VfGH vom 05.12.2006, g121/06
Sammlungsnummer
18027
Leitsatz
Aufhebung von Bestimmungen des Burgenländischen Grundverkehrsgesetzes betreffend die Selbstbewirtschaftung als grundlegende Genehmigungsvoraussetzung für den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke; Inländerdiskriminierung infolge strengerer Voraussetzungen bei rein innerstaatlichen Sachverhalten als bei Sachverhalten mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug
Spruch
Im Gesetz vom über den Verkehr mit Grundstücken im Burgenland (Burgenländisches Grundverkehrsgesetz 1995 - Bgld. GVG), LGBl. Nr. 42/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 0/2000, werden die Wortfolge "und der Erwerber glaubhaft macht, daß er das zu erwerbende Grundstück selbst im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird" in § 4 Abs 2 Z 1, sowie § 4 Abs 3 und § 4 Abs 4 Z 2 als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Landeshauptmann von Burgenland ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B98/05 und B3284/05 auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerden gegen Bescheide der Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Burgenländischen Landesregierung anhängig, denen folgende Sachverhalte zugrunde liegen:
1. Zu B98/05
1.1. Mit Vertrag vom verkauften G. und H. die Liegenschaft EZ ..., bestehend aus dem Grundstück Nr. ... LN im Ausmaß von 6.291 m², an den Beschwerdeführer.
1.2. Die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Burgenländischen Landesregierung versagte diesem Rechtserwerb mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Begründend führte sie aus, dass es an einer Selbstbewirtschaftung auf Betriebsbasis mangle und keine hinreichende Befähigung zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes glaubhaft gemacht werden könne.
Zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung habe der Beschwerdeführer über keine erforderliche fachliche Befähigung zur Führung eines Obstbaubetriebes verfügt; eine fachliche Qualifizierung in näherer oder fernerer Zukunft reiche nicht aus. Obgleich nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte die Selbstbewirtschaftung nicht voraussetze, dass der Erwerber persönlich "Handanlegen" müsse und demnach die manuellen Verrichtungen seinen Dienstnehmern überlassen dürfe, müsse er dennoch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den grundverkehrsbehördlich zu genehmigenden Rechtserwerb die fachliche Befähigung besitzen.
Weiters stünde - entgegen der Ansicht des nunmehrigen Beschwerdeführers - der Bestimmung des § 4 Abs 2 Bgld. GVG bei "rein nationalen Erwerbsvorgängen, wie [im] vorliegende[n] Fall", das Gemeinschaftsrecht nicht entgegen, sodass sie auf den gegenständlichen Rechtserwerb anzuwenden sei.
Die Bewirtschaftung des vertragsgegenständlichen Grundstückes erfolge zudem nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb setze als selbständige Wirtschaftseinheit eine organisatorische Einheit aus ausreichendem Grundbesitz und Hofstelle (Wirtschafts- und Betriebsgebäude) voraus. Daraus folge, dass
"nicht schon der Besitz einzelner land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke einen landwirtschaftlichen Betrieb begründet; der Grundbesitz muss eine solche Mindestflächenausstattung aufweisen, dass die daraus gezogenen Erträgnisse auf wirtschaftlich signifikante Weise zum Lebensunterhalt beitragen. Wann die Ausstattung mit Grundflächen hinreichend ist[,] richtet sich dabei zufolge der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nach der Art des Betriebes."
Angesichts des Umstandes, dass durch den geplanten Obstbau für den Beschwerdeführer auf Grund der noch zu tätigenden Investitionen kein Beitrag zum Lebensunterhalt zu erwarten sei, sei das Erfordernis der Selbstbewirtschaftung auch aus diesem Grund nicht erfüllt.
Letztlich werde festgehalten, dass das Grundstück inmitten landwirtschaftlich genutzter Feldgrundstücke liege und eine Größe von
6.291 m² aufweise, sodass weder von einem "lediglich zur gartenmäßigen Bewirtschaftung geeigneten", noch einem "kleinen" Grundstück im Sinne des § 4 Abs 2 Z 4 Bgld. GVG gesprochen werden könne.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurück-, in eventu die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Zur behaupteten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen des Bgld. GVG brachte die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im Wesentlichen Folgendes vor:
Auf Grund der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom , Rs C-452/01, Ospelt, verdränge unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht das nationale Recht nur in Fällen mit Gemeinschaftsbezug. Der in Beschwerde gezogene Rechtserwerb stelle aber einen rein nationalen Vorgang dar; die nationale Norm sei uneingeschränkt anwendbar.
2. Zu B3284/05
2.1. Mit Kaufvertrag vom verkaufte J. eine näher bezeichnete Liegenschaft, bestehend aus einem Wiesengrundstück im Ausmaß von 2.395 m², an den nunmehrigen Beschwerdeführer.
2.2. Die Grundverkehrslandeskommission beim Amt der Burgenländischen Landesregierung versagte diesem Rechtserwerb mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und führte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Wesentlichen aus, dass das im Gesetz statuierte Erfordernis der ordnungsgemäßen Selbstbewirtschaftung nicht gegeben sei, weil im vorliegenden Fall zunächst von 10,9007 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche lediglich 0,3845 ha vom Beschwerdeführer selbst bewirtschaftet worden seien; die restliche Fläche sei verpachtet worden. Wenngleich der Beschwerdeführer zwischenzeitlich 0,2395 ha zur Selbstbewirtschaftung zurückgenommen habe, vermöge dieser Umstand nichts daran zu ändern, dass der überwiegende Teil des Eigengrundes weiterhin verpachtet sei.
2.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
2.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
3. Bei Behandlung dieser Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "und der Erwerber glaubhaft macht, daß er das zu erwerbende Grundstück selbst im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird" in § 4 Abs 2 Z 1 des Bgld. GVG, LGBl. Nr. 42/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 50/2000, sowie des § 4 Abs 3 und des § 4 Abs 4 Z 2 leg.cit. entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher mit Beschluss vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Gesetzprüfungsverfahren hinsichtlich der vorgenannten Bestimmungen eingeleitet.
4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bgld. GVG lauten wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§1
Ziel und Geltungsbereich
(1) Ziel dieses Gesetzes ist es,
1. land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Interesse einer wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft zu erhalten,
2. ...
3. ...
(2) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt der Verkehr mit
1. land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken;
2. Baugrundstücken;
3. Grundstücken, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist.
(3) ...
§2
Begriffsbestimmungen
(1) Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke sind Grundstücke, die ganz oder teilweise im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden. Als land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gelten weiters Grundstücke, die zwar nicht im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, aber doch in einer für die Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden. Die Aussetzung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines Grundstückes, ohne daß es einer anderen Benutzung zugeführt wird, beendet die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Grundstück nicht. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke.
(2) bis (4)...
§3
Gleichstellung mit Inländern
(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Grunderwerb durch Ausländer gelten nicht für
1. Personen in Ausübung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer nach Art 48 des EG-Vertrages oder nach Art 28 des EWR-Abkommens,
2. Personen und Gesellschaften in Ausübung der Niederlassungsfreiheit nach den Art 52 und 58 des EG-Vertrages oder nach Art 31 und 34 des EWR-Abkommens,
3. Personen und Gesellschaften in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art 59 des EG-Vertrages oder nach Art 36 des EWR-Abkommens,
4. Personen in Ausübung des Aufenthaltsrechtes, soweit sich dies aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaft oder aus dem EWR-Abkommen ergibt,
5. Personen und Gesellschaften im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art 73 b des EG-Vertrages oder nach Art 40 des EWR-Abkommens.
(2) ...
2. Abschnitt
Rechtserwerb an land- und
forstwirtschaftlichen Grundstücken
§4
Genehmigungspflicht
(1) Folgende Rechtserwerbe unter Lebenden an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken bedürfen, soweit nicht die Voraussetzungen des § 5 vorliegen, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung:
1. der Erwerb des Eigentums;
2. der Erwerb des Fruchtnießungsrechtes (§509 ABGB) oder des Rechtes des Gebrauches (§504 ABGB) oder der Dienstbarkeit der Wohnung (§521 ABGB);
3. der Erwerb eines Baurechtes oder eines anderen Rechtes zur Errichtung eines Bauwerkes auf fremdem Grund;
4. die Bestandnahme oder sonstige Überlassung zur Nutzung, wenn das Ausmaß der überlassenen Grundstücke allein oder in Verbindung mit bereits überlassenen Grundstücken fünf ha überschreitet.
(2) Eine Genehmigung für einen Rechtserwerb nach Abs 1 darf nur erteilt werden, wenn
1. der Erwerb dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht und der Erwerber glaubhaft macht, daß er das zu erwerbende Grundstück selbst im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird oder
2. der Erwerb für gewerbliche oder industrielle Zwecke, für Zwecke der Baulandbeschaffung oder zur Erfüllung gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben bestimmt ist, das öffentliche Interesse an der neuen Verwendung raumordnungsrechtlichen Zielen entspricht und jenes an der bisherigen Verwendung überwiegt und die land- und forstwirtschaftliche Nutzung allfällig verbleibender Grundstücke nicht erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird oder
3. land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke von einem Geldinstitut im Zuge einer Zwangsversteigerung erworben wurden und das Geldinstitut glaubhaft macht, dass der Erwerb zur Rettung seiner Geldforderung erforderlich ist und es diese Grundstücke ohne grundlose Verzögerung an Erwerber gemäß Z 1 weiterveräußern wird oder
4. das landwirtschaftliche Grundstück infolge seines geringen Ausmaßes lediglich zur gartenmäßigen Bewirtschaftung geeignet ist oder
5. eine land- oder forstwirtschaftliche Grundfläche mit einer Baufläche eine räumliche und wirtschaftliche Einheit bildet, mit dieser zusammen erworben wird und ihr Wert gegenüber dem Wert der Baufläche wesentlich geringer ist; die land- und forstwirtschaftliche Grundfläche darf hiebei ein Hektar nicht übersteigen.
(3) Selbstbewirtschaftung im Sinne des Abs 2 Z 1 ist dann anzunehmen, wenn der Erwerber
1. seinen Hauptwohnsitz (Art6 Abs 3 B-VG) in einer solchen Nähe zum Grundstück oder Betrieb hat, daß eine regelmäßige persönliche Anwesenheit im Betrieb und eine Bewirtschaftung des Grundstückes oder Betriebes durch ihn selbst oder unter seiner Anleitung erwartet werden kann und
2. über eine hinreichende Befähigung zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verfügt.
(4) Ein Rechtserwerb nach Abs 1 ist zu untersagen, wenn anzunehmen ist, daß
1. das Grundstück ohne hinreichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde oder
2. die Selbstbewirtschaftung längerfristig nicht gesichert ist oder die zur Selbstbewirtschaftung erforderlichen Fachkenntnisse fehlen oder
3. eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt ist oder die Gegenleistung den wahren Wert erheblich übersteigt oder
4. das Grundstück zur Bildung oder Vergrößerung von Großgrundbesitz oder von Eigenjagdgebieten erworben wird oder
5. das Grundstück eines land- und forstwirtschaftlichen Großbetriebes zur Bildung oder Vergrößerung eines land- und forstwirtschaftlichen Großbetriebes erworben wird und das Interesse an der Stärkung bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung im Rahmen eines Großbetriebes überwiegt, sofern die Inhaber bäuerlicher Betriebe bereit und imstande sind, den ortsüblichen Verkehrswert (Kaufpreis, Pachtzins) zu bezahlen oder
6. die im Zuge eines Agrarverfahrens erzielte günstige Bodenbesitzgestaltung ohne zwingenden Grund wieder gestört würde oder
7. anzunehmen ist, daß zur Umgehung dieses Gesetzes Rechtsgeschäfte nur abgeschlossen wurden, um eine Genehmigung zu erwirken.
§5
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht
(1) Eine Genehmigung nach § 4 ist in folgenden Fällen nicht erforderlich:
1. beim Rechtserwerb zwischen Ehegatten oder Verwandten und Verschwägerten in gerader Linie, zwischen Geschwistern, zwischen Geschwistern und deren Ehegatten, zwischen Ehegatten von Geschwistern, durch Wahl-, Stief- und Pflegekinder oder -eltern, weiters zwischen Onkeln und Tanten einerseits sowie Neffen und Nichten und deren Ehegatten andererseits, wenn ein Erwerber unmittelbarer gesetzlicher Erbe ist;
2. beim Rechtserwerb zwischen den früheren Ehegatten im Falle der rechtskräftigen Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Ehe im Rahmen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse;
3. bis 7. ...
8. beim Rechtserwerb durch einen Miteigentümer.
(2) ...
4. Abschnitt
Rechtserwerb durch Ausländer
§12
Genehmigungspflicht
(1) Rechtserwerbe gemäß §§4 oder 7 unter Lebenden durch Ausländer (§2 Abs 3), die nicht gemäß § 3 Abs 1 Inländern gleichgestellt sind, bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, soweit nicht die Voraussetzungen des § 13 vorliegen.
(2) Eine Genehmigung für einen Rechtserwerb nach Abs 1 darf unbeschadet der Bestimmungen des 2. und 3. Abschnittes nur erteilt werden, wenn staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und
1. entweder am Rechtserwerb ein volkswirtschaftliches, wirtschaftliches, soziales oder kulturelles Interesse des Landes oder einer burgenländischen Gemeinde besteht oder
2. der Erwerber sich seit mindestens zehn Jahren legal in Österreich aufhält und nicht ein wichtiges volkswirtschaftliches, wirtschaftliches, soziales oder kulturelles oder sonstiges öffentliches Interesse beeinträchtigt wird.
(3) ...
§13
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht
(1) Eine Genehmigung nach § 12 ist nicht erforderlich, wenn
1. die Voraussetzungen nach § 5 Abs 1 Z 1, 2 oder 8 vorliegen oder
2. beim gemeinsamen Rechtserwerb durch Ehegatten einer von ihnen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder mit Inländern im Sinne des § 3 Abs 1 gleichgestellt ist.
(2) ...
5. Abschnitt
Sicherung der Ziele des Gesetzes
§14
Auflagen; Benützungsbeschränkungen
(1) Die Grundverkehrsbehörde kann die Genehmigung nach §§4, 6, 10 und 12 unter Vorschreibung von Auflagen erteilen, wenn dies zur Sicherung der nach § 1 Abs 1 geschützten Interessen erforderlich ist.
...
(2) und (3) ..."
5. Der Verfassungsgerichtshof legte die Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bewogen haben, wie folgt dar:
"3. Beim Verfassungsgerichtshof sind - aus den bereits im Einleitungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B2149/00 ua, betreffend die dort näher bezeichneten Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 dargelegten Gründen - anlässlich der zu B98/05 und B3284/05 protokollierten Beschwerden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit einzelner Bestimmungen des Bgld. GVG entstanden (Anmerkung: Das Normprüfungsverfahren wurde mit Erkenntnis VfSlg. 17.422/2004 abgeschlossen). Vorab ist dazu insbesondere Folgendes festzuhalten:
3.1. Die Bestimmungen des Burgenländischen Grundverkehrsgesetzes 1995 über den Verkehr mit Grundstücken sind - ebenso wie schon die mit zitiertem Einleitungsbeschluss vom in Prüfung gezogenen Bestimmungen des TGVG 1996 - mit jenen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes 1993, LGBl. Nr. 61 idF LGBl. Nr. 85/1997, die der Entscheidung 'Ospelt' zu Grunde lagen, vergleichbar. Das Bgld. GVG sieht als Genehmigungsvoraussetzung für den Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken unter anderem de facto die Selbstbewirtschaftung durch den Erwerber vor, da schon nach der Bestimmung des § 4 Abs 3 Bgld. GVG der Erwerber seinen Hauptwohnsitz in der Nähe des Grundstückes haben muss; die in § 5 Bgld. GVG normierten Ausnahmetatbestände sind im gegebenen Zusammenhang nicht maßgeblich.
3.2. In den Beschwerden wird nun die Ungleichbehandlung von Inländern im Verkehr mit land- bzw. forstwirtschaftlichen Grundstücken im Verhältnis zu Sachverhalten mit Gemeinschaftsbezug geltend gemacht.
Dies dürfte im Ergebnis aus folgenden Gründen zutreffen:
3.3. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil in der Rechtssache 'Ospelt' ausgeführt, dass es die Art 57 bis 60 EG verbieten, die Genehmigung des Erwerbes landwirtschaftlicher Grundstücke in jedem Fall zu versagen, wenn der Erwerber diese nicht selbst im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet und im Betrieb seinen Wohnsitz hat. Der Europäische Gerichtshof hat damit klargestellt, dass in Fällen, in denen - wie im Fall 'Ospelt' - ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug besteht, aufgrund des Anwendungsvorranges die Bestimmungen, die für die konstitutive Genehmigung des Rechtsgeschäftes in jedem Fall die Selbstbewirtschaftung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes (und die Residenzpflicht) des Erwerbers voraussetzen, nicht anzuwenden sind.
Wörtlich führte er dazu aus:
'48. Das VGVG beruht zwar auf Kriterien, die es den betroffenen Anlegern ermöglichen, von den konkreten und objektiven Umständen Kenntnis zu nehmen, unter denen ihrem Antrag stattgegeben wird (vgl. dazu Urteil Kommission/Frankreich, RandNr. 50), doch macht § 5 Absatz 1 lita VGVG den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke von einer restriktiven Voraussetzung abhängig, die nicht in jedem Fall im Hinblick auf die mit dem VGVG verfolgten Ziele erforderlich ist.
49. Im Ausgangsverfahren wurde die Transaktion zwischen Frau Ospelt und der Stiftung nach § 5 Absatz 1 lita VGVG nicht genehmigt, da die Stiftung keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe, überdies auch nicht die Absicht habe, dies zu tun, und weil der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken in der Absicht, sie erneut an Landwirte zu verpachten, dem Ziel des VGVG widerspreche, zu gewährleisten, dass die Erwerber landwirtschaftlicher Grundstücke selbst die Betreiber seien. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat ausgeführt, dass diese Gründe auch dann gälten, wenn die betroffenen Grundstücke wie im Ausgangsfall vor der Transaktion von anderen Personen als dem Eigentümer bewirtschaftet worden seien. Die zuständige Stelle hat sich bei dieser Entscheidung offenbar darauf gestützt, dass die in § 5 Absatz 1 lita VGVG aufgestellte Voraussetzung, dass der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaften und im Betrieb auch seinen Wohnsitz haben muss, nicht erfüllt ist.
50. Wenn aber das VGVG von den nationalen Stellen so ausgelegt würde, dass es die Erteilung der vorherigen Genehmigung zur Eigentumsübertragung in jedem Fall von der Beachtung dieser Voraussetzung abhängig macht, dann ginge es über das hinaus, was zur Erreichung der mit ihm verfolgten, im Allgemeininteresse liegenden Ziele erforderlich ist und müsste insoweit als mit dem freien Kapitalverkehr unvereinbar angesehen werden.
51. Wenn nämlich in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens das Grundstück, das veräußert wird, zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht von dem Eigentümer, sondern von einem Landwirt als Pächter bewirtschaftet wird, dann steht eine solche Voraussetzung einer Transaktion in Form der Veräußerung an einen neuen Eigentümer entgegen, der den Betrieb ebenfalls nicht bewirtschaften und nicht auf dem Grundstück wohnen würde, sich aber verpflichtet hat, die Bedingungen der Bewirtschaftung des Grundstücks durch denselben Pächter beizubehalten. Durch die Beschränkung der Erwerbs- und Bewirtschaftungsmöglichkeiten auf Landwirte, die über hinreichende Mittel verfügen, um Eigentum an den betreffenden Grundstücken zu erwerben, hat diese Voraussetzung demnach zur Folge, dass die Pachtmöglichkeiten für Landwirte, die nicht über solche Mittel verfügen, eingeschränkt werden. Im Übrigen wird damit ausgeschlossen, dass juristische Personen einschließlich solcher, die Landwirtschaft betreiben sollen, ein landwirtschaftliches Grundstück erwerben können. Sie steht demnach beabsichtigten Veräußerungen entgegen, die als solche die landwirtschaftliche Nutzung und die weitere Bewirtschaftung von Grundstücken durch Landwirte oder juristische Personen wie Zusammenschlüsse von Landwirten in keiner Weise in Frage stellen.
52. Wie die Regierung des Fürstentums Liechtenstein geltend macht, könnten zudem andere Maßnahmen, die den freien Kapitalverkehr in geringerem Maße beeinträchtigten, zum gleichen Ziel des Erhalts einer lebensfähigen landwirtschaftlichen Bevölkerung beitragen. ...
53. Allerdings sieht das VGVG in § 5 Absatz 1 lita vor, dass der Erwerb genehmigt werden kann, auch wenn die in den Randnummern 48 bis 52 des vorliegenden Urteils behandelte Voraussetzung nicht erfüllt ist, soweit dieser Erwerb 'der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht'. Sofern das VGVG unter Heranziehung dieser Bestimmung von den nationalen Stellen dahin ausgelegt würde, dass die vorherige Genehmigung den Umständen entsprechend anderen Personen als Landwirten, die auf den betreffenden Grundstücken wohnen, erteilt werden kann, wenn sie die erforderlichen Garantien hinsichtlich der Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung dieser Grundstücke abgeben, dann beschränkte das VGVG den freien Kapitalverkehr nicht über das hinaus, was zur Erreichung seiner Ziele erforderlich ist.'
4.1. Der Verfassungsgerichtshof geht nun vorläufig davon aus, dass nach den Regelungen des Bgld. GVG sämtliche Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 1 iVm Abs 3 leg. cit. beim Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken vorliegen müssen, damit dem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt werden kann; der Rechtserwerb hat den Zielsetzungen des Bgld. GVG zu entsprechen, der Rechtserwerber hat das Grundstück im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes selbst zu bewirtschaften, der Rechtserwerber hat seinen Hauptwohnsitz in solcher Nähe zum Grundstück oder Betrieb zu haben, dass eine regelmäßige persönliche Anwesenheit im Betrieb und eine Bewirtschaftung des Grundstückes oder des Betriebes durch ihn selbst oder unter seiner Anleitung erwartet werden kann und der Rechtserwerber hat über eine hinreichende Befähigung zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes zu verfügen.
4.2. Die unter Punkt 3.3. näher dargestellte Judikatur des Europäischen Gerichtshofs dürfte nun zu folgender Konsequenz führen:
Verstößt eine gesetzliche Bestimmung des nationalen Rechts gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht, dann wird sie in Fällen mit Gemeinschaftsbezug verdrängt. Die nationalen Normen sind dann so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der gemeinschaftsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen ist die nationale Norm in ihrer Gesamtheit anzuwenden.
Vergleicht man nun die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, so ist nun zu prüfen, ob dabei nicht Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert werden (vgl. VfSlg. 17.150/2004).
Dies dürfte bei den in Rede stehenden Bestimmungen des Bgld. GVG aber der Fall sein, zumal beim Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken mit rein innerstaatlichem Sachverhalt selbst dann, wenn der Erwerber erklärt, dass die fachgemäße Bewirtschaftung durch einen Dritten gesichert ist und auch der Veräußerer das landwirtschaftliche Grundstück nicht selbst bewirtschaftet hat, in jedem Fall die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen ist.
4.3. Besteht aber beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug, dürfte auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts jedenfalls wegen mangelnder Selbstbewirtschaftung bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Genehmigung des Erwerbs nicht versagt werden. Dies dürfte dazu führen, dass bei Sachverhalten - wie in den vorliegenden Beschwerden - ohne Gemeinschaftsbezug beim Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zur Erlangung der konstitutiven grundverkehrsbehördlichen Genehmigung strengere Voraussetzungen erfüllt werden müssen, und daher in vielen Fällen, im Gegensatz zu Sachverhalten bei denen ein gemeinschaftsrechtlicher Bezug besteht, der Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke auf Grund der in Prüfung gezogenen Bestimmungen überhaupt nicht möglich sein dürfte (s Fuith, 'Der österreichische Grundverkehr in der Europäischen Union' ZUV 2 96, 12 [16]).
4.4. Der Verfassungsgerichtshof kann vorerst für die unterschiedliche Behandlung rein innerstaatlicher Grundverkehrsgeschäfte mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken gegenüber solchen mit gemeinschaftsrechtlichem Bezug eine sachliche Rechtfertigung nicht erkennen. Er hegt daher vorläufig das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Bgld. GVG gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verstoßen.
5. Der Europäische Gerichtshof hat im Fall 'Ospelt' Rz 53 zum Ausdruck gebracht, dass § 5 Abs 1 lita VGVG 1993 den Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke von restriktiven Voraussetzungen abhängig macht, die nicht in jedem Fall in Hinblick auf die Ziele dieses Gesetzes erforderlich sind. Sofern das (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetz unter Heranziehung dieser Bestimmung von den nationalen Stellen dahingehend ausgelegt würde, dass andere Personen als Landwirte unabhängig von Selbstbewirtschaftung und Residenzpflicht (vgl. 'Ospelt' Rz 48 bis 52) die vorherige Genehmigung erteilt werden kann, wenn sie die erforderlichen Garantien hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzung dieser Grundstücke abgeben, dann wird der freie Kapitalverkehr nicht über das hinaus beschränkt, was zur Erreichung seiner Ziele notwendig ist."
6. Die Burgenländische Landesregierung teilte auf Grundlage ihres Beschlusses vom mit, dass sie im "Hinblick auf die Entscheidung des Ospelt, als auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , VfSlg. 17.422" von der Erstattung einer inhaltlichen Äußerung absieht.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die belangte Behörde hat sich in den angefochtenen Bescheiden - materiell - auf die §§4 Abs 2 Z 1, 4 Abs 3 und 4 Abs 4 Z 2 Bgld. GVG gestützt, weshalb auch der Gerichtshof diese Regelungen anzuwenden hat. Es ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Anlassbeschwerden und der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zweifeln ließe. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Prüfungsbeschluss haben sich als zutreffend erwiesen:
Die Annahme des Gerichtshofes, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 1 iVm Abs 3 Bgld. GVG beim Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken kumulativ vorliegen müssen, damit dem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt wird, trifft zu. Vor dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes in der Rs Ospelt liegt ein Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht vor, der dazu führt, dass die dem Gemeinschaftsrecht entgegenstehenden innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen in Fällen mit Gemeinschaftsbezug durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts verdrängt werden. Dies hat, vergleicht man den durch den Anwendungsvorrang entstandenen nationalen Regelungstorso mit der nationalen Norm, zur Konsequenz, dass Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit Gemeinschaftsbezug diskriminiert werden (vgl. VfSlg. 17.150/2004 und 17.422/2004). Der Verfassungsgerichtshof vermag dafür keine sachliche Rechtfertigung zu finden.
Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen waren daher als verfassungswidrig aufzuheben.
3. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG. Die Setzung einer Frist war erforderlich, um dem burgenländischen Landesgesetzgeber die Schaffung einer verfassungskonformen Regelung zu ermöglichen.
4. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz
5. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit in Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.