VfGH vom 05.10.1998, g117/98
Sammlungsnummer
15281
Leitsatz
Verfassungswidrigkeit der Einbeziehung des nach dem Bundespflegegeldgesetz gewährten Taschengeldes bei der Berechnung des Einkommens Behinderter anläßlich der Vorschreibung von Kostenbeiträgen zur Heimunterbringung nach dem Sbg Sozialhilfegesetz; Widerspruch zu den auf eine Erleichterung des Mehraufwandes behinderter Menschen gerichteten Intentionen des Bundesgesetzgebers
Spruch
Die Wendung "bundes- oder" im § 8 Abs 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 19/1975 idF LGBl. Nr. 49/1996, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die verfassungswidrige Vorschrift ist nicht mehr anzuwenden.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B2659/97 das Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung anhängig, mit welchem zu den aus Mitteln der Sozialhilfe bestrittenen Kosten ihrer Heimunterbringung der Beschwerdeführerin ein zu entrichtender Betrag von "S 910,40 (80% von S 1.135,-)" monatlich zur Zahlung vorgeschrieben wurde. Die Berechnungsgrundlage dieses Kostenbeitrages ist ein Taschengeld nach dem Bundespflegegeldgesetz (im folgenden: BPGG), welches die Beschwerdeführerin bezieht und das von der Behörde als der Beschwerdeführerin anzurechnendes Einkommen der Entscheidung zugrundelegt wurde.
Begründet wurde der Bescheid im wesentlichen damit, daß gemäß § 8 Abs 5 iVm Abs 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes (im folgenden: SSHG) bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes bei in einer Anstalt oder in einem Heim untergebrachten Hilfesuchenden aufgrund der seit dem in Geltung stehenden geänderten Fassung des § 8 Abs 6 SSHG nunmehr auch Taschengeld, das aufgrund eines nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährten Pflegegeldes ausbezahlt wird, als Einkommen im Sinne des SSHG gelte; es sei daher von einer Anrechnung des sogenannten "Pflegegeldtaschengeldes" in Höhe von S 1.138,-- als Einkommen auszugehen gewesen.
2.1.1. § 8 SSHG idF LGBl. Nr. 49/1996 - die in Prüfung gezogene Wendung ist hervorgehoben - lautet wie folgt:
"Einsatz der eigenen Mittel
§8
(1) Die Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf (§10) zu sichern.
(2) ...
(3) ...
(4) ...
(5) Bei der Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes sind bei Hilfesuchenden, die in einer Anstalt oder einem Heim untergebracht sind, 20 v.H. einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versorgungsgenüsse oder eines sonstigen Einkommens und die allfälligen Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug), jeweils vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen gesetzlichen Abzüge, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dieser Freibetrag ist jedenfalls mit dem Betrag von 20 v.H. der nach dem ASVG möglichen Höchstpension, vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen Abzüge, begrenzt.
(6) Das Taschengeld, das auf Grund eines nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährten Pflegegeldes ausbezahlt wird, gilt als Einkommen im Sinne dieses Gesetzes."
§ 8 Abs 6 SSHG erhielt seine derzeitige Fassung durch das Gesetz vom 28. Feber 1996, mit dem das Salzburger Sozialhilfegesetz geändert wird, LGBl. Nr. 49/1996. Gemäß ArtII des zitierten Gesetzes trat die Neufassung des § 8 Abs 6 SSHG am in Kraft.
2.1.2. Der Abs 1 des - Ersatzansprüche des Trägers der Sozialhilfe regelnden - § 13 des BPGG lautet in seiner Stammfassung, BGBl. Nr. 110/1993, wie folgt:
"Ersatzansprüche des Trägers der Sozialhilfe
§13. (1) Wird eine pflegebedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers
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1. | in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim, | |||||||||
2. | in einer Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie oder in einer ähnlichen Einrichtung, | |||||||||
3. | außerhalb einer der in Z 1 und 2 angeführten Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes, | |||||||||
4. | auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege, einer kirchlichen oder anderen karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle oder | |||||||||
5. | in einer Krankenanstalt, sofern der Aufenthalt nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist (Asylierung), |
stationär gepflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Im Fall der Z 5 erfolgt der Anspruchsübergang höchstens für die Dauer von drei Monaten. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 20 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld. Übersteigt die Summe aus Taschengeld und übergehendem Anspruch die gebührende Pflegegeldleistung, so ist der übergehende Anspruch entsprechend zu kürzen."
2.1.3. Seit einer Änderung durch Art 21 Z 6 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, lautet der dritte Satz des § 13 Abs 1 BPGG wie folgt:
"Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld."
2.2. Die Bestimmungen des § 8 Abs 5 und 6 SSHG stehen mit den korrespondierenden Bestimmungen des § 324 Abs 3 ASVG und des bereits erwähnten § 13 Abs 1 BPGG in folgendem Zusammenhang:
2.2.1. Wird ein Renten(Pensions)berechtigter u.a. auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einem Alters(Siechen)heim oder in anderen, näher bezeichneten Institutionen "verpflegt", so geht gemäß § 324 Abs 3 ASVG für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, bei Bestehen bestimmter Unterhaltspflichten bis zu 50 vH dieses Anspruches auf den Träger der Sozialhilfe über; das gleiche gilt in Fällen, in denen ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Landes im Rahmen der Behindertenhilfe in einer der genannten Einrichtungen oder auf einer der genannten Pflegestellen untergebracht wird, mit der Maßgabe, daß der vom Anspruchsübergang erfaßte Teil der Rente (Pension) auf das jeweilige Land übergeht. (Die für den Fall des Vorhandenseins unterhaltsberechtigter Personen geltenden weiteren Bestimmungen sind für den Beschwerdefall unerheblich.)
2.2.2. Der bereits erwähnte § 13 Abs 1 BPGG ist dieser Bestimmung nachgebildet; er tritt hinsichtlich des Pflegegeldes an die Stelle des § 324 Abs 3 ASVG, der entsprechend seinem Klammerausdruck "(einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge)" auch für den seinerzeitigen Hilflosenzuschuß (einer Vorgängerleistung des Bundespflegegeldes) gegolten hat (vgl. auch Teschner/Widlar, ASVG (MAG 39a), § 324 Anm. 10).
2.2.3. § 13 Abs 1 BPGG unterscheidet sich allerdings insoweit von der Bestimmung des § 324 Abs 3 ASVG, als der pflegebedürftigen Person nicht der von der Legalzession nicht erfaßte Restanspruch auf Pflegegeld verbleibt, sondern nur (20 vH bzw. seit dem Inkrafttreten von Art 21 Z 6 des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996) 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3.
2.3. Dieses - im Gesetz auch ausdrücklich so bezeichnete - "Taschengeld" ist daher nicht zu Unrecht auch als eine eigene, vom Pflegegeld abgeleitete Leistung aus der Pflegeversicherung (als eine Art "Teil-Pflegegeld" - vgl. Pfeil, Bundespflegegeldgesetz, 1996, § 12 Anm. 3.1) bezeichnet worden. Die Sicherung dieses Pflegetaschengeldes erfolgt zusätzlich durch § 13 Abs 1 letzter Satz BPGG: Übersteigt die Summe aus Taschengeld und übergehendem Anspruch die gebührende Pflegegeldleistung, so ist der übergehende Anspruch entsprechend zu kürzen. In den Materialien zum BPGG (776 BlgNR XVIII. GP, 25) wird zunächst der "zweckgebundene Charakter" des Pflegegeldes, welches nicht den Zweck habe, "das Einkommen des Betroffenen zu erhöhen", betont (Anm. zu ArtII § 1). Zu § 12 führen die Erläuterungen der RV (aaO, 28) wörtlich aus:
"Personen, deren Anspruch auf Pflegegeld gemäß § 12 Abs 2 und 3 ruht, sollen ein Taschengeld erhalten, damit sie sich persönliche Assistenz, die von der betreffenden Stelle nicht angeboten wird, beschaffen können. Die Höhe des Taschengeldes (1080 S) entspricht unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen etwa jenem Betrag, der pflegebedürftigen Personen, die stationär gepflegt werden, nach den bisherigen Regelungen ausbezahlt wurde."
2.4. Die Erläuterungen zur RV des Strukturanpassungsgesetzes (72 BlgNR XX. GP, 233), durch dessen Art 21 Z 6 das Pflegetaschengeld von 20 % auf 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 gekürzt wurde, begründen diese Kürzung wie folgt:
"Die Erfahrungen bei der Durchführung des Bundespflegegeldgesetzes haben gezeigt, daß die pflegebedürftige Person im Falle einer Heimunterbringung grundsätzlich nur mehr sehr geringe Kosten für pflegebedingte Mehraufwendungen hat. Das Taschengeld soll daher künftig zur Vermeidung von Doppelversorgungen auf 10 vH der Stufe 3 (monatlich 569 S) gekürzt werden.
Diese Regelung soll jedoch nicht für jene Fälle gelten, in denen der Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG bereits vor Inkrafttreten der gegenständlichen Novelle erfolgt ist."
3. Beim Verfassungsgerichtshof sind aus Anlaß der Beratung über die eingangs genannte Beschwerde Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wendung "bundes- oder" im § 8 Abs 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 19/1975 idF LGBl. Nr. 49/1996, entstanden. Er hat daher beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Wendung einzuleiten.
Seine Bedenken hat der Gerichtshof im Prüfungsbeschluß wie folgt umschrieben:
"... Der Bundesgesetzgeber hat offenbar in einer keinem Zweifel Raum lassenden Art und Weise u.a. mit der Regelung des § 13 Abs 1 vorletzter und letzter Satz BPGG sicherstellen wollen, daß auch Pensionsbeziehern (denen für die Befriedigung ihrer auch bei stationärer Unterbringung nicht gedeckten persönlichen Bedürfnisse 20 % der Pensionsleistung im Falle einer Unterbringung auf Kosten des Sozialhilfeträgers verbleiben) für den gegenüber Nichtbehinderten wegen des Erfordernisses persönlicher Assistenz entstehenden finanziellen Mehraufwand in einem gewissen Umfang eine Zusatzleistung im Ausmaß des Pflegetaschengeldes zur Verfügung stehen soll.
... Gemäß Art 2 Abs 2 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl. Nr. 866/1993, verpflichteten sich die Länder, bis Landesgesetze und Verordnungen "mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund" zu erlassen und bis spätestens in Kraft zu setzen.
... Demgemäß haben auch alle Bundesländer in ihren Pflegegeldgesetzen gleichartige Taschengeldregelungen für den Fall der Unterbringung auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers vorgesehen (vgl. die jeweils mit ihrer Stammfassung angegebenen Vorschriften der § 11 Abs 5 des Bgld PGG, LGBl. Nr. 58/1993, des Kärntner PGG, LGBl. Nr. 76/1993, und des NÖ PGG, LGBl. Nr. 9220-0, sowie des § 11 Abs 1 zweiter und dritter Satz des OÖ PGG, LGBl. Nr. 64/1993, des § 11 Abs 4 Sbg PGG, LGBl. Nr. 99/1993, des § 11 Abs 7 Stmk PGG, LGBl. Nr. 80/1993, des § 9 Abs 1 zweiter und dritter Satz Tir PGG, LGBl. Nr. 55/1993, des § 9 Abs 2 Vbg PGG, LGBl. Nr. 38/1993, und des § 11 Abs 1 letzter Satz Wr PGG, LGBl. Nr. 42/1993).
... Der Gesetzgeber des SSHG hat ursprünglich die dargelegte Rechtslage insoweit berücksichtigt, als das "normale" Taschengeld nach Übergang eines Pensions- oder Rentenanspruches durch die Regelung des § 8 Abs 5 SSHG, das Pflegetaschengeld durch § 8 Abs 6 SSHG (in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 117/1993) gesichert geblieben ist; mit der Änderung des § 8 Abs 6 SSHG durch die Novelle LGBl. Nr. 49/1996 hat der Landesgesetzgeber hingegen das Pflegetaschengeld auch des Bundes durch die nunmehr angeordnete Anrechnung als Einkommen um weitere 80 % gekürzt, sodaß den pflegebedürftigen Personen zur persönlichen Assistenz - entgegen den Intentionen des Bundesgesetzgebers - nur mehr ein Betrag von S 113,80, somit in einer - vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung - vernachlässigbar geringen Höhe verbleibt.
... Die Kompetenz des Bundes zur Schaffung einer derartigen Vorschrift, wie sie u.a. § 13 BPGG darstellt, gründet sich auf die Verfassungsbestimmung des ArtI des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, während die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Sozialhilfe gemäß Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG iVm Art 15 Abs 6 fünfter Satz B-VG den Ländern zukommt.
Wie der Gerichtshof in VfSlg. 10292/1984, S. 763, ausgesprochen hat, verbietet die der Bundesverfassung innewohnende Rücksichtnahmepflicht, "dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen damit zu unterlaufen." Wird daher dieses - in der Lehre auch als "Torpedierungsverbot" (so Raschauer, ÖZW 1988, S. 30) bezeichnete - Berücksichtungsgebot durch eine landesgesetzliche Regelung insofern mißachtet, als diese die Intention einer bundesgesetzlichen Regelung unterläuft, dann ist die landesgesetzliche Regelung mit Verfassungswidrigkeit belastet (vgl. VfSlg. 14403/1996 und ).
... Der vorliegende Sachverhalt gleicht weitgehend jenem des Erkenntnisses VfSlg. 13052/1992 betreffend die Anrechnung der Familienbeihilfe auf Unterbringungskosten nach dem Wiener Behindertengesetz 1986 entgegen der Bestimmung des § 12a FLAG. Die vom Bundesgesetzgeber vorgenommene Zweckbestimmung der Leistung ist im vorliegenden Beschwerdefall allerdings nicht durch eine Festlegung erfolgt, daß sie - schlechthin - nicht als Einkommen gilt, wohl aber durch die Anordnung, daß der behinderten Person ein zusätzliches Taschengeld in Relation zum Pflegegeld auch - und gerade - im Falle der Unterbringung auf Kosten eines Sozialhilfeträgers verbleiben soll. Die Änderung des § 8 Abs 6 SSHG dahin, daß dieses Taschengeld als Einkommen im Sinne des SSHG gilt und daher - gleich allen anderen Einkommen - nur zu 20 vH vor der Anrechnung geschützt ist, dürfte dieser Zweckbestimmung diametral entgegengesetzt sein, zumal der von der Anrechnung ausgenommene Betrag von 20 vH des Taschengeldes praktisch zu vernachlässigen ist.
... Ein solches - nach der zuvor dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verfassungswidriges - Unterlaufen der Intentionen des Bundesgesetzgebers durch den Landesgesetzgeber führt dann nicht zur Aufhebung der Norm, wenn - im Rahmen des Gesetzeswortlautes - auch eine verfassungskonforme Interpretation möglich erscheint. Im zitierten Fall des Erkenntnisses VfSlg. 13052/1992 hat der Verfassungsgerichtshof gegen die Einbeziehung der Familienbeihilfe in das anzurechnende Einkommen für den Fall keine Bedenken geäußert, in welchem die Befriedigung gerade jener Bedürfnisse, denen diese Leistung dienen soll, in der Institution, in der die betreffende Person untergebracht ist, gewährleistet ist.
Dies dürfte auf den vorliegenden Fall allerdings nicht übertragbar sein, weil der Gesetzeswortlaut des § 8 Abs 6 SSHG eine solche Einschränkung nicht enthält und die Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens auch nicht davon ausgehen, daß eine derart spezifische persönliche Assistenzleistung bei der Behindertenbetreuung bei der Unterbringung der Beschwerdeführerin auf Kosten des Sozialhilfeträgers gewährleistet ist.
§ 8 Abs 6 SSHG scheint auch - soweit er sich auf Pflegetaschengeld des Bundes bezieht - einen über die dargelegte nachteilige Auswirkung auf die Intention des Bundesgesetzgebers hinausgehenden oder die genannte Intention nicht berührenden Anwendungsbereich nicht zu haben. Diese Bestimmung scheint sich insoweit vielmehr von ihrer Zwecksetzung her darin zu erschöpfen, u. a. eine Leistung, deren Verwendung als Barleistung der Bundesgesetzgeber zur Sicherung der notwendigen Betreuung und Hilfe behinderter Personen sowie der Möglichkeit, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen (vgl. § 1 BPGG), gesichert wissen wollte, weitgehend für eine zusätzliche finanzielle Entlastung des Sozialhilfeträgers zu verwenden. Die Bestimmung scheint daher im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unsachlich und daher - als gegen den Gleichheitssatz verstoßend - verfassungswidrig zu sein.
... Diese Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vermochte auch die Salzburger Landesregierung in ihrer Äußerung zur Beschwerdeschrift nicht zu entkräften: Der Umstand, daß der Bundesgesetzgeber - ausgehend von der Annahme, daß die pflegebedürftige Person im Falle einer Heimunterbringung nur mehr sehr geringe Kosten für pflegerische Mehraufwendungen habe - das Taschengeld auf monatlich S 569,-- gekürzt hat, scheint weder für eine "Doppelversorgung" zu sprechen, noch an der zu berücksichtigenden und zu respektierenden Intention des Bundesgesetzgebers etwas zu ändern, zumindest um diesen (gekürzten) Betrag den pflegebedürftigen Menschen persönliche Assistenz zu sichern.
Auch der Hinweis der Landesregierung auf die Bestimmung des § 17 Abs 2 SSHG als "subsidiäre Garantiebestimmung für einen monatlich ausreichenden Taschengeldbezug" kann die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes vorerst nicht zerstreuen, da das dadurch garantierte Taschengeld in der Höhe von 20 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes im Sinne des § 293 Abs 1 lita sublit. bb ASVG (dies ist der Richtsatz für alleinstehende Pensionsberechtigte) jenen Personen, die kein Pflegegeld beziehen, ebenso gebührt wie jenen, die im Bezug von Pflegegeld stehen, womit die vom Bundesgesetzgeber intendierte Berücksichtigung des Mehrbedarfs von Personen, die im Bezug eines Pflegegeldes stehen, gerade nicht erfolgen dürfte.
... Dem Verfassungsgerichtshof scheint es somit vorläufig, daß durch die Erlassung des § 8 Abs 6 SSHG die Intention, die der Bundesgesetzgeber mit der Gewährung von Pflegegeldtaschengeld verfolgt hat, unterlaufen wird und daß deshalb die in Prüfung gezogene Wendung mit Verfassungswidrigkeit belastet sein dürfte."
4.1. Die Salzburger Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in welcher sie (nach eingehender kritischer Würdigung der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter Wiedergabe der dazu veröffentlichten Literaturmeinungen sowie einer Wiederholung der Darstellung der Rechtslage und der im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes) darlegt, es sei aufgrund des vor der jeweiligen Leistungsgewährung eingeholten "Pflegegutachtens" sichergestellt, daß die im Einzelfall erforderlichen und im Gesetz vorgesehenen Leistungen erbracht würden, sodaß pflegebedingter Mehraufwand im Sinne einer persönlichen Assistenz "aufgrund einer praxisorientierten Betrachtung kaum bzw. in äußerst geringer Höhe gegeben" sei.
Diese "praxisorientierte Betrachtung" stehe auch mit den Feststellungen des Bundes in Einklang, die zur Herabsetzung des Taschengeldes durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 geführt hätten, wonach aufgrund der Erfahrungen pflegebedürftige Personen im Falle einer Heimunterbringung nur mehr sehr geringe pflegebedingte Mehraufwendungen hätten.
Aus den Sozialhilferichtsätzen und ihrer Ermittlung könne abgeleitet werden, daß einem nicht in einem Heim untergebrachten Sozialhilfebezieher für die über Ernährung und Unterkunft hinausgehenden Bedürfnisse ein Betrag von S 1.455,-- pro Monat zur Verfügung stehe, während bei einer Unterbringung des Hilfesuchenden in einer Anstalt oder in einem Heim die "über die Ernährung hinausgehenden Bedürfnisbereiche, für die ansonsten 1.455 S zur Verfügung stehen, größtenteils bereits durch die Leistungen des Heimes abgedeckt" seien.
Ungeachtet dieser Versorgung in den Anstalten und Heimen erhielten die untergebrachten Personen nach Maßgabe der §§8 Abs 5 sowie 17 Abs 2 SSHG ein Taschengeld in der Höhe von 20 % des Ausgleichzulagenrichtsatzes gemäß § 293 Abs 1 lita sublit. bb ASVG, vermindert um die davon zu leistenden Abgaben und sonstigen gesetzlichen Abzüge, soweit ihnen nicht aufgrund des § 8 Abs 5 ein solcher Betrag ihres Einkommens verbleibe. Die Höhe dieses Taschengeldes betrage zur Zeit S 1.538,46. Das "Höchsttaschengeld" nach § 8 Abs 5 SSHG betrage S 4.330,86 monatlich. Aufgrund der - in der Äußerung näher dargestellten, in der Höhe des jeweiligen Pensionseinkommens variierenden - Fallkonstellationen könne davon ausgegangen werden, daß in Heimen untergebrachten Personen in jedem Fall ein "über das Taschengeld nach dem BPGG hinausgehender Betrag" zur freien Verfügung stehe, der mindestens dreimal so hoch wie das Taschengeld nach dem BPGG sei. Dieser Betrag sei höher als jener, der bei der offenen Sozialhilfe für die über die Ernährung und Unterkunft hinausgehenden Bedürfnisse angesetzt werde (womit die zuvor genannten S 1.538,46 gemeint sind). Sozialhilfebeziehern, die in Heimen nach dem SSHG untergebracht seien, stünde daher wesentlich mehr Geld zur freien Verfügung als sonstigen Sozialhilfebeziehern; dieser Betrag übersteige in jedem Fall die Höhe des Taschengeldes nach § 13 BPGG, und zwar auch dann, wenn der Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger bereits vor dem erfolgt sei, obwohl pflegebedingte Mehraufwendungen jedenfalls im Bundesland Salzburg kaum bzw. nur in äußerst geringer Höhe entstünden.
Nach Ausführungen zur Frage der "Präjudizialität des § 13 BPGG" (worin zum Ausdruck gebracht wird, daß diese Bestimmung zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Norm "konsequenterweise" ebenfalls in Prüfung zu ziehen wäre) faßt die Salzburger Landesregierung ihre Rechtsauffassung wie folgt zusammen:
"...Die Landesregierung vertritt die Auffassung, daß § 8 Abs 6 SSHG verfassungsmäßig ist. Sie kann dies in mehrfacher Hinsicht begründen:
... Zunächst sind Zweifel an der bisherigen Rechtsprechung zur Rücksichtnahmepflicht angebracht, die - abgesehen von der grundlegenden dogmatischen Fragwürdigkeit - zu einer Unterwerfung des Landesgesetzgebers unter Bundesintentionen hinentwickelt wurde, ohne daß dem in VfSlg 10292 geforderten Interessenausgleich entscheidende Bedeutung eingeräumt wurde. Ein solcher Interessenausgleich muß auch bei 'allgemein nicht harmonischen' Normen, wie sie § 13 Abs 1 BPGG sowie § 8 Abs 6 SSHG darzustellen scheinen, Anwendung finden, sodaß es nicht darauf ankommen kann, daß der Bundesgesetzgeber seine Intention zur Gänze erreicht. In diesem Sinn ist nach VfSlg 10292 eine sachlich gerechtfertigte Beeinträchtigung der Effektivität von Regelungen der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft zulässig und darf die Regelung nur nicht 'überschießend' sein. § 8 Abs 6 SSHG ist unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse, wonach einerseits bei einer Heimunterbringung kaum pflegebedingte Mehraufwendungen anfallen und andererseits vom Landesgesetzgeber selbst genügend Geld zur freien Verfügung gewährt wird, keinesfalls 'überschießend', ohne daß näher geprüft werden müßte, ob der Landesgesetzgeber genau das zur Gänze sicherstellt, was der Bundesgesetzgeber wollte; zumal die Erwägungen des Bundesgesetzgebers nicht eindeutig sind.
... Aber auch unter Zugrundelegung der neuen Rechtsprechung und insb von VfSlg 13052 ist § 8 Abs 6 SSHG verfassungsmäßig. Die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zeigen nämlich, daß einerseits bei einer Durchschnittsbetrachtung bei einer Heimunterbringung pflegebedingte Mehraufwendungen in einem äußerst geringen Umfang anfallen und andererseits dem Pflegebedürftigen genügend Geld zur (freien) Verfügung steht.
a) Legt man der Betrachtung jene Intention des Bundesgesetzgebers zugrunde, wonach das Taschengeld nicht einkommenserhöhend sein darf und nur für pflegebedingte Mehraufwendungen gedacht ist, steht die teilweise Berücksichtigung des Taschengeldes als Einkommen mit der Intention des Bundes im Einklang, wenn bedacht wird, daß im allgemeinen keine pflegebedingten Mehraufwendungen entstehen oder nur in einem äußerst geringfügigen Umfang, für den mit den verbleibenden 20 %, allenfalls zusammen mit einem Teil des Sozialhilfe-Taschengeldes das Auslangen gefunden werden kann.
b) Legt man hingegen der Betrachtung jene Intention des Bundesgesetzgebers zugrunde, wonach das Taschengeld auch einkommenserhöhend sein darf, stellt der Landesgesetzgeber ohnehin den vom Bundesgesetzgeber gewährten Geldbetrag auf andere Weise sicher; die Behandlung des Taschengeldes als Einkommen rechtfertigt sich schon durch die tatsächlich einkommenserhöhende Funktion des Taschengeldes.
... Weiters regt die Landesregierung unter Hinweis auf VfSlg 10292 an, auch die Präjudizialität des § 13 Abs 1 BPGG in Erwägung zu ziehen, da diese Bestimmung mit der schon in Prüfung gezogenen landesrechtlichen Bestimmung im Zusammenhang steht und im Licht der Rücksichtnahmepflicht die eine Bestimmung nicht ohne die andere beurteilt werden kann. Es bestehen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bundesrechtlichen Bestimmung wegen Unsachlichkeit und wegen mangelnder Beachtung der Rücksichtnahmepflicht ...."
4.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat in Entsprechung eines Ersuchens des Verfassungsgerichtshofes zu den im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Rechtsfragen eine Stellungnahme erstattet, in der es den Bedenken des Prüfungsbeschlusses beitritt, und im Ergebnis die Auffassung vertritt, daß die in Prüfung gezogene Wendung in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingreife und daher verfassungswidrig sei; begründend wird dazu einleitend ausgeführt, daß sich die - näher dargelegte, jedoch mit der eingangs wiedergegebenen Darstellung inhaltlich übereinstimmende - Rechtslage nach dem Bundespflegegeldgesetz "auf die Kompetenzdeckungsklausel des ArtI des Bundespflegegeldgesetzes" gründe und daß ArtII § 13 des Bundespflegegeldgesetzes daher notwendig kompetenzmäßig sei.
Sodann führt der Verfassungsdienst weiter aus:
"Das Salzburger Sozialhilfegesetz hingegen regelt in seinem hier maßgeblichen 3. Abschnitt die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs, die gemäß dessen § 17 auch durch die Unterbringung in einem Heim erbracht werden kann. Sowohl die Sicherung des Lebensbedarfs als auch der Ersatz von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs nach dem 9. Abschnitt des Salzburger Sozialhilfegesetzes erfolgt dabei unabhängig von einer im Sinne des Bundespflegegeldgesetzes gegebenen Pflegebedürftigkeit eines Hilfesuchenden. Einzig die in Prüfung gezogene Wendung 'bundesoder' in § 8 Abs 6 des Salzburger Sozialhilfegesetzes knüpft durch die Bezugnahme auf Pflegegeld in der Erscheinungsform des Taschengelds an pflegebedürftige Sozialhilfeempfänger an und regelt damit den Lebenssachverhalt 'Ersatz von Leistungen an den Träger der Sozialhilfe' auch unter dem Gesichtspunkt 'Heranziehung des Pflegegelds'.
Da die den identischen Lebenssachverhalt unter dem identischen Gesichtspunkt regelnde Aufteilung, in welchem Umfang (Bundes-)Pflegegeld als Ersatzanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht, in welchem Umfang hingegen an den Pflegebedürftigen auszuzahlen ist und somit nicht an den Sozialhilfeträger übergeht, schon in ArtII § 13 Abs 1 des Bundespflegegeldgesetzes getroffen ist und diese Regelung - wie oben ausgeführt - gemäß ArtI des Bundespflegegeldgesetzes zu Recht in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes getroffen wurde, besteht eine gleichgerichtete Gesetzgebungskompetenz des Landes in der gegenständlichen Angelegenheit nicht (arg.: für Regelungen, 'wie sie' in ArtII des Bundespflegegeldgesetzes enthalten sind, besteht eine ausschließliche Bundeskompetenz)".
5. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
5.1. Die Beschwerde, die Anlaß zur Einleitung dieses Gesetzesprüfungsverfahrens war, ist zulässig. Der Verfassungsgerichtshof hätte daher über sie in der Sache zu entscheiden. Da sich der angefochtene Bescheid in seiner Begründung ausdrücklich auf § 8 Abs 6 SSHG stützt, hätte der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung die in Prüfung gezogene Wendung anzuwenden.
Entgegen der von der Salzburger Landesregierung geäußerten Meinung ist der Prüfungsbeschluß auch insoweit nicht zu eng gefaßt, als er § 13 BPGG nicht in Prüfung zieht, steht doch diese Bestimmung mit der hier in Prüfung gezogenen Wendung in keinem solchen Abhängigkeitsverhältnis, welches es ausschlösse, die eine Bestimmung ohne die andere zu prüfen: Anders als im Falle der im Verfahren VfSlg. 10292/1984 geprüften Bestimmungen des Forst- bzw. Jagdrechtes wäre es hier vom Regelungsinhalt der beiden Bestimmungen her durchaus denkbar, daß sie - § 13 BPGG in Fällen wie dem vorliegenden freilich mit eingeschränkter Wirkung - nebeneinander bestehen.
Sonstige Zweifel daran, daß die in Prüfung gezogene Wortfolge präjudiziell wäre, sind im Gesetzesprüfungsverfahren nicht geäußert worden und auch sonst nicht hervorgekommen.
Da außer der Präjudizialität auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
5.2. In der Sache konnten die im Gesetzesprüfungsverfahren erstatteten Äußerungen, insbesondere jene der Salzburger Landesregierung, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht zerstreuen.
Zum besseren Verständnis der Rechtslage sei den folgenden Ausführungen vorausgeschickt, daß § 13 SSHG die Erbringung der Pflege als "körperliche und persönliche Betreuung", mithin als Sachleistung anordnet. Für die Erbringung dieser Sachleistung in Heimen wird dem Sozialhilfeträger die Entrichtung der Kosten in Form von (näher bestimmten) Pflegeentgelten auferlegt (§17 Abs 4 SSHG). Da die Pflege gemäß § 10 Abs 1 Z 2 SSHG zum Lebensbedarf gehört, gilt der in § 8 SSHG näher bestimmte Grundsatz der Verpflichtung des Hilfesuchenden zum Einsatz der eigenen Mittel auch für die Pflege. Für den Fall, in welchem der Hilfesuchende nachträglich zu entsprechendem Einkommen oder Vermögen gelangt oder sich nachträglich herausstellt, daß er solches zur Zeit der Hilfeleistung hatte, normiert § 43 SSHG eine ausdrückliche Verpflichtung zur Ersatzleistung. Soweit daher im Zeitpunkt der Erbringung der Hilfeleistung ein solches Einkommen oder Vermögen schon vorhanden und bekannt ist, muß daher eine entsprechende Verpflichtung zu einer (dem "Einsatz der eigenen Mittel" entsprechenden) Beitragsleistung an den Sozialhilfeträger, der zur Leistung der Pflegeentgelte verpflichtet ist, angenommen werden, auch wenn dies (anders als bei der Ersatzleistung) in dieser Form im Gesetz nicht ausdrücklich normiert ist. Der im Anlaßverfahren angefochtene Bescheid schreibt demgemäß eine Beitragsleistung von 80 vH des "Pflegegeld-Taschengeldes" vor.
5.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hält zunächst an seiner in VfSlg. 10292/1984 begründeten und seither (VfSlg. 13052/1992, 14403/1996 ua.) fortgeführten Rechtsprechung fest, wonach es die der Bundesverfassung innewohnende Rücksichtnahmepflicht dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft verbietet, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen zu unterlaufen. Eine diesen Grundsatz mißachtende, der Regelung der gegenbeteiligten Gebietskörperschaft entgegenwirkende Norm ist daher mit Verfassungswidrigkeit belastet.
5.2.2. Im Gesetzesprüfungsverfahren ist von keiner Seite angezweifelt worden, daß die in Prüfung gezogene Wendung in § 8 Abs 6 SSHG zu § 13 BPGG in einem derartigen Verhältnis steht. Auch wurde der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht widersprochen, daß - unter der Annahme der Verfassungswidrigkeit der Norm - für eine andere als die vom Verfassungsgerichtshof vorgenommene, verfassungskonforme Auslegung kein Raum bleibt. Darüber hinaus wurde aber auch in der Äußerung der Salzburger Landesregierung der Sache nach die weitere Annahme des Verfassungsgerichtshofes bestätigt, daß der Anordnung der Berücksichtigung des Pflegegeld-Taschengeldes nach dem BPGG in § 8 Abs 6 SSHG als Einkommen (und seine daraus folgende Anrechnung auf Ansprüche nach dem SSHG zu 80%) die Überzeugung zugrundeliegt, die in § 13 BPGG getroffene Vorkehrung sei aus der Sicht der in Salzburg angebotenen Unterbringung für pflegebedürftige Personen überflüssig, daß also maW die in Prüfung gezogene Wendung direkt auf die bundesgesetzliche Norm und ihre Zielsetzungen gerichtet ist.
5.2.3. Nach dem - zT aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten - Hauptargument der Salzburger Landesregierung sei im Sinne eines "angemessenen Ausgleichs der Interessen" zwischen Bund und Ländern auch die Frage zu prüfen, ob der Bund mit seiner Regelung (hier: des § 13 BPGG) der "mit ihr verfolgten Intention gerecht" werde, dh von zutreffend angenommenen tatsächlichen Verhältnissen ausgehe. Diese Frage bedarf - unbeschadet einer gegebenenfalls erforderlichen näheren Prüfung ihrer rechtlichen Relevanz - hier schon deshalb keiner Untersuchung, weil das Konzept der Pflegevorsorge, wie es dem Bundespflegegeldgesetz zugrundeliegt und durch die Landesgesetzgebung im Rahmen ihrer Kompetenz ergänzt wird, in dem bereits erwähnten Gliedstaatsvertrag, BGBl. Nr. 866/1993, gemäß Art 15a B-VG zwischen Bund und Ländern vereinbart und dieser Vereinbarung das bereits im Bundesgesetzblatt publizierte Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, (daher auch dessen § 13) ausdrücklich zugrundegelegt worden ist. Im Hinblick darauf, daß sich die Länder in dieser Vereinbarung auch verpflichtet haben, Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen (Art2 Abs 2 zweiter Satz der Vereinbarung BGBl. Nr. 866/1993), besteht kein Anlaß daran zu zweifeln, daß in dieser Übereinkunft zwischen Bund und Ländern ein angemessener Interessenausgleich zum Ausdruck kommt und daher auch im besonderen § 13 BPGG Teil dieses Interessenausgleichs ist.
5.2.4. Die Salzburger Landesregierung versucht in ihrer Äußerung im übrigen die Norm (zusammengefaßt und der Sache nach) auch mit Darlegungen darüber zu verteidigen, daß die Bedürfnisse einer in einem Heim untergebrachten pflegebedürftigen Person die persönliche Assistenzleistung betreffend "nur noch sehr gering" seien und die Zielsetzungen des Bundesgesetzgebers ohnehin - und zwar durch die der pflegebedürftigen Person verbleibenden sonstigen Taschengeldansprüche - verwirklicht seien.
Soweit sich diese Argumentation auch unter Berufung auf regelmäßig eingeholte Pflegegutachten auf Ausmaß und Qualität der Pflegeleistungen im Land Salzburg zu stützen sucht, übersieht sie nicht nur, daß es grundsätzlich Sache der Wertung des zuständigen Gesetzgebers ist, darüber zu befinden, ob und inwieweit (bei Geldleistungen auch: in welchem Ausmaß) eine Regelung rechtspolitisch erforderlich ist (wobei dem zuständigen Gesetzgeber bei seiner Einschätzung ein weiter Spielraum zusteht), sondern auch, daß ihre Argumentation auf die Ersetzung einer als Taschengeld gewidmeten Geldleistung des Bundes durch Sachleistungen des Landes hinausläuft, womit die mit der Gewährung dieses Taschengeldes intendierte Erleichterung der Befriedigung subjektiver Bedürfnisse eines behinderten Menschen nicht erreicht werden würde (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Zielvorstellung des § 1 BPGG).
Ebensowenig vermag die Salzburger Landesregierung mit ihrem Hinweis auf andere Taschengeldansprüche zu überzeugen: Diese stehen in gleicher Weise nicht pflegebedürftigen Personen zu, die sich auf Sozialhilfekosten in einem Heim befinden. Mit dem Bundesgesetzgeber und - hierin - auch in Übereinstimmung mit der Salzburger Landesregierung muß aber davon ausgegangen werden, daß behinderten Personen grundsätzlich durch das Erfordernis persönlicher Assistenz im allgemeinen ein höherer Aufwand entsteht als nicht behinderten Personen und daß es dieser Mehraufwand ist, welcher durch das (zusätzliche) Taschengeld nach § 13 BPGG (wenn auch in pauschalierter und unterschiedliche Grade der Behinderung nicht weiter berücksichtigender Weise) in dem im Gesetz umschriebenen Umfang abgedeckt werden soll.
6. Die Argumente der Salzburger Landesregierung erweisen sich daher ingesamt im Ergebnis als nicht geeignet, die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Norm darzutun. Da auch sonst keine Umstände hervorgekommen sind, welche die zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens führenden Bedenken widerlegen konnten, war die Norm sohin als verfassungswidrig aufzuheben.
7. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
Der Ausspruch, daß die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, soll dem Umstand Rechnung tragen, daß sich die auf ihrer Grundlage erforderliche Erlassung von Leistungsbescheiden in den in Betracht kommenden Pflegefällen nach der - auf dem Beschwerdeeinlauf beruhenden - Wahrnehmung des Verfassungsgerichtshofes über einen längeren Zeitraum zu erstrecken scheint; mit dem Ausspruch sollen Härtefälle, die sich aus solchen manipulativen Umständen ergeben könnten, vermieden werden.
Der Ausspruch über die Kundmachungspflicht stützt sich auf Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und auf § 65 iVm § 64 Abs 2 VerfGG.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.