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VfGH vom 15.10.1997, g109/96

VfGH vom 15.10.1997, g109/96

Sammlungsnummer

14986

Leitsatz

Zulässigkeit der Gerichtsanträge auf Aufhebung der Bestimmung des IESG über die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld ohne weitere Prüfung bei bereits erfolgter Feststellung des Anspruchs durch Aufnahme ins Anmeldungsverzeichnis bei Gericht; Anwendung der Bestimmung auch durch die Gerichte; keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die weniger umfassende Prüfung der Ansprüche von Arbeitnehmern mit bereits exekutionsfähigem Titel aufgrund der Eintragung ins Anmeldungsverzeichnis; sachlich gerechtfertigte Anknüpfung an die Ergebnisse des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens; keine Unsachlichkeit durch die Möglichkeit von Mißbräuchen; keine Verletzung des Rechts auf Entscheidung eines zivilrechtlichen Anspruchs durch ein Gericht im materiellen Sinn; Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Gerichte

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Oberste Gerichtshof und das Oberlandesgericht Innsbruck beantragen auszusprechen, daß der zweite Satz des § 7 Abs 1 des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes (IESG), BGBl. 324/1977, in der Stammfassung verfassungswidrig war. Die antragstellenden Gerichte legen dar, daß sie über Rechtsmittel gegen Urteile zu entscheiden haben, die Klagen auf Insolvenz-Ausfallgeld abweisen oder solches zusprechen, und zwar unter anderem für Ansprüche, die der Masseverwalter in Konkursverfahren anerkannt hat, welche bereits 1992 (so im Anlaßverfahren des Obersten Gerichtshofes) und 1991 (so in den Anlaßverfahren des Oberlandesgerichtes Innsbruck) eröffnet worden waren. Sie hätten daher die angegriffene Gesetzesstelle noch in ihrer Stammfassung (vor der Novelle BGBl. 153/1994) anzuwenden.

Die angefochtene Gesetzesbestimmung steht im folgenden Zusammenhang:

Der Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld ist vom Arbeitnehmer nach Maßgabe näherer Vorschriften (§6 IESG) binnen vier Monaten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Arbeitgeber zu stellen (Abs1); darin sind der Betrag der Forderung, die sie begründenden Tatsachen und die verfügbaren Beweismittel anzugeben (Abs2). Das Verzeichnis der Forderungen ist dem Arbeitgeber, bei Anhängigkeit eines Konkursverfahrens dem Masseverwalter zuzustellen (Abs3). Ist ein Konkursverfahren nicht anhängig, hat der Arbeitgeber binnen 14 Tagen zu jeder Forderung eine bestimmte Erklärung über ihre Richtigkeit und Höhe abzugeben (Abs4), ist ein Konkursverfahren anhängig, hat diese Erklärung der Masseverwalter abzugeben (Abs5 Satz 1). Soweit die Forderung Gegenstand der Anmeldung im Konkurs ist, tritt an die Stelle der Erklärung die Übersendung eines Auszuges oder einer Abschrift aus dem Anmeldungsverzeichnis (§108 KO) durch den Masseverwalter (Abs5 Satz 3).

An die zuletzt genannte Bestimmung knüpft der angefochtene zweite Satz in dem hier zur Gänze wiedergegebenen Abs 1 des mit "Entscheidung und Auszahlung" überschriebenen § 7 IESG in der Stammfassung wie folgt an (angefochtener Satz hervorgehoben):

"§7. (1) Das Arbeitsamt ist bei der Beurteilung des Vorliegens eines gesicherten Anspruches an die hierüber ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gebunden, die gegenüber dem Antragsteller rechtskräftig geworden sind. Soweit der dritte Satz des § 6 Abs 5 anzuwenden ist, hat das Arbeitsamt dem Antrag ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben, als nach dem übersendeten Auszug (Abschrift) des Anmeldungsverzeichnisses der gesicherte Anspruch im Konkurs oder im Ausgleichsverfahren festgestellt ist. Im übrigen sind die §§45 bis 55 AVG 1950 anzuwenden."

Der mit Novelle BGBl. 835/1992 dem wiedergegebenen Text noch angefügte vierte Satz (über die Unterbrechung von Fristen durch rechtzeitige Antragstellung) ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Hingegen sind seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1994, BGBl. 153, an die Stelle des zweiten und dritten Satzes folgende drei Sätze getreten:

"Diese Bindung tritt nicht ein, wenn der gerichtlichen Entscheidung kein streitiges Verfahren vorangegangen ist oder ein Anerkenntnisurteil gefällt wurde, sofern diese Gerichtsentscheidung vor weniger als sechs Monaten vor Eröffnung des Konkurses oder vor Erlassung eines nach § 1 Abs 1 gleichzuhaltenden Gerichtsbeschlusses rechtskräftig geworden ist. Soweit der dritte Satz des § 6 Abs 5 anzuwenden ist, hat das Arbeitsamt dem Antrag ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben, als nach dem übersendeten Auszug (Abschrift) des Anmeldungsverzeichnisses der gesicherte Anspruch im Konkurs oder im Ausgleichsverfahren festgestellt ist, es sei denn, daß die gerichtliche Feststellung auf einer nicht bindenden gerichtlichen Entscheidung im Sinne des zweiten Satzes beruht. Im übrigen sind die §§45 bis 55 AVG anzuwenden. Zur Ermittlung des Nettoanspruches nach § 3 Abs 4 erster Satz ist das Arbeitsamt berechtigt, einen Steuerberater heranzuziehen, wenn hiezu der Arbeitgeber nach § 6 Abs 4 nicht in der Lage ist."

Die Neufassung ist jedoch ungeachtet ihres Inkrafttretens am nicht anzuwenden, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor diesem Zeitpunkt gefaßt worden ist (§17a Abs 4 IESG).

Schließlich hat das am in Kraft getretene Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz, BGBl. 314/1994, im Zuge der Neuordnung der Behördenorganisation in diesem Bereich auch in § 7 Abs 1 IESG das Wort "Arbeitsamt" durch die Wortfolge "Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen" ersetzt (Art24 Z 1; Übergangsvorschrift in § 17a Abs 5 IESG).

1. Die antragstellenden Gerichte beschränken ihre Anfechtung auf den zweiten Satz des § 7 Abs 1 IESG, weil sie über Fälle zu entscheiden haben, in denen der dritte Satz des § 6 Abs 5 anzuwenden ist. Schon vorher hatte der Oberste Gerichtshof im Verfahren G46/95 den ersten Satz des § 7 Abs 1 IESG zur Prüfung gestellt; dieses Verfahren führte jedoch zu keiner Erledigung in der Sache. Gleichwohl empfiehlt es sich, zum Verständnis der Bedenken der antragstellenden Gerichte, die damals zum grundlegenden ersten Satz geäußerten Bedenken auch ihren Ausführungen in diesen Verfahren vorauszuschicken. Der Oberste Gerichtshof hatte in dem das Verfahren G46/95 auslösenden Beschluß 8 ObS 13/95 nämlich ausgeführt:

"Wie der Oberste Gerichtshof zu § 7 Abs 1 IESG wiederholt ausgesprochen hat, bleibt das Arbeitsamt auch bei Vorliegen einer gerichtlichen Entscheidung über den Anspruch in der Beurteilung von Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüssen, die im gerichtlichen Verfahren (als dort nicht anspruchsbegründend) von vornherein nicht zu prüfen waren oder (mangels Einwendung) nicht geprüft wurden, frei ... Dasselbe gilt für die Frage, ob überhaupt ein gesicherter Anspruch vorliegt ...

Besteht daher gemäß § 7 Abs 1 Z 1 (gemeint offenbar: § 7 Abs 1 Satz 1) IESG eine Bindungswirkung der im Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergangenen Entscheidung, dann ist im Verfahren über das Insolvenzausfallgeld lediglich zu prüfen, ob ein Anspruchsausschluß oder eine Anspruchsbegrenzung nach dem IESG vorliegt bzw ob es sich bei dem im Vorprozeß zuerkannten Anspruch um einen gesicherten Anspruch des Arbeitnehmers handelt.

...

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, daß ... die Nichtigkeit von nur auf eine sittenwidrige, mit dem Zweck des IESG unvereinbare Belastung des Insolvenzausfallgeldfonds abzielender Vereinbarungen nur im Rahmen der Anfechtungstatbestände der KO und AnfO wahrgenommen werden könnte, was zumindest bezüglich des mehr als zwei Jahre vor der Ausgleichseröffnung abgeschlossenen Arbeitsvertrages zu einer Einschränkung nur auf den Anfechtungstatbestand nach § 28 Abs 1 Z 1 KO führen würde. Auch die Vereinbarungen über die Vorfinanzierung sind nur nach den Anfechtungstatbeständen der KO überprüfbar, wobei die Bindungswirkung des zwischen dem Kläger und dem Arbeitgeber ergangenen Versäumungsurteils überdies dazu führen muß, die erhebliche Zinsenbelastung jedenfalls als einen Anspruch gegen den Kläger und nicht bloß gegen seinen Arbeitgeber zu werten."

und daran folgende Bedenken wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz geknüpft:

"Die Bindung des Arbeitsamtes führt dazu, daß die Ansprüche jener Arbeitnehmer, die vor der Entscheidung des Arbeitsamtes einen Titel gegen ihren Arbeitgeber erlangt haben, im Rahmen der Zuerkennung der aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen des Insolvenzausfallgeldfonds einer weniger umfassenden Überprüfung unterliegen, als die der Arbeitnehmer, die einen solchen Titel nicht erlangt haben. In diesem Zusammenhang ist wohl auch zu beachten, daß das der Parteiendisposition unterliegende Zivilverfahren, an dem weder der Insolvenzausfallgeldfonds noch eine seine Interessen wahrende Amtspartei im Sinne des § 66 ASGG und § 10 IESG beteiligt sind, noch weniger als das vom Grundsatz der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit bestimmte Strafverfahren geeignet ist, einigermaßen objektive Grundlagen für die Beurteilung eines öffentlich-rechtlichen Anspruches zu schaffen.

Die eine Prozeßführung zu Lasten Dritter ermöglichende Ausdehnung der Rechtskraftwirkung eines Zivilverfahrens auf die Anspruchsgrundlagen für Leistungen eines öffentlich-rechtlichen Fonds an eine der Prozeßparteien ist sachlich nicht gerechtfertigt (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 Rz 1350/1). Auch das Bestreben des Gesetzgebers, damit einfache und leicht handhabbare Regelungen zu schaffen und einen Verfahrensaufwand zu vermeiden, rechtfertigt es nicht, den Eintritt einer Rechtsfolge von Zufälligkeiten, insbesondere von der Manipulation zugänglichen Umständen, abhängig zu machen (siehe Walter-Mayer aaO Rz 1350)."

(Eine Wiedergabe der aus dem Blickwinkel des Rechtes auf Gehör im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK erhobenen Bedenken erübrigt sich angesichts der im folgenden wiedergegebenen ähnlichen Formulierungen im vorliegenden Verfahren G1344/95).

Im Anschluß an seine Ausführungen im (damals noch nicht beendet gewesenen) Verfahren G46/95 begründet der Oberste Gerichtshof - ausgehend von der nicht näher dargelegten Anwendbarkeit des § 7 Abs 1 Satz 2 in dem bei ihm nun anhängigen Verfahren - seine Anfechtung nunmehr wie folgt:

"Der Oberste Gerichtshof hat gegen die im zweiten Satz des § 7 Abs 1 IESG angeordnete Bindungswirkung (- das Arbeitsamt hat dem Antrag ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben, als nach dem übersendeten Auszug (Abschrift) aus dem Anmeldungsverzeichnis der gesicherte Anspruch im Konkurs oder Ausgleichsverfahren festgestellt ist -) bisher keine Bedenken gehegt (so 9 ObS 4/90, EvBl 1990/126 = WBl 1990, 271 = ZAS 1991, 65 = RdW 1990, 353 unter ausdrücklicher Ablehnung von Schima, ZAS 1979, 206 f; 9 ObS 3/90, 9 ObS 16/93 und zuletzt 8 ObS 12/94).

Eine nochmalige Überprüfung des bisher vertretenen Standpunktes, insbesondere unter den im Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom , 8 ObS 13/95 - mit dem dort der Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt wurde, auszusprechen, daß der erste Satz des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung verfassungswidrig war -, angeführten Gesichtspunkten läßt den Obersten Gerichtshof auch Bedenken gegen die Bindungswirkung des zweiten Satzes des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung aufkommen.

Der Oberste Gerichtshof hegt auch gegen die im vorliegenden Fall anzuwendende Bestimmung des § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG Bedenken. Die Bindung des Arbeitsamtes führt dazu, daß die Ansprüche jener Arbeitnehmer, die vor der Entscheidung des Arbeitsamtes einen exekutionsfähigen Titel durch Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis (§108 KO) infolge Anerkennung durch den Masseverwalter und Nichtbestreitung eines hiezu berechtigten Konkursgläubigers (§109 Abs 1 KO) erlangt haben, im Rahmen der Zuerkennung der aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen des Insolvenz-Ausfallgeldfonds einer weniger umfassenden Überprüfung unterliegen, als die der Arbeitnehmer, die einen solchen Titel nicht erlangt haben. Zwar besteht bei der Anerkennung der Forderung durch den Masse- oder Ausgleichsverwalter, der die allgemeinen Interessen gegenüber den Sonderinteressen einzelner Gläubiger zu wahren hat und der Aufsicht durch das Insolvenz-Gericht unterliegt (vgl §§80 f KO, §§29 f AO), weniger die Gefahr einer mit dem Arbeitgeber abgesprochenen Manipulation zu Lasten Dritter, nämlich des Insolvenz-Ausfallgeldfonds (in diesem Sinn 8 ObS 12/94), doch sind einerseits solche Manipulationen nicht ausgeschlossen, ist doch der Masseverwalter in vielen Fällen, insbesondere bei mangelhafter Buchführung, auf die Auskünfte des Gemeinschuldners angewiesen, und sind andererseits auch gravierende Fehler des Masseverwalters, die nicht im Wege eines Rechtsmittels überprüft werden können, - wie der vorliegende Fall zeigt, in dem der Masseverwalter einen dem Kläger nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung nicht gebührenden Betrag in Höhe von über S 400.000 anerkannt hat - nie auszuschließen. Auch das Bestreben des Gesetzgebers, damit einfache und leicht handhabbare Regelungen zu schaffen und einen Verfahrensaufwand zu vermeiden, rechtfertigt es nicht, den Eintritt einer Rechtsfolge von Zufälligkeiten, insbesondere von der Manipulation zugänglichen Umständen, abhängig zu machen (s Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7Rz 1350).

Aber auch wegen einer allfälligen Verletzung des durch Art 6 Abs 1 MRK vor der Entscheidung über seine zivilrechtlichen Verpflichtungen jedermann gewährleisteten rechtlichen Gehörs hegt der Oberste Gerichtshof gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung Bedenken. Ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Zuordnung im österreichischen Recht ist der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld als 'civil right' im Sinn des Art 6 Abs 1 MRK zu qualifizieren, weil es sich um die Fortwirkung des aus seinem privatrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleiteten Entgeltanspruchs handelt (s auch Liebeg, WBl 1990, 261 ff (264 Anm 17); Fink ZAS 1991, 67 ff (69)). Der Oberste Gerichtshof erachtet den Umstand, daß es sich bei dem Insolvenz-Ausfallgeldfonds um eine juristische Person des öffentlichen Rechtes handelt, für nicht so bedeutsam, daß es gerechtfertigt wäre, diesem Fonds, der nur aus den Beiträgen der Dienstgeber gespeist wird, den in der MRK grundsätzlich jedermann gewährleisteten Schutz zu versagen (s Ermacora, Grundriß der Menschenrechte in Österreich, Rz 40). Auch dem Insolvenz-Ausfallgeldfonds muß daher wohl das Recht auf Prüfung der gegen ihn erhobenen privatrechtlichen Ansprüche in einem fairen Verfahren zugebilligt werden. Die angefochtene Regelung steht im Widerspruch zu dem in Art 6 Abs 1 MRK jedermann gewährleisteten Recht, von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gehört zu werden, das über ihn betreffende zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat, da das Arbeitsamt (und damit das Gericht) an die Entscheidung in einem anderen Verfahren gebunden ist, zu dem der Insolvenz-Ausfallgeldfonds aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen - es kommt ihm nur in Ausnahmsfällen die Stellung eines Gläubigers iSd § 109 Abs 1 KO zu - keinen Zugang hatte (s VfSlg 12504). In diesem Sinn argumentiert auch die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung (S 2), die eine Bindungswirkung des § 7 Abs 1 IESG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör überhaupt verneint."

2. Das Oberlandesgericht Innsbruck, das in beiden seinen Anträgen zugrundeliegenden Verfahren nach Berufungen über Zwischenurteile bereits im zweiten Rechtsgang (gegen Endurteile) zur Entscheidung berufen ist, legt zunächst die Präjudizialität des angefochtenen Satzes näher dar und führt dazu aus:

"Zu prüfen ist, ob die anzuwendende Norm auch präjudiziell für die hier zu treffende Entscheidung ist. Dies ist zu bejahen, weil im Hinblick auf den Verfahrensstand und die verbindliche Entscheidung des Höchstgerichtes in diesem Verfahren eine gesicherte Forderung des Klägers vorliegt und die Frage eines Anspruchsausschlusses oder einer Einschränkung, die von der Verwaltungsbehörde und dem Arbeits- und Sozialgericht selbständig und frei zu beurteilen sind ..., hier keine Rolle mehr spielt. Wenn auch die Bestimmung des § 7 Abs 1 IESG explizit nur die Verwaltungsbehörde anspricht, ist nichts destoweniger damit im Rahmen der sukzessiven Kompetenz auch das Arbeits- und Sozialgericht Normadressat. Der diesbezüglich anderen Ansicht des Klägers in seiner Berufungsbeantwortung kann nicht beigepflichtet werden (vgl. in diesem Sinne auch nunmehr zutreffend Liebeg, IESG, 160; ausführlich Fink, ZAS 1991, 67;

Holler-Holzer-Reißner-Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 213). Durch die im zweiten Rechtsgang nunmehr erfolgte konkursrechtliche Feststellung der Klagsforderung in dem vom Erstgericht verbindlich festgestellten Umfang ist daher auch das Berufungsgericht ausdrücklich angesprochen. Von einer Klagsänderung, die eine Unzulässigkeit des fortgesetzten Verfahrens mit sich bringen würde, kann zufolge der Berufung des Klägers auf dieses Anerkenntnis nicht die Rede sein ... Wird die Bindungswirkung der konkursrechtlichen Feststellung im Sinne des § 109 Abs 1 und 2 KO iVm § 7 Abs 1 zweiter Satz IESG in der hier anzuwendenden Fassung bejaht, hat ohne weitere Erhebungen über die Höhe des klägerischen Anspruches diese betragsmäßige Feststellung zu gelten. Davon ist das Erstgericht auch zutreffend ausgegangen. Ist aber nicht von einer solchen unüberprüfbaren Bindung auszugehen, muß im Sinne der von der beklagten Partei wiederum zutreffend relevierten, individuellen Schadensbetrachtung ausgegangen werden, wobei es erforderlich ist, in einem ergänzenden Verfahren noch zusätzliche Beweise zum konkreten Schaden des Klägers aufzunehmen ... Die anzuwendende Norm ist daher im Sinne dieser Auslegungskriterien präjudiziell".

Das Oberlandesgericht schließt sich sodann der Anfechtung des § 7 Abs 1 (Satz 2) IESG durch den Obersten Gerichtshof und dessen verfassungsrechtlichen Bedenken an und fügt diesen noch bei, daß

"jedenfalls nach der Rechtsprechung des EuGMR auch Sozialversicherungsansprüche im weitesten Sinn dem Begriff des civil right unterstellt werden, so z.B. soziale Unterstützungsleistungen (vgl. EuGMR Nr. 11/992/356/430 im Fall Salesi gegen Italien - ÖJZ 1993 669) oder für die schweizerische Invalidenversicherung (vgl. Eidgenössisches Versicherungsgericht vom , C27/90, EuGRZ 1994, 163 ff) und auch für die Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. hiezu Fink, aaO, unter Hinweis auf EuGMR in EuGRZ 1988, 25 ff). Vor allem der vom Obersten Gerichtshof, aber auch von der beklagten Partei erwähnte Gesichtspunkt ist hervorzuheben, daß es sich bei den ge-(ver)sicherten Ansprüchen nach dem IESG um Ansprüche aus dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis handelt. Diese ändern ihre Rechtsnatur nicht (vgl. § 11 Abs 1 IESG), sondern es werden nur durch die Ausschluß- und Beschränkungsbestimmungen des IESG nicht sämtliche in voller, privatrechtlich gerechtfertigter Höhe dem Arbeitnehmer als Versicherungsleistung zuerkannt. Selbst bei einschränkender Betrachtungsweise des Begriffes des civil right meint das Berufungsgericht, daß hier auch bei einer eher an der innerstaatlichen Qualifikation dieses Begriffes orientierten Betrachtungsweise ein Hindernis nicht besteht, die in Frage stehenden Ansprüche des IESG als zivilrechtliche Ansprüche zu werten.

Bezogen auf die Schutzbedürftigkeit des Insolvenzausfallgeldfonds ist hervorzuheben, daß zum einen Adressat des IESG das Arbeitsamt (nunmehr das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) und das Arbeits- und Sozialgericht sind, was die Frage der Bindung anlangt. Die Auszahlung der Ansprüche erfolgt gleichwohl über Anordnung einer dieser beiden Behörden, die beide ohne Zweifel Behördencharakter aufweisen und auch Institutionen öffentlich-rechtlicher Natur sind. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Behördenakte hat aber der bis zur Auszahlung (Anmeldung) der Forderungen nicht in das Verfahren einbezogene Insolvenzausfallgeldfonds zu gewährleisten. Dieser wird seinerseits nicht nur aus Zuschlägen der Arbeitgeber iSd § 12 Abs 1 Z 5 IESG finanziert, sondern auch durch Rückflüsse übergegangener Ansprüche, aus Geldverkehrszinsen und Darlehnsrückzahlungen (§12 Abs 1 Z 1 bis 4 IESG). Dem Fonds werden vom Gesetzgeber Rechnungsabschlüsse aufgetragen, insbesondere ist er aber auch zu einer Kreditaufnahme für den Fall verpfichtet, daß eine Unterdeckung bezogen auf den zu gewärtigenden Leistungsaufwand vorliegt. Ungeachtet des Umstandes, daß der Rechtspersönlickeit genießende Insolvenausfallgeldfonds beim Bundesminister für Arbeit und Soziales eingerichtet ist, sprechen die hier angeführten Umstände doch eher dafür, ihn jedenfalls nicht mit juristischen Personen gleichzusetzen, die als juristische Personen öffentlichen Rechtes keinen Grundrechtsschutz genießen. Dazu ist nach Ansicht des Berufungsgerichtes beim Insolvenzausfallgeldfonds - der aber letztendlich der durch die Bindungswirkung Betroffene ist - der hoheitsrechtliche Charakter zu wenig ausgeprägt. Die Organe des Insolvenzausfallgeldfonds haben nicht die Befugnis, in ihrem gesetzlichen Wirkungskreis rechtsverbindliche Anordnungen (Entscheidungen und Verfügungen) zu treffen und deren Durchführung notfalls zu erzwingen (VfSlg 7717), was gegen den hoheitsrechtlichen Charakter des Fonds spricht.

Bejaht man aber die Schutzwürdigkeit des Insolvenzausfallgeldfonds als unmittelbar wirtschaftlich Betroffenen, muß ihm Parteistellung im Verfahren gewährt werden, damit er seine Einschätzung der Sach- und Rechtslage dartun und der Behörde alle zweckdienlichen Beweismittel und sonstigen Erkenntnisquellen an die Hand geben und gegebenenfalls auch Rechtsmittel ergreifen kann: Dies alles mit dem Ziel, eine ihm günstige Entscheidung zu erwirken, die die Leistungsverpflichtung hintanhält oder zumindest mindert. Soweit die Parteistellung und damit die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs geboten ist ... muß sie dem Betroffenen diese vom rechtstaatlichen Prinzip geforderten Möglichkeiten eröffnen. Nur aus besonderen Gründen darf die Behörde an die Ergebnisse von Verfahren gebunden werden, an denen sich der Betroffene nicht beteiligen konnte. Der Insovenzausfallgeldfonds hat hier nicht einmal dem Anschein nach eine Parteistellung und ist auch nicht in der Lage, durch das Bundesamt vertreten im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht bei sukzessiver Zuständigkeit seine Rechte geltend zu machen. Eine solche Vertretung ist nicht vorgesehen. In diesem Sinne erfolgt somit durch die vorliegende Bindung eine Aushöhlung der verfassungsrechtlich gebotenen Parteistellung (vgl. in diesem Sinne VfGH Erkenntnis vom , B945/91; zum Problem Bindung und Bundesverfassung siehe auch Morscher in JBl 1991, 88)."

3. Die Bundesregierung legt in allen drei Verfahren die Äußerung vor, die sie schon im vorausgegangenen Verfahren G46/95 über den ersten Satz des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung erstattet hat und für alle sachverhaltsähnlichen Verfahren gelten lassen will. Es heißt darin:

"§7 Abs 1 erster Satz IESG, BGBl. Nr. 324/1977, wonach das Arbeitsamt bei der Beurteilung des Vorliegens eines gesicherten Anspruches an die hierüber ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gebunden gewesen war, die gegenüber dem Antragsteller rechtskräftig geworden sind, war (und ist) bloß eine Widerspiegelung der allgemeinen Regel, daß rechtskräftige Entscheidungen sowohl für die Behörden (Gerichte) als auch für die Normadressaten verbindlich sein sollen. Die Verbindlichkeit bedeutet Normativität der Entscheidung: Parteien und Behörden (in bezug auf die betroffenen Parteien) haben die Entscheidung (Urteils- oder Bescheidinhalt) als maßgeblich zu betrachten.

Diese bindende Wirkung erstreckt sich aber auch auf die Begründung, weil der Umfang der Rechtskraft ohne Begründung nicht erkannt werden kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwSlg. Nr. 9992(A)/1979 zu Recht erkannt hat, ist für den Bereich des IESG davon auszugehen, daß einerseits gerichtliche Entscheidungen, deren prozessuale Grundlage allein die Parteiendisposition ist (etwa Versäumungs- und Anerkenntnisurteile, gerichtliche Vergleiche usw.), hinsichtlich der Qualifizierung eines Anspruches als gesichert ebensowenig bindend sind wie andererseits Parteienerklärungen in Konkursverfahren, selbst wenn sie kraft positiver Bestimmung der Konkursordnung teils im Konkurs, teils außerhalb des Konkurses bestimmte rechtskraftähnliche Wirkungen haben. Die Arbeitsämter bzw. Landesarbeitsämter hatten daher aus eigenem die Prüfung vorzunehmen, ob ein gesicherter Anspruch vorlag, wenn das diesbezüglich ergangene Urteil nicht nach einem streitigen Verfahren ergangen war. In diesem Zusammenhang weist die Bundesregierung darauf hin, daß im Anschluß an das oz. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ein Rundschreiben des (damaligen) Bundesministeriums für Soziale Verwaltung erging, in dem die Landesarbeitsämter angewiesen wurden, im Sinne dieses Erkenntnisses vorzugehen ...

Auch das Berufungsgericht in dem den Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof bildenden Verfahren 8 Ob S 13/95 scheint diese Auffassung zu teilen. Nach den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes auf Seite 7 seines Beschlusses vertrat das Berufsgericht (gemeint wohl: Berufungsgericht) im Berufungsverfahren die Rechtsansicht, in der Frage, ob der geltend gemachte Anspruch auch gesichert sei, sei das Arbeitsamt nicht an das ergangene Versäumungsurteil gebunden.

Auch der Oberste Gerichtshof selbst scheint im Urteil vom , 9 ObS 19/93 von einem änlichen Verständnis des § 7 Abs 1 IESG auszugehen. In diesem Urteil finden sich die folgenden Ausführungen:

'Gemäß § 1 Abs 2 IESG sind ausdrücklich nur aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche (Abs3) aus dem Arbeitsverhältnis gesichert. Damit wird einerseits eine amtswegige Wahrnehmung der Verjährung oder des Verfalls von Ansprüchen ermöglicht, die ansonsten nur auf Einwendung erfolgen könnte (§1501 ABGB; Arb 10.097 ua), und andererseits die Prüfung der Anspruchsqualifikation als 'gesichert' auch bei Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung nicht ausgeschlossen (§7 Abs 1 IESG). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof bereits hinsichtlich einer Kündigungsentschädigung entschieden, daß der Anspruch seiner Art nach zwar zu den gesicherten Ansprüchen gehöre und daß diesbezüglich eine Bindungswirkung eingetreten sei, daß aber dem im gerichtlichen Verfahren nicht geltend gemachten Einwand des Verfalls Beachtlichkeit zukomme (9 Ob S 23/92). Dieselben Grundsätze müssen auch für die hier entscheidende Frage der Verjährung gelten, wobei dahingestellt bleiben kann, ob gerichtliche Entscheidungen, deren prozessuale Grundlage allein die Parteiendisposition ist, hinsichtlich der Qualifikation eines Anspruches als gesicherten an sich bindend sind (vgl etwa die Entscheidungen des VwGH in Feil, IESG,§ 7 Anm 89 ff; aber 9 Ob S 15/88 ua).'

Soweit daher der Oberste Gerichtshof gleichheitsrechtliche Bedenken gegen § 7 Abs 1 erster Satz IESG in der Stammfassung vorbringt, sind diese darin begründet, daß er entgegen der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer anderen Interpretation des § 7 Abs 1 erster Satz IESG ausgeht (vgl. auch die Erläuterungen zur RV, 1384 BlgNR 18. GP). Diese Auslegung ist aber schon im Hinblick darauf nicht zulässig, daß im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes im Zweifel einer verfassungskonformen Interpretation der Vorzug zu geben ist (vgl. etwa VfSlg. 11466/1987). Im Falle einer verfassungskonformen Interpretation des § 7 Abs 1 leg.cit. ist aber der Argumentation des Obersten Gerichtshofes der Boden entzogen. Eine solche verfassungskonforme Interpretation ist vom Worlaut des § 7 Abs 1 erster Satz IESG durchaus gedeckt ...

Hilfsweise weist die Bundesregierung noch auf folgendes hin:

Nach dem gegenwärtig geltenden § 7 Abs 1 IESG tritt die Bindung dann nicht ein, wenn der gerichtlichen Entscheidung kein streitiges Verfahren vorangegangen ist oder ein Aktenerkenntnisurteil (gemeint wohl: Anerkenntnisurteil) gefällt wurde. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 1384 BlgNR

18. GP, bedeutet diese mit der Novelle BGBl. Nr. 153/1994 verfügte Änderung des Normtextes keine inhaltliche Neuregelung, vielmehr sollte der ursprüngliche Norminhalt, wie vom Verwaltungsgerichtshof interpretiert, im Hinblick auf die davon abweichende Judikatur des Obersten Gerichtshofes bekräftigt werden."

Den Bedenken des Obersten Gerichtshofes im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK hält die Bundesregierung folgendes entgegen:

"Der Oberste Gerichtshof beginnt seine Ausführungen über die Zuordnung des Anspruchs auf Insolvenz-Ausfallgeld als 'civil right' mit den Worten, 'Ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Zuordnung im österreichischen Recht ...'. Gerade diese Zuordnung des Insolvenz-Ausfallgeldes zum öffentlichen Recht kann aber nicht unbeachtet bleiben, sodaß bereits die Prämisse der Antragsbegründung durch den Obersten Gerichtshof unhaltbar ist. Weiters geht der Oberste Gerichtshof davon aus, daß es sich beim Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld 'um die Fortwirkung des aus einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleiteten Entgeltanspruches handelt'. Auch diese Feststellung ist unrichtig. Vielmehr leitet sich der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld nicht von anderen Ansprüchen ab, sondern hat seine Grundlage ausschließlich im Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz selbst (vgl. insbesondere die §§1f). Dieses Bundesgesetz stützt sich kompetenzrechtlich auf Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG 'Sozialversicherungswesen' (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 464 BlgNR XIV. GP, Seite 7). Der Anspruch ist daher eindeutig dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Der vom Obersten Gerichtshof erwähnte 'aus einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis abgeleitete Entgeltanspruch' ist daher nur eines der Tatbestandselemente im Rahmen der Regelung eines originär öffentlich-rechtlichen Anspruches.

Eine allfällige Qualifizierung dieses Anspruches durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als zivilrechtlichen Anspruch kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Nach seinem ursprünglichen Sinn hat der Begriff 'civil rights' einen viel engeren Inhalt, als ihm die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unterstellt. Diese Rechtsprechung erweist sich mithin als offene Rechtsfortbildung (vgl. VfSlg. 11500/1987). Die Entscheidung über den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld ist (ebenso wie die Erteilung einer Konzession nach dem Gewerberecht oder die Erteilung einer Baubewilligung) eine staatliche Maßnahme, die nach österreichischer Rechtstradition im öffentlichen Recht wurzelt und nicht zur Ziviljustiz gehört, weil hier nicht Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander geregelt werden. Wenngleich solche Akte für den Betroffenen von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung sein können und somit bedeutsame Auswirkungen in seinem Vermögen haben können, werden damit doch nicht Streitigkeiten entschieden, die über 'civil rights' selbst entstanden sind. Soweit der Fall nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte anders zu beurteilen wäre, weist die Bundesregierung auf die Erörterungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis VfSlg. 11937/1988 hin.

Die Bundesregierung mißt - entgegen den Ausführungen des Obersten Gerichtshofes - auch dem Umstand besondere Bedeutung zu, daß es sich beim Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt. Die Grundrechtsfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist zwar nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen im allgemeinen und solche des öffentlichen Rechts im besonderen stets anerkannt, soferne nur das jeweilige Grundrecht 'seinem Wesen nach' geeignet ist, auch auf juristische Personen angewendet zu werden (vgl. etwa VfSlg. 2176/1951). Im Schrifttum (vgl. dazu und zu den weiteren Ausführungen: Öhlinger, Errichtung und Betrieb von Krankenanstalten durch Krankenversicherungsträger in verfassungsrechtlicher Sicht, SoSi 1976, 551) wurde die Notwendigkeit betont, nach dem jeweiligen Aufgabenbereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts zu unterscheiden.

Danach kommt es auf die Eigenschaft der jeweiligen Tätigkeit als Ausfluß öffentlicher Gewalt oder als fiskalische (erwerbswirtschaftliche) Tätigkeit an. Nun ist aber die Tätigkeit des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds im gegebenen Zusammenhang - soweit also seine Mittel zur Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld verwendet werden - keinesfalls als eine privatrechtliche oder erwerbswirtschaftliche anzusehen. Die Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld ist - wie bereits ausgeführt - eine Maßnahme des Sozialversicherungsrechtes und somit öffentlich-rechtlicher Natur. (Davon grundsätzlich zu unterscheiden ist freilich etwa die Aufnahme von Krediten gemäß § 13 Abs 3 leg.cit.). Zusammenfassend stellt daher die Bundesregierung fest, daß der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds im hier maßgeblichen Zusammenhang keine Grundrechtsfähigkeit besitzt.

Die Aussage des Obersten Gerichtshofes, wonach dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds 'wohl das Recht auf Prüfung der gegen ihn erhobenen privatrechtlichen Ansprüche in einem fairen Verfahren zugebilligt werden' muß, ist darüber hinaus unschlüssig und unverständlich. Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich bei Ansprüchen gegen diesen Fonds um keine privatrechtlichen Ansprüche, sondern vielmehr um solche, die im öffentlichen Recht begründet waren. Dies wird auch vom Obersten Gerichtshof so gesehen (vgl. den Halbsatz 'ungeachtet der öffentlich-rechtlichen Zuordnung im österreichischen Recht ...').

Abschließend weist die Bundesregierung auch darauf hin, daß der Oberste Gerichtshof in seinem Antrag keinen Versuch unternimmt, den Sitz der von ihm im Zusammenhang des Art 6 EMRK behaupteten Verfassungswidrigkeit in § 7 Abs 1 IESG zu begründen. Vielmehr werden die Bedenken in diesem Zusammenhang ganz allgemein formuliert. Dabei übersieht der Oberste Gerichtshof auch den Umstand, daß Art 6 EMRK jedermann das Recht gewährleistet, 'daß seine Sache in billiger Weise' von einem Gericht gehört wird. Daraus kann aber keine Verpflichtung abgeleitet werden, daß der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds einem Verfahren beigezogen wird, in dem es - im Vorfeld eines Verfahrens nach dem IESG - um die arbeitsrechtlichen Ansprüche von Arbeitnehmern geht. Art 6 EMRK kann auch nicht so weit interpretiert werden, daß die Rechtskraftwirkung von Bescheiden oder Urteilen in früheren Verfahren grundsätzlich unzulässig ist und daher jede auftretende Rechtsfrage neuerlich vom beurteilenden Organ (Gericht) aufzurollen bzw. zu entscheiden sein muß."

4. Die in dem vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien der Anlaßverfahren vor den antragstellenden Gerichten haben ebenfalls Äußerungen erstattet: Die jeweils durch die Finanzprokuratur vertretenen Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen schließen sich den vorgetragenen Bedenken an, die Kläger der Anlaßverfahren treten ihnen entgegen.

II. Die Beurteilung der vorliegenden Anträge hat von Zweck und Ausgestaltung der Insolvenz-Entgeltsicherung auszugehen.

Der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld sichert - unter bestimmten Voraussetzungen und mit gewissen Einschränkungen - privatrechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers gegen einen möglichen Ausfall infolge Insolvenz des Arbeitgebers, so zwar, daß der (neben den ihm aus der Beteiligung an den Insolvenzverfahren zufließenden Mitteln) vornehmlich aus Beiträgen der Arbeitgeber gespeiste Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds (§12 Abs 1 Z 5 IESG) die Ansprüche des Arbeitnehmers erfüllt und dessen Forderungen auf ihn übergehen (§11 IESG) und im Insolvenzverfahren von ihm geltend gemacht werden können, während ein Zugriff auf künftiges Vermögen, das der Arbeitgeber nach dem Ende des Konkursverfahrens erwirbt, insoweit ausgeschlossen ist. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds hat also immer eine fremde Schuld zu zahlen, die privatautonom und ohne sein Zutun geschaffen und gestaltet ist. Zählt ein Anspruch seiner Art, Grundlage und Höhe nach zu den gesicherten Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, so ist es gleichgültig, auf welche Weise er entstanden ist. Entscheidend ist nur, daß der Arbeitnehmer ihn gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen könnte.

Daß aber der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber einen durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung festgestellten Anspruch letztlich auch durchsetzen kann, steht außer Zweifel. Und ist eine Forderung im Konkurs festgestellt und vom Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestritten worden, kann wegen dieser Forderung schon aufgrund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Konkursaufhebung erworbene Vermögen des Gemeinschuldners Exekution geführt werden (§61 KO). Auch sonst bindet ihre Feststellung mangels Bestreitung durch den Gemeinschuldner die (zuständigen) Gerichte (und, sofern besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch die Verwaltungsbehörden; § 60 KO). Im Konkurs selbst gelten Forderungen, die vom Masseverwalter anerkannt und von keinem hiezu berechtigten Konkursgläubiger bestritten worden sind, als festgestellt (§109 Abs 1 KO). Und nach Maßgabe des Ausgleichs kann aufgrund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis gegen den Schuldner Exekution geführt werden, soweit die Forderung weder vom Schuldner noch vom Ausgleichsverwalter bestritten wurde (§54 Abs 1 AO).

In all diesen Fällen steht im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber der Bestand des Anspruchs fest. Für Zwecke der Insolvenz-Entgeltsicherung erübrigen sich daher weitere Ermittlungen über sein Vorliegen. Der angegriffene zweite Satz des § 7 Abs 1 IESG in der Stammfassung ordnet im Einklang damit an, daß die Behörde dem Antrag ohne weitere Prüfung insoweit stattzugeben hat, als nach dem Anmeldungsverzeichnis der gesicherte Anspruch im Konkurs oder Ausgleichsverfahren festgestellt ist. Eine selbständige Prüfung der Frage, ob ein gesicherter Anspruch besteht, ist nur erforderlich, wo diese Frage nicht bereits geklärt ist.

Im übrigen besteht die Aufgabe des für die Entscheidung über den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld zuständigen Organs - wie der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung selbst ausführt - darin, zu prüfen, ob der bestehende Anspruch ein nach dem IESG gesicherter Anspruch ist, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe für einen solchen Anspruch also Insolvenz-Ausfallgeld gebührt.

III. Die Anträge sind zulässig.

Der angefochtene zweite Satz des § 7 Abs 1 IESG bestimmt, daß das Arbeitsamt dem Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld für einen gesicherten Anspruch ohne weitere Prüfung stattzugeben hat, wenn er nach Inhalt des übersendeten Auszuges des Anmeldungsverzeichnisses im Konkurs- oder im Ausgleichsverfahren festgestellt ist. Es bedarf daher näherer Erörterung, warum die antragstellenden Gerichte diese Bestimmungen anzuwenden haben.

Nach der Stammfassung des Gesetzes unterlag die Entscheidung des Arbeitsamtes einem Verwaltungsrechtszug an das Landesarbeitsamt (§10 IESG). Die Berufungsbehörde hatte die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Arbeitsamtes zu überprüfen und daher naturgemäß auch § 7 Abs 1 IESG anzuwenden. Gleiches galt für den gegen ihre Entscheidung allenfalls angerufenen Verwaltungsgerichtshof. Seit der Neuordnung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit fallen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld als Sozialrechtssachen in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte (§65 Abs 1 Z 7 ASGG), wobei die Arbeitsämter (jetzt Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen) wie die Versicherungsträger, die anderen Parteien wie die Versicherten behandelt werden (§66 ASGG; die der Behörde sonach zustehende Parteistellung im gerichtlichen Verfahren wird in der Praxis als Prozeßstandschaft für den Insolven-Ausfallgeld-Fonds angesehen, vgl. OGH, JBl. 1989, 871). Durch die Erhebung der Klage tritt daher der Bescheid der Behörde im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft. Die Gerichte haben über den Anspruch des Arbeitnehmers folglich ohne Rücksicht auf den vorausgegangenen Verwaltungsakt ausschließlich aufgrund der Ergebnisse des von ihnen durchzuführenden Verfahrens zu entscheiden. § 7 Abs 1 IESG ist daher nicht etwa deshalb von den antragstellenden Gerichten anzuwenden, weil sie eine Entscheidung der Behörde zu überprüfen hätten.

§ 7 Abs 1 IESG ist gleichwohl nicht nur eine an die Verwaltungsbehörde gerichtete Verfahrensvorschrift (wie etwa jene über die Zustellung von Bescheiden an den Arbeitgeber oder Masseverwalter in Abs 4, die § 10 erster Satz IESG für die Gerichte erster Instanz daher wiederholt). Sie bringt vielmehr auch in materiellrechtlicher Hinsicht zum Ausdruck, daß der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds für alle ihrer Art nach gesicherten Forderungen einsteht (und nach Maßgabe der näheren Vorschriften des Gesetzes Ausfallgeld leistet), die im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber feststehen. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 4998/1965 für das Verhältnis der Schiedsgerichte der Sozialversicherung zu den Sozialversicherungsträgern festgestellt hat, ist es schlechterdings undenkbar anzunehmen, daß die Ansprüche eines Versicherten (auf Versicherungsleistungen) bei einer Beurteilung durch die (Verwaltungs-)Behörde andere sein könnten als bei Beurteilung durch die Gerichte. Eine solche Unterscheidung würde jeglichen sachlichen Grundes ermangeln (vgl. auch Oberndorfer, in: Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 6.1.4.2., S. 653). Offenkundig hat der Gesetzgeber nur übersehen, den Wortlaut des Gesetzes der neuen Rechtslage anzupassen. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Obersten Gerichtshof daher nicht entgegentreten, wenn er die angefochtene Bestimmung ungeachtet ihres Wortlautes auch selbst anwenden zu müssen meint, und ebensowenig den Untergerichten, wenn sie ihm darin folgen.

Dieser Annahme steht auch die Vorschrift des § 60 Abs 2 KO nicht entgegen. Denn diese in der Tat auch auf Gerichte bezogene, allerdings auch nur in ihrem auf die Gerichte bezogenen Teil präjudizielle Vorschrift stellt nicht auf die Zuerkennung von Ausfallgeld zu Lasten des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ab und hat mit der besonderen Zielsetzung der Insolvenz-Entgeltsicherung nichts zu tun, sondern klärt allgemein, welche Wirkungen die Feststellung einer Forderung im Konkurs nach dessen Aufhebung entfaltet, und stellt einer Auslegung, die diese Wirkungen auf die am Verfahren Beteiligten beschränkt versteht, kein Hindernis entgegen. Eine § 60 Abs 2 KO nicht mit einschließende Anfechtung ist daher nicht etwa zu eng geraten.

Schließlich kann der Verfassungsgerichtshof den Anträgen auch insoweit nichts entgegenhalten, als sie die Stammfassung des zweiten Satzes des § 7 Abs 1 ohne Rücksicht auf die seit geänderte Bezeichnung der dort genannten Behörde (von "Arbeitsamt" in "Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen") für anwendbar halten. Das Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz, BGBl. 314/1994, hat seinem Wortlaut nach das IESG nur in der Fassung "zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 153/1994" neuerlich geändert (Eingangssatz zu Art 24); daß diese Änderung freilich auch für Verwaltungsverfahren gelten muß, in denen nach Änderung der Behördenorganisation in der Sache noch die Stammfassung des § 7 Abs 1 maßgeblich geblieben ist, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß bis zum Inkrafttreten des Bundessozialämtergesetzes die Aufgaben und Befugnisse der Bundesämter den jeweiligen regionalen Geschäftsstellen und Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice oblagen (§17a Abs 5 IESG idF Art 24 Z 7 AMS-BegleitG), verschlägt nichts: Da das durchgeführte Verwaltungsverfahren für das mit Klage rechtzeitig angerufene Gericht jede Bedeutung verloren hat, ist die Auffassung immerhin vertretbar, die Gerichte hätten dann, wenn sie in der Sache die Stammfassung der angegriffenen Vorschrift vor der Novelle BGBl. 153/1994 anzuwenden hätten, die Änderung durch die nachfolgende Novelle BGBl. 314/1994 insoweit auch formell nicht mehr zu beachten.

Obwohl die Gerichte nicht darlegen, weshalb sie ihre Anträge nicht auf jenen Teil der angegriffenen Vorschrift beschränken, der sich auf den Konkurs bezieht (um den es in allen Verfahren ausschließlich geht), hält der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf den im Einzelfall möglichen Zusammenhang der beiden Insolvenzverfahren - die ineinander übergehen können - dafür, daß die angegriffene Vorschrift insofern einen untrennbaren Zusammenhang bildet.

IV. In der Sache sind die Anträge aber nicht begründet.

1. Einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz erblickt der Oberste Gerichtshof darin, daß Ansprüche jener Arbeitnehmer, die vor der Entscheidung über das Insolvenz-Ausfallgeld einen exekutionsfähigen Titel durch Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis infolge Anerkennung durch den Masseverwalter und Nichtbestreitung eines hiezu berechtigten Konkursgläubigers erlangt haben, einer weniger umfassenden Überprüfung unterliegen als Ansprüche von Arbeitnehmern, die einen solchen Titel nicht erlangt haben.

Diese Bedenken hält der Verfassungsgerichtshof nicht für begründet. Wenn in bezug auf das dem Konkurs unterworfene Vermögen des Arbeitgebers sachlicherweise die Anerkennung durch den Masseverwalter bei Unterbleiben einer Bestreitung durch einen betroffenen Konkursgläubiger die Wirkungen einer rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch hat und ähnliches in bezug auf das dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung stehende Vermögen die Folge des Umstandes ist, daß dieser selbst die Forderung nicht ausdrücklich bestritten hat, während im Bestreitungsfall über den Anspruch erst entschieden werden muß, so ist diese Unterscheidung nicht unsachlich. Es ist aber auch nicht unsachlich, wenn infolgedessen bei Beurteilung des Anspruchs auf Insolvenz-Ausfallgeld nur jener Arbeitnehmer seinen Anspruch in einem streitigen Verfahren nachweisen muß, dem es nicht bereits gelungen ist, die Anerkennung durch den Masseverwalter zu erwirken und einer Bestreitung durch einen Konkursgläubiger oder den Gemeinschuldner zu entgehen. Die Aufgabe der Insolvenz-Entgeltsicherung, den durch die Wirkungen des Insolvenzverfahrens drohenden Ausfall zu vermeiden, rechtfertigt die Anknüpfung an die Ergebnisse des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens.

Sollte der Oberste Gerichtshof, der für die in der angegriffenen Vorschrift geregelten Fälle die Gefahr einer Manipulation - offenbar im Gegensatz zu den Fällen des ersten Satzes - weniger befürchtet, aber doch auch nicht für ausgeschlossen hält, in Wahrheit aber die mangelnde Beteiligung des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds oder der an seiner Stelle auftretenden Behörde und das Fehlen einer Kontrolle gegen unberechtigte Belastungen des Fonds im Auge haben, so ist ihm einerseits entgegenzuhalten, daß der Fonds als Legalzessionar auch nur einer einzigen Arbeitnehmerforderung ohnedies Konkursgläubiger wird und dann auch die Richtigkeit anderer angemeldeter Forderungen bestreiten kann (§105 Abs 5 KO), andererseits aber - und dieser Einwand ist letztlich entscheidend -, daß der Fonds dem beschriebenen Zweck der Insolvenz-Entgeltsicherung entsprechend die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Konkursmasse) geschaffene Rechtslage als solche hinzunehmen und für den in diesem Verhältnis drohenden Ausfall einzustehen hat, mag er auch ausnahmsweise - wenn der Bestand der Forderung zwischen den genannten Beteiligten noch nicht feststeht - in die Lage kommen, im Ausfallgeld-Zuerkennungsverfahren bei der Lösung der Vorfrage des Bestandes des Anspruchs (in Gestalt des Bundessozialamtes) selbst mitzuwirken. Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber, der den Arbeitnehmer gegen den Ausfall der ihm im Konkurs des Arbeitgebers zustehenden Forderungen absichern will, an die im Konkurs vorgesehenen Einrichtungen zur Klärung der Rechtslage anknüpft, ohne auch den Fonds wegen der für ihn entstehenden Belastung unabhängig von seinem Eintritt in die Reihe der Gläubiger selbst zu beteiligen.

Aber auch die Möglichkeit von Manipulationen (gemeint offenbar: zwischen Masseverwalter und Arbeitnehmer zu Lasten des Fonds) macht die Regelung nicht unsachlich. Nicht nur, daß - wie der Oberste Gerichtshof selbst hervorhebt - der Masseverwalter der Aufsicht durch das Konkursgericht unterliegt und Gläubiger gegen das Verhalten des Masseverwalters Beschwerde erheben können (§84 KO), der Masseverwalter hat vor allem den Stand der Masse zu ermitteln und dabei auch für die Feststellung der Schulden, insbesondere durch Prüfung der angemeldeten Ansprüche zu sorgen und die gemeinsamen Interessen der Gläubiger zu wahren (§81 KO), und es haben die Gläubiger - wie oben dargelegt - im Hinblick auf den Übergang von Arbeitnehmerforderungen auf den Ausfallgeld-Fonds selbst ein ausreichendes Interesse und demgemäß die Möglichkeit, unberechtigte Forderungen zu bestreiten; jedenfalls ab Übergang der ersten Forderung auf ihn tritt auch der Ausfallgeld-Fonds in ihre Reihe ein. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß es einen entscheidenden Unterschied macht, ob die Anerkennung einer Forderung durch den Masseverwalter bloß den Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger schmälert oder auch die Zahlungspflicht des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds zur Folge hat.

Es mag sein, daß die Vorkehrungen gegen Manipulationen, die schon die Stammfassung enthalten hatte (indem sie Ausfallgeld für Ansprüche versagte, die durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben wurden; § 1 Abs 3 Z 1), ebenso unzureichend waren wie die sonstigen Beschränkungen (auf Abfertigung oder Ruhegenuß über das gesetzliche Maß hinaus; § 1 Abs 3 Z 2), weshalb in der Folge der Kreis der ausgeschlossenen Ansprüche schrittweise erweitert wurde (zB auf Ansprüche aus Einzelvereinbarungen nach Ausbruch der Insolvenz oder in den letzten 90 Tagen davor, Z 2 idF der Novelle BGBl. 395/1986; und einen bestimmten Grenzbetrag übersteigende Entgeltansprüche schlechthin, Z 4 idF dieser Novelle; später auf solche aus Einzelvereinbarungen in den letzten sechs Monaten - wobei zugleich auch die Maßgeblichkeit gewisser (solche Einzelvereinbarung möglicherweise verschleiernder) gerichtlicher Entscheidungen aus diesem Zeitraum und darauf aufbauender Ergebnisse des konkursrechtlichen Prüfungsverfahrens beseitigt wurde -, vgl. die bereits genannte Novelle BGBl. 153/1994). Es kann aber nicht gesagt werden, daß die Anknüpfung an die Ergebnisse des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens von vornherein wegen der damit verbundenen Mißbrauchsmöglichkeiten oder sonstiger zu erwartender Unzulänglichkeiten die Grenzen der Sachlichkeit überschritten hätte:

Nicht nur der Gesetzgeber hat ein Interesse an einer einfachen und leicht handhabbaren, wenig Kosten verursachenden Regelung, vor allem die Arbeitnehmer sind auf das zumeist ihrem Lebensunterhalt dienende Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis angewiesen und von jeder Verzögerung in der Zahlung möglicherweise empfindlich getroffen. Es fällt in den Regelungsspielraum des Gesetzgebers, zwischen der Notwendigkeit möglichst rascher Erledigung der Anträge und der Gefahr des Mißbrauchs und allenfalls unterlaufender Fehler abzuwägen. Wenn er sich dafür entschieden hat, an die zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber entstehende Rechtslage als solche anzuknüpfen und nur jene Fallgruppen anders zu behandeln, in denen die Gefahr des Mißbrauchs besonders groß ist, hat er damit nicht unsachlich gehandelt.

2. Nach dem von den antragstellenden Gerichten in zweiter

Linie angezogenen Art 6 Abs 1 der im Verfassungsrang stehenden

EMRK hat unter anderem "jedermann ... Anspruch darauf, daß seine

Sache in billiger Weise ... gehört wird", und zwar von einem

unabhängigen und unparteiischen Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat.

Der Verfassungsgerichtshof kann die Frage, ob sich der vom Gesetzgeber ausschließlich zum Zweck der Insolvenz-Entgeltsicherung geschaffene, durch einen Bundesminister und die Finanzprokuratur des Bundes vertretene und im Verfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten durch das Bundessozialamt repräsentierte Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, nur weil ihm eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, ein "Jedermann" im Sinne dieser Bestimmungen ist und sich auf das darin gewährleistete Recht berufen kann, ebenso dahingestellt sein lassen wie die Frage, ob die dem Fonds gesetzlich auferlegte Pflicht, für den Ausfall des Arbeitnehmers im Konkurs aufzukommen, eine "zivilrechtliche Verpflichtung" des Fonds im Sinne dieser Verfassungsbestimmung darstellt. Denn es ist jedenfalls nicht seine Sache, welche Forderung des Arbeitnehmers in welcher Höhe in den Konkurs des Arbeitgebers einbezogen wird und demgemäß ganz oder zum Teil ausfällt. Geht die gesetzliche Verpflichtung des Fonds - wie oben dargelegt - eben doch dahin, für alle dem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zustehenden Forderungen nach Maßgabe der im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber bestehenden Rechtslage unter den im IESG enthaltenen Voraussetzungen und Beschränkungen Ausfallgeld zu zahlen.

Ob die in diesem Gesetz enthaltenen Voraussetzungen zutreffen und ob alle Beschränkungen beachtet wurden, prüfen die antragstellenden Gerichte unter Beiziehung des Bundessozialamtes (gegen dessen Einschreiten für den Fonds der Oberste Gerichtshof offenkundig - von seinem Ausgangspunkt her freilich überraschender Weise - keine Bedenken hat). In diesem Verfahren wird insbesondere auch geprüft, ob der geltend gemachte Anspruch im Konkurs festgestellt wurde (und daher vom Arbeitnehmer gegenüber der Konkursmasse durchzusetzen wäre). So wenig aber das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Sache des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ist, wird auch mit der für Zwecke des Konkursverfahrens vorgesehenen Feststellung der Forderungen der Gläubiger nicht über eine Verpflichtung des Fonds entschieden. Denn die Verpflichtung des Fonds zur Zahlung von Ausfallgeld knüpft nach Sinn und Zweck des Gesetzes - soweit es nichts anderes vorsieht - erst an die für das Insolvenzverfahren bestehende oder durch dieses geschaffene Lage als die den Anspruch auf Ausfallgeld auslösende Tatsache an. Mit anderen Worten: Das IESG sichert dem Arbeitnehmer unter den vorgesehenen Voraussetzungen mit den verfügten Beschränkungen im Regelfall nicht die Bezahlung von Ansprüchen, die ihm bei richtiger Beurteilung der Rechtslage gebühren würden, sondern den Ersatz jenes Ausfalles, den er nach dem konkreten Verlauf des Insolvenzverfahrens tatsächlich erleidet.

Unter diesen Umständen wird die Feststellung, ob und in welcher Höhe eine Forderung im Konkurs berücksichtigt wird, auch nicht etwa insofern mit zu einer Sache des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, als er dafür Arbeitnehmern Ausfallgeld zahlen muß. Wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber wirksam auch zu Lasten des vielleicht später zur Zahlung von Ausfallgeld verpflichteten Fonds ihre Forderungen gestalten können, so ist es die Sache der im Konkursverfahren Beteiligten, wie mit den angemeldeten Forderungen verfahren wird. Daß dabei auch Mißbrauch betrieben werden kann - was der Gesetzgeber in zunehmendem Maße berücksichtigt -, ändert nichts daran, daß die in Rede stehenden Fragen nicht Sache des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds sind.

Auch die unter dem Blickwinkel des Art 6 Abs 1 EMRK erhobenen Bedenken treffen also nicht zu.

Die Anträge sind daher abzuweisen.

3. Ein Kostenersatz an die Parteien des Anlaßverfahrens ist im verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahren nicht vorgesehen; die Beurteilung solcher Ansprüche ist Sache der über die Verfahrenskosten entscheidenden antragstellenden Gerichte.