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VfGH vom 23.06.2003, g11/03

VfGH vom 23.06.2003, g11/03

Sammlungsnummer

16901

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der Amnestie für Schwarzbauten im Bergbaugebiet; keine sachliche Rechtfertigung der gesetzlichen Besserstellung der Errichter von Bauten ohne Bewilligung gegenüber Personen mit rechtskonformem Verhalten

Spruch

Die erste Wortfolge "Bauten und andere" im ersten Satz des § 211 des ArtI des Bundesgesetzes über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz - MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B725/01 ein Verfahren über eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom anhängig, dem folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

Die in diesem Verfahren als Beschwerdeführerin auftretende Gesellschaft ist Eigentümerin der Bergwerksberechtigungen für die Grubenmaße "Gustav-Bau" und "Leopoldine-Bau", eingetragen im Bergbuch beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz unter der EZ 29 "Braunkohlenbergbau in Klein-Kainach", innerhalb derer auch das Grundstück der mitbeteiligten Partei liegt. Dieses Grundstück war mit Bescheid der Berghauptmannschaft Graz vom zum Bruchgebiet erklärt worden. Mit Antrag vom beantragte die mitbeteiligte Partei bei der Berghauptmannschaft Graz die Bewilligung zur Errichtung eines "Altenteilwohnhauses mit angebauter Doppelgarage" auf besagtem Grundstück. Mit Bescheid des - über Devolutionsantrag zuständig gewordenen - Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom wurde der mitbeteiligten Partei die begehrte Bewilligung erteilt. Mit Erkenntnis vom , Z 98/04/0105, wurde dieser Bewilligungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben.

Mit dem in der Folge in Beschwerde gezogenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf behördliche Bewilligung zur Errichtung des in Rede stehenden Einfamilienhauses als unzulässig zurückgewiesen und dies damit begründet, dass gemäß § 211 MinroG für nicht als Bergbauanlagen geltende Bauten und andere Anlagen, die vor dem in Bergbaugebieten errichtet worden seien, die Bewilligung nach § 153 Abs 2 MinroG als erteilt gelte. § 211 MinroG stelle - so die belangte Behörde - auf das Faktum ab, dass am ein bereits errichtetes Bauwerk vorgelegen sei. Wann ein Bauwerk als "errichtet" im Sinne des § 211 MinroG anzusehen sei, ergebe sich unter Berücksichtigung des Zweckes der Bestimmungen über Bergbaugebiete: Ein Bau gelte in deren Sinne als "errichtet", wenn er soweit hergestellt sei, dass er eine Bergbautätigkeit erschweren könnte bzw. eine Beeinträchtigung des Bauwerkes durch diese nicht mehr ausgeschlossen werden könne, weil etwa die hiefür notwendigen Maßnahmen im Nachhinein nicht mehr hergestellt werden könnten. Letzteres wäre dann anzunehmen, wenn der Rohbau und der Innendachausbau fertig gestellt worden seien. Aufgrund des konstatierten Baufortschrittes gelte im vorliegenden Fall die nach § 153 Abs 2 MinroG erforderliche Bewilligung bereits ex lege als erteilt, weshalb der Antrag der mitbeteiligten Partei zurückzuweisen gewesen sei.

2. Bei Behandlung der geschilderten Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 211 MinroG entstanden, der normiert, dass für nicht als Bergbauanlagen geltende "Bauten und andere Anlagen" unter bestimmten Umständen die Bewilligung nach § 153 Abs 2 MinroG ex lege als erteilt gilt. Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, dass die Beschwerde zulässig ist und dass er bei ihrer Behandlung § 211 MinroG anzuwenden hätte. Da er Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit einer ex lege-Bewilligung konsenslos errichteter Bauten in Bergbaugebieten hegte und davon ausging, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit ihren Sitz in der Bestimmung des § 211 MinroG, zumindest aber in der Wortfolge "Bauten und andere" im ersten Satz jener Bestimmung habe, hat er beschlossen, die Bestimmung in Prüfung zu ziehen.

3. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, dass sie auf Grund ihres Beschlusses vom von einer meritorischen Äußerung im vorliegenden Verfahren Abstand nehme.

II. § 211 MinroG steht in folgendem normativen Zusammenhang:

1. Das MinroG wurde mit BGBl. I 38/1999 kundgemacht; dem Versuch der früheren, mit BGBl. I 36/1999 erfolgten Kundmachung kam schon wegen der dort fehlenden Wiedergabe der Namen der den Gesetzesbeschluss beurkundenden bzw. gegenzeichnenden Organe keine rechtliche Wirkung zu (vgl. ).

2. Der unter der Überschrift "Bergbaugebiete" stehende § 153 MinroG bestimmt:

"(1) Als Bergbaugebiete gelten Grundstücke und Grundstücksteile innerhalb der Begrenzungen von Grubenmaßen und Überscharen, Speicher- und Gewinnungsfeldern mit Ausnahme jener auf Vorkommen von Kohlenwasserstoffen, sowie Grundstücke und Grundstücksteile, auf die sich ein genehmigter Gewinnungsbetriebsplan für grundeigene mineralische Rohstoffe bezieht und ferner Grundstücke und Grundstücksteile außerhalb der genannten Gebiete, wenn sie nach § 154 Abs 2 als Bergbaugebiete bezeichnet worden sind.

(2) In Bergbaugebieten dürfen nach Maßgabe des § 156 Bauten und andere Anlagen, soweit es sich nicht um Bergbauanlagen handelt, nur mit Bewilligung der Behörde errichtet werden. Dies gilt auch bei wesentlichen Erweiterungen und Veränderungen der Anlagen. Die Bewilligung gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Vorlage des Ansuchens von der Behörde versagt wird."

§ 156 MinroG idF BGBl. I 38/1999 lautet:

"Versagung einer Baubewilligung

§ 156. (1) Die Bewilligung nach § 153 Abs 2 ist von der Behörde

zu versagen, wenn


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1.
durch die Errichtung des geplanten Baus oder einer anderen geplanten Anlage im Bergbaugebiet die Gewinnungs- oder Speichertätigkeit in diesem verhindert oder erheblich erschwert wird, es sei denn, der Bergbauberechtigte nimmt die erhebliche Erschwerung der Gewinnungs- oder Speichertätigkeit auf sich oder
2.
eine wesentliche Veränderung des geplanten Baus oder der geplanten anderen Anlage durch Bodenverformungen nicht ausgeschlossen werden kann und Bodenverformungen oder deren Auswirkungen nicht durch geeignete Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen (Abs2) vermieden werden können oder
3.
durch den geplanten Bau oder die geplante andere Anlage ein möglichst vollständiger Abbau des Vorkommens nicht mehr möglich ist.

(2) Wird die Bewilligung versagt oder unter Anordnung geeigneter Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung von Bodenverformungen oder deren Auswirkungen erteilt und ist die geplante Anlage zur gehörigen Benützung des Grundstückes ohne wesentliche Änderung des bisherigen Verwendungszweckes nach Art und Umfang notwendig, so hat der Bergbauberechtigte und, wenn die Gewinnungsberechtigung oder die Speicherbewilligung nicht mehr aufrecht ist, der frühere Bergbauberechtigte den Bewilligungswerber angemessen zu entschädigen. Der § 149 Abs 6 gilt sinngemäß.

(3) Für wesentliche Veränderungen und Erweiterungen von Anlagen gelten die Abs 1 und 2 sinngemäß.

(4) Die Bewilligung ist dann nicht zu versagen, wenn die bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke nicht innerhalb von fünfzehn Jahren zu erwarten ist und gegenständlichenfalls kein Reservefeld vorliegt. Die voraussichtliche bergbauliche Inanspruchnahme hat der Bergbauberechtigte glaubhaft zu machen.

(5) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann, wenn es die geologisch-lagerstättenkundlichen Verhältnisse und die Art der Gewinnungs- oder Speichertätigkeit ermöglichen, durch Verordnung für einzelne Bergbaugebiete festsetzen, daß für die Errichtung bestimmter Arten von Bauten und anderen Anlagen oder in bestimmten Entfernungen von näher zu bezeichnenden Bergbauanlagen keine Bewilligungen nach § 153 Abs 2 erforderlich sind. Solche Verordnungen können auch rückwirkend erlassen werden."

Der unter der Rubrik "Bauten und andere Anlagen in Bergbaugebieten" stehende § 211 MinroG lautet (die aufgehobene Wortfolge ist hervorgehoben):

"Für nicht als Bergbauanlagen geltende Bauten und andere Anlagen, die vor dem in Bergbaugebieten errichtet worden sind, die aus Grundstücken und Grundstücksteilen gebildet werden, die sich innerhalb der Begrenzungen von Grubenmaßen und Überscharen, von Abbau- und Speicherfeldern befinden, für letztere jedoch nur, soweit diese auf Grund von Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen betreffend Bitumen vom Bund als Vertragspartner vor dem anerkannt worden sind, sowie für wesentliche Erweiterungen und Veränderungen, die vor dem an nicht als Bergbauanlagen geltenden Bauten und anderen Anlagen in diesen Bergbaugebieten vorgenommen worden sind, gilt die Bewilligung nach § 153 Abs 2 als erteilt. Dies gilt auch für nicht als Bergbauanlagen geltende Bauten und andere Anlagen, die im genannten Zeitraum in Bergbaugebieten errichtet worden sind, die aus Grundstücken und Grundstücksteilen gebildet werden, die sich innerhalb der Begrenzungen von Grubenmaßen und Überscharen befinden, für die Bergwerksberechtigungen nach § 5 des Bitumengesetzes, GBl. f. d. L. Ö. Nr. 375/1938, oder vor dem auf Kohlenwasserstoffvorkommen verliehen worden sind, sowie für wesentliche Erweiterungen und Veränderungen, die im genannten Zeitraum an nicht als Bergbauanlagen geltenden Bauten und anderen Anlagen in diesen Bergbaugebieten vorgenommen worden sind."

Ferner ist auf die maßgeblichen Bestimmungen des MinroG in der Stammfassung BGBl. I 38/1999 über das Bergschadensrecht zu verweisen:

"§160. (1) Ein Bergschaden liegt vor, wenn durch eine der im § 2 Abs 1 angeführten Tätigkeiten ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird.

(2) Nicht als Bergschaden gilt

1. - 2. ...

3. der Schaden an einer Anlage, wenn diese in einem Bergbaugebiet nach dessen Ersichtlichmachung im Grundbuch oder nach Kundmachung der Begrenzung des Bergbaugebietes nach § 210 errichtet und hiefür die Bewilligung nach § 153 Abs 2 von der Behörde versagt worden ist oder die Verpflichtung zu geeigneten Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen (§156 Abs 2) nicht eingehalten worden ist.


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[Anm.: Seit der Novelle BGBl. I 21/2002 lautet Z 3 wie folgt:

"3. der Schaden an einer Anlage, wenn diese in einem Bergbaugebiet nach dessen Ersichtlichmachung im Grundbuch oder nach Kundmachung der Begrenzung des Bergbaugebietes nach § 210 errichtet und hiefür nicht um eine Bewilligung nach § 153 Abs 2 angesucht wurde oder wenn diese Bewilligung versagt wurde oder die mit einer solchen Bewilligung verbundene Verpflichtung zu geeigneten Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen nicht eingehalten worden ist, ..."]

§161. (1) Für den Ersatz eines Bergschadens haftet, wer im Zeitpunkt des Schadenseintrittes Bergbauberechtigter ist. Ist dieser nicht Inhaber der Bergbauberechtigung, sondern ist ihm die Ausübung der Berechtigung nur überlassen worden, so haftet der Inhaber der Berechtigung mit ihm zur ungeteilten Hand. Der Bergbauberechtigte hat den Inhaber der Berechtigung zu entschädigen, wenn nicht anderes vereinbart ist."

III. Der Verfassungsgerichtshof ist im Prüfungsbeschluss davon ausgegangen, dass die Beschwerde des Anlassverfahrens zulässig ist, weil der angefochtene Bescheid - auch - gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft als Partei des Bewilligungsverfahrens erlassen wurde. Mit der Zurückweisung des Antrags der mitbeteiligten Partei auf Erteilung der Bewilligung für die Errichtung eines Hauses in einem Bergbaugebiet wäre nicht nur in die Rechtssphäre jener Partei, sondern auch in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Gesellschaft als Bergbauberechtigter eingegriffen worden, weil ihr durch den die Durchführung des Bewilligungsverfahrens verweigernden Bescheid die rechtliche Möglichkeit genommen wurde, am Bewilligungsverfahren als Partei mitzuwirken und ihre rechtlichen Interessen gemäß § 8 AVG einzubringen. Der Verfassungsgerichtshof ging weiters davon aus, dass die belangte Behörde im Anlassverfahren denkmöglich § 211 MinroG angewendet habe, sodass diese Vorschrift - zumindest in Teilen - präjudiziell im Sinne des Art 140 Abs 1 B-VG sein dürfte.

Diesen vorläufigen Annahmen ist weder die Bundesregierung noch eine Partei des Anlassverfahrens entgegengetreten. Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was an ihrem Zutreffen oder daran zweifeln ließe, dass der Verfassungsgerichtshof bei Behandlung der Beschwerde § 211 MinroG anzuwenden hat. Für den Umfang der Präjudizialität des § 211 MinroG hatte der Verfassungsgerichtshof allerdings zu beachten, dass es in dem dem Gesetzesprüfungsverfahren zugrunde liegenden Anlassfall ausschließlich um die Bewilligung eines neu errichteten Wohnhauses samt angebauter Doppelgarage - also um einen "Bau", nicht eine "Anlage", und um dessen Neuerrichtung, nicht um seine Erweiterung oder Veränderung - geht. Da es sich dabei um ein Neubauvorhaben (sohin nicht um ein bloßes Änderungsvorhaben) in einem im ersten Satz des § 211 MinroG genannten Bergbaugebiet handelt (und nicht in einem Bergbaugebiet im Sinne des zweiten Satzes der Bestimmung, für das eine Bergwerksberechtigung nach § 5 des Bitumengesetzes, GBl. f. d. L. Ö. Nr. 375/1938, oder vor dem auf Kohlenwasserstoffvorkommen verliehen worden ist), ist § 211 MinroG nicht zur Gänze, sondern nur hinsichtlich der ersten Wortfolge "Bauten und andere" im ersten Satz des § 211 präjudiziell. Hinsichtlich des übrigen Teils der Bestimmung war das Verfahren daher einzustellen.

IV. 1. In der Sache hatte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass es vor dem Hintergrund seiner Judikatur zur gesetzlichen Sanierung baurechtlich konsenslos errichteter Bauten (vgl. insb. VfSlg. 14.681/1996, 14.763/1997, 15.441/1999) keinen im Sinne des Gleichheitssatzes ausreichenden sachlichen Grund dafür gibt, dass durch § 211 MinroG Personen, die sich rechtswidrig verhalten haben, indem sie in Bergbaugebieten Bauten errichteten, ohne hiefür die Bewilligung nach § 153 MinroG eingeholt zu haben, vom Gesetzgeber besser gestellt werden als jene, die in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung auf eine konsenslose Bauführung verzichteten. Darüber hinaus legte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss dar, dass durch die in Prüfung gezogene Bestimmung auch eine sachlich nicht begründbare Benachteiligung des Bergwerksberechtigten kraft Bergschadensrecht bewirkt zu werden scheint.

2. Weder die zur Abgabe einer Stellungnahme aufgeforderte Bundesregierung, noch die beteiligten Parteien des Anlassverfahrens haben eine Äußerung zur Sache abgegeben; den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wurde sohin nicht entgegengetreten.

3. In der Sache bleibt der Verfassungsgerichtshof dabei, dass die vom Gesetzgeber fingierte nachträgliche Bewilligung von Bauten in Bergbaugebieten, deren faktische Errichtung mangels bergrechtlicher Bewilligung rechtswidrig war, dem Gleichheitssatz widerstreitet.

Es fehlt an einem sachlichen Grund dafür, dass durch § 211 MinroG Personen, die sich rechtswidrig verhalten haben, indem sie in Bergbaugebieten Bauten errichtet haben, ohne hiefür die Bewilligung nach § 153 MinroG eingeholt zu haben, vom Gesetzgeber besser gestellt werden als jene, die in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung auf eine konsenslose Bauführung verzichtet haben. (Vgl. zur ähnlichen Rechtslage betreffend den Versuch einer nachträglichen gesetzlichen Sanierung baurechtlich konsenslos errichteter Bauten VfSlg. 14.681/1996, 14.763/1997 und 15.441/1999.) Dazu tritt der Umstand, dass auch für Bauten, für welche die bergrechtliche Baubewilligung gemäß § 156 MinroG (bzw. gemäß seiner Vorgängerbestimmung im Berggesetz 1975) zu versagen gewesen wäre, weil durch die Errichtung der Bauten in Bergbaugebieten Gewinnungs- oder Speichertätigkeit verhindert oder erheblich erschwert wird oder weil eine wesentliche Veränderung des Baus durch Bodenverformungen nicht ausgeschlossen werden kann, die Bewilligung kraft § 211 MinroG als erteilt gilt. Die - schon mangels bergrechtlicher Baubewilligung rechtswidrige - faktische Errichtung eines Bauwerkes innerhalb eines Bergbaugebietes (bis ) kann die durch § 211 MinroG bewirkte Fiktion der Bewilligung keinesfalls rechtfertigen, wenn diese mangels Vorliegens der beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen zu versagen gewesen wäre. Der Umstand, dass "vielfach nicht erkannt" worden war, dass eine Baulichkeit "innerhalb der Begrenzung eines Bergbaugebietes ... errichtet worden" ist [so die bei Rossmann, Mineralrohstoffgesetz (1999), 343 f., zitierten Erl. zur RV 1428 BlgNR XX. GP], also die Absicht der gesetzlichen Sanierung ursprünglich nicht wahrgenommener Bewilligungspflichten, kann keine ausreichende sachliche Rechtfertigung dafür bilden, dass auch in den Fällen, in denen eine Baubewilligung kraft § 156 MinroG zu versagen gewesen wäre, diese nunmehr trotz weiter bestehenden Mangels der materiellen gesetzlichen Voraussetzungen rechtskräftig als erteilt gilt.

Die erstmalige Wortfolge "Bauten und andere" in § 211 erster Satz MinroG war daher wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben. Im Lichte der vorstehenden Begründung der Aufhebung wird § 211 MinroG nunmehr in der Weise anzuwenden sein, dass unter den im ersten Satz des § 211 MinroG verbleibenden Begriff "Anlagen" nicht Bauten (iS von Gebäuden) zu subsumieren sind; ein solches Verständnis ergibt sich auch daraus, dass im übrigen Text des § 211 MinroG ausdrücklich auf "Bauten" und (demgegenüber) "andere Anlagen" Bezug genommen wird.

Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigte es sich für den Verfassungsgerichtshof, auf seine sonstigen, im Prüfungsbeschluss vom zu B725/01 aufgeworfenen gleichheitsrechtlichen Bedenken einzugehen, zumal diese seit der Novelle zum MinroG BGBl. I 21/2002 für die Zukunft als überholt erscheinen.

V. 1. Von der Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der aufgehobenen Wortfolge hat der Verfassungsgerichtshof abgesehen. Es ist kein Grund ersichtlich, Personen, die sich gesetzwidrig verhalten haben, länger gegenüber Personen zu privilegieren, die in Übereinstimmung mit der Rechtslage von einer konsenslosen Bauführung Abstand genommen haben. Auch die Bundesregierung hat davon abgesehen, einen Umstand ins Treffen zu führen, der für die Bestimmung einer solchen Frist gesprochen hätte.

2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.

VI. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.