VfGH vom 28.06.1990, g11/90

VfGH vom 28.06.1990, g11/90

Sammlungsnummer

12410

Leitsatz

Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich § 6 Abs 1 litb SchrottlenkungsG; Einstellung des Verfahrens bzw. Zurückweisung der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der übrigen Teile des § 6 Abs 1 SchrottlenkungsG mangels Präjudizialität; Aufhebung der verschiedenen Zulassungserfordernisse für die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers in § 6 Abs 1 litb wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz

Spruch

1. Die litb im § 6 Abs 1 des Schrottlenkungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 428, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 338/1988, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

2. Im übrigen werden das von amtswegen zu G11/90 eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt und die zu den hg. Zlen. G105/90 und G110/90 vom Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Gesetzesprüfungsanträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. A.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B919/89 das Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, die sich gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom wendet.

Der Bundesminister wies mit diesem Bescheid (im dritten Rechtsgang) den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft vom auf Erteilung der Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers nach § 6 des Schrottlenkungsgesetzes ab. Die in den früheren Rechtsgängen erlassenen, über den erwähnten Antrag gleichfalls negativ absprechenden Bescheide des Bundesministers hob der Verfassungsgerichtshof - nach Durchführung von Gesetzesprüfungsverfahren (vgl. VfSlg. 10179/1984 und ) - mit den Erkenntnissen VfSlg. 10267/1984 und (wegen Anwendung verfassungswidriger Vorschriften des SchrottlenkungsG) auf.

Der nunmehr beim Verfassungsgerichtshof bekämpfte abweisliche Bescheid vom wird auf § 6 Abs 1 litb des Schrottlenkungsgesetzes 1985, BGBl. 428, idF der Novelle 1988, BGBl. 338 gestützt und im wesentlichen damit begründet, daß die beschwerdeführende Gesellschaft am unlegierten Eisenschrott geliefert habe, dem ungeöffnete (nicht geschlitzte) Hohlkörper (Gasflaschen) beigemengt gewesen seien. Diese mit verbotswidrigen Beimengungen versehene Schrottlieferung stehe gemäß § 6 Abs 1 litb SchrottlenkungsG der Erteilung der beantragten Genehmigung als unüberwindliches Hindernis entgegen.

2. § 6 des SchrottlenkungsG 1985 wurde durch die (mit in Kraft getretene) Novelle 1988 wie folgt neu gefaßt:

"§6. (1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat einem Schrotthändler, der die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers vor dem noch nicht ausgeübt hat, die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers zu erteilen, wenn der Schrotthändler in den unmittelbar vorangegangenen zehn Kalendervierteljahren

a) ständig unlegierten Eisenschrott wenigstens in der Höhe eines Zwölftels seines jeweiligen Vorjahresabsatzes auf Lager gehalten hat und

b) nur solchen unlegierten Eisenschrott gemäß § 10 geliefert hat, bei dem keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, daß er Beimengungen oder Zusammensetzungen aufgewiesen hat, die eine Explosionsgefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers oder Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten oder für die Mängelfreiheit des daraus erzeugten Rohstahls verursachen können.

(2) Hat ein Unternehmen, das Eisen oder Stahl erzeugt, nachgewiesen, daß ein Werkbelieferungshändler durch seine Tätigkeit eine Explosionsgefahr für die Anlagen dieses Schrottverbrauchers oder eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten verursacht hat, oder hat eine der im V. Abschnitt genannten Behörden nach Maßgabe ihrer Beauftragung gemeldet, daß ein Werkbelieferungshändler unlegierten Eisenschrott länger als sechs Monate nicht in dem in Abs 1 lita bestimmten Ausmaß auf Lager gehalten hat, so ist diesem Werkbelieferungshändler die Genehmigung jedenfalls zu entziehen. Ist ein Werkbelieferungshändler nicht mehr Mitglied eines Landesgremiums des Handels mit Alt- und Abfallstoffen, so erlischt die Genehmigung gemäß Abs 1. Bestehen Zweifel darüber, ob eine Genehmigung gemäß Abs 1 erloschen ist, so hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten von Amts wegen einen Feststellungsbescheid über den Fortbestand oder das Erlöschen der Genehmigung zu erlassen."

3. Der Verfassungsgerichtshof hat am aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde aufgrund der folgenden Überlegungen beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von amtswegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 1 SchrottlenkungsG idF der Novelle BGBl. 338/1988 einzuleiten (hg. Zl. G11/90):

"Der Gerichtshof geht vorläufig davon aus, es sei ein sachlich gerechtfertigtes Ziel des SchrottlenkungsG, dafür Sorge zu tragen, daß die Schrottverbraucher (die Eisen und Stahl erzeugenden Unternehmen) mit Eisenschrott versorgt werden, dessen Verwertung keine Gefahren für die Anlagen des Schrottverbrauchers, für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten, oder für die Mängelfreiheit des aus dem Schrott erzeugten Stahls mit sich bringt.

Weiters nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an, daß jene Schrotthändler, die die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers am bereits ausgeübt haben ('etablierte Werkbelieferungshändler'), keiner (bescheidmäßigen) Genehmigung nach dem SchrottlenkungsG bedürfen (sondern das Gesetz sie unmittelbar zur Ausübung dieser Tätigkeit berechtigt), und daß nur jene Schrotthändler, die diese Tätigkeit erst nach dem erwähnten Zeitpunkt aufnehmen wollen ('neue Werkbelieferungshändler') einer behördlichen Konzession benötigen. Ferner nimmt er an, daß den etablierten Werkbelieferungshändlern bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 6 Abs 2 SchrottlenkungsG in gleicher Weise wie den neuen Werkbelieferungshändlern die Genehmigung zu entziehen ist.

Der Gerichtshof hat zwar unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, die etablierten Werkbelieferungshändler von der Genehmigungspflicht auszunehmen, weil der Gesetzgeber annehmen durfte, daß durch die jahrelange Tätigkeit als Werkbelieferungshändler ihre Verläßlichkeit bereits nachgewiesen sei.

Diese Bevorzugung muß aber - so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig - dadurch kompensiert werden, daß die Voraussetzungen für den Neuzugang zum Gewerbe eines Werkbelieferungshändlers und - soweit wie möglich - die Voraussetzungen für den Entzug der Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit des Werkbelieferungshändlers einander gleichen.

In beiden Fällen scheint aus der bisherigen Tätigkeit (im ersten Fall zwar nicht auf der Handelsstufe eines Werkbelieferungshändlers, im zweiten Fall auf dieser Handelsstufe) ein Schluß auf die (künftige) Verläßlichkeit gezogen werden zu müssen. Während nun aber dem § 6 Abs 1 litb SchrottlenkungsG zufolge beim Neuzugang 'keinerlei Anhaltspunkte' für bestimmte Fehlleistungen hervorgekommen sein dürfen, ist § 6 Abs 2 leg.cit. bei den Entzugsvoraussetzungen anscheinend wesentlich milder und großzügiger: Es wird hier der von einem Unternehmen, das Eisen und Stahl erzeugt, (also von einem Dritten) zu erbringende strikte Nachweis einer tatsächlich eingetretenen Gefahr verlangt; die Entziehung der Berechtigung darf anscheinend nur über Antrag eines solchen Unternehmens erfolgen; dem Unternehmen obliegt anscheinend keine Meldepflicht, der Behörde keine Überwachungspflicht.

Der Verfassungsgerichtshof hat das Bedenken, daß diese Unterscheidung sachlich nicht gerechtfertigt werden kann und daß diesem Umstand besonderes Gewicht zukommt, weil damit die für die etablierten Werkbelieferungshändler beim Zugang zum Gewerbe normierte Bevorzugung nicht durch den Zugangsvoraussetzungen gleichende Entziehungsvoraussetzungen ausgeglichen wird, sondern das Regelungssystem endgültig zu einer (unsachlichen) Privilegierung der etablierten gegenüber den neuen Werkbelieferungshändlern führt und damit gegen den (auch den Gesetzgeber bindenden) Gleichheitsgrundsatz verstößt.

Präjudiziell in der Bedeutung des Art 140 Abs 1 B-VG ist anscheinend nicht § 6 Abs 2 SchrottlenkungsG (sodaß diese Bestimmung nicht in Prüfung gezogen wird), sondern § 6 Abs 1 leg.cit. Diese Vorschrift dürfte eine untrennbare Einheit bilden; sie wird daher zur Gänze geprüft."

4. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren (G 11/90) eine Äußerung, in der sie den Antrag stellt, § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG 1985 idF der Nov. 1988 nicht als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu das Gesetzesprüfungsverfahren mit Ausnahme der Wortfolge "eine Explosionsgefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers oder für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten oder" im § 6 Abs 1 litb leg.cit. mangels Präjudizialität einzustellen. Für den Fall der Aufhebung begehrt die Bundesregierung, gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Begründend führt die Bundesregierung in ihrer Äußerung aus:

"I. Zur Präjudizialität

1. Es wird zu bedenken gegeben, daß der Umfang der angenommenen Präjudizialität im Hinblick auf § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz insofern zu weit gezogen sein könnte, als § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz drei verschiedene Versagungstatbestände enthält, von denen offenbar nur zwei nämlich die 'Explosionsgefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers' und die 'Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten' - der Entscheidung der Behörde im Anlaßfall zugrunde liegen können.

Es dürfte auch kein untrennbarer Zusammenhang der gesamten in Prüfung gezogenen Bestimmung vorliegen. Auch unter der Annahme, daß die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung zutreffen, könnte diesen nämlich durch die Aufhebung bloß der im oben erwähnten Sinne als präjudiziell bezeichneten Teile des § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz Rechnung getragen werden. Der verbleibende Text würde eine eigenständige sprachliche Einheit bilden und auch der Sinn der Bestimmung würde nicht unvertretbar verändert werden.

II. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung

1. Zum Vergleich der Voraussetzungen der Zulassung und des Entzuges der Berechtigung gemäß § 6 Schrottlenkungsgesetz

Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für den Entzug einer Berechtigung nicht notwendigerweise mit den Voraussetzungen für die Zulassung vergleichbar sind, sodaß nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, daß dabei Gleiches vorliegt.

Vielmehr können die bei der Zulassung bzw. beim Entzug jeweils vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten und somit die jeweilige Funktion der darauf Bezug habenden Regelungen durchaus verschieden sein, sodaß schon deshalb die Frage, ob Vergleichbares vorliegt, verneint werden könnte.

Insbesondere ist zu bedenken, daß der Verlust einer Genehmigung den Genehmigungsinhaber im allgemeinen härter trifft als einen Genehmigungswerber die Versagung derselben. Dies vor allem deshalb, weil ersterer in der Regel im Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung unter Umständen hohe Aufwendungen getätigt hat, die sich im Fall der Genehmigungsentziehung als nutzlos und somit verlustbringend, und zwar in einem unter Umständen sehr gravierenden Ausmaß, erweisen. Häufig wird der Entzug einer Berechtigung für den Betroffenen das Ende der bisher die Existenz sichernden Erwerbstätigkeit bedeuten.

Demgegenüber wird sich ein Bewerber um eine Berechtigung wohl eher entgegenhalten lassen müssen, daß er bereits vor der rechtskräftigen Genehmigung im Vertrauen auf ihre Erteilung getätigte Aufwendungen gleichsam auf eigene Gefahr erbracht habe.

Im Fall des Entzuges einer mit rechtskräftigem Bescheid bewilligten Tätigkeit erfolgt weiters im Hinblick auf das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit wohl zumeist der schwerere Eingriff, für den noch gewichtigere öffentliche Interessen ins Treffen geführt werden müßten als im Falle der strengen Regelung der Zulassung zu einer bestimmten beruflichen Tätigkeit.

Schließlich wird auch zur Erwägung gestellt, ob nicht auch der Gesichtspunkt, daß einem einmal zugelassenen Berechtigten insoferne ein höheres Maß an Vertrauen in seine 'Verläßlichkeit' zugebilligt werden kann als einem der Behörde noch nicht bekannten Berechtigungswerber, für die Zulässigkeit einer derart differenzierenden Regelung spricht.

2. Zur Überlegung: Bevorzugung bei der Zulassung - Ausgleich durch Entzugsregelung

Im Anschluß an die vom Verfassungsgerichtshof angestellte Erwägung, es bestünden an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, die etablierten Werkbelieferungshändler von der Genehmigungspflicht auszunehmen, weil der Gesetzgeber annehmen durfte, daß durch die jahrelange Tätigkeit als Werkbelieferungshändler ihre Verläßlichkeit bereits nachgewiesen sei, wird auf folgendes hingewiesen:

Wenn das Abstellen auf eine jahrelange einschlägige Tätigkeit als Nachweis für die vom Gesetz geforderte Verläßlichkeit innerhalb der Zulassungsregelung sachlich gerechtfertigt ist, so scheint es geradezu ausgeschlossen, daß diese Zulassungsregelung durch eine Entzugsregelung, die eben für alle Betroffenen gleiche Voraussetzungen festlegt, verfassungswidrig wird.

Auch im Hinblick auf die eingangs vertretene Auffassung, daß Zulassungs- und Entzugsregelung nicht vergleichbar seien, erscheint es fraglich, zwischen Entzug und Zulassung - im Fall einer sachlich gerechtfertigten Bevorzugung im Rahmen der Zulassung - eine so enge Verknüpfung anzunehmen, daß eine an sich für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtete Zulassungsregelung im Zusammenhalt mit der Entzugsregelung verfassungswidrig würde.

3. Zur sachlichen Rechtfertigung des § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz

Im übrigen wird zu dem vom Verfassungsgerichtshof angestellten Vergleich von Zulassungs- und Entzugsregelung auch noch folgendes zur Erwägung gestellt:

Der Gesetzgeber des Schrottlenkungsgesetzes hat bei der Formulierung des § 6 auf die auf dem Schrottmarkt vorgefundenen Lebenssachverhalte Bedacht genommen. Die Regelung stellt nicht darauf ab, daß 'als Werkbelieferungshändler zuzulassen ist', wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt, sondern darauf, daß einem Schrotthändler, der die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers vor dem Inkrafttreten des Schrottlenkungsgesetzes 'noch nicht ausgeübt hat, die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers' unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen zu erteilen ist.

Den Bedürfnissen des Marktes entsprechend regelt § 6 leg.cit. die in der Praxis bestehende Situation, insbesondere den jeweiligen Tätigkeits- und den dementsprechenden Verantwortungsinhalt der Tätigkeit eines Schrotthändlers einerseits und des von einzelnen derselben ausgeübten Werkbelieferungshandels andererseits. Demgemäß trifft diese Bestimmung die sachgerechten Unterscheidungen der Zulassungs- und der Entziehungsvoraussetzungen betreffend die Werkbelieferungshändler-Tätigkeit entsprechend dem stufenweisen Ineinandergreifen der einzelnen Handelsfunktionen, ihrer Inhalte und korrespondierenden Verantwortlichkeiten; schließlich bestimmt sie die jeweils sachlich zugehörigen Folgen der nicht entsprechenden Wahrnehmung der jeweiligen Obliegenheit.

Die Aufgabenstellung des nicht als Werkbelieferungshändler tätigen Schrotthändlers (§10 Abs 3) besteht im wesentlichen in der Sammlung des anfallenden unlegierten Eisenschrotts, gegebenenfalls in der der Schrottsortenliste (gem. der Schrottlenkungsverordnung samt Anlage) entsprechenden Aufbereitung des unlegierten Eisenschrotts (§10 Abs 4) und im Anbot des sortierten unlegierten Eisenschrotts an den Werkbelieferungshandel (§10 Abs 3). Die allenfalls vorgenommene Aufbereitung (§10 Abs 4) hat zu der Mängelfreiheit der Schrottsorten zu führen, die sich aus § 1 Abs 1 der Schrottlenkungsverordnung (Beimengungsverbot, d.h. Entfernungsgebot hinsichtlich explosiver Stoffe und ungeöffneter Hohlkörper) und der Sortendefinition gemäß der Schrottsortenliste (Anlage zur Schrottlenkungsverordnung) ergibt.

Die Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers wurde in der Äußerung der Bundesregierung vom , GZ. 601.098/4-V/5/87, Pkt. II.2 lite, im Gesetzesprüfungsverfahren G79/87 detailliert dargestellt - weshalb auf sie in diesem Zusammenhang verwiesen werden darf (Beilage) und umfaßt im wesentlichen die Lagerhaltungspflicht und die Kontrahierungspflicht gegenüber dem nicht unter § 6 Schrottlenkungsgesetz fallenden Schrotthandel sowie gegenüber der schrottsetzenden Stahlindustrie (§10 Abs 2).

§ 10 Abs 2 leg.cit. enthält insbesondere die Verpflichtung, nur der Schrottsortenliste entsprechend aufbereiteten, unlegierten Eisenschrott zu übernehmen. Diese Bestimmung soll gewährleisten, daß nur mängelfreier Eisenschrott übernommen und angeboten wird. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Werkbelieferungshändlers, durch Kontrollen sicherzustellen, daß der angelieferte Eisenschrott keinerlei Beimengungen oder Zusammensetzungen aufweist, die eine Explosionsgefahr für die Anlagen des Schrottverbrauchers oder Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten oder für die Mängelfreiheit des daraus erzeugten Rohstahls verursachen können.

Der Verpflichtung des Werkbelieferungshändlers aus § 10 Abs 2 des Schrottlenkungsgesetzes korrespondiert die im § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz normierte Zulassungsvoraussetzung, daß der Schrotthändler in den unmittelbar vorangegangenen

10 Kalendervierteljahren nur solchen unlegierten Eisenschrott gemäß § 10 leg.cit. geliefert hat, bei dem keinerlei Anhaltspunkte im Sinne des § 6 Abs 1 litb leg.cit. hervorgekommen sind.

Ausgehend von der bestehenden Realität von ca. 76 % Streckengeschäft und etwa 24 % körperlicher Übernahme und Weiterleitung hat sich in der Praxis auch kein Regelungsbedarf dahingehend gezeigt, daß eine Entziehung der Konzession des Werkbelieferungshändlers für den Fall der Übergabe von nicht mängelfreiem Eisenschrott vorzusehen wäre. Es hat sich vielmehr gezeigt, daß mit der im präventiven Bereich getroffenen Regelung das Auslangen gefunden werden kann. Der Gesetzgeber hat sich daher darauf beschränkt, eine Entziehung der Konzession auf die Fälle der Gefährdung von Leben und körperlicher Sicherheit zu beschränken."

B.1.a) Der Verwaltungsgerichtshof stellt mit Beschlüssen vom , A66/90 und A69/90, aus Anlaß von bei ihm zu Zlen. 89/04/0245 und 89/04/0274 anhängigen Beschwerdeverfahren gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof die Anträge, § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG 1985 idF der Novelle 1988 als verfassungswidrig aufzuheben (hg. Zlen. G105/90 und G110/90).

b)aa) Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 89/04/0245 bekämpften Bescheid hatte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin, ihr die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers gemäß § 6 Abs 1 litb des SchrottlenkungsG 1985 idF der Novelle 1988 zu erteilen, im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Schrottverbraucher V AG habe in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dargetan, die Antragstellerin habe für die Lieferung eines ungeöffneten Hohlkörpers am und weiterer zwei am , deren Beimengung zum sortierten unlegierten Eisenschrott gemäß § 1 Abs 2 Z 2 der Schrottlenkungsverordnung, BGBl. 622/1978, idF BGBl. 406/1986, zwecks Vermeidung der Gefährdung der betrieblichen Sicherheit der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, verboten sei, die Verantwortung zu tragen. Es seien ungeöffnete Hohlkörper während der Entladung, also mitten unter anderem Schrott entdeckt worden. Es seien somit Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß der von der Beschwerdeführerin gelieferte Schrott im Sinne des § 6 Abs 1 litb SchrottlenkungsG explosionsgefährdende Beimengungen aufgewiesen habe, die eine Explosionsgefahr für die Anlagen eines Schrottverbrauchers oder Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der dort Beschäftigten verursachen könnten.

bb) Dem beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 89/04/0274 bekämpften Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Antrag der F K

Ges.m.b.H. & Co KG, ihr die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers gemäß § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG 1985 idF der Novelle 1988 zu erteilen, statt. Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, im Zuge des Ermittlungsverfahrens seien nach schriftlicher Aufforderung der Unternehmen, die Eisen oder Stahl erzeugen, sowie der schon bestehenden Werkbelieferungshändler von den davon Betroffenen als Auskunftspersonen "Reklamationen" bezüglich der Schrottlieferungen der Antragstellerin, insbesondere im Hinblick auf kupfer- und/oder phosphathältige Schrottbeimengungen oder -zusammensetzungen, aus den im § 6 Abs 1 litb Schrottlenkungsgesetz genannten Gründen geltend gemacht worden, welche im einzelnen dargestellt werden. Nach Schilderung der entsprechenden Ermittlungsergebnisse kommt der Bundesminister sodann zusammenfassend zu dem Ergebnis, es seien keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, daß der von der Antragstellerin gelieferte Schrott im Sinne des § 6 Abs 1 litb SchrottlenkungsG mengenmäßig derartige kupfer- und/oder phosphathältige Beimengungen bzw. Zusammensetzungen aufgewiesen habe, die eine Gefahr für die Mängelfreiheit des daraus erzeugten Rohstahles verursachen hätten können, weshalb die Voraussetzungen für die Zulassung als Werkbelieferungshändler gegeben gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die V Ges.m.b.H. (eines der Eisen und Stahl erzeugenden Unternehmen) Verwaltungsgerichtshofbeschwerde.

c) Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in den Prüfungsanträgen die Auffassung, die zur Prüfung beantragte Gesetzesbestimmung sei in beiden Beschwerdeverfahren präjudiziell.

Er schließt sich den vom Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß vom , Zl. B919/89 (s.o. I.A.3) geäußerten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG 1985 idF der Novelle 1988 an.

2. Die Bundesregierung wurde auch in diesen Gesetzesprüfungsverfahren aufgefordert, eine Äußerung zu erstatten. Sie verwies auf ihre zu G11/90 abgegebene Stellungnahme (s.o. I.A.4), in der ausgeführt wird, daß diese Stellungnahme auch für alle künftigen sachverhaltsähnlichen, mit dem zu G11/90 geführten Verfahren verbundenen Verfahren zur Prüfung derselben Gesetzesbestimmung gelte.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit der Gesetzesprüfungsverfahren:

1.a) Der beim Verfassungsgerichtshof angefochtene Bescheid (s.o. I.A.1) weist einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers mit der Begründung ab, daß die im § 6 Abs 1 litb des SchrottlenkungsG umschriebenen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Konzession nicht vorlägen. Der Verfassungsgerichtshof hat also im Anlaßverfahren diese Vorschrift bei Beurteilung der an ihn gerichteten Beschwerde heranzuziehen. Die litb des § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG stellt eine untrennbare Einheit dar und ist sohin in dem von amtswegen zu G11/90 eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zur Gänze präjudiziell. In diesem Umfang ist - weil auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen dieses Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

b) Hingegen sind die übrigen, gleichfalls in Prüfung gezogenen Bestimmungen des § 6 Abs 1 leg.cit. sprachlich und inhaltlich von der litb durchaus trennbar. Die im Einleitungsbeschluß geäußerten Bedenken (s.o. I.A.3.) betreffen nur die Zugangsvoraussetzungen des § 6 Abs 1 litb, die in Beziehung zu den Entziehungsvorschriften des § 6 Abs 2 gesetzt werden. Der Grundsatz, daß der Umfang der zu prüfenden und gegebenenfalls aufzuhebenden Rechtsvorschriften derart abzugrenzen ist, daß - falls die Bedenken zutreffen - der Inhalt des Gesetzes möglichst wenig verändert wird, um für den Anlaßfall eine Rechtslage herbeizuführen, die nicht mehr mit den geäußerten Bedenken belastet ist (vgl. zB VfSlg. 7376/1974, 7726/1975, 9374/1982), zwingt nicht dazu, den Prüfungsumfang über die litb hinaus zu erweitern; die Aufhebung bloß der litb würde nämlich einen weniger schweren Eingriff in die bestehende Rechtslage bewirken als die Aufhebung des gesamten § 6 Abs 1. Die über die litb hinausgehenden Vorschriften des § 6 Abs 1 sind daher nicht präjudiziell. Das von amtswegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren war mithin in diesem Umfang einzustellen.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984).

b) Der Verfassungsgerichtshof kann daher dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten, wenn er zur Zl. 89/04/0274 (s.o. I.B.1.b.bb) offenbar davon ausgeht, daß ein Eisen und Stahl erzeugendes Unternehmen legitimiert sei, Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen einen Bescheid zu erheben, mit dem gegen den Rat dieses Unternehmens eine Werkbelieferungskonzession erteilt wurde, daß der Verwaltungsgerichtshof daher in der Sache zu entscheiden haben werde und daß er demnach die die Konzessionserteilung regelnden Bestimmungen in dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren anzuwenden habe.

c) In Ansehung des Umfanges der anzufechtenden und im Falle des Zutreffens der aufgezeigten Bedenken vom Verfassungsgerichtshof aufzuhebenden Gesetzesstellen ist auf die Ausführungen zu II.A.1. zu verweisen.

d) Da die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die beiden vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Prüfungsanträge soweit zulässig, als sie sich auf die litb des § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG beziehen.

Hingegen sind die darüber hinausgehenden Anträge des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig.

B. Zur Sache selbst

1. Im Gesetzesprüfungsverfahren wurden die Prämissen des hg. Einleitungsbeschlusses (und ihnen folgend der Prüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes) nicht widerlegt: Die etablierten Werkbelieferungshändler (das sind jene, die am diese Tätigkeit bereits ausgeübt haben) bedürfen für diese Tätigkeit keiner bescheidmäßigen Bewilligung. Für neue Werkbelieferungshändler hingegen ist eine - an strenge Voraussetzungen geknüpfte - behördliche, bescheidmäßig zu erteilende Genehmigung erforderlich. Die Voraussetzungen für den Zugang zum Gewerbe sind also für die eine Gruppe von Unternehmern wesentlich günstiger gestaltet als für die andere Gruppe. Die Regelungen über den Entzug der Konzession gleichen diese Privilegierung der einen gegenüber der anderen Gruppe auch nicht einigermaßen aus, obschon die Gefahren, denen durch die Zugangsund die Entzugsregelungen begegnet werden sollen, die gleichen sind:

Die Erteilung der Konzession ist schon dann zu verweigern, wenn bloße "Anhaltspunkte" für bestimmte Gefahren bestehen, während bei der Entziehung der (strikte) "Nachweis" der gleichen Gefahren gefordert wird und die Entziehung nur über Anzeige eines Eisen- und Stahlerzeugers erfolgen darf. Diese Diskrepanz wird dadurch besonders deutlich, daß der Bewerber um eine neue Konzession voraussetzungsgemäß den Schrott nicht unmittelbar dem Eisen- und Stahlerzeuger geliefert haben kann, sondern einem etablierten Werkbelieferungshändler; das führt - wie die Anlaßfälle zeigen - in der Praxis dazu, daß zwar dem Bewerber die neue Konzession verweigert, dem etablierten Werkbelieferungshändler aber seine Konzession nicht entzogen wird.

§ 6 Abs 2 SchrottlenkungsG enthält Entziehungsregelungen, die zwar formal die etablierten Werkbelieferungshändler und jene Schrotthändler, denen eine Konzession (bescheidmäßig) neu erteilt wurde, gleich behandeln. Diese Regelungen wirken sich aber im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten unterschiedlich aus:

Für die Entziehung der Konzession kommt es - wie dargetan - auf die Anzeige eines Eisen- und Stahlerzeugers an. Zwischen den etablierten Werkbelieferungshändlern und den Eisen- und Stahlerzeugern besteht nun aber in der überwiegenden Zahl der Fälle eine enge Unternehmensverflechtung, was eine Anzeige praktisch ausschließt.

Obgleich das im § 6 Abs 1 litb und Abs 2 SchrottlenkungsG geschilderte Verhalten vom Gesetzgeber offenbar mißbilligt wird, ist es - vom etablierten Werkbelieferungshändler gesetzt - in der Praxis folgenlos; beim Bewerber für eine neue Konzession hingegen führt es dazu, daß er nicht einmal zum Gewerbe zugelassen wird.

Die litb im § 6 Abs 1 des SchrottlenkungsG idF der Nov. 1988 war daher wegen Widerspruchs zum Gleichheitsgrundsatz aufzuheben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.

Der Ausspruch, daß frührere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.