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VfGH vom 05.03.1994, g110/93

VfGH vom 05.03.1994, g110/93

Sammlungsnummer

13704

Leitsatz

Aufhebung der Bestimmungen des UWG über unzulässige Mengenbeschränkungen wegen Verstoß gegen die Erwerbsausübungsfreiheit; Unverhältnismäßigkeit des umfassenden Verbotes der Werbung mit beschränkten Abgabemengen infolge Einbeziehung der Wiederverkäufer in das Verbot;

Unverhältnismäßigkeit des Verbotes der mengenmäßig beschränkten Abgabe von besonders günstig angebotenen Waren mangels Differenzierung zwischen echten Sonderangeboten und Lockvogelangeboten bzw großen und kleineren Unternehmungen

Spruch

I. Die zu G67/93 und G131/93 gestellten Anträge auf Aufhebung der Z 2 und

die zu G82/93 und G244/93 gestellten Anträge auf Aufhebung der Z 1

des § 9b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG, BGBl. Nr. 448/1984, idF des ArtI Z 1 des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, BGBl. Nr. 147/1992, werden zurückgewiesen.

II. 1. § 9b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG, BGBl. Nr. 448/1984, idF des ArtI Z 1 des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, BGBl. Nr. 147/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

4. Die aufgehobene Bestimmung ist in den beim Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 96/93 anhängigen Rechtssachen nicht mehr anzuwenden.

5. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

III. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Oberste Gerichtshof, das Oberlandesgericht Linz und das Oberlandesgericht Innsbruck beantragen anläßlich bei ihnen anhängiger Revisionsrekurs- bzw. Rekurs- bzw. Berufungsverfahren die Aufhebung des § 9b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 - UWG, BGBl. 448/1984, idF des ArtI Z 1 des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, BGBl. 147/1992 (im folgenden: UWG), weil gegen diese Bestimmung verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die gemäß Art 6 StGG gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit bestünden.

1.2. Den Anträgen liegen - auf das Wesentliche zusammengefaßt - folgende Sachverhalte zugrunde:

1.2.1. Die jeweils beklagten GesmbH hatten in Tageszeitungen CDs, teils auch Videokassetten bzw. Elektrogeräte zu sehr günstigen Preisen angeboten, die erheblich unter den Einstandspreisen, noch wesentlicher unter den üblichen Preisen des mittelständischen Handels lagen. Weiters wurde angekündigt, daß die Abgabe auf 30 Stück CDs bzw. 10 Stück Videos pro Stunde beschränkt sei (4 Ob 117/92; G67/93), daß für Einzelstücke ein bestimmter Preis, für jedes weitere Stück ein bestimmter Mehrbetrag verlangt und das Angebot gestellt werde, solange der Vorrat reiche, längstens jedoch bis zu einem bestimmten Tag (4 Ob 4/93; G89/93), daß ab einer gewissen Stückzahl jedes Stück um einen bestimmten Prozentsatz (gestaffelt von 40 % und mehr) mehr koste (4 Ob 102/92; G90/93), daß drei Stück CDs pro Titel 80 % mehr kosteten (OLG Linz 4 R 165/92 und 4 R 248/92 sowie 1 R 190/92; G110/93 sowie G138/93), daß pro Stunde 10 (Elektro)Geräte abgegeben würden bzw. daß der Preis je Artikel ab zwei Stück 25 % mehr betrage (OLG Linz 1 R 190/92; G138/93).

Die zu G131/93 (4 Ob 66/93) beklagte Unternehmung vertreibt an verschiedenen Standorten Elektrogeräte. Sie verteilte zu Werbezwecken Flugblätter mit der Ankündigung von Sonderangeboten, auf denen sich in Kleinstdruck der Hinweis "Angebot nur in handelsüblichen Mengen und solange der Vorrat reicht" befand.

Ein Teil der beklagten Gesellschaften hatte die Abgabe einer größeren Anzahl der angebotenen CDs gänzlich verweigert bzw. an die Bedingung geknüpft, daß die Originalverpackung entfernt und die CDs mit ihrer Firmenstampiglie versehen werden, bzw. daß der Käufer eine eidesstattliche Erklärung unterfertige, nicht zum Wiederverkauf zu erwerben (4 Ob 123/92 und 4 Ob 30/93; G81/93 und G82/93).

Eine beklagte Gesellschaft hatte sich geweigert, ihren gesamten Bestand an im Sommerschlußverkauf 1992 angebotenen Spielcomputern einer bestimmten Marke (96 Stück) einem einzigen Kunden zu verkaufen, sondern hatte lediglich fünf Stück an ihn abgegeben (OLG Innsbruck 2 R 230/93; G244/93).

1.2.2. Mit der Behauptung, durch die geschilderte Verhaltensweise werde gegen § 9b Z 1 und/oder Z 2 UWG verstoßen, sind dagegen jeweils Klagen auf Unterlassung bzw. Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen eingebracht worden, die nunmehr vor dem OGH bzw. vor den OLG Linz und Innsbruck anhängig sind.

1.3.1. § 9b UWG idF des ArtI Z 1 des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, BGBl. 147/1992, hat folgenden Wortlaut:

"Unzulässige Mengenbeschränkungen

§ 9 b. Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind,


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1.
die Abgabe von Waren je Käufer mengenmäßig beschränkt oder
2.
den Anschein eines besonders günstigen Angebots durch Preisangaben oder sonstige Angaben über Waren hervorruft, tatsächlich aber deren Abgabe je Käufer mengenmäßig beschränkt,
kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden."

1.3.2. Zu dieser Bestimmung wird in den Erläuterungen (RV 338 BlgNR 18.GP 7 f.) ausgeführt:

"Der neue § 9 b UWG ist dem § 6 d des dUWG nachgebildet. Er richtet sich gegen zwei Arten der Lockvogelwerbung und soll die Werbung mit Sonderangeboten eindämmen. Während Werbung mit mengenmäßig beschränkten Abgabemengen schlechthin unzulässig ist (Z1), ist Werbung, die den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorruft, nur dann unzulässig, wenn die Abgabemenge tatsächlich beschränkt ist (Z2). Die Z 1 statuiert somit ein unbedingtes, die Z 2 hingegen ein bedingtes Werbeverbot.

Hervorzuheben ist, daß der krasseste Fall einer mengenmäßigen Beschränkung im Sinne der Z 1 und 2 darin besteht, daß einzelne Käufer oder Käufergruppen (zB Wiederverkäufer) überhaupt vom Kauf ausgeschlossen werden. Als Käufer im Sinne dieser Bestimmung kommen sowohl Unternehmer als auch Verbraucher in Frage.

Die Werbung mit Beschränkung der Abgabemengen von bestimmten Waren kann einen starken Anlockeffekt ausüben, der nicht nur den Absatz von mengenmäßig beschränkten, zu Tiefstpreisen angebotenen Waren, sondern auch den Absatz anderer, möglicherweise zu überhöhten Preisen angebotener Waren fördert. Es soll auch der mit einer solchen Werbung typischerweise verbundenen Irreführungsgefahr des Käufers begegnet werden. Verboten sind nach Z 1 demnach Angebote wie 'Abgabe nur in Haushaltsmengen' oder 'Nur ein Stück pro Person'. Weiterhin zulässig sind Angaben über den vorhandenen Warenbestand, um eine Irreführung der Käufer über die tatsächliche Vorratsmenge auszuschließen.

Der Tatbestand der Z 2 dient vor allem den Interessen des klein- und mittelständischen Handels, indem die Attraktivität von Verkäufen unter dem Einstandspreis vermindert wird. Die Bestimmung gibt nämlich jedem Mitbewerber die Möglichkeit, besonders günstig erscheinende Waren entweder ohne Mengenbeschränkung zu Zwecken des Wiederverkaufs zu erwerben oder aber im Fall einer Beschränkung der Abgabemenge oder eines Ausschlusses vom Verkauf den betreffenden Unternehmer auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Der Anschein eines besonders günstigen Angebots kann etwa dadurch hervorgerufen werden, daß der in der Werbung ausgewiesene im Verhältnis zum erfahrungsgemäß verlangten Preis für eine Ware besonders niedrig erscheint; weiters durch Angaben wie 'Sonderangebot', 'spottbillig', 'konkurrenzlos' usw., aber auch, wenn sonstige Angaben über die Ware im Vergleich zum übrigen Werbeinhalt besonders herausgestellt sind, sei es durch Unterstreichung, Färbung, Fettdruck, Druckunterschiede, Druckgröße, Absetzen vom übrigen Text usw."

2.1. Der Oberste Gerichtshof und das Oberlandesgericht Linz legen ihre verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt dar:

"Nach den Materialien (RV 338 BlgNR 18.GP 7) wurde diese Bestimmung dem § 6d dUWG nachgebildet. ...

Die Regelungsziele des aufgehobenen § 3a NVG und des § 9b UWG stimmen - weitgehend - überein. Da der Verfassungsgerichtshof die vom Gesetzgeber mit der Schaffung des § 3a NVG angestrebten Ziele als im öffentlichen Interesse liegend angesehen hat, wird dies auch für die Nachfolgebestimmung zutreffen. Das Werbeverbot des § 9b Z 1 UWG erscheint geeignet, die starke Lockwirkung, die von der Ankündigung einer mengenmäßigen Beschränkung der Warenabgabe in typischen Fällen ausgeht, einzudämmen; das gilt aber nur für die mengenmäßige Beschränkung der Abgabe an Letztverbraucher und nicht auch für den Hinweis, daß die Ware nicht an Wiederverkäufer abgegeben wird, weil dadurch bei den Letztverbrauchern nicht der Eindruck erweckt wird, sie könnten sich mit der angebotenen Ware nicht in einem Ausmaß eindecken, das bei Letztverbrauchern - je nach der Art der angebotenen Ware - üblich ist. Die Möglichkeit eines Erwerbes zur Vorratshaltung nach Art eines Wiederverkäufers erwartet der Letztverbraucher nicht (BGH NJW 1990, 1179; NJW 1991, 2636; siehe dazu auch Dellinger aaO 363 und Koppensteiner aaO 76). Auch das Bestreben des Gesetzes, im Interesse des klein- und mittelständischen Handels die Attraktivität von Verkäufen unter dem Einstandspreis zu vermindern, wird als im öffentlichen Interesse liegend anzuerkennen sein.

Über die Tauglichkeit des Gesetzes, dieses Ziel überhaupt zu erreichen, lassen sich hingegen keine eindeutigen Aussagen treffen. Hanreich (aaO 38) meint, daß die Erfahrung der nächsten Jahre zeigen werde, ob die Norm den in der RV bezeichneten Zweck erreichen werde. Sicher sei aber schon jetzt, daß die Taktik des 'Leerkaufens' des Konkurrenten durch diese Vorschrift zu Recht (!) nicht erreicht werden könne, weil diese Praxis in vielen Fällen selbst sittenwidrig wäre; da § 9b UWG zu Recht keinen Kontrahierungszwang begründe, bleibe die Möglichkeit des günstigen Einkaufs bei nicht aufmerksamen Konkurrenten und der Unterlassungs- und Schadenersatzklage gegen denjenigen, der gegen § 9b UWG verstößt. Liebscher (aaO 783) meint, daß die Norm entgegen ihrem Zweck, den 'Kleinen' vor dem 'Großen' zu schützen, nicht auf die Betriebsgröße abstelle (vgl. zum ähnlichen Problem des § 3a NVG Koppensteiner aaO 74 f). Auf Grund seiner finanziellen Mittel werde es dem großen Handelsbetrieb in der Regel ein leichtes sein, den Einzelhändler, der entsprechende Sonderangebote durchführt, leerzukaufen, während dies dem Einzelhändler wohl nur sehr selten möglich sein werde. Der Großbetrieb könne mit einer dauernden Tiefpreisstrategie Marktanteile gewinnen, der Einzelhändler sei dagegen viel stärker darauf angewiesen, mit Einzelaktionen Werbeeffekte zu erzielen. Diese Ansicht wurde auch schon in der BRD vertreten: Lehmann (aaO 205) weist darauf hin, daß die vom Gesetzgeber erhofften strukturpolitischen Effekte fraglich erschienen, denn die Großen im Handel auf Grund ihres allgemeinen Dauertiefpreis-Images in der Lage seien, künftig noch einfacher den Kunden auf sich zu ziehen, wenn die Kleinen nicht einmal mehr mit punktuellen Sonderangeboten dieses Handelsimage zu erschüttern versuchen könnten. Auch Witt (Das Einzelhandelsmarkting im Spannungsfeld zwischen § 3 UWG und § 6d UWG, WRP 1987, 588) meldet Zweifel an der Effektivität des § 6d dUWG an; das Ergebnis seiner Untersuchungen gebe zu Bedenken Anlaß, ob § 6d dUWG nicht zum Teil ins Leere gegangen sei oder sogar 'Negativeffekte' ausgelöst habe.

Selbst wenn aber das Gesetz zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet wäre, erreicht es dieses nicht mit adäquaten Mitteln, so daß die damit verbundene Einschränkung der Freiheit der unternehmerischen Disposition jedenfalls unverhältnismäßig ist. § 9b UWG bezweckt primär eine Einschränkung der 'Lockvogelwerbung'; er trifft aber durch seine weite Fassung auch die Werbung für 'echte' Sonderangebote und erstreckt damit das zur Bekämpfung der Angebote unter dem Einstandspreis eingesetzte Mittel, nämlich jedem Mitbewerber die Möglichkeit des Leerkaufens zu geben, auch auf die Werbung für 'echte' Sonderangebote. Solche Angebote zielen in erster Linie auf eine Beschleunigung des Absatzes der so angebotenen Ware ab, während 'Lockvogelangebote' - wobei es zwischen den beiden Angebotsformen selbstverständlich fließende Übergänge gibt - in erster Linie eine 'Köderfunktion' haben; sie zielen vor allem auf den beschleunigten Absatz regulärer Ware ab, während der Absatz der 'Lockvogelware' möglichst klein gehalten werden soll. Durch die 'Lockvogelangebote' soll der Kunde 'in das Geschäft des Anbieters gelockt werden, um in erster Linie unter Ausnützung des sogenannten Verbundeffektes reguläre Ware zu normalen oder gar zu überhöhten Preisen zu kaufen'. Dabei werden die Ausfälle beim Verkauf der 'Lockvogelware' durch eine Mischkalkulation gedeckt (Sack, Der rechtspolitische Zweck der §§6d, e UWG, WRP 1989, 693).

Befürworter des Verbotes der Mengenbeschränkung weisen darauf hin, daß der Unternehmer durch § 9b UWG in seiner Preiskalkulation frei bleibe. Nur wenn er ein gezieltes Lockvogelangebot macht und daher den Preis seiner Ware zu nieder ansetzt, laufe er Gefahr, die Ware auch an Konkurrenten abgeben zu müssen; wolle er dagegen tatsächlich besonders preiswert und schnell verkaufen, dann werde er die Abgabemenge ohnehin nicht beschränken. § 9b UWG erschwere demnach in Wahrheit nur das wirtschaftspolitisch unerwünschte Lockangebot, bei welchem der Werbende die Ware entgegen seiner Ankündigung möglichst lange behalten wolle. Bei einer entsprechenden Preiskalkulation werde ein Leerkaufen durch einen Mitbewerber, der sich mit der billigen Ware eindecken will, in aller Regel unterbleiben (vgl dazu Dellinger aaO 365; Leisse aaO 255; Sack, NJW 1989, 2362; Prunbauer aaO 200).

Diese Erwägung trifft jedoch durchaus nicht in allen von § 9b UWG erfaßten Fällen zu. § 9b UWG - der durch seine Fassung wesentlich weiter greift als sein deutsches Vorbild, das auf die Abgabe einzelner aus dem gesamten Angebot hervorgehobener Waren beschränkt ist (siehe dazu Schuhmacher aaO 117) - richtet sich nicht nur gegen blickfangartig herausgestellte Lockangebote, sondern gegen herausgehobene Billigangebote (Sonderangebote) schlechthin.

Das Interesse eines Mitbewerbers, seinen Konkurrenten leerzukaufen, kann auch bei 'echten' Sonderangeboten, die ohne Verlust kalkuliert worden sind, auftreten, also etwa dann, wenn der Werbende irgendeinen Sonderposten besonders günstig erwerben konnte oder von einer Ware sehr viel angeschafft hat. Der für solche 'echte' Sonderangebote Werbende hat ein berechtigtes Interesse daran, seine Werbeankündigung gegenüber allen zu erwartenden Interessenten erfüllen zu können; schon deshalb soll er nicht gezwungen sein, seinen Vorrat einem einzelnen Wiederverkäufer herausgeben zu müssen und damit seine Kunden zu enttäuschen, zu verärgern und zu verunsichern (Dellinger aaO 365). Auch wenn sich der für Sonderangebote Werbende gegen den Vorwurf, das Publikum über die Warenvorräte in Irrtum geführt zu haben (§2 UWG) im Fall eines unerwarteten 'Leerkaufens' wahrscheinlich (s aber unten) schützen kann (vgl zu diesem Problem Nacken aaO 603; Alt, Beschränkung der Abgabemenge gegenüber Wiederverkäufern - Ein Verstoß gegen § 6 d I Nr. 2 UWG? NJW 1988, 3189 (3191); Lehmann aaO 205; Traub aaO 710 ff), hat er doch ein legitimes Interesse daran, die Waren für seine Detailkunden zur Verfügung zu haben und damit das in der Werbung gegebene Versprechen zu erfüllen, könnte er doch sonst Kunden wegen des Anscheins unseriöser Werbung verlieren.

Große Unternehmer mit vielen Filialen haben ein Interesse daran, daß die als Sonderangebot angekündigten Waren in jeder Filiale vorhanden sind und sie nicht durch Leerkäufe in einzelnen Filialen zu außergewöhnlichen Nachlieferungen gezwungen werden, um das Werbeversprechen überall gleichmäßig erfüllen zu können. Bei zeitlich beschränkten Sonderangeboten, wie sie im Handel durchaus üblich sind, um auf Artikel des einen oder anderen Erzeugers besonders aufmerksam zu machen, müßten es sich die Werbenden sonst gefallen lassen, unter Umständen den gesamten Warenvorrat herauszugeben, mag dieser zum Teil auch schon für den regulären Verkauf nach Beendigung des Sonderangebotes bestimmt sein. Ein legitimes Interesse am Aufkaufen solcher Sonderangebote kann insbesondere bei einer Änderung der Marktsituation sowie bei gelegentlichen Versorgungsengpässen bestehen.

Das gegen Verkäufe unter dem Einstandspreis gerichtete Unwerturteil des Gesetzes trifft somit auch 'echte' Sonderangebote, auf die manche Branchen, wie etwa der Lebensmittelhandel, schon deshalb angewiesen sind, weil alle Konkurrenten im wesentlichen die gleichen Waren anbieten (Dellinger aaO 366; Seisler, WRP 1987, 597). Dabei sind gerade die kleineren Einzelhändler viel stärker darauf angewiesen, mit Einzelaktionen Werbeeffekte zu erzielen, während Großbetriebe häufig auch mit einer dauernden Tiefpreisstrategie Marktanteile gewinnen können (Liebscher aaO 783; Lehmann aaO 205).

Überschießend ist aber auch das per se-Verbot des § 9b Z 1 UWG, welches nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auch das Verbot der Ankündigung einer Abgabebeschränkung an Wiederverkäufer erfaßt; eine solche Beschränkung ist aber unter Bedachtnahme auf die durch die Werbung bei den Verbrauchern geweckten Erwartungen über die Lieferbereitschaft des Werbenden gerade nicht irreführend (Dellinger aaO 366). Das Verbot, die Beschränkung der Abgabe von Waren an Wiederverkäufer anzukündigen, sowie der faktische Kontrahierungszwang beeinträchtigen die unternehmerische Handlungsfreiheit noch stärker als das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis (Koppensteiner aaO 76).

Auch das Spannungsverhältnis zwischen § 9b UWG und dem Verbot der Irreführung über die Vorräte (§2 UWG) ist problematisch. Nach der bisherigen Rsp haftet der Werbende nicht wegen Irreführung über die Vorräte, wenn er sich mit einer der zu erwartenden Nachfrage entsprechenden Warenmenge eingedeckt hat, auch wenn sie dann doch schneller als zunächst angenommen ausverkauft war. Den Beklagten trifft aber die Beweislast dafür, daß der angeschaffte Vorrat ausreichend bzw die Lieferung gesichert war, dann aber unvorhergesehene Lieferschwierigkeiten aufgetreten sind (vgl ÖBl 1979, 129 - Teppichland Linz, ÖBl 1980, 126 - Herrenschuhe; ÖBl 1992, 39 - Blaupunkt Bremen).

Es wäre nun durchaus denkbar, daß die Rsp vom Werbenden in Zukunft auch verlangen könnte, bei der Kalkulation der zu erwartenden Nachfrage auch wahrscheinliche Kaufwünsche von Wiederverkäufern zu berücksichtigen; vor allem kleinere Unternehmen würden dann in eine ausweglose Situation kommen. Einen überproportionalen Vorrat anzuschaffen, wird ihnen meist nicht möglich sein. Entsprechen sie dann dem 'Leerkaufangebot' eines Wiederverkäufers, der sich kurz nach der Werbeankündigung einfindet, nicht, dann droht ihnen eine Verurteilung nach § 9b UWG; geben sie aber die gesamte Ware ab, dann besteht das Risiko einer Verurteilung nach § 2 UWG. Selbst die Bekanntgabe der von den angepriesenen Waren jeweils vorhandenen Stückzahl schließt eine Irreführung nicht aus, wenn ein großer Vorrat schon kurz nach dem Beginn des 'Sonderangebots' infolge 'Leerkaufens' durch einen Wiederverkäufer ausverkauft ist.

In der BRD hat der Bundesgerichtshof den in der Lehre vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 6d dUWG durch den Versuch einer engen, verfassungskonformen Interpretation entsprochen. Seisler (WRB 1987, 596 f) verweist darauf, daß Art 2 I GG die allgemeine Handlungsfreiheit auch auf wirtschaftlichem Gebiet schütze. Hierher gehörten vor allem die Vertragsfreiheit, aber auch die Freiheit, sich seinen Vertragspartner selbst auszusuchen. Der (faktische) Kontrahierungszwang, der diese Freiheit einschränkt, sei nach dem Sinngehalt des Art 2 I GG nur so weit zulässig, als die Ausübung der Abschlußfreiheit gegen die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen würde. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6d I Nr. 2 dUWG lasse aber eine Beschränkung der Abgabemenge im konkreten Einzelfall dann zu, wenn der Werbende nicht den Eindruck erweckt hat, er wolle unbeschränkte Mengen verkaufen, und die Beschränkung im konkreten Fall deshalb erfolgt, um die Fähigkeit des Werbenden, die Kaufwünsche der Endverbraucher zu erfüllen, zu erhalten (aA Leisse, GRUR 1989, 251 (255)).

...

Die stark einschränkende Auslegung, die der BGH dem Verbot der Mengenbeschränkung nach § 6d I Nr. 2 dUWG gegeben und dieses damit im wesentlichen auf ein Verbot der Irreführung über die Lieferbereitschaft reduziert hat, kommt aber für § 9b UWG kaum in Betracht (aM Dellinger aaO 365 f), geht doch aus den Materialien zu § 9b UWG deutlich hervor, daß die Gesetzesverfasser auch im Ausschluß einzelner Käufergruppen (zB Wiederverkäufer) eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne der Z 1 und 2 sehen und die Z 2 nach ihrem Willen des Gesetzgebers jedem Mitbewerber die Möglichkeit geben soll, besonders günstig erscheinende Waren entweder ohne Mengenbeschränkung zu Zwecken des Wiederverkaufes zu erwerben oder aber das betreffende Unternehmen im Fall einer Beschränkung der Abgabemenge auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Diese Absicht der Gesetzesverfasser scheint mit der Entstehungsgeschichte der Norm (Karsch aaO 21) im Einklang zu stehen; auch aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich nichts Abweichendes. Es ist daher anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit Hilfe eines faktischen Kontrahierungszwanges gegen Billigangebote schlechthin vorgehen und das Verbot von Mengenbeschränkungen als (möglichst gleichwertigen) Ersatz für das verfassungswidrige Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis einführen wollte. Eine verfassungskonforme Interpretation des § 9b UWG als bloßes Verbot der Irreführung über die Lieferbereitschaft dürfte daher nicht möglich sein, doch kann der Oberste Gerichtshof darüber erst entscheiden, wenn der Verfassungsgerichtshof über den vorliegenden Anfechtungsantrag erkannt hat. Da die Regelung auch die unternehmerische Bewegungsfreiheit im Kern und sogar wesentlich stärker berührt als ihr deutsches Vorbild (Dellinger aaO 366; Liebscher aaO 784; Schuhmacher aaO 118), bestehen gegen § 9b UWG Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit.

Den Anlaßfällen der Anfechtungsanträge (4 Ob 117/92, 4 Ob 123/92) liegen Sachverhalte zugrunde, die auf massive Praktiken der 'Lockvogelwerbung' schließen lassen. Diese Fälle liegen daher mit größter Wahrscheinlichkeit im Kernbereich der angefochtenen Norm und würden von ihr auch dann getroffen, wenn der Gesetzgeber eine adäquate (nicht überschießende) Regelung erlassen hätte. Ob aber die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes im Anlaßfall zum Tragen kommt, ist ohne Belang (Walter-Mayer, Verfassungsrecht6, 377; VfSlg 9.755; G269/86 ua)."

2.2. Das Oberlandesgericht Innsbruck trägt im Ergebnis gleichartige Bedenken vor.

3. Die Bundesregierung verweist in ihrer Äußerung darauf, daß der Wortlaut des § 9b Z 1 UWG nicht auf eine Irreführung der Konsumenten abstelle, aus der systematischen Einordnung des § 9b unter die typisierten Irreführungstatbestände sei aber zu schließen, daß auch diese Bestimmung auf die Bekämpfung der Irreführung im Wettbewerb abziele, wozu sie auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage hinweist. Wenn nun auch der Werbehinweis auf beschränkte Abgabemengen dann an sich nicht irreführend sei, wenn die Abgabemenge beschränkt bzw. die Abgabe an Wiederverkäufer ausgeschlossen werde, bestehe doch die Irreführungsgefahr darin, daß der Käufer von einem konkreten Angebot auf die Preiswürdigkeit des Gesamtsortiments oder des Gesamteinkaufes schließe. Mengenmäßige Abgabebeschränkungen würden in der Werbung für ein Produkt aber nur dann genannt, wenn es sich um Lockvogelangebote handle, also um Angebote zu besonders günstigen Preisen (meist unter oder nur geringfügig über dem Einstandspreis), die den Kunden, der von der Preiswürdigkeit des Sonderangebotes auf die Günstigkeit des Gesamtsortiments schließt, letztlich dazu verleiten sollten, nicht nur das günstige "Köderangebot", sondern auch Waren aus dem regulären Angebot zu marktüblichen oder überhöhten Preisen zu kaufen. Im Unterschied dazu zielten echte Sonderangebote darauf ab, den Absatz der Ware zu beschleunigen, weshalb in diesen Fällen eine mengenmäßige Beschränkung diesem Ziel abträglich wäre.

§ 9b UWG, der sich zwar grundsätzlich an § 6d des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (dUWG) anlehne, enthalte gegenüber dieser Bestimmung dennoch einige Abweichungen:

§ 9b UWG schränke das Werbeverbot nicht auf den "geschäftlichen Verkehr mit dem letzten Verbraucher" ein und differenziere auch nicht zwischen einer mengenmäßigen Beschränkung je Kunde und dem Ausschluß von Wiederverkäufern. Schließlich werde nicht nur die werbemäßige Beschränkung "einzelner aus dem Angebot hervorgehobener Waren", sondern generell die Ankündigung mengenmäßiger Beschränkungen je Käufer untersagt.

Diese Unterscheidung ergebe sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung und werde in den Erläuterungen bestätigt. In den Erläuterungen werde der Ausschluß von Käufern oder Käufergruppen (Wiederverkäufern) als der krasseste Fall einer mengenmäßigen Beschränkung angesprochen und unmißverständlich festgestellt, daß Verbraucher wie Unternehmer als Käufer im Sinne des Gesetzes anzusehen seien. Daß der Begriff "Käufer" sowohl Konsumenten als auch Unternehmer - und damit auch Wiederverkäufer - umfasse, folge überdies auch daraus, daß in § 9a UWG ausdrücklich zwischen Verbrauchern und Unternehmen unterschieden werde; da diese Unterscheidung in § 9b UWG nicht getroffen werde, sei davon auszugehen, daß sich die Bezeichnung "Käufer" auf beide Gruppen beziehe.

Die Erläuterungen präzisierten das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen je Käufer schließlich dahingehend, daß Angaben über den tatsächlichen Warenbestand vom Verbot unberührt blieben.

Unter Hinweis auf § 2 UWG wird ferner vorgebracht, daß weder vom Wortlaut der angefochtenen Bestimmung her noch aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage auf das Vorliegen eines faktischen Kontrahierungszwanges zu schließen sei. Der Anbieter, der sich gesetzeskonform verhalte, dh. beim blickfangmäßigen Herausstellen von Billigangeboten von Mengenbeschränkungen absehe, sei in der Wahl seiner Vertragspartner völlig frei, er bleibe aber auch dann frei, wenn er nach der von § 9b Z 2 UWG verpönten Praktik handle, riskiere dann jedoch eine Unterlassungsklage. Selbst durch die erfolgreiche Geltendmachung der Klage werde er nicht dazu gezwungen, mit dem potentiellen Käufer zu kontrahieren, sondern lediglich dazu verhalten, seine Werbung entsprechend zu ändern. Die Bereitschaft, sich leerkaufen zu lassen, komme ökonomisch betrachtet nur in Frage, wenn der Billigpreis unter dem Einstandspreis von Wiederverkäufern liege oder gleich hoch sei. Der Unternehmer bleibe dabei in seiner Preiskalkulation frei und werde je nach seiner Preisgestaltung auf unterschiedliche Nachfrage entsprechend den marktwirtschaftlichen Regeln stoßen. Sei der Preis zu hoch kalkuliert, werde er keine Abnehmer finden; sei er zu niedrig angesetzt, laufe er Gefahr, damit auch Konkurrenten anzuziehen. Handle es sich tatsächlich um ein echtes Sonderangebot, werde es dem Verkäufer gleichgültig sein, an wen und in welcher Menge er die Ware abgebe. Entscheidend sei für ihn letztlich, daß er die Ware überhaupt verkaufe. Ganz im Gegensatz dazu strebe der Verkäufer bei Lockvogelangeboten einen möglichst kleinen Absatz der angepriesenen Ware an, damit in Folge des "Verbundeffektes" (Bequemlichkeit, Zeitersparnis udgl.) der Umsatz an normalpreisiger Ware steige. Wiederverkäufer würden als Kaufinteressenten nur dann in Frage kommen, wenn die Einstandspreise unterschritten würden. Die Regelung ziele darauf ab, den freien Marktmechanismen zum Durchbruch zu verhelfen. Nur wer mit Tiefstpreisen werbe, setze sich der Gefahr eines Leerkaufangebotes durch Konkurrenten aus. Wenn er dem Angebot entspreche, um den Unterlassungsanspruch abzuwenden, sei dies eine Konsequenz, die aus einem vom Gesetzgeber nicht gewünschten Verhalten (Werben mit Lockvogelangeboten) resultiere.

Die Regelungsziele der bekämpften Bestimmung stimmten weitgehend mit jenen des mit Erkenntnis VfSlg. 12379/1990 aufgehobenen § 3a NahversorgungsG überein; diese Ziele, nämlich die Stärkung des Verbraucherschutzes durch Unterbindung unlauteren Wettbewerbs in Form von Lockvogelangeboten zum einen und der Schutz klein- und mittelständischen Handels andererseits, seien als im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gelegen erachtet worden.

Zur Frage der Eignung des § 9b UWG, die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele zu verwirklichen, würden in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten; die Bundesregierung schließe sich der Ansicht an, daß gerade der Hinweis, Wiederverkäufer von der Abgabe von Waren auszuschließen, verstärkte Werbewirksamkeit entfalte, denn der Letztkäufer müsse dadurch den Eindruck gewinnen, daß der Anbieter billiger sei als die Lieferanten des Wiederverkäufers und daß daher das Angebot vor dem Zugriff durch Wiederverkäufer geschützt werden müsse. Der Verkauf unter dem Einstandspreis schließlich werde durch die Gefahr, gegebenenfalls auch mit Leerkaufangeboten rechnen zu müssen, eingedämmt und die den kleineren und mittleren Unternehmen schadende Lockvogelstrategie durchkreuzt.

Weiters heißt es zur Adäquanz der bekämpften Regelung in der Äußerung der Bundesregierung:

"Zur Adäquanz des § 9b Z 1 UWG:

Gegen § 9b Z 1 UWG wird vorgebracht, daß die durch das absolute Werbeverbot bewirkte Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit unverhältnismäßig sei, da das Verbot unabhängig davon gelte, ob tatsächlich Irreführungsgefahr bestehe.

Das Verbot, mengenmäßige Beschränkungen je Käufer werbemäßig anzukündigen, besteht - wie schon ausgeführt - generell für sämtliche Ankündigungen und ohne Differenzierung zwischen Letztverbrauchern und Wiederverkäufern. Das Werbeverbot stellt eine Beschränkung der Berufsausübung dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen derartige Verbote bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein ().

Nach Auffassung der Bundesregierung trifft dies zu:

Die Ankündigung einer mengenmäßigen Beschränkung ist das klassische Instrument einer Lockvogelstrategie. Die Absicht des Unternehmers besteht darin, den Kunden anzulocken, um den Absatz regulärer Ware zu fördern und mit den Gewinnen daraus die Verluste aus den Lockvogelverkäufen zu kompensieren. Der Anlockeffekt wird aber nicht nur dadurch erreicht, daß die Abgabemenge je Letztverbraucher beschränkt wird, sondern auch durch den Hinweis auf eine Abgabeschränkung gegenüber Wiederverkäufern bzw. einen gänzlichen Ausschluß des käuflichen Erwerbs durch diese Gruppe, da gerade dieser Hinweis die Attraktivität des Angebotes in den Augen der Konsumenten noch zusätzlich steigern muß (...).

Der Hinweis auf eine mengenmäßige Beschränkung an sich ist meist nicht irreführend. Wird aber eine Irreführung dadurch bewirkt, daß die Werbung zwar eine Abgabebeschränkung enthält und somit den Eindruck besonderer Preisgünstigkeit hervorruft, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist, weil die angebotene Ware tatsächlich zu einem marktüblichen Preis verkauft wird, so wäre dieser Tatbestand der Irreführung unter § 2 UWG zu subsumieren.

Die durch Ankündigung von Abgabebeschränkungen bewirkte Irreführungsgefahr kann daraus entstehen, daß der Kunde aufgrund des durch die Beschränkung vermittelten Sonderangebotscharakters in das Geschäft des Unternehmers gelockt wird und dort infolge des 'Verbundeffektes' auch reguläre Ware kauft und dabei Gefahr läuft, über die Preisgünstigkeit des Gesamteinkaufes getäuscht zu werden. Eine Irreführungsgefahr besteht auch darin, daß der Käufer von der Preisgünstigkeit des einzelnen Angebotes auf die Preisgünstigkeit des Gesamtsortiments schließt.

Demgegenüber bezwecken echte Sonderangebote den beschleunigten Absatz der Ware. Der Verkäufer hat in diesem Fall kein Interesse, die Abgabe zu beschränken. Bedenkt man, daß das ureigenste Anliegen des Verkäufers das Verkaufen ist, damit aus dem Absatz der Ware der Umsatz und der Gewinn des Unternehmens vergrößert werden, so scheint für das Werben mit mengenmäßigen Beschränkungen kein anderer Grund ersichtlich, als der, daß sich der Verkäufer damit der für den Konsumenten nachteiligen Lockvogelstrategie bedienen möchte. Das Verbot, mengenmäßige Beschränkungen anzukündigen, erscheint daher im Hinblick auf das öffentliche Interesse, die wirtschaftspolitisch unerwünschten Auswirkungen von Lockvogelangeboten hintanzuhalten, auch sachlich gerechtfertigt. Es wird dem Verkäufer nämlich nicht verwehrt, Angaben über die tatsächlich vorhandene Warenmenge zu machen, um einer Irreführungsgefahr über die tatsächlich vorhandene Warenmenge vorzubeugen. Das Werbeverbot ist auch nicht überschießend, da es lediglich die Form der Werbung untersagt, derer sich Unternehmer bei einer Lockvogelstrategie üblicherweise bedienen.

Zur Adäquanz des § 9b Z 2 UWG:

Zum Argument, § 9b Z 2 UWG beinhalte eine unverhältnismäßige Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit, da sich das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen nicht nur auf Untereinstandspreisverkäufe beziehe, sondern auch auf reguläre Sonderangebote erstrecke, ist folgendes zu bemerken:

Eine Unterscheidung zwischen echten Sonderangeboten ohne Köderfunktion und solchen mit Anlockeffekt ist in der Praxis kaum möglich. Nach Auffassung der Bundesregierung hat der Gesetzgeber zurecht auf eine Differenzierung verzichtet und statt dessen eine Regelung getroffen, die zu einer Selbstregulierung des Marktes führt, denn der Unternehmer bleibt in seiner Preiskalkulation völlig frei. Gerade die Beschränkungen, die den Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung des § 3a NVG bewogen haben, nämlich, daß das Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis den Unternehmer in seiner Preiskalkulation zu weitgehend behindere, insbesondere durch die mangelnde Rücksichtnahme auf den Wunsch, Liquiditätsschwierigkeiten zu beheben oder unternehmerische Fehldispositionen zu korrigieren, wurden durch § 9b Z 2 UWG vermieden. Die Möglichkeit einer Umsatzbeschleunigung durch Tiefpreise bleibt gewahrt. Es ist auch zu erwarten, daß der Spielraum der Preisgestaltung für kleinere und mittlere Unternehmen voll erhalten bleiben wird, da bei diesen Betriebsgrößen der Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis mangels ausreichender Finanzkraft kaum in Betracht kommt. In der Bundesrepublik Deutschland wurde statistisch nachgewiesen, daß Sonderangebote in Form von Lockvogelangeboten vor allem von Großbetrieben gemacht werden (Sack, WRP 1989, 697, mit weiteren Nachweisen). Kleinere Unternehmer sind dazu nicht nur wegen eines weit geringeren Werbebudgets nicht in der Lage, sondern auch deshalb, weil sie wegen ihrer weniger umfangreichen Warenpalette weder Mischkalkulation betreiben, noch auf den Verbundeffekt und damit auf den zusätzlichen Verkauf von normal berechneten Waren rechnen können und daher kaum in der Lage sind, Verluste aus Lockvogelangeboten zu kompensieren. Auch fällt es Großhandelsbetrieben leichter, Lockvogelangebote zu finanzieren, da sie von ihren Lieferanten eher Sonderkonditionen erlangen können als mittelständische Unternehmen, denen die dafür nötige Nachfragemacht fehlt (Prunbauer, Recht der Wirtschaft 1992, 200f).

Das Risiko des Verkäufers, sich mit einem Leerkaufangebot konfrontiert zu sehen, dürfte in der Praxis aber nur dann eintreten, wenn der Einstandspreis unterschritten wird, andernfalls würde der ökonomische Anreiz dazu fehlen. Es zeigt sich daher, daß der Einwand, § 9b Z 2 UWG sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil er nicht auf die Betriebsgröße abstelle und infolgedessen der große Handelsbetrieb die Sonderangebote des Kleinhändlers mühelos leerkaufen könne, während der umgekehrte Fall selten möglich wäre, nicht zutrifft. Aus der Durchschnittsbetrachtung folgt, daß überwiegend nur Großunternehmer mit Lockvogelstrategie vorgehen und daß Leerkaufangebote nur dann zu erwarten sind, wenn unter dem Einstandspreis angeboten wird. Gegen einen Leerkaufwunsch in Mißbrauchsabsicht kann sich der Verkäufer aber nach § 1 UWG zur Wehr setzen, da das Leerkaufen in Behinderungsabsicht als wettbewerbswidrig zu qualifizieren ist (ÖBl. 1987, 67). Befürchtungen, daß Sonderangebote schlechthin unmöglich gemacht werden, sind daher unbegründet.

Gegen § 9b Z 2 UWG wird auch argumentiert, daß Konkurrenten sich aufgrund dieser Bestimmung in ihrer Preisgestaltung annähern müßten, um dem Interesse am Leerkauf vorzubeugen; dies würde zwangsläufig zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise führen und damit zu einem dem Konsumentenschutz abträglichen Ergebnis.

Ob das Verbot der Z 2 tatsächlich geeignet ist, langfristig Preissteigerungen zu bewirken, mag dahingestellt bleiben. Ergänzend ist auch darauf hinzuweisen, daß diese Bestimmung nicht nur aus Gründen des Konsumentenschutzes geschaffen wurde, sondern auch zum Schutz des klein- und mittelständischen Handels. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht vorgeworfen werden, bei seiner Interessenabwägung dem Motiv, den Wettbewerb vor Verzerrungen zu bewahren, höheren Rang beigemessen zu haben, als dem Wunsch der Konsumenten, besondere Preisvorteile zu nutzen; die Erhaltung einer leistungsfähigen Nahversorgungstruktur ist nämlich durchaus auch im Interesse der Konsumenten gelegen.

Auch der behauptete Konflikt mit § 2 UWG besteht nach Auffassung der Bundesregierung nicht:

Diese Bestimmung verpflichtet den Verkäufer, günstig angebotene Waren für eine gewisse Dauer in ausreichender Menge vorrätig zu halten, sodaß die üblicherweise zu erwartende Nachfrage auch tatsächlich gedeckt werden kann (, ecolex 1992, 423). Es liegt aber kein Verstoß gegen § 2 UWG vor, solange der Kaufmann die Vorratsmenge am mutmaßlichen Geschäftsverlauf ausrichtet; ein Leerkaufangebot zählt jedoch sicher zu den unerwarteten Ereignissen, mit deren Eintreten der Verkäufer nicht rechnen muß (SACK, NJW 1989, 2363). Nur wenn der Verkäufer so deutlich unter dem Einstandspreis anbietet, daß er mit Leerkaufangeboten rechnen muß, wird dies dazu führen, daß die nach § 9b Z 2 UWG verpönte Handlung einer zweifachen Sanktionsdrohung unterliegt. Enthält sich der Unternehmer aber einer solchen Lockvogelstrategie, so wird er seine Werbeankündigungen gegenüber den zu erwartenden Interessenten erfüllen können. Sieht sich der Unternehmer dennoch dazu veranlaßt, Waren besonders günstig abzugeben, so kann er durch Angaben über den vorhandenen Warenbestand einer Irreführung über die Vorratsmenge vorbeugen."

Abschließend beantragt die Bundesregierung, "der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß § 9b des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), BGBl. Nr. 147/1992 nicht als verfassungswidrig aufzuheben ist."

Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

4.1. In den zu G81/93 und G82/93 protokollierten Verfahren erstattete eine beteiligte Partei eine Äußerung, in der sie nach Darstellung des ihrer Meinung der angefochtenen Bestimmung zukommenden Inhaltes die Meinung vertritt, § 9b UWG lasse einem Unternehmer nur die "Wahl" zwischen Unterlassen der Werbung oder Kontrahierungszwang: Da naturgemäß nur mit günstigen Angeboten geworben werde, müsse ein Unternehmer bei jedem von ihm beworbenen Artikel mit einem vollständigen Leerkaufen rechnen; dies zeige auch die Auslegung der Bestimmung durch das Untergericht. Daran ändere auch der Verweis der Bundesregierung auf die Rechtsprechung zu § 2 UWG nichts, denn dabei gehe es um Sonderformen gesetzwidrigen Wettbewerbsverhaltens, die an bestimmte zusätzliche Tatbestandsmerkmale geknüpft seien, wie insbesondere an eine Irreführung des Verbrauchers über das Preisniveau. Das Verbot der Lockvogelwerbung und die daran geknüpften Sanktionen beträfen daher nur einzelne, in einer bestimmten Weise beworbene Waren. § 9b leg.cit. betreffe dagegen sämtliche von einem Unternehmer auf welche Weise auch immer günstig angebotene Waren. Während gemäß § 2 UWG lediglich eine Verpflichtung bestehe, einzelne, durch besondere Angaben irreführend beworbene Waren an Kunden in einer üblichen Menge abzugeben, ergebe sich aus § 9b Z 2 UWG die Verpflichtung, alle günstig angebotenen Waren an jedermann in unbeschränkter Höhe zu verkaufen.

Die beteiligte Partei verkaufe ihre Waren praktisch ausschließlich an Verbraucher; an den Wünschen und Bedürfnissen der Verbraucher orientiere sie ihre Sortiment- und Preisgestaltung, ihre Werbung und ihre langfristige Verkaufsstrategie.

Wenn sie nun gezwungen werde, ihre günstigen Waren an ihre Konkurrenten zu verkaufen, könne sie die Wünsche ihrer eigentlichen Kunden, der Verbraucher, nicht mehr befriedigen. Es sei nun offenkundig und auch betriebswirtschaftlich nachgewiesen, daß die mangelnde Verkaufsfähigkeit zu einem Imageverlust bei den Kunden führe; dieser Imageverlust führe wiederum zu einer Verringerung der Attraktivität des Handelsgeschäftes in den Augen der Verbraucher. Sie habe daher größtes Interesse daran, die Ware (nur) an ihre eigentlichen Kunden, die Verbraucher, zu verkaufen, und nicht an ihre Konkurrenten.

§ 9b UWG würde daher ihren Konkurrenten sogar die Möglichkeit eröffnen, sie durch gezieltes Leerkaufen bei ihren Kunden zu diskreditieren.

Hinzu komme, daß es einem Unternehmen durch § 9b UWG ermöglicht werde, sich bei seinen Konkurrenten einzudecken und somit an deren günstigeren Einstandspreisen zu partizipieren.

Entgegen der Ansicht der Bundesregierung drohe ein Leerkaufen nicht nur bei den Waren, die unter dem Einstandspreis verkauft werden, sondern bei allen Angeboten, die ein Unternehmen günstiger oder zumindest gleich günstig wie seine Konkurrenten anbiete. Daß ein Unternehmen seine Waren günstiger beziehen könne als ein anderes, könne jedoch vielfältige Ursachen haben (Abnahme größerer Mengen von den Herstellern; andere Bezugsquellen, etwa im Ausland, etwa durch Teilnahme an einem in- oder ausländischen Einkaufsverbund; Eindecken mit ausreichenden Mengen noch nicht preiserhöhter Waren vor Preiserhöhungen; aus bestimmten Anlässen, zB bei Firmenjubiläum, Geschäftseröffnung, etc. vom Hersteller eingeräumte Sonderkonditionen). In all diesen Fällen könne es daher für die Konkurrenten lohnend sein, den billig anbietenden Unternehmer leerzukaufen. Hiedurch hätten sie zwei Vorteile: Sie könnten die Waren selbst günstig beziehen und überdies ihren Konkurrenten dadurch bei seinen Kunden diskreditieren, daß diesem die Lieferfähigkeit entzogen werde.

Damit werde nicht nur der Grundsatz der Erwerbsfreiheit, sondern auch jener der Privatautonomie verletzt, zumal der bekämpften Bestimmung die Tauglichkeit zur Erreichung der vom Gesetzgeber gesetzten Ziele abgesprochen werden müsse.

Hinzu komme, daß sich § 9b Z 2 UWG gar nicht auf den Verkauf unter dem Einstandspreis beschränke, sondern für alle günstigen Angebote gelte. Zu Unrecht vermeine die Bundesregierung nämlich, daß § 9b Z 2 UWG nur bei Verkäufen unter dem Einstandspreis von Bedeutung sein könne. Diese Annahme der Bundesregierung setze voraus, daß sämtliche Unternehmen ihre Waren zu denselben Einstandspreisen einkauften. Dies sei aber gerichtsbekannterweise nicht der Fall. Gelinge es einem Unternehmen, bessere Einkaufskonditionen als seine Konkurrenten zu erhalten, könne der reguläre (über dem Einstandspreis liegende) Verkaufspreis immer noch günstiger als der Einstandspreis seiner Konkurrenten sein; dasselbe gelte bei Änderung von Marktverhältnissen, wenn es einem Konkurrenten gelungen sei, sich rechtzeitig davor mit ausreichender Menge der dann teuer gewordenen Ware einzudecken.

Von der Regelung des § 9b UWG sei daher etwa auch ein Unternehmer erfaßt, der seine Waren deswegen billiger als die Konkurrenz anbiete, weil er über billigere Beschaffungsmöglichkeiten verfüge. § 9b Z 2 UWG würde daher einem Unternehmer ermöglichen, an den billigeren Einstandspreisen seiner Konkurrenten zu partizipieren. Das Ergebnis einer derartigen Regelung wäre in jedem Fall eine Erhöhung der Verbraucherpreise: Denn entweder lasse sich der Unternehmer, der billig eingekauft habe, von seinen Konkurrenten leerkaufen, dann würden diese aber ohne Zweifel zu einem höheren Verkaufspreis an die Verbraucher weiterverkaufen. Oder aber der Unternehmer, der über die billige Einstandsquelle verfüge, werde sich - um nicht völlig zum "Großhändler" zu werden - mit seiner Preisgestaltung an die seiner Konkurrenten annähern, um diesen das Interesse am Leerkauf zu nehmen. Auch eine derartige Konsequenz des § 9b Z 2 UWG könne sachlich nicht gerechtfertigt oder als adäquates Mittel qualifiziert werden.

Die Bundesregierung sehe - den Materialien folgend - den Zweck des § 9b Z 2 UWG im Schutz der klein- und mittelständischen Handelsunternehmen.

Bei dieser Überlegung sei jedoch davon auszugehen, daß die großen Handelsketten von den von ihnen beworbenen Waren notwendigerweise (denn sonst würde ja jedenfalls die Gefahr eines Lockvogelangebotes bestehen, das gegen § 2 UWG verstößt) eine große Anzahl von Waren vorrätig halten müßten. Ein klein- und mittelständisches Handelsunternehmen verfüge nun in aller Regel nicht über jene Kapitalkraft, die erforderlich sei, einen derartig großen Warenvorrat aufzukaufen; dies umsomehr, als ein solches Unternehmen nicht über die entsprechenden Absatzmöglichkeiten, wie der größere Konkurrent, verfüge. Schließlich werde ein Aufkaufen bei größeren Konkurrenten durch klein- oder mittelständische Unternehmen auch an deren begrenzten Lager- und Transportkapazitäten scheitern. Die den klein- und mittelständischen Unternehmen durch § 9b Z 2 UWG zur Verfügung gestellte Waffe - das Aufkaufen der Vorräte ihrer großen Konkurrenten - könne daher von diesen Unternehmen gar nicht genützt werden.

Hinzu komme, daß der Gesetzeswortlaut des § 9b Z 2 UWG nicht zwischen groß- und klein- oder mittelständischen Unternehmen differenziere: Nach dem Wortlaut des § 9b Z 2 UWG sei daher auch ein Leerkaufen des klein- und mittelständischen Unternehmens durch den konkurrenzierenden Großunternehmer erfaßt. Dem könne nicht entgegengehalten werden, daß klein- und mittelständische Unternehmen gar nicht in der Lage seien, günstige Konditionen anzubieten. Die klein- und mittelständischen Unternehmen liefen daher gerade durch § 9b Z 2 UWG Gefahr, von ihren kapitalstarken und über ausreichende Absatzmöglichkeiten verfügenden großen Konkurrenten aufgekauft zu werden, wenn sie einmal in der Lage seien, günstiger anzubieten. Einzelne kurzfristige Sonderaktionen seien aber gerade für klein- und mittelständische Handelsbetriebe unverzichtbarer Teil ihrer Werbeaktivität, könnten sie sich doch - anders als die kapital- und umsatzstarken Großhandelsketten - Dauerverbilligungen nicht leisten. Im Ergebnis nehme somit § 9b UWG den klein- und mittelständischen Unternehmen ihre einzige verbliebene Werbemaßnahme, um im Preiskampf mit den Großhandelsbetrieben bestehen zu können: Nämlich durch einzelne, kurzfristige Sonderaktionen bei Verbrauchern ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen zu können.

§ 9b Z 2 UWG sei daher in Wahrheit keine Waffe zum Schutz der klein- und mittelständischen Betriebe, sondern vielmehr eine Waffe der großen Handelsunternehmen gegen ihre kleineren Konkurrenten; diese Regelung verfehle daher eindeutig auch die angebliche Zweckbestimmung des Schutzes der kleinen Handelsbetriebe.

Die Bundesregierung übersehe weiters, daß § 9b UWG zum Nachteil der Konsumenten ausschlagen würde. Denn wie der konkrete Fall und die Parallelverfahren zeigten, würde die Konkurrenz bei besonders günstigen Angeboten sogleich den gesamten Warenvorrat des Unternehmers aufkaufen. § 9b Z 2 UWG würde daher zunächst dazu führen, daß Sonderangebote schnell ausgekauft werden und die Waren dann in den normalen (sicher nicht mehr preisgünstigen) Kreislauf zurückgeführt würden.

In weiterer Folge führe § 9b Z 2 UWG dazu, daß der werbende Einzelhändler, um nicht einem hemmungslosen 'Auskaufen' ausgesetzt zu sein, seine Angebote - jedenfalls vom Preis her gesehen - nicht allzu attraktiv ausgestalten werde. Wenn der Einzelhändler, insbesondere der vertriebsgebundene, nicht auf die werbewirksame Ankündigung von Sonderangeboten verzichten wolle, müsse er den Preis in jedem Fall so hochhalten, daß er nicht das Auskaufen durch Außenseiter oder gar den Rückkauf durch den Hersteller provoziere. Die Vorschrift des § 9b Z 2 UWG wirke sich damit faktisch im Sinne eines Zementierens der "unverbindlichen" Hersteller-Preisempfehlung aus.

Das als Schutzgesetz für Verbraucher gedachte UWG würde sich daher nicht nur in ein verbraucherfeindliches Gesetz verwandeln; über den Umweg des § 9b Z 2 UWG würden sogar die grundsätzlich vom Gesetzgeber verpönten und nur mit besonderen kartellrechtlichen Bewilligungen erlaubten Preisbindungen (§§12, 19 KartellG) faktisch unbeschränkt wirksam.

4.2. Eine beteiligte Partei des zu G244/93 protokollierten Verfahrens äußerte sich dahingehend, daß aus § 9b UWG kein Kontrahierungszwang abgeleitet werden könne. Das Leerkaufen eines Unternehmers durch einen Konkurrenten würde keinen Verstoß gegen § 2 UWG bewirken, wenn dieser nachweisen könne, daß er die beworbene Ware in ausreichender Menge für die üblicherweise zu erwartende Nachfrage vorrätig gehabt habe. Im übrigen schließt sich die beteiligte Partei der Auffassung der Bundesregierung an.

5. Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (nunmehr: Bundeswirtschaftskammer) und die Bundesarbeitskammer wurden eingeladen, zu einzelnen Sachfragen Stellung zu nehmen; von dieser Möglichkeit hat die erstgenannte Kammer Gebrauch gemacht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Anträge sind nur zum Teil zulässig:

Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag im Sinne des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987).

Aus dem Vorbringen des OGH ergibt sich, daß seinem führenden, zu G67/93, sowie seinem weiteren, zu G131/93 protokollierten Antrag Klagen bzw. Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen zugrundeliegen, die sich jeweils nur auf die Z 1 des § 9b UWG stützen; dem zu G82/93 protokollierten Antrag liegt ausschließlich eine Berufung auf die Z 2 der genannten Regelung zugrunde. Insoweit ist es auszuschließen, daß der OGH in den bei ihm anhängigen Verfahren in den zunächst genannten Fällen die Z 2 und im zuletzt genannten Fall die Z 1 des § 9b UWG anzuwenden hat.

Letzteres gilt auch für den zu G244/93 gestellten Antrag des OLG Innsbruck.

Die zu G67/93 und G131/93 gestellten Anträge auf Aufhebung auch der Z 2 und die zu G82/93 und G244/93 gestellten Anträge auf Aufhebung auch der Z 1 des § 9b UWG waren daher mangels Präjudizialität in den zugrundeliegenden Zivilverfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Im übrigen ist nichts hervorgekommen, was daran zweifeln ließe, daß die antragstellenden Gerichte die angegriffene Bestimmung, gegen die sich die vorgetragenen Bedenken richten, bei Erledigung der bei ihnen anhängigen Rekurse bzw. Revisionsrekurse bzw. Berufungen anzuwenden hätten. Daß die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit allenfalls ergibt, daß die Norm verfassungskonform auszulegen ist und dies ihre Nichtanwendung in den Anlaßfällen zur Folge hat, verschlägt dabei nichts (vgl. VfSlg. 12572/1990).

2. Soferne die Anträge zulässig sind, sind sie auch begründet:

Vorweg ist festzuhalten, daß der Gesetzeswortlaut des § 9b Z 1 UWG offenbar an besonders gravierenden sprachlichen Mängeln leidet, der Sinngehalt der Regelung aber noch - anders als bei den mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12420/1990 aufgehobenen Bestimmungen - hinreichend erkennbar ist. In Übereinstimmung mit den Verfahrensparteien geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß die genannte Regelung darauf abstellt, ob jemand im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß die Abgabe von Waren je Käufer mengenmäßig beschränkt ist/wird.

2.1. Das durch die angefochtenen Regelungen normierte Verbot, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, anzukündigen, die Abgabe von Waren je Käufer mengenmäßig zu beschränken (Z1 des § 9b UWG) bzw. den Anschein eines besonders günstigen Angebots durch Preisangaben oder sonstige Angaben über Waren hervorzurufen, tatsächlich aber deren Abgabe je Käufer mengenmäßig zu beschränken (Z2 der genannten Bestimmung), greift in den Schutzbereich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsfreiheit ein.

Dieses Grundrecht steht unter Gesetzesvorbehalt. Da der Gesetzesvorbehalt aber nicht zu jedweder Einschränkung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsfreiheit ermächtigt, ist zu prüfen, ob sich die angefochtene Regelung zu Recht auf den Gesetzesvorbehalt in Art 6 StGG zu stützen vermag.

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) durch Art 6 StGG ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, ist nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt ist (vgl. zB VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 10718/1985, 10932/1986, 11276/1987, 11483/1987, 11494/1987, 11503/1987, 11625/1988, 11749/1988, 11853/1988, 12094/1989, 12481/1990, 12578/1990, 12677/1991, ). Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, daß Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl. VfSlg. 11558/1987 mwH, 11853/1988, 12379/1990, 12481/1990).

2.2. Festzuhalten ist zunächst, daß sich der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG bzw. zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken hat (vgl. VfSlg. 12592/1990, 12691/1991, 12947/1991, , bzw. VfSlg. 9089/1981, 10811/1986). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung der Anträge dargelegten Gründen verfassungs- bzw. gesetzwidrig sind.

2.3. Im Sinne der unter II.2.1. zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes tragen die Gerichte weder vor, daß die bekämpften Regelungen nicht durch das öffentliche Interesse geboten, noch, daß sie nicht geeignet seien - hinsichtlich der Tauglichkeit wird vielmehr festgehalten, es ließen sich keine eindeutigen Aussagen treffen -, noch, daß sie grundsätzlich nicht sachlich gerechtfertigt werden könnten. Vielmehr wird ihre Verfassungswidrigkeit allein auf die ihnen behauptetermaßen fehlende Adäquanz gestützt.

Dazu bringen die antragstellenden Gerichte vor, die angegriffenen Regelungen bezweckten primär eine Einschränkung der "Lockvogelwerbung", träfen aber durch ihre weite Fassung auch die Werbung für "echte" Sonderangebote; damit werde das zur Bekämpfung der Angebote unter dem Einstandspreis eingesetzte Mittel - nämlich jedem Mitbewerber die Möglichkeit des Leerkaufens zu geben - auch auf die Werbung für "echte" Sonderangebote erstreckt. Solche Angebote zielten in erster Linie auf eine Beschleunigung des Absatzes der so angebotenen Ware ab, während "Lockvogelangebote" in erster Linie "Köderfunktion" hätten; sie zielten vor allem auf den beschleunigten Absatz regulärer Ware ab, während der Absatz der "Lockvogelware" möglichst klein gehalten werden solle.

§ 9b UWG richte sich nicht nur gegen Lockvogelangebote, sondern gegen Sonderangebote schlechthin. Das Interesse eines Mitbewerbers, seinen Konkurrenten leerzukaufen, könne auch bei (ohne Verlust kalkulierten) "echten" Sonderangeboten auftreten; der solcherart Werbende habe ein berechtigtes Interesse daran, seine Werbeankündigung gegenüber allen zu erwartenden Interessenten erfüllen zu können, um diese nicht zu enttäuschen, zu verärgern oder zu verunsichern, weshalb er nicht gezwungen sein sollte, seinen Vorrat einem einzelnen Wiederverkäufer herausgeben zu müssen. Das gegen Verkäufe unter dem Einstandspreis gerichtete Unwerturteil des Gesetzes treffe auch "echte" Sonderangebote, auf welche gerade kleinere Einzelhändler werbemäßig viel stärker angewiesen seien, währenddem Großbetriebe häufig mit einer dauernden Tiefstpreisstrategie Marktanteile gewinnen könnten.

Überschießend sei aber auch das per-se-Verbot der Z 1 des § 9b UWG, welches auch das Verbot der Ankündigung einer Abgabebeschränkung an Wiederverkäufer erfasse; eine solche Beschränkung sei unter Bedachtnahme auf die durch die Werbung bei den Verbrauchern geweckten Erwartungen über die Lieferbereitschaft des Werbenden gerade nicht irreführend. Das Verbot, die Beschränkung der Abgabe von Waren an Wiederverkäufer anzukündigen, sowie der faktische Kontrahierungszwang beeinträchtigten die unternehmerische Handlungsfreiheit noch stärker als das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis.

2.4. Zur Z 1 des § 9b UWG:

Das durch Z 1 des § 9b UWG normierte unbedingte und umfassende Verbot der Werbung mit beschränkten Abgabemengen ist in der Tat überschießend und bewirkt daher einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit.

Angesichts des in dieser Hinsicht klaren Wortlauts der Z 1 des § 9b UWG und der diesen bestätigenden parlamentarischen Materialien geht der Verfassungsgerichtshof in Übereinstimmung mit den Prozeßparteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, daß unter Käufer im Sinne dieser Vorschrift auch Wiederverkäufer fallen, mit anderen Worten, daß das durch diese Vorschrift verbotene Verhalten auch die Ankündigung erfaßt, die Abgabe von Waren an Wiederverkäufer sei mengenmäßig beschränkt.

Den antragstellenden Gerichten und der Bundesregierung ist zuzustimmen, daß es Gründe des Konsumentenschutzes sind, die dieses Verbot tragen. Daß solche Gründe im öffentlichen Interesse liegen, kann nicht bezweifelt werden und wird auch von den Gerichten außer Streit gestellt. Solche Gründe mögen zwar ein derartiges Verbot der Werbung mit der Ankündigung von mengenmäßigen Beschränkungen bei der Abgabe von Waren gegenüber Letztverbrauchern im Regelfall rechtfertigen, nicht aber rechtfertigen sie ein solches Verbot in Bekanntmachungen und sonstigen Mitteilungen, die bloß oder vornehmlich für Wiederverkäufer bestimmt sind. Daß aber auch solche Bekanntmachungen durch die in Rede stehende Bestimmung verboten sind, wird in den Äußerungen der Parteien dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht bestritten (vgl. auch die bei Schönherr - Wiltschek, Wettbewerbsrecht5, 1987, S 464 f., abgedruckten, zum Begriff "Öffentliche Bekanntmachungen und Mitteilungen" in § 4 UWG ergangenen Entscheidungen). Der Verfassungsgerichtshof kann entgegen der von der Bundeswirtschaftskammer vertretenen Auffassung nicht finden, daß gegenüber Wiederverkäufern ein gleiches Schutzbedürfnis im Hinblick auf den Ankündigungseffekt durch Abgabebeschränkung und einer damit verbundenen Irreführungsgefahr über die Abgabebereitschaft besteht.

Es verbietet - wie die anfechtenden Gerichte ebenfalls monieren - diese Bestimmung im Gegenteil den ankündigenden Unternehmern sogar auch solche Mitteilungen und Bekanntmachungen, die für eine korrekte und wahrheitsgemäße Information der Kunden allenfalls erforderlich sind. Nun ist es nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes Sache der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, dennoch den Interessen des Konsumentenschutzes größeres Gewicht zuzumessen und im Hinblick darauf die Grundrechtspositionen der ankündigenden Unternehmen durch ein solches unbedingtes Werbeverbot mit mengenmäßigen Abgabebeschränkungen einzuschränken. Nicht aber sind - angesichts der in der Rechtsordnung erkennbaren Wertung, besondere Konsumentenschutzmaßnahmen vornehmlich Letztverbrauchern zugute kommen zu lassen (vgl. insbesondere Schuhmacher, Der Konsumentenschutzgedanke in der österreichischen Rechtsordnung, in:

Krejci (Hg.), Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 1981, 1 ff., insbesondere 17 ff.) - Unternehmer, die als Wiederverkäufer ihrerseits Waren an Letztverbraucher anbieten, in einem Ausmaß schutzwürdig, das einen solchen Grundrechtseingriff rechtfertigen würde.

Die Einbeziehung der Wiederverkäufer in das in Rede stehende umfassende Werbeverbot läßt dieses daher als überschießend erscheinen. Da angesichts der sprachlichen Gestaltung der Bestimmung die Wirkung gegenüber den Letztverbrauchern und gegenüber Wiederverkäufern untrennbar miteinander verknüpft ist, bewirkt die Unverhältnismäßigkeit der Regelung in ihrer normativen Bedeutung für Wiederverkäufer aber ihre Verfassungswidrigkeit insgesamt.

2.5. Zur Z 2 des § 9b UWG:

Die Anordnung der Z 2 des § 9b UWG soll unmittelbar vor allem den Interessen des klein- und mittelständischen Handels dienen, wird doch der Letztverbraucher bei einem funktionierenden Handel in der Regel nicht von mengenmäßigen Abgabebeschränkungen betroffen, die Ausdruck einer Mangelwirtschaft sind. Das bestätigen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, die die Verminderung der Attraktivität von Verkäufen unter dem Einstandspreis und die Möglichkeit jedes Mitbewerbers hervorheben, besonders günstig erscheinende Waren entweder ohne Mengenbeschränkung zu Zwecken des Wiederverkaufs zu erwerben, im Fall einer Beschränkung der Abgabemenge oder eines Ausschlusses vom Verkauf den Unternehmer aber auf Unterlassung und Schadenersatz zu klagen (338 BlgNR 18.GP 8).

Der Auffassung der antragstellenden Gerichte, das ausnahmslose Verbot der angegriffenen Regelung, in bestimmter Weise beworbene Waren mengenmäßig beschränkt an Käufer abzugeben, sei unverhältnismäßig, ist beizutreten. Diese Unverhältnismäßigkeit ist, wie die Anträge zutreffend dartun, darin zu erblicken, daß dieses Verbot weder zwischen echten Sonderangeboten und Lockvogelangeboten noch zwischen großen und kleineren bzw. mittleren Unternehmungen differenziert.

Wenn die Bundesregierung dagegen einwendet, eine Unterscheidung zwischen echten Sonderangeboten ohne Köderfunktion und solchen mit Anlockeffekt sei in der Praxis kaum möglich, weshalb der Gesetzgeber zu Recht auf eine Differenzierung verzichtet und statt dessen eine Regelung getroffen habe, die zu einer Selbstregulierung des Marktes führe, wobei der Unternehmer anders als gemäß dem durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen § 3a NahversorgungsG - s. VfSlg. 12379/1990 - in seiner Preiskalkulation völlig frei bleibe, ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Gewiß behindert die nun angefochtene Regelung - anders als der aufgehobene § 3a NahversorgungsG - den Unternehmer nicht, folglich auch nicht in verfassungswidriger Weise, in seiner Preiskalkulation. Sie hindert aber, wie in den Anträgen überzeugend dargetan wird, im Effekt mittlere und kleine Unternehmungen daran, auch echte Sonderangebote entsprechend zu bewerben. Da diese, anders als große - dh. wirtschaftlich starke - Unternehmungen regelmäßig nur beschränkte Stückzahlen zum Verkauf bereithalten können, droht ihnen diesfalls ebenso wie bei Restposten der sofortige oder doch alsbaldige Leerkauf durch Mitbewerber. Dadurch geht nicht nur der Werbeeffekt ins Leere, vielmehr verkehrt er sich ins gerade Gegenteil, steht doch dann jenen Käufern, an welche sich die Werbung wendet, kein günstiges Angebot mehr zur Verfügung, sodaß der Letztverbraucher in der Regel "enttäuscht, verärgert bzw. verunsichert wird" (so zutreffend die antragstellenden Gerichte unter Berufung auf Dellinger, § 9b Z 2 UWG - ein tauglicher Versuch zur Bekämpfung des Verkaufs unter dem Einstandspreis?, WBl. 1992, 362 ff. (365)). Umgekehrt ist davon auszugehen, daß ein Leerkaufen der wirtschaftlich starken Unternehmung durch kleinere bzw. mittlere Unternehmungen bei typisierender Betrachtungsweise auszuschließen ist.

Anders als die Bundesregierung ist der Verfassungsgerichtshof deshalb in Übereinstimmung mit den antragstellenden Gerichten der Auffassung, daß das Risiko des Verkäufers, sich mit einem Leerkaufangebot konfrontiert zu sehen, praktisch nicht nur dann zu erwarten ist, wenn der Einstandspreis unterschritten wird, sondern auch bei echten Sonderangeboten, die auf Grund spezifischen unternehmerischen Einsatzes für den Konsumenten günstig kalkuliert werden können.

Gleicherweise erweist sich das Antragsvorbringen als zutreffend, daß der große Handelsbetrieb die Sonderangebote des Kleinhändlers leerkaufen kann, während der umgekehrte Fall vernachlässigbar ist.

Insgesamt erweist sich deshalb die Anordnung der Z 2 des § 9b UWG als unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig.

2.6. § 9b UWG verstößt daher gegen die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit und ist als verfassungswidrig aufzuheben.

III. Die Bestimmung einer Frist

für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5, dritter und vierter Satz, B-VG.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6, erster Satz, B-VG.

Da eine Einbeziehung eines weiteren, beim Verfassungsgerichtshof am eingelangten, aus Anlaß der zur Zl. 4 Ob 96/93 anhängigen Revisionsrekurse gestellten Antrages des auf Aufhebung des § 9b UWG idF BGBl. 147/1992 (hg. zu G19/94 protokolliert) in die vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen (die mündliche Verhandlung hatte bereits am stattgefunden) nicht mehr möglich war, hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, von der ihm gemäß Art 140 Abs 7, zweiter Satz, B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch für diese beim OGH anhängigen Rechtssachen herbeizuführen.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5, erster Satz, B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§62 ff. VerfGG, wonach ein Kostenzuspruch in Normenprüfungsverfahren auf Antrag eines Gerichtes nicht vorgesehen ist (vgl. VfSlg. 10832/1986).