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VfGH vom 03.03.2003, g121/02

VfGH vom 03.03.2003, g121/02

Sammlungsnummer

16819

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung einer Mindestgeldstrafe von S 20.000,-

für Lenker von Lastkraftwagen wegen Beförderungen ohne erforderliche Bewilligungen (Kontingenterlaubnis) nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995

Spruch

I. Der Ausdruck "Z 3" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 des Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, war verfassungswidrig.

Die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.

II. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom , A2002/0008-1, aus Anlaß einer bei ihm anhängigen, unter Zl. 2000/03/0117 protokollierten Beschwerde gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, "auszusprechen, dass die Wendung 'Abs1 Z 3' im zweiten Satz des § 23 Abs 2 des Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war".

2.1. Zur Begründung seines Antrages führt der Verwaltungsgerichtshof aus, daß bei ihm eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom anhängig sei, mit dem über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 eine Geldstrafe iHv S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt worden sei. Dem Beschwerdeführer sei vorgeworfen worden, daß er als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges eine Fahrt im Sinn der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern von einem Ort, der außerhalb des Bundesgebietes liege, in das Bundesgebiet bzw. durch das Bundesgebiet durchgeführt habe, ohne die gemäß § 7 Abs 1 leg.cit. notwendige Bewilligung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zu besitzen.

2.2. In der Sache begründet der Verwaltungsgerichtshof seinen Antrag folgendermaßen:

"In seinem Erkenntnis vom , G181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge 'und Z 7 bis 9' im zweiten Satz des § 23 Abs 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Dieses Erkenntnis wurde im Bundesgesetzblatt am unter BGBl. I Nr. 37 kundgemacht. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, dass die die Verfassungswidrigkeit dieser Wortfolge begründenden Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes (vgl. insbesondere Punkt III.2.2. des zitierten Erkenntnisses vom ) auch bezüglich der vom Verwaltungsgerichtshof in dem ihm vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden Wendung 'Abs1 Z 3' in § 23 Abs 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zum Tragen kommen. Im Lichte dieser Erwägungen (auch wenn man auf dem Boden des Beschwerdefalles von den dabei angestellten, an das Gemeinschaftsrecht anknüpfenden Überlegungen absieht) kann der Verwaltungsgerichtshof eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung der darin bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 geändert wird, BGBl. I Nr. 106/2001, am , vorgesehenen Mindeststrafe in der Höhe von S 20.000,-- für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 nicht erkennen."

3. Die Bundesregierung nahm mit Schreiben vom förmlich von der Erstattung einer Äußerung Abstand.

4. Zur Rechtslage:

Das Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. 593, idF BGBl. I 17/1998 (in der Folge: GüterbeförderungsG), bestimmt auszugsweise folgendes (die angefochtene Wendung ist hervorgehoben):

"§23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer

1. die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 3 Abs 2 vermehrt;

2. § 6 zuwiderhandelt;

3. Beförderungen gemäß §§7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

4. § 11 zuwiderhandelt;

5. die gemäß § 12 festgelegten Tarife nicht einhält;

6. andere als die in Z 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;

7. Ge- und Verbote auf Grund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt;

8. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;

9. einen von einer nicht gemäß § 9 Abs 2a ermächtigten Stelle programmierten Umweltdatenträger benützt.

(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 5 und 6 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 hat die Geldstrafe mindestens 5 000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3 und Z 7 bis 9 hat die Geldstrafe mindestens 20 000 S zu betragen."

[Mit Erkenntnis vom , G181/01 u.a. Zlen., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Wortfolge "und Z 7 bis 9" in § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG verfassungswidrig war; dies wurde am im BGBl. I 37 kundgemacht.]

"§7. (1) Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und eine Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben; eine Bewilligung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anderslautende Anordnung nach Abs 6 ergangen ist oder wenn eine Vereinbarung gemäß § 8 besteht.

(1a) ...

(2) Die Bewilligung nach Abs 1 wird für einzelne Güterbeförderungen oder auf Zeit erteilt. Die Bewilligung ist nur zu erteilen, wenn daran ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, daß die Fahrt weder durch organisatorische Maßnahmen noch durch die Wahl eines anderen Verkehrsmittels vermieden werden kann. Die Bewilligung ist zu versagen, wenn (insbesondere auch im Hinblick auf die im Bundesgebiet bereits bestehenden Verkehrseinrichtungen) ein Bedürfnis für die beantragte Güterbeförderung nicht besteht. Dabei sind die verkehrsmäßigen und volkswirtschaftlichen Interessen Österreichs, der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt sowie die Möglichkeit der Durchführung der Güterbeförderung im Wege anderer Verkehrseinrichtungen zu berücksichtigen.

(3) Nachweise über die Erteilung der Bewilligung nach Abs 1 sind bei jeder Güterbeförderung über die Grenze mitzuführen und den Aufsichtsorganen (§21) auf Verlangen vorzuweisen.

(4) Die Aufsichtsorgane (§21), haben das Mitführen der Bewilligung gemäß Abs 1 zu kontrollieren.

(5) ..."

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit erwogen:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht entsprechend seiner ständigen Judikatur (z.B. VfSlg. 15.199/1998 und das hg. Erkenntnis vom , G7/02 u.a. Zlen. mwN) davon aus, daß er nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung ein Gericht, das einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG stellt, an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache vorgreifen würde. Ein Antrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG darf daher vom Verfassungsgerichtshof mangels Präjudizialität nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig, also gleichsam denkunmöglich ist, daß die angefochtene Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung eines Gerichts im Anlaßfall bildet.

Mit BGBl. I 106/2001 (das am in Kraft getreten ist) wurde (u.a.) § 23 GüterbeförderungsG novelliert, wobei die Pflicht des Mitführens der erforderlichen Berechtigung zur Güterbeförderung für den Lenker nunmehr in § 9 Abs 2 leg.cit. normiert ist. § 23 leg.cit. lautet - auszugsweise - nun folgendermaßen:

"§23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer ...

3. als Unternehmer Beförderungen gemäß §§7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

4. ...

(2) Wer als Lenker § 6 Abs 1, 3 oder 4 oder § 9 Abs 2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 S zu bestrafen.

(3) Strafbar nach Abs 1 Z 3 oder Z 6 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

(4) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 5 und 7 hat die Geldstrafe mindestens 5 000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3, 6 und Z 8 bis 10 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 20 000 S zu betragen.

(5) ..."

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Eine Änderung der Rechtslage nach Fällung des Bescheides erster Instanz muß daher aufgrund des § 1 Abs 2 VStG ohne Bedeutung bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , G181/01 u.a. Zlen.).

Es bestehen demnach keine Zweifel daran, daß der Verwaltungsgerichtshof bei Erledigung der bei ihm anhängigen Beschwerde, die Anlaß zur Stellung des vorliegenden Antrages bot, die teilweise angefochtene Bestimmung idF BGBl. I 17/1998 anzuwenden hätte.

1.2. Gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG hat ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs führt das Fehlen der Darlegung der Bedenken zur Zurückweisung des Antrages, ohne daß ein Auftrag zur Behebung dieses Mangels zu ergehen hat (VfSlg. 12.648/1991 mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof begnügt sich im vorliegenden Antrag im wesentlichen mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , G181/01 u.a. Zlen., dessen Erwägungen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs auch auf den vorliegenden Fall übertragbar seien.

Eine bloße Verweisung auf Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs kann dem Erfordernis des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG nur dann genügen, wenn die seinerzeit in Prüfung gezogene (und aufgehobene) und die nunmehr bekämpfte Rechtsvorschrift in den maßgeblichen Bestimmungen und auch in Ansehung des ihnen zugrundeliegenden Lebenssachverhaltes offenkundig gleich sind und wenn daher die Gründe, die seinerzeit zur Aufhebung der Rechtsvorschrift geführt haben, ohne weiters zur Gänze als Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit (Verfassungsmäßigkeit) der nunmehr bekämpften Rechtsvorschrift ins Treffen geführt werden können (vgl. VfSlg. 8308/1978, 12.648/1991, 14.362/1995). Das gleiche hat zu gelten, wenn der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß eine Bestimmung verfassungswidrig war.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor: In § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG in der angefochtenen Fassung wird für die Begehung der Tatbestände des § 23 Abs 1 Z 3 und Z 7 bis 9 leg.cit. eine Mindeststrafe von S 20.000,-- normiert; diese Bestimmungen sehen jeweils eine Strafe für die Mißachtung bestimmter Vorschriften - deren Einhaltung in erster Linie den Unternehmern obliegt - durch (u.a.) Lenker vor. Daß im Erkenntnis G181/01 u.a. Zlen. auch auf die europarechtlichen Bestimmungen eingegangen wurde, schadet nicht, da der Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag ausdrücklich feststellt, daß die diesbezüglichen Ausführungen im vorliegenden Fall außer acht gelassen werden können.

1.3. Der Antrag ist jedoch, soweit er sich auch auf den Ausdruck "Abs1" bezieht, unzulässig:

In seinem Erkenntnis vom , G181/01 u.a. Zlen., hat der Verfassungsgerichtshof - wie bereits erwähnt - ausgesprochen, daß die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG, BGBl. 593/1995, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig war. Ferner hat er ausgesprochen, daß die Wortfolge hinsichtlich der in ihr enthaltenen Z 8 nicht mehr anzuwenden sei. Dieses Erkenntnis wurde im Bundesgesetzblatt am unter BGBl. I 37 kundgemacht. Da der Gerichtshof die fragliche Wortfolge somit nicht aufgehoben, sondern lediglich ihre Verfassungswidrigkeit festgestellt hat und die Norm hinsichtlich der Z 7 und 9 weiterhin anwendbar (allerdings gegen weitere Anfechtungen immunisiert) ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Bestimmung des Anfechtungsumfanges vom zweiten Satz des § 23 Abs 2 des GüterbeförderungsG noch in der Fassung BGBl. I 17/1998 (somit einschließlich der Wortfolge "und Z 7 bis 9") auszugehen. Unter dieser Voraussetzung genügt jedoch zur Erzielung des vom Verwaltungsgerichtshof angestrebten Ergebnisses die Feststellung, daß der Ausdruck "Z 3" verfassungswidrig war, sodaß der Antrag nur in diesem Umfang zulässig ist. Sprachlich korrekt wäre es in diesem Fall allerdings gewesen, auch noch das Wort "und" anzufechten. Dies war dem Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Rechtskraftwirkung des hg. Erkenntnisses G181/01 vom , mit dem bereits die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "und Z 7 bis 9" festgestellt worden war, verwehrt.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

Der Antrag ist - im zulässigen Umfang - begründet.

2.1. In seinem Erkenntnis vom , G181/01 u.a. Zlen., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG, BGBl. 593/1995, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig war.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof dazu - unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur - aus, daß er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe iHv S 20.000,-- für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GüterbeförderungsG nicht erkennen könne. "Mit der hier gewählten Rechtssetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten ... Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde, noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat."

Weiter heißt es im vorzitierten Erkenntnis wörtlich:

"Eine allfällige Rechtfertigung der Mindeststrafe im Hinblick auf den durch derartige Straftaten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil scheidet daher von vornherein aus, kann doch keinesfalls davon ausgegangen werden, daß der Lenker des LKW aus der Begehung der Verwaltungsübertretung einen unmittelbaren Nutzen zieht. Dieser könnte im Ergebnis nur dem Transportunternehmer zugute kommen, der jedoch - wie dargelegt - nach der hier maßgebenden Rechtslage nicht belangt werden kann. Die Strafdrohung richtet sich somit gegen einen Personenkreis, der an der Begehung der Straftat in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, vielmehr diesbezüglich nicht selten unter dem Druck eines Arbeitgebers stehen dürfte, im Hinblick auf die Komplexität der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens meist nur in eingeschränktem Maße erkennen bzw. die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen (z.B. Ausstattung mit Ökopunkten) oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich treffen kann."

Überdies hat es der Verfassungsgerichtshof auch für beachtlich gehalten, daß mit der Novelle BGBl. I 106/2001 die Mindeststrafe für den Lenker bei der Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen ist und statt dessen eine Höchststrafe von S 10.000,-- normiert wurde.

2.2. Diese Argumente sind auch auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Nach § 23 Abs 1 Z 3 GüterbeförderungsG ist zu bestrafen, wer "Beförderungen gemäß §§7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt". § 7 leg.cit. regelt den "Verkehr über die Grenze" und richtet sich in Abs 1 an Unternehmer, denen die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern in das oder durch das Bundesgebiet grundsätzlich nur dann gestattet wird, wenn sie eine entsprechende Bewilligung besitzen. Gemäß § 7 Abs 3 leg.cit. sind die Nachweise über die Erteilung dieser Bewilligung bei jeder Güterbeförderung über die Grenze mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen. § 8 leg.cit. - der insbesondere die Vergabe der Kontingenterlaubnis regelt - bezieht sich (ausschließlich) auf Unternehmer. § 9 leg.cit. hingegen schreibt vor, daß die Kontingenterlaubnis bzw. andere erforderliche Bescheinigungen bei jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen sind, und richtet sich daher insoweit an die Lenker.

Adressaten der in den §§7 bis 9 leg.cit. getroffenen Anordnungen sind somit einerseits die (Beförderungs-)Unternehmer, andererseits aber die von ihnen beschäftigten Lenker. Damit scheidet jedenfalls eine Interpretation aus, die die Z 3 des § 23 Abs 1 leg.cit. und damit die dort vorgesehene Mindeststrafe ausschließlich auf Unternehmer beziehen würde.

Gegen eine Mindeststrafe für die von der Strafnorm erfaßten Lenker sprechen aber, darauf weist der Verwaltungsgerichtshof zu Recht hin, dieselben Erwägungen, die den Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis G181/01 u.a. Zlen. zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der damals maßgebenden Wortfolge des § 23 Abs 2 leg.cit. veranlaßt haben.

Für dieses Ergebnis spricht auch die Novellierung des GüterbeförderungsG durch BGBl. I 106/2001. Hier wird nur mehr ein Verstoß des Unternehmers selbst gegen §§7 bis 9 leg.cit. mit einer Mindeststrafe von S 20.000,-- (seit BGBl. I 32/2002: € 1.453,--) bedroht. Der Lenker kann für das Nichtmitführen der erforderlichen Bewilligung (nunmehr § 9 Abs 2 leg.cit.) nur mehr mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-- (seit BGBl. I 32/2002: € 726,--) bestraft werden. An die Stelle einer Mindeststrafe von S 20.000,-- ist somit eine Höchststrafe von S 10.000,-- (€ 726,--) getreten.

Die angefochtene Mindestgeldstrafe in der dieser Novelle vorausgegangenen Fassung erweist sich somit als überschießend und ist insofern sachlich nicht zu rechtfertigen, sodaß sie mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot unvereinbar ist.

Da die angefochtene Bestimmung durch die Novelle BGBl. I 106/2001 mit Wirkung vom eine neue Fassung erhalten hat, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung zu beschränken, daß der Ausdruck "Z 3" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG, BGBl. 593/1995, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig war.

Der Ausspruch, daß die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, stützt sich auf Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG.

III. 1. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung im Bundesgesetzblatt I beruht auf Art 140 Abs 5 B-VG.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.