VfGH vom 03.03.1995, G125/93
Sammlungsnummer
14050
Leitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der Etappenregelung bei der Angleichung der Witwerpension an die Witwenpension und keine sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung von Witwern je nach dem Stichtag; Vorliegen von res iudicata hinsichtlich dieser Bedenken; keine Verletzung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte im Hinblick auf dessen Erfüllungsvorbehalt
Spruch
Den Anträgen wird keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Der Oberste Gerichtshof (Senat 10) beantragt mit Beschluß vom , ArtII Abs 8 der 36. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 282/1981, idF des ArtV Abs 1 der 40. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 484/1984, als verfassungswidrig aufzuheben; das Verfahren ist unter G125/93 protokolliert.
1.1.2. Das Oberlandesgericht Linz begehrt mit vier weiteren Anträgen ebenfalls die vom Obersten Gerichtshof angegriffenen Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben; die Verfahren sind zu G162/94, G167/94, G217/94 und G288/94 protokolliert.
1.2.1. In dem zu G125/93 protokollierten Verfahren wird vom Obersten Gerichtshof vorgebracht, daß mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom dem Revisionswerber des beim Obersten Gerichtshof anhängigen Verfahrens ab nach seiner am verstorbenen Gattin gemäß § 258 Abs 1 ASVG eine Witwerpension zuerkannt worden sei. Er habe jedoch zunächst nur ein Drittel und ab zwei Drittel des sich unter Anwendung der entsprechenden Bemessungsbestimmungen ergebenden Betrages an Witwerpension ausgezahlt erhalten. Am habe der nunmehrige Revisionswerber die rückwirkende Erhöhung der Witwerpension ab auf die volle Höhe begehrt. Die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter habe diesen Antrag mit Bescheid vom abgelehnt und auf die Bestimmungen des ArtII Abs 8 der 36. ASVG-Novelle idF der 40. ASVG-Novelle verwiesen, wonach eine gemäß § 258 Abs 1 ASVG zuerkannte Witwerpension ab zu einem Drittel, ab zu zwei Dritteln und erst ab in der vollen Höhe gebühre. Der Revisionswerber habe mit seiner fristgerecht erhobenen Klage die rückwirkende Erhöhung seiner Witwerpension auf die volle Höhe ab begehrt. Das Erstgericht habe das Klagebegehren für den Zeitraum vom 1. Jänner bis mangels Vorliegens einer bescheidmäßigen Erledigung zurück- und im übrigen, also ab , abgewiesen. Der Berufung gegen dieses Urteil sei keine Folge gegeben worden. Gegen das Berufungsurteil richte sich die Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, nach Überprüfung der Verfassungsgemäßheit des ArtII Abs 8 der 36. ASVG-Novelle idF des ArtV Abs 1 der 40. ASVG-Novelle das angefochtene Urteil im der Klage stattgebenden Sinne abzuändern.
1.2.2. In dem zu G162/94 protokollierten Verfahren wird vom Oberlandesgericht Linz vorgebracht, daß dem Berufungswerber des bei ihm anhängigen Verfahrens mit Bescheid vom ab nach seiner am verstorbenen Ehefrau eine Witwerpension zuerkannt worden sei; der zuerkannte Betrag habe zwei Dritteln des sich unter Anwendung der entsprechenden Bemessungsbestimmungen ergebenden Betrages an Witwenpension entsprochen. Diesen Bescheid habe der nunmehrige Berufungswerber mit dem Begehren bekämpft, ihm die Witwerpension in voller Höhe zuzuerkennen. Mit dem erstgerichtlichen Urteil sei das Klagebegehren abgewiesen worden. Gegen diese Entscheidung richte sich die Berufung mit der Anregung, das Berufungsgericht möge einen Gesetzesprüfungsantrag stellen. Mit Beschluß vom schließt sich der anfechtende Senat des Oberlandesgerichtes Linz den verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Oberste Gerichtshof seinem Beschluß vom zugrunde gelegt hat, an und stellt den Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit derselben Bestimmung wie der Oberste Gerichtshof.
1.2.3. In dem zu G167/94 protokollierten Verfahren wird vom Oberlandesgericht Linz vorgebracht, daß dem Berufungswerber des bei ihm anhängigen Verfahrens mit Bescheid vom ab nach seiner am verstorbenen Ehefrau eine Witwerpension zuerkannt worden sei, die zwei Dritteln der Witwenpension entsprochen habe. Die Klage, mit der er die Zahlung der Witwerpension in voller Höhe anstrebte, sei abgewiesen worden, wogegen von ihm Berufung erhoben worden sei. Das Berufungsgericht faßte am den Beschluß, den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG anzurufen, dies aus den gleichen Bedenken, die dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom zugrundeliegen.
1.2.4. In dem zu G217/94 protokollierten Verfahren bringt das Oberlandesgericht Linz vor, daß dem Berufungswerber des bei ihm anhängigen Verfahrens mit Bescheid vom ab nach seiner am verstorbenen Ehefrau eine Witwerpension zuerkannt worden sei, die zwei Dritteln der Witwenpension entsprach. Die sodann erhobene Klage auf Zahlung der vollen Witwerpension sei in erster Instanz abgewiesen worden, wogegen sich die Berufung richte. Mit Beschluß vom habe das antragstellende Gericht das Verfahren unterbrochen, um eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der eingangs genannten Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof aus den gleichen Gründen zu bewirken, die dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom zugrundeliegen.
1.2.5. In dem zu G288/94 protokollierten Verfahren wird vom Oberlandesgericht Linz vorgebracht, daß dem Berufungswerber des bei ihm anhängigen Verfahrens mit Bescheid vom eine Witwerpension nach seiner verstorbenen Ehefrau zuerkannt worden sei, die zwei Dritteln der Witwenpension entsprach. Die Klage, die auf volle Zahlung der Witwerpension gerichtet war, sei vom Erstgericht abgewiesen worden, wogegen sich die Berufung richte. Mit Beschluß vom habe das Oberlandesgericht Linz das Verfahren unterbrochen und begehre gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der eingangs genannten Bestimmungen aus den gleichen Gründen, die dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom zugrundeliegen.
1.3. Da einer sachlichen Erledigung der Rechtsmittel entgegenstehe, daß der Oberste Gerichtshof und das Oberlandesgericht Linz gegen die von ihnen anzuwendenden Bestimmungen (vgl. 1.1.1. und 1.1.2.) verfassungsrechtliche Bedenken hegen, werde die Aufhebung dieser Bestimmungen wegen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof beantragt, dies im Hinblick auf die nachfolgend wiedergegebenen Bedenken, die der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß vom wörtlich (die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Linz sind inhaltlich gleichlautend) wie folgt darlegt:
"Nach § 259 Abs 1 ASVG idF des ArtXIV Z 5 des Bundesgesetzes über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts, BGBl 1978/280, bestand der Anspruch eines Ehemannes auf Witwerpension nur, wenn die versicherte Ehefrau 'seinen Lebensunterhalt überwiegend bestritten hat und er im Zeitpunkt ihres Todes erwerbsunfähig und bedürftig ist, solange diese beiden Voraussetzungen zutreffen.' Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , G6/79 ua (VfSlg 8871/1980 = ZAS 1980, 220 = SozSi 1980, 349 = JBl 1981, 144 ua) diese unter Anführungszeichen gesetzte Wortfolge als verfassungswidrig auf. Die Aufhebung sollte mit Ablauf des in Kraft treten, doch wurde § 259 ASVG durch die 36. Novelle bereits mit aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Beibehaltung der unterschiedlichen Voraussetzungen für die Ansprüche auf Witwenpension und jene auf Witwerpension in der damaligen Gestalt nicht zu rechtfertigen seien und dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz widerspreche. Der Gesetzgeber sei allerdings nicht gehalten, die Witwerpension in allen Fällen zu gewähren oder die Witwenpension an die derzeit für die Witwerpension bestehenden Voraussetzungen zu binden, er müsse aber auch nicht unbedingt eine für beide Geschlechter gleicherweise geltende dritte Lösung finden. Unter den gegebenen Umständen könnte auch eine Gestaltung nicht als unsachlich angesehen werden, die sich unter Bedachtnahme auf die langfristigen Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränke.
Der Gesetzgeber wählte daraufhin die vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigte Etappenlösung im Sinne eines gestaffelten Wirksamwerdens des § 258 Abs 1 Z 2 ASVG idF der
36. ASVG-Nov, die den Anspruch des Witwers auf Witwerpension nach dem Tod der versicherten Ehegatten ohne zusätzliche Voraussetzungen vorsieht. ArtII Abs 8 dieser Novelle bestimmte jedoch, daß die Witwerpension ab zu einem Drittel, ab zu zwei Dritteln und erst ab in voller Höhe gebühre (vgl RV 671 BlgNR 15.GP, 7 ff bes 14 und 15; dazu auch Meisel, Die neue Witwerpension in der Sozialversicherung, ÖJZ 1981, 617 ff).
Durch ArtV Abs 1 der 40. ASVG-Nov, BGBl 1984/484 wurde im ArtII Abs 5 und 8 der 36. ASVG-Nov der Ausdruck '' durch den Ausdruck '' und der Ausdruck '' durch den Ausdruck '' ersetzt. Durch diese Regelung sollte die in der 36. ASVG-Nov vorgesehene zweite und dritte Etappe des Wirksamwerdens der Witwerpension aufgeschoben werden: Die Erhöhung der Witwerpension auf zwei Drittel sollte am , die Witwerpension in voller Höhe erst am in Kraft treten. Nach den Erläuterungen zur RV handelte es sich hiebei um eine Maßnahme zur finanziellen Entlastung des Bundeshaushaltes im Bereich der Pensionsversicherung; andere Gründe für diese Änderung wurden nicht angegeben (327 BlgNR 16.GP 16 ff, bes 26). Gegen diese die Gleichheit von Witwen- und Witwerpension erst langfristig erreichende Lösung bestehen ungeachtet der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs, eine Gestaltung könne sich auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränken, verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Aspekt des Gleichheitssatzes.
Wie Tomandl (Bemerkungen zum Witwerpensions-Erkenntnis des VfGH, ZAS 1980, 203 ff(209)) ausgeführt hat, war dem Verfassungsgesetzgeber durchaus bewußt, daß die Aufhebung eines Gesetzes schwierige Probleme aufwerfen kann. Der Bundesverfassungsgesetzgeber hat diesem Bedürfnis dadurch Rechnung getragen, daß er im Art 140 Abs 5 B-VG dem Verfassungsgerichtshof das Recht einräumte, dem Gesetzgeber eine Frist zur Sanierung verfassungswidriger Bestimmungen zu setzen, dabei diese Frist aber nach oben hin mit einem Jahr begrenzt und damit klar zum Ausdruck gebracht, daß er eine als verfassungswidrig befundene Gesetzesbestimmung höchstens für ein Jahr zu tolerieren bereit ist; innerhalb dieser Frist hat der Gesetzgeber für eine verfassungskonforme Regelung Sorge zu tragen. Es bestehen Bedenken dagegen, diese Jahresfrist dadurch zu unterlaufen, daß der Gesetzgeber zwar binnen Jahresfrist eine Neuregelung vornimmt, die aber langfristig zu einem gleichheitsgemäßen Ergebnis führt. Dem wurde allerdings von Rebhahn (Gleichheitssatz und Witwerpension, DRdA 1981, 111 ff (123 ff)) entgegengehalten, daß der Verfassungsgerichtshof zu Recht Übergangslösungen großzügiger behandelt als Dauerlösungen und daß für Überleitungsbestimmungen der Prüfungsmaßstab lockerer sein dürfe als bei Dauerlösungen, und zwar nicht nur, weil die Überleitungsbestimmungen bloß vorübergehenden Charakter haben, sondern vor allem, weil sie notwendig auf zwei Rechtslagen - die alte und die neue - Bezug nehmen müssen. Ein bloß schrittweises Erreichen einer gleichheitskonformen Dauerlösung sei mit dem Gleichheitssatz vereinbar und widerspreche auch nicht der im Art 140 B-VG vorgesehenen Maximalfrist von einem Jahr, weil diese Gesetzesstelle nur verbiete, als verfassungswidrig erkannte Lösungen durch länger als ein Jahr aufrecht zu erhalten. Diese Ausführungen (denen sich auch Meisel, aaO, 619 f angeschlossen hat; vgl. auch Schäffer in Tomandl (Hrsg.), Verfassungsrechtl. Probleme des SozVersR 17), sind nicht geeignet, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine langfristige Herbeiführung einer dem Gleichheitssatz entsprechenden Regelung zu zerstreuen. Die Bedenken werden vielmehr dadurch verstärkt, daß die stufenweise Anpassung der Witwerpension zudem völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs widerspricht: Nach der Entscheidung des UN-Ausschusses für Menschenrechte vom , Beschwerde Nr. 415/1990 (Übersetzung in der EuGRZ 1992, 344) verletzt die österreichische Witwerpensions-Übergangsregelung das Recht auf Gleichheit gemäß Art 26 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), der in Österreich am in Kraft getreten ist. ...
Für Österreich ergibt sich aus dieser Entscheidung die Notwendigkeit, die letzten ausschließlich geschlechtsspezifischen Unterschiede im Pensionsgesetz wie in anderen sozialrechtlichen Gesetzen unverzüglich zu eliminieren. Sollte dies zu unüberwindlichen budgetären Problemen führen, wäre (allenfalls) eine entsprechende einkommensorientierte Abstufung, sofern sie für Witwen und Witwer gleichermaßen angewendet wird, ein möglicher Ausweg (Nowak in seiner Entscheidungsanmerkung EuGRZ 1992, 346; vgl auch Pauger in ZAS 1992, 145 und Tomandl, Ungleiches Pensionsalter, ecolex 1993, 102 f).
Der Verfassungsgerichtshof hat zu diesen Bedenken gegen die nur etappenweise und nicht sofort herbeigeführte Gleichstellung von Witwer und Witwe bisher nicht Stellung genommen, so daß auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß er von seiner Ansicht, ein allmählicher Abbau der Ungleichbehandlung sei nicht unsachlich, möglicherweise wieder abrücken könnte. Die aufgezeigten Bedenken rechtfertigen jedenfalls den Antrag auf Überprüfung der anzuwendenden Norm auf ihre Verfassungsgemäßheit. In diesem Sinn führt auch der Revisionswerber aus, gegen diesen Etappenplan bestünden neuerlich verfassungsrechtliche Bedenken, weil die vom Verfassungsgerichtshof aufgezeigte Ungleichbehandlung, somit der Verstoß gegen das Gleichheitsgebot, tatsächlich bestehen bleibe, wenn eine Übergangsregelung derart in die Länge gezogen werde, daß von einer zügigen Anpassung der Rechtslage an die vom Verfassungsgerichtshof vorgezeigte Gesetzeslinie nicht mehr gesprochen werden könne. Wenn diese Etappenregelung derart verzögert werde, daß die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands erst 15 Jahre nach Fällung des gegenständlichen Erkenntnisses eintrete, sei diese Vorgangsweise des Gesetzgebers erneut gleichheitswidrig. Durch die Verlängerung der Etappenlösung in Form eines Hinausschiebens des Eintrittes der einzelnen Etappen erreiche der Gesetzgeber, daß für viel weniger Personen, die an sich anspruchsberechtigt wären, die dem Gleichheitssatz entsprechende Lösung eintrete. Eine Budgetbelastung, die zur Änderung des Stufenplanes veranlaßte, sei jedenfalls kein ausreichendes Argument für eine sachliche Differenzierung. Der Oberste Gerichtshof tritt diesen vom Revisionswerber aufgezeigten Bedenken bei.
Dazu kommt noch, daß durch die auf lange Zeit hinausgeschobene Etappenregelung auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung von Witwern bewirkt wird, je nachdem, in welche Etappe ihr Stichtag auf Witwerpension fällt. ..."
2.1. Die Bundesregierung hat in allen Verfahren gleichlautende Äußerungen erstattet, in denen sie die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen verteidigt und den Antrag stellt auszusprechen, daß ArtII Abs 8 der 36. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 282/1981, idF des ArtV Abs 1 der 40. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 484/1984, nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
2.2. Im einzelnen wird ausgeführt:
"I.
Der gegenständliche Antrag des Obersten Gerichtshofes scheint insoweit zulässig zu sein, als in ihm gegen die angefochtene Regelung andere Bedenken vorgetragen werden, als in dem zu G36/90 protokollierten Verfahren (VfSlg. 12691/1991) vor dem Verfassungsgerichtshof. Soweit sich die Bedenken allerdings mit jenen des Verfahrens G36/90 decken, dürfte dem Antrag das Prozeßhindernis der entschiedenen Sache entgegenstehen. Dies gilt insbesondere, wenn der Oberste Gerichtshof einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot darin erblickt, daß durch eine derart in die Länge gezogene 'Übergangsregelung' von einer zügigen Anpassung der Rechtslage nicht mehr gesprochen werden könne und ferner durch die auf lange Zeit hinausgeschobene Etappenregelung eine unsachliche Ungleichbehandlung von Witwern bewirkt werde.
II.
1. Bereits die Stammfassung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes aus dem Jahre 1955 sowie die entsprechenden Pensionsgesetze für die in der gewerblichen Wirtschaft und in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätigen sahen eine Witwerpension vor. Nach diesen Bestimmungen - in der bis zum in Geltung gestandenen Fassung - gebührte die Witwerpension dem Ehegatten nach dem Tod seiner versicherten Ehegattin dann, wenn diese seinen Unterhalt überwiegend bestritten hatte und der Witwer zum Zeitpunkt ihres Todes erwerbsunfähig war, solange diese beiden Voraussetzungen zutrafen. Der Anspruch der Witwe auf Witwenpension nach dem Tode des versicherten Ehegatten war hingegen nicht an diese Voraussetzungen geknüpft. Dies entsprach dem damaligen Rollenverhältnis der Geschlechter zueinander ('Hausfrauenehe') und sah vor allem den Schutz der nicht im Erwerbsleben stehenden Ehefrau vor.
2. Die Familienrechtsreform 1975 und die Scheidungsreform 1978 brachten, angepaßt an die geänderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse eine Neuregelung der Rechtsbeziehungen zwischen den Ehegatten. Durch die Neufassung der Unterhaltsbestimmungen wurde die Pflicht des Ehemannes, seiner Ehefrau den anständigen Unterhalt zu verschaffen, durch die wechselseitige Pflicht beider Ehegatten, zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen, abgelöst.
In Berücksichtigung dieser Entwicklung hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 8871/1980 die Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, die einen Anspruch auf Witwerpension nur unter erschwerten Bedingungen vorsah, als dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot widersprechend mit Wirksamkeit ab als verfassungswidrig aufgehoben.
3. Mit der 36. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 282/1981, und der 40. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 484/1984, sowie den parallel dazu beschlossenen Novellen zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz wurden sodann ab dem die Voraussetzungen für den Anspruch auf Witwerpension den Anspruchsvoraussetzungen für die Witwenpension (etappenweise) angeglichen.
4. Der Verfassungsgerichtshof lehnte im Erkenntnis
VfSlg. 8871/1980 die Ansicht ab, daß (bereits) die Neuregelung des Unterhaltsrechts die unverändert gebliebenen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen (über die Witwenpension) verfassungswidrig gemacht hätte, und legte in diesem Zusammenhang folgendes dar:
'Soweit nämlich Änderungen im Bereich eines Rechtsgebietes die für ein anderes Rechtsgebiet maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse ändern, ist bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung dieses anderen Rechtsgebietes auf die so geschaffenen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.'
In der Zusammenfassung der im Rahmen dieser Entscheidung angestellten Erwägungen führte der Gerichtshof (ua.) aus, es könnte
'unter den gegebenen Umständen ... auch eine Gestaltung nicht als unsachlich angesehen werden, die sich unter Bedachtnahme auf die langfristigen Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränkt.'
Im Erkenntnis VfSlg. 9995/1984 (mit dem § 19 Abs 4 des Pensionsgesetzes, also die Regelung des Versorgungsbezuges für die frühere Ehefrau, als verfassungswidrig aufgehoben wurde) knüpfte der Verfassungsgerichtshof an sein Erkenntnis VfSlg. 8871/1980 an - und zwar ungeachtet der prinzipiellen Verschiedenheit von Beamtenpensionsrecht und Sozialversicherungsrecht deshalb, weil es sich um die Beantwortung einer allgemeinen Frage im Bereich des Gleichheitsrechtes handelte - und meinte:
'Er (sc. der Gesetzgeber) hat aber, wenn er rechtspolitisch auf der Linie der Versorgung solcher Fälle bleibt, seine Regelung den geänderten Verhältnissen allmählich anzupassen. Soweit nämlich - wie der VfGH in anderem Zusammenhang schon ausgesprochen hat (VfSlg. 8871/1980 S 592) - Änderungen im Bereich eines Rechtsgebietes die für ein anderes Rechtsgebiet maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse ändern, ist bei Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung dieses anderen Rechtsgebietes auf die so geschaffenen Verhältnisse Bedacht zu nehmen. Der VfGH hält dafür, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt dieser Gesetzesprüfung, also nach mehr als fünf Jahren seit dem Inkrafttreten des BG BGBl. Nr. 280/1978, die Anpassungspflicht des Pensionsgesetzgebers bereits entstanden ist.'
An dieser Auffassung hielt der Gerichtshof auch in seinen Erkenntnissen VfSlg. 10077/1984 (betreffend den im Pensionsgesetz geregelten Versorgungsbezug der früheren Ehefrau eines Beamten) und VfSlg. 10180/1984 (betreffend die unterschiedliche Behandlung von Witwe und Witwer im Hinblick auf den Anspruch auf Versorgungsgenuß nach dem Pensionsgesetz) fest.
5. Tomandl (aa0, hier: S. 211), auf dessen Argumentation sich der Oberste Gerichtshof stützt, entnimmt dem Erkenntnis VfSlg. 8871/1980 'die These des Verfassungsgerichtshofes, der Gesetzgeber könne sich mit einer Regelung begnügen, die erst nach einem längeren Zeitraum als dem nach Art 140 Abs 5 B-VG zugestandenen Jahr zu einem Zustand führt, der nicht mehr als gleichheitswidrig angesehen werden kann'. Seine Bedenken betreffen auch den 'Fall, daß der Gesetzgeber innerhalb der erwähnten Jahresfrist die abgeschlossene Neuregelung verabschiedet, ihr Inkrafttreten aber etappenweise auf mehrere Jahre verteilt'.
6. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 12180/1989 festgehalten hat, ist mit dem in VfSlg. 8871/1980 erwähnten 'allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung' (bei der Neugestaltung der Rechtslage nach der wegen Verfassungswidrigkeit ausgesprochenen Gesetzesaufhebung) keineswegs der allmähliche Abbau einer gleichheitswidrigen unterschiedlichen Behandlung im Rahmen der Neugestaltung gemeint, sondern lediglich eine fortschreitende Angleichung der Ansprüche durch den Gesetzgeber; diese Angleichung soll einer sonst in der Zukunft eintretenden Gleichheitswidrigkeit vorbeugen, ist aber nicht etwa eine dem Gesetzgeber abverlangte Reaktion auf eine mit dem Gleichheitsgebot insoweit unvereinbare Gesetzeslage. Der in der Kritik unter Bezugnahme auf Art 140 Abs 5 B-VG hergestellte Zusammenhang mit der Befugnis des Verfassungsgerichtshofes, für das Außerkrafttreten einer als verfassungswidrig erkannten Gesetzesbestimmung (zum damaligen Zeitpunkt) eine höchstens einjährige (seit der B-VG-Novelle BGBl. Nr. 276/1992, achtzehnmonatige) Frist zu setzen, dürfte mithin ebenfalls auf einem Fehlverständnis der in Rede stehenden Entscheidung beruhen.
7. Zusammenfassend ist unter Bedachtnahme auf die zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes daher folgendes festzuhalten:
Durch die Gleichstellung der bisher zu Lasten des Ehemannes wesentlich unterschiedlichen unterhaltsrechtlichen Positionen von Ehegatten zueinander hat schrittweise eine - noch nicht abgeschlossene - Änderung der tatsächlichen Verhältnisse begonnen, der - wie aus dem Erkenntnis VfSlg. 10180/1984 hervorgeht - bereits eine derartige Bedeutung zukommt, daß sie den grundsätzlichen Ausschluß des Witwers nach einer Beamtin vom Versorgungsgenuß unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes mit Verfassungswidrigkeit belastete. (Zu betonen ist an dieser Stelle, daß der Verfassungsgerichtshof zutreffenderweise nicht die durch die Familienrechtsreform geänderte Rechtslage zum Maßstab der gleichheitsrechtlichen Prüfung im Erkenntnis VfSlg. 8871/1980 gemacht hat, sondern die durch die genannte Reform eingeleitete Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Tomandl, aa0. 204, übersieht bei seiner daran geübten Kritik, daß ein Regelungskomplex an sich kein Maßstab für die gleichheitsrechtliche Prüfung anderer Regelungen sein kann, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um auf der gleichen Stufe stehende (einfache) Bundesgesetze handelt (vgl. dazu auch VfSlg. 10292/1985).) Das Untätigbleiben des Gesetzgebers trotz der geänderten tatsächlichen Verhältnisse ist aber nicht etwa deswegen verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber nicht eine vorbehaltslose Gleichbehandlung von Witwer und Witwe in Ansehung des Versorgungsgenusses herbeiführte, sondern weil er den Anpassungsprozeß überhaupt nicht einleitete und insofern seiner durch die eingetretene Änderung im Tatsachenbereich entstandenen Anpassungspflicht nicht genügte.
Die weitere - in den Übergangsbestimmungen vorgesehene, gegenwärtig schon in der zweiten Etappe befindliche - Anpassung bis zur völligen Gleichstellung des Witwerversorgungsgenusses mit dem der Witwe trägt der fortschreitenden Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse Rechnung. In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, daß unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel eine exakte Festlegung des zeitlichen Ausmaßes der Etappen der Natur der Sache nach nicht möglich ist, weil dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zugebilligt werden muß und bloß dessen offenkundige - im vorliegenden Fall keineswegs gegebene - Überschreitung einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot bedeutet (vgl. dazu VfSlg. 12181/1989).
Auch mit dem Hinweis auf die vom UN-Ausschuß für Menschenrechte vertretene Ansicht im Verfahren Dietmar Pauger gegen Österreich ist für den Obersten Gerichtshof nichts zu gewinnen. Die Behandlung von Individualbeschwerden durch den Ausschuß ist im
1. Fakultativprotokoll zum Pakt über bürgerliche und politische Rechte geregelt, das Österreich am ratifiziert hat (BGBl. Nr. 105/1988). In dessen Art 5 Abs 4 wird der Ausgang des Beschwerdeverfahrens behandelt, der darin besteht, daß der Ausschuß seine 'Auffassungen' über den Beschwerdefall dem betroffenen Vertragsstaat und dem Beschwerdeführer mitzuteilen hat. Eine gerichtsförmige Entscheidung des Beschwerdefalls, wie dies in der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgesehen ist, kennt das Fakultativprotokoll nicht (siehe die Erläuterungen zum Fakultativprotokoll, 113 BlgNR, 17.GP).
Die Auffassungen des Ausschusses sind gegenüber den Streitparteien völkerrechtlich nicht verbindlich (vgl. Manfred Nowak, UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll, Kommentar, Engel-Verlag, 1989, S. 756, und die dort zitierte Literatur). Dies ergibt sich zum einen daraus, daß die Entscheidungen des Ausschusses als Auffassungen (views) und nicht als Urteile (wie die bindenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte oder des interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte) bezeichnet werden; zum anderen enthält das Fakultativprotokoll keinen direkten oder indirekten Hinweis auf eine bindende Wirkung der Auffassungen des Ausschusses und keine Bestimmungen zur Überwachung der Durchführung analog zu Art 54 EMRK. Hinzu kommt, daß der Ausschuß selbst in seiner bisherigen Praxis keine Verbindlichkeit für seine Auffassungen beansprucht hat.
8. Der Oberste Gerichtshof macht auch das Bedenken geltend, 'daß durch die auf lange Zeit hinausgeschobene Etappenregelung auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung von Witwern bewirkt wird, je nach dem, in welche Etappe ihr Stichtag auf Witwerpension fällt'.
In diesem Zusammenhang weist die Bundesregierung zunächst darauf hin, daß gemäß ArtII Z 7 der 36. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz die Witwerpension nur gebührt, wenn der Versicherungsfall nach dem eingetreten ist. Für diese Fälle gibt es allerdings keine weiteren Differenzierungen, insbesondere spielt für die Höhe der Witwerpension der 'Stichtag' keine Rolle. Das heißt, in allen Fällen in denen der Versicherungsfall nach dem eingetreten ist, gebührt die Witwerpension gegenwärtig zu zwei Drittel und ab dem in voller Höhe.
Die in ArtII Abs 7 der 36. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 282/1981, getroffene Stichtagsregelung wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (671 BlgNR XV. GP, Seite 15) wie folgt begründet:
'Im Zusammenhang mit der Auslegung des Kompetenztatbestandes 'Sozialversicherungswesen' (Art10 Abs 1 Z 11 B-VG) hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß es sich bei der Sozialversicherung um ein Sachgebiet handelt, 'das durch eine unaufhörliche Fortentwicklung, sowohl was den Umfang der Versicherten als auch den Gegenstand der Versicherung angelangt, gekennzeichnet ist' (VfGH Slg 3670). Schon daraus ergibt sich zwingend, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit haben muß, das System der Sozialversicherung zeitlich differenziert zu verbessern, ohne schon allein aus diesem Grunde gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen.
Näherhin läßt sich die gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit der angestrebten Regelung aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den sogenannten 'Härtefällen' ableiten, welche sich ja häufig gerade aus der Tatsache einer zeitlichen Grenzlinie ergeben. Im Erkenntnis VfGH Slg 4089 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß das Gleichheitsgebot nicht zu einer rückwirkenden Ausdehnung einer Gesetzeswohltat zwingt. Insbesondere ist es auch nicht gleichheitswidrig, wenn die unmittelbar an der Grenze liegenden Gebiete verschieden behandelt werden, da es sich dabei um die Folgen jeder Grenzziehung handelt (VfGH Slg 5275).
Letztlich ist die vorgesehene Lösung im Lichte jenes Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zu sehen, welches die Aufhebung des § 259 Abs 1 ASVG enthält, also im Hinblick auf die spezifische Problematik der Gleichbehandlung der Geschlechter.
In diesem Zusammenhang führt der Verfassungsgerichtshof aus, daß eine Gestaltung nicht als unsachlich angesehen werden könne, die sich unter Bedachtnahme auf die langfristigen Auswirkungen des Sozialversicherungsrechts auf einen allmählichen Abbau der Ungleichbehandlung beschränkt.
Da die vorgesehene Regelung diesen 'schrittweisen Abbau' verwirklicht, ergibt sich auch keine gleichheitsrechtliche Bedenklichkeit im Hinblick auf das gegenständliche Erkenntnis.'"
3. Auch die beteiligte Partei des Verfahrens G125/93 hat eine Äußerung erstattet, in der sie den vom Obersten Gerichtshof vorgetragenen Bedenken und dem Aufhebungsantrag beitritt.
4. ArtII Abs 8 der 36. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 282/1981, und ArtV Abs 1 der 40. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 484/1984, lauten wie folgt:
"Artikel II
Übergangsbestimmungen
...
(8) Der unter Anwendung der im Abs 7 bezeichneten Bestimmungen zu bemessende Betrag einer Witwerpension gemäß § 258 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Fassung des ArtI Z 14 gebührt unter Bedachtnahme auf § 108 h des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes ab zu einem Drittel, ab zu zwei Drittel und ab in voller Höhe. Die Teilung erstreckt sich verhältnismäßig auf den als Grundbetrag und den als Steigerungsbetrag geltenden Betrag."
"Artikel V
Schlußbestimmungen
(1) Im ArtII Abs 5 und 8 der 36. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 282/1981, ist der Ausdruck '' durch den Ausdruck '' und der Ausdruck '' durch den Ausdruck '' zu ersetzen."
5. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
5.1. Die angegriffenen Bestimmungen wären von den antragstellenden Gerichten bei Erledigung der an sie gerichteten Rechtsmittel offenkundig anzuwenden. Die Präjudizialität der Bestimmungen ist daher zu bejahen.
5.2. Die Anträge sind jedoch nicht begründet.
5.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hält zunächst fest, daß er sich in auf Antrag von Gerichten eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg. 5636/1967, S. 673, 9911/1983, S. 674, und 12691/1991, S. 522, mit weiteren Judikaturhinweisen), daß er aber auf Bedenken, über die er bereits abgesprochen hat, im Hinblick auf das Vorliegen von res judicata nicht mehr eingehen kann. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich im zuletzt zitierten Erkenntnis schon einmal mit der nun neuerlich angegriffenen Bestimmung befaßt.
5.2.2. Mit der angegriffenen Bestimmung wurde die ursprünglich in der 36. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 282/1981, getroffene Etappenregelung dermaßen verändert, daß der Anspruch auf zwei Drittel der Witwenpension nicht wie ursprünglich vorgesehen mit , sondern erst mit und die volle Pension nicht wie ursprünglich mit , sondern erst mit dem entsteht.
5.2.3. Die antragstellenden Gerichte meinen, daß Bedenken aus der Sicht des Gleichheitsgebotes bestünden, wenn eine Übergangsregelung, als welche die angefochtene Bestimmung zu werten sei, einen dermaßen langen Zeitraum zum Inkrafttreten der neuen Regelung vorsehe, daß von einer zügigen Anpassung der Rechtslage nicht mehr gesprochen werden könne. Wenn eine Etappenregelung so verzögert werde, daß die Beseitigung des verfassungswidrigen Zustands erst 15 Jahre nach Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes eintrete, sei sie schon deshalb verfassungswidrig. Mit dem Hinausschieben des Eintrittes der einzelnen Phasen bei einer bereits getroffenen Etappenlösung bewirke der Gesetzgeber, daß für viel weniger Personen als die an sich Anspruchsberechtigten die dem Gleichheitssatz entsprechende Lösung eintrete; eine Budgetentlastung bilde dafür keine ausreichende Rechtfertigung.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß es sich um Bedenken handelt, mit denen sich der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 12691/1991 zu befassen hatte, die er aber nicht geteilt hat. Schon damals war die nunmehr neuerlich angegriffene Bestimmung mit dem Vorwurf bekämpft worden, daß ein später eingetretener Finanzbedarf nicht hinreiche, eine bereits getroffene Etappenlösung zu ändern.
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom , B1436/88 (= VfSlg. 12180/1989), es ging um die vom Gesetzgeber etappenweise in Angriff genommene Anpassung des Witwerversorgungsgenusses an den der Witwe, klargestellt, daß unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel eine exakte Festlegung des zeitlichen Ausmaßes von Etappen der Natur der Sache nach nicht möglich ist. Demnach müsse dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zugebilligt werden; nur dessen offenkundige Überschreitung bedeute einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot. Mit dem Erkenntnis VfSlg. 12691/1991 sagte der Verfassungsgerichtshof sodann weiters aus, daß dieser dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen eingeräumte Gestaltungsspielraum mit der die etappenweise Angleichung verfügenden Änderung durch die nun neuerlich angegriffene Bestimmung nicht überschritten sei. In den nunmehrigen Anträgen wird mit dem Vorwurf, daß bei der angegriffenen Übergangsregelung von einer zügigen Anpassung der Rechtslage nicht mehr gesprochen werden könne, somit eine Gleichheitswidrigkeit behauptet, die bereits mit Erkenntnis VfSlg. 12691/1991 als nicht bestehend festgestellt wurde. Über diese Bedenken ist somit rechtskräftig abgesprochen worden, sodaß insofern auf die Vorbringen der antragstellenden Gerichte nicht weiter einzugehen ist.
5.2.4. Die anfechtenden Gerichte behaupten weiters, die angefochtene Regelung bewirke eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung von Witwern, je nachdem, in welche Etappe ihr Stichtag auf Witwerpension falle.
Damit wird aber eine Folgewirkung als Bedenken geltend gemacht, die sich zwangsläufig aus der, verfassungsrechtlich als unbedenklich erkannten, Etappenlösung ergibt. Selbst wenn man das Vorbringen der antragstellenden Gerichte als neues Bedenken werten könnte, über das nicht mit den bereits zitierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes abgesprochen wurde, ergibt sich aus den Erkenntnissen VfSlg. 12180/1989 und 12691/1991, daß in Wahrheit nicht ein Bedenken gegen die Etappenlösung, sondern nur ein Ergebnis der bereits als unbedenklich erkannten Etappenregelung aufgezeigt wird und damit eine Folge, die jeder Stichtagsregelung innewohnt. Implizit ist auf diese Auswirkungen der Rechtslage jedoch bereits in den genannten Vorerkenntnissen Bedacht genommen worden.
5.2.5. Als Bedenken wird schließlich geltend gemacht, daß die stufenweise Anpassung der Witwerpension durch die angegriffene Regelung völkerrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich widerspreche. Der UN-Ausschuß für Menschenrechte habe mit Entscheidung vom eine Verletzung des Art 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der in Österreich am in Kraft getreten ist, festgestellt.
Mit diesem Vorbringen wird jedoch übergangen, daß der Weltpakt, auf den sich die antragstellenden Gerichte berufen und der zudem im Sinne des Art 50 Abs 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, lediglich Gesetzesrang aufweist. Er vermag daher keinen Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung von Gesetzen zu bilden; ebensowenig sieht sich der Verfassungsgerichtshof veranlaßt oder berechtigt, im Hinblick auf eine Regelung völkerrechtlichen Ursprungs seine Rechtsprechung zu ändern. Daran ändert nichts, daß Österreich das Fakultativprotokoll zum internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte ratifiziert und die Zuständigkeit des Ausschusses für Menschenrechte zur Behandlung von Individualbeschwerden anerkannt hat. Denn hieraus könnten nur völkerrechtliche Verpflichtungen resultieren; selbst dies wird aber von der Bundesregierung unter Hinweis auf Nowak, UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll, Kommentar, Engel-Verlag, 1989, S. 756, und die dort zitierte Literatur bestritten. Der Verfassungsgerichtshof braucht dieser Frage jedoch nicht weiter nachzugehen. Denn selbst dann, wenn das Bestehen einer völkerrechtlichen Verpflichtung zu bejahen wäre, könnte dies nur bedeuten, daß die Republik Österreich als Völkerrechtssubjekt Maßnahmen zu setzen hat, um eine bestimmte Auffassung des UN-Ausschusses für Menschenrechte innerstaatlich zum Tragen zu bringen. Eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, über Verletzungen des Völkerrechts zu erkennen, besteht jedoch nicht, da Art 145 B-VG mangels Erlassung des darin vorgesehenen Bundesgesetzes noch nicht wirksam ist (vgl. VfSlg. 2586/1953, 2680/1954).
6. Den Anträgen war daher keine Folge zu geben.
7. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.