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VfGH vom 30.11.1993, G132/93

VfGH vom 30.11.1993, G132/93

Sammlungsnummer

13619

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Verwaltungsstrafbestimmung betreffend Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung

Spruch

§ 28 Abs 1 Z 2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 war verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde gegen einen Berufungsbescheid, mit dem der Beschwerdeführer einer (am begangenen) Übertretung nach § 28 Abs 1 Z 2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 schuldig erkannt wurde, stellt der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung. Mit Erkenntnis VfSlg. 12948/1991 habe der Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs 1 Z 1 lita des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 wegen Verstoßes gegen den im Verfassungsrang stehenden Art 6 EMRK mit der Begründung festgestellt, der österreichische Vorbehalt zu Art 5 EMRK decke die Durchführung eines Strafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vor einer Verwaltungsbehörde nicht, weil derartige Verfahren im Zeitpunkt des Vorbehaltes vor die Strafgerichte gehörten. Die in Prüfung gezogene Bestimmung gewährleiste deshalb zu Unrecht kein Verfahren vor einem unabhängigen Tribunal.

Diese Verfassungswidrigkeit trifft nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch § 28 Abs 1 Z 2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988.

Die Bundesregierung hat - wie schon in den Verfahren G294/91 und G40/92 ua. (betreffend § 28 Abs 1 lita AuslBG, BGBl. Nr. 218/1985, und § 28 Abs 1 Z 1 litb AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 231/1988) - auf eine Äußerung verzichtet.

II. Nach § 28 Abs 1 Z 2 litc Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. 231/1988 wird mit Geldstrafe von 2.000 S bis 30.000 S bestraft, wer

"c) entgegen dem § 26 Abs 1 den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern sowie den Arbeitsinspektoraten und den sonst zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer nicht bekannt gibt, die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte nicht erteilt oder in die erforderlichen Unterlagen nicht Einsicht gewährt".

III. Der Antrag ist zulässig. Das Verfahren hat nichts ergeben, was an der Zulässigkeit des Antrages oder der Präjudizialität der angefochtenen Norm zweifeln ließe. Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.

Der Antrag ist auch begründet. Da die im Antrag dargelegten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes jenen des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg. 12948/1991 entsprechen und nichts Neues hervorgekommen ist, kann auf das Ergebnis dieses Verfahrens verwiesen werden. Eine Verwaltungsstrafbestimmung der in Rede stehenden Art hat im Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes zur EMRK nicht bestanden.

§ 28 Ausländerbeschäftigungsgesetz ist durch die mit in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 450/1990 neu gefaßt worden. Die vom Antrag betroffene Fassung steht nicht mehr in Geltung. Der Verfassungsgerichtshof hat sich daher darauf zu beschränken, ihre Verfassungswidrigkeit festzustellen.

Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art 140 Abs 5 B-VG.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs 4 VerfGG).

Fundstelle(n):
TAAAE-25593