimmung des § 20 Abs 2 BStMG anzuwenden, weil diese Verwaltungsstrafbestimmung im Verfahren vor der Behörde erster Instanz als Grundlage für die Bestrafung herangezogen wurde und der UVS die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden verwaltungsstrafbehördlichen Handelns zu überprüfen hat. Die von der Bundesregierung in ihrer Äußerung vorgebrachte Argumentation, wonach § 20 Abs 2 BStMG hier denkunmöglich angewendet worden wäre, ist daher nicht zutreffend.

1.3. Der Antrag ist daher zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (zB VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Es ist dem antragstellenden UVS zuzustimmen,

dass eine Gesetzesbestimmnung verfassungswidrig ist, welche die Bestrafung einer Person vorsieht, obwohl diese kein strafrechtlich vorwerfbares Verhalten gesetzt hat (vgl. VfSlg. 15.200/1998). Entgegen der Rechtsauffassung des antragstellenden UVS sieht der angefochtene § 20 Abs 2 BStMG, BGBl. I 109/2002, in der Fassung BGBl. I 135/2008, eben dies nicht vor.

Wie die Bundesregierung im vorliegenden Fall

zutreffend ausführt, ist ein Fahrzeuglenker gemäß § 20 Abs 2 BStMG nur zu bestrafen, wenn er ein in seiner Verantwortlichkeit gelegenes, mit der entsprechenden strafrechtlichen Sanktion zu ahndendes Fehlverhalten setzt, indem er die ihm obliegenden Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut verletzt.

§20 Abs 2 BStMG bezieht sich auf das Verhalten des Fahrzeuglenkers: "Fahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung [...].". Der bezogene § 6 leg.cit. regelt die näheren Voraussetzungen für die Mautpflicht. Aus der Beschreibung des äußeren Tatbestandes geht nicht ansatzweise hervor, dass ein Fahrzeuglenker auch zu bestrafen ist, wenn ihm ein bestimmtes Verhalten nicht zurechenbar ist.

Unter welchen Voraussetzungen dem Fahrzeuglenker schuldhaftes Verhalten vorwerfbar ist, regelt der vom UVS angefochtene § 20 Abs 2 BStMG nicht. Diesbezüglich ist auf das VStG, im Besonderen auf dessen § 5 Abs 1 in Verbindung mit den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu verweisen, welche die Pflichten des Fahrzeuglenkers und damit auch den Maßstab für objektiv sorgfaltswidriges Handeln festlegen. Fahrlässiges Verhalten setzt das Außerachtlassen zumutbarer Sorgfalt voraus. Bei der Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfalt ist die Maßfigur der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 [2011] Rz. 741; vgl. dazu statt vieler VwSlg. 17.467 A/2008 mwN). Die Verhaltenspflichten des maßgeblichen Verkehrskreises werden in den hier nicht angefochtenen Bestimmungen des § 8 BStMG iVm der Mautordnung festgelegt. Da diese Bestimmungen aber nicht vom UVS angefochten wurden, ist es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, darauf einzugehen.

2.3. Die angefochtene Regelung des § 20 Abs 2 BStMG

verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz. § 20 Abs 2 BStMG, welcher lediglich das äußere Tatbild festlegt, bezieht sich ausschließlich auf das Verhalten des Fahrzeuglenkers und sieht - entgegen der Auffassung des antragstellenden UVS - keine "fiktive" Verantwortlichkeit des Lenkers vor. Es ist sinngemäß auf die Ausführungen unter Punkt 2.2. zu verweisen.

2.4. Der Verfassungsgerichtshof kann dem UVS auch

darin nicht folgen, dass der angefochtene § 20 Abs 2 BStMG das Bestimmtheitsgebot des Art 7 EMRK und Art 18 B-VG verletzt. Auch hier ist wiederum zwischen dem objektiven Tatbestand und der subjektiven Tatseite zu unterscheiden: § 20 Abs 2 BStMG regelt den äußeren Tatbestand und legt dabei das (verpönte) Verhalten klar und eindeutig fest. Der Gesetzgeber bringt somit unmissverständlich zum Ausdruck, unter welchen Voraussetzungen er ein bestimmtes Handeln als strafbar qualifizieren will. Dadurch gibt die Rechtsordnung dem Einzelnen die Möglichkeit, sich rechtmäßig zu verhalten bzw. sein Verhalten am Gesetz zu orientieren (VfSlg. 11.776/1988, 12.947/1991, 18.516/2008). Ein Verstoß gegen das aus Art 18 B-VG ableitbare Erfordernis eines adäquaten Determinierungsgrades kann nicht erkannt werden (VfSlg. 13.785/1994, 16.993/2003). Die subjektive Tatseite, auf welche sich der antragstellende UVS zu beziehen scheint, wird hingegen nicht durch die angefochtene Bestimmung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002, sondern durch andere Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 im Zusammenhalt mit § 5 Abs 1 VStG erfasst. Da der UVS nur § 20 Abs 2 BStMG angefochten hat, ist der Verfassungsgerichtshof auf die Prüfung dieser vom UVS in Bezug auf diese Bestimmung geltend gemachten Bedenken beschränkt (zB VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003).

2.5. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die der UVS gegen § 20 Abs 2 BStMG hegt, sind dieser Gesetzesstelle nicht anzulasten. Im Anlassverfahren vor dem UVS sind lediglich Fragen der richtigen Anwendung des Gesetzes zu lösen. Es obliegt daher den für den Vollzug des § 20 Abs 2 BStMG zuständigen Behörden, näher zu prüfen, ob überhaupt objektiv tatbestandmäßiges Verhalten vorliegt und ob der Fahrzeuglenker glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der Verletzung der entsprechenden Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft (§5 Abs 1 VStG).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof keine Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs 2 BStMG zu erblicken.

Die Bedenken des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol haben sich somit als unzutreffend erwiesen.

2. Der Antrag war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.